Die spezifischen Infektionen 1. Tetanus Definition: Die Tetanuserkrankung ist eine bakteriell bedingte Infektion, wobei die Krankheit nicht durch das Bakterium (Clostridium tetani), sondern durch das von ihm abgesonderte Toxin entsteht. Die Toxine führen über einen Befall des Nervensystems zu einer krampfhaften Lähmung der quergestreiften Muskulatur. Synonym: Wundstarrkrampf Inkubationszeit: 2 bis 4 Tage, gelegentlich bis zu 6 Monate Symptome: anfallartig auftretende Muskelkrämpfe Trismus (griechisch für Zähneknirschen und Kiefersperre) Risus sardonicus = Teufelslachen Opisthotonus (opistho = rückwärts, tonus = Spannung) Lähmung der Atemmuskulatur Hoher Energieverbrauch, Temperatur bis 41°C Therapie: Gründlichste Wundreinigung Weiteres Antibiotika bei Mischinfektion Humanes Antitoxin (bindet das Gift im Blut) Antitoxin = große Eiweißstoffe, die nicht durch Bluthirnschranke kommen Krämpfe durch Muskelrelaxantien lösen Beatmung für ca. 7 Tage Impfen o 1. Impfung o nach 4 bis 8 Wochen weitere Impfung Grundimmunisierung o nach 6 bis 12 Monaten weitere Impfung o nach 5 Jahren weitere Impfung = Auffrisch-Impfung Verhinderung, dass bakterielle Infektion in den Atmungstrakt gelangen Isolierung (Handschuhe, Mundschutz, etc.) Aktive Immunisierung = abgeschwächte oder abgetötete Erreger werden gespritzt und Körper bildet Antikörper Passive Immunisierung = Antikörper werden gespritzt (nicht so langanhaltend wie Aktive Immunisierung) Die Letalität (Sterblichkeitsrate) der Tetanuserkrankung liegt bei 50% Der Tod erfolgt durch Ersticken bei vollem Bewusstsein. Tetanusprophylaxe: Impfung 2. Tollwut Definition: Die Tollwut ist eine viral bedingte Tierkrankheit und wird durch Tierspeichel (Biss) auf den Menschen übertragen. Sie ruft im Gehirn, schwerste Verhaltensund Wesensänderungen hervor, die der Krankheit ihren Namen gegeben haben. Inkubationszeit: 6 Tage bis 1 Jahr Symptome: Unruhe und Wesenänderung Schmerzen und Empfindungsstörungen im Bereich der ehemaligen Wunde Relfexsteigerung mit Muskelkrämpfen besonders im Rachenbereich Zunehmende Tobsuchtsanfälle Ausgedehnte Lähmung Therapie: Bisswunde sofort auswaschen Sofortige Immunsierung (passiver Impfstoff – humanes Immunglobulin) 3. Gasbrand Definition: Gasbrand ist eine bakterielle Infektionskrankheit. Stoffwechselvorgänge des Erregers verursachen die charakteristische Gasbildung im Gewebe. Das anaerobe Bakterium sondert ein hochgiftiges Toxin ab, wodurch die Erkrankung bei rasch fortschreitender Gewebszerstörung („Brand“) undn schweren Allgemeinsymptomen häufig zum Tode führt. Erreger: Clostridium perfringens Inkubationszeit: 2 bis 4 Tage Symptome Starke Schmerzen Massive Schwellung Schwarz werden der Muskulatur (hämolytischer Zerfall) Palpatorisches „Knister“ Allgemeinerscheinungen: Schwäche, Erbrechen, Durchfall, Schock Therapie Die Behandlung des Gasbrandes muss schnell einsetzten. Das Ziel der Therapie besteht zum einen in der direkten Bekämpfung der Erreger durch Antibiotika und zum anderen in der Schaffung aerober Wundverhältnisse, dass bedeutet eine Verbesserung der Sauerstoffversorgung der Wunde, um eine Vermehrung der Erreger zu vermeiden. Dies geschieht durch chirurgischen Maßnahmen und, soweit vorhanden, durch eine hyperbare Sauerstofftherapie. Chirurgische Maßnahmen Zu den chirurgischen Maßnahmen im Bereich der Wunde gehören z.B. die Beseitigung allen abgestorbenen Gewebes, Spülungen mit Wasserstoffperoxid (H2O2) sowie ein Offenlassen der Wunde, also keine Naht! Sehr selten muss in fortgeschrittenen Fällen - auch heute noch - eine Amputation der betroffenen Gliedmaßen durchgeführt werden. Antibiotika Zeitgleich mit den chirurgischen Maßnahmen muss die Gabe von Antibiotika erfolgen. Das am besten wirksame Antibiotikum ist immer noch Penizillin. Bei einer Penizillinallergie können auch Chloramphenicol, Cefalosporine oder Erythromycin eingesetzt werden. Die Gabe von Metronidazol (Clont) hat sich ebenfalls bewährt. Die Antibiotikatherapie sollte für 7 bis 14 Tage fortgesetzt werden. Hyperbare Sauerstofftherapie Die hyperbare Sauerstofftherapie wird in speziellen Überdruckkammern, die von Tauchunfällen her bekannt sind, durchgeführt. Sie wird erst nach Einleitung der chirurgischen Maßnahmen eingesetzt. Die Behandlung erfolgt mit einem Sauerstoffüberdruck von 2-3 Atmosphären. Eine Therapiesitzung dauert zwischen 1 und 2 Stunden. Insgesamt sollten 10 bis 20 Sitzungen durchgeführt werden. Das polyvalente Gasbrand-Antitoxin gilt als unsicher in seiner Wirkung und ist heute umstritten. Es handelt sich dabei um ein "Gegengift", das Antikörper gegen die Toxine von mehreren Clostridien enthält. Es kann prinzipiell sowohl zur Umspritzung der Wunde als auch zur intravenösen Therapie eingesetzt werden. Sind bereits Allgemeinsymptome, wie z.B. ein stark beschleunigter Puls oder eine Eintrübung des Bewusstsein eingetreten, ist eine intensivmedizinische Überwachung der betroffenen Personen notwendig. 4. Milzbrand Zusammenfassung Der Milzbrand ist eine bakterielle Infektionserkrankung, die in erster Linie Huftiere betrifft. Durch engen Kontakt mit erkrankten Tieren oder durch Hantieren mit infizierten Tierprodukten können die Erreger auf den Menschen übertragen werden. Je nach Eintrittspforte kommt es zum Haut-, Lungen- oder Darmmilzbrand. Durch Übertreten der Erreger ins Blut entsteht die rasch zum Tod führende Milzbrandsepsis. Die Diagnose ergibt sich aus dem klinischen Bild, aus der Krankengeschichte und dem Erregernachweis. Die Therapie der Wahl ist die frühzeitige Verabreichung von Ciprofloxacin (Ciproxin). Leider ist Milzbrand in den USA im Oktober 2001 als biologischer Kampfstoff in Briefen verschickt worden. Bei verdächtigen Briefen, die Pulver enthalten, sollten deshalb Vorsichtsmaßnahmen eingehalten werden. Definition und Allgemeines Mit dem Begriff Milzbrand oder auch Anthrax wird eine Erkrankung bezeichnet, die hauptsächlich bei Tieren auftritt und demzufolge als Zoonose bezeichnet wird. Die Bezeichnung ergab sich aus der Beobachtung, dass die Milz bei erkrankten Tieren vergrößert, so wie Schwarzbrot verfärbt ist und wie "verbrannt" aussieht. Die Erkrankung tritt bevorzugt in warmen Ländern auf. Besonders häufig sind Huftiere, wie Schweine, Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde betroffen. Eine Übertragung des Milzbrandes auf den Menschen kommt bei Berufsgruppen vor, die engen Kontakt zu diesen Tieren haben oder mit Produkten dieser Tiere, wie Tierhäuten, Fleisch oder Milch in Berührung kommen. In den meisten Fällen ist der Milzbrand daher eine Berufskrankheit. In Deutschland ist diese Erkrankung beim Menschen selten. Erreger Der Milzbranderreger wurde 1855 von Pollender entdeckt und 1876 von Robert Koch als erster im Labor gezüchtet. Es handelt sich bei dem Erreger um ein grampositives, aerob lebendes, d.h. Sauerstoff verbrauchendes und sporenbildendes Stäbchen, den Milzbrandbazillus Bazillus anthracis. Unter Sporen versteht man eine Lebensform der Bazillen, in der diese die Lebensfunktionen extrem reduziert haben. Sporen werden von Bakterien (Bazillen), gebildet, wenn die Erreger unter "Stress", wie z.B. erhöhte Temperaturen oder Nahrungsmangel, geraten. Die Bakterien verringern dann ihren Stoffwechsel und bilden eine festere Zellwand aus. In diesem Minimalzustand können die Erreger ohne Zellteilung Jahre überstehen. Die zur Infektion über die Lunge notwendige Dosis pro Person ist relativ hoch und liegt insgesamt bei etwa 8.000 50.000 Bazillen. Entstehungsweise Der Milzbrandbazillus ist auf Grund einer speziellen Eiweißkapsel (Polypeptidkapsel) in der Lage, wichtigen Abwehrmechanismen der menschlichen oder tierischen Zellen zu entgehen (Phagosomenflüchter). Er bildet vor allem bei seiner Zerstörung Giftstoffe (Exotoxine), die an die Umgebung abgegeben werden. Diese Giftstoffe schädigen die Blutgefäße bis in die kleinsten Aufzweigungen, die Kapillaren, sodass die Gefäße für rote Blutkörperchen (Erythrozyten) durchlässig werden. Die Folge davon sind sowohl eine Entzündungsreaktion als auch eine Blutung. Beides äußert sich als eine blutdurchtränkte Schwellung, also ein hämorrhagisches Ödem des betreffenden Gewebes. Bevorzugt betroffen sind die Lunge, der Darm und die Haut. Inkubationszeit Sie beträgt wenige Stunden bis mehrere Tage, gelegentlich sogar bis zu 60 Tage, vor allem nach Inhalation durch Sporen. Symptome Die Symptome des Milzbrandes sind abhängig von dem jeweiligen Ansteckungsort. Die Ansteckung kann durch direkten Hautkontakt, durch das Einatmen von Sporen oder durch den Verzehr von erkrankten Tieren bzw. Tierprodukten geschehen. Die häufigste Milzbranderkrankung beim Menschen ist der Hautmilzbrand. Durch direkten Kontakt gelangen Milzbrandsporen in kleine oberflächliche Hautverletzungen. Nach kurzer Zeit entsteht ein rotes Knötchen mit einem schwarzen Zentrum. Daraus entwickelt sich schnell ein eitergefülltes Bläschen. Mit einer weiteren Ausdehnung der Erkrankung treten neue Bläschen auf und verschmelzen schließlich miteinander zum Milzbrandkarbunkel (Pustula maligna). Wenn ein solches Karbunkel Anschluss an ein Blutgefäß bekommt, kann dies zu einer Sepsis, im Volksmund als "Blutvergiftung" bezeichnet, führen. Eine wesentlich seltenere Milzbranderkrankung beim Menschen stellt der Lungenmilzbrand dar. Die Infektion erfolgt hier durch das Einatmen von Sporen. Sie haften oft an Tierhäuten und Tierhaaren und sind meist über Jahre ansteckend. Der Lungenmilzbrand verläuft wie eine schwere Lungenentzündung mit starkem blutigem Auswurf, der hochgradig ansteckend ist. Die Patienten haben hohes Fieber, häufig Schüttelfrost, Husten und Atemnot. Der Lungenmilzbrand endet unbehandelt meist tödlich. Die dritte Möglichkeit einer Milzbranderkrankung beim Menschen besteht im Darmmilzbrand. Er entsteht durch den Verzehr von rohem Fleisch oder ungekochter Milch von erkrankten Tieren. Im Vordergrund stehen hier blutiges Erbrechen und blutige Stühle aufgrund der schweren hämorrhagischen Darmentzündung. Auch diese Form der Erkrankung endet meist tödlich. Diagnose Die Verdachtsdiagnose ergibt sich aus der Krankengeschichte, z.B. Tierkontakte, Beruf und den Symptomen. Die Diagnose wird durch eine mikroskopische Untersuchung mittels Gramfärbung und durch eine Untersuchung von Körpersekreten bzw. Abstrichen gesichert. Je nach Erkrankungsart untersucht man die Flüssigkeit aus Bläschen, Blut, abgehustetem Bronchialsekret sowie Stuhl und legt eine Kultur zur Anzucht der Erreger an. Therapie Die Behandlung muss so früh wie möglich begonnen werden. Die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA empfiehlt die Gabe von hoch dosiertem Ciprofloxacin, das z.B. von der Firma Bayer unter dem Namen Ciprobay und Ciproxin vertrieben wird. Darm oder Lungenmilzbrand: 500 mgr. Tabletten Ciprofloxacin, zweimal täglich für 60 Tage Alternativ können Penicillin G, Tetracyclin, Erythromycin oder Chloramphenicol verwendet werden. Hautmilzbrand: 5-8 Mill. Einheiten Penicillin G pro Tag intravenös für 1-2 Wochen Chirurgische Eingriffe bei Hautmilzbrand sind strikt verboten, da sie die Gefahr einer weiteren Ausbreitung der Erkrankung in Form einer Sepsis bergen. Patienten müssen isoliert werden. Im Krankenhaus besteht für das Personal die Pflicht, Handschuhe zu tragen. Komplikationen Aus allen drei Milzbrandformen kann sich eine Milzbrandsepsis entwickeln mit Fieber, Schüttelfrost, Hautblutungen, Milzvergrößerung und Kreislaufschock. Diese Sepsis führt sehr schnell zum Tode. Letalität Lungen- und Darmmilzbrand verlaufen ohne oder bei verspäteter Therapie meist innerhalb von zwei bis drei Tagen tödlich. Prophylaxe Die wichtigste Form der Prophylaxe ist die Vermeidung des Kontaktes mit erkrankten Tieren und ihren Produkten. Die Meldepflicht ist unbedingt einzuhalten. Sie erstreckt sich auf die Meldung des Krankheitsverdachtes, der Erkrankung selbst sowie den Tod durch Milzbrand. Der Milzbrand der Haut wird über kleine Wunden in der Haut übertragen. Er ist heilt meist mit Behandlung durch Antibiotika ab. Je nach Autor können unbehandelt 5-20% der Patienten versterben. Gegen die Inhalation des Erregers, der z.B. zum Lungenmilzbrand führt, kann man sich mit einem speziellen Mundschutz (wie er auch von Chirurgen bei Operationen verwendet wird) recht gut schützen. Einen derartigen Mundschutz kann man in Apotheken erhalten oder im auch im Internet bestellen. Diese Masken haben eine Porengröße von 0,6µm, wohingegen die Sporen im ungünstigsten Fall in einer Größe von 1-5µm vorliegen. Falls ein verdächtiger, mit Pulver gefüllter Brief auftaucht, rät das Robert Koch Institut in Berlin: das Pulver nicht einatmen, nicht anfassen, nicht verschlucken und die Polizei und Feuerwehr benachrichtigen. Louis Pasteur hat 1881 in dem berühmten Feldversuch von Pouilly-Le-Fort die Wirksamkeit eines Impfstoffes, der aus inaktivierten Bakterien bestand, an Tieren nachgewiesen. Ein zugelassener Impfstoff existiert wegen zahlreicher Nebenwirkungen und unkalkulierbaren Risiken weltweit bisher nicht. Besonders gefährdete Soldaten der US-Streitkräfte werden jedoch, wie oben erwähnt, seit einigen Jahren geimpft.