Reizdarmsyndrom - Klinik für Kinder

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Reizdarmsyndrom
bei Kindern
Dr. med. D. Pilic
Fachärztin für Kinderheilkunde
Abteilung für pädiatrische Gastroenterologie
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
St. Josef Hospital, Bochum
Häufigkeit
• Ca. 10% der Kinder und Jugendlichen
leiden an wiederkehrenden
Bauchschmerzen
• Bei 80% lassen sich trotz umfassender
Untersuchungen keine körperlichen
Ursachen feststellen → funktionelle
Bauchbeschwerden
• Ca. die Hälfte davon leidet an einem
Reizdarmsyndrom
Pilic, D. 2011
Definition Reizdarmsyndrom
(RDS)
• Bauchschmerzen begleitet von
verändertem Stuhlverhalten → sowohl
Durchfälle als auch Verstopfungen können
auftreten, Stuhldrang
• Schmerzen bestehen schon über 2
Monate
• Andere (Darm-)Erkrankungen wurden
ausgeschlossen
• Die Ursache ist bisher nicht geklärt!
Pilic, D. 2011
Ursachen: Genetik u. Umwelt?
• Genetische Faktoren: Familiäre Häufung
(gemeinsame Umgebungsfaktoren?);
gehäuftes gleichzeitiges Vorkommen bei
eineiigen gegenüber zweieiigen Zwillingen.
• Ernährung: Zusammenhang bisher nicht
bewiesen.
Wichtig: Nahrungsmittelunverträglichkeiten
(Fruchtzucker, Milchzucker) und –allergien
gehören nicht zum Reizdarmsyndrom!
Pilic, D. 2011
Ursachen: Entzündung?
• Nachweis einer leichtgradigen
chronischen Entzündung der Darmwand
bei Erwachsenen aber auch Kindern
→ Gehäuftes Auftreten nach bakteriellen
Magen-Darm-Infektionen
→Wichtig: Dieser leichte
Entzündungsprozess hat KEINE
negativen Langzeitfolgen wie z.B.
erhöhtes Krebsrisiko (im Gegensatz zur
chronisch entzündlichen
Darmerkrankung)
Pilic, D. 2011
Ursachen:
Schmerzwahrnehmung?
• „Der Darm hat seinen eigenen Kopf“ → im
ganzen Darmtrakt finden sich Nervenfasern,
die unterschiedliche Reize wahrnehmen
können und an das Gehirn weiterleiten.
• Hypothese: Im Gegensatz zum „Gesunden“
werden diese Reize nicht ausgeblendet
sondern vermehrt wahrgenommen.
• Hinweis: Darmdehnung wird bei RDSPatienten eher als Schmerz wahrgenommen
als bei Patienten mit anderen
Darmerkrankungen und Gesunden
Pilic, D. 2011
Ursachen:
Schmerzwahrnehmung?
WICHTIG: Auch wenn
körperliche Ursachen fehlen, die
Schmerzen sind nicht eingebildet
und werden reell
wahrgenommen!!!
Aussagen wie „Ihrem Kind fehlt
nichts“ sind nicht hilfreich!
Pilic, D. 2011
Ursachen: Psyche?
• Vorsicht: Fehlen körperlicher Ursachen
bedeutet nicht gleich psychische
Erkrankung
• Aber psychische und soziale Faktoren
können den Krankheitsverlauf jedoch
beeinflussen → veränderte
Selbstwahrnehmung und vermehrte
Besorgnis um eigene Gesundheit
(übrigens auch bei organischen
Erkrankungen!)
Pilic, D. 2011
Ursachen: Psyche?
• Häufigeres Vorkommen von
Depressionen und Angststörungen
bei RDS als bei Gesunden, ABER
nicht im Vergleich zu Patienten mit
chronischen organischen
Krankheiten
• Negative psychische
Langzeitfolgen: psychosoziale
Probleme, geringer soziale und
akademische Kompetenz
Pilic, D. 2011
Welche Untersuchungen sollten
erfolgen?
• Krankengeschichte: Gibt es Warnhinweise
für organische Ursachen (Gewichtsverlust,
Blut im Stuhl etc.)
• Körperliche Untersuchung (komplette
Untersuchung, auch eine Inspektion des
Anus und eine rektale Untersuchung)
• Basisblutuntersuchung: Gibt Hinweise für
chronische Entzündungen, Leber-,
Gallenwegs-,
Bauchspeicheldrüsenerkrankungen,
Glutenunverträglichkeit,
Schilddrüsenfunktion
Pilic, D. 2011
Welche Untersuchungen
sollten erfolgen?
• Stuhluntersuchungen auf Würmer und
Lamblien
• Entzündungsmarker im Stuhl als Hinweis
für eine Entzündung im Darm
• Ultraschall vom Bauch
• Atemteste auf Fruchtzucker- und
Milchzuckerunverträglichkeiten (weisen
ähnliche Symptome wie RDS auf)
Pilic, D. 2011
Welche
Behandlungsmöglichkeiten für
die Symptome gibt es?
Pilic, D. 2011
Bio-Psycho-Soziales Modell
Schmerz wird sehr unterschiedlich wahrgenommen!
“Schmerz ist ein psychologisches Problem ...... auch wenn er
ursprünglich körperlichen Wahrnehmungen erwachsen ist.“
G.L. Engel (1959)
Pilic, D. 2011
Bio-Psycho-Soziales Modell
Biologische Faktoren:
Geringe Entzündung →
vermehrte Wahrnehmung
von Reizen, Schmerzgefühl
Psychische Faktoren:
Soziale Faktoren:
Lerngeschichte; Bedeutung
und Bewertung der
Symptome,
Aufmerksamkeit;
Stimmungslage
(Depression)
Verhalten von Eltern,
Ärzten und Umwelt (z.B. in
der Schule); sekundärer
Krankheitsgewinn
Pilic, D. 2011
Was können Ärzte tun?
• Beschwerden ernst nehmen
• Aufklärung der Eltern und Kinder über
die Erkrankung: führt häufig schon zu
einer Besserung der Symptome
• Weitere Begleitung des Patienten, ggf.
Entwicklung eines individuellen
Behandlungplans
• Bei V.a. zusätzliche psychische
Belastung kinderpsychologische
Betreuung empfehlen
Pilic, D. 2011
Was können Eltern tun?
• Beschwerden ernst nehmen: Auch
wenn organische Ursachen fehlen,
werden die Schmerzen vom Kind
wahrgenommen!
• Richtiger Umgang mit den Schmerzen:
Ablenkung statt Verstärkung
• Führen eines Symptomtagebuchs mit
dem Kind um eventuell auslösende
Faktoren zu identifizieren und
versuchsweise auszuschalten.
Pilic, D. 2011
Bio-Psycho-Soziales Modell
Biologische Faktoren:
Geringe Entzündung →
vermehrte Wahrnehmung
von Reizen, Schmerzgefühl
Psychische Faktoren:
Soziale Faktoren:
Lerngeschichte; Bedeutung
und Bewertung der
Symptome,
Aufmerksamkeit;
Stimmungslage
(Depression)
Verhalten von Eltern,
Ärzten und Umwelt (z.B. in
der Schule); sekundärer
Krankheitsgewinn
Pilic, D. 2011
Kognitive Verhaltenstherapie
• Kognitionen umfassen unsere
Einstellungen und Bewertungen
bestimmter Situationen.
• Bewertung einer Situation als erfreulich,
schön
→ Eigengefühl: froh, glücklich
• Bewertung einer Situation als schlimm,
gefährlich, unerträglich
→ Eigengefühl: Angst, Unruhe,
Anspannung
• Bewertung als weder gut noch schlecht,
neutral, normal, alles ist in Ordnung
→ entspannt, zufrieden und ruhig.
Pilic, D. 2011
Kognitive Verhaltenstherapie
• Therapeut als Anleiter neue
Lösungswege zu finden
• Ziele:
Problemlösungen durch z.B.
Veränderungen im Verhalten,
Entspannung, Aufbau einer positiven
Lebenseinstellung
Pilic, D. 2011
Weitere unterstützende
Maßnahmen
• Entspannungsverfahren (Yoga,
progressive
Muskelentspannung…)
• Führen eines Symptomtagebuchs
um eventuell auslösende
Faktoren zu identifizieren und
versuchsweise auszuschalten.
Pilic, D. 2011
Bio-Psycho-Soziales Modell
Biologische Faktoren:
Geringe Entzündung →
vermehrte Wahrnehmung
von Reizen, Schmerzgefühl
Psychische Faktoren:
Soziale Faktoren:
Lerngeschichte; Bedeutung
und Bewertung der
Symptome,
Aufmerksamkeit;
Stimmungslage
(Depression)
Verhalten von Eltern,
Ärzten und Umwelt (z.B. in
der Schule); sekundärer
Krankheitsgewinn
Pilic, D. 2011
Medikamentöse Therapie
• Probiotika können bei Kindern mit
Reizdarmsyndrom mit Durchfällen
sinnvoll sein (positiver Nachweis für
Lactobacillus GG), insbesondere nach
Magen-Darm-Infektionen
• Verkapseltes Pfefferminzöl als
Krampflöser könnte positiven Effekt
haben
• Die Sicherheit und Wirkung anderer
alternativer Therapieformen ist für Kinder
nicht ausreichend belegt
Pilic, D. 2011
Medikamentöse Therapie
• Eine spezielle Ernährungsumstellung wird
für Kinder nicht empfohlen.
Bei Verdacht auf ein auslösendes
Nahrungsmittel: Rücksprache mit dem Arzt,
ob ein Auslassversuch Sinn macht!
• Vorsicht: Patienten mit RDS zeigen ein gutes
Ansprechen auf Placebo
• Regelmäßiger Einsatz von Schmerzmitteln
und Krampflösern sollte vermieden werden.
Pilic, D. 2011
Fazit:
Unauffällige Untersuchungsergebnisse lassen einen
Reizdarm vermuten.
Weitere Untersuchungen sollten nicht erfolgen. Eine
übertriebene Diagnostik ist für Kinder belastend und
bestärkt ihre Angst.
Ausnahme: Änderung der Krankheitszeichen. Neue
Warnsymptome treten zu den bisherigen Symptomen
dazu!
Das Reizdarmsyndrom hat eine gute Prognose.
Körperliche Langzeitfolgen wie Störung der
Darmfunktion, Mangelerscheinungen oder erhöhtes
Krebsrisiko treten nicht auf.
Pilic, D. 2011
Eine optimale
Behandlung muss
für jeden Patienten
individuell entwickelt
werden.
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Vertrauens.
Viele
n Da
Pilic, D. 2011
nk!
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