Markt- und Kundenbeziehungen 1 Definition „Markt“ Unter einem Markt versteht man den Ort des Zusammentreffens von Angebot und Nachfrage. Angebot Nachfrage Markt Merke: Jedes Gut hat einen Markt! Materielle Güter werden auf Sachgütermärkten und immaterielle Güter auf Märkten für Dienstleistungen und Rechte angeboten und/oder nachgefragt. Beispiele: Obst- und Gemüsemarkt (Wochenmarkt), Wertpapiermarkt (Börsen), Immobilienmarkt, Arbeitsmarkt 2 Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt Verkäufermarkt: Die Verkäufer (=Anbieter) beherrschen den Markt und können Preise/Bedingungen festsetzen. Angebot < Nachfrage Beispiele: In Krisenzeiten (z. B. Kriegs- und Nachkriegszeiten, in Ländern der Dritten Welt, nach Naturkatastrophen Käufermarkt: 3 Höhere Marktmacht besitzen die Käufer (= Nachfrager). Bei der Vielzahl von Anbietern ist der Kunde „König“. Angebot > Nachfrage Beispiele: Märkte für Massengüter Internationalisierung der Konkurrenz Heute: l Globaler (weltweiter), internationaler Wettbewerb l Intensiver Wettbewerb bei marktgängigen Produkten Konsequenzen: l Durchsetzen gegenüber den Mitbewerbern l Eigene Wettbewerbsvorteile schaffen und am Markt durchsetzen (z. B. hohe Qualität zu einem günstigen Preis, Image) l Durch Exporte neue Märkte erschließen l Größeres Angebot l Niedrigere Preise l Weltweiter Service Helmut Preis Anbieter Nachfrager 1 Markt- und Kundenbeziehungen 4 Veränderung des Kaufverhaltens l Wandel der Bedürfnisse (Wünsche), d. h. Streben nach höheren Kategorien von Bedürfnissen: (Existenzbedürfnisse ¢ Kulturbedürfnisse ¢ Luxusbedürfnisse) l Die Ansprüche steigen oder ändern sich (z. B. Freizeit) l Kürzere Produktlebenszyklen: Umsatz Einführung Wachstum Reife Sättigung Degeneration Zeit 5 Marktformenschema Anzahl der Nachfrager Viele Anzahl der Anbieter Viele Wenige Einer Vollständige Konkurrenz (= Polypol) Angebotsoligopol Angebotsmonopol z. B. Automarkt z. B. Trinkwasser Nachfrageoligopol Zweiseitiges Oligopol z. B. Obstverwertung z. B. Luxusautos Beschränktes Angebotsmonopol Nachfragemonopol Beschränktes Nachfragemonopol z. B. Schuhmarkt Wenige Einer z. B. öffentlicher Straßenbau 2 z. B. Militärbekleidung z. B. medizinische Spezialgeräte Zweiseitiges Monopol z. B. Space Shuttle Helmut Preis Markt- und Kundenbeziehungen 6 Nachfragekurve als Summe der individuellen Nachfragen Merke: Je höher der Preis, desto niedriger die nachgefragte Menge. 7 Verschiebung von Nachfragekurven Helmut Preis 3 Markt- und Kundenbeziehungen 8 Marktangebot als Summe der individuellen Angebote Merke: Je höher der Preis, desto höher die angebotene Menge. 9 4 Verschiebung der Angebotskurven Helmut Preis Markt- und Kundenbeziehungen 10 Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage Helmut Preis 5 Markt- und Kundenbeziehungen 11 Märkte abseits des Gleichgewichts: Angebotsüberschuss Nachfrageüberschuss 6 Helmut Preis Markt- und Kundenbeziehungen 12 Schlüsselbegriffe des Marketing 13 Austausch zwischen zwei Parteien 14 Einfaches Marketingsystem Helmut Preis 7 Markt- und Kundenbeziehungen 15 Flussdiagramm einer modernen Volkswirtschaft 16 Traditionelle und kundenorientierte Unternehmensphilosophie 8 Helmut Preis Marketing I I M A R K E T I N G S Y S T E M M A R K E T I N G S Y S T E M Marketing ist mehr als Werbung. Marketing ist eine Unternehmerphilosophie, eine Systematik, mit der Sie Ihr Unternehmen steuern. Diese Konzeption verlangt von Ihnen, sämtliche Strategien und Aktionen im Hinblick auf Marktanforderungen und -potentiale zu prüfen. Bei der Entwicklung Ihrer Geschäftsidee und Ihrer Marktanalyse haben Sie sich bereits mit typischen Elementen des Marketing auseinander gesetzt. " P R O D U K T - U N D P R O G R A M M P O L I T I K , D I S T R I B U T I O N S P O L I T I K , S O W I E P R E I S P O L I T I K " K O M M U N I K A T I O N S P O L I T I K B A U S T E I N E D E S M A R K E T I N G S I N D D I E Darauf aufbauend lassen sich vier Bausteine des Marketing unterscheiden, die zusammen den Marketing-Mix bestimmen: · Produkt- und Programmpolitik · Distributionspolitik · Preispolitik · Kommunikationspolitik Nachfolgend sehen Sie, wie das Marketing in die bisherige Vorgehensweise und Systematik einzuordnen ist. Ausgehend von der Produktpolitik, die im Wesentlichen von der Geschäftsidee, Ihren Kompetenzen, der Marktanalyse und Ihrem Zukunftskonzept bestimmt wurde, entwickeln Sie Ihre Preis- und Absatzstrategie. Für die Preispolitik ist - neben der Preissensibilität des Marktes - Ihre Kostenstruktur als wesentliche Determinante zu berücksichtigen. Bei der Distributionspolitik wird die Form des Absatzes nachhaltig durch Ihre Unternehmensorganisation geprägt. Jetzt kommt es entscheidend darauf an, die „Trommeln zu rühren“ und über eine gezielte Kommunikationspolitik Kunden auf Ihr Produkt bzw. auf Ihre Dienstleistung aufmerksam zu machen. Wir werden uns deshalb im Rahmen des Existenzgründer-Marketing im Wesentlichen auf diesen Aspekt konzentrieren. Hier wird in der nächsten Zeit der größte Aktionsbedarf für Sie sein. 1 Produkt- und Programmpolitik Ihre Produkt- und Programmpolitik haben Sie mit der Entwicklung Ihrer Geschäftsidee und mit der eingehenden Analyse des Marktes bestimmt. Wenn hier ausschließlich von Produktpolitik die Rede ist, dann ist damit auch die Gestaltung und Entwicklung von Dienstleistungen gemeint. Auch das Angebot eines Beraters, einer Reinigung oder eines Ingenieurbüros muss fortlaufend analysiert und an die sich verändernden Marktanforderungen angepasst werden. Auch Dienstleister müssen ihren Service als ein Produkt verstehen, das Veränderungen verlangt, um für den Markt dauerhaft attraktiv zu sein. Im Wesentlichen ist die Produktpolitik aber auf produzierende Unternehmen beschränkt. Im Rahmen der Produktpolitik werden als Hauptaufgaben die Produktgestaltung und die Entscheidung über die Marktpräsenz unterschieden. Zur Produktgestaltung sind folgende Aufgaben zu zählen: · Funktionaltechnische Entwicklung des Produktkerns bzw. Bestimmung der Kerndienstleistung · Produktdesign · Verpackungsgestaltung und Markierung (Markenpolitik) Bei der Entscheidung über die Marktpräsenz von Produkten müssen im Rahmen der Produktpolitik folgende Überlegungen angestellt werden: · Neuprodukteinführung · Produktdifferenzierung/Produktvariation · Produktvereinheitlichung · Produktelimination Wenn Sie in Zukunft feststellen, dass Ihre Kunden mehr Service verlangen oder ein besseres Design erwarten, dann müssen Sie umgehend darauf reagieren und diesen Mehrwert anbieten. Genau hier liegt die entscheidende Aufgabe der Produktpolitik: die Gestaltung des Angebots entsprechend den Bedürfnissen des Marktes. Passen Sie Ihr Angebot fortlaufend Ihrer Geschäftsidee, der Marktanalyse und Ihrem Zukunftskonzept an, um mehr Nutzen zu stiften. 2 Distributionspolitik Bei der Distributionspolitik kommt es für Sie darauf an, die richtige Form des Absatzes zu definieren. Wir diskutieren die unterschiedlichen Absatzformen nur in aller Kürze, weil sie von den individuellen Voraussetzungen der jeweiligen Branche abhängig sind. Sie müssen entscheiden, welcher Distributionsweg für Sie und insbesondere für Ihre Kunden am geeignetsten ist. Als Gründer haben Sie drei Entscheidungsfelder der Distributionspolitik zu berücksichtigen: · Entscheidung 1: Wie viele Absatzstellen werde ich wo in welcher Betriebsform einrichten? · Entscheidung 2: Welches Marktkanalsystem (Absatzwege) nutze ich? Verkaufe ich direkt an den Konsumenten? Gehe ich über den Einzelhandel? Schalte ich den Großhandel zwischen mir und dem Einzelhandel ein? · Entscheidung 3: Welches physische Distributionssystem wähle ich? Welche Transportform wähle ich? Wie organisiere ich den Transport der Waren? Die Marketinglehre unterscheidet folgende Absatzformen: Betriebseigene Verkaufsorgane · Verkauf durch Mitglieder der Geschäftsleitung bzw. den Existenzgründer persönlich · Verkauf durch Reisende (Angestellte übernehmen den Verkauf) · Verkauf auf Kundenanfrage · Verkauf in Läden Betriebsfremde Verkaufsorgane · Handelsvertreter (selbständige Gewerbetreibende, denen die ständige Aufgabe übertragen worden ist, für andere Unternehmen Geschäfte zu vermitteln oder in deren Namen Geschäfte abzuschließen) 3 · Kommissionäre · Makler Preispolitik Nicht Sie bestimmen den Preis Ihrer Produkte, sondern der Markt diktiert Ihnen, welche Preise Sie durchsetzen können. Im Rahmen der Marktanalyse haben Sie deshalb Ihren potentiellen Kunden eine wichtige Frage gestellt: „Wie viel sind Sie bereit, für das Produkt zu bezahlen?“ Die Antwort auf diese Frage ist die entscheidende Richtschnur für Ihre Preispolitik, denn beim Geld hört bekanntlich die Freundschaft auf. Nur Preise, die vom Markt akzeptiert werden und die Ihnen gleichzeitig einen befriedigenden Gewinn garantieren, können eine Basis für eine positive Geschäftsentwicklung sein. Informieren Sie sich also, wie die Preise in Ihrem Markt sind, holen Sie Angebote von Mitbewerbern ein, und versuchen Sie, sich dann gegenüber der Konkurrenz zu positionieren. Natürlich spielt bei dem Entscheidungsprozess „Preisfindung“ neben der Nachfragerseite (Ihre Kunden) auch die Anbieterseite (Ihr Unternehmen) eine wesentliche Rolle. Damit kommen Sie zu der Frage: „Zu welchen Preisen kann ich die Leistung erbringen?“ Hierzu haben wir unter der Überschrift „Die Finanzen“ entsprechende Überlegungen angestellt. Aus der Gegenüberstellung von anbieterseitiger Kostensituation und nachfrageseitiger Preisakzeptanz ergibt sich Ihr Gewinnpotential. Stellen Sie deshalb permanent Kosten und realisierbare Preise gegenüber, um die Attraktivität Ihrer Unternehmung zu gewährleisten. Für Sie als Existenzgründer ist grundsätzlich zu empfehlen, in Märkte mit einer gesunden Preiskultur einzusteigen. Was heißt das? Gehen Sie nicht in Märkte, die sich heute durch einen harten Preiswettbewerb auszeichnen. Preiskämpfe sind immer mit Verdrängungskonkurrenz verbunden und erlauben nur minimale Erträge. Doch während der Startphase sollten Sie über attraktive Erstaufträge eine Grundlage für Folgeinvestitionen aufbauen. Dies gelingt Ihnen umso besser, je exklusiver Ihr Angebot ist. Das heißt, je mehr Einfallsreichtum Sie in Ihre Geschäftsidee und in das Angebot zusätzlicher Leistungen stecken, um so größer ist Ihr Differenzierungspotential und die Bereitschaft der Kunden, einen hohen Preis für ein knappes Gut zu zahlen. Bedenken Sie: Der Preis ist nur dann heiß, wenn Ihr Angebot heiß ist. 4 Zeitgemäßes Marketing Als der Personalcomputer erfunden wurde, sah das Marketing für dieses exklusive Produkt noch ganz anders aus. Abgesehen davon, dass den Kunden eine sehr begrenzte Anzahl an Varianten geboten wurde, so waren auch Preis, Werbung und Verkauf in keiner Weise mit den heutigen Marketingstrategien der Anbieter zu vergleichen: Die Preise waren exorbitant hoch, die Anbieter starteten Marketingkampagnen, die in Einmaligkeit und Aufwand alles andere in den Schatten stellten, und für den Vertrieb wurden exklusive PC-Boutiquen eingerichtet. Auch die Kunden waren von einem anderen Schlag als heute: vergeistigte „Bit-und-Byte-Fummler“ oder wagemutige Existenzgründer, die mit den EDV-technischen Segnungen ihr Büro organisieren wollten. Diese Zeiten sind längst vorbei, und das Marketing hat sich mit ihnen um 180 Grad gedreht. Die Produktvarianten sind kaum noch zu überschauen - vom Laptop mit Handy-Anschluss bis zum leistungsfähigen Power-Rechner, der auf kleinstem Raum ein Rechenzentrum der sechziger Jahre ersetzt. Verkauft werden die Rechner heute in Elektro-Supermärkten oder über Katalog-Direktvertrieb. Und die Kunden? Auch die sehen heute etwas anders aus als die avantgardistischen Erstnutzer der Startphase: vom EDV-Leiter, der in modernen Client-Server-Architekturen Personalcomputer einsetzt, bis zum Familienvater, der endlich einmal kapieren möchte, was seine Kinder seit Jahren davon abhält, Hausaufgaben zu machen. Der PC hat ein wildes Leben durchgemacht. Vom elektronischen Sonderling zum lebendigen Bestandteil unserer Alltagskultur. 5 Produktlebenszyklus-Konzept Die Lebensgeschichte des PCs hat Ihnen gezeigt, dass sich mit der Nachfrage- und Marktsituation auch das Marketing verändert hat - oder besser: verändern musste. Die Marketinglehre hat diese Veränderungen mit dem Produktlebenszyklus-Konzept beschrieben und dabei vier Produktlebensphasen identifiziert, die nachfolgend dargestellt werden: · Einführungsphase - geprägt durch langsames Marktwachstum bei Produkteinführung. Häufig geringe Gewinne, da hohe Einführungskosten aufzufangen sind. · Wachstumsphase - geprägt durch rasch zunehmende Marktakzeptanz und spürbare Gewinnzuwächse. · Reifephase - geprägt durch geringer werdende Zuwachsraten, da das Produkt von den meisten potentiellen Käufern akzeptiert worden ist und kaum noch neue Käufer hinzukommen. Die Gewinne stagnieren, die Marketingaufwendungen steigen. · Rückgangsphase - geprägt durch schrumpfende Verkaufsvolumen und Gewinne. Was bedeutet das für Sie? Als Existenzgründer müssen Sie analysieren, in welcher Phase Sie mit Ihrem Angebot in einen Markt einsteigen, und dementsprechend Ihr Marketing ausrichten. Logischerweise ist es empfehlenswert, möglichst früh in einen Markt einzusteigen, um in der Wachstumsphase die größten Gewinne mitzunehmen. Gleichzeitig ist diese Phase mit einem gemäßigten Konkurrenzkampf verbunden. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich eine starke Position in der Wachstums- und Reifephase nur auf einen frühen Markteinstieg - nach Möglichkeit in der Einführungsphase - gründen kann. In dieser „Startphase des Marktes“ ist es die Hauptaufgabe des Marketing, Kunden über das neue Produkt zu informieren. Dem Kunden muss erst einmal verdeutlicht werden, welchen Nutzen er aus dem neuen Angebot ziehen kann. Deshalb sind die Marketingaufwendungen in dieser Phase überdurchschnittlich hoch. Studien haben uns gezeigt, dass Marktpioniere ihren Wettbewerbsvorteil in der Regel dauerhaft aufrechterhalten konnten. Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe: Erstens bieten sie meist eine bessere Produktqualität und ein breiteres Sortiment als die späteren Einsteiger, und zweitens schaffen sie sich im Bewusstsein der Verbraucher einen besseren Markennamen als die Konkurrenten. Darüber hinaus muss bedacht werden, dass Sie es in den einzelnen Produktlebensphasen mit unterschiedlichen Käufergruppen zu tun haben. Während die Einführungsphase von einer „Avantgarde“ bestimmt wird, für die das extravagante Produkt Teil der Selbstdarstellung ist, wird die Reifephase von der „großen Mehrheit“ geprägt, die erst eine Zeit lang warten musste, bevor sie vom Angebot überzeugt werden konnte. Der Modemarkt verdeutlicht uns dieses Phänomen regelmäßig: Wenn sich ein renommierter Modeschöpfer für geblümte Miniröcke mit rosa Tupfen entscheidet, stürzt sich eine sehr überschaubare Käufergruppe auf die neuen Kreationen des Meisters, während die große Masse entsetzt den Kopf schüttelt. Ein halbes Jahr später können Sie dann beobachten, wie die Skeptiker diese nun massenweise feilgebotenen Kleidungsstücke tragen. Nachfolgend zeigen wir Ihnen, welche Marketinginstrumente in den einzelnen Phasen von entscheidender Bedeutung sind. Dabei werden auch die einzelnen Käufergruppen - von der Einführungs- bis zur Rückgangsphase - zugeordnet. Außerdem verdeutlichen wir Ihnen, welcher Strategietyp in den einzelnen Zeitabschnitten empfehlenswert ist. Einführungsphase · Markt: neu und riskant · Marketingziel: Produkt bekannt machen, Erstkäufe herbeiführen · Marketing: hoher Kommunikationsaufwand; sehr viel Werbung und Grundlageninformation (Einsatz von Pressearbeit); es kann ein hoher Preis verlangt werden; wenige Produktvarianten; noch zurückhaltende Distribution · Strategie: Nischenstrategie des Innovators für den neuen Gesamtmarkt · Kunden: Avantgarde - relativ kaufkräftige, risikofreudige Käufergruppe; geringe Anzahl · Konkurrenz: keine bis geringe Konkurrenz · Ergebnis: noch geringer Umsatz, möglicherweise hohe Einführungskosten - deshalb relativ geringer Gewinn Wachstumsphase · Markt: wachsend und attraktiv · Marketingziel: größtmöglicher Marktanteil · Marketing: mittlerer Kommunikationsaufwand, da das Produkt einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hat; eventuell Anpassung der Preise aufgrund veränderter Marktsituation; neue Produktvarianten kommen hinzu; Distribution muss gesteigert werden, um einen möglichst großen Teil des Marktes zu besetzen. · Strategie: begrenzte Differenzierungsstrategie; da wenige Konkurrenten im Markt sind, besteht noch keine Notwendigkeit für überdurchschnittliche Differenzierung. · Kunden: Frühadopter - bezahlen gute Preise, größere Anzahl als Avantgarde · Konkurrenz: nur wenige Konkurrenten (frühe Nachfolger) · Ergebnis: gute Umsätze, keine Einführungskosten, deshalb gute Gewinne Reifephase · Markt: gesund und groß · Marketingziel: größtmöglicher Gewinn bei gleichzeitiger Sicherung des Marktanteils · Marketing: gesamtes Instrumentarium des Marketing-Mix kommt zum Einsatz: relativ hoher Kommunikationsaufwand, intensive Produktpolitik (verschiedene Varianten, Mehrwertangebot), Distribution ist weitestgehend gesichert; aufgrund der intensiven Produktpolitik ergeben sich auch differenzierte Preisstrategien · Strategie: Differenzierungsstrategie oder Nischenstrategie (durch das Besetzen neuer Marktsegmente) · Kunden: breite Mitte - durchschnittlich ausgabenfreudig, hohe Anzahl · Konkurrenz: starke Konkurrenz; Tendenz nach unten setzt ein · Ergebnis: höchster Umsatz, möglicherweise höhere Kosten aufgrund der Differenzierungsstrategie. Trotz des Erreichens des Gewinnmaximums gegen Ende stagnierende bis rückläufige Gewinne Rückgangsphase · Markt: unattraktiv und abnehmend · Marketingziel: Kostensenkung und „Absahnen“ · Marketing: Produkt wird fast ausschließlich über den Preis verkauft; teilweise hoher Kommunikationsaufwand; weniger Produktvarianten; selektives Auslichten von unrentablen Distributionspunkten · Strategie: Kostenführerschaft · Kunden: Nachzügler; zwar relativ große Gruppe, zahlt aber geringe Preise bei wenig Loyalität · Konkurrenz: starke Preiskonkurrenz; insgesamt nimmt Zahl der Konkurrenten ab · Ergebnis: trotz hoher Absatzzahlen werden schlechte Preise realisiert (sinkender Umsatz). Die Kosten müssen optimiert werden, deshalb fallender Gewinn. Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie, Landsberg/Lech Marketing I I II K O M M U N I K A T I O N S K O N Z E P T K O M M U N I K A T I O N S K O N Z E P T „Wer gut ist, muss das auch kundtun!“ So einfach ist Werbung! Doch in Zeiten der unendlichen Werbeflut fällt das Werben enorm schwer. Teilweise hat es den Anschein, als ob die Kunden gegenüber werblicher Beeinflussung immun geworden seien. Wir beobachten in nahezu allen Märkten und Branchen - unabhängig ob Investitionsgüter- oder Konsumgüterindustrie -, dass die Werbeausgaben in exorbitante Höhen steigen, dass immer raffiniertere Werbestrategien ausgetüftelt werden und dass neue Methoden des Marketing Einzug halten. Dies hat zur Folge, dass sich die Werbeagenturen - trotz heftiger Kritik an ihrem Metier - gesundstoßen und die Unternehmen nur unbefriedigende Resultate erzielen. Massen-Mailings landen ungelesen im Papierkorb, wo sie sich zu 15 anderen Briefen gesellen, die am selben Tag die identische Dienstleistung feilgeboten haben, und Anzeigen werden vielleicht vom Pensionär mit Mindestrente gelesen, aber nicht vom umworbenen Yuppie. Was bleibt dem armen Existenzgründer? Nein, nicht den Kopf in den Sand stecken und kurz vor dem Ziel aufgeben. Sondern: Es einfach besser machen! Durch selektives, individuelles und bindungsorientiertes Existenzgründer-Marketing: · Selektiv heißt dabei, die Marketingkräfte nur auf bestimmte, attraktive Zielgruppen auszurichten. · Individuelles Marketing heißt, fast schon für jeden Kunden (zumindest für jede Kundengruppe) ein individuelles Marketingkonzept zu erarbeiten. · Bindungsorientiert bedeutet, den Schwerpunkt der Marketingaktivitäten nicht auf die permanente Neukundengewinnung zu legen, sondern auf die langfristige Bindung von Kunden. Wir zeigen Ihnen auf den folgenden Seiten, wie Sie Ihr Marketing optimal gestalten können und wie es Ihnen dabei gelingen kann, mit möglichst geringem Aufwand den größten Effekt zu erzielen. Dabei legen wir besonderen Wert auf zwei Punkte: 1 · Professioneller Auftritt · Intelligente Kommunikation Professionalität in der Werbung Wenn Sie wissen wollen, wie viele unterschiedliche Schriftarten moderne Textverarbeitungsprogramme erstellen können, dann betrachten Sie einmal Werbung und Briefbögen manch eines Jungunternehmers. Bunt, schrill, verwirrend kurz: unprofessionell. Die Wurzel allen Übels ist die „Do-it-yourself“-Produktion, mit der man scheinbar sehr viel Geld spart: Am Sonntag setzt man sich an den PC und kreiert munter vor sich hin. „Etwas Kreativität muss sein“, denkt man sich und verziert hier mit lustigen Hieroglyphen, gestaltet dort verrückte Logos und textet wilde Schüttelreime. Am Ende steht das einmalige Meisterwerk, mit dem man dann auf Kundenjagd geht. Aber die lieben Kunden bleiben weg, weil sie auf den ersten Blick sehen, dass sie es nicht mit einem professionellen Geschäftspartner zu tun haben. Also war die Arbeit am Sonntag vergebliche Liebesmühe, die sich sogar geschäftsschädigend ausgewirkt hat. Sobald jemand unprofessionell auftritt - mit zusammenkopiertem Briefpapier und dilletantischen Werbeunterlagen -, hat er schon keine Chance mehr. Zu viele Konkurrenten stellen sich mit der gebotenen Professionalität dar. Auch wenn von der positiven Äußerlichkeit der gut gestalteten Angebote noch lange keine Rückschlüsse auf die Qualität der Arbeit zu ziehen sind, so gibt man diesen Anbietern doch bei weitem eher eine Chance als den unprofessionellen Anfängern. Hier wird - bewusst oder unbewusst - blitzschnell kombiniert und geurteilt: Unprofessionelles Marketing bedeutet unprofessionelle Arbeit. Die Konsequenz: Arbeiten Sie von Anfang an mit einer Werbeagentur oder einem freien Graphiker zusammen! Lassen Sie zumindest Ihre Geschäftsausstattung (Briefpapier, Rechnungen, Kurznotizen, Infomappen usw.), Ihre Visitenkarten und eventuell Ihr Logo von einem Profi gestalten, der seine Basisausstattung auch von einer guten Druckerei produzieren lässt. Zur Not können diese Arbeiten auch direkt von einer Druckerei oder einem Reprostudio übernommen werden. Die Kosten sind überschaubar - die Effekte sind überwältigend. Mit Logo, Geschäftsausstattung und Visitenkarte machen Sie einen entscheidenden Schritt bei der Gestaltung Ihrer Firmenidentität. Sie legen Ihre Corporate Identity - Ihr unverwechselbares Auftreten - fest. Wenn in Zukunft ein Kunde Post von Ihnen bekommt, dann muss er - ohne ein Wort gelesen zu haben - wissen, dass dieser Brief von Ihnen ist. Um diese Wiedererkennung sicherzustellen, müssen Sie durchgängig und immer an Ihrer Corporate Identity festhalten. Gerade in der Startphase ist das Etablieren einer Identität im Markt von entscheidender Bedeutung für Ihre Existenzgründung. Ein „Bäumchen-wechsel-dich“-Spiel macht Sie verwechsel- und damit austauschbar. Für uns hat sich ein wichtiges Prinzip bei der Gestaltung von Geschäftsausstattung und Corporate Identity bewährt: „Less is more.“ Je reduzierter und klarer Briefbögen, Unternehmenspräsentationen u. Ä. gestaltet sind, desto universeller sind die Unterlagen einsetzbar und desto größer sind Ihre Chancen, einen unverwechselbaren Auftritt zu erreichen. Außerdem ist niemand in der Lage, bei einer wilden Informationsflut mit unterschiedlichen Überschriften und Logos die wichtigen Informationen herauszufiltern. Aber genau das ist für Sie als Existenzgründer von zentraler Bedeutung. Ihre Kunden müssen auf den ersten Blick erkennen, wer Sie sind, und auf den zweiten Blick müssen sie wissen, was Sie wollen. Noch ein Tip: Beschränken Sie sich bei Ihrer Corporate Identity nach Möglichkeit auf eine Farbe (maximal zwei). So können Sie auch Ihre Kosten niedrig halten, denn je bunter Briefpapier und Broschüren gestaltet werden, desto teurer wird in der Regel der Druck. 2 Werbeagenturen Die Zusammenarbeit mit Ihrer Werbeagentur kann sowohl zum Umsatz- als auch zum Kostentreiber werden. Denn neben Einfallsreichtum der Agentur ist gerade für Existenzgründer der schonende Umgang mit dem Werbebudget von entscheidender Bedeutung. Deshalb sollten Sie auch hier bei bekannten Unternehmern nachfragen, ob sie eine besonders gute Agentur empfehlen können. Sie können sich aber auch selbst auf die Suche nach dem geeigneten Partner machen. Sammeln Sie doch einfach gutes Marketing, tolle Unternehmensbroschüren oder Briefpapier, das Ihnen besonders gut gefällt, und fragen Sie bei den entsprechenden Unternehmen nach, welche Agentur diese Arbeiten zu verantworten hat. Doch bevor Sie sich endgültig für eine Partnerschaft entscheiden, die auf jeden Fall für eine gewisse Dauer (aber nicht für immer und ewig) ausgelegt sein sollte, ist es notwendig, verschiedene Agenturen (mindestens drei) unter die Lupe nehmen. Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie, Landsberg/Lech Marketing I I I III K O M M U N I K A T I O N S P O L I T I K K O M M U N I K A T I O N S P O L I T I K Im Rahmen der Kommunikationspolitik für Ihre Geschäftsidee und für Ihr Unternehmen bieten sich vier entscheidende Aktionsfelder: · Werbung · Verkaufsförderung · Public Relations · Persönlicher Verkauf Allerdings müssen Sie die einzelnen Instrumente der Kommunikationspolitik für Ihr Marketing entsprechend dem Informationsverhalten Ihrer Kunden gestalten. Vor diesem Hintergrund muss auch berücksichtigt werden, dass die einzelnen Kommunikationsinstrumente in ihrer Bedeutung im privaten Kundensektor eine andere Rangfolge haben als im industriellen Sektor. Nach ihrer Wichtigkeit geordnet kommen für den privaten Sektor folgende Instrumente zum Einsatz: · Am wichtigsten: Werbung · Wichtig: Verkaufsförderung · Von durchschnittlicher Wichtigkeit: Persönlicher Verkauf · Weniger wichtig: Public Relations Im industriellen Sektor ist folgende Reihenfolge gegeben: · Am wichtigsten: Persönlicher Verkauf · Wichtig: Verkaufsförderung · Von durchschnittlicher Wichtigkeit: Werbung · Weniger wichtig: Public Relations Dieser Sachverhalt ist für Sie schon eine wichtige Basisinformation, um entsprechende Schwerpunkte in Ihrer Kommunikationsstrategie zu setzen. Selbstverständlich kann die Reihenfolge nicht als generelle Feststellung gewertet werden. Je nach Branche ergeben sich spezifische Rangfolgen. So ist beispielsweise im privaten Bankenbereich der persönliche Verkauf wichtiger als die Verkaufsförderung. Auf das Thema „Verkauf" sollten Sie besonders eingehen. Hierbei sind vor allem die Themen Werbung, Verkaufsförderung und Public Relations zu beachten. Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie, Landsberg/Lech Marketing I V IV W E R B U N G W E R B U N G Unter Werbung verstehen wir jede bezahlte Form der nicht persönlichen Präsentation und Förderung von Ideen, Waren oder Dienstleistungen durch einen identifizierten Auftraggeber.1) Dazu gehören: · Anzeigen in den Printmedien sowie Funk- und TV-Spots · Mailing (Postwurfsendung) im Rahmen des Direktmarketing · Firmenzeitschriften, Broschüren und Prospekte · Außenverpackung, Packungsbeilagen, Kataloge · Handzettel, Plakate, Reklameschilder, Displaymaterial · Zeichen, Symbole und Logos Zu den ersten drei Punkten wollen wir Ihnen einige Tipps geben. 1 Anzeigen in Printmedien, Funk und TV Immer häufiger stellen wir fest, dass die Resonanz auf teure Anzeigen rückläufig ist. Insofern ist die Anzeigenwerbung nicht unbedingt das sinnvollste Instrument Ihres Existenzgründer-Marketings. Sie sollten es sich gut überlegen, bevor Sie auf dieses Instrument der Kommunikationspolitik zurückgreifen. Zu wenige Kunden setzen sich noch intensiv mit Werbung in Printmedien auseinander, und noch weniger Kunden reagieren in irgendeiner Form. Erfolge werden heute nur noch mit neuartigen Angeboten, sehr zielgruppenspezifischen Nischenangeboten oder mit einem immens hohen Aufwand erzielt, der allerdings dauerhafte Präsenz in verschiedenen Medien voraussetzt. Doch dafür haben Existenzgründer nur selten die nötigen Mittel. Trotzdem kann es durchaus sein, dass die Anzeige für spezielle Kunden- und Branchensituationen ein sinnvolles Instrument ist. Sie sollten bei der Schaltung einer Anzeige nachfolgende Hinweise beachten, um gute Erfolgsaussichten zu haben: Formulieren Sie zunächst die Ziele, die Sie mit dem Schalten der Anzeige verfolgen: Wollen Sie ein konkretes Angebot bewerben? Wollen Sie auf ein Ereignis aufmerksam machen? Wollen Sie etwas für Ihr Image tun? Bestimmen Sie die Zielgruppe, die Sie mit der Anzeige ansprechen wollen. Nur wenn Sie wissen, wen Sie umwerben wollen, wenn Sie ein konkretes Bild der Informationsgewohnheiten und der potentiellen Reaktionsbereitschaft (Kauf oder Antwort) Ihrer Zielgruppe haben, können Sie eine kundenorientierte Kommunikation gestalten. Wählen Sie das ideale Medium für Ihre Zielgruppe aus. Dabei müssen Sie analysieren, welche Zeitschriften, Fachzeitschriften oder Tageszeitungen von Ihrer Zielgruppe gelesen werden. Über die Leserstrukturanalyse und die Mediadaten, die Sie für nahezu jede Zeitschrift bzw. Zeitung kostenlos anfordern können, haben Sie die Möglichkeit, sich ein umfassendes Bild über die Leserstruktur des Mediums und die Informationsgewohnheiten der Leser (wer aus welcher Branche und in welchem Alter liest wie häufig eine bestimmte Fachzeitschrift?) zu machen. Der Aufwand lohnt sich. Notieren Sie die wichtigsten Publikationen, die für Ihre Kunden von Interesse sein könnten, und fordern Sie danach die Mediadaten an. Sie finden ein Gesamtverzeichnis sämtlicher Zeitschriften in jeder gut sortierten Bibliothek. Beachten Sie außerdem, dass Sie nicht in den typischen „Nabelschau-Zeitschriften“ inserieren, die mehr von Ihrer Konkurrenz als von Ihren Kunden gelesen werden. Wer als Seminaranbieter in Spezialzeitungen für Seminare wirbt, informiert in der Regel seine Mitbewerber und übersieht dabei, dass seine potentiellen Kunden niemals auf die Idee kommen, sich über diese Zeitungen ein Seminar auszusuchen. Gehen Sie bei der Entscheidungsfindung ergebnisorientiert vor, und stellen Sie Aufwand (Kosten) und Nutzen (Umsatz) gegenüber. Wenn Sie direkt einen Kauf über eine Anzeige erreichen wollen, dann quantifizieren Sie im ersten Schritt die angestrebte Umsatzhöhe. Bei den Kosten für die Anzeige müssen verschiedene Größen berücksichtigt werden: · Kosten für die Anzeigenkreation durch die Werbeagentur: Lassen Sie auf jeden Fall eine Kostenvorschau erstellen. Stellen Sie außerdem sicher, dass die komplette Abwicklung der Anzeige über die Agentur läuft. Sie muss Kontakte zu den Verlagen haben, muss einen Anzeigenplatz für Sie reservieren, den Satz und die Filmerstellung koordinieren. · Satz- und Filmerstellungskosten: Diese Kosten sollten ebenfalls im Vorfeld bestimmt werden. · Schaltkosten für das Medium: Diese Preise können Sie ebenfalls den Mediadaten entnehmen. Generell gilt: je größer, je bunter, je aufwendiger (mit aufgehefteter Antwortkarte z. B.) und je besser positioniert, desto teurer. Außerdem sind natürlich die Leistungsdaten des Objekts zu berücksichtigen. (Wie hoch ist die Auflage? Wer liest die Zeitung? Wie häufig wird die Zeitung genutzt? Wie häufig erscheint das Objekt?) Wir haben nachfolgend die Preise für eine ganzseitige (1/1) Anzeige im Schwarzweißdruck (sw) von verschiedenen Objekten aufgeführt. Für Sie sind diese Angaben eine generelle Orientierung, und sie zeigen Ihnen, dass sehr viel Umsatz generiert werden muss, um diese Kosten hereinzuholen: · Wirtschaftswoche: 22.000 DM · Die Zeit: 49.600 DM · Der Spiegel: 52.800 DM Am Ende dieses Schritts steht die Abschätzung des realisierbaren Ergebnisses. Selbstverständlich ist es nicht das Ziel einer jeden Anzeige, Verkauf und Umsätze anzutreiben, dennoch sollten Sie stets eine klare Vorstellung von den Effekten Ihrer Anzeigenwerbung haben: · Entscheiden Sie sich für oder gegen die Schaltung einer Anzeige. · Bestimmen Sie die Kernaussage, die Gestaltung, die Headline und den Inhalt der Anzeige in Zusammenarbeit mit Ihrer Werbeagentur. · Wenn Sie zu einem bestimmten Termin inserieren wollen, dann beachten Sie darüber hinaus den Anzeigenannahmeschluss und das Datum für die Abgabe der Druckvorlagen/Filme. Auf Funk- und TV-Spots soll hier nicht näher eingegangen werden, weil sie für Existenzgründungen nur in den seltensten Fällen von Relevanz sind. 2 Mailing als Form des Direktmarketings Für Sie als Existenzgründer liegt im Marketinginstrument „Mailing“ (Postwurfsendung) ein großes Potential, um auf Ihre Leistungen aufmerksam zu machen. Das gilt sowohl für Unternehmen, die umfangreiche Individualaufträge anstreben, als auch für Firmen, die konkrete Angebote zum direkten Verkauf im großen Volumen platzieren wollen. So ist das Mailing durchaus ein sinnvolles Mittel, um im ersten Schritt Aufmerksamkeit zu erzielen, die als Grundlage für ein Folgetelefonat genutzt werden kann. Das Mailing ist also der Einstieg eines dreistufigen Akquiseprozesses: · Stufe 1: Mailing · Stufe 2: Telefonat · Stufe 3: Verkaufsgespräch Doch auch das klassische Mailing stößt im Werbezeitalter oft an seine Grenzen. Die Responsequote, das Verhältnis der Anzahl der Reagierer auf ein Mailing zur Anzahl der angeschriebenen Personen bzw. Unternehmen, nimmt immer häufiger ab. Dies liegt auch an der Fülle an Mailings, mit der die Umworbenen eingedeckt werden. Vor diesem Hintergrund müssen Sie einige Faktoren beachten, um Ihr Mailing erfolgreich zu gestalten. Professioneller Auftritt: Auch beim Mailing gilt es, seriös und kompetent zu kommunizieren. Auch wenn Sie große Mengen verschicken, sollten Sie immer darauf achten, dass Sie Ihren potentiellen Kunden das Gefühl eines professionellen Partners vermitteln. Dazu gehören: gutes Briefpapier, sauber getextete Anschreiben, klare Strukturierung. Der Kunde muss schnell verstehen, worauf es Ihnen ankommt. Spezifische Ansprache: Je persönlicher ein Brief gestaltet wird, desto größer sind Ihre Chancen, dass der Brief überhaupt gelesen wird. Studien haben gezeigt, dass die Adressaten innerhalb von wenigen Sekunden entscheiden, ob der Brief für sie von Interesse ist oder ob er in den Papierkorb wandert. Überlegen Sie sich gut, welche Person in welcher Situation diesen Brief öffnen und lesen wird, und gestalten Sie Ihr Mailing dementsprechend kundenfreundlich. Kundenfreundlich heißt: · Keine Textwüste, sondern kurze und präzise Informationen · Hilfestellungen im Text geben: Eine einfache Titelzeile soll auf einen Blick über den Gesamtinhalt informieren. Wichtige Informationen können Sie z. B. in das „Postskriptum“ (PS:...) stecken; Studien haben gezeigt, dass das „PS“ nach dem Logo, dem Absender und der Headline meist an vierter Stelle gelesen wird. Ein gutes Mailing zeichnet sich neben der professionellen Gestaltung und der spezifischen, kundenfreundlichen Ansprache - durch Dialogorientierung aus. Sie müssen Ihre Kunden aktivieren, indem Sie Reaktionsmedien (z. B. Antwortkarten oder Servicenummern) anbieten. · KISS - Keep it simple and stupid: Verzichten Sie auf eine komplizierte Fachsprache, und formulieren Sie so einfach wie möglich. Nicht hochgestochene Briefe werden gelesen, sondern einfache Briefe, die man auch schnell überfliegen kann. Die Regel für leserliches Schreiben ist ganz einfach: Setzen Sie Ihren Sprachstil immer eine Stufe tiefer an: Wenn Sie an einen Professor schreiben, dann formulieren Sie für einen Studenten. Wenn Sie an einen Studenten schreiben, dann formulieren Sie für einen Schüler. Wenn Sie an einen Manager schreiben, dann formulieren Sie für einen normalen Angestellten. Briefe, die Sie nur an die Firma oder an die „Geschäftsleitung“ adressieren, werden sofort als Werbung enttarnt. Ihre Chancen sinken dadurch erheblich. Wer allerdings direkt an eine bestimmte Person schreibt und diesen Menschen im Brief zwei- bis dreimal persönlich anspricht, steigert seine Erfolgsaussichten. Neben der Ansprache im Brief („Sehr geehrter Herr Bartsch...“) sollten Sie auch im weiteren Textverlauf den Namen Ihrer Zielperson einsetzen („Wenn Sie, sehr geehrter Herr Bartsch, von den Möglichkeiten einer Zusammenarbeit überzeugt sind, dann...“). Auf diese Weise heben Sie Ihren Brief gleich auf das Niveau eines persönlichen Dialogs. Darüber hinaus sollten Sie, sofern Sie überschaubare Briefmengen versenden, eine Briefmarke auf das Kuvert kleben und nicht die Freistempelung benutzen. Auch das steigert Ihre Erfolgsaussichten. Außerdem sollten Sie den Brief stets persönlich unterschreiben. Verzichten Sie darauf, diese wichtige Korrespondenz ohne Unterschrift, durch die Unterschrift einer Hilfskraft oder mit gedruckter Unterschrift (bei Massenversendungen manchmal nicht vermeidbar) zu versenden. Bei kleinen Mailinggrößen können Sie den Druck, die Kuvertierung und den Versand der Briefe noch selbst übernehmen. Anders gestaltet sich das schon, wenn Sie mehrere tausend Briefe verschicken. Dann können Sie auf den Service eines Lettershops zurückgreifen, der Porto-Optimierung und die gesamten Vorbereitungsarbeiten (Druck, Kuvertierung, Adressierung usw.) übernimmt. Auch wenn es Mühe macht: Sie wollen etwas von Ihren Kunden, und das verlangt Ihren vollen Einsatz. Gute Adressen sind das A und O einer erfolgreichen Mailingaktion. Doch woher bekommen Sie gute Adressen? Grundsätzlich haben Sie zwei Möglichkeiten: die eigene Kundendatenbank mit selbst gepflegten Adressen einsetzen oder auf fremde Adresspools zurückgreifen. 3 Eigene Kundendatenbank An einer umfassenden Adressdatenbank kommen Sie - auch wenn Sie häufig fremde Adressen einsetzen sollten - nicht vorbei. Sie müssen schnellen Zugriff auf wichtige Informationen über Ihre Kunden haben, Kunden bewerten und Selektionen durchführen können, um z. B. zu identifizieren, mit welchen Kundengruppen Sie wie viel Umsatz gemacht haben. Achten Sie darauf, dass Sie Ihre Kunden in Ihrer Datenbank mit möglichst vielen unterschiedlichen Kriterien qualifizieren können. Nur über die Adresse eines Kunden zu verfügen, ist viel zu wenig. Die Qualität eines Kundenstammblatts liegt in der Vielfalt an Informationen, die für Sie wertvolle Ansatzpunkte des Marketing sein können. Das sind z. B. Informationen über die Kaufgewohnheiten, über die Auftragsvolumen oder über die Kundenkategorie (treuer Kunde, Laufkunde usw.). Aber auch der Geburtstag Ihres Ansprechpartners oder seine Hobbys können Ihnen sehr interessante Ansatzpunkte für eine Kommunikation und somit für ein mögliches Geschäft bieten. Ihre Datenbank hilft Ihnen, aus einer anonymen Adresse ein Kundenbild zu entwerfen. 4 Beschaffung externer Adressen Zunächst können Sie Ihren Adressbestand über Informationen aus öffentlichen Quellen (z. B. Messekataloge, Branchenverzeichnisse, Fachzeitschriften, Verbandsverzeichnisse usw.) verbessern oder erweitern. Außerdem können Sie auch auf befreundete Unternehmen zugehen und mit ihnen Adressen austauschen, wenn diese Firmen die gleichen Zielgruppen haben. Darüber hinaus bieten mittlerweile verschiedene Hersteller Adress-CD-ROMs in Preiskategorien zwischen etwa 200 DM bis rund 24.000 DM an. Testen Sie vor einem Kauf, ob in den Datenbeständen genau Ihre Zielgruppen ausreichend berücksichtigt sind. Wenn Sie mit Adressvermittlern zusammenarbeiten wollen, dann haben Sie die Möglichkeit, Adressen zu kaufen (was in der Regel sehr teuer ist) bzw. zu mieten, um die Adressen für eine bestimmte Aktion einsetzen zu können. Die Qualität der sehr umfangreichen Adressbestände ist leider nicht immer überzeugend. Da die Größe der Datenbank Grundlage für den Umsatz und damit für den Erfolg des Adressvermittlers ist, wird mehr Wert auf das Anfüllen der Liste gelegt als auf das Pflegen und Löschen von Adressen. Deshalb ist bei dieser Art der Beschaffung von Daten Vorsicht geboten. Gleichzeitig sollten Sie niemals auf die Idee kommen, gemietete Adressen entgegen dem Vertrag mehrmals einzusetzen. Die Adressvermittler sind clever und schützen ihr wertvollstes Eigentum, indem sie zur Kontrolle Ihrer Mailingaktivitäten einige Scheinadressen an Sie weitergeben. Diese Briefe gehen dann direkt an den Adressvermittler, was für Sie beim illegalen Mehrfachgebrauch äußerst teuer werden kann. Bevor Sie einen Auftrag an einen Adressmittler vergeben, sollten Sie folgende Fragen klären:2) 1. Kann der Anbieter Referenzen und/oder seine Mitgliedschaft im Deutschen Direktmarketing Verband (DDV) nachweisen? 2. Hält er sich an Verbraucher- und Datenschutz? 3. Bietet der Vermittler ein kostenloses Erstgespräch an? 4. Erstellt er eine individuelle Situationsanalyse, um die Zielgruppe des Kunden genau zu definieren? 5. Woher bezieht der Anbieter seine Adressen, wann hat er sie zuletzt vermietet, angeschrieben oder telefonisch überprüft? 6. Nutzt er regelmäßig Dubletten-Suchprogramme? 7. Werden Kosten für unzustellbare Sendungen zurückerstattet? 5 Broschüren, Prospekte und Firmenzeitschriften Eine professionelle Selbstdarstellung Ihres Unternehmens und Ihres Angebotes in einem Prospekt, einer Broschüre oder in einer ordentlichen Informationsmappe ist dann von besonderer Bedeutung, wenn Sie Ihr Geschäft im Wesentlichen auf Individualaufträge und langfristige Beziehungen stützen. Wenn Sie z. B. als Berater agieren, ist eine gute Unternehmensbroschüre für Ihre potentiellen Kunden eine wichtige Orientierung. Sie ist sogar Grundlage für Vertrauen und den Glauben an Ihre Seriosität. Wer allerdings in einem Massenmarkt agiert, ist nicht unbedingt auf eine Unternehmensdarstellung angewiesen, sollte aber bei der Präsentation seiner Produkte und Dienstleistungen professionell arbeiten. Für die Unternehmens- und Leistungspräsentation sind die wichtigsten Kriterien: · Professionalität (gute Qualität, klare und einfache Darstellung, keine Effekthascherei, kein Stil- und Schriftarten-Mix, Integration in die Corporate Identity des Unternehmens) · Klare Strukturierung · Einfache, motivierende und verständliche Sprache · Verwendung von Kontaktmedien zur Herstellung eines Dialogs mit den Kunden Sammeln Sie positive Beispiele für gute Broschüren und Unternehmenspräsentationen, um einen Anhaltspunkt für gute Arbeit zu erhalten. So sollten Sie bei der Gestaltung Ihres Broschürenmaterials vorgehen: · Definieren Sie die Ziele, die Sie mit dem Medium verfolgen. · Binden Sie Ihre Werbeagentur frühzeitig ein, und diskutieren Sie verschiedene Varianten. · Machen Sie einen Vorschlag für den Text und die Darstellung. · Überlassen Sie der Agentur den Feinschliff. · Prüfen Sie Text und Bild auf Verständlichkeit. Geben Sie deshalb Ihren Prototypen an einen unbeteiligten Freund, und fragen Sie ihn, ob er die Inhalte versteht. · Produzieren Sie die Unterlagen professionell. · Streuen Sie das Material gezielt an potentielle Kunden. In Zeiten des modernen Laserdrucks und der hochwertigen Kopie können unter Umständen auch selbst gemachte Firmen- und Produktdarstellungen akzeptable Ergebnisse bringen. Dies empfiehlt sich immer dann, wenn Sie häufig Anpassungen in Ihrer Angebotsstruktur vornehmen müssen, so dass sich der Druck von Unterlagen nicht immer rechnet. Mit modernen Bindesystemen für das Büro und einem guten Layout, das idealerweise von einer Agentur bestimmt wurde, können Sie gute Resultate erzielen. Doch bedenken Sie dabei: · Die Produktion von Broschüren ist nicht Ihr Kerngeschäft und verlangt einen erheblichen Zeitaufwand. · Die Gestaltung einer grundlegenden Imagebroschüre, die Sie, Ihr Unternehmen und seine Leistungen beschreibt, sollte auf jeden Fall für einen längeren Zeitraum ausreichend vorgenommen werden. 1)Kotler, Philip; Bliemel, Friedhelm W.: Marketing-Management – Analyse, Planung, Umsetzung und Steuerung. 7.Auflage, Stuttgart 1992 2)Reischauer, Claudia: “Schon verstorben.” In: Wirtschafts-Woche (1996), Heft Nr. 7, Seite 70 bis 71 Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie, Landsberg/Lech Marketing V V V E R K A U F S F Ö R D E R U N G V E R K A U F S F Ö R D E R U N G Unter Verkaufsförderung verstehen wir kurzfristige Anreize zum Kauf bzw. Verkauf eines Produktes oder einer Dienstleistung.1) Dazu gehören: · Preisausschreiben, Gewinnspiele, Verlosung · Verkaufssonderprogramme · Muster und Kostproben · Zugaben und Werbegeschenke · Fachmessen und -veranstaltungen · Ausstellungen und Vorführungen · Rabatte und günstige Finanzierungsmöglichkeiten · Inzahlungnahme gebrauchter Ware · Verbundangebote Auf die einzelnen Punkte soll nicht näher eingegangen werden, da sie für Ihre Existenzgründungsphase von nachrangiger Bedeutung sind. 1)Kotler, Philip; Bliemel, Friedhelm W.: Marketing-Management - Analyse, Planung, Umsetzung und Steuerung. 7.Auflage, Stuttgart 1992 Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie, Landsberg/Lech Marketing V I VI P U B L I C P U B L I C R E L A T I O N S ( P R ) R E L A T I O N S ( P R ) Unter Public Relations verstehen wir eine Vielzahl von Möglichkeiten, auf indirektem Weg das Image des Unternehmens und seiner Produkte im Bewusstsein der Öffentlichkeit zu fördern.1) Dieser Bereich umfasst u. a.: · Veröffentlichungen · Pressemappen · Reden und Vorträge · Seminare · Tag der offenen Tür Eine gute PR-Arbeit ist für Sie eine überaus kostengünstige Form des Marketing, mit der Sie auf elegante Art und Weise Interesse für Ihr Unternehmen und Ihre Produkte wecken können. Zeitungs- oder Fachartikel haben niemals das Image von Werbung, sondern stets Informationscharakter. Genau dort liegt die Kunst der guten Pressearbeit: Information und Werbung miteinander zu verbinden. Nehmen Sie Kontakt zu Fachzeitschriften und Zeitungen aus Ihrer Branche bzw. Ihrer Region auf, und bieten Sie einem Redakteur einen interessanten Beitrag an. Bedenken Sie dabei aber, dass Journalisten nicht als Werbeträger agieren wollen. Deshalb müssen Sie Informationen anbieten, die für die Kunden des Redakteurs (die Leser) von Interesse sind. Manchmal bedarf es deshalb einer gewissen Zeit, bis ein entsprechendes Verhältnis aufgebaut worden ist. Aber diese Investition lohnt sich auf jeden Fall. 1)Kotler, Philip; Bliemel, Friedhelm W.: Marketing-Management - Analyse, Planung, Umsetzung und Steuerung. 7. Auflage, Stuttgart 1992 Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie, Landsberg/Lech Marketing V I I VII M A R K E T I N G W E R K Z E U G E M A R K E T I N G W E R K Z E U G E Hier möchten wir Ihnen noch zwei Werkzeuge für Ihre Marketingpraxis an die Hand geben: Mit Hilfe einer Aufstellung können Sie für jede Zielgruppe ein spezifisches Marketingkonzept erarbeiten. Zu diesem Konzept gehören: · Produkt- und Programmpolitik · Preispolitik · Servicekonzept · Distributionspolitik · Kommunikationspolitik Die in Ihrem Marketingkonzept enthaltenen Ergebnisse fließen auch in Ihren Geschäftsplan ein und geben einen Überblick über sämtliche Marketingaktivitäten. Diese Übersicht ist für Ihr weiteres Vorgehen überaus hilfreich. Definieren Sie einzelne Maßnahmen und Aktionen, mit denen Sie Ihr Unternehmen und Ihr Angebot vermarkten wollen. Sie können zum Beispiel Mailingaktionen, Anzeigenkampagnen, PR-Pläne und Verkaufsaktionen vorbereiten und abschließend analysieren. Ausgehend von Ihrer Zielsetzung beschreiben Sie die konkreten Aktionen und die Partner, welche Sie einbinden wollen (Werbeagentur, Berater). Außerdem notieren Sie bei Abschluss der Aktion die erzielten Ergebnisse, um die Effizienz Ihrer Marketingaktivitäten zu kontrollieren. Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie, Landsberg/Lech Marketing V I I I VIII K U N D E N S E R V I C E K U N D E N S E R V I C E Produkte sind heute austauschbar - begeisternder Service nicht. Betrachten Sie einmal den Wandel der Tankstellen in Deutschland: Aus der guten alten Versorgungsstelle für Kraftstoffe aller Art ist eine moderne Servicestation geworden, bei der Sie Service (von der Fahrzeugwartung bis zur Reisebuchung) rund um die Uhr bekommen. In Deutschland kämpfen fünf Hauptmarkenanbieter im Bereich der Tankstellennetze um Marktanteile - Aral, BP, DEA, Esso und Shell. In der Regel lassen sich bei diesen Kraftstoffen keine Qualitätsunterschiede feststellen. Auch im Bereich der Preisgestaltung besteht eine oftmals überraschende Übereinstimmung. Der Preis und die Qualität sind also beim Kunden kein probates Mittel, um Präferenzen zu erzeugen. Die einzigen Aktionsparameter, die der Branche zur Verfügung stehen, sind die Kommunikation (und hier ist tatsächlich ein hoher Werbeaufwand festzustellen) und der Service. Erst durch das Anbieten von Zusatzleistungen erscheint eine Profilierung gegenüber der Konkurrenz und die Schaffung von Präferenzen beim Kunden möglich. Aufgrund dieser Erkenntnis entsteht in vielen Branchen ein regelrechter Servicewettbewerb, der schließlich die Serviceansprüche in die Höhe treibt. Mit jeder Serviceleistung steigern Anbieter die Erwartungen ihrer Kunden. Eine hohe Servicequalität wird aus Sicht des Kunden erst dann erreicht, wenn seine Erwartungen stetig erfüllt bzw. übertroffen werden. Ein konstant hohes Serviceniveau ist aufgrund der dabei entstehenden Serviceanspruchsspirale nicht denkbar. Bei gleichbleibendem Service werden Unternehmen von ihren Kunden als ausreichend bis austauschbar bezeichnet. Das bedeutet für Sie konkret: Bieten Sie entsprechenden Service, und übertreffen Sie die Erwartungen Ihrer Kunden immer um ein Stück. Das Anbieten von Zusatzleistungen ist für Sie aber auch eine klare Alternative zur Preiskonkurrenz. Bestimmte Kundensegmente bevorzugen einen guten Service und nehmen dafür höhere Preise in Kauf. Im Rahmen einer ganzheitlichen Marketingstrategie stellt Service ein unverzichtbares Element der verkaufsfördernden Maßnahmen dar. Dies gilt heute für eine Vielzahl unterschiedlicher Branchen. So ist es z. B. für Autohersteller unverzichtbar, einen für den Kunden äußerst attraktiven Finanzierungsservice anzubieten. Die Minimalverzinsung macht deutlich, dass es hier nicht um ein einträgliches Zusatzgeschäft geht, sondern um die Steigerung der Absatzzahlen im Kerngeschäft. Diese Punkte stellen die Serviceorientierung für Sie als eine förmliche Zwangsläufigkeit dar. Man kann von einem regelrechten „Servicezwang“ sprechen. Eine solche Sichtweise wäre allerdings zu einseitig. Man übersieht dabei einen wichtigen Aspekt, den wir „Servicenutzen“ nennen. Der Gedanke des „Servicenutzens“ für einen Anbieter beruht auf der Erkenntnis, dass durch das Anbieten von Zusatzleistungen eine langfristige Bindung zum Kunden aufgebaut werden kann. Die Käuferbeeinflussung über den Preis hat im Allgemeinen nur recht kurzfristige Nachwirkungen. In der Regel wird der Kunde sich nach seinem Kauf nur für einen kurzen Zeitraum über den günstigen Preis freuen. Beim nächsten Kauf wird er wieder Preisvergleiche anstellen und wohl kaum zu dem Produkt greifen, das heute zwar besser ist als Mitbewerberangebote, ihn aber früher durch seinen günstigen Preis überzeugte. Dagegen haben Service und Qualität langfristig käuferbeeinflussende Wirkungen. Weist ein Produkt gute Qualitätseigenschaften auf, so wird ein Kunde auch in Zukunft eher dazu bereit sein, einen teureren Preis in Kauf zu nehmen. Ähnliches gilt, wenn ein Unternehmen überzeugende Serviceleistungen, von der Beratung über die Installation bis zum After-Sales-Service - hier wird die langfristige Bindung schon deutlich - anbietet. Aber zwischen Service und Qualität bestehen zwei wesentliche Unterschiede: · Service beginnt früher, nämlich schon vor dem Kauf. · Service wird vom Unternehmen und seinen Menschen angeboten und verkörpert, während Qualität sich nur im Produkt äußert. Mit Service wird also ein ganzes Unternehmen „gekauft“, nicht nur ein einzelner Bestandteil. Gerade weil Service aus dem Unternehmen kommt, wird er als Eindruck wahrgenommen, der von Menschen getragen und verkörpert wird - nicht von Sachen. Das Ziel der Serviceorientierung heißt also langfristige Kundenbindung bzw. Loyalität. Unternehmen verschwenden heute den Großteil ihrer Marketingaktivitäten auf die Gewinnung neuer Kunden. Diese Vorgehensweise offenbart allerdings eine wesentliche Fehleinschätzung. Es sind in der Regel nicht die neuen Kunden, die für den Erfolg einer Organisation ausschlaggebend sind, sondern die treuen Kunden, die auf der Basis einer langfristigen Partnerschaft mit einem Unternehmen zusammenarbeiten. Diese Beziehungen müssen intensiv gepflegt werden, wofür kundenfreundlicher Service die ideale Triebfeder ist. Untersuchungen haben verdeutlicht, dass eine minimale Steigerung der Wiederkaufrate zu einer überproportionalen Mehrung des Gewinns führt. Bei einem Anstieg der Wiederkaufrate um 5 % konnte diesen Erhebungen zufolge im Bereich Autoservice ein Gewinn von 28 %, im industriellen Vertrieb um 45 % und bei Kreditkarten sogar um 125 %erzielt werden. Fazit: Sie brauchen ein Servicekonzept - mit unterschiedlichsten Serviceformen -, das langfristige Bindung ermöglicht. Durch die Akzeptanz Ihres Serviceangebotes lernen Sie Ihre Kunden sehr gut kennen. Mit einem guten Servicekonzept verstehen Sie deren Probleme und Bedürfnisse viel besser als durch eine klassische Geschäftsbeziehung, die durch Kauf und Verkauf bestimmt wird. Welche konkreten Gestaltungsmöglichkeiten in der Langfristigkeit einer Servicepartnerschaft liegen, soll deshalb nachfolgend verdeutlicht werden. Wenn Sie dem Kunden eine vor dem Kauf einsetzende und über den Abschluss hinausgehende Betreuung und Unterstützung anbieten, z. B. durch Information, Beratung, Projektierung, Schulung oder Installation, dann haben Sie völlig neue, ungeahnte Steuerungsmöglichkeiten. Sie können Ihre Kunden gezielt zu bestimmten Ergebnissen und Lösungen lenken, indem Sie diese mit ihnen zusammen erarbeiten. Dies darf allerdings nicht so verstanden werden, dass es hier nur um eine geschickte Kundenbeeinflussung geht, welche die Interessen des Unternehmens in den Vordergrund stellt. Es entsteht vielmehr eine symbiotische Beziehung zwischen beiden Seiten, da auch dem Kunden neue Möglichkeiten der Herstellerbeeinflussung gegeben werden, indem er seine Wünsche, Probleme und Vorstellungen in einem intensiven Dialog äußern kann. So kommt es zu einer Verschmelzung der Interessen von Unternehmen (Verkauf der Leistungen) und Kunden (Findung einer optimalen Lösung). Durch die enge Zusammenarbeit lernen Sie Ihre Kunden besser kennen. Sie verstehen, welche Leistungen sie brauchen, und haben so die Möglichkeit, einen der wichtigsten Grundsätze der Kundenorientierung umzusetzen: „Denken wie der Kunde!“ An zwei äußerst unterschiedlichen Praxisbeispielen soll die Philosophie der „Kunden(ein)bindung durch Service“ verdeutlicht werden. Durch eine automatische Fernüberwachung ist die Linde AG in der Lage, ihre Kunden dann mit technischen Gasen zu bedienen, wenn tatsächlicher Bedarf besteht. Zeigt das ferngesteuerte Informationssystem an, dass ein Tank nachgefüllt werden sollte, so wird automatisch eine Bestellung und Fahrzeugdisposition initialisiert. Dies ist für beide Seiten eine Erleichterung im Sinn eines Gewinner-Gewinner-Spiels. Immer mehr Unternehmen (auch Kleinunternehmen) gehen dazu über, im Rahmen von Clubkonzepten ihre Kunden in eine Vielzahl von Aktivitäten, Veranstaltungen und Informationen rund um das Kernprodukt - oder auch weit von ihm entfernt einzubinden. Gleichzeitig werden Kaufanreize für Produkte geschaffen, die sich in ihrer „ursprünglichen“ Form im Wettbewerb kaum unterscheiden. Ein Standardprodukt bieten alle Unternehmen der Branche ohne Probleme an - die Leistungen des Clubs allerdings nur wenige. Dank dieser Philosophie werden statt einer gleich zwei verschiedene Leistungen vom Kunden erworben. Gesteigerter Umsatz (sofern die Clubmitgliedschaft entgeltlich ist) bei einer höheren Kaufwahrscheinlichkeit. Hier einige Beispiele für Clubkonzepte: · Vorreiter dieser Idee sind Zigarettenanbieter, die für ihre Kunden eigene Clubwelten eröffnen, welche so gut wie gar nichts mehr mit dem Rauchen zu tun haben. Hierzu gehören „Camel-Clubs“ für den wilden Abenteurer, „Marlboro-Reisen“, die mit der entsprechenden „Marlboro-Modekollektion“ erst so richtig schön werden, und diverse „Philip-Morris-Aktionen“, welche sich mit der Welt von morgen auseinander setzen. · Lego gründete den „Lego Builders Club“, und Playmobil bietet für den „Playmobil-Fanclub“ Extra-Sets und Informationen an. So können Bedürfnisse zielgruppenspezifisch entwickelt werden. Über einen intensiven Dialog werden gleichzeitig wichtige Informationen für den Anbieter gewonnen. Wie sieht unsere Stammkundschaft insbesondere die A-Kunden - aus? Welche Sonderwünsche werden artikuliert? Wo ist neues Potential zu suchen? Welche Produktinnovation käme bei den Kunden an? · Swatch fördert den „Swatch-Collectors-Club“ und heizt somit die Jagd nach den raren Produkten des Unternehmens erst richtig an. Gleichzeitig wird der Mythos Swatch gepflegt. · Eine finnische Bank bietet Kunden im Seniorenalter die Mitgliedschaft in einem Club an, die zum Kauf ermäßigter Produkte verschiedenster Hersteller berechtigt. Der gewaltige Schritt, den ein Unternehmen mit der Philosophie des Servicenutzens vollzieht, basiert also auf dem intensiven Dialog und der wechselseitigen Beeinflussung von Unternehmen und Kunden. Ergebnis dieser Symbiose ist ein kunden- und marktorientiertes Service-Produkt-Konzept. Bedeutung und Attraktivität der Dienstleistungs- bzw. Serviceorientierung lassen sich noch anhand einiger Ergebnisse verdeutlichen: · Serviceorientierte Unternehmen wachsen bedeutend schneller als der Durchschnitt. · Sie erzielen höhere Preise. · Sie besitzen darüber hinaus das Potential, mehr Marktanteile zu halten. · Der Markt für Service entwickelt sich häufig schneller als das Produktgeschäft; dies ist z. B. in der Computerbranche der Fall, wo der Gewinnzuwachs beim Service höher ist als beim Hardwaregeschäft. 1 Erfolgsfaktoren Anhand einiger genereller Thesen wollen wir Ihnen nachfolgend unser Verständnis von einem kundenorientierten Service mit hoher Akzeptanz verdeutlichen: · Service ist der Schlüssel für ganzheitliche Gesamtlösungen. Nicht mehr das einzelne Produkt und der kurzfristige Service gestalten das Verhältnis zum Kunden, sondern die umfassende Lösung von Kundenproblemen mit dem Ziel, langfristige Bindungen aufzubauen. · Service ist ein Prozess, der vor dem Kauf einsetzt und weit über die eigentliche Leistungserbringung eines Unternehmens hinausgeht. · Service ist heute kein nettes Anhängsel mehr, um Kunden zu locken, sondern entwickelt sich immer mehr zu einem eigenständigen Produkt, das eine eigene Strategie und Vermarktung verlangt. Die leidliche und gefährliche „Nice-to-have“-Einstellung gegenüber Service ist ein wichtiger Grund für das äußerst defizitäre Servicemanagement, das wir heute in vielen Unternehmen bzw. in einzelnen Branchen beobachten können. · Erfolgsfaktor Mensch: Obwohl Kunden bei verschiedenen Serviceleistungen ohne den Menschen als Partner auskommen (z. B. am Bankautomat, in der Autowaschanlage), erfordert ein Großteil des Dienstleistungs- und Servicemanagements einen intensiven Menschenbezug. Dies gilt sowohl in Hinsicht auf die Behandlung und Ansprache des Kunden als individuelle Persönlichkeit als auch in Bezug auf die Führung und Ausbildung der Mitarbeiter eines serviceorientierten Unternehmens. 2 Servicedimensionen und -formen Kundenorientierter Service kann folgende Dimensionen haben: · Service als Gesamtlösung bietet umfassende Betreuung, z. B. als Komplettlösung mit Bereitstellung von Hard- und Software. · Service als eigenständiges Produkt erstreckt sich über definierte Dienstleistungen, wie etwa Unternehmensberatung oder Schulungen. · Service als Zusatzleistung umfasst weiterführende Bereiche, z. B. einen Informationsservice oder ein Umtauschrecht. · Service als Erlebnis beinhaltet die Wahrnehmung der Serviceleistung durch den Kunden; dazu gehören u. a. Faktoren wie Schnelligkeit, Termintreue und Flexibilität. Die nachfolgende Aufzählung sämtlicher Serviceformen verdeutlicht darüber hinaus, wo für Sie Potentiale und Ansatzpunkte im Sinn einer effektiven Servicekultur sind. Klassische Dienstleistungen: Sie werden als eigenständige Produkte von einem Dienstleistungsunternehmen erbracht, das die Servicebereitstellung als Kernaktivität des Unternehmens betreibt. Hierzu gehören Hotels, Fluglinien, Reisebüros, Makler, Banken usw. Pre-Sales-Service: Unter diesem Begriff können subsumiert werden: Bereitstellung von Informationen oder eventuell auch schon die Projektierung und Vorbereitung von Großvorhaben. Gerade hier kommt es auf die scheinbaren Selbstverständlichkeiten des Services (Freundlichkeit, Einsatzbereitschaft für den Kunden usw.) an. After-Sales-Service (umfasst Reparaturservice und Additionalservice): Reparaturservice: Ein hervorragender und qualitätsorientierter Reparaturservice ist heutzutage für eine langfristige Kundenbeziehung zwingende Voraussetzung. Diese Feststellung wird durch folgende Ergebnisse verschiedener Studien gestützt: · Kunden, die eine Reklamation angebracht haben, werden, sofern der Mangel behoben wird, mit einer hohen Wahrscheinlichkeit wieder bei dem betreffenden Unternehmen kaufen. Haben die Kunden das Gefühl, dass der Mangel schnell behoben wurde, so steigt die Quote weiter. · Probleme und negative Erfahrungen werden durch Kunden multipliziert. Im Durchschnitt erzählt ein unzufriedener Kunde neun bis zehn anderen Personen von diesem Vorfall. · Auch bei einem guten Reparaturservice tritt dieser Multiplikatoreffekt auf. Im Durchschnitt wird diese positive Erfahrung an fünf Personen weitergegeben. Untersuchungen ergaben, dass der Wert eines Kunden höher ist, als der Betrag, um den es bei einer Reklamation geht. Dieser Wert eines Kunden ist dann besonders hoch, wenn er potentiell eine ganze Palette unterschiedlicher Produkte bei demselben Unternehmen kauft. Additionalservice: Die „After-Sales-Service“-Strategie eines Unternehmens muss aber über das bloße Beheben von Fehlern hinausgehen. Deshalb sollen weitere Formen des Zusatzservices nach dem Kauf eines Produktes erwähnt werden. Sie unterscheiden sich durch ihren zeitlichen Abstand zum Zeitpunkt des Kaufes. · Direkt nach dem Kauf einsetzender Service: Er erfolgt z. B. durch kostenlose Zustellung oder Anlieferung und Inbetriebnahme einer Anlage oder eines Systems mit Unterstützung des Herstellers, durch Zahlungsziele oder Einweisung der Anwender. · Lieferservice: Die Leistungskriterien eines Lieferservices sind u. a. Schnelligkeit, Termintreue, eventuell räumliche Kundennähe für Selbstabholer und Zuverlässigkeit im Hinblick auf vollständige und richtige Lieferung. · Weit über den Kauf hinausgehender Service: In diesem Bereich kann der Kooperations- und Lenkungsgedanke zwischen Anbieter und Kunde am besten realisiert werden. Der Einsatz eines Spezialisten (z. B. aus der EDV-Branche) beim Kunden sowie die Fehleranalyse bei Produkten bis hin zur gemeinsamen Produktinnovation sind hier exemplarisch zu nennen. Es ist dabei insbesondere die Aufgabe des Außendienstes, jede Kundeninformation aufzunehmen. Die Bereitstellung einer Hotline (Servicetelefon) bei Anwendungsproblemen ist ebenfalls eine effektive Dienstleistung. Außerdem können eine langfristige Garantie und die Zusicherung eines dauerhaften Ersatzteilservices, wie er z. B. von Porzellanherstellern praktiziert wird, in diese Kategorie eingeordnet werden. Die genannten Beispiele repräsentieren allerdings nur einen kleinen Ausschnitt der „After-Sales-Service-Palette“. Die Möglichkeiten sind auf diesem Gebiet - obwohl stets branchenspezifisch - nahezu unerschöpflich. Schulungsservice: Diese Form lässt sich nicht eindeutig einer der beiden zuerst genannten Servicearten zuordnen, denn Schulungen können sowohl vor als auch nach dem Kauf angeboten werden. Durch den engen Kontakt zu nicht leitenden Mitarbeitern des Kunden, die häufig eine nicht zu unterschätzende meinungsbildende Funktion im Unternehmen haben, lassen sich gerade im Schulungsbereich Pluspunkte gewinnen, welche die Einstellung zum Lieferanten nachhaltig prägen. Beratungsservice: Hierzu sind sämtliche entgeltlichen und unentgeltlichen Beratungsleistungen zu zählen. Dies fängt bei der fachmännischen Beratung im Einzelhandel (siehe auch Pre-Sales-Service) an und reicht bis zur strategischen oder organisatorischen Unternehmensberatung. Letztere kann allerdings auch zu den konventionellen Dienstleistungen gezählt werden. Extraservice: Diese Form der Zusatzleistung für den Kunden ist selten planbar. Extraservice ist das Produkt einer Überzeugung, die sich bei den Mitarbeitern eines Unternehmens durchgesetzt hat: Dem Kunden soll etwas Überdurchschnittliches geboten werden – ein Entgegenkommen, das er gar nicht erwartet hat. Die Formen des Extraservices offenbaren sich dem Kunden, wann immer er im Kontakt zum Unternehmen steht. Abschließend noch zwei Beispiele für überdurchschnittlichen, zuvorkommenden und vom Kunden nicht erwarteten Extraservice: · Beispiel Nr. 1: Das Handelshaus Globus verspricht seinen Kunden eine „Kassenbesetzungsgarantie“. Sollte ein Kunde länger als fünf Minuten an einer Kasse warten, so zahlt Globus eine Entschädigung von fünf DM. Im Ausland wird dieser Service sogar noch überboten. Hier werden große Anteile des Kaufes zurückerstattet, falls mehr als fünf Personen vor einem Kunden in einer Kassenwarteschlange stehen sollten. Gegen schnellste Bedienung des Kunden als Extraservice wird allerdings in Deutschland von Mitbewerbern mit rechtlichen Mitteln vorgegangen. Auf Initiative einiger Konkurrenten des Handelshauses Globus klagt die Wettbewerbszentrale gegen „ein übertriebenes Anlocken von Kunden“. · Beispiel Nr. 2: Dies ist die Geschichte eines katastrophalen Urlaubsbeginns und der Reaktion einer hervorragenden Servicemannschaft. Der verspätete Start des Flugzeugs war für die Kunden gerade noch verzeihbar, hatte man doch drei Wochen Cluburlaub im sonnigen Süden gebucht. Doch die Kette der Unpässlichkeiten setzte sich fort. Zunächst fiel die Klimaanlage im Flugzeug aus, und die Hitze wurde unerträglich. Dem Wunsch nach einer kühlenden Erfrischung konnten die äußerst gereizten Flugbegleiter nicht nachgekommen, da auch die Kühleinrichtungen nicht mehr funktionierten. Darüber hinaus konnte für den mehrstündigen Flug auch kein Essen angeboten werden. Außerdem verkündete der Kapitän des Fliegers den sichtlich genervten Fluggästen, dass sich die Landeerlaubnis um einige Minuten verzögern würde. Die Stimmung bei Passagieren und Personal war auf dem Nullpunkt angelangt. Ein Rechtsanwalt fungierte als Interessenvertreter der verärgerten Clubgäste und nahm noch während des Flugs die Beschwerden auf. Als man schließlich mit einigen Stunden Verspätung am Reiseziel landete, gaben die Passagiere zu verstehen, dass sie nie wieder eine Reise mit dieser Fluglinie und diesem Club buchen würden. Doch beim Erreichen der Flughafenhalle wurden die Cluburlauber am Strom der „normalen“ Reisenden vorbeigeleitet. Vor ihnen breitete sich ein roter Teppich aus, der direkt auf ein Büfett mit Erfrischungen und lukullischen Köstlichkeiten des Reiselandes führte. Eine Band spielte auf, und der Leiter des Clubdorfes entschuldigte sich aufrichtig bei den Gästen und versprach eine unbürokratische finanzielle Entschädigung für die überstandenen Torturen. Nach zwei Stunden waren der Gram und die Regressansprüche in eine begeisterte Sympathie für ein hervorragendes und schnelles Serviceteam verwandelt. Man freute sich auf den Rest des Urlaubs und war bereit, auch zukünftige Reisen bei diesem Club zu buchen. So macht man aus verlorenen Kunden treue Kunden. Der Name des Veranstalters: Club Méditerranée. 3 Servicekonzept Für Sie als Existenzgründer ist ein überlegtes Servicekonzept ein entscheidender Schlüssel, um sich von Ihren Konkurrenten abzuheben und Ihren Kunden einen entscheidenden Mehrwert zu geben. Grundsätzlich sollten Sie wie folgt bei der Definition Ihrer Servicepolitik vorgehen: 1. Analyse des Servicebedarfs und des bestehenden Serviceangebotes im Rahmen der Kunden- und Konkurrenzanalyse 2. Entwicklung eines eigenen Serviceprogramms, in dem Sie sich damit auseinandersetzen, wie Sie Ihren Kunden durch entsprechenden Service einen größeren Nutzen bieten können, z. B. durch Erleichterung des Kaufs, der Nutzung und der Entsorgung Ihrer Produkte. 3. Überprüfung der Servicepolitik durch Kundenkontakt mit folgendem Fragenkatalog: · Kann der Kunde mit dem angebotenen oder geplanten Service etwas anfangen? · Besitzt er das notwendige Vorwissen zur Nutzung des Services, oder haben die Serviceelemente für ihn keinen Wert, da er selbst ausreichendes Spezialwissen oder -werkzeuge besitzt? · Welche Serviceelemente wünscht der Kunde? · Werden die Servicevorteile vom Kunden überhaupt wahrgenommen? · Wie hoch sind Umsatz und Entwicklungspotential des Kunden für die Kernprodukte bzw. Kerndienstleistungen und den Service? · Welche Bedeutung hat der Kunde in der Branche? Ist es ein ausbaufähiger Pionierkunde, ein etablierter Marktführer oder ein rückläufiger Kunde? · Wie einheitlich kann oder individuell muss das Serviceangebot gestaltet werden? · Ist die Nutzung eher selten und sporadisch, oder liegt eine regelmäßige und vorhersagesichere Nutzung vor? · Ist der Service eine bloße Annehmlichkeit für den Kunden, oder hat er essentielle Bedeutung für das Geschäft (z. B. Service beim Ausfall einer EDV-Anlage)? · Wie häufig und regelmäßig nimmt der Kunde das Serviceangebot in Anspruch und mit welcher Dringlichkeit? · Wie sehen die konkreten Serviceleistungen und –preise der Mitbewerber aus? 4. Einführung des Servicekonzeptes 5. Kontrolle der Serviceakzeptanz mit Hilfe der „Bedeutungs-Eindrucks-Analyse“. Dabei werden für einzelne Serviceleistungen (u. a. Verfügbarkeit, Flexibilität, Kommunikation und Termintreue) die Faktoren „Bedeutung für den Kunden“ und „Kompetenz des Serviceanbieters“ gegenübergestellt. Liegen die Werte für beide Parameter im oberen Bereich, sollte Ihnen dies Ansporn geben, Ihre Kundenbetreuung weiter auf hohem Niveau zu halten. Besonders bei hohen Werten für „Bedeutung für den Kunden“ und niedrigen für „Kompetenz des Serviceanbieters“ sollten Sie den Hebel ansetzen und Ihre Strategie überdenken. Setzen Sie sich damit auseinander, ob Ihr Einsatz zu niedrig ist bzw. ob und warum er nicht entsprechend gewürdigt wird. Wird die Kompetenz bei niedriger Bedeutung für den Kunden günstig beurteilt, leisten Sie „zu viel des Guten“. Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie, Landsberg/Lech Marketing I X IX K U N D E N O R I E N T I E R U N G K U N D E N O R I E N T I E R U N G Erfolgreiche Existenzgründungen zeichnen sich durch ein Höchstmaß an Kundenorientierung aus. Wir haben in diesem Zusammenhang - neben den marktorientierten Visionen und Grundsätzen - sechs wesentliche Eigenschaften identifiziert, die nachfolgend kurz skizziert werden sollen. 1 Marktbeobachtung Nach unserer Auffassung wird man in der Zukunft nur dann erfolgreich am Markt agieren, wenn man mit äußerster Aufmerksamkeit sämtliche Veränderungen und Entwicklungen im Unternehmensumfeld beobachtet und im Hinblick auf ihre Relevanz bewertet. Aus einer solchen Grundhaltung der Wachsamkeit sollten Sie umgehend aktiv werden und eigenständig Trends im Markt prägen. Dazu gehören etwa die frühzeitige Einführung von neuen Produkten und Technologien oder eine Vorreiterrolle beim Umweltschutz. Reagierende Unternehmen geraten nämlich gegenüber aktiven Unternehmen schnell ins Hintertreffen. Ein interessantes Beispiel für die Dynamik und das Gespür marktorientierter Unternehmen ist folgendes: Im Herbst 1992 trat der 13 Jahre alte Filmstar Macaulay Culkin in einer von vielen Jugendlichen im Fernsehen verfolgten Filmpremiere auf. Das Besondere an ihm waren seine Turnschuhe. Nun stellen Turnschuhe wohl das am wenigsten Außergewöhnliche an einem amerikanischen Teenager dar vereinzelt wird sogar gemunkelt, dass die Kids schon mit Nikes, Reeboks oder L.A. Gears an den Füßen auf die Welt kommen. Das Besondere an den Schuhen von Macaulay war aber, dass er einen schwarzen und einen weißen Schuh trug. Dies hatte eine für viele Mütter und Väter verheerende und unverständliche Konsequenz. Am nächsten Tag machten sich Tausende von amerikanischen Jugendlichen auf, um sich ebenfalls zwei verschiedene Modelle zu kaufen. Aus einem Gag wurde eine Modewelle. Eltern stöhnten unter den Forderungen ihrer konsumfreudigen und trendbewussten Kinder. Was hat dieses Beispiel mit einer marktorientierten Unternehmensführung zu tun? Schuhhändler entschieden sich prompt zum Angebot von zweifarbigen Paarkombinationen. Die Kinder waren also nicht mehr gezwungen, ihren Geldbeutel oder den der Eltern übermäßig zu strapazieren, und die Absatzzahlen der Schuhhändler ließen sich auf diese Weise steigern. Ein hervorragendes Beispiel für ein kundenorientiertes „Gewinner-Gewinner-Spiel“. Unmittelbar nach dem Auftritt des Teenageridols stellten amerikanische Sportschuhhersteller Überlegungen an, dieses „Two-in-One“-Produkt als Artikel zu vertreiben. So konnten sie eine neue Modewelle nutzen und ihren Händlern etwas Unsicherheit bei der Aufteilung von Schuhpaaren nehmen. Somit gab es schon drei aktive Gewinner! Diese Unternehmen und Händler erreichen ein Höchstmaß an Vernetzung mit ihren Kunden und dem Markt; sie erleben Bedarfsverschiebungen und neue Trends unmittelbar und aus dem Markt heraus, weil sie sich als einen integrierten Bestandteil des Marktes verstehen. Sie sind kein externer Beobachter, der wie ein träger Input-Output-Mechanismus funktioniert. Dazu gehört auch die Fähigkeit, dem Kunden genau zuzuhören und auf die Wünsche und Bedürfnisse zu achten, die dieser „zwischen den Zeilen“ formuliert. Geben Sie Ihren Kunden so häufig wie möglich Gelegenheit, mit Ihnen in Kontakt zu treten. Lassen Sie Ihre Kunden schimpfen, kritisieren, reklamieren oder Verbesserungsvorschläge machen. Veranstalten Sie z. B. in Ihrem Haus einen „Tag des Kunden“. Hier kann ein intensiver Austausch zwischen Ihren Mitarbeitern und den Kunden stattfinden, die sich wiederum auch untereinander über die gemeinsamen Problemstellungen austauschen können. Somit entwickelt sich ein für alle Seiten fruchtbarer Dialog. Diese Form der Kundenorientierung hat der amerikanische Konsumgüterhersteller Procter & Gamble selbst für Massenmärkte kultiviert. Auf sämtliche der annähernd 100 Produkte des Unternehmens ist eine gebührenfreie Telefonnummer gedruckt. Aufgrund dieser Initiative werden jährlich rund eine Dreiviertelmillion Anrufe mit den Kunden abgewickelt. Hier können sie sich über den Schaum einer Seife, über den Geschmack einer Zahnpasta oder über den Strampelkomfort bzw. den Auslaufschutz von Windeln beschweren. Ziel der Aktion ist es, Reklamationen kundenfreundlich und schnell abzuwickeln und gleichzeitig Ratschläge und Ansatzpunkte für Produktverbesserungen zu finden. 2 Risikoorientierung In Anbetracht der Erkenntnis, dass sich beträchtliche Erfolgsspannen kurzfristig nur über neue, innovative Ansätze und Produkte erreichen lassen, ist es erforderlich, außergewöhnliche Leistungen am Markt zu platzieren. Diese Tatsache verlangt jedoch nach einer risikofreudigen Haltung und dem Mut zum Außergewöhnlichen, der auch einmal Fehlschläge zulässt. Die Bedeutung der Marktforschung als Grundlage für unternehmerische Aktivitäten ging in den letzten Jahren immer stärker zurück. Die spätere Wirklichkeit stellt sich in einem immer größeren Maß anders als prognostiziert dar. Langfristiges und vorsichtiges Planen wird immer schwieriger. „Man muss immer häufiger und schneller handeln, während man immer weniger weiß, was man eigentlich wissen müsste.“1) Deshalb müssen an die Seite einer langfristigen Planung immer öfter „Versuche“ und „Probierentscheidungen“ treten, die auf der Grundlage von intuitiven Entscheidungen beruhen. Das heißt nicht, dass Sie auf den Aufwand für eine Marktanalyse verzichten können. Wir empfehlen Ihnen aber, neben der sorgfältigen Analyse der Geschäftsidee auch Raum für schnelle, intuitive und situationsgebundene Marktentscheidungen zu lassen. Wenn Sie eine Chance vermuten, dann ergreifen Sie sie, auch wenn Sie sich noch nicht absolut sicher sind. Der Mut zum Risiko gehört einfach dazu. Abschließend wollen wir exemplarisch drei innovative und kundenorientierte Ideen vorstellen, die verdeutlichen sollen, welche Erfolge mit der Risikokultur, mit dem Mut zum Neuen erreicht werden können: Citibank – „Citi-Phone-Banking“: Eine hervorragende, kundenorientierte Idee, die es dem Kunden ermöglicht, rund um die Uhr Bankgeschäfte via Telefon abzuwickeln. Überweisungen, Kontostandsabfragen oder Daueraufträge können auch nachts angewiesen werden. Gleichzeitig baut die Citibank – wie mittlerweile viele andere Banken auch - auf vollautomatisierte Filialen mit Geldautomaten, die ebenfalls 24 Stunden am Tag genutzt werden können. So kann das Unternehmen lästige Ladenschlusszeiten umgehen, senkt seine Kosten und bietet erwerbstätigen Kunden die Möglichkeit, Bankgeschäfte zum Zeitpunkt ihrer Wahl zu erledigen. Ein Gewinner-Gewinner-Spiel auf der ganzen Linie. Die Kunden honorieren dieses Angebot. Die Umsatzzahlen und Zuwächse der Citibank sind überdurchschnittlich gut. Das Beispiel findet immer mehr Nachahmer. Sony – „Der Walkman“: Wer hatte vor Erfindung dieses Gerätes das Bedürfnis, im Gehen oder an jedem beliebigen Ort Musik zu hören? Sony weckte dieses Verlangen und kreierte ein Produkt, das zur Legende wurde. Arm & Hammer – „Das Backpulver im Kühlschrank“: Die Vorgehensweise des amerikanischen Backpulverherstellers ist ein wunderbares Beispiel für eine innovative „Mut-zum-Neuen“-Kultur. Aufgrund der Tatsache, dass immer mehr Frauen berufstätig sind, sank zwangsläufig die Nachfrage nach Backpulver für das häusliche Backen. Gleichzeitig entstand als Folge dieser Entwicklung eine größere Nachfrage nach Fertigprodukten. Arm & Hammer reagierte auf den Einbruch im Absatzmarkt. Man überlegte, wozu man Backpulver noch verwenden könnte, und kam zu dem Ergebnis, dass sich die Substanz aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung hervorragend als Geruchstilger für Kühlschränke eignen würde. Daraufhin begann man mit der Vermarktung des „Kühlschrank-Deodorants“. Arm & Hammer verkaufte es in Doppelpackungen (für Kühl- und Gefrierschränke), empfahl einen dreimonatlichen Austausch und brachte es schließlich auch für Teppiche und Innenräume, als Desinfektionsmittel für den Swimmingpool, als Badezusatz sowie als Zahnpastabeimischung zur Bekämpfung von Zahnstein auf den Markt. Diese mutige strategische Selbsterneuerung auf völlig neuen Märkten sicherte dem Unternehmen vielleicht sogar das Überleben. 3 Lernfähigkeit Eine Grundvoraussetzung für die marktorientierte Führung Ihres Unternehmens ist auch Ihre Lernfähigkeit. Dies bedeutet, mit Veränderungen umgehen zu können und aus neuen Entwicklungen im Umfeld neue Lösungen abzuleiten, gleichzeitig aber auch, gemachte Fehler zu hinterfragen und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Nur wer dazu in der Lage ist, erhält sich die Beweglichkeit zur Anpassung an die ständigen Veränderungen des betrieblichen Umfeldes. Der Kunde sollte bei dieser kritischen Selbstanalyse stets den Schwerpunkt der Überlegungen bilden. Dabei kommt es aber auch auf den Vergleich der eigenen Stärken und Schwächen mit der Konkurrenz an. Es reicht heute nicht mehr, bloßer Durchschnitt zu sein. Der Markt und die Kunden verlangen heute stets die beste Leistung zu möglichst geringen Kosten. Unternehmer, die hier nicht ein ausreichendes Maß an Selbstkritik mitbringen, verfallen zu schnell in Selbstgefälligkeit. Es ist immer wieder festzustellen, dass eine unverständliche Zufriedenheit mit bestehenden Produkten existiert und dass gleichzeitig Prozesse und Kosten zu selten in Bezug auf ihre Wettbewerbsfähigkeit hinterfragt werden. 4 Ehrgeiz Kunden- und marktorientierte Unternehmen zeichnen sich durch den unumstößlichen Willen aus, in der jeweiligen Branche und für die jeweilige Zielgruppe die besten Lösungen, das beste Preis-Leistungs-Verhältnis und den besten Service anzubieten. Mittelmaß wird niemals akzeptiert. Es ist erstaunlich, wie viele Unternehmen sich heute wissentlich mit unzureichenden Durchschnittslösungen zufrieden geben. Es fehlt das Engagement, die Sache im Sinne des Kunden besser zu machen. Wenn Unternehmen klagen, dass sie nicht die Kompetenz für außergewöhnliche Top-Leistungen besitzen, dann darf dies kein Vorwand sein, sich aus der „To-be-the-best“-Pflicht davonzustehlen. Dieses Eingeständnis ist vielmehr die Konsequenz aus der Tatsache, dass im Unternehmen der Wille zur höchsten Qualität schon seit längerer Zeit nicht existiert und dass man seit einiger Zeit den Kontakt zur Leistungsspitze der Wettbewerber verloren hat. Aufmerksamkeit und Gestaltungswille haben in der Vergangenheit gefehlt; diese Defizite sind heute nicht mehr wettzumachen. Zur besseren Kundenorientierung sollten Sie sich mit zwei Themenkomplexen auseinander setzen: · Was können unsere Mitbewerber heute? Ist dieser Leistungsvorsprung auch wirklich für unsere Kunden wichtig? Wenn ja: Warum ist die Konkurrenz besser als wir? Wie können wir es im Sinne der Kunden noch besser machen? · Was wollen unsere Kunden - was ist für sie „das Beste“? Hier wird der kundenorientierte Charakter dieser unternehmerischen Grundeinstellung deutlich. Denn „das Beste“ ist nicht das, was wir für exzellent halten, sondern immer das, was unsere Kunden als das „Nonplusultra“ definieren. Dies kann ein niedriger Preis ohne besondere Qualitätsaspekte genauso sein wie ein Top-Produkt mit überdurchschnittlichen Service- und Qualitätsleistungen bei einem gleichzeitig sehr hohen Preisniveau. Deshalb hat der „To-be-the-best“-Wille nichts mit einer irrationalen Besessenheit zu tun, sondern ist eine konsequente Form der erfolgsorientierten Effizienzsteigerung. Denn der Kunde kauft das, was er als „das Beste“ entsprechend seiner Bedürfnisstruktur definiert. Insofern ist die Verpflichtung auf „das Beste“ eine entscheidende Erfolgsposition kundenorientierter Existenzgründungen. 5 Individualität Wenn Sie eine kundenorientierte Unternehmenskultur anstreben, dann kommt es darauf an, die persönliche Beziehung zum Kunden in den Mittelpunkt aller Aktivitäten zu stellen. Kunden- und marktorientierte Unternehmen sind bestrebt, eine Vielzahl von Kontakten und Gesprächen mit ihren Kunden zu haben. Der Austausch erfolgt dabei stets auf menschlicher Ebene zwischen den Mitarbeitern und dem Kunden als Individuum - mit all seinen Stärken und Schwächen. Der Gedanke des „Beziehungsmanagements“ ist deshalb für Ihre Startphase von äußerster Wichtigkeit. Dies bedeutet für ein Unternehmen und insbesondere für seine Mitarbeiter: · Den Kunden als Mensch kennen und Interesse für ihn zeigen (es hat noch nie geschadet, wenn man jemandem zum Geburtstag gratuliert hat oder wenn man weiß, dass der Gesprächspartner dieses oder jenes Hobby hat!). Dies bedeutet auch, dass man den Kunden am Telefon oder bei direkten Kontakten mit dem Namen anspricht, ihn im Unternehmen einzuordnen weiß und seine Problemstellungen genauestens kennt. · Freundlich, höflich und zuvorkommend zu sein. Eine Forderung, die angesichts von Alltagserfahrungen nicht häufig genug wiederholt werden kann. · Die permanente Suche nach Kontaktmöglichkeiten mit den Kunden - auf den Kunden zugehen, nicht warten, bis er kommt. · Das Denken in den Problemstrukturen des Kunden und somit die Suche nach Lösungen für ihn. Unsere Forderung nach einer sehr persönlichen und menschlichen Selbstdarstellung der Unternehmen hat die WertGarantie Technische Versicherung AG, Hannover, hervorragend umgesetzt. Das Unternehmen verteilt an seine Kunden Poster, auf denen neben den Durchwahlen zu den einzelnen Fachabteilungen wie „Beiträge“, „Anträge“ oder „Vertragsumschreibung“ Photos der jeweiligen Sachbearbeiter zu sehen sind. So erlebt der Kunde, dass er es bei der WertGarantie Versicherung mit Menschen zu tun hat, und weiß stets, an wen er sich bei einem Problem zu wenden hat. Durch diese menschliche Aufgeschlossenheit sinken beim Kunden die Schwellenängste und steigen für das Unternehmen die Möglichkeiten, in den Dialog mit dem Kunden zu treten. Unternehmenskultur wird auch als „Summe aller Selbstverständlichkeiten in einem Betrieb“ angesehen. Gerade der Aspekt des Selbstverständlichen zeichnet Unternehmen aus, die die höchste Stufe der Kunden- und Marktorientierung erreicht haben. Anweisungen, Planungsrunden und Motivationsveranstaltungen werden durch eine gelebte und überzeugte Kundenorientierung überflüssig gemacht. Dabei zeichnen sich diese Organisationen nicht nur durch hervorragende Produkte oder Dienstleistungen aus. Ihre eigentliche Stärke liegt in den Kleinigkeiten, in dem richtigen Verhalten zur rechten Zeit. Zwei weitere wesentliche Aspekte des täglichen Geschäftslebens, die auch für Sie früher oder später von Relevanz sein werden, sind eine kundenorientierte Telefonkultur und ein kundenorientiertes Beschwerdemanagement. 1)Gerken, Gerd: Abschied vom Marketing – Interfusion statt Marketing. 3. Auflage, Düsseldorf, Wien, New York 1991 Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie, Landsberg/Lech Marketing X X K U N D E N K O N T A K T E K U N D E N K O N T A K T E Wesentliche Faktoren für kundenorientiertes Auftreten sind eine gepflegte Telefonkultur und ein funktionierendes Beschwerdemanagement. 1 Telefonieren Im telefonischen Umgang mit Ihrem Unternehmen können sich aus Sicht des Kunden verschiedene Schwierigkeiten ergeben. Kunden erreichen den gewünschten Ansprechpartner nicht, da das Telefon ständig besetzt ist. Die Mitarbeiter in der Telefonzentrale wissen nicht, wer für das Anliegen des Anrufers zuständig ist. Häufig werden Kunden mehrfach weiterverbunden. Der Gesprächspartner begrüßt den Anrufer nicht freundlich, zeigt sich nicht kooperativ oder gibt keine zufrieden stellende Antwort. Manche Mitarbeiter verfügen über zu wenig Produkt- und Dienstleistungskenntnisse. Deshalb sollten Sie bestimmte Aspekte beherzigen: Gewährleisten Sie telefonische Erreichbarkeit zu den üblichen Geschäftszeiten. Eine darüber hinaus gehende Erreichbarkeit – etwa an Wochenenden - wird von Kunden häufig nicht erwartet, jedoch als besonderer Service angesehen. Anrufer sollten bei Wartezeiten statt Musikberieselung eher Informationen erhalten. Die Mitarbeiter Ihres Unternehmens sollten Grundlagenwissen über Produkte und Dienstleistungen haben. Versuchen Sie unter allen Umständen, aus reklamierenden Anrufern zufriedene Kunden zu machen. Viele neu gegründete Unternehmen starten als Einpersonenfirmen. Da die telefonische Erreichbarkeit für Kunden häufig schwierig ist und manche Anrufer von Anrufbeantwortern abgeschreckt werden, helfen Ihnen folgende Tipps weiter. 2 Beschwerdemanagement Ein aktives Beschwerdemanagement setzt vor, nicht nach dem Eintreten des Ärgernisses ein; es vermeidet Probleme, statt sie zu beheben. Pannen können und werden jedem passieren. Sie gehören zum Geschäftsleben einfach dazu. Deshalb gilt es auch hier, möglichst professionell mit diesen Situationen umzugehen. Ein starker Service wird sich für Ihr Unternehmen sicher auszahlen. Die meisten Kunden werden Ihnen treu bleiben, wenn Sie eine Reklamation zufrieden stellend beheben. Wenn Sie das Ganze auch noch schnell bewerkstelligen, wird trotz seiner Beschwerde kaum ein Kunde abspringen. Untersuchungen haben ergeben, dass die Kundentreue bei prompter Behebung des Schadens auf bis zu 95 % steigt. Außerdem müssen Sie berücksichtigen, welche Multiplikatoreffekte mit einem schlechten Pannenservice verbunden sind. Ein unzufriedener Kunde erzählt zehn anderen von diesem Vorfall, eine positive Pannenhilfe wird an fünf Personen weitergegeben. Doch was tun, wenn der Kunde eine Erklärung für das Versagen verlangt? Folgende Vorschläge für den Umgang mit Reklamationen helfen Ihnen weiter. Sie geben Ihnen Unterstützung, um das Problem souverän und mit einem Höchstmaß an Kundenzufriedenheit zu lösen: Seien Sie kreativ, und weichen Sie auch einmal von gewohnten Pfaden ab. Schätzen Sie die Kosten der Pannenhilfe und des möglichen Kundenverlusts richtig ein. Versuchen Sie, umgehend zu handeln. Schulen Sie Ihre Mitarbeiter entsprechend, und geben Sie Ihnen die notwendigen Befugnisse. Außerdem haben wir eine kleine Richtlinie für den Umgang mit verärgerten Kunden aufgestellt. Denn gerade die Beschwerde des Kunden eröffnet Ihnen - richtig genutzt ungeahnte Profilierungs- und Verbesserungschancen. Defizite werden offensichtlich und können behoben werden. Gleichzeitig können Sie Irritationen seitens des Kunden durch ein schnelles Reagieren wieder gerade biegen bzw. zum Positiven wandeln. · Bleiben Sie im Umgangston auch dann freundlich, wenn der Kunde ungehalten wird. · Lassen Sie ihn sein Anliegen vortragen, ohne ihn zu unterbrechen. · Versuchen Sie, sich in die Rolle des Kunden zu versetzen. · Machen Sie sich Notizen, und halten Sie – falls nötig – telefonische Rücksprache mit Ihren zuständigen Mitarbeitern, um weitere Informationen zum Sachverhalt zu bekommen. · Formulieren Sie den Ausgangspunkt der Beschwerde noch einmal mit eigenen Worten, um Missverständnissen vorzubeugen. · Entschuldigen Sie sich für die Mühe, die der Kunde hatte – auch wenn die Beschwerde nicht gerechtfertigt ist. · Behandeln Sie das Anliegen umgehend; falls dies nicht möglich ist, sollten Sie in jedem Fall die nächsten Schritte einleiten. · Geben Sie dem Kunden das Gefühl, dass sein Problem gelöst wird. Der Umgang mit Reklamationen stellt an Sie eine zentrale Grundanforderung: die Verbindlichkeit. Beschwerden sind prompt und ohne Einschränkung zu behandeln. Der Kunde muss das Gefühl haben, dass man sich ernsthaft Gedanken um sein Anliegen macht und nach einer Lösung sucht. Geben Sie Ihrem Kunden Garantien, die ihm die sofortige Erledigung des Problems glaubhaft machen. Wir schlagen folgende Lösung vor: Teilen Sie Ihren Kunden mit, dass Reklamationen in Ihrem Haus innerhalb von 24 Stunden abgewickelt werden. Sollte dies aus bestimmten Gründen nicht möglich sein, so sagen Sie eine Verständigung des Kundens über den Stand der Dinge innerhalb des gleichen Zeitraums zu. Der Kunde soll also stets wissen, woran er ist. Bedenken Sie immer, dass die Reklamation ein Entgegenkommen des Kunden ist. Er kommt auf Sie zu, er zeigt Ihnen auf, wo Defizite und Verbesserungsmöglichkeiten liegen. Zeigen Sie sich deshalb aufmerksam, dankbar und hilfsbereit - nicht verärgert, unverständig und mit einer passiven Verweigerungshaltung. Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie, Landsberg/Lech Marketing X I XI V E R K A U F V E R K A U F Für viele Existenzgründungen ist der persönliche Verkauf Grundlage für den Erfolg des Unternehmens. Leider ist immer wieder festzustellen, dass viele Existenzgründer zwar die tollsten Spezialisten auf ihrem Fachgebiet sind, aber beim Verkauf ihrer Leistungsfähigkeit hoffnungslos untergehen. Deshalb wollen wir Ihnen nachfolgend einige einfache Werkzeuge an die Hand geben, mit denen Sie sich gezielt auf Ihre Verkaufsgespräche vorbereiten können. Außerdem sollten Sie überlegen, ob Sie unter Umständen ein Verkaufstraining für den Aufbau Ihrer verkäuferischen Kompetenz belegen sollten. Doch das Wichtigste ist der permanente Kontakt zu Kunden und damit die Übung des Verkaufens in der Praxis. Dabei gehören auch Misserfolge zum Geschäft. Nicht jeder Kontakt kann zu einem Abschluss führen - das gilt für die routiniertesten Verkäufer genauso wie für den unerfahrenen Existenzgründer. Hinterfragen Sie nach den ersten Rückschlägen Ihr Angebot, und sprechen Sie insbesondere auch mit Ihren Kunden darüber, warum sie sich nicht für Ihre Leistungen entscheiden konnten. Nur so können Sie besser werden und gewinnen gleichzeitig Sicherheit. Beim Kunden spielt die Musik, und beim Kunden sollten Sie deshalb stets präsent sein. 1 Telefonat „Am Anfang war das Telefonat!“ Bevor Sie zum Kunden gehen, sollten Sie telefonisch einen Termin vereinbaren. Der ideale Vorbote für dieses Telefonat könnte z. B. ein kurzes Anschreiben oder Mailing sein, in dem Sie auf dieses Gespräch verweisen. Der Kunde ist somit vorinformiert und weiß, was Sie ihm anbieten wollen. Allerdings ist es nicht immer ganz einfach, an den richtigen Ansprechpartner im Unternehmen zu kommen, weil Sie sich häufig erst mehrmals verbinden lassen müssen. Die Berücksichtigung folgender Punkte hilft Ihnen weiter: · Wählen Sie den richtigen Zeitpunkt: Viel beschäftigte Manager sind selten zu normalen Geschäftszeiten an ihrem Arbeitsplatz. Fragen Sie die Sekretärin, wann ihr Chef zu erreichen ist. · Die Sekretärin ist Ihre Verbündete: Bei entsprechender Höflichkeit von Ihrer Seite, wird Ihnen die Sekretärin sicher weiterhelfen. Manchmal ist es dann auch möglich, direkt mit ihr einen Termin beim Chef zu vereinbaren. · Der ganze Name wirkt Wunder: Wenn Sie Vor- und Zunamen des gewünschten Ansprechpartners nennen, vermitteln Sie den Eindruck, dass Sie ihn persönlich kennen. Somit steigen Ihre Chancen, direkt verbunden zu werden, ohne lästige Fragen beantworten zu müssen. · Nicht ausweichen: Vielleicht fehlt Ihnen der Vorname der Person, mit der Sie sprechen wollen, oder die Vorzimmerdame fragt nach dem Grund des Anrufes; weichen Sie in diesem Fall nicht aus. Bei Angabe des Grundes sollten Sie den Eindruck vermitteln, dass es sich um Dinge handelt, die für den Chef wichtig sind. Verweisen Sie konkret auf eine bestimmte Leistung oder ein definiertes Angebot, das Sie ihm zugesandt haben. Mit einem Leitfaden können Sie Ihr Telefonat bewusst vorbereiten. Er gibt Ihnen Sicherheit und hilft Ihnen bei der Strukturierung des Gesprächs. Andererseits soll er Sie natürlich nicht einengen. Gegen ein freies Gespräch, das Sie an Ihr Ziel bringt, ist selbstverständlich nichts einzuwenden. Für Anfänger ist der Leitfaden aber eine ideale Unterstützung für die Terminvereinbarung mit einem Kunden. Nach der Begrüßung Ihres Gesprächspartners, den Sie im Gespräch zwei- bis maximal viermal mit seinem Namen ansprechen sollten, nennen Sie den Grund Ihres Anrufes und ein bis zwei Vorteile, die mit Ihrem Angebot verbunden sind. Beispiel: „Guten Tag, Frau Fehse, hier spricht Matthias Keudel vom Softwarehaus Muster und Partner. Ich rufe Sie an, um mit Ihnen einen Gesprächstermin zu vereinbaren, bei dem ich Ihnen unser Software- und Beratungskonzept XY vorstellen kann. Mit XY können wir Ihre EDV-Kosten um mindestens 30 % senken. Außerdem können wir mit unserer Software die Prozesse in Ihrem Haus optimieren.“ Wenn Ihr potentieller Kunde Interesse signalisiert, sollten Sie im nächsten Schritt gleich einen Termin vereinbaren. Bieten Sie zwei Termine an, und nennen Sie dabei Ihren Wunschtermin an zweiter Stelle. In der Regel entscheidet sich der Partner für diesen Termin. Außerdem behalten Sie so das Heft in der Hand und können sicherstellen, dass der gemeinsame Termin möglichst bald stattfindet. Bevor Sie sich verabschieden, bestätigen Sie noch einmal Datum, Zeit und Ort. Noch eine Sache sollten Sie stets beachten: Telefonieren Sie nur, wenn Sie „gut drauf“ sind. Die Gesprächspartner merken sofort, wenn jemand widerwillig und schlecht gelaunt telefoniert. Mit der richtigen Stimmung gewinnen Sie den Menschen am anderen Ende der Leitung für Ihre Ideen. Sie formulieren ideenreicher und reagieren souveräner auf Einwände und Nachfragen. 2 Vorbereitung zum Verkaufsgespräch Je besser Sie sich vorbereiten, desto kompetenter wirken Sie auf Ihren potentiellen Kunden. Informieren Sie sich über seine Branche, sein Unternehmen und über den Menschen, mit dem Sie es zu tun haben. Sie brauchen nur etwas Zeit und Disziplin, um auch beim Verkauf besser zu sein als Ihre Mitbewerber. 3 Verkaufsgespräch Herzlichen Glückwunsch - Sie haben Ihren ersten Kundentermin organisiert. Ihr Verkaufsgespräch sollte sich jetzt in sechs Stufen gliedern: Stufe 1: Gesprächseröffnung: Schaffen Sie zu Beginn des Gesprächs Atmosphäre. Geben Sie Ihrem Gesprächspartner und sich selbst - Zeit, um sich auf die neue Situation einzustellen. Wer sofort auf den Punkt, auf das reine Verkaufen kommt, der drängt seinen potentiellen Kunden in die Ecke, was eher zu einer defensiven Abwehrhaltung führt als zur offenen Gesprächsbereitschaft. Sprechen Sie zu Beginn deshalb auch über Dinge, die nichts mit dem Geschäftlichen zu tun haben. (Vielleicht fällt Ihnen sogar etwas Besseres ein als das Wetter.) Stufe 2: Erkennen der Kundenbedürfnisse: Es geht im Verkaufsgespräch nicht um das, was Sie dem Kunden gerne anbieten möchten, sondern primär um das, was der Kunde braucht. Deshalb steht vor der Präsentation Ihrer Leistungsfähigkeit logischerweise die Identifizierung der Kundenwünsche. Stellen Sie dabei offene Fragen - die so genannten „W-Fragen“. W-Fragen beginnen mit warum, wodurch, wie viel, womit, wer, wie, was, wann... Zum Beispiel: „Wie organisieren Sie Ihre Konstruktion?“, „Wodurch gewährleisten Sie die EDV-Sicherheit in Ihrem Haus?“, „Womit steuern Sie die zukünftige Entwicklung Ihres Unternehmens?“ Diese Fragen lassen Raum. Sie animieren Ihren Gesprächspartner zum Reden und erbringen eine Fülle an unterschiedlichen Informationen, nach denen Sie möglicherweise gar nicht gefragt haben, die Ihnen aber sehr viel weiter helfen. Wer dagegen geschlossene Fragen stellt auf die man mit Ja und Nein antworten kann -, erntet Jas und Neins. Frage: „Haben Sie schon über eine neue Maschine nachgedacht?“ Antwort: „Ja.“ Dieser kleine Dialog zeigt Ihnen, dass die Antworten auf geschlossene Fragen im Grunde keinen Informationsgehalt haben, weil Sie immer von der Annahme eines bestimmten Sachverhaltes Ihrerseits ausgehen. „Vielleicht hat der potentielle Kunde schon einmal über eine neue Maschine nachgedacht?“ mutmaßte der Frager für sich. Hätte er aber gefragt: „Wann haben Sie das letzte Mal über den Kauf einer neuen Maschine nachgedacht?“, dann hätte er schon eine ganz andere Informationsqualität generieren können. Der Frager sieht, ob das Problem akut ist oder noch kein Problembewusstsein besteht. Fazit: Ermuntern Sie Ihren Gesprächspartner zum Reden, und verschaffen Sie sich einen umfassenden Eindruck von Ihrem Kunden - die offenen Fragen helfen Ihnen dabei. Stufe 3: Präsentation: Nachdem Sie sich langsam an die Probleme und Bedürfnisse Ihres Kunden herangetastet haben, kommen Sie nun an den Punkt der Leistungspräsentation. Jetzt zeigen Sie, was Sie können und wie Sie die Probleme des Kunden lösen wollen. Auch hier gilt es, kundenorientiert zu kommunizieren. Zeigen Sie Ihrem Gesprächspartner Vorteile und Nutzen auf, und projizieren Sie diese Potentiale direkt auf seine Person. Dies bedeutet konkret: Werden Sie sich zunächst einmal bewusst, was Ihr Angebot auszeichnet. Welche Leistungsmerkmale können Sie bieten? Ein Beispiel dafür ist etwa eine Software mit modularem Aufbau. Im zweiten Schritt leiten Sie von dem Leistungsmerkmal entsprechende Vorteile ab (bei einer Software mit modularem Aufbau liegt der Vorteil z. B. in einer kostengünstigen, bedarfsorientierten Implementierung). Die tatsächliche Präsentation gegenüber dem Kunden ist dann die Darstellung des Vorteils in der „Sie-Anrede“. Hier verpacken Sie den Nutzen in einer Form, die Ihrem Gesprächspartner klar verdeutlicht, was der Vorteil für sein Unternehmen oder seine Person bedeutet. Unser Software-Beispiel würde der Verkäufer dann wie folgt formulieren: „Unsere Software können Sie - dank des modularen Aufbaus - kostengünstig und entsprechend Ihren individuellen Bedürfnissen installieren.“ Somit zeigen Sie dem Kunden, was der Vorteil für sein Unternehmen bringt. Mit dieser Systematik und Präsentationstechnik, die ausschließlich die personen- bzw. organisationsbezogenen Vorteile in den Vordergrund stellt, gewinnen und begeistern Sie Ihre Kunden. Diese erleben unmittelbar, welcher Nutzen mit Ihrem Angebot verbunden ist, und müssen nicht hinterfragen, was das Angebot für ihre Organisation bedeutet. Verzichten Sie darauf, ausschließlich Leistungseigenschaften aufzuzählen. Das hat wenig mit dem Kunden und seinen Problemen zu tun. Präsentieren Sie Lösungen! Stufe 4: Bedenkenzerstreuer: Leider werden Sie selten eine Verkaufssituation erleben, in der Ihr Gegenüber keine Einwände oder Bedenken äußert. Das gehört einfach dazu. Doch auch auf die Bedenken können Sie sich vorbereiten, zumal im Vorhinein abschätzbar ist, wo Stolpersteine und Bedenkenpotentiale liegen. Nichts ist schlimmer, als unvorbereitet und ohne Konzept mit Einwänden konfrontiert zu werden. Selten fällt einem spontan eine passende, geschweige denn eine ideale Antwort ein. Ist der Termin dann gelaufen (ohne Abschluss), ärgert man sich unendlich, weil einem auf der Heimfahrt zahlreiche Lösungsansätze einfallen. Dann ist es aber zu spät. Sie können sich jedoch auf diese Situationen vorbereiten. Notieren Sie die häufigsten Bedenken, und formulieren Sie zu jedem Punkt die ideale, wohlüberlegte Antwort. Sie sollten diese Aufstellung nach jedem Termin ergänzen. Gehen Sie beim Zerstreuen von Einwänden wie folgt vor: · Fragen: „Was meinen Sie genau damit?“ So gewinnen Sie Zeit, um sich auf Ihr Bedenkenzerstreuen vorzubereiten. Gleichzeitig erfahren Sie mehr über die Zweifel des Kunden, und dieser fühlt sich ernst genommen. „Man kümmert sich um meine Bedenken“, denkt Ihr Kunde. · Isolieren: „Wenn dieser Nachteil nicht wäre, würden Sie dann kaufen?“ Werden Sie sich darüber klar, ob dieser Einwand der einzige Knackpunkt für einen Kauf oder eine Zusammenarbeit ist. Wenn ja, dann gehen Sie zum nächsten Schritt über: · Bedenken zerstreuen: Liefern Sie hier die Argumente, die Sie mit Ihrem Bedenkenzerstreuer vorbereitet haben. Stufe 5: Preispräsentation: Um diese Frage kommen Sie nicht herum: „Was kostet das?“ Weichen Sie nicht aus und machen Sie auf gar keinen Fall Preisangebote, die sich für Sie nicht tragen, nur um an einen Auftrag zu kommen. Gerade in Ihrer Startphase dürfen Sie sich nicht unter Wert oder gar ruinös verkaufen. Doch auch der Preis kann angenehm verpackt werden: · Durch die „Plus-Minus-Plus“-Technik: Hier steht Plus für einen Vorteil und Minus für den Preis. Packen Sie Ihren Preis also zwischen zwei Vorteile: „Die modulare Software erhalten Sie für 1.250 DM inklusive zwei Jahre Wartung und Service.“ Nehmen Sie nicht die Worte „Preis“ oder „Kosten“ in den Mund, da diese sehr negativ besetzt sind. Formulieren Sie positiv wie in unserem Beispiel, oder sprechen Sie von Investitionen: „Für diesen Komplettservice investieren Sie pro Monat 500 DM und bekommen gleichzeitig ein jährliches Gutachten.“ · Verkleinerungstechnik: 12.000 DM im Jahr ist viel. 1.000 DM im Monat ist genauso viel über das gesamte Jahr gesehen - hört sich aber nach viel weniger an. Erschrecken Sie Ihren Kunden nicht mit Gesamtpreisen, sondern formulieren Sie psychologisch geschickt, indem Sie den Preis verkleinern. Wenn Sie Tagessätze haben, dann können Sie auch Stundensätze angeben. Wenn Sie modulare Angebote haben, dann nennen Sie den Preis eines einzelnen Moduls und nicht den Preis des Gesamtpakets. Trotz aller Mühen kann es Ihnen passieren, dass Ihr Kunde die unangenehmste Antwort auf den Preis gibt, die Sie sich vorstellen können: „Zu teuer.“ Doch auch auf diesen Satz können Sie sich vorbereiten. Wir schlagen Ihnen nachfolgende Reaktionen auf ein „Zu teuer“ vor, die Ihnen Raum geben, um Ihren Preis oder Ihr Angebot anzupassen bzw. um Fehleinschätzungen Ihres Gesprächspartners zu korrigieren. · „Im Verhältnis wozu sind wir zu teuer?“ · „Womit vergleichen Sie den Preis?“ · „Lassen Sie uns einmal das Preis-Leistungs-Verhältnis anschauen.“ · „Angenommen, wir finden im Preis eine Lösung: Würden Sie dann kaufen?“ · „Womit vergleichen Sie uns?“ · „Können wir uns das Angebot und die Leistungen des Wettbewerbers anschauen?“ · „Wie viel liegen wir über Ihren Vorstellungen?“ · „Auf welche Leistung würden Sie verzichten?“ Stufe 6: Abschließen: Die Angst des Schützen vor dem Elfmeter ist vergleichbar mit der Angst des Verkäufers vor dem Abschluss. Doch Sie kommen um die Frage nicht herum: „Wollen Sie kaufen?“ Viele Menschen trauen sich kaum, diese Frage zu stellen; damit tun sie so, als wäre das Hauptziel ihrer Existenzgründung - zu verkaufen, um Umsatz zu machen - ein unmoralisches Ansinnen. Deshalb stellen wir Ihnen zum Abschluss des Verkaufsgesprächs einige Abschlusstechniken vor, die Sie vor Ihrem ersten Verkaufsgespräch eventuell trainieren sollten. Entscheiden Sie sich für zwei bis drei Varianten, und setzen Sie diese Techniken dann bewusst ein: · Direkte Methode: „Wollen Sie das Produkt XYZ kaufen?“ oder „Wollen Sie mit mir entsprechend der Projektkonzeption zusammenarbeiten?“ · Wahlmethode: „Wollen Sie die Variante A oder die Variante B kaufen?“ Hier wird die Entscheidung für den Kauf geschickterweise von Ihnen vorausgesetzt. Der Kunde muss entweder widersprechen, oder er gibt Ihnen die Vorlage zum Abschluss des Vertrages: „Ich nehme Variante A.“ · Annahmetechnik: „Wo soll das Gerät hingestellt werden?“ Hier nehmen Sie einen bestimmten Sachverhalt an und leiten damit zum Abschluss über (ähnlich wie in oben genannter Wahlmethode). · Verweis auf Zubehör: Ähnlich wie „Annahmetechnik“. „Wollen Sie die Anlage mit dem KT2- oder dem KT3-Adapter?“ · Positive Einstimmung: Hier nennen Sie zunächst einige Vorteile in der Sie-Anrede, um danach mit der „direkten Methode“ abzuschließen. „Sie haben gesehen, dass Sie durch unsere Software folgende Vorteile haben: Sie senken Ihre Kosten, erhöhen Ihre Produktivität und optimieren Ihre Prozesse. Wollen sie die Software in Ihrem Haus einsetzen?“ · Balancetechnik: Vergleichbar mit der „positiven Einstimmung“, wobei im Sinne einer Objektivierung, die dem Kunden Ehrlichkeit vermittelt, auch Problembereiche der Zusammenarbeit aufgezeigt werden. „Sie haben gesehen, dass Sie durch unsere Software Ihre Kosten senken und Ihre Produktivität erhöhen. Ich denke, dass wir auf jeden Fall das Problem der Integration in die bisherige Softwareumgebung lösen können. Aber eines ist sicher: Mit dem neuen Programm optimieren Sie Ihre Prozesse. Wollen Sie es in Ihrem Haus einsetzen?“ Wenn Sie diese Techniken bewusst einsetzen, bleibt Ihnen nur noch eines zu wünschen: Machen Sie Kundentermine, und überzeugen Sie Ihre Kunden von Ihrer Geschäftsidee. Viel Erfolg! Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie, Landsberg/Lech Marketing X I I G E S C H Ä F T S B R I E F A L S M A N A G E M E N T - I N S T R U M E N T XII G E S C H Ä F T S B R I E F A L S M A N A G E M E N T - I N S T R U M E N T 1 Was der Empfänger zuerst liest Studien über die Augenbewegungen von Brieflesern zeigen, dass die meisten von ihnen folgendermaßen vorgehen: · Der erste Blick gilt der Anrede (in einem nicht personalisierten Brief der Überschrift/Headline). · Danach werfen die meisten Leser einen Blick auf die Unterschrift, um zu sehen, wer da schreibt. · Der dritte Blick gilt dem PS, sofern es eines gibt. · Dann geht der Blick wieder nach oben zur Anrede, und erst jetzt beginnt der Leser mit der Lektüre des ersten Absatzes. 2 Qualifikation zum beruflichen Schreiben In den siebziger Jahren erkannte die amerikanische Industrie, dass die Leistungsfähigkeit der Wirtschafts- und Industriebetriebe in den USA wegen der schlechten schriftlichen Kommunikationsleistungen ihrer Manager in Gefahr geriet. Damals wurde das Defizit im beruflichen Schreiben an den US-amerikanischen Universitäten und in den Wirtschaftsbetrieben der USA zum Motor einer Offensive zum Schreiben lernen. Während in anderen Bereichen amerikanische Erkenntnisse und Entwicklungen nur zwei bis drei Jahre brauchten, bis sie nach Deutschland gelangten und hier adaptiert wurden, dauerte es in diesem Fall fast zwanzig Jahre. Erst in den neunziger Jahren wurde die große Bedeutung beruflichen Schreibens auch in den deutschsprachigen Ländern erkannt. Das hochschuldidaktische Zentrum (HDZ) an der Alice-Salomon-Fachhochschule Berlin untersuchte 1995, wie es mit der Qualifikation deutscher Manager beim beruflichen Briefeschreiben aussieht. Befragt wurden 500 führende deutsche Industrie- und Wirtschaftsbetriebe. Das Ergebnis: Die deutschen Entscheidungsträger verbringen mindestens 20 % ihrer Arbeitszeit mit dem Diktieren oder Entwerfen von Schreiben. Fast drei Viertel der befragten Unternehmen messen der Bedeutung des beruflichen Schreibens eine hohe bzw. sehr hohe Bedeutung bei (72 %). Aber viele Entscheidungsträger in Deutschland haben offenbar Probleme mit dem beruflichen Schreiben: 84 % der befragten Betriebe gaben an, dass sie Schwierigkeiten im beruflichen Schreiben bei Entscheidungsträgern kennen. Und wo liegen die Schwierigkeiten? · 36 % haben Probleme beim Verfassen/Entwerfen, also bei Wortwahl und Ausdruck. · 23 % haben Schwierigkeiten beim Gliedern. · 15 % fällt auf Anhieb nichts ein; ihnen mangelt es an Schreibideen. Trotz der offensichtlichen Probleme beginnen die Betriebe und Weiterbildungseinrichtungen allerdings erst allmählich, das berufliche Schreiben zu fördern. Zum Zeitpunkt der Befragung kannten 82 % der antwortenden Betriebe kein einziges betriebsinternes Förderprogramm im Bereich beruflichen Schreibens. 91 % kannten auch kein externes Weiterbildungsprogramm in diesem Sektor. Das heißt: Unsere führenden Wirtschafts- und Industriebetriebe waren zum Zeitpunkt der Befragung bei der Lösung der Schreibschwierigkeiten ihrer Manager auf sich gestellt und nahezu ohne professionelle Hilfe. Zum Vergleich: · Über 300 US-Hochschulen bieten Curricula für berufliches Schreiben an. · Alle US-Großunternehmen haben berufliche Schreib-Lern- und Schreib-Beratungszentren aufgebaut. 3 Wie Manager(innen) bessere Briefe schreiben Die zehn Gebote für Führungskräfte: 1. Stellen Sie alle benötigten Unterlagen zusammen. Bevor Sie mit der Konzeption Ihres Briefes beginnen, lassen Sie zunächst alle erforderlichen Informationen, Daten und Schriftstücke zusammenstellen. Dazu gehören der vorhergehende Schriftverkehr, juristische Informationen, Stellungnahmen Ihrer Sachbearbeiter, Telefon- und Aktennotizen, Produktionszahlen, Preislisten usw. Je nach Textsorte und Schreibanlass können solche Texte auch Zeitungsausschnitte, Annoncen, Kopien aus biographischen Nachschlagewerken, Rechnungen, Zitaten- und Anekdotensammlungen usw. sein. Nichts ist misslicher, als wenn Ihnen anschließend beim zügigen Formulieren die Unterlagen nicht zur Hand sind. 2. Legen Sie eine Stoffsammlung an. Schreiben Sie zunächst stichwortartig und in beliebiger Reihenfolge alle Ideen, Informationen, Argumente für Ihren Brief auf ein leeres Blatt. Sie können anschließend die abgearbeiteten Stichwörter durchstreichen oder abhaken. So sind Sie sicher, dass Sie nichts vergessen haben. 3. Bringen Sie Ordnung in Ihre Stichwortsammlung. Fassen Sie die Stichpunkte thematisch zusammen. Gliedern Sie in Hauptthemen und Unterpunkte. Legen Sie die Reihenfolge Ihrer Argumente fest: das wirksamste am Schluss! Entscheiden Sie, welche Punkte in einen kurzen Einstieg gehören, welche in die Zusammenfassung usw. Entweder Sie schreiben Ihre Stichwortsammlung in der neuen Ordnung ab, oder Sie nummerieren hierarchisch durch. 4. Schauen Sie sich unsere Briefbeispiele an, selbst wenn Sie keinen Musterbrief oder Textbausteine übernehmen, sondern einen ganz eigenständigen Brief formulieren wollen. 5. Denken Sie über Ihren Kommunikationszweck nach. Fragen Sie sich: Was soll mein Brief beim Adressaten bewirken? Konkret: Was soll der Adressat zu sich selbst, seinem Assistenten oder seiner Sekretärin sagen, wenn er meinen Brief gelesen hat? Stellen Sie sich diesen Satz wortwörtlich vor, den der andere sagen soll! Und formulieren Sie Ihren Brief nach Möglichkeit so, dass diese Reaktion und keine andere erfolgt. Wenn Sie sich also klar sind, was Sie mit Ihrem Geschäftsbrief erreichen wollen, haben Sie auch jetzt noch die Möglichkeit, Ihre geordnete Stoffsammlung im Sinne Ihrer kommunikativen Absicht zu modifizieren. 6. Stellen Sie sich den Briefempfänger konkret vor. Bevor Sie mit dem Diktat oder Schreiben beginnen, sollten Sie wissen, in welcher Verfassung sich der Adressat befindet - geistig und seelisch. Was weiß er bereits? Was wünscht er zu wissen, zu erfahren? Konkret: Was würden Sie zu erfahren wünschen, wenn Sie an seiner Stelle wären? Wenn Ihr Brief ein Antwortschreiben ist: Wonach hat der Briefschreiber gefragt? Worum genau hat er Sie gebeten? Aus Ihrem Kommunikationszweck und der Situation des Briefempfängers ergibt sich die Wahl Ihrer Formulierungen. Fragen Sie sich: Mit welchen Worten kann ich mein Ziel bei meinem Adressaten am besten erreichen? 7. Bringen Sie Ihre Persönlichkeit in den Brief ein. Sie spielen - ob Sie es wollen oder nicht - eine Rolle; Sie repräsentieren Ihre Firma. Bringen Sie Funktion und Persönlichkeit angemessen, aber ohne Arroganz ein; lassen Sie eine persönliche Ansprache in den Brief einfließen. Denken Sie daran: Der Leser ist bei der Lektüre in seinem Büro allein. Formulieren Sie möglichst so, dass Ihr Briefpartner den Eindruck hat, Sie seien präsent! 8. Schreiben (oder diktieren) Sie den Entwurf möglichst schnell. Schnelles Schreiben und Diktieren bewahrt Sie vor dem Abschweifen. Wenn Sie eine Schreibmaschine benutzen, hauen Sie in die Tasten ohne Rücksicht auf korrekte Rechtschreibung. Machen Sie es in dieser Beziehung wie die Journalisten und Schriftsteller. Es ist wichtiger, dass Ihnen die richtigen Gedanken zufliegen und der rote Faden nicht reißt, als dass verdrehte Buchstaben oder falsche Zeichensetzung Sie in diesem ersten Arbeitsgang aufhalten. Wenn Sie einen Computer mit Textverarbeitungsprogramm benutzen, lassen Sie alle Sonderfunktionen ausgeschaltet, die Sie bremsen würden. Überarbeiten Sie den Text später. 9. Lassen Sie wichtige Briefe gegenlesen. Es ist nicht immer leicht, sich vorzustellen, wie Briefe auf einen Adressaten wirken. Wichtige Briefe sollten Sie daher unbedingt gegenlesen lassen. Runzelt der Leser an irgendeiner Stelle die Stirn oder versteht er eine Formulierung nicht auf Anhieb, sollten Sie handeln. Auch wenn Ihr Text sprachlich korrekt ist, sind stilistische Änderungen angesagt. 1 0 . Gewinnen Sie Abstand, und geben Sie dem Ganzen dann den letzten Schliff. Nichts überstürzen! Das gilt auch für Ihre Geschäftspost. Schicken Sie kein Schreiben unmittelbar nach dem Diktat ab, auch und gerade die schwierigen und problematischen Schreiben nicht. Im Zorn geschriebene Briefentwürfe haben die Funktion, dass Sie sich selbst abreagieren. Dagegen ist im Prinzip nichts einzuwenden. Aber warten Sie bitte ein paar Stunden oder einen Tag, damit Sie sich entspannen können! Nehmen Sie sich Zeit bis der Zorn verraucht ist, bis Sie wieder über den Dingen stehen und Distanz gewonnen haben. Senden Sie das Schreiben vorher nicht ab! Bedenken Sie, dass ein einmal abgesandter Brief sich nicht mehr zurückholen lässt. Ein im Zorn versandter Brief kann kaum ein guter Brief sein - denn er verstößt gegen das taktisch wichtigste Gebot des erfolgreichen Schreibens. Und dieses Gebot lautet, dass Sie nicht nur sich selbst im Auge behalten, sondern sich vor allem auch in die Situation des Empfängers versetzen sollen! Die beste Zeit, einen Brief vor Absendung noch einmal durchzusehen, ist der Morgen des folgenden Tages. Einmal „drüber schlafen“ tut jedem Text gut! In unserer von Zeitknappheit bestimmten Geschäftswelt ist dies zwar immer seltener möglich, aber versuchen Sie es dennoch. Bedenken Sie, wie viel Schaden ein zu früh abgesandter Brief verursachen kann. Bedenken Sie aber auch, wie viel Freude und Erfolg ein gut durchdachtes und gut formuliertes Schreiben auszulösen vermag. Unterschätzen Sie nicht das Potential, das in richtig gesetzten Worten liegt! Millionengeschäfte sind hierdurch schon in die Wege geleitet worden. Ein gut gespanntes und engmaschiges Informationsnetz ist gerade im Bereich der politischen und wirtschaftlichen Führungskommunikation sehr sinnvoll. Mit den richtigen Werkzeugen und dem nötigen Wissen lässt sich leicht an die Stelle schlechter Informationswege ein effizientes Kommunikationsnetz setzen. 4 Wie Sie mit Kleinigkeiten Wunder bewirken Die amerikanische Etikette-Spezialistin Letitia Baldrige notiert in Ihrem Buch Complete Guide to Executive Manners: „Es ist eine Tatsache, dass jemand, der einem anderen ein paar anerkennende Zeilen schreibt, damit eine starke Beziehung aufbaut.“ „Kleinigkeiten bedeuten alles im Business“, fügt sie hinzu und berichtet von einer aufmerksamen Sekretärin, die ihrem Chef jeden Mittag eine Briefkarte mit einem adressierten Umschlag auf den Schreibtisch legt, bevor er zu Tisch geht. Er braucht sich beim Essen nur ein oder zwei Sätze zu überlegen, die er, sobald er zurückkehrt, auf die Karte schreibt. Dann seinen Namen darunter gesetzt - und fertig! Dies geht übrigens auch mit jedem maschinenschriftlichen Schreiben, das Sie mit der Hand um einen Satz ergänzen, darunter noch mit Ihrer Feder die Schlussformel und Ihre Unterschrift - und schon ist aus einem völlig normalen ein besonders persönlicher Brief geworden! Es lohnt sich, auf solche Details Gewicht zu legen. Das kostet Sie fast nichts. Doch Sie werden sich wundern, was es bewirkt. Je eingespielter die Zusammenarbeit mit Ihrem Sekretariat, desto müheloser werden Sie auf diese Art Ihr Kommunikationsnetzwerk aufbauen und pflegen können was uns Gelegenheit gibt, die zentrale Bedeutung eines funktionierenden Vorzimmers für die interne und externe Kommunikation hervorzuheben. Tun Sie gleich heute den ersten Schritt, diesen Empfehlungen zu folgen. Schaffen Sie sich - wenn Sie etwa nur Kugel- oder Faserschreiber benutzen - einen hochwertigen Federhalter an: Auf keinen Fall einen Wegwerffüller - wählen Sie etwas Kostbares. 5 Wie Sie Briefe mit Ausdruck und Stil verfassen Um den Begriff „Stil“ zu erklären, wird oft auf den antiken Ursprung des Wortes zurückgegriffen. In der Antike nämlich benutzten die römischen Geschäftsleute und Anwälte ein im wahrsten Wortsinne „einprägsames“ Mittel, um sich Notizen zu machen. Sie schrieben auf dünne, gerahmte Holztäfelchen, die auf der Vorderseite (innerhalb des Rahmens) mit Wachs überzogen waren. Dazu verwandten sie einen „stilus“, d. h. einen schlanken Stift aus Holz, Silber oder sonstigem Metall. Und da jeder seinen eigenen „stilus“ besaß - und auch seine eigene Art, ihn zu handhaben - erkannte man an seinem Schriftbild sehr bald seinen persönlichen „Stil“. Aber diese Herleitung aus der Wortbedeutung erklärt natürlich längst nicht das Wesentliche des sprachlichen Stils. „Stil“ ist nämlich keineswegs nur Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Schreibers oder Sprechers. „Stil“ ist auch abhängig von der Sache, um die es geht. Über ein Fußballspiel sprechen oder schreiben Sie ganz anders als über ein Kreditgesuch. „Stil“ ändert sich auch je nach dem Anlass, zu dem Sie kommunizieren. Bei Glückwünschen zu einem 70. Geburtstag formulieren Sie förmlicher, festlicher, persönlicher als bei einer letzten Mahnung an einen notorisch säumigen Schuldner. Und natürlich bestimmen auch die Kommunikationspartner die Wahl der brieflichen Stilmittel: Sie selbst und Ihr Adressat. Selbstverständlich drücken Sie sich als Chef und Repräsentant eines Unternehmens anders aus, als wenn einer Ihrer Sachbearbeiter die Geschäftskorrespondenz unterzeichnet. Und natürlich machen sich die Persönlichkeit Ihres Briefpartners und Ihre sozialen Beziehungen zu ihm stilistisch bemerkbar. Im Brief an einen Ihnen unbekannten Minister drücken Sie sich stilistisch förmlicher aus als im schriftlichen Gruß an einen alten Geschäftspartner und Duzfreund. „Stil“ meint also ein komplexes Ausdrucksmuster für differenzierte sprachliche Varietäten, ein subtiles Instrument, mit dem Sie je nach Sache, Anlass und Kommunikationssituation fein unterschiedene Botschaften aussenden können. Lernen Sie, souverän auf dieser Klaviatur zu spielen! Bei der Frage nach der Satzlänge beachten Sie bitte immer: Ein kurzer Satz ist leichter zu überblicken und zu behalten als ein langer, verschachtelter. Beispiel 1: „Ich kam, ich sah, ich siegte.“ (Julius Caesar) Beispiel 2: „Es gibt viel zu tun - packen wir's an.“ (Esso) Beispiel 3: „Frag nicht, was dein Land für dich tun kann, frag, was du für dein Land tun kannst!“ (John F. Kennedy) Alle drei Sätze haben Stil, sind gut formuliert, leicht zu begreifen, einprägsam. Die Deutsche Presseagentur (dpa) versorgt die Medien in Deutschland rund um die Uhr mit Informationen. Für die „Macher“ der Nachrichtenagentur markiert ein Satz mit neun Wörtern die Obergrenze optimaler Verständlichkeit. Sätze mit maximal neun Wörtern sind sehr einfach zu verstehen - unter der Voraussetzung, dass sie gut und klar formuliert sind. Eine konzentrierte Ladung Anglizismen - bei deutschen Managern ach so beliebt! - bleibt einem Außenstehenden auch bei weniger als neun Wörtern unverständlich. Mit ihrem englisch-amerikanischen Kauderwelsch praktizieren Führungskräfte, was sie auf deutschen Universitäten kennen gelernt haben: Ein Wissenschaftler, der eine schwierige Sache verständlich ausdrückt, läuft bei uns Gefahr, von seinen Kollegen nicht ernst genommen zu werden. In den angelsächsischen Ländern ist es genau umgekehrt: Wer sich nicht allgemeinverständlich artikulieren kann, wird nicht ernst genommen. Den deutschen Managern empfehlen wir, von den Engländern und Amerikanern zu lernen. · Sätze mit bis zu neun Wörtern sind nach dpa optimal zu verstehen. · Durchschnittliche Satzlänge in der „Bild“: zwölf Wörter. · „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ (WAZ): 18 Wörter. · 20 Wörter: Obergrenze des Erwünschten für einen dpa-Satz. · 30 Wörter: Obergrenze des Erlaubten für einen dpa-Satz. Wie Sie zu kurzen Sätzen kommen, ist leicht gesagt: durch Aufteilen langer Sätze und durch Wegstreichen! „Wat jestrichen is, kann nich durchfallen!“ sagte der berühmte Berliner Regisseur und Intendant Otto Brahm (1856-1912). Versuchen Sie einmal, einen Text zu kürzen. Es gelingt Ihnen vielleicht nicht auf Anhieb, aber mit etwas Training werden auch Sie zu einem guten Redakteur oder Lektor. Nehmen Sie doch einfach den letzten Satz, den Sie gerade gelesen haben. Zerlegen Sie ihn und kürzen Sie ihn. Hier das Ergebnis: „Es gelingt nicht sofort, aber mit etwas Training.“ Damit haben Sie aus einem Satz mit 20 Wörtern (Obergrenze des Erwünschten) einen Satz mit acht Wörtern gemacht. Die vier Kriterien der Textverständlichkeit sind Kürze, Einfachheit, Übersichtlichkeit und Anregung. Offenbar kann es an ganz unterschiedlichen Dingen liegen, wenn Texte schwer zu verstehen sind, z. B.: · an komplizierten sachlichen Informationen, Zahlen, Formeln, · an sehr langen Sätzen, an komplexen Satzstrukturen (z. B. in andere Sätze eingeschobene Sätze), · an langen Komposita, · an seltenen Wörtern, Fremdwörtern, Fachtermini, · an allgemeinen oder mehrdeutigen Formulierungen (z. B. „Sache“, „Bezug“, „Leitung“) · oder an Wörtern mit unklarem Textbezug (z. B. „insofern“, „diesbezüglich“). Umgekehrt lassen sich natürlich die Textqualitäten herausarbeiten, die zum Verständnis beitragen. Eine sehr vereinfachte Fassung solcher Regeln ist in der Praxis als „Hamburger Verständlichkeitskonzept“ verbreitet. Es werden für Verständlichkeit vier Texteigenschaften empfohlen: 1. Einfachheit 2. Gliederung/Ordnung 3. Kürze/Prägnanz 4. Anregende Zusätze Neben Kürze und Einfachheit finden Sie hier zwei weitere Kriterien: Gliederung und Anregung. Die Forderung nach übersichtlicher Gliederung versteht sich bei einem Geschäftsbrief von selbst. Die Forderung nach Anregung bedarf einer kurzen Erläuterung. Gemeint sind damit sprachliche Zusätze, die den Leser persönlich ansprechen, ihn interessieren, ihn unterhaltend „bei der Stange halten“, z. B.: · namentliche Anrede („Sie“, „Herr Meier“), · persönliche Nennung des Schreibers („ich“, „wir von der Firma“), · wörtliche Rede, · kurze bildliche Vergleiche und Beispiele · oder Ausrufe bzw. Fragen. Drei Beispiele: · Wenn Sie unser Sonderangebot nutzen, sparen Sie 50 Prozent! · Unsere Redaktion rät: Die „Hamlet“-Inszenierung in Bonn ist eine Reise wert! · Bei der „Master und Muster AG“ erhalten Sie 14 Monatsgehälter im Jahr. Bevor Sie Ihren Brief konzipieren, gilt es, Informationen zusammenzutragen, Ideen aufzufinden und Argumente zurechtzulegen. Bei Bedarf müssen Sie auch juristische Bezüge zur Hand haben, Vergleichsbeispiele suchen sowie Zitate oder Anekdoten für den Einstieg recherchieren. Diese Etappe der Stoffsammlung wurde in der antiken Rhetorik im Bereich der „Tropik“ systematisch und methodisch gelehrt. Moderne Nachahmer dieser Technik sprechen eher von „Brainstorming“ oder von Kreativtechniken wie „Mind-mapping“ (Tony Buzan) und „Cluster-Methode“ (Gabriele L. Rico). Wer sich bei der Vorbereitung von Briefen und Reden dieser beiden Methoden bedient, arbeitet mit Assoziationen, aus denen ein graphisch darstellbares Netz von Ideen erwächst. Bereits nach wenigen Minuten haben Sie eine Vielzahl von Ideen und Verknüpfungen vor Augen. Wenn Sie sich abschließend noch einmal vergewissern wollen, was guter Briefstil ist, dann sollten Sie sich auch darüber klar werden, was guter Stil nicht ist. E. B. White empfiehlt, beim Schreiben auf alles zu verzichten, „wovon die Leute meinen, es kennzeichne den Stil: (...) Manierismen, Ausschmückungen und Tricks. Stil entsteht durch Klarheit, Einfachheit, Aufrichtigkeit und Ordnung“. Sehen wir einmal davon ab, dass White unter den Kriterien, die er im zweiten Satz anführt, die Anregungen bzw. den Nutzen nicht erwähnt, aber dafür den Begriff der Aufrichtigkeit einführt. Konzentrieren wir uns stattdessen auf den ersten Satz. Weg mit Floskeln und geschwollenen Höflichkeits- oder Demutsbezeugungen wie: · · „Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom“ „Beiliegend erhalten Sie ... in vorbezeichneter Sache“ · “zuständigkeitshalber” · „in Anbetracht ... sehen wir uns leider gezwungen“ · „Entgegenkommenderweise gewähren wir Ihnen“ · „erlauben wir uns, Ihnen diesbezüglich mitzuteilen“ · „freuen wir uns, Ihnen gedient zu haben“ · „bedanken wir uns im Voraus für Ihre Mühewaltung“ · „reichen wir Ihnen Ihre Unterlagen zu unserer Entlastung zurück“ · „ersuchen wir um Mitteilung, welche Unterlagen Sie fernerhin benötigen“ · „wird absprachegemäß von Ihrem Konto XYZ abgebucht“ · „Mit vorzüglicher Hochachtung“ · „Mit freundlichen Grüßen auch an Ihre Frau Gemahlin“ Machen Sie Ihre Korrespondenz lebendiger, persönlicher, individueller, kreativer. Ihre Kreativtechnik funktioniert? Sie haben Ideen, die dem Adressaten Nutzen/Anregung versprechen? Sie sprechen „seine“ Sprache? Die vernünftige Gliederung steht? Sie schreiben nur das, was Ihre Überzeugung oder Ihr Informationsstand ist? Dann bleibt für die Formulierung der Sätze nur noch wenig zu beachten. Sie brauchen sich bloß sieben Punkte zu merken: · Schachtelsätze auflösen („Hauptsätze, Hauptsätze, Hauptsätze“ riet Kurt Tucholsky) · Inhaltliche und wörtliche Wiederholungen wegstreichen · Textzusammenhänge beachten (Nicht zwischen Themen und Gesichtspunkten hin- und herspringen, sondern dem „roten Faden“ folgen!) · Angemessen formulieren (Stellen Sie sich stilistisch auf die Sache und den Anlass ein; drücken Sie sich aber auch so aus, wie es für die Erwartungen Ihres Adressaten und für Ihre eigene Persönlichkeit adäquat ist!) · Den zutreffenden und verständlichen Ausdruck finden (Versuchen Sie, für jede Sache das treffende Wort zu finden!) · Überflüssiges fortlassen (Verzichten Sie auf unnötiges sprachliches Beiwerk!) · Kreativ und gefällig schreiben (Ihr Schreiben soll nicht klingen wie ein Computer-Brief, den man täglich mehrfach erhält. Versuchen Sie, persönlich zu variieren. Ihr Geschäftspartner soll Freude bei der Lektüre Ihres Briefes haben.) Kurt Tucholsky erzählt: Als Georges Clemenceau noch nicht Ministerpräsident Frankreichs war, sondern Zeitungsverleger, kam ein Assistent zu ihm und sagte: „Ich möchte Journalist werden, Monsieur! Glauben Sie, dass ich Talent dazu habe?“ – „Jeder kann schreiben“, sagte der Verleger. „Machen Sie kurze Sätze: Subjekt, Prädikat, Objekt.“ Pause. „Und wenn Sie einmal ein Adjektiv oder ein Adverb schreiben wollen, kommen Sie zu mir in den dritten Stock und fragen, ob es nötig ist!“ Natürlich wollte der junge Volontär nicht dauernd Treppen steigen! Das Ergebnis waren knapp formulierte Texte ohne zeilenschindende Füllsel. Dasselbe gilt für Ihre Geschäftskorrespondenz: Verwenden Sie Adjektive, Adverbien, Relativsätze usw. nur dann, wenn Sie zusätzliche Informationen übermitteln oder treffende Nuancen ausdrücken wollen! Friedhelm Franken: Die 500 besten Geschäftsbriefe, © 1997 verlag moderne industrie, Landsberg/Lech Marketing X I I I G E S C H Ä F T S B R I E F A L S R E C H T L I C H E S I N S T R U M E N T XIII G E S C H Ä F T S B R I E F A L S R E C H T L I C H E S I N S T R U M E N T 1 Normen für Inhalt und Gestaltung Das Deutsche Institut für Normung e.V. empfiehlt für Briefbögen Kriterien, an die Sie sich halten sollten. Damit stellen Sie sicher, dass die maschinelle Bearbeitung Ihrer Schriftstücke reibungslos funktioniert. Und so gewährleisten Sie, dass beispielsweise bei Fensterumschlägen die vollständige Anschrift des Empfängers und Ihr eigener Absender komplett im Fenster des Briefumschlags erscheinen. DIN 676 widmet sich dem Inhalt. Demnach sollte Ihr Briefbogen inhaltlich sechs Elemente enthalten: · Briefkopf: Soll den Namen und (falls vorhanden) das Firmenlogo Ihres Unternehmens enthalten. Ihre Anschrift und Telefonnummer dürfen (aber müssen nicht) im Briefkopf auftauchen. · Absender: Der Empfänger soll nicht erst Adressbücher wälzen müssen, um Ihre Firmenanschrift herauszufinden. Deshalb sollte sie gut erkennbar oben oder unten auf dem Briefbogen stehen. · Adressat: Dass die Anschrift des Empfängers auf den Briefbogen gehört, versteht sich von selbst. · Raum für Eingangs- und gegebenenfalls Bearbeitungsvermerke: Bei Privatschreiben käme niemand auf die Idee, Raum für Bearbeitungsvermerke zu lassen. Auf einem Geschäftsbriefbogen aber macht das Sinn. Der geschäftliche oder behördliche Adressat wird Ihren Brief mit einem Eingangsstempel versehen. Und die Poststelle des Unternehmens, der Bank oder Behörde wird Ihr Schreiben an die zuständigen Bearbeiter im eigenen Haus weiterleiten. Dafür muss Freiraum auf dem Briefbogen vorhanden sein gegebenenfalls auch für weitere Bearbeitungsvermerke. · Leitworte/Bezugszeile: Es ist sinnvoll, gleich zu Anfang des Briefes dem Adressaten ein Stichwort zu geben, worum es geht, einen Bezugsvorgang zu benennen (sofern es einen solchen gibt), den Namen des Bearbeiters anzugeben, dessen Telefonnummer (Durchwahl) und gegebenenfalls Faxnummer (Durchwahl) für Rückfragen mitzuteilen, und das Schreiben zu datieren. (Gerade das Datum wird oft vergessen!) Die Angabe eines Geschäftszeichens (bei Behörden: „Aktenzeichen“) erleichtert Ihnen die Übersicht über Ihre Korrespondenz. Die Leitworte (z. B. „Datum“) können Sie vordrucken lassen und individuell ergänzen. · Angaben zum Unternehmen: Auf den ordentlichen Geschäftsbriefbogen gehören auch die Angaben, die das Handelsrecht etc. verlangen, ferner Ihre Kontoverbindungen. Beim zeitgemäßen Unternehmen prangen auch E-Mail-Adresse und/oder Online-Anschluss auf dem Briefbogen. Während DIN 676 regelt, was inhaltlich auf einen Geschäftsbriefbogen gehört, regelt DIN 5008 die maschinenschriftlich korrekte Gestaltung: · Die systematische - und damit auf allen Geschäftsbriefbögen wiederkehrende - Gestaltung erspart Ihnen als Absender (und Ihren Mitarbeitern) Zeit und Kraft. · Die leichte Lesbarkeit erleichtert dem Empfänger die Informationsverarbeitung. Wenn er häufiger Post von Ihrer Firma erhält, weiß er - dank einheitlicher Gestaltung – auch gleich, wo auf Ihrem Briefbogen die wesentlichen Informationen stehen. Er kennt sich aus mit Ihrer Korrespondenz. Er kann direkt erkennen, wer der Bearbeiter ist, wo die Telefonoder Kontonummer steht etc., ohne lange suchen zu müssen. Dabei sind folgende Dinge zu beachten hinsichtlich von: · Anschrift/Datum/Betreff: Die Verwendbarkeit für Fensterumschläge verlangt, die Empfängeradresse so zu platzieren, dass sie vollständig in das Fenster passt. Acht Zeilen stehen maximal zur Verfügung - sonst fällt sie aus dem Rahmen. Die Leitworte/Bezugszeichen und das Datum stehen so weit unter der Adresse des Empfängers, dass sie nicht mehr im Fenster sichtbar werden. Sofern die Leitworte vorgedruckt werden, folgen die individuellen Angaben in der Zeile darunter, also ohne Abstand. Zwei Leerzeilen trennen die individuellen Angaben vom fett gedruckten Betreff, ohne dass im modernen Geschäftsbrief das Wort „Betreff“ noch auftauchen würde. · Anrede/Einstieg/Kern/Schluss: Zwei Leerzeilen trennen die Anrede („Sehr geehrter Herr Müller“) von der Betreffzeile. Eine Leerzeile Abstand hat der Brieftext. Eine Leerzeile trennt die Absätze voneinander. · Grußformel/Unterschrift: Eine Leerzeile trennt die Grußformel („Mit freundlichen Grüßen“) vom letzten Absatz. Folgt unter der Grußformel noch der Firmenname und darunter das die Vertretung anzeigende Kürzel („i.A.“, „i.V.“ oder „ppa.“), so werden diese Angaben nicht durch Leerzeilen getrennt. Drei Leerzeilen Raum sind für die Unterschrift vorzusehen. Eine Zeile (unter der handschriftlichen Unterschrift) genügt in der Regel für den Namen des Unterzeichners und gegebenenfalls zusätzlich seine Funktionsbezeichnung (z. B. „Personalleiterin“). Insgesamt dürfen diese Angaben bis zu drei Zeilen beanspruchen. Drei Leerzeilen trennen den Hinweis auf die Anlage(n) von der Unterschrift/Funktionsbezeichnung. 2 Gesetzliche Vorschriften Schließlich gibt es gesetzlich genau geregelte Vorschriften für die Angaben auf Geschäftsbriefen. Was jeweils gilt, ist von der Rechtsform Ihrer Firma abhängig. Nach § 80 Aktiengesetz etwa müssen Geschäftsbriefbögen von Aktiengesellschaften präzise Angaben enthalten über: · die Rechtsform der Gesellschaft, · den Sitz der Gesellschaft, · das Registergericht des Sitzes der Gesellschaft und die Nummer, unter der die Gesellschaft im Handelsregister eingetragen ist, · alle Vorstandsmitglieder und den Vorsitzenden des Aufsichtsrats mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen. Der Vorsitzende des Vorstands ist als solcher zu bezeichnen. Angaben über das Kapital der Gesellschaft sind hingegen auf dem Briefbogen nicht erforderlich. Werden sie aber - aus welchen Gründen auch immer - gemacht, so müssen Sie das Grundkapital sowie, falls auf die Aktien der Nennbetrag oder der höhere Ausgabebetrag nicht völlig eingezahlt ist, auch den Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen angeben. Nach § 35a GmbH-Gesetz hat der Geschäftsbriefbogen der GmbH Angaben zu enthalten über: · die Rechtsform der Gesellschaft, · den Sitz der Gesellschaft, · das Registergericht der Gesellschaft und die HRB-Nummer, unter der die Gesellschaft im Handelsregister eingetragen ist, · alle Geschäftsführer und, falls die Gesellschaft einen Aufsichtsrat gebildet und dieser einen Vorsitzenden hat, den AR-Vorsitzenden mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen. Angaben über die Kapitalausstattung sind nicht erforderlich. Werden sie aber gemacht, müssen Sie das Stammkapital angeben sowie, wenn nicht alle in Geld zu leistenden Einlagen eingezahlt sind, den Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen. Gemäß § 125a Handelsgesetzbuch (HGB) gelten für Geschäftsbriefe von GmbH & Co. KG sowie von GmbH & Co. OHG ähnliche Bestimmungen wie für die GmbH: „Bei einer Gesellschaft, bei der kein Gesellschafter eine natürliche Person ist, müssen auf allen Geschäftsbriefen, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet werden“ angegeben werden: · die Rechtsform der Gesellschaft, · der Sitz der Gesellschaft, · das Registergericht des Sitzes der Gesellschaft und die Nummer, unter der die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist, · die Firmen der Gesellschafter, für die Sie wiederum die nach § 80 Aktiengesetz bzw. nach § 35a GmbH-Gesetz erforderlichen Angaben machen müssen. Gehört zu den Gesellschaftern der Gesellschaft eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, sind die oben genannten Angaben auf dem Briefbogen nicht erforderlich. Kommanditgesellschaften(KG) und Offenen Handelsgesellschaften(OHG) mit jeweils ausschließlich natürlichen Personen als persönlich haftenden Gesellschaftern schreibt der deutsche Gesetzgeber keine besonderen Angaben für den Geschäftsbrief vor - außer Namen und Anschrift Sind Sie Einzelunternehmer oder bilden mit anderen natürlichen Personen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR oder BGB-Gesellschaft) und sind als solche(r) nicht im Handelsregister eingetragen, brauchen Sie ebenfalls keine besonderen gesetzlichen Vorschriften für Ihre Geschäftsbriefe zu beachten. Allerdings folgt aus § 18 HGB (Handelsgesetzbuch) die Verpflichtung, dass aus dem Briefbogen stets Ihr Name (und letztlich auch Ihre Anschrift) ersichtlich sind. „Ein Kaufmann, der sein Geschäft ohne Gesellschafter oder nur mit einem stillen Gesellschafter betreibt, hat seinen Familiennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen als Firma zu führen.“ Dabei sollten Sie beachten, dass der Firma, d. h. der Namensbezeichnung, kein Zusatz beigefügt werden darf, der ein Gesellschaftsverhältnis andeutet oder sonst geeignet ist, eine Täuschung über die Art des Geschäftes, den Geschäftsumfang oder die Verhältnisse des Geschäftsinhabers herbeizuführen. Der deutsche Gesetzgeber bindet Sie nur inhaltlich, nicht gestalterisch. Wo die jeweiligen Angaben auf Ihrem Briefbogen erscheinen, ist in Deutschland nicht vorgeschrieben. Insofern haben Sie und Ihr Graphikbüro durchaus Gestaltungsfreiheit, ganz gleich welche Rechtsform Ihre Firma besitzt. Beispielsweise brauchen weder der handelsregisterlich eingetragene Firmenwortlaut noch die Telefonnummern im Briefkopf zu erscheinen; es genügt, wenn sie unter „ferner liefen“ in der Fußleiste auftauchen. Hauptsache sie sind vorhanden! Je nach Anlass sind Sie zwar in Gestaltung Ihrer Geschäftsbriefe frei, nicht aber frei in der Entscheidung, ob Sie beispielsweise zum Telefon greifen oder sich der Schriftform bedienen. Es kann auch dann, wenn es nicht juristisch zwingend ist, von Vorteil sein, etwas schriftlich niederzulegen: Sei es ein Angebot, sei es eine zuvor getroffene mündliche Vereinbarung. Johann Wolfgang von Goethes Satz „Denn was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen“ ist in unserer streitsüchtigen und prozesswütigen Zeit leider mindestens so beherzigenswert wie vor 200 Jahren. So sind beispielsweise Abmahnungen oder Kündigungen grundsätzlich auch dann wirksam, wenn sie mündlich ausgesprochen werden. Gleichwohl ist in solchen Fällen die Schriftform aus Beweisgründen zur Vorbeugung späterer Streitigkeiten unbedingt empfehlenswert. 3 Unterschrift Hat Ihre Firma eine bestimmte Größe erreicht, kann die Person an der Spitze nicht mehr jeden Brief selbst abzeichnen. Sie muss diese Aufgabe also delegieren und wird Anweisungen geben, welcher Mitarbeiter in seiner Firma hinfort was abzeichnen darf. Sind Sie dieser Mann (oder diese Frau) und stehen Sie gerade vor dieser Entscheidung, werden Sie die drei Stufen der Zeichnungsberechtigung interessieren. Achtung: Willenserklärungen, die ein bevollmächtigter Mitarbeiter abgibt, binden den Vollmachtgeber; aber auch ohne Vollmacht abgegebene Erklärungen eines Mitarbeiters auf Firmenpapier können seine Firma binden (Rechtssicherheit!). Die unterste Stufe ist die Auftragsvollmacht „i.A.“ Wer bevollmächtigt wird, „im Auftrag“ seiner Firma zu schreiben, der darf einen Geschäftsbrief unterschreiben und nach außen leiten. Er schreibt dann namens seines Unternehmens. Der Adressat wird sich darauf berufen, wenn es zu Streitigkeiten kommt. Diese Art der Zeichnungsvollmacht erhält in der Regel ein Sachbearbeiter für seinen engeren Arbeitsbereich. Gesetzliche Vorschriften gibt es hierfür nicht. Legen Sie im Zweifel intern fest, welche Schreiben „i.A.“ abgezeichnet werden dürfen und welche nicht. Nehmen Sie für diese Zeichnungsvollmacht am besten den Schriftverkehr aus, der Rechtsverbindlichkeiten schafft. Die mittlere Stufe ist die Handlungsvollmacht „i.V.“. Typischerweise dürfen Abteilungs- und Gruppenleiter „i.V.“ („in Vertretung“) unterzeichnen. Diese Form der Bevollmächtigung wird nicht ins Handelsregister eingetragen. In § 54 des Handelsgesetzbuchs ist die Handlungsvollmacht hinsichtlich ihrer Verbindlichkeit nach außen geregelt. Solange ein(e) Mitarbeiter(in) uneingeschränkt „in Vertretung“ unterzeichnen darf, besitzt er (sie) die Kompetenz zur rechtsverbindlichen Korrespondenz in allen Handlungen und Geschäften, für die er (sie) angestellt wurde. Beschränkungen können jederzeit vereinbart werden, sind aber für den Außenstehenden nur wirksam, wenn sie ihm bekannt sind oder bekannt sein mussten. (Bekannt sein muss, dass die Handlungsvollmacht nicht berechtigt zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, zur Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, zur Aufnahme von Darlehen und zur Prozessführung, es sei denn, diese Befugnis wird dem Bevollmächtigten eigens erteilt.) Die Handlungsvollmacht kann jederzeit widerrufen werden. Die Vorschriften des § 54 HGB finden auch auf so genannte Abschlussvertreter Anwendung, deren Vollmacht lediglich auf den Abschluss bestimmter Geschäfte begrenzt ist. Die Prokura ist die höchste Stufe der Unterschriftsberechtigung und wird auf dem Geschäftsbrief mit dem Kürzel „ppa.“ vermerkt. Sie kann nur von einem Vollkaufmann an natürliche Personen erteilt werden und ist ins Handelsregister einzutragen. Sie kann im Innenverhältnis beschränkt werden, im Außenverhältnis aber nicht. (Dem Prokuristen kann beispielsweise untersagt werden, für die Firma Darlehen bei einer Bank aufzunehmen. Hält er sich aber nicht daran, kann die Firma zwar den Prokuristen verklagen und haftbar machen, der Darlehensvertrag mit dem Geldinstitut aber ist rechtsgültig.) Sie kann jederzeit widerrufen werden. (Der Widerruf sollte ins Handelsregister eingetragen werden, um Haftungsproblemen vorzubeugen, falls der Exprokurist weiter im Namen des Unternehmens handelt.) Die Einzelheiten regeln die §§ 48-53 des Handelsgesetzbuches (HGB). Was für viele Menschen selbstverständlich ist - die alleinige Unterschrift am Ende eines Briefes - ist für deutsche Großunternehmen keineswegs normal. Bei der Bayer AG etwa mussten jahrzehntelang stets zwei Mitarbeiter ihren Namen unter die Korrespondenz setzen. Seither ist im „Tagesgeschäft“ (dazu zählen z. B. Kauf- und Lieferverträge oder der Versand von Preislisten und Informationsmaterial) alles anders. Das kontrollierende System der Doppelunterschrift wurde abgeschafft. Gleichzeitig wurde die Zahl der Unterschriftsbevollmächtigten verfünffacht. Statt circa 2.000 gibt es nun rund 10.000 Unterschriftsberechtigte. Dabei legen die Vorgesetzten fest, für welchen Vorgang und bis zu welchem Betrag ihre Mitarbeiter eigenständig zeichnen dürfen. Das alles ist eine Konsequenz aus dem Versuch, das Unternehmen schlanker zu machen. Schon zwei Jahre zuvor hatte der Chemiegigant Bayer drei Hierarchiestufen abgeschafft. Die Verringerung des organisatorischen Oberbaus gab und gibt dem Einzelnen mehr Kompetenzen. Was können Sie davon lernen? Ob sich auch Ihre Geschäftskorrespondenz auf dem Weg über eine neue Unterschriftsberechtigung beschleunigen lässt, können natürlich nur Sie selbst beurteilen. Die Bayer AG jedenfalls schlägt mit dieser Regelung gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe: · Sie macht dem Empfänger die Projektverantwortung und Zuständigkeit deutlich. · Sie beschleunigt die Kommunikationsströme getreu dem Lehrsatz, dass heute nicht mehr die Großen die Kleinen besiegen, sondern die Schnellen die Langsamen. · Sie berücksichtigt das gewandelte Kommunikationsumfeld, in dem sich ein international operierendes Unternehmen heute bewegt. E-Mail, Internet und Fax erfordern unkomplizierte Kommunikationsformen. Die erweiterte Unterschriftenregelung bei der Bayer AG beinhaltet: · Die Einzelunterschrift durch den Autor: Wer eine Handlungsvollmacht von seiner Unternehmensbereichsleitung erteilt bekommen hat und innerhalb seines Funktionsgebietes Autor eines Schriftstücks ist, darf und muss dies grundsätzlich auch verantwortlich allein unterzeichnen. · Die Mitzeichnung: Eine Mitzeichnung (Doppelunterschrift) ist nur erforderlich bei Vorfällen, die außerhalb des funktionsgebundenen Tagesgeschäfts und den dazu gegebenenfalls von der Unternehmensbereichsleitung (zusätzlich) angegebenen Kriterien liegen. Die Mitzeichnung erfolgt in diesen Fällen durch einen Prokuristen. Der Autor unterzeichnet unverändert rechts. Darüber hinausgehende Ausnahmen gelten nur im formalen Rechtsverkehr und bei protokollarischer Rücksichtnahme. · Die Unterzeichnungsformel: Jede Zeichnung für das Unternehmen enthält als Elemente eine Grußformel, mit Maschinenschrift den Firmennamen, handschriftlich oder in Maschinenschrift das „i.V.“, die handschriftliche Unterschrift sowie den Namen des Unterzeichneten und die Funktionsbezeichnung in Maschinenschrift. Soweit es sich um die Kategorie einfacher Erklärungen (Gratulationen, Danksagungen, Terminbestätigungen) handelt, wird ohne den Firmennamen und das die Vertretung anzeigende Kürzel gezeichnet. In diesem Bereich kann die Unterschrift auch an Unterbevollmächtigte (z. B. Sekretärin) delegiert werden. Doppelunterschrift und Mitzeichnungspflicht des Prokuristen sind also in diesem Unternehmen nicht abgeschafft, existieren aber nur noch für Vorgänge, die aus dem üblichen Tagesgeschäft herausfallen oder in die Kategorie „formaler Rechtsverkehr“ gehören, z. B. Bank- oder Grundstücksgeschäfte, arbeits- und mietrechtliche Kündigungen. Friedhelm Franken: Die 500 besten Geschäftsbriefe, © 1997 verlag moderne industrie, Landsberg/Lech Marketing X I V B R I E F E A L S A U S D R U C K D E R U N T E R N E H M E N S K U L T U R XIV B R I E F E A L S A U S D R U C K D E R U N T E R N E H M E N S K U L T U R Wie zur Wirkung aller anderen beruflichen Schreiben und Firmenschriften, so gehört auch zur Wirkung von Geschäftsbriefen nicht nur die Wahl der Worte, sondern auch die richtige Aufmachung. Wichtig hierbei ist ein einheitliches Erscheinungsbild, das mit anderen Arten der Firmenrepräsentation (Briefbögen, Briefumschlägen, Rechnungsformularen, Mahnungen, Angeboten, Visitenkarten, Geschäftsberichten, Anzeigen, Prospekten, Hausmitteilungen, Hauszeitschriften etc.) übereinstimmen sollte. 1 Orientierung am Empfänger Einen Geschäftsbrief nur vom eigenen Standpunkt aus zu planen und zu texten, ist ein Fehler. Wie bei einer Rede gilt auch für einen Brief, der gut ankommen soll, das Sprichwort „Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler“. Versetzen Sie sich dabei auch in die Lage Ihres Adressaten und richten Sie sich nach seinen Wünschen an Ihr Unternehmen. 2 Fünf Tipps für die Adressaten-Orientierung Der Empfänger Ihres Briefes soll spüren, dass · seine Lage verstanden wird, · es um seine Interessen und Wünsche geht (zumindest gleichrangig um Ihre und seine Interessen, so dass beide Seiten zu ihrem Recht kommen), · er als Person respektiert und höflich behandelt wird, · seine Fragen ernst genommen und angemessen beantwortet werden, · er nützliche Information und individuelle Beratung erhält. Daraus folgt, dass Sie alles, was möglich ist, nicht aus Ihrer Sicht („wir“ / „ich“), sondern aus der Empfängersicht („Ihr“ / „Sie“) formulieren sollten. Nicht gut sind deshalb Formulierungen wie „Ich mache deshalb folgenden Vorschlag“, „Wir machen Ihnen ein Angebot“ oder „Hier ist unser Angebot“. Besser sind Formulierungen wie „Was halten Sie von folgendem Vorschlag?“, „Sie haben um ein Angebot gebeten“ oder „Dies ist unser Angebot für Sie“ bzw. „Sie können wählen zwischen ...“. Bei den vorgeschlagenen Formulierungen merkt der Empfänger, dass · er individuell informiert und beraten wird, · seine Wünsche und Interessen im Mittelpunkt stehen und · Sie seine Fragen präzise beantworten. Schreiben Sie so, dass Sie von Ihrem Adressaten verstanden werden: · Wenn Sie mit einem Fachmann korrespondieren, ist die Fachsprache angemessen. · Wenn Sie sich an einen Laien wenden, durchdenken Sie komplizierte Sachverhalte so lange, bis Sie sie einfach darstellen können. Vermeiden Sie Ausdrücke, die dem anderen unbekannt sind. Wenn Fachbegriffe unverzichtbar sind, erläutern Sie sie: Bilden Sie Parallelen zu solchen Formulierungen und Erfahrungen, die dem anderen bekannt sind. 3 Brief versus Telefon, Telefax, E-Mail und Internet Trotz der schnelleren modernen Kommunikationsformen Telefon, Telefax, E-Mail und Internet kann in bestimmten Situationen auf den Geschäftsbrief nicht verzichtet werden. In vielen Fällen ist es sinnvoll, sich zunächst eines sehr schnellen Mediums zu bedienen (oft völlig formlos, was Ihnen, wo es um Tempo geht, in aller Regel nachgesehen wird), um dann mit dem langsameren, aber kultivierteren, seriöseren, stilvolleren Instrument des Geschäftsbriefes dem Vorgang nachträglich · Stil und Unternehmenskultur zu verleihen, · sprachlich, sachlich und adressatengerecht Angemessenheit zu geben, · die vorgeschriebene Rechtsverbindlichkeit herzustellen. Friedhelm Franken: Die 500 besten Geschäftsbriefe, © 1997 verlag moderne industrie, Landsberg/Lech