Formale Logik PD Dr. Markus Junker Abteilung für Mathematische Logik Universität Freiburg Wintersemester 16/17 Sitzung vom 2. November 2016 Erinnerung: aussagenlogische Syntax Aussagenlogische Formeln sind: Aussagenvariablen A , B , C . . . , Verum > und Falsum ⊥, (Zusammensetzungen mit Junktoren:) mit F und F 0 auch ¬F , (F ∧ F 0 ) , (F ∨ F 0 ) , (F → F 0 ) , (F ↔ F 0 ). Wahrheitswertverhalten: F W W F F F0 W F W F > W W W W ⊥ ¬F (F ∧ F 0 ) (F ∨ F 0 ) (F → F 0 ) (F ↔ F 0 ) F F W W W W F F F W F F F W F W W F F W F F W W Alternative Schreibweisen Carol Horn Greenstein Dictionary of Logical Terms and Symbols, New York 1978. Verum: Falsum: Negation: Konjunktion: Disjunktion: Implikation: Bi-implikation: ↑, 1, V, W; fehlt auch oft ↓, 0, Λ, F; fehlt auch oft ∼ A, −A, A, A0 ; Np (A & B), (A · B), (A × B), (AB), (A ∩ B); Kpq (A | B), (A + B), (A ∪ B); Apq (A ⇒ B), (A ⊃ B), (A : B); Cpq (A ⇔ B), (A ≡ B), (A ⊃⊂ B), (A = B) (A ∼ B), (A u B); Epq polnische Notation bzw. umgekehrte polnische Notation: ohne Klammern! Eindeutige Lesbarkeit und Formelbaum Jede aussagenlogische Formel kann nur auf eine einzige Art und Weise nach den Regeln aufgebaut werden und kann wieder „rückwärts“ zerlegt werden: (¬((¬A ∨ B) ∧ ¬¬B) ∨ (A ∧ ¬⊥)) ¬((¬A ∨ B) ∧ ¬¬B) ? ((¬A ∨ B) ∧ ¬¬B) (¬A ∨ B) ¬A ? A @ R @ B @ R @ ¬¬B ? ¬B ? B @ R @ (A ∧ ¬⊥) A @ R @ ¬⊥ ? ⊥ Eindeutige Lesbarkeit In der „natürlichen Sprache“ ist dies anders, vergleiche Wörter wie: Ersatzbusfahrer Oberleitungsprüfer Klammerung wird hörbar gemacht (aber Oberbürgermeister ?) oder auch sichtbar gemacht (was aber auch schief gehen kann: SchlüsselFertigbau) Wahrheitstafeln, Wahrheitsverlauf einer Formel Sei F die Formel (¬((¬A ∨ B) ∧ ¬¬B) ∨ (A ∧ ¬⊥)) A W W F F B W F W F ¬A F F W W (¬A ∨ B) W F W W ¬B F W F W ¬¬B W F W F A W W F F B W F W F . . . ¬((¬A ∨ B) ∧ ¬¬B) F ... W F W ⊥ F F F F ((¬A ∨ B) ∧ ¬¬B) . . . W F ... W F ¬⊥ W W W W (A ∧ ¬⊥) W W F F F W W F W Logische Äquivalenz Zwei Formeln F1 und F2 heißen logisch äquivalent, wenn sie den gleichen Wahrheitswertverlauf haben. Kurzschreibweise: F1 ∼ F2 Beispiele: I Doppelnegationsregel: ¬¬A ∼ A. I Idempotenz von ∧: (A ∧ A) ∼ A I Kommutativität von ∧: (A ∧ B) ∼ (B ∧ A) I Kontraposition: (A → B) ∼ (¬B → ¬A) Zwei Formeln mit genau entgegengesetztem Wahrheitswertverlauf heißen manchmal logisch kontravalent. Tautologie Eine Formeln F heißt Tautologie, wenn ihr Wahrheitswertverlauf konstant W ist, also nie der Wahrheitswert F vorkommt. Kurzschreibweise: ` F Beispiele: I tertium non datur: ` (A ∨ ¬A) I Prinzip des ausgeschlossenen Widerspruchs: ` ¬(A ∧ ¬A) I Identität: ` (A → A) I Verum ist eine Tautologie: ` > Eine Formel mit konstantem Wahrheitswertverlauf F heißt auch Antilogie. Eine Formel ist erfüllbar, wenn sie keine Antilogie ist. Logische Folgerung Eine Formel F folgt logisch aus Formeln P1 , P2 , . . . (oder: wird von der Menge dieser Formeln impliziert), wenn F immer dann den Wahrheitswert W bekommt, wenn auch alle P1 , P2 , . . . den Wahrheitswert W haben. Mit andern Worten: Es kann nicht sein, dass alle Prämissen P1 , P2 , . . . wahr sind, F aber falsch. Kurzschreibweise: P1 , P2 , · · · ` F {P1 , P2 , . . . } ` F Beispiele: I modus ponens: A, (A → B) ` B I modus tollens: (A → B), ¬B ` ¬A I „einfacher Syllogismus“: I ex falso quodlibet: für beliebiges F gilt ⊥ ` F (A → B), (B → C ) ` (A → C ) Zusammenhänge Eine aussagenlogische Formel G folgt dann und nur dann logisch aus F , wenn (F → G ) eine Tautologie ist. Zwei aussagenlogische Formeln F und G sind dann und nur dann logisch äquivalent, wenn (F ↔ G ) eine Tautologie ist.