Milzbrand bei Tieren Univ.Prof. Dr. W. Baumgartner Ein Service der Klinik für Wiederkäuer der Veterinärmedizinischen Universität Wien Bei Milzbrand handelt es sich um eine akut und tödlich verlaufende Infektionskrankheit von septikämischem (blutvergiftendem) Charakter Pathologisch-anatomisch gekennzeichnet durch akute Schwellung und braunschwarze Verfärbung der Milz sowie durch serös-hämorrhagische Infiltrationen des subkutanen und subserösen Bindegewebes. Vorkommen Milzbrand kommt weltweit vor, am stärksten verbreitet im Nahen und Fernen Osten sowie Afrika, in Europa, besonders im Mittelmeerraum. Auf Grund geregelter Tierseuchenbekämpfung ist die Tendenz jedoch rückläufig. Gefahr durch Anwendung als bakteriologische Waffe. Milzbrand ist eine Zoonose (eine vom Tier auf den Menschen übertragbare Krankheit) Erreger des Milzbrandes ist das Bakterium Bacillus anthracis; ein Erreger, der sehr widerstandsfähige Sporen (infektiöse Dauerform, sie bleiben im Boden jahrzehntelang infektionstüchtig) bildet und dadurch sehr gefährlich wird. Die Sporenbildung erfolgt allerdings nur außerhalb des Tieres nur bei gleichzeitiger Anwesenheit von Sauerstoff und Temperaturen von ca. 20 - 40 °C; in Körpersäften des lebenden Tieres und in ungeöffneten Kadavern findet keine Sporenbildung statt (Abtötung der Sporen: 10% Formalin bei mind. 4 Stunden Einwirkzeit). Die Bakterien selbst sind wenig widerstandsfähig. Empfänglichkeit für Milzbrand Pflanzenfresser sind sehr empfänglich: Rind, Schaf, Ziege, Pferd, Lama, Kamel, Rentier, Elch, Büffel, Elefant; viele andere Tiere (Schwein, Hund, Katze, Fuchs, Ratte) sowie Menschen sind gering bis mäßig empfänglich (es kommt meist zu Haut-, Darm- oder Lungenmilzbrand, (Wasenmeisterkrankheit)); Vögel sind fast resistent. Infektionswege Die Infektion wird durch sporenhaltigen Erdboden vermittelt, in den die Erreger durch Kot und Blut bzw. Tierkörperteile milzbrandkranker Tiere gelangen. Die Aufnahme des Erregers erfolgt fast ausschließlich mit dem Futter (oral); eventuell auch über Trinkwasser auf der Weide (Bodenseuche). Die Haut (Verletzungen) und der Atmungsapparat (Inhalation von keimhaltigem Staub) spielen beim Tier als Eintrittspforte nur eine untergeordnete Rolle. Eine unmittelbare Weiterverbreitung des Milzbrandes von kranken auf gesunde Tiere findet im allgemeinen nicht statt. In südlichen Ländern können auch blutsaugende Insekten, fleischfressende Vögel und andere Tiere den Erreger verschleppen. Klinik für Wiederkäuer Veterinärplatz 1 http://wdk.vu-wien.ac.at Die Sporen keimen im Rachenraum oder Dünndarm aus; dringen dann in die Lymphspalten ein und vermehren sich dort; an der Eintrittsstelle entsteht eine sulzig-hämorrhagische Infiltration (Milzbrandkarbunkel); Bazillen gelangen in Lymphstrom und in die Blutbahn (Toxinbildung). Klinik Inkubationszeit: (Zeit von Infektion bis zum Auftreten erster Symptome) 3 - 5 Tage beim Rind, 1 Tag bei Schaf und Ziege Mögliche Verlaufsformen: 1. Perakuter Verlauf: septikämische Form; plötzliches Zusammenbrechen der Tiere; blutiger Ausfluss aus Mund, Nase und After; Tod innerhalb weniger Minuten; diese Form tritt am häufigsten beim Schaf auf. 2. Akuter Verlauf: Anstieg der Inneren Körpertemperatur auf 40 - 42,5 °C; Tiere werden matt; pochender Herzschlag; Atmung beschleunigt; dünnflüssiger, mit Blut vermengter Kot; Harn dunkelrot; ödematöse warme Schwellungen in der Unterhaut, besonders an Hals und Brust; Blutaustritt aus Maul, Nase, After oder Scheide ist möglich; Tod innerhalb von 12 48 Stunden. 3. Subakuter Verlauf: ähnliche Symptome wie in akuten Fällen; Tiere sterben nach 4 - 6 Tagen, können aber auch ausnahmsweise genesen. 4. Chronischer Verlauf: selten beim Wiederkäuer (vorwiegend beim Schwein); klinische Veränderungen fehlen manchmal. Diagnose Die Diagnose ist am lebenden Tier nicht möglich; Klinische Symptome gestatten eine Verdachtsdiagnose. Der Erregernachweis geschieht im Blut (aus der Ohrvene vor der Zerlegung des Tierkadavers entnommen). Nach Feststellung milzbrand-ähnlicher, stäbchenartiger Bakterien muss die weitere Zerlegung (Gefahr der Sporenbildung nach Luftzutritt) unterbleiben und die bakteriologische Untersuchung des Blutes eingeleitet werden; Thermopräzipitation nach ASCOLI (aus Organproben); mikroskopische Untersuchung von Blutausstrichen oder Abklatschpräparaten von der frischen Schnittfläche der Milz, Sektionsbefund: Totenstarre fehlt; Ergüsse und Blutungen; hochgradige Milzschwellung; Milzpulpa ist dunkel- bis schwarzrot. Differentialdiagnose Bei perakutem Verlauf: akutes Lungen- und Kehlkopfödem, Sonnenstich, Blitzschlag, Hirnblutung, Pb-Vergiftung. Übrige Verlaufsformen: Pasteurellose, hämorrhagische Magen-Darmentzündungen, Rauschbrand, Pararauschbrand, 1210 Wien Tel: 25077 – 5232 Fax: 5290 1 Milzbrand bei Tieren Univ.Prof. Dr. W. Baumgartner Ein Service der Klinik für Wiederkäuer der Veterinärmedizinischen Universität Wien Erlichiose, Anaplasmose, bazilläre Hämoglobinurie, Süßkleevergiftung. Prognose ungünstig. Bei guter Abwehrlage des Organismus können Spontanheilungen vorkommen. Therapie Milzbrand ist eine anzeigepflichtige Tierseuche, d.h. jeder begründete Verdachtsfall muss dem Amtstierarzt, Tierarzt oder dem Bürgermeister unverzüglich gemeldet werden. Landwirtschaftliche Nutztiere dürfen nicht therapiert oder geschlachtet (Gefahr der Sporenbildung durch Blutaustritt) werden. Klinik für Wiederkäuer Veterinärplatz 1 http://wdk.vu-wien.ac.at Seuchenverdächtige oder kranke Tiere werden auf Anweisung des Amtstierarztes getötet. Vorbeugung Die Kontamination der Umgebung mit Blut, Körperflüssigkeiten von Milzbrand-kranken oder verdächtigen Tieren muss sicher ausgeschlossen werden, eine Eröffnung des Tierkörpers muss unbedingt vermieden werden (Verhinderung der Sporenbildung). Eine vorbeugende Impfung (Sporenimpfstoff) darf nur bei gesunden Weidetieren angewendet werden. 1210 Wien Tel: 25077 – 5232 Fax: 5290 2