Bevor es heiß im Stall wird, …

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Sommerstress in der Putenhaltung vermeiden
Bevor es heiß
im Stall wird, …
Fotos: Werkbild
Geflügel
… sind besonders in Putenmastställen einige Vorkehrungen zu treffen. Wir
sprachen darüber mit Siegbert Bullermann. Der Experte für Lüftungstechnik
hat das Merkblatt zur Vermeidung von Hitzestress bei Puten mit erarbeitet.
DGS: Welche allgemeinen Grundlagen regeln die Putenstalllüftung, und
wo gibt es Hinweise auf Maßnahmen
gegen Hitzestress bei Puten?
Siegbert Bullermann: Als Grundlagen
der Lüftung von Putenställen dienen die
DIN 18910 : 2004, das Bundeseckwertepapier zur Haltung von Mastputen sowie
das dort enthaltene Merkblatt zur Vermeidung von Hitzestress bei Puten, das auch
im Internet zum Download bereitsteht.
Die Putenvereinbarung regelt über die
DIN hinaus Zusatzmaßnahmen für natürlich belüftete Offenställe. Das Hitze­stressMerkblatt fasst die genannten Papiere
zusammen und gibt weitere Hinweise
zum Stallmanagement bei Hitze.
DGS: Was bedeutet der
Enthalpiewert?
Das Interview
Bullermann: Der für das Geflügel kritische Enthalpiewert ist im Merkblatt mit
67 kJ/kg/trockene Luft festgelegt. Versicherungen verwenden 65 kJ/kg bei Verträgen, dies ist die absolute „Deadline“.
Mit Hilfsmaßnahmen gegen Hitzestress
sollten wir früher beginnen. 67 kJ/kg Enthalpiewert bedeutet, dass die Luft mit
Feuchte gesättigt ist und die Tiere durch
Hecheln keinen Kühleffekt mehr haben.
Für uns Menschen fühlt sich die Luft dann
sehr schwül an und man schwitzt.
Wird der Wert überschritten, sind dringend zusätzliche Maßnahmen einzuleiten, um hitzebedingte Verluste zu vermeiden, die im Hitzestressmerkblatt festgeschrieben sind, und das besonders bei
Puten ab der 14. Lebenswoche. Im Hitzestressmerkblatt steht ja auch, wo der
Landwirt die Enthalpiewerte für seine Region beziehen kann.
Großes Bild – Hochdruck-Sprühkühlungen
sind vielseitig einsetzbar – neben der
Befeuchtung auch zur Entstaubung,
zum Einweichen oder zur Desinfektion.
Kleines Bild– Das Hubsystem sorgt dafür,
dass die Luft direkt zu den Tieren gelangt.
Luftbewegung im Tierbereich
■■In einem Putenstall mit einem
Umluftsystem nach neuestem
Hitzestress-Merkblatt beträgt die
durchschnittliche Luftbewegung
im Tierbereich über 1 m/Sec..
Daraus ergibt sich nach beigefügtem
Schema folgender Luftaustausch
im Tierbereich:
■■Selbst im unteren Tierbereich mit
Quelle: PAL-Bullermann GmbH
0,1 m/Sec. ergibt sich je m² folgende
Luftaustauschrate: 1 m² × 0,1 m/Sec. × 3 600 Sec./Stunde = 360 m³/Stunde.
■■Bei einer maximalen Belegung mit 58 kg/m² ergibt sich somit folgende LuftSiegbert Bullermann ist
Geschäftsführer der PAL
Bullermann GmbH Markhausen.
austauschrate je kg Lebendgewicht: 360 m³/Stunde/58 kg = 6,2 m³/Stunde.
■■Im mittleren und oberen Tierbereich beträgt der Luftaustausch
daher sogar ein Vielfaches davon.
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Tier eine Luftbewegung von 1 m/s haben,
bewegt sie sich unten am Tier mindestens
noch mit 10 cm/Sec.. Das reicht aber, um
die Wärme vom Tier wegzubekommen.
Deswegen lassen wir die Lüftung in zwei
Stufen durchlaufen – einmal für die normale Frischluftversorgung, zum anderen
zum Kühlen. Bei der ersten Stufe hat der
Offenstall seine Jalousien ganz unten, erst
in der zweiten Stufe wird die Luft mit höherer Geschwindigkeit im Tierbereich entlanggeblasen. Im mechanisch gelüfteten
Stall passiert das Gleiche. Die erste Stufe
versorgt die Tiere sozusagen mit der nötigen Luftqualität, die zweite mit Umluft,
damit die Tiere Wärme abgeben können.
DGS: Welche Maßnahmen kann
man über die im Merkblatt festgeschriebenen noch ergreifen, um den
Hitzestress bei Puten zu lindern?
DGS: Was ist mit dem WindchillEffekt gemeint, und welche
Besonderheiten der Luftbewegung
im Stall sollte der Landwirt kennen?
Bullermann: Geflügel hat durch sein Federkleid ein Wärmepolster. Beim Windchill-Effekt geht der Wind so schnell
durch das Federkleid, dass das Wärmepolster zerstört und die Wärmeabgabe
gefördert wird. Das schafft den Tieren
schon zwei, drei Grad Erleichterung allein durch die eingebaute Umluft im Stall.
Mit unseren neuen Lüftungen in den Putenställen erreichen wir durchschnittlich
im Tierbereich eine Luftgeschwindigkeit
von 1 m/s. Die Übersicht (Seite 34) zeigt,
welchen Kühleffekt Sie damit erreichen.
Wichtig ist, dass wir von zwei verschiedenen Luftmengen reden: Wie viel Luft
muss aus dem Stall raus befördert werden, damit er nicht überhitzt? Und wie
viel Luft brauche ich um das Tier herum,
damit es seine Wärme abgeben kann?
Aus dem Stall heraus muss die Luft nur
mit 3 m3 je Stunde und kg Lebendgewicht
(LG) befördert werden. Im Hitzemerkblatt steht, man soll 7 m3 je Stunde und
kg LG Luftaustausch im Tierbereich vorhalten. Man muss also 7 m3 je Stunde und
kg LG Luft am Tier vorbeiführen, damit
es Wärme abgibt. Aber nach außen kann
man wesentlich weniger befördern.
Die Übersicht zeigt: Wenn wir oben am
DGSDGS
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Bullermann: Man kann Zusatzlüfter mit
weiter verbesserter Flächenabdeckung
anbringen. Um tote Ecken zu vermeiden,
empfiehlt sich eine zweireihige Anordnung für eine bessere Bodenabdeckung.
Eventuell kann man am Giebel einen Gegenstromlüfter installieren. Südtore sollten bei großer Hitze geschlossen bleiben.
Bei Jungtieren kann man Stallteile mit
toten Ecken auch abtrennen.
Einfache, recht günstige Hubsysteme
für Decken- und Wandventilatoren sorgen dafür, dass die Luft tatsächlich zum
Tier gelangt, nämlich ca. 1,5 m über Boden (siehe Foto Seite 34).
DGS: Ab wann ist eine Kühlung
erforderlich, würden Sie die generell
für Putenställe empfehlen, und
welche Zuluftkühlsysteme gibt es?
Bullermann: Bei Temperaturen um die
40 °C reichen reine Umluftsysteme nicht
mehr aus, da sich die Tiere bei Temperaturgleichheit (Körpertemperatur = Außentemperatur) nicht mehr effektiv kühlen können. Eine zusätzliche Verdunstungskühlung kann die Luft abkühlen
und so die für die Tiere erforderliche
Temperaturdifferenz wieder herstellen.
Zwei Verfahren kommen hier zur Anwendung: PAD-Kühlungen und Sprühkühlungen. Bei der PAD-Kühlung wird
die Zuluft durch eine feuchte Gitter-/
Vlieswand befeuchtet und dadurch abgekühlt. Die PAD-Kühlung ist nur bei reiner
Tunnellüftung sinnvoll, die Hygiene und
die Wartung sind etwas schwieriger. Des-
wegen kommt sie eigentlich in unseren
Breiten in Geflügelställen nicht zur Anwendung.
Hochdruck-Sprühkühlungen sind vielseitig einsetzbar – neben der Befeuchtung zur
Entstaubung, zum Einweichen und zur
Desinfektion. So kann man sie häufiger
nutzen. Bei der Sprühkühlung vernebeln
Sprühdüsen das Wasser im Stall, durch die
Verdunstung wird die Lufttemperatur her­
abgesenkt. Sprühkühlungen eignen sich für
alle Lüftungssyteme. Sie verteilen das
Sprühwasser gleichmäßig über die gesamte
Stallfläche. Bei Verdunstungskühlung
sollte man folgendes beachten: Nach dem
Motto „erst Wind, dann Wasser“, darf Wasser erst zugegeben werden, wenn die Lüftung in Ordnung ist. Und das zugegebene
Wasser muss unbedingt wieder herausgelüftet werden, sonst kippt das Stallklima.
DGS: Parallel zum technisch Machbaren muss das Hitzemanagement
optimal ausgeführt werden. Was
halten Sie da für besonders wichtig?
Bullermann: Das Wichtigste ist die Kontrolle vor Ort. Der Putenhalter sollte
durch den Stall gehen und die Tiere in
Bewegung halten, um einen Hitzestau am
Boden zu vermeiden. Zudem sind die Futterzeiten anzupassen.
Die Tiere nicht vollgefressen in die Hitze zu schicken, das wurde als äußerst
wichtig in Gesprächen mit Erzeugergemeinschaften herausgestrichen. Um zehn
Uhr morgens sollten die Tröge leer sein
und an der Decke hängen, dann haben
die Tiere auch mehr Platz. Wird es abends
kühler, wird wieder gefüttert.
Vor einem zu erwartenden Hitzetag ist
die Einstreu nochmals zu optimieren,
sprich nachzustreuen. Natürlich ist ständig frisches, kühles Wasser bereitzustellen. Nach Rücksprache mit dem Tierarzt
sind gegebenenfalls blutverdünnende
Mittel, Elektrolyte und Vitamine zu verabreichen.
DGS: Wir bedanken uns für das
Gespräch.
Die Fragen stellte Susanne Gnauk, DGS.
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