Grundlagen des Marketing

Werbung
Markt- und Kundenbeziehungen
1
Definition „Markt“
Unter einem Markt versteht man den Ort des Zusammentreffens von Angebot und Nachfrage.
Angebot
Nachfrage
Markt
Merke:
Jedes Gut hat einen Markt!
Materielle Güter werden auf Sachgütermärkten und immaterielle Güter auf Märkten für
Dienstleistungen und Rechte angeboten und/oder nachgefragt.
Beispiele:
Obst- und Gemüsemarkt (Wochenmarkt), Wertpapiermarkt (Börsen), Immobilienmarkt, Arbeitsmarkt
2
Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt
Verkäufermarkt: Die Verkäufer (=Anbieter) beherrschen den Markt und können Preise/Bedingungen
festsetzen.
Angebot < Nachfrage
Beispiele:
In Krisenzeiten (z. B. Kriegs- und Nachkriegszeiten, in Ländern der Dritten Welt,
nach Naturkatastrophen
Käufermarkt:
3
Höhere Marktmacht besitzen die Käufer (= Nachfrager).
Bei der Vielzahl von Anbietern ist der Kunde „König“.
Angebot > Nachfrage
Beispiele:
Märkte für Massengüter
Internationalisierung der Konkurrenz
Heute:
l Globaler (weltweiter), internationaler Wettbewerb
l Intensiver Wettbewerb bei marktgängigen Produkten
Konsequenzen:
l Durchsetzen gegenüber den Mitbewerbern
l Eigene Wettbewerbsvorteile schaffen und am Markt durchsetzen
(z. B. hohe Qualität zu einem günstigen Preis, Image)
l Durch Exporte neue Märkte erschließen
l Größeres Angebot
l Niedrigere Preise
l Weltweiter Service
Helmut Preis
Anbieter
Nachfrager
1
Markt- und Kundenbeziehungen
4
Veränderung des Kaufverhaltens
l Wandel der Bedürfnisse (Wünsche), d. h. Streben nach höheren Kategorien von Bedürfnissen:
(Existenzbedürfnisse ¢ Kulturbedürfnisse ¢ Luxusbedürfnisse)
l Die Ansprüche steigen oder ändern sich (z. B. Freizeit)
l Kürzere Produktlebenszyklen:
Umsatz
Einführung Wachstum Reife Sättigung Degeneration
Zeit
5
Marktformenschema
Anzahl der Nachfrager
Viele
Anzahl der Anbieter
Viele
Wenige
Einer
Vollständige
Konkurrenz
(= Polypol)
Angebotsoligopol
Angebotsmonopol
z. B. Automarkt
z. B. Trinkwasser
Nachfrageoligopol
Zweiseitiges
Oligopol
z. B. Obstverwertung
z. B. Luxusautos
Beschränktes
Angebotsmonopol
Nachfragemonopol
Beschränktes
Nachfragemonopol
z. B. Schuhmarkt
Wenige
Einer
z. B. öffentlicher
Straßenbau
2
z. B. Militärbekleidung
z. B. medizinische
Spezialgeräte
Zweiseitiges
Monopol
z. B. Space Shuttle
Helmut Preis
Markt- und Kundenbeziehungen
6
Nachfragekurve als Summe der individuellen Nachfragen
Merke:
Je höher der Preis, desto niedriger die nachgefragte Menge.
7
Verschiebung von Nachfragekurven
Helmut Preis
3
Markt- und Kundenbeziehungen
8
Marktangebot als Summe der individuellen Angebote
Merke:
Je höher der Preis, desto höher die angebotene Menge.
9
4
Verschiebung der Angebotskurven
Helmut Preis
Markt- und Kundenbeziehungen
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Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage
Helmut Preis
5
Markt- und Kundenbeziehungen
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Märkte abseits des Gleichgewichts:
Angebotsüberschuss
Nachfrageüberschuss
6
Helmut Preis
Markt- und Kundenbeziehungen
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Schlüsselbegriffe des Marketing
13
Austausch zwischen zwei Parteien
14
Einfaches Marketingsystem
Helmut Preis
7
Markt- und Kundenbeziehungen
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Flussdiagramm einer modernen Volkswirtschaft
16
Traditionelle und kundenorientierte Unternehmensphilosophie
8
Helmut Preis
Marketing
I
I
M A R K E T I N G S Y S T E M
M A R K E T I N G S Y S T E M
Marketing ist mehr als Werbung. Marketing ist eine
Unternehmerphilosophie, eine Systematik, mit der Sie Ihr
Unternehmen steuern. Diese Konzeption verlangt von Ihnen,
sämtliche Strategien und Aktionen im Hinblick auf
Marktanforderungen und -potentiale zu prüfen. Bei der
Entwicklung Ihrer Geschäftsidee und Ihrer Marktanalyse
haben Sie sich bereits mit typischen Elementen des Marketing
auseinander gesetzt.
"
P R O D U K T -
U N D
P R O G R A M M P O L I T I K ,
D I S T R I B U T I O N S P O L I T I K ,
S O W I E
P R E I S P O L I T I K
"
K O M M U N I K A T I O N S P O L I T I K
B A U S T E I N E
D E S
M A R K E T I N G
S I N D
D I E
Darauf aufbauend lassen sich vier Bausteine des Marketing
unterscheiden, die zusammen den Marketing-Mix bestimmen:
·
Produkt- und Programmpolitik
·
Distributionspolitik
·
Preispolitik
·
Kommunikationspolitik
Nachfolgend sehen Sie, wie das Marketing in die bisherige
Vorgehensweise und Systematik einzuordnen ist. Ausgehend
von der Produktpolitik, die im Wesentlichen von der
Geschäftsidee, Ihren Kompetenzen, der Marktanalyse und
Ihrem Zukunftskonzept bestimmt wurde, entwickeln Sie Ihre
Preis- und Absatzstrategie. Für die Preispolitik ist - neben der
Preissensibilität des Marktes - Ihre Kostenstruktur als
wesentliche Determinante zu berücksichtigen. Bei der
Distributionspolitik wird die Form des Absatzes nachhaltig
durch Ihre Unternehmensorganisation geprägt.
Jetzt kommt es entscheidend darauf an, die „Trommeln zu
rühren“ und über eine gezielte Kommunikationspolitik Kunden
auf Ihr Produkt bzw. auf Ihre Dienstleistung aufmerksam zu
machen. Wir werden uns deshalb im Rahmen des
Existenzgründer-Marketing im Wesentlichen auf diesen Aspekt
konzentrieren. Hier wird in der nächsten Zeit der größte
Aktionsbedarf für Sie sein.
1
Produkt- und Programmpolitik
Ihre Produkt- und Programmpolitik haben Sie mit der
Entwicklung Ihrer Geschäftsidee und mit der eingehenden
Analyse des Marktes bestimmt. Wenn hier ausschließlich von
Produktpolitik die Rede ist, dann ist damit auch die
Gestaltung und Entwicklung von Dienstleistungen gemeint.
Auch das Angebot eines Beraters, einer Reinigung oder eines
Ingenieurbüros muss fortlaufend analysiert und an die sich
verändernden Marktanforderungen angepasst werden. Auch
Dienstleister müssen ihren Service als ein Produkt verstehen,
das Veränderungen verlangt, um für den Markt dauerhaft
attraktiv zu sein. Im Wesentlichen ist die Produktpolitik aber
auf produzierende Unternehmen beschränkt.
Im Rahmen der Produktpolitik werden als Hauptaufgaben die
Produktgestaltung und die Entscheidung über die
Marktpräsenz unterschieden.
Zur Produktgestaltung sind folgende Aufgaben zu zählen:
·
Funktionaltechnische Entwicklung des Produktkerns
bzw. Bestimmung der Kerndienstleistung
·
Produktdesign
·
Verpackungsgestaltung und Markierung
(Markenpolitik)
Bei der Entscheidung über die Marktpräsenz von Produkten
müssen im Rahmen der Produktpolitik folgende Überlegungen
angestellt werden:
·
Neuprodukteinführung
·
Produktdifferenzierung/Produktvariation
·
Produktvereinheitlichung
·
Produktelimination
Wenn Sie in Zukunft feststellen, dass Ihre Kunden mehr
Service verlangen oder ein besseres Design erwarten, dann
müssen Sie umgehend darauf reagieren und diesen
Mehrwert anbieten. Genau hier liegt die entscheidende
Aufgabe der Produktpolitik: die Gestaltung des Angebots
entsprechend den Bedürfnissen des Marktes. Passen Sie Ihr
Angebot fortlaufend Ihrer Geschäftsidee, der Marktanalyse
und Ihrem Zukunftskonzept an, um mehr Nutzen zu stiften.
2
Distributionspolitik
Bei der Distributionspolitik kommt es für Sie darauf an, die
richtige Form des Absatzes zu definieren. Wir diskutieren die
unterschiedlichen Absatzformen nur in aller Kürze, weil sie
von den individuellen Voraussetzungen der jeweiligen
Branche abhängig sind. Sie müssen entscheiden, welcher
Distributionsweg für Sie und insbesondere für Ihre Kunden
am geeignetsten ist.
Als Gründer haben Sie drei Entscheidungsfelder der
Distributionspolitik zu berücksichtigen:
·
Entscheidung 1: Wie viele Absatzstellen werde ich
wo in welcher Betriebsform einrichten?
·
Entscheidung 2: Welches Marktkanalsystem
(Absatzwege) nutze ich? Verkaufe ich direkt an den
Konsumenten? Gehe ich über den Einzelhandel?
Schalte ich den Großhandel zwischen mir und dem
Einzelhandel ein?
·
Entscheidung 3: Welches physische
Distributionssystem wähle ich? Welche
Transportform wähle ich? Wie organisiere ich den
Transport der Waren?
Die Marketinglehre unterscheidet folgende Absatzformen:
Betriebseigene Verkaufsorgane
·
Verkauf durch Mitglieder der Geschäftsleitung bzw.
den Existenzgründer persönlich
·
Verkauf durch Reisende (Angestellte übernehmen
den Verkauf)
·
Verkauf auf Kundenanfrage
·
Verkauf in Läden
Betriebsfremde Verkaufsorgane
·
Handelsvertreter (selbständige Gewerbetreibende,
denen die ständige Aufgabe übertragen worden ist,
für andere Unternehmen Geschäfte zu vermitteln
oder in deren Namen Geschäfte abzuschließen)
3
·
Kommissionäre
·
Makler
Preispolitik
Nicht Sie bestimmen den Preis Ihrer Produkte, sondern der
Markt diktiert Ihnen, welche Preise Sie durchsetzen können.
Im Rahmen der Marktanalyse haben Sie deshalb Ihren
potentiellen Kunden eine wichtige Frage gestellt: „Wie viel
sind Sie bereit, für das Produkt zu bezahlen?“ Die Antwort
auf diese Frage ist die entscheidende Richtschnur für Ihre
Preispolitik, denn beim Geld hört bekanntlich die Freundschaft
auf. Nur Preise, die vom Markt akzeptiert werden und die
Ihnen gleichzeitig einen befriedigenden Gewinn garantieren,
können eine Basis für eine positive Geschäftsentwicklung
sein. Informieren Sie sich also, wie die Preise in Ihrem Markt
sind, holen Sie Angebote von Mitbewerbern ein, und
versuchen Sie, sich dann gegenüber der Konkurrenz zu
positionieren.
Natürlich spielt bei dem Entscheidungsprozess „Preisfindung“
neben der Nachfragerseite (Ihre Kunden) auch die
Anbieterseite (Ihr Unternehmen) eine wesentliche Rolle.
Damit kommen Sie zu der Frage: „Zu welchen Preisen kann
ich die Leistung erbringen?“ Hierzu haben wir unter der
Überschrift „Die Finanzen“ entsprechende Überlegungen
angestellt. Aus der Gegenüberstellung von anbieterseitiger
Kostensituation und nachfrageseitiger Preisakzeptanz ergibt
sich Ihr Gewinnpotential. Stellen Sie deshalb permanent
Kosten und realisierbare Preise gegenüber, um die
Attraktivität Ihrer Unternehmung zu gewährleisten.
Für Sie als Existenzgründer ist grundsätzlich zu empfehlen, in
Märkte mit einer gesunden Preiskultur einzusteigen. Was
heißt das? Gehen Sie nicht in Märkte, die sich heute durch
einen harten Preiswettbewerb auszeichnen. Preiskämpfe
sind immer mit Verdrängungskonkurrenz verbunden und
erlauben nur minimale Erträge. Doch während der Startphase
sollten Sie über attraktive Erstaufträge eine Grundlage für
Folgeinvestitionen aufbauen. Dies gelingt Ihnen umso
besser, je exklusiver Ihr Angebot ist. Das heißt, je mehr
Einfallsreichtum Sie in Ihre Geschäftsidee und in das Angebot
zusätzlicher Leistungen stecken, um so größer ist Ihr
Differenzierungspotential und die Bereitschaft der Kunden,
einen hohen Preis für ein knappes Gut zu zahlen.
Bedenken Sie: Der Preis ist nur dann heiß, wenn Ihr Angebot
heiß ist.
4
Zeitgemäßes Marketing
Als der Personalcomputer erfunden wurde, sah das Marketing
für dieses exklusive Produkt noch ganz anders aus.
Abgesehen davon, dass den Kunden eine sehr begrenzte
Anzahl an Varianten geboten wurde, so waren auch Preis,
Werbung und Verkauf in keiner Weise mit den heutigen
Marketingstrategien der Anbieter zu vergleichen: Die Preise
waren exorbitant hoch, die Anbieter starteten
Marketingkampagnen, die in Einmaligkeit und Aufwand alles
andere in den Schatten stellten, und für den Vertrieb wurden
exklusive PC-Boutiquen eingerichtet. Auch die Kunden waren
von einem anderen Schlag als heute: vergeistigte
„Bit-und-Byte-Fummler“ oder wagemutige Existenzgründer,
die mit den EDV-technischen Segnungen ihr Büro
organisieren wollten.
Diese Zeiten sind längst vorbei, und das Marketing hat sich
mit ihnen um 180 Grad gedreht. Die Produktvarianten sind
kaum noch zu überschauen - vom Laptop mit
Handy-Anschluss bis zum leistungsfähigen Power-Rechner,
der auf kleinstem Raum ein Rechenzentrum der sechziger
Jahre ersetzt. Verkauft werden die Rechner heute in
Elektro-Supermärkten oder über Katalog-Direktvertrieb. Und
die Kunden? Auch die sehen heute etwas anders aus als die
avantgardistischen Erstnutzer der Startphase: vom
EDV-Leiter, der in modernen Client-Server-Architekturen
Personalcomputer einsetzt, bis zum Familienvater, der endlich
einmal kapieren möchte, was seine Kinder seit Jahren davon
abhält, Hausaufgaben zu machen. Der PC hat ein wildes
Leben durchgemacht. Vom elektronischen Sonderling zum
lebendigen Bestandteil unserer Alltagskultur.
5
Produktlebenszyklus-Konzept
Die Lebensgeschichte des PCs hat Ihnen gezeigt, dass sich
mit der Nachfrage- und Marktsituation auch das Marketing
verändert hat - oder besser: verändern musste. Die
Marketinglehre hat diese Veränderungen mit dem
Produktlebenszyklus-Konzept beschrieben und dabei vier
Produktlebensphasen identifiziert, die nachfolgend
dargestellt werden:
·
Einführungsphase - geprägt durch langsames
Marktwachstum bei Produkteinführung. Häufig
geringe Gewinne, da hohe Einführungskosten
aufzufangen sind.
·
Wachstumsphase - geprägt durch rasch
zunehmende Marktakzeptanz und spürbare
Gewinnzuwächse.
·
Reifephase - geprägt durch geringer werdende
Zuwachsraten, da das Produkt von den meisten
potentiellen Käufern akzeptiert worden ist und
kaum noch neue Käufer hinzukommen. Die Gewinne
stagnieren, die Marketingaufwendungen steigen.
·
Rückgangsphase - geprägt durch schrumpfende
Verkaufsvolumen und Gewinne.
Was bedeutet das für Sie? Als Existenzgründer müssen Sie
analysieren, in welcher Phase Sie mit Ihrem Angebot in einen
Markt einsteigen, und dementsprechend Ihr Marketing
ausrichten. Logischerweise ist es empfehlenswert, möglichst
früh in einen Markt einzusteigen, um in der Wachstumsphase
die größten Gewinne mitzunehmen. Gleichzeitig ist diese
Phase mit einem gemäßigten Konkurrenzkampf verbunden.
Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich eine starke
Position in der Wachstums- und Reifephase nur auf einen
frühen Markteinstieg - nach Möglichkeit in der
Einführungsphase - gründen kann. In dieser „Startphase des
Marktes“ ist es die Hauptaufgabe des Marketing, Kunden
über das neue Produkt zu informieren. Dem Kunden muss
erst einmal verdeutlicht werden, welchen Nutzen er aus dem
neuen Angebot ziehen kann. Deshalb sind die
Marketingaufwendungen in dieser Phase überdurchschnittlich
hoch.
Studien haben uns gezeigt, dass Marktpioniere ihren
Wettbewerbsvorteil in der Regel dauerhaft aufrechterhalten
konnten. Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe: Erstens
bieten sie meist eine bessere Produktqualität und ein
breiteres Sortiment als die späteren Einsteiger, und zweitens
schaffen sie sich im Bewusstsein der Verbraucher einen
besseren Markennamen als die Konkurrenten.
Darüber hinaus muss bedacht werden, dass Sie es in den
einzelnen Produktlebensphasen mit unterschiedlichen
Käufergruppen zu tun haben. Während die Einführungsphase
von einer „Avantgarde“ bestimmt wird, für die das
extravagante Produkt Teil der Selbstdarstellung ist, wird die
Reifephase von der „großen Mehrheit“ geprägt, die erst eine
Zeit lang warten musste, bevor sie vom Angebot überzeugt
werden konnte. Der Modemarkt verdeutlicht uns dieses
Phänomen regelmäßig: Wenn sich ein renommierter
Modeschöpfer für geblümte Miniröcke mit rosa Tupfen
entscheidet, stürzt sich eine sehr überschaubare
Käufergruppe auf die neuen Kreationen des Meisters,
während die große Masse entsetzt den Kopf schüttelt. Ein
halbes Jahr später können Sie dann beobachten, wie die
Skeptiker diese nun massenweise feilgebotenen
Kleidungsstücke tragen.
Nachfolgend zeigen wir Ihnen, welche Marketinginstrumente
in den einzelnen Phasen von entscheidender Bedeutung
sind. Dabei werden auch die einzelnen Käufergruppen - von
der Einführungs- bis zur Rückgangsphase - zugeordnet.
Außerdem verdeutlichen wir Ihnen, welcher Strategietyp in
den einzelnen Zeitabschnitten empfehlenswert ist.
Einführungsphase
·
Markt: neu und riskant
·
Marketingziel: Produkt bekannt machen, Erstkäufe
herbeiführen
·
Marketing: hoher Kommunikationsaufwand; sehr viel
Werbung und Grundlageninformation (Einsatz von
Pressearbeit); es kann ein hoher Preis verlangt
werden; wenige Produktvarianten; noch
zurückhaltende Distribution
·
Strategie: Nischenstrategie des Innovators für den
neuen Gesamtmarkt
·
Kunden: Avantgarde - relativ kaufkräftige,
risikofreudige Käufergruppe; geringe Anzahl
·
Konkurrenz: keine bis geringe Konkurrenz
·
Ergebnis: noch geringer Umsatz, möglicherweise
hohe Einführungskosten - deshalb relativ geringer
Gewinn
Wachstumsphase
·
Markt: wachsend und attraktiv
·
Marketingziel: größtmöglicher Marktanteil
·
Marketing: mittlerer Kommunikationsaufwand, da
das Produkt einen gewissen Bekanntheitsgrad
erreicht hat; eventuell Anpassung der Preise
aufgrund veränderter Marktsituation; neue
Produktvarianten kommen hinzu; Distribution muss
gesteigert werden, um einen möglichst großen Teil
des Marktes zu besetzen.
·
Strategie: begrenzte Differenzierungsstrategie; da
wenige Konkurrenten im Markt sind, besteht noch
keine Notwendigkeit für überdurchschnittliche
Differenzierung.
·
Kunden: Frühadopter - bezahlen gute Preise,
größere Anzahl als Avantgarde
·
Konkurrenz: nur wenige Konkurrenten (frühe
Nachfolger)
·
Ergebnis: gute Umsätze, keine Einführungskosten,
deshalb gute Gewinne
Reifephase
·
Markt: gesund und groß
·
Marketingziel: größtmöglicher Gewinn bei
gleichzeitiger Sicherung des Marktanteils
·
Marketing: gesamtes Instrumentarium des
Marketing-Mix kommt zum Einsatz: relativ hoher
Kommunikationsaufwand, intensive Produktpolitik
(verschiedene Varianten, Mehrwertangebot),
Distribution ist weitestgehend gesichert; aufgrund
der intensiven Produktpolitik ergeben sich auch
differenzierte Preisstrategien
·
Strategie: Differenzierungsstrategie oder
Nischenstrategie (durch das Besetzen neuer
Marktsegmente)
·
Kunden: breite Mitte - durchschnittlich
ausgabenfreudig, hohe Anzahl
·
Konkurrenz: starke Konkurrenz; Tendenz nach
unten setzt ein
·
Ergebnis: höchster Umsatz, möglicherweise höhere
Kosten aufgrund der Differenzierungsstrategie.
Trotz des Erreichens des Gewinnmaximums gegen
Ende stagnierende bis rückläufige Gewinne
Rückgangsphase
·
Markt: unattraktiv und abnehmend
·
Marketingziel: Kostensenkung und „Absahnen“
·
Marketing: Produkt wird fast ausschließlich über den
Preis verkauft; teilweise hoher
Kommunikationsaufwand; weniger
Produktvarianten; selektives Auslichten von
unrentablen Distributionspunkten
·
Strategie: Kostenführerschaft
·
Kunden: Nachzügler; zwar relativ große Gruppe,
zahlt aber geringe Preise bei wenig Loyalität
·
Konkurrenz: starke Preiskonkurrenz; insgesamt
nimmt Zahl der Konkurrenten ab
·
Ergebnis: trotz hoher Absatzzahlen werden
schlechte Preise realisiert (sinkender Umsatz). Die
Kosten müssen optimiert werden, deshalb fallender
Gewinn.
Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das
Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie,
Landsberg/Lech
Marketing
I I
II
K O M M U N I K A T I O N S K O N Z E P T
K O M M U N I K A T I O N S K O N Z E P T
„Wer gut ist, muss das auch kundtun!“ So einfach ist
Werbung! Doch in Zeiten der unendlichen Werbeflut fällt das
Werben enorm schwer. Teilweise hat es den Anschein, als ob
die Kunden gegenüber werblicher Beeinflussung immun
geworden seien. Wir beobachten in nahezu allen Märkten und
Branchen - unabhängig ob Investitionsgüter- oder
Konsumgüterindustrie -, dass die Werbeausgaben in
exorbitante Höhen steigen, dass immer raffiniertere
Werbestrategien ausgetüftelt werden und dass neue
Methoden des Marketing Einzug halten. Dies hat zur Folge,
dass sich die Werbeagenturen - trotz heftiger Kritik an ihrem
Metier - gesundstoßen und die Unternehmen nur
unbefriedigende Resultate erzielen. Massen-Mailings landen
ungelesen im Papierkorb, wo sie sich zu 15 anderen Briefen
gesellen, die am selben Tag die identische Dienstleistung
feilgeboten haben, und Anzeigen werden vielleicht vom
Pensionär mit Mindestrente gelesen, aber nicht vom
umworbenen Yuppie.
Was bleibt dem armen Existenzgründer? Nein, nicht den Kopf
in den Sand stecken und kurz vor dem Ziel aufgeben.
Sondern: Es einfach besser machen! Durch selektives,
individuelles und bindungsorientiertes
Existenzgründer-Marketing:
·
Selektiv heißt dabei, die Marketingkräfte nur auf
bestimmte, attraktive Zielgruppen auszurichten.
·
Individuelles Marketing heißt, fast schon für jeden
Kunden (zumindest für jede Kundengruppe) ein
individuelles Marketingkonzept zu erarbeiten.
·
Bindungsorientiert bedeutet, den Schwerpunkt der
Marketingaktivitäten nicht auf die permanente
Neukundengewinnung zu legen, sondern auf die
langfristige Bindung von Kunden.
Wir zeigen Ihnen auf den folgenden Seiten, wie Sie Ihr
Marketing optimal gestalten können und wie es Ihnen dabei
gelingen kann, mit möglichst geringem Aufwand den größten
Effekt zu erzielen. Dabei legen wir besonderen Wert auf zwei
Punkte:
1
·
Professioneller Auftritt
·
Intelligente Kommunikation
Professionalität in der Werbung
Wenn Sie wissen wollen, wie viele unterschiedliche
Schriftarten moderne Textverarbeitungsprogramme erstellen
können, dann betrachten Sie einmal Werbung und Briefbögen
manch eines Jungunternehmers. Bunt, schrill, verwirrend kurz: unprofessionell.
Die Wurzel allen Übels ist die „Do-it-yourself“-Produktion, mit
der man scheinbar sehr viel Geld spart: Am Sonntag setzt
man sich an den PC und kreiert munter vor sich hin. „Etwas
Kreativität muss sein“, denkt man sich und verziert hier mit
lustigen Hieroglyphen, gestaltet dort verrückte Logos und
textet wilde Schüttelreime. Am Ende steht das einmalige
Meisterwerk, mit dem man dann auf Kundenjagd geht. Aber
die lieben Kunden bleiben weg, weil sie auf den ersten Blick
sehen, dass sie es nicht mit einem professionellen
Geschäftspartner zu tun haben. Also war die Arbeit am
Sonntag vergebliche Liebesmühe, die sich sogar
geschäftsschädigend ausgewirkt hat.
Sobald jemand unprofessionell auftritt - mit
zusammenkopiertem Briefpapier und dilletantischen
Werbeunterlagen -, hat er schon keine Chance mehr. Zu viele
Konkurrenten stellen sich mit der gebotenen Professionalität
dar. Auch wenn von der positiven Äußerlichkeit der gut
gestalteten Angebote noch lange keine Rückschlüsse auf die
Qualität der Arbeit zu ziehen sind, so gibt man diesen
Anbietern doch bei weitem eher eine Chance als den
unprofessionellen Anfängern. Hier wird - bewusst oder
unbewusst - blitzschnell kombiniert und geurteilt:
Unprofessionelles Marketing bedeutet unprofessionelle Arbeit.
Die Konsequenz: Arbeiten Sie von Anfang an mit einer
Werbeagentur oder einem freien Graphiker zusammen!
Lassen Sie zumindest Ihre Geschäftsausstattung
(Briefpapier, Rechnungen, Kurznotizen, Infomappen usw.),
Ihre Visitenkarten und eventuell Ihr Logo von einem Profi
gestalten, der seine Basisausstattung auch von einer guten
Druckerei produzieren lässt. Zur Not können diese Arbeiten
auch direkt von einer Druckerei oder einem Reprostudio
übernommen werden. Die Kosten sind überschaubar - die
Effekte sind überwältigend.
Mit Logo, Geschäftsausstattung und Visitenkarte machen Sie
einen entscheidenden Schritt bei der Gestaltung Ihrer
Firmenidentität. Sie legen Ihre Corporate Identity - Ihr
unverwechselbares Auftreten - fest. Wenn in Zukunft ein
Kunde Post von Ihnen bekommt, dann muss er - ohne ein
Wort gelesen zu haben - wissen, dass dieser Brief von Ihnen
ist. Um diese Wiedererkennung sicherzustellen, müssen Sie
durchgängig und immer an Ihrer Corporate Identity
festhalten. Gerade in der Startphase ist das Etablieren einer
Identität im Markt von entscheidender Bedeutung für Ihre
Existenzgründung. Ein „Bäumchen-wechsel-dich“-Spiel macht
Sie verwechsel- und damit austauschbar.
Für uns hat sich ein wichtiges Prinzip bei der Gestaltung von
Geschäftsausstattung und Corporate Identity bewährt: „Less
is more.“ Je reduzierter und klarer Briefbögen,
Unternehmenspräsentationen u. Ä. gestaltet sind, desto
universeller sind die Unterlagen einsetzbar und desto größer
sind Ihre Chancen, einen unverwechselbaren Auftritt zu
erreichen. Außerdem ist niemand in der Lage, bei einer wilden
Informationsflut mit unterschiedlichen Überschriften und
Logos die wichtigen Informationen herauszufiltern. Aber
genau das ist für Sie als Existenzgründer von zentraler
Bedeutung. Ihre Kunden müssen auf den ersten Blick
erkennen, wer Sie sind, und auf den zweiten Blick müssen sie
wissen, was Sie wollen.
Noch ein Tip: Beschränken Sie sich bei Ihrer Corporate
Identity nach Möglichkeit auf eine Farbe (maximal zwei). So
können Sie auch Ihre Kosten niedrig halten, denn je bunter
Briefpapier und Broschüren gestaltet werden, desto teurer
wird in der Regel der Druck.
2
Werbeagenturen
Die Zusammenarbeit mit Ihrer Werbeagentur kann sowohl
zum Umsatz- als auch zum Kostentreiber werden. Denn
neben Einfallsreichtum der Agentur ist gerade für
Existenzgründer der schonende Umgang mit dem
Werbebudget von entscheidender Bedeutung. Deshalb
sollten Sie auch hier bei bekannten Unternehmern
nachfragen, ob sie eine besonders gute Agentur empfehlen
können. Sie können sich aber auch selbst auf die Suche nach
dem geeigneten Partner machen. Sammeln Sie doch einfach
gutes Marketing, tolle Unternehmensbroschüren oder
Briefpapier, das Ihnen besonders gut gefällt, und fragen Sie
bei den entsprechenden Unternehmen nach, welche Agentur
diese Arbeiten zu verantworten hat.
Doch bevor Sie sich endgültig für eine Partnerschaft
entscheiden, die auf jeden Fall für eine gewisse Dauer (aber
nicht für immer und ewig) ausgelegt sein sollte, ist es
notwendig, verschiedene Agenturen (mindestens drei) unter
die Lupe nehmen.
Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das
Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie,
Landsberg/Lech
Marketing
I I I
III
K O M M U N I K A T I O N S P O L I T I K
K O M M U N I K A T I O N S P O L I T I K
Im Rahmen der Kommunikationspolitik für Ihre Geschäftsidee
und für Ihr Unternehmen bieten sich vier entscheidende
Aktionsfelder:
·
Werbung
·
Verkaufsförderung
·
Public Relations
·
Persönlicher Verkauf
Allerdings müssen Sie die einzelnen Instrumente der
Kommunikationspolitik für Ihr Marketing entsprechend dem
Informationsverhalten Ihrer Kunden gestalten. Vor diesem
Hintergrund muss auch berücksichtigt werden, dass die
einzelnen Kommunikationsinstrumente in ihrer Bedeutung im
privaten Kundensektor eine andere Rangfolge haben als im
industriellen Sektor.
Nach ihrer Wichtigkeit geordnet kommen für den privaten
Sektor folgende Instrumente zum Einsatz:
·
Am wichtigsten: Werbung
·
Wichtig: Verkaufsförderung
·
Von durchschnittlicher Wichtigkeit: Persönlicher
Verkauf
·
Weniger wichtig: Public Relations
Im industriellen Sektor ist folgende Reihenfolge gegeben:
·
Am wichtigsten: Persönlicher Verkauf
·
Wichtig: Verkaufsförderung
·
Von durchschnittlicher Wichtigkeit: Werbung
·
Weniger wichtig: Public Relations
Dieser Sachverhalt ist für Sie schon eine wichtige
Basisinformation, um entsprechende Schwerpunkte in Ihrer
Kommunikationsstrategie zu setzen. Selbstverständlich kann
die Reihenfolge nicht als generelle Feststellung gewertet
werden. Je nach Branche ergeben sich spezifische Rangfolgen.
So ist beispielsweise im privaten Bankenbereich der
persönliche Verkauf wichtiger als die Verkaufsförderung.
Auf das Thema „Verkauf" sollten Sie besonders eingehen.
Hierbei sind vor allem die Themen Werbung,
Verkaufsförderung und Public Relations zu beachten.
Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das
Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie,
Landsberg/Lech
Marketing
I V
IV
W E R B U N G
W E R B U N G
Unter Werbung verstehen wir jede bezahlte Form der nicht
persönlichen Präsentation und Förderung von Ideen, Waren
oder Dienstleistungen durch einen identifizierten
Auftraggeber.1)
Dazu gehören:
·
Anzeigen in den Printmedien sowie Funk- und
TV-Spots
·
Mailing (Postwurfsendung) im Rahmen des
Direktmarketing
·
Firmenzeitschriften, Broschüren und Prospekte
·
Außenverpackung, Packungsbeilagen, Kataloge
·
Handzettel, Plakate, Reklameschilder,
Displaymaterial
·
Zeichen, Symbole und Logos
Zu den ersten drei Punkten wollen wir Ihnen einige Tipps
geben.
1
Anzeigen in Printmedien, Funk und TV
Immer häufiger stellen wir fest, dass die Resonanz auf teure
Anzeigen rückläufig ist. Insofern ist die Anzeigenwerbung
nicht unbedingt das sinnvollste Instrument Ihres
Existenzgründer-Marketings. Sie sollten es sich gut
überlegen, bevor Sie auf dieses Instrument der
Kommunikationspolitik zurückgreifen. Zu wenige Kunden
setzen sich noch intensiv mit Werbung in Printmedien
auseinander, und noch weniger Kunden reagieren in
irgendeiner Form. Erfolge werden heute nur noch mit
neuartigen Angeboten, sehr zielgruppenspezifischen
Nischenangeboten oder mit einem immens hohen Aufwand
erzielt, der allerdings dauerhafte Präsenz in verschiedenen
Medien voraussetzt. Doch dafür haben Existenzgründer nur
selten die nötigen Mittel.
Trotzdem kann es durchaus sein, dass die Anzeige für
spezielle Kunden- und Branchensituationen ein sinnvolles
Instrument ist. Sie sollten bei der Schaltung einer Anzeige
nachfolgende Hinweise beachten, um gute Erfolgsaussichten
zu haben:
Formulieren Sie zunächst die Ziele, die Sie mit dem Schalten
der Anzeige verfolgen: Wollen Sie ein konkretes Angebot
bewerben? Wollen Sie auf ein Ereignis aufmerksam machen?
Wollen Sie etwas für Ihr Image tun?
Bestimmen Sie die Zielgruppe, die Sie mit der Anzeige
ansprechen wollen. Nur wenn Sie wissen, wen Sie umwerben
wollen, wenn Sie ein konkretes Bild der
Informationsgewohnheiten und der potentiellen
Reaktionsbereitschaft (Kauf oder Antwort) Ihrer Zielgruppe
haben, können Sie eine kundenorientierte Kommunikation
gestalten.
Wählen Sie das ideale Medium für Ihre Zielgruppe aus. Dabei
müssen Sie analysieren, welche Zeitschriften,
Fachzeitschriften oder Tageszeitungen von Ihrer Zielgruppe
gelesen werden. Über die Leserstrukturanalyse und die
Mediadaten, die Sie für nahezu jede Zeitschrift bzw. Zeitung
kostenlos anfordern können, haben Sie die Möglichkeit, sich
ein umfassendes Bild über die Leserstruktur des Mediums
und die Informationsgewohnheiten der Leser (wer aus
welcher Branche und in welchem Alter liest wie häufig eine
bestimmte Fachzeitschrift?) zu machen. Der Aufwand lohnt
sich. Notieren Sie die wichtigsten Publikationen, die für Ihre
Kunden von Interesse sein könnten, und fordern Sie danach
die Mediadaten an. Sie finden ein Gesamtverzeichnis
sämtlicher Zeitschriften in jeder gut sortierten Bibliothek.
Beachten Sie außerdem, dass Sie nicht in den typischen
„Nabelschau-Zeitschriften“ inserieren, die mehr von Ihrer
Konkurrenz als von Ihren Kunden gelesen werden. Wer als
Seminaranbieter in Spezialzeitungen für Seminare wirbt,
informiert in der Regel seine Mitbewerber und übersieht
dabei, dass seine potentiellen Kunden niemals auf die Idee
kommen, sich über diese Zeitungen ein Seminar auszusuchen.
Gehen Sie bei der Entscheidungsfindung ergebnisorientiert
vor, und stellen Sie Aufwand (Kosten) und Nutzen (Umsatz)
gegenüber. Wenn Sie direkt einen Kauf über eine Anzeige
erreichen wollen, dann quantifizieren Sie im ersten Schritt die
angestrebte Umsatzhöhe. Bei den Kosten für die Anzeige
müssen verschiedene Größen berücksichtigt werden:
·
Kosten für die Anzeigenkreation durch die
Werbeagentur: Lassen Sie auf jeden Fall eine
Kostenvorschau erstellen. Stellen Sie außerdem
sicher, dass die komplette Abwicklung der Anzeige
über die Agentur läuft. Sie muss Kontakte zu den
Verlagen haben, muss einen Anzeigenplatz für Sie
reservieren, den Satz und die Filmerstellung
koordinieren.
·
Satz- und Filmerstellungskosten: Diese Kosten
sollten ebenfalls im Vorfeld bestimmt werden.
·
Schaltkosten für das Medium: Diese Preise können
Sie ebenfalls den Mediadaten entnehmen. Generell
gilt: je größer, je bunter, je aufwendiger (mit
aufgehefteter Antwortkarte z. B.) und je besser
positioniert, desto teurer. Außerdem sind natürlich
die Leistungsdaten des Objekts zu berücksichtigen.
(Wie hoch ist die Auflage? Wer liest die Zeitung?
Wie häufig wird die Zeitung genutzt? Wie häufig
erscheint das Objekt?)
Wir haben nachfolgend die Preise für eine ganzseitige (1/1)
Anzeige im Schwarzweißdruck (sw) von verschiedenen
Objekten aufgeführt. Für Sie sind diese Angaben eine
generelle Orientierung, und sie zeigen Ihnen, dass sehr viel
Umsatz generiert werden muss, um diese Kosten
hereinzuholen:
·
Wirtschaftswoche: 22.000 DM
·
Die Zeit: 49.600 DM
·
Der Spiegel: 52.800 DM
Am Ende dieses Schritts steht die Abschätzung des
realisierbaren Ergebnisses. Selbstverständlich ist es nicht das
Ziel einer jeden Anzeige, Verkauf und Umsätze anzutreiben,
dennoch sollten Sie stets eine klare Vorstellung von den
Effekten Ihrer Anzeigenwerbung haben:
·
Entscheiden Sie sich für oder gegen die Schaltung
einer Anzeige.
·
Bestimmen Sie die Kernaussage, die Gestaltung, die
Headline und den Inhalt der Anzeige in
Zusammenarbeit mit Ihrer Werbeagentur.
·
Wenn Sie zu einem bestimmten Termin inserieren
wollen, dann beachten Sie darüber hinaus den
Anzeigenannahmeschluss und das Datum für die
Abgabe der Druckvorlagen/Filme.
Auf Funk- und TV-Spots soll hier nicht näher eingegangen
werden, weil sie für Existenzgründungen nur in den
seltensten Fällen von Relevanz sind.
2
Mailing als Form des Direktmarketings
Für Sie als Existenzgründer liegt im Marketinginstrument
„Mailing“ (Postwurfsendung) ein großes Potential, um auf
Ihre Leistungen aufmerksam zu machen. Das gilt sowohl für
Unternehmen, die umfangreiche Individualaufträge
anstreben, als auch für Firmen, die konkrete Angebote zum
direkten Verkauf im großen Volumen platzieren wollen.
So ist das Mailing durchaus ein sinnvolles Mittel, um im ersten
Schritt Aufmerksamkeit zu erzielen, die als Grundlage für ein
Folgetelefonat genutzt werden kann. Das Mailing ist also der
Einstieg eines dreistufigen Akquiseprozesses:
·
Stufe 1: Mailing
·
Stufe 2: Telefonat
·
Stufe 3: Verkaufsgespräch
Doch auch das klassische Mailing stößt im Werbezeitalter oft
an seine Grenzen. Die Responsequote, das Verhältnis der
Anzahl der Reagierer auf ein Mailing zur Anzahl der
angeschriebenen Personen bzw. Unternehmen, nimmt immer
häufiger ab. Dies liegt auch an der Fülle an Mailings, mit der
die Umworbenen eingedeckt werden. Vor diesem Hintergrund
müssen Sie einige Faktoren beachten, um Ihr Mailing
erfolgreich zu gestalten.
Professioneller Auftritt: Auch beim Mailing gilt es, seriös und
kompetent zu kommunizieren. Auch wenn Sie große Mengen
verschicken, sollten Sie immer darauf achten, dass Sie Ihren
potentiellen Kunden das Gefühl eines professionellen
Partners vermitteln. Dazu gehören: gutes Briefpapier, sauber
getextete Anschreiben, klare Strukturierung. Der Kunde muss
schnell verstehen, worauf es Ihnen ankommt.
Spezifische Ansprache: Je persönlicher ein Brief gestaltet
wird, desto größer sind Ihre Chancen, dass der Brief
überhaupt gelesen wird. Studien haben gezeigt, dass die
Adressaten innerhalb von wenigen Sekunden entscheiden,
ob der Brief für sie von Interesse ist oder ob er in den
Papierkorb wandert. Überlegen Sie sich gut, welche Person in
welcher Situation diesen Brief öffnen und lesen wird, und
gestalten Sie Ihr Mailing dementsprechend kundenfreundlich.
Kundenfreundlich heißt:
·
Keine Textwüste, sondern kurze und präzise
Informationen
·
Hilfestellungen im Text geben: Eine einfache
Titelzeile soll auf einen Blick über den Gesamtinhalt
informieren. Wichtige Informationen können Sie z. B.
in das „Postskriptum“ (PS:...) stecken; Studien
haben gezeigt, dass das „PS“ nach dem Logo, dem
Absender und der Headline meist an vierter Stelle
gelesen wird. Ein gutes Mailing zeichnet sich neben der professionellen Gestaltung und der
spezifischen, kundenfreundlichen Ansprache - durch
Dialogorientierung aus. Sie müssen Ihre Kunden
aktivieren, indem Sie Reaktionsmedien (z. B.
Antwortkarten oder Servicenummern) anbieten.
·
KISS - Keep it simple and stupid: Verzichten Sie auf
eine komplizierte Fachsprache, und formulieren Sie
so einfach wie möglich. Nicht hochgestochene Briefe
werden gelesen, sondern einfache Briefe, die man
auch schnell überfliegen kann. Die Regel für
leserliches Schreiben ist ganz einfach: Setzen Sie
Ihren Sprachstil immer eine Stufe tiefer an: Wenn
Sie an einen Professor schreiben, dann formulieren
Sie für einen Studenten. Wenn Sie an einen
Studenten schreiben, dann formulieren Sie für einen
Schüler. Wenn Sie an einen Manager schreiben,
dann formulieren Sie für einen normalen
Angestellten.
Briefe, die Sie nur an die Firma oder an die „Geschäftsleitung“
adressieren, werden sofort als Werbung enttarnt. Ihre
Chancen sinken dadurch erheblich. Wer allerdings direkt an
eine bestimmte Person schreibt und diesen Menschen im Brief
zwei- bis dreimal persönlich anspricht, steigert seine
Erfolgsaussichten. Neben der Ansprache im Brief („Sehr
geehrter Herr Bartsch...“) sollten Sie auch im weiteren
Textverlauf den Namen Ihrer Zielperson einsetzen („Wenn
Sie, sehr geehrter Herr Bartsch, von den Möglichkeiten einer
Zusammenarbeit überzeugt sind, dann...“). Auf diese Weise
heben Sie Ihren Brief gleich auf das Niveau eines
persönlichen Dialogs.
Darüber hinaus sollten Sie, sofern Sie überschaubare
Briefmengen versenden, eine Briefmarke auf das Kuvert
kleben und nicht die Freistempelung benutzen. Auch das
steigert Ihre Erfolgsaussichten. Außerdem sollten Sie den
Brief stets persönlich unterschreiben. Verzichten Sie darauf,
diese wichtige Korrespondenz ohne Unterschrift, durch die
Unterschrift einer Hilfskraft oder mit gedruckter Unterschrift
(bei Massenversendungen manchmal nicht vermeidbar) zu
versenden.
Bei kleinen Mailinggrößen können Sie den Druck, die
Kuvertierung und den Versand der Briefe noch selbst
übernehmen. Anders gestaltet sich das schon, wenn Sie
mehrere tausend Briefe verschicken. Dann können Sie auf
den Service eines Lettershops zurückgreifen, der
Porto-Optimierung und die gesamten Vorbereitungsarbeiten
(Druck, Kuvertierung, Adressierung usw.) übernimmt.
Auch wenn es Mühe macht: Sie wollen etwas von Ihren
Kunden, und das verlangt Ihren vollen Einsatz.
Gute Adressen sind das A und O einer erfolgreichen
Mailingaktion. Doch woher bekommen Sie gute Adressen?
Grundsätzlich haben Sie zwei Möglichkeiten: die eigene
Kundendatenbank mit selbst gepflegten Adressen einsetzen
oder auf fremde Adresspools zurückgreifen.
3
Eigene Kundendatenbank
An einer umfassenden Adressdatenbank kommen Sie - auch
wenn Sie häufig fremde Adressen einsetzen sollten - nicht
vorbei. Sie müssen schnellen Zugriff auf wichtige
Informationen über Ihre Kunden haben, Kunden bewerten
und Selektionen durchführen können, um z. B. zu
identifizieren, mit welchen Kundengruppen Sie wie viel
Umsatz gemacht haben.
Achten Sie darauf, dass Sie Ihre Kunden in Ihrer Datenbank
mit möglichst vielen unterschiedlichen Kriterien qualifizieren
können. Nur über die Adresse eines Kunden zu verfügen, ist
viel zu wenig. Die Qualität eines Kundenstammblatts liegt in
der Vielfalt an Informationen, die für Sie wertvolle
Ansatzpunkte des Marketing sein können. Das sind z. B.
Informationen über die Kaufgewohnheiten, über die
Auftragsvolumen oder über die Kundenkategorie (treuer
Kunde, Laufkunde usw.). Aber auch der Geburtstag Ihres
Ansprechpartners oder seine Hobbys können Ihnen sehr
interessante Ansatzpunkte für eine Kommunikation und somit
für ein mögliches Geschäft bieten. Ihre Datenbank hilft Ihnen,
aus einer anonymen Adresse ein Kundenbild zu entwerfen.
4
Beschaffung externer Adressen
Zunächst können Sie Ihren Adressbestand über
Informationen aus öffentlichen Quellen (z. B. Messekataloge,
Branchenverzeichnisse, Fachzeitschriften,
Verbandsverzeichnisse usw.) verbessern oder erweitern.
Außerdem können Sie auch auf befreundete Unternehmen
zugehen und mit ihnen Adressen austauschen, wenn diese
Firmen die gleichen Zielgruppen haben.
Darüber hinaus bieten mittlerweile verschiedene Hersteller
Adress-CD-ROMs in Preiskategorien zwischen etwa 200 DM
bis rund 24.000 DM an. Testen Sie vor einem Kauf, ob in den
Datenbeständen genau Ihre Zielgruppen ausreichend
berücksichtigt sind.
Wenn Sie mit Adressvermittlern zusammenarbeiten wollen,
dann haben Sie die Möglichkeit, Adressen zu kaufen (was in
der Regel sehr teuer ist) bzw. zu mieten, um die Adressen für
eine bestimmte Aktion einsetzen zu können. Die Qualität der
sehr umfangreichen Adressbestände ist leider nicht immer
überzeugend. Da die Größe der Datenbank Grundlage für den
Umsatz und damit für den Erfolg des Adressvermittlers ist,
wird mehr Wert auf das Anfüllen der Liste gelegt als auf das
Pflegen und Löschen von Adressen. Deshalb ist bei dieser Art
der Beschaffung von Daten Vorsicht geboten. Gleichzeitig
sollten Sie niemals auf die Idee kommen, gemietete Adressen
entgegen dem Vertrag mehrmals einzusetzen. Die
Adressvermittler sind clever und schützen ihr wertvollstes
Eigentum, indem sie zur Kontrolle Ihrer Mailingaktivitäten
einige Scheinadressen an Sie weitergeben. Diese Briefe
gehen dann direkt an den Adressvermittler, was für Sie beim
illegalen Mehrfachgebrauch äußerst teuer werden kann.
Bevor Sie einen Auftrag an einen Adressmittler vergeben,
sollten Sie folgende Fragen klären:2)
1.
Kann der Anbieter Referenzen und/oder seine
Mitgliedschaft im Deutschen Direktmarketing
Verband (DDV) nachweisen?
2.
Hält er sich an Verbraucher- und Datenschutz?
3.
Bietet der Vermittler ein kostenloses Erstgespräch
an?
4.
Erstellt er eine individuelle Situationsanalyse, um die
Zielgruppe des Kunden genau zu definieren?
5.
Woher bezieht der Anbieter seine Adressen, wann
hat er sie zuletzt vermietet, angeschrieben oder
telefonisch überprüft?
6.
Nutzt er regelmäßig Dubletten-Suchprogramme?
7.
Werden Kosten für unzustellbare Sendungen
zurückerstattet?
5
Broschüren, Prospekte und Firmenzeitschriften
Eine professionelle Selbstdarstellung Ihres Unternehmens
und Ihres Angebotes in einem Prospekt, einer Broschüre oder
in einer ordentlichen Informationsmappe ist dann von
besonderer Bedeutung, wenn Sie Ihr Geschäft im
Wesentlichen auf Individualaufträge und langfristige
Beziehungen stützen. Wenn Sie z. B. als Berater agieren, ist
eine gute Unternehmensbroschüre für Ihre potentiellen
Kunden eine wichtige Orientierung. Sie ist sogar Grundlage
für Vertrauen und den Glauben an Ihre Seriosität. Wer
allerdings in einem Massenmarkt agiert, ist nicht unbedingt
auf eine Unternehmensdarstellung angewiesen, sollte aber
bei der Präsentation seiner Produkte und Dienstleistungen
professionell arbeiten.
Für die Unternehmens- und Leistungspräsentation sind die
wichtigsten Kriterien:
·
Professionalität (gute Qualität, klare und einfache
Darstellung, keine Effekthascherei, kein Stil- und
Schriftarten-Mix, Integration in die Corporate
Identity des Unternehmens)
·
Klare Strukturierung
·
Einfache, motivierende und verständliche Sprache
·
Verwendung von Kontaktmedien zur Herstellung
eines Dialogs mit den Kunden
Sammeln Sie positive Beispiele für gute Broschüren und
Unternehmenspräsentationen, um einen Anhaltspunkt für
gute Arbeit zu erhalten.
So sollten Sie bei der Gestaltung Ihres Broschürenmaterials
vorgehen:
·
Definieren Sie die Ziele, die Sie mit dem Medium
verfolgen.
·
Binden Sie Ihre Werbeagentur frühzeitig ein, und
diskutieren Sie verschiedene Varianten.
·
Machen Sie einen Vorschlag für den Text und die
Darstellung.
·
Überlassen Sie der Agentur den Feinschliff.
·
Prüfen Sie Text und Bild auf Verständlichkeit. Geben
Sie deshalb Ihren Prototypen an einen unbeteiligten
Freund, und fragen Sie ihn, ob er die Inhalte
versteht.
·
Produzieren Sie die Unterlagen professionell.
·
Streuen Sie das Material gezielt an potentielle
Kunden.
In Zeiten des modernen Laserdrucks und der hochwertigen
Kopie können unter Umständen auch selbst gemachte
Firmen- und Produktdarstellungen akzeptable Ergebnisse
bringen. Dies empfiehlt sich immer dann, wenn Sie häufig
Anpassungen in Ihrer Angebotsstruktur vornehmen müssen,
so dass sich der Druck von Unterlagen nicht immer rechnet.
Mit modernen Bindesystemen für das Büro und einem guten
Layout, das idealerweise von einer Agentur bestimmt wurde,
können Sie gute Resultate erzielen.
Doch bedenken Sie dabei:
·
Die Produktion von Broschüren ist nicht Ihr
Kerngeschäft und verlangt einen erheblichen
Zeitaufwand.
·
Die Gestaltung einer grundlegenden
Imagebroschüre, die Sie, Ihr Unternehmen und
seine Leistungen beschreibt, sollte auf jeden Fall für
einen längeren Zeitraum ausreichend vorgenommen
werden.
1)Kotler, Philip; Bliemel, Friedhelm W.:
Marketing-Management – Analyse, Planung, Umsetzung und
Steuerung. 7.Auflage, Stuttgart 1992
2)Reischauer, Claudia: “Schon verstorben.” In:
Wirtschafts-Woche (1996), Heft Nr. 7, Seite 70 bis 71
Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das
Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie,
Landsberg/Lech
Marketing
V
V
V E R K A U F S F Ö R D E R U N G
V E R K A U F S F Ö R D E R U N G
Unter Verkaufsförderung verstehen wir kurzfristige Anreize
zum Kauf bzw. Verkauf eines Produktes oder einer
Dienstleistung.1)
Dazu gehören:
·
Preisausschreiben, Gewinnspiele, Verlosung
·
Verkaufssonderprogramme
·
Muster und Kostproben
·
Zugaben und Werbegeschenke
·
Fachmessen und -veranstaltungen
·
Ausstellungen und Vorführungen
·
Rabatte und günstige Finanzierungsmöglichkeiten
·
Inzahlungnahme gebrauchter Ware
·
Verbundangebote
Auf die einzelnen Punkte soll nicht näher eingegangen
werden, da sie für Ihre Existenzgründungsphase von
nachrangiger Bedeutung sind.
1)Kotler, Philip; Bliemel, Friedhelm W.: Marketing-Management
- Analyse, Planung, Umsetzung und Steuerung. 7.Auflage,
Stuttgart 1992
Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das
Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie,
Landsberg/Lech
Marketing
V I
VI
P U B L I C
P U B L I C
R E L A T I O N S
( P R )
R E L A T I O N S
( P R )
Unter Public Relations verstehen wir eine Vielzahl von
Möglichkeiten, auf indirektem Weg das Image des
Unternehmens und seiner Produkte im Bewusstsein der
Öffentlichkeit zu fördern.1)
Dieser Bereich umfasst u. a.:
·
Veröffentlichungen
·
Pressemappen
·
Reden und Vorträge
·
Seminare
·
Tag der offenen Tür
Eine gute PR-Arbeit ist für Sie eine überaus kostengünstige
Form des Marketing, mit der Sie auf elegante Art und Weise
Interesse für Ihr Unternehmen und Ihre Produkte wecken
können. Zeitungs- oder Fachartikel haben niemals das Image
von Werbung, sondern stets Informationscharakter. Genau
dort liegt die Kunst der guten Pressearbeit: Information und
Werbung miteinander zu verbinden.
Nehmen Sie Kontakt zu Fachzeitschriften und Zeitungen aus
Ihrer Branche bzw. Ihrer Region auf, und bieten Sie einem
Redakteur einen interessanten Beitrag an. Bedenken Sie
dabei aber, dass Journalisten nicht als Werbeträger agieren
wollen. Deshalb müssen Sie Informationen anbieten, die für
die Kunden des Redakteurs (die Leser) von Interesse sind.
Manchmal bedarf es deshalb einer gewissen Zeit, bis ein
entsprechendes Verhältnis aufgebaut worden ist. Aber diese
Investition lohnt sich auf jeden Fall.
1)Kotler, Philip; Bliemel, Friedhelm W.: Marketing-Management
- Analyse, Planung, Umsetzung und Steuerung. 7. Auflage,
Stuttgart 1992
Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das
Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie,
Landsberg/Lech
Marketing
V I I
VII
M A R K E T I N G W E R K Z E U G E
M A R K E T I N G W E R K Z E U G E
Hier möchten wir Ihnen noch zwei Werkzeuge für Ihre
Marketingpraxis an die Hand geben:
Mit Hilfe einer Aufstellung können Sie für jede Zielgruppe ein
spezifisches Marketingkonzept erarbeiten. Zu diesem Konzept
gehören:
·
Produkt- und Programmpolitik
·
Preispolitik
·
Servicekonzept
·
Distributionspolitik
·
Kommunikationspolitik
Die in Ihrem Marketingkonzept enthaltenen Ergebnisse fließen
auch in Ihren Geschäftsplan ein und geben einen Überblick
über sämtliche Marketingaktivitäten. Diese Übersicht ist für Ihr
weiteres Vorgehen überaus hilfreich.
Definieren Sie einzelne Maßnahmen und Aktionen, mit denen
Sie Ihr Unternehmen und Ihr Angebot vermarkten wollen. Sie
können zum Beispiel Mailingaktionen, Anzeigenkampagnen,
PR-Pläne und Verkaufsaktionen vorbereiten und abschließend
analysieren.
Ausgehend von Ihrer Zielsetzung beschreiben Sie die
konkreten Aktionen und die Partner, welche Sie einbinden
wollen (Werbeagentur, Berater). Außerdem notieren Sie bei
Abschluss der Aktion die erzielten Ergebnisse, um die Effizienz
Ihrer Marketingaktivitäten zu kontrollieren.
Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das
Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie,
Landsberg/Lech
Marketing
V I I I
VIII
K U N D E N S E R V I C E
K U N D E N S E R V I C E
Produkte sind heute austauschbar - begeisternder Service
nicht.
Betrachten Sie einmal den Wandel der Tankstellen in
Deutschland: Aus der guten alten Versorgungsstelle für
Kraftstoffe aller Art ist eine moderne Servicestation geworden,
bei der Sie Service (von der Fahrzeugwartung bis zur
Reisebuchung) rund um die Uhr bekommen. In Deutschland
kämpfen fünf Hauptmarkenanbieter im Bereich der
Tankstellennetze um Marktanteile - Aral, BP, DEA, Esso und
Shell. In der Regel lassen sich bei diesen Kraftstoffen keine
Qualitätsunterschiede feststellen. Auch im Bereich der
Preisgestaltung besteht eine oftmals überraschende
Übereinstimmung. Der Preis und die Qualität sind also beim
Kunden kein probates Mittel, um Präferenzen zu erzeugen. Die
einzigen Aktionsparameter, die der Branche zur Verfügung
stehen, sind die Kommunikation (und hier ist tatsächlich ein
hoher Werbeaufwand festzustellen) und der Service. Erst
durch das Anbieten von Zusatzleistungen erscheint eine
Profilierung gegenüber der Konkurrenz und die Schaffung von
Präferenzen beim Kunden möglich.
Aufgrund dieser Erkenntnis entsteht in vielen Branchen ein
regelrechter Servicewettbewerb, der schließlich die
Serviceansprüche in die Höhe treibt. Mit jeder Serviceleistung
steigern Anbieter die Erwartungen ihrer Kunden. Eine hohe
Servicequalität wird aus Sicht des Kunden erst dann erreicht,
wenn seine Erwartungen stetig erfüllt bzw. übertroffen
werden. Ein konstant hohes Serviceniveau ist aufgrund der
dabei entstehenden Serviceanspruchsspirale nicht denkbar.
Bei gleichbleibendem Service werden Unternehmen von ihren
Kunden als ausreichend bis austauschbar bezeichnet. Das
bedeutet für Sie konkret: Bieten Sie entsprechenden Service,
und übertreffen Sie die Erwartungen Ihrer Kunden immer um
ein Stück.
Das Anbieten von Zusatzleistungen ist für Sie aber auch eine
klare Alternative zur Preiskonkurrenz. Bestimmte
Kundensegmente bevorzugen einen guten Service und
nehmen dafür höhere Preise in Kauf. Im Rahmen einer
ganzheitlichen Marketingstrategie stellt Service ein
unverzichtbares Element der verkaufsfördernden Maßnahmen
dar. Dies gilt heute für eine Vielzahl unterschiedlicher
Branchen. So ist es z. B. für Autohersteller unverzichtbar,
einen für den Kunden äußerst attraktiven
Finanzierungsservice anzubieten. Die Minimalverzinsung macht
deutlich, dass es hier nicht um ein einträgliches
Zusatzgeschäft geht, sondern um die Steigerung der
Absatzzahlen im Kerngeschäft. Diese Punkte stellen die
Serviceorientierung für Sie als eine förmliche Zwangsläufigkeit
dar. Man kann von einem regelrechten „Servicezwang“
sprechen.
Eine solche Sichtweise wäre allerdings zu einseitig. Man
übersieht dabei einen wichtigen Aspekt, den wir
„Servicenutzen“ nennen. Der Gedanke des „Servicenutzens“
für einen Anbieter beruht auf der Erkenntnis, dass durch das
Anbieten von Zusatzleistungen eine langfristige Bindung zum
Kunden aufgebaut werden kann. Die Käuferbeeinflussung
über den Preis hat im Allgemeinen nur recht kurzfristige
Nachwirkungen. In der Regel wird der Kunde sich nach seinem
Kauf nur für einen kurzen Zeitraum über den günstigen Preis
freuen. Beim nächsten Kauf wird er wieder Preisvergleiche
anstellen und wohl kaum zu dem Produkt greifen, das heute
zwar besser ist als Mitbewerberangebote, ihn aber früher
durch seinen günstigen Preis überzeugte.
Dagegen haben Service und Qualität langfristig
käuferbeeinflussende Wirkungen. Weist ein Produkt gute
Qualitätseigenschaften auf, so wird ein Kunde auch in Zukunft
eher dazu bereit sein, einen teureren Preis in Kauf zu
nehmen. Ähnliches gilt, wenn ein Unternehmen überzeugende
Serviceleistungen, von der Beratung über die Installation bis
zum After-Sales-Service - hier wird die langfristige Bindung
schon deutlich - anbietet.
Aber zwischen Service und Qualität bestehen zwei
wesentliche Unterschiede:
·
Service beginnt früher, nämlich schon vor dem Kauf.
·
Service wird vom Unternehmen und seinen
Menschen angeboten und verkörpert, während
Qualität sich nur im Produkt äußert. Mit Service wird
also ein ganzes Unternehmen „gekauft“, nicht nur
ein einzelner Bestandteil. Gerade weil Service aus
dem Unternehmen kommt, wird er als Eindruck
wahrgenommen, der von Menschen getragen und
verkörpert wird - nicht von Sachen.
Das Ziel der Serviceorientierung heißt also langfristige
Kundenbindung bzw. Loyalität. Unternehmen verschwenden
heute den Großteil ihrer Marketingaktivitäten auf die
Gewinnung neuer Kunden. Diese Vorgehensweise offenbart
allerdings eine wesentliche Fehleinschätzung. Es sind in der
Regel nicht die neuen Kunden, die für den Erfolg einer
Organisation ausschlaggebend sind, sondern die treuen
Kunden, die auf der Basis einer langfristigen Partnerschaft mit
einem Unternehmen zusammenarbeiten. Diese Beziehungen
müssen intensiv gepflegt werden, wofür kundenfreundlicher
Service die ideale Triebfeder ist. Untersuchungen haben
verdeutlicht, dass eine minimale Steigerung der
Wiederkaufrate zu einer überproportionalen Mehrung des
Gewinns führt. Bei einem Anstieg der Wiederkaufrate um 5 %
konnte diesen Erhebungen zufolge im Bereich Autoservice ein
Gewinn von 28 %, im industriellen Vertrieb um 45 % und bei
Kreditkarten sogar um 125 %erzielt werden.
Fazit: Sie brauchen ein Servicekonzept - mit
unterschiedlichsten Serviceformen -, das langfristige Bindung
ermöglicht.
Durch die Akzeptanz Ihres Serviceangebotes lernen Sie Ihre
Kunden sehr gut kennen. Mit einem guten Servicekonzept
verstehen Sie deren Probleme und Bedürfnisse viel besser als
durch eine klassische Geschäftsbeziehung, die durch Kauf und
Verkauf bestimmt wird. Welche konkreten
Gestaltungsmöglichkeiten in der Langfristigkeit einer
Servicepartnerschaft liegen, soll deshalb nachfolgend
verdeutlicht werden.
Wenn Sie dem Kunden eine vor dem Kauf einsetzende und
über den Abschluss hinausgehende Betreuung und
Unterstützung anbieten, z. B. durch Information, Beratung,
Projektierung, Schulung oder Installation, dann haben Sie
völlig neue, ungeahnte Steuerungsmöglichkeiten. Sie können
Ihre Kunden gezielt zu bestimmten Ergebnissen und
Lösungen lenken, indem Sie diese mit ihnen zusammen
erarbeiten. Dies darf allerdings nicht so verstanden werden,
dass es hier nur um eine geschickte Kundenbeeinflussung
geht, welche die Interessen des Unternehmens in den
Vordergrund stellt. Es entsteht vielmehr eine symbiotische
Beziehung zwischen beiden Seiten, da auch dem Kunden neue
Möglichkeiten der Herstellerbeeinflussung gegeben werden,
indem er seine Wünsche, Probleme und Vorstellungen in
einem intensiven Dialog äußern kann. So kommt es zu einer
Verschmelzung der Interessen von Unternehmen (Verkauf der
Leistungen) und Kunden (Findung einer optimalen Lösung).
Durch die enge Zusammenarbeit lernen Sie Ihre Kunden
besser kennen. Sie verstehen, welche Leistungen sie
brauchen, und haben so die Möglichkeit, einen der wichtigsten
Grundsätze der Kundenorientierung umzusetzen: „Denken
wie der Kunde!“ An zwei äußerst unterschiedlichen
Praxisbeispielen soll die Philosophie der „Kunden(ein)bindung
durch Service“ verdeutlicht werden.
Durch eine automatische Fernüberwachung ist die Linde AG in
der Lage, ihre Kunden dann mit technischen Gasen zu
bedienen, wenn tatsächlicher Bedarf besteht. Zeigt das
ferngesteuerte Informationssystem an, dass ein Tank
nachgefüllt werden sollte, so wird automatisch eine Bestellung
und Fahrzeugdisposition initialisiert. Dies ist für beide Seiten
eine Erleichterung im Sinn eines Gewinner-Gewinner-Spiels.
Immer mehr Unternehmen (auch Kleinunternehmen) gehen
dazu über, im Rahmen von Clubkonzepten ihre Kunden in eine
Vielzahl von Aktivitäten, Veranstaltungen und Informationen
rund um das Kernprodukt - oder auch weit von ihm entfernt einzubinden. Gleichzeitig werden Kaufanreize für Produkte
geschaffen, die sich in ihrer „ursprünglichen“ Form im
Wettbewerb kaum unterscheiden.
Ein Standardprodukt bieten alle Unternehmen der Branche
ohne Probleme an - die Leistungen des Clubs allerdings nur
wenige. Dank dieser Philosophie werden statt einer gleich
zwei verschiedene Leistungen vom Kunden erworben.
Gesteigerter Umsatz (sofern die Clubmitgliedschaft entgeltlich
ist) bei einer höheren Kaufwahrscheinlichkeit. Hier einige
Beispiele für Clubkonzepte:
·
Vorreiter dieser Idee sind Zigarettenanbieter, die für
ihre Kunden eigene Clubwelten eröffnen, welche so
gut wie gar nichts mehr mit dem Rauchen zu tun
haben. Hierzu gehören „Camel-Clubs“ für den
wilden Abenteurer, „Marlboro-Reisen“, die mit der
entsprechenden „Marlboro-Modekollektion“ erst so
richtig schön werden, und diverse
„Philip-Morris-Aktionen“, welche sich mit der Welt
von morgen auseinander setzen.
·
Lego gründete den „Lego Builders Club“, und
Playmobil bietet für den „Playmobil-Fanclub“
Extra-Sets und Informationen an. So können
Bedürfnisse zielgruppenspezifisch entwickelt
werden. Über einen intensiven Dialog werden
gleichzeitig wichtige Informationen für den Anbieter
gewonnen. Wie sieht unsere Stammkundschaft insbesondere die A-Kunden - aus? Welche
Sonderwünsche werden artikuliert? Wo ist neues
Potential zu suchen? Welche Produktinnovation
käme bei den Kunden an?
·
Swatch fördert den „Swatch-Collectors-Club“ und
heizt somit die Jagd nach den raren Produkten des
Unternehmens erst richtig an. Gleichzeitig wird der
Mythos Swatch gepflegt.
·
Eine finnische Bank bietet Kunden im Seniorenalter
die Mitgliedschaft in einem Club an, die zum Kauf
ermäßigter Produkte verschiedenster Hersteller
berechtigt.
Der gewaltige Schritt, den ein Unternehmen mit der
Philosophie des Servicenutzens vollzieht, basiert also auf dem
intensiven Dialog und der wechselseitigen Beeinflussung von
Unternehmen und Kunden. Ergebnis dieser Symbiose ist ein
kunden- und marktorientiertes Service-Produkt-Konzept.
Bedeutung und Attraktivität der Dienstleistungs- bzw.
Serviceorientierung lassen sich noch anhand einiger
Ergebnisse verdeutlichen:
·
Serviceorientierte Unternehmen wachsen
bedeutend schneller als der Durchschnitt.
·
Sie erzielen höhere Preise.
·
Sie besitzen darüber hinaus das Potential, mehr
Marktanteile zu halten.
·
Der Markt für Service entwickelt sich häufig schneller
als das Produktgeschäft; dies ist z. B. in der
Computerbranche der Fall, wo der Gewinnzuwachs
beim Service höher ist als beim Hardwaregeschäft.
1
Erfolgsfaktoren
Anhand einiger genereller Thesen wollen wir Ihnen
nachfolgend unser Verständnis von einem kundenorientierten
Service mit hoher Akzeptanz verdeutlichen:
·
Service ist der Schlüssel für ganzheitliche
Gesamtlösungen. Nicht mehr das einzelne Produkt
und der kurzfristige Service gestalten das Verhältnis
zum Kunden, sondern die umfassende Lösung von
Kundenproblemen mit dem Ziel, langfristige
Bindungen aufzubauen.
·
Service ist ein Prozess, der vor dem Kauf einsetzt
und weit über die eigentliche Leistungserbringung
eines Unternehmens hinausgeht.
·
Service ist heute kein nettes Anhängsel mehr, um
Kunden zu locken, sondern entwickelt sich immer
mehr zu einem eigenständigen Produkt, das eine
eigene Strategie und Vermarktung verlangt. Die
leidliche und gefährliche „Nice-to-have“-Einstellung
gegenüber Service ist ein wichtiger Grund für das
äußerst defizitäre Servicemanagement, das wir
heute in vielen Unternehmen bzw. in einzelnen
Branchen beobachten können.
·
Erfolgsfaktor Mensch: Obwohl Kunden bei
verschiedenen Serviceleistungen ohne den
Menschen als Partner auskommen (z. B. am
Bankautomat, in der Autowaschanlage), erfordert
ein Großteil des Dienstleistungs- und
Servicemanagements einen intensiven
Menschenbezug. Dies gilt sowohl in Hinsicht auf die
Behandlung und Ansprache des Kunden als
individuelle Persönlichkeit als auch in Bezug auf die
Führung und Ausbildung der Mitarbeiter eines
serviceorientierten Unternehmens.
2
Servicedimensionen und -formen
Kundenorientierter Service kann folgende Dimensionen
haben:
·
Service als Gesamtlösung bietet umfassende
Betreuung, z. B. als Komplettlösung mit
Bereitstellung von Hard- und Software.
·
Service als eigenständiges Produkt erstreckt sich
über definierte Dienstleistungen, wie etwa
Unternehmensberatung oder Schulungen.
·
Service als Zusatzleistung umfasst weiterführende
Bereiche, z. B. einen Informationsservice oder ein
Umtauschrecht.
·
Service als Erlebnis beinhaltet die Wahrnehmung
der Serviceleistung durch den Kunden; dazu
gehören u. a. Faktoren wie Schnelligkeit,
Termintreue und Flexibilität.
Die nachfolgende Aufzählung sämtlicher Serviceformen
verdeutlicht darüber hinaus, wo für Sie Potentiale und
Ansatzpunkte im Sinn einer effektiven Servicekultur sind.
Klassische Dienstleistungen:
Sie werden als eigenständige Produkte von einem
Dienstleistungsunternehmen erbracht, das die
Servicebereitstellung als Kernaktivität des Unternehmens
betreibt. Hierzu gehören Hotels, Fluglinien, Reisebüros,
Makler, Banken usw.
Pre-Sales-Service:
Unter diesem Begriff können subsumiert werden:
Bereitstellung von Informationen oder eventuell auch schon
die Projektierung und Vorbereitung von Großvorhaben.
Gerade hier kommt es auf die scheinbaren
Selbstverständlichkeiten des Services (Freundlichkeit,
Einsatzbereitschaft für den Kunden usw.) an.
After-Sales-Service (umfasst Reparaturservice und
Additionalservice):
Reparaturservice: Ein hervorragender und
qualitätsorientierter Reparaturservice ist heutzutage für eine
langfristige Kundenbeziehung zwingende Voraussetzung.
Diese Feststellung wird durch folgende Ergebnisse
verschiedener Studien gestützt:
·
Kunden, die eine Reklamation angebracht haben,
werden, sofern der Mangel behoben wird, mit einer
hohen Wahrscheinlichkeit wieder bei dem
betreffenden Unternehmen kaufen. Haben die
Kunden das Gefühl, dass der Mangel schnell
behoben wurde, so steigt die Quote weiter.
·
Probleme und negative Erfahrungen werden durch
Kunden multipliziert. Im Durchschnitt erzählt ein
unzufriedener Kunde neun bis zehn anderen
Personen von diesem Vorfall.
·
Auch bei einem guten Reparaturservice tritt dieser
Multiplikatoreffekt auf. Im Durchschnitt wird diese
positive Erfahrung an fünf Personen weitergegeben.
Untersuchungen ergaben, dass der Wert eines
Kunden höher ist, als der Betrag, um den es bei
einer Reklamation geht. Dieser Wert eines Kunden
ist dann besonders hoch, wenn er potentiell eine
ganze Palette unterschiedlicher Produkte bei
demselben Unternehmen kauft.
Additionalservice: Die „After-Sales-Service“-Strategie eines
Unternehmens muss aber über das bloße Beheben von
Fehlern hinausgehen. Deshalb sollen weitere Formen des
Zusatzservices nach dem Kauf eines Produktes erwähnt
werden. Sie unterscheiden sich durch ihren zeitlichen
Abstand zum Zeitpunkt des Kaufes.
·
Direkt nach dem Kauf einsetzender Service: Er
erfolgt z. B. durch kostenlose Zustellung oder
Anlieferung und Inbetriebnahme einer Anlage oder
eines Systems mit Unterstützung des Herstellers,
durch Zahlungsziele oder Einweisung der Anwender.
·
Lieferservice: Die Leistungskriterien eines
Lieferservices sind u. a. Schnelligkeit, Termintreue,
eventuell räumliche Kundennähe für Selbstabholer
und Zuverlässigkeit im Hinblick auf vollständige und
richtige Lieferung.
·
Weit über den Kauf hinausgehender Service: In
diesem Bereich kann der Kooperations- und
Lenkungsgedanke zwischen Anbieter und Kunde am
besten realisiert werden. Der Einsatz eines
Spezialisten (z. B. aus der EDV-Branche) beim
Kunden sowie die Fehleranalyse bei Produkten bis
hin zur gemeinsamen Produktinnovation sind hier
exemplarisch zu nennen. Es ist dabei insbesondere
die Aufgabe des Außendienstes, jede
Kundeninformation aufzunehmen. Die Bereitstellung
einer Hotline (Servicetelefon) bei
Anwendungsproblemen ist ebenfalls eine effektive
Dienstleistung. Außerdem können eine langfristige
Garantie und die Zusicherung eines dauerhaften
Ersatzteilservices, wie er z. B. von
Porzellanherstellern praktiziert wird, in diese
Kategorie eingeordnet werden. Die genannten
Beispiele repräsentieren allerdings nur einen kleinen
Ausschnitt der „After-Sales-Service-Palette“. Die
Möglichkeiten sind auf diesem Gebiet - obwohl stets
branchenspezifisch - nahezu unerschöpflich.
Schulungsservice:
Diese Form lässt sich nicht eindeutig einer der beiden zuerst
genannten Servicearten zuordnen, denn Schulungen können
sowohl vor als auch nach dem Kauf angeboten werden.
Durch den engen Kontakt zu nicht leitenden Mitarbeitern des
Kunden, die häufig eine nicht zu unterschätzende
meinungsbildende Funktion im Unternehmen haben, lassen
sich gerade im Schulungsbereich Pluspunkte gewinnen,
welche die Einstellung zum Lieferanten nachhaltig prägen.
Beratungsservice:
Hierzu sind sämtliche entgeltlichen und unentgeltlichen
Beratungsleistungen zu zählen. Dies fängt bei der
fachmännischen Beratung im Einzelhandel (siehe auch
Pre-Sales-Service) an und reicht bis zur strategischen oder
organisatorischen Unternehmensberatung. Letztere kann
allerdings auch zu den konventionellen Dienstleistungen
gezählt werden.
Extraservice:
Diese Form der Zusatzleistung für den Kunden ist selten
planbar. Extraservice ist das Produkt einer Überzeugung, die
sich bei den Mitarbeitern eines Unternehmens durchgesetzt
hat: Dem Kunden soll etwas Überdurchschnittliches geboten
werden – ein Entgegenkommen, das er gar nicht erwartet
hat. Die Formen des Extraservices offenbaren sich dem
Kunden, wann immer er im Kontakt zum Unternehmen steht.
Abschließend noch zwei Beispiele für überdurchschnittlichen,
zuvorkommenden und vom Kunden nicht erwarteten
Extraservice:
·
Beispiel Nr. 1: Das Handelshaus Globus verspricht
seinen Kunden eine „Kassenbesetzungsgarantie“.
Sollte ein Kunde länger als fünf Minuten an einer
Kasse warten, so zahlt Globus eine Entschädigung
von fünf DM. Im Ausland wird dieser Service sogar
noch überboten. Hier werden große Anteile des
Kaufes zurückerstattet, falls mehr als fünf Personen
vor einem Kunden in einer Kassenwarteschlange
stehen sollten. Gegen schnellste Bedienung des
Kunden als Extraservice wird allerdings in
Deutschland von Mitbewerbern mit rechtlichen
Mitteln vorgegangen. Auf Initiative einiger
Konkurrenten des Handelshauses Globus klagt die
Wettbewerbszentrale gegen „ein übertriebenes
Anlocken von Kunden“.
·
Beispiel Nr. 2: Dies ist die Geschichte eines
katastrophalen Urlaubsbeginns und der Reaktion
einer hervorragenden Servicemannschaft. Der
verspätete Start des Flugzeugs war für die Kunden
gerade noch verzeihbar, hatte man doch drei
Wochen Cluburlaub im sonnigen Süden gebucht.
Doch die Kette der Unpässlichkeiten setzte sich fort.
Zunächst fiel die Klimaanlage im Flugzeug aus, und
die Hitze wurde unerträglich. Dem Wunsch nach
einer kühlenden Erfrischung konnten die äußerst
gereizten Flugbegleiter nicht nachgekommen, da
auch die Kühleinrichtungen nicht mehr
funktionierten. Darüber hinaus konnte für den
mehrstündigen Flug auch kein Essen angeboten
werden. Außerdem verkündete der Kapitän des
Fliegers den sichtlich genervten Fluggästen, dass
sich die Landeerlaubnis um einige Minuten
verzögern würde. Die Stimmung bei Passagieren
und Personal war auf dem Nullpunkt angelangt. Ein
Rechtsanwalt fungierte als Interessenvertreter der
verärgerten Clubgäste und nahm noch während des
Flugs die Beschwerden auf. Als man schließlich mit
einigen Stunden Verspätung am Reiseziel landete,
gaben die Passagiere zu verstehen, dass sie nie
wieder eine Reise mit dieser Fluglinie und diesem
Club buchen würden. Doch beim Erreichen der
Flughafenhalle wurden die Cluburlauber am Strom
der „normalen“ Reisenden vorbeigeleitet. Vor ihnen
breitete sich ein roter Teppich aus, der direkt auf ein
Büfett mit Erfrischungen und lukullischen
Köstlichkeiten des Reiselandes führte. Eine Band
spielte auf, und der Leiter des Clubdorfes
entschuldigte sich aufrichtig bei den Gästen und
versprach eine unbürokratische finanzielle
Entschädigung für die überstandenen Torturen.
Nach zwei Stunden waren der Gram und die
Regressansprüche in eine begeisterte Sympathie für
ein hervorragendes und schnelles Serviceteam
verwandelt. Man freute sich auf den Rest des
Urlaubs und war bereit, auch zukünftige Reisen bei
diesem Club zu buchen. So macht man aus
verlorenen Kunden treue Kunden. Der Name des
Veranstalters: Club Méditerranée.
3
Servicekonzept
Für Sie als Existenzgründer ist ein überlegtes Servicekonzept
ein entscheidender Schlüssel, um sich von Ihren
Konkurrenten abzuheben und Ihren Kunden einen
entscheidenden Mehrwert zu geben. Grundsätzlich sollten Sie
wie folgt bei der Definition Ihrer Servicepolitik vorgehen:
1. Analyse des Servicebedarfs und des bestehenden
Serviceangebotes im Rahmen der Kunden- und
Konkurrenzanalyse
2. Entwicklung eines eigenen Serviceprogramms, in dem Sie
sich damit auseinandersetzen, wie Sie Ihren Kunden durch
entsprechenden Service einen größeren Nutzen bieten
können, z. B. durch Erleichterung des Kaufs, der Nutzung und
der Entsorgung Ihrer Produkte.
3. Überprüfung der Servicepolitik durch Kundenkontakt mit
folgendem Fragenkatalog:
·
Kann der Kunde mit dem angebotenen oder
geplanten Service etwas anfangen?
·
Besitzt er das notwendige Vorwissen zur Nutzung
des Services, oder haben die Serviceelemente für
ihn keinen Wert, da er selbst ausreichendes
Spezialwissen oder -werkzeuge besitzt?
·
Welche Serviceelemente wünscht der Kunde?
·
Werden die Servicevorteile vom Kunden überhaupt
wahrgenommen?
·
Wie hoch sind Umsatz und Entwicklungspotential
des Kunden für die Kernprodukte bzw.
Kerndienstleistungen und den Service?
·
Welche Bedeutung hat der Kunde in der Branche?
Ist es ein ausbaufähiger Pionierkunde, ein
etablierter Marktführer oder ein rückläufiger Kunde?
·
Wie einheitlich kann oder individuell muss das
Serviceangebot gestaltet werden?
·
Ist die Nutzung eher selten und sporadisch, oder
liegt eine regelmäßige und vorhersagesichere
Nutzung vor?
·
Ist der Service eine bloße Annehmlichkeit für den
Kunden, oder hat er essentielle Bedeutung für das
Geschäft (z. B. Service beim Ausfall einer
EDV-Anlage)?
·
Wie häufig und regelmäßig nimmt der Kunde das
Serviceangebot in Anspruch und mit welcher
Dringlichkeit?
·
Wie sehen die konkreten Serviceleistungen und
–preise der Mitbewerber aus?
4. Einführung des Servicekonzeptes
5. Kontrolle der Serviceakzeptanz mit Hilfe der
„Bedeutungs-Eindrucks-Analyse“. Dabei werden für einzelne
Serviceleistungen (u. a. Verfügbarkeit, Flexibilität,
Kommunikation und Termintreue) die Faktoren „Bedeutung
für den Kunden“ und „Kompetenz des Serviceanbieters“
gegenübergestellt. Liegen die Werte für beide Parameter im
oberen Bereich, sollte Ihnen dies Ansporn geben, Ihre
Kundenbetreuung weiter auf hohem Niveau zu halten.
Besonders bei hohen Werten für „Bedeutung für den
Kunden“ und niedrigen für „Kompetenz des Serviceanbieters“
sollten Sie den Hebel ansetzen und Ihre Strategie
überdenken. Setzen Sie sich damit auseinander, ob Ihr
Einsatz zu niedrig ist bzw. ob und warum er nicht
entsprechend gewürdigt wird. Wird die Kompetenz bei
niedriger Bedeutung für den Kunden günstig beurteilt, leisten
Sie „zu viel des Guten“.
Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das
Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie,
Landsberg/Lech
Marketing
I X
IX
K U N D E N O R I E N T I E R U N G
K U N D E N O R I E N T I E R U N G
Erfolgreiche Existenzgründungen zeichnen sich durch ein
Höchstmaß an Kundenorientierung aus. Wir haben in diesem
Zusammenhang - neben den marktorientierten Visionen und
Grundsätzen - sechs wesentliche Eigenschaften identifiziert,
die nachfolgend kurz skizziert werden sollen.
1
Marktbeobachtung
Nach unserer Auffassung wird man in der Zukunft nur dann
erfolgreich am Markt agieren, wenn man mit äußerster
Aufmerksamkeit sämtliche Veränderungen und Entwicklungen
im Unternehmensumfeld beobachtet und im Hinblick auf ihre
Relevanz bewertet. Aus einer solchen Grundhaltung der
Wachsamkeit sollten Sie umgehend aktiv werden und
eigenständig Trends im Markt prägen. Dazu gehören etwa
die frühzeitige Einführung von neuen Produkten und
Technologien oder eine Vorreiterrolle beim Umweltschutz.
Reagierende Unternehmen geraten nämlich gegenüber
aktiven Unternehmen schnell ins Hintertreffen.
Ein interessantes Beispiel für die Dynamik und das Gespür
marktorientierter Unternehmen ist folgendes: Im Herbst 1992
trat der 13 Jahre alte Filmstar Macaulay Culkin in einer von
vielen Jugendlichen im Fernsehen verfolgten Filmpremiere
auf. Das Besondere an ihm waren seine Turnschuhe. Nun
stellen Turnschuhe wohl das am wenigsten
Außergewöhnliche an einem amerikanischen Teenager dar vereinzelt wird sogar gemunkelt, dass die Kids schon mit
Nikes, Reeboks oder L.A. Gears an den Füßen auf die Welt
kommen. Das Besondere an den Schuhen von Macaulay war
aber, dass er einen schwarzen und einen weißen Schuh trug.
Dies hatte eine für viele Mütter und Väter verheerende und
unverständliche Konsequenz. Am nächsten Tag machten sich
Tausende von amerikanischen Jugendlichen auf, um sich
ebenfalls zwei verschiedene Modelle zu kaufen. Aus einem
Gag wurde eine Modewelle. Eltern stöhnten unter den
Forderungen ihrer konsumfreudigen und trendbewussten
Kinder. Was hat dieses Beispiel mit einer marktorientierten
Unternehmensführung zu tun? Schuhhändler entschieden
sich prompt zum Angebot von zweifarbigen
Paarkombinationen. Die Kinder waren also nicht mehr
gezwungen, ihren Geldbeutel oder den der Eltern übermäßig
zu strapazieren, und die Absatzzahlen der Schuhhändler
ließen sich auf diese Weise steigern. Ein hervorragendes
Beispiel für ein kundenorientiertes
„Gewinner-Gewinner-Spiel“. Unmittelbar nach dem Auftritt
des Teenageridols stellten amerikanische
Sportschuhhersteller Überlegungen an, dieses
„Two-in-One“-Produkt als Artikel zu vertreiben. So konnten
sie eine neue Modewelle nutzen und ihren Händlern etwas
Unsicherheit bei der Aufteilung von Schuhpaaren nehmen.
Somit gab es schon drei aktive Gewinner!
Diese Unternehmen und Händler erreichen ein Höchstmaß an
Vernetzung mit ihren Kunden und dem Markt; sie erleben
Bedarfsverschiebungen und neue Trends unmittelbar und aus
dem Markt heraus, weil sie sich als einen integrierten
Bestandteil des Marktes verstehen. Sie sind kein externer
Beobachter, der wie ein träger Input-Output-Mechanismus
funktioniert.
Dazu gehört auch die Fähigkeit, dem Kunden genau
zuzuhören und auf die Wünsche und Bedürfnisse zu achten,
die dieser „zwischen den Zeilen“ formuliert. Geben Sie Ihren
Kunden so häufig wie möglich Gelegenheit, mit Ihnen in
Kontakt zu treten. Lassen Sie Ihre Kunden schimpfen,
kritisieren, reklamieren oder Verbesserungsvorschläge
machen. Veranstalten Sie z. B. in Ihrem Haus einen „Tag des
Kunden“. Hier kann ein intensiver Austausch zwischen Ihren
Mitarbeitern und den Kunden stattfinden, die sich wiederum
auch untereinander über die gemeinsamen
Problemstellungen austauschen können. Somit entwickelt
sich ein für alle Seiten fruchtbarer Dialog. Diese Form der
Kundenorientierung hat der amerikanische
Konsumgüterhersteller Procter & Gamble selbst für
Massenmärkte kultiviert. Auf sämtliche der annähernd
100 Produkte des Unternehmens ist eine gebührenfreie
Telefonnummer gedruckt. Aufgrund dieser Initiative werden
jährlich rund eine Dreiviertelmillion Anrufe mit den Kunden
abgewickelt. Hier können sie sich über den Schaum einer
Seife, über den Geschmack einer Zahnpasta oder über den
Strampelkomfort bzw. den Auslaufschutz von Windeln
beschweren. Ziel der Aktion ist es, Reklamationen
kundenfreundlich und schnell abzuwickeln und gleichzeitig
Ratschläge und Ansatzpunkte für Produktverbesserungen zu
finden.
2
Risikoorientierung
In Anbetracht der Erkenntnis, dass sich beträchtliche
Erfolgsspannen kurzfristig nur über neue, innovative Ansätze
und Produkte erreichen lassen, ist es erforderlich,
außergewöhnliche Leistungen am Markt zu platzieren. Diese
Tatsache verlangt jedoch nach einer risikofreudigen Haltung
und dem Mut zum Außergewöhnlichen, der auch einmal
Fehlschläge zulässt.
Die Bedeutung der Marktforschung als Grundlage für
unternehmerische Aktivitäten ging in den letzten Jahren
immer stärker zurück. Die spätere Wirklichkeit stellt sich in
einem immer größeren Maß anders als prognostiziert dar.
Langfristiges und vorsichtiges Planen wird immer schwieriger.
„Man muss immer häufiger und schneller handeln, während
man immer weniger weiß, was man eigentlich wissen
müsste.“1) Deshalb müssen an die Seite einer langfristigen
Planung immer öfter „Versuche“ und
„Probierentscheidungen“ treten, die auf der Grundlage von
intuitiven Entscheidungen beruhen. Das heißt nicht, dass Sie
auf den Aufwand für eine Marktanalyse verzichten können.
Wir empfehlen Ihnen aber, neben der sorgfältigen Analyse
der Geschäftsidee auch Raum für schnelle, intuitive und
situationsgebundene Marktentscheidungen zu lassen. Wenn
Sie eine Chance vermuten, dann ergreifen Sie sie, auch wenn
Sie sich noch nicht absolut sicher sind. Der Mut zum Risiko
gehört einfach dazu.
Abschließend wollen wir exemplarisch drei innovative und
kundenorientierte Ideen vorstellen, die verdeutlichen sollen,
welche Erfolge mit der Risikokultur, mit dem Mut zum Neuen
erreicht werden können:
Citibank – „Citi-Phone-Banking“: Eine hervorragende,
kundenorientierte Idee, die es dem Kunden ermöglicht, rund
um die Uhr Bankgeschäfte via Telefon abzuwickeln.
Überweisungen, Kontostandsabfragen oder Daueraufträge
können auch nachts angewiesen werden. Gleichzeitig baut
die Citibank – wie mittlerweile viele andere Banken auch - auf
vollautomatisierte Filialen mit Geldautomaten, die ebenfalls
24 Stunden am Tag genutzt werden können. So kann das
Unternehmen lästige Ladenschlusszeiten umgehen, senkt
seine Kosten und bietet erwerbstätigen Kunden die
Möglichkeit, Bankgeschäfte zum Zeitpunkt ihrer Wahl zu
erledigen. Ein Gewinner-Gewinner-Spiel auf der ganzen Linie.
Die Kunden honorieren dieses Angebot. Die Umsatzzahlen
und Zuwächse der Citibank sind überdurchschnittlich gut. Das
Beispiel findet immer mehr Nachahmer.
Sony – „Der Walkman“: Wer hatte vor Erfindung dieses
Gerätes das Bedürfnis, im Gehen oder an jedem beliebigen
Ort Musik zu hören? Sony weckte dieses Verlangen und
kreierte ein Produkt, das zur Legende wurde.
Arm & Hammer – „Das Backpulver im Kühlschrank“: Die
Vorgehensweise des amerikanischen Backpulverherstellers
ist ein wunderbares Beispiel für eine innovative
„Mut-zum-Neuen“-Kultur. Aufgrund der Tatsache, dass immer
mehr Frauen berufstätig sind, sank zwangsläufig die
Nachfrage nach Backpulver für das häusliche Backen.
Gleichzeitig entstand als Folge dieser Entwicklung eine
größere Nachfrage nach Fertigprodukten. Arm & Hammer
reagierte auf den Einbruch im Absatzmarkt. Man überlegte,
wozu man Backpulver noch verwenden könnte, und kam zu
dem Ergebnis, dass sich die Substanz aufgrund ihrer
chemischen Zusammensetzung hervorragend als
Geruchstilger für Kühlschränke eignen würde. Daraufhin
begann man mit der Vermarktung des
„Kühlschrank-Deodorants“. Arm & Hammer verkaufte es in
Doppelpackungen (für Kühl- und Gefrierschränke), empfahl
einen dreimonatlichen Austausch und brachte es schließlich
auch für Teppiche und Innenräume, als Desinfektionsmittel
für den Swimmingpool, als Badezusatz sowie als
Zahnpastabeimischung zur Bekämpfung von Zahnstein auf
den Markt. Diese mutige strategische Selbsterneuerung auf
völlig neuen Märkten sicherte dem Unternehmen vielleicht
sogar das Überleben.
3
Lernfähigkeit
Eine Grundvoraussetzung für die marktorientierte Führung
Ihres Unternehmens ist auch Ihre Lernfähigkeit. Dies
bedeutet, mit Veränderungen umgehen zu können und aus
neuen Entwicklungen im Umfeld neue Lösungen abzuleiten,
gleichzeitig aber auch, gemachte Fehler zu hinterfragen und
die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Nur wer dazu in
der Lage ist, erhält sich die Beweglichkeit zur Anpassung an
die ständigen Veränderungen des betrieblichen Umfeldes.
Der Kunde sollte bei dieser kritischen Selbstanalyse stets den
Schwerpunkt der Überlegungen bilden. Dabei kommt es aber
auch auf den Vergleich der eigenen Stärken und Schwächen
mit der Konkurrenz an.
Es reicht heute nicht mehr, bloßer Durchschnitt zu sein. Der
Markt und die Kunden verlangen heute stets die beste
Leistung zu möglichst geringen Kosten. Unternehmer, die hier
nicht ein ausreichendes Maß an Selbstkritik mitbringen,
verfallen zu schnell in Selbstgefälligkeit. Es ist immer wieder
festzustellen, dass eine unverständliche Zufriedenheit mit
bestehenden Produkten existiert und dass gleichzeitig
Prozesse und Kosten zu selten in Bezug auf ihre
Wettbewerbsfähigkeit hinterfragt werden.
4
Ehrgeiz
Kunden- und marktorientierte Unternehmen zeichnen sich
durch den unumstößlichen Willen aus, in der jeweiligen
Branche und für die jeweilige Zielgruppe die besten
Lösungen, das beste Preis-Leistungs-Verhältnis und den
besten Service anzubieten. Mittelmaß wird niemals
akzeptiert.
Es ist erstaunlich, wie viele Unternehmen sich heute
wissentlich mit unzureichenden Durchschnittslösungen
zufrieden geben. Es fehlt das Engagement, die Sache im
Sinne des Kunden besser zu machen. Wenn Unternehmen
klagen, dass sie nicht die Kompetenz für außergewöhnliche
Top-Leistungen besitzen, dann darf dies kein Vorwand sein,
sich aus der „To-be-the-best“-Pflicht davonzustehlen. Dieses
Eingeständnis ist vielmehr die Konsequenz aus der Tatsache,
dass im Unternehmen der Wille zur höchsten Qualität schon
seit längerer Zeit nicht existiert und dass man seit einiger
Zeit den Kontakt zur Leistungsspitze der Wettbewerber
verloren hat. Aufmerksamkeit und Gestaltungswille haben in
der Vergangenheit gefehlt; diese Defizite sind heute nicht
mehr wettzumachen.
Zur besseren Kundenorientierung sollten Sie sich mit zwei
Themenkomplexen auseinander setzen:
·
Was können unsere Mitbewerber heute? Ist dieser
Leistungsvorsprung auch wirklich für unsere Kunden
wichtig? Wenn ja: Warum ist die Konkurrenz besser
als wir? Wie können wir es im Sinne der Kunden
noch besser machen?
·
Was wollen unsere Kunden - was ist für sie „das
Beste“? Hier wird der kundenorientierte Charakter
dieser unternehmerischen Grundeinstellung
deutlich. Denn „das Beste“ ist nicht das, was wir für
exzellent halten, sondern immer das, was unsere
Kunden als das „Nonplusultra“ definieren. Dies kann
ein niedriger Preis ohne besondere
Qualitätsaspekte genauso sein wie ein Top-Produkt
mit überdurchschnittlichen Service- und
Qualitätsleistungen bei einem gleichzeitig sehr
hohen Preisniveau. Deshalb hat der
„To-be-the-best“-Wille nichts mit einer irrationalen
Besessenheit zu tun, sondern ist eine konsequente
Form der erfolgsorientierten Effizienzsteigerung.
Denn der Kunde kauft das, was er als „das Beste“
entsprechend seiner Bedürfnisstruktur definiert.
Insofern ist die Verpflichtung auf „das Beste“ eine
entscheidende Erfolgsposition kundenorientierter
Existenzgründungen.
5
Individualität
Wenn Sie eine kundenorientierte Unternehmenskultur
anstreben, dann kommt es darauf an, die persönliche
Beziehung zum Kunden in den Mittelpunkt aller Aktivitäten zu
stellen. Kunden- und marktorientierte Unternehmen sind
bestrebt, eine Vielzahl von Kontakten und Gesprächen mit
ihren Kunden zu haben. Der Austausch erfolgt dabei stets auf
menschlicher Ebene zwischen den Mitarbeitern und dem
Kunden als Individuum - mit all seinen Stärken und
Schwächen. Der Gedanke des „Beziehungsmanagements“ ist
deshalb für Ihre Startphase von äußerster Wichtigkeit. Dies
bedeutet für ein Unternehmen und insbesondere für seine
Mitarbeiter:
·
Den Kunden als Mensch kennen und Interesse für
ihn zeigen (es hat noch nie geschadet, wenn man
jemandem zum Geburtstag gratuliert hat oder wenn
man weiß, dass der Gesprächspartner dieses oder
jenes Hobby hat!). Dies bedeutet auch, dass man
den Kunden am Telefon oder bei direkten Kontakten
mit dem Namen anspricht, ihn im Unternehmen
einzuordnen weiß und seine Problemstellungen
genauestens kennt.
·
Freundlich, höflich und zuvorkommend zu sein. Eine
Forderung, die angesichts von Alltagserfahrungen
nicht häufig genug wiederholt werden kann.
·
Die permanente Suche nach Kontaktmöglichkeiten
mit den Kunden - auf den Kunden zugehen, nicht
warten, bis er kommt.
·
Das Denken in den Problemstrukturen des Kunden
und somit die Suche nach Lösungen für ihn.
Unsere Forderung nach einer sehr persönlichen und
menschlichen Selbstdarstellung der Unternehmen hat die
WertGarantie Technische Versicherung AG, Hannover,
hervorragend umgesetzt. Das Unternehmen verteilt an seine
Kunden Poster, auf denen neben den Durchwahlen zu den
einzelnen Fachabteilungen wie „Beiträge“, „Anträge“ oder
„Vertragsumschreibung“ Photos der jeweiligen
Sachbearbeiter zu sehen sind. So erlebt der Kunde, dass er
es bei der WertGarantie Versicherung mit Menschen zu tun
hat, und weiß stets, an wen er sich bei einem Problem zu
wenden hat. Durch diese menschliche Aufgeschlossenheit
sinken beim Kunden die Schwellenängste und steigen für das
Unternehmen die Möglichkeiten, in den Dialog mit dem
Kunden zu treten.
Unternehmenskultur wird auch als „Summe aller
Selbstverständlichkeiten in einem Betrieb“ angesehen.
Gerade der Aspekt des Selbstverständlichen zeichnet
Unternehmen aus, die die höchste Stufe der Kunden- und
Marktorientierung erreicht haben. Anweisungen,
Planungsrunden und Motivationsveranstaltungen werden
durch eine gelebte und überzeugte Kundenorientierung
überflüssig gemacht. Dabei zeichnen sich diese
Organisationen nicht nur durch hervorragende Produkte oder
Dienstleistungen aus. Ihre eigentliche Stärke liegt in den
Kleinigkeiten, in dem richtigen Verhalten zur rechten Zeit.
Zwei weitere wesentliche Aspekte des täglichen
Geschäftslebens, die auch für Sie früher oder später von
Relevanz sein werden, sind eine kundenorientierte
Telefonkultur und ein kundenorientiertes
Beschwerdemanagement.
1)Gerken, Gerd: Abschied vom Marketing – Interfusion statt
Marketing. 3. Auflage, Düsseldorf, Wien, New York 1991
Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das
Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie,
Landsberg/Lech
Marketing
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K U N D E N K O N T A K T E
K U N D E N K O N T A K T E
Wesentliche Faktoren für kundenorientiertes Auftreten sind
eine gepflegte Telefonkultur und ein funktionierendes
Beschwerdemanagement.
1
Telefonieren
Im telefonischen Umgang mit Ihrem Unternehmen können
sich aus Sicht des Kunden verschiedene Schwierigkeiten
ergeben. Kunden erreichen den gewünschten
Ansprechpartner nicht, da das Telefon ständig besetzt ist. Die
Mitarbeiter in der Telefonzentrale wissen nicht, wer für das
Anliegen des Anrufers zuständig ist. Häufig werden Kunden
mehrfach weiterverbunden. Der Gesprächspartner begrüßt
den Anrufer nicht freundlich, zeigt sich nicht kooperativ oder
gibt keine zufrieden stellende Antwort. Manche Mitarbeiter
verfügen über zu wenig Produkt- und
Dienstleistungskenntnisse.
Deshalb sollten Sie bestimmte Aspekte beherzigen:
Gewährleisten Sie telefonische Erreichbarkeit zu den üblichen
Geschäftszeiten. Eine darüber hinaus gehende Erreichbarkeit
– etwa an Wochenenden - wird von Kunden häufig nicht
erwartet, jedoch als besonderer Service angesehen. Anrufer
sollten bei Wartezeiten statt Musikberieselung eher
Informationen erhalten. Die Mitarbeiter Ihres Unternehmens
sollten Grundlagenwissen über Produkte und
Dienstleistungen haben. Versuchen Sie unter allen
Umständen, aus reklamierenden Anrufern zufriedene Kunden
zu machen.
Viele neu gegründete Unternehmen starten als
Einpersonenfirmen. Da die telefonische Erreichbarkeit für
Kunden häufig schwierig ist und manche Anrufer von
Anrufbeantwortern abgeschreckt werden, helfen Ihnen
folgende Tipps weiter.
2
Beschwerdemanagement
Ein aktives Beschwerdemanagement setzt vor, nicht nach
dem Eintreten des Ärgernisses ein; es vermeidet Probleme,
statt sie zu beheben. Pannen können und werden jedem
passieren. Sie gehören zum Geschäftsleben einfach dazu.
Deshalb gilt es auch hier, möglichst professionell mit diesen
Situationen umzugehen. Ein starker Service wird sich für Ihr
Unternehmen sicher auszahlen. Die meisten Kunden werden
Ihnen treu bleiben, wenn Sie eine Reklamation zufrieden
stellend beheben. Wenn Sie das Ganze auch noch schnell
bewerkstelligen, wird trotz seiner Beschwerde kaum ein
Kunde abspringen. Untersuchungen haben ergeben, dass die
Kundentreue bei prompter Behebung des Schadens auf bis
zu 95 % steigt. Außerdem müssen Sie berücksichtigen,
welche Multiplikatoreffekte mit einem schlechten
Pannenservice verbunden sind. Ein unzufriedener Kunde
erzählt zehn anderen von diesem Vorfall, eine positive
Pannenhilfe wird an fünf Personen weitergegeben.
Doch was tun, wenn der Kunde eine Erklärung für das
Versagen verlangt? Folgende Vorschläge für den Umgang mit
Reklamationen helfen Ihnen weiter. Sie geben Ihnen
Unterstützung, um das Problem souverän und mit einem
Höchstmaß an Kundenzufriedenheit zu lösen:
Seien Sie kreativ, und weichen Sie auch einmal von
gewohnten Pfaden ab. Schätzen Sie die Kosten der
Pannenhilfe und des möglichen Kundenverlusts richtig ein.
Versuchen Sie, umgehend zu handeln. Schulen Sie Ihre
Mitarbeiter entsprechend, und geben Sie Ihnen die
notwendigen Befugnisse.
Außerdem haben wir eine kleine Richtlinie für den Umgang mit
verärgerten Kunden aufgestellt. Denn gerade die
Beschwerde des Kunden eröffnet Ihnen - richtig genutzt ungeahnte Profilierungs- und Verbesserungschancen. Defizite
werden offensichtlich und können behoben werden.
Gleichzeitig können Sie Irritationen seitens des Kunden durch
ein schnelles Reagieren wieder gerade biegen bzw. zum
Positiven wandeln.
·
Bleiben Sie im Umgangston auch dann freundlich,
wenn der Kunde ungehalten wird.
·
Lassen Sie ihn sein Anliegen vortragen, ohne ihn zu
unterbrechen.
·
Versuchen Sie, sich in die Rolle des Kunden zu
versetzen.
·
Machen Sie sich Notizen, und halten Sie – falls nötig
– telefonische Rücksprache mit Ihren zuständigen
Mitarbeitern, um weitere Informationen zum
Sachverhalt zu bekommen.
·
Formulieren Sie den Ausgangspunkt der
Beschwerde noch einmal mit eigenen Worten, um
Missverständnissen vorzubeugen.
·
Entschuldigen Sie sich für die Mühe, die der Kunde
hatte – auch wenn die Beschwerde nicht
gerechtfertigt ist.
·
Behandeln Sie das Anliegen umgehend; falls dies
nicht möglich ist, sollten Sie in jedem Fall die
nächsten Schritte einleiten.
·
Geben Sie dem Kunden das Gefühl, dass sein
Problem gelöst wird.
Der Umgang mit Reklamationen stellt an Sie eine zentrale
Grundanforderung: die Verbindlichkeit. Beschwerden sind
prompt und ohne Einschränkung zu behandeln. Der Kunde
muss das Gefühl haben, dass man sich ernsthaft Gedanken
um sein Anliegen macht und nach einer Lösung sucht. Geben
Sie Ihrem Kunden Garantien, die ihm die sofortige Erledigung
des Problems glaubhaft machen. Wir schlagen folgende
Lösung vor: Teilen Sie Ihren Kunden mit, dass Reklamationen
in Ihrem Haus innerhalb von 24 Stunden abgewickelt werden.
Sollte dies aus bestimmten Gründen nicht möglich sein, so
sagen Sie eine Verständigung des Kundens über den Stand
der Dinge innerhalb des gleichen Zeitraums zu. Der Kunde
soll also stets wissen, woran er ist.
Bedenken Sie immer, dass die Reklamation ein
Entgegenkommen des Kunden ist. Er kommt auf Sie zu, er
zeigt Ihnen auf, wo Defizite und Verbesserungsmöglichkeiten
liegen. Zeigen Sie sich deshalb aufmerksam, dankbar und
hilfsbereit - nicht verärgert, unverständig und mit einer
passiven Verweigerungshaltung.
Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das
Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie,
Landsberg/Lech
Marketing
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V E R K A U F
V E R K A U F
Für viele Existenzgründungen ist der persönliche Verkauf
Grundlage für den Erfolg des Unternehmens. Leider ist immer
wieder festzustellen, dass viele Existenzgründer zwar die
tollsten Spezialisten auf ihrem Fachgebiet sind, aber beim
Verkauf ihrer Leistungsfähigkeit hoffnungslos untergehen.
Deshalb wollen wir Ihnen nachfolgend einige einfache
Werkzeuge an die Hand geben, mit denen Sie sich gezielt auf
Ihre Verkaufsgespräche vorbereiten können. Außerdem sollten
Sie überlegen, ob Sie unter Umständen ein Verkaufstraining
für den Aufbau Ihrer verkäuferischen Kompetenz belegen
sollten.
Doch das Wichtigste ist der permanente Kontakt zu Kunden
und damit die Übung des Verkaufens in der Praxis. Dabei
gehören auch Misserfolge zum Geschäft. Nicht jeder Kontakt
kann zu einem Abschluss führen - das gilt für die
routiniertesten Verkäufer genauso wie für den unerfahrenen
Existenzgründer. Hinterfragen Sie nach den ersten
Rückschlägen Ihr Angebot, und sprechen Sie insbesondere
auch mit Ihren Kunden darüber, warum sie sich nicht für Ihre
Leistungen entscheiden konnten. Nur so können Sie besser
werden und gewinnen gleichzeitig Sicherheit.
Beim Kunden spielt die Musik, und beim Kunden sollten Sie
deshalb stets präsent sein.
1
Telefonat
„Am Anfang war das Telefonat!“ Bevor Sie zum Kunden
gehen, sollten Sie telefonisch einen Termin vereinbaren. Der
ideale Vorbote für dieses Telefonat könnte z. B. ein kurzes
Anschreiben oder Mailing sein, in dem Sie auf dieses
Gespräch verweisen. Der Kunde ist somit vorinformiert und
weiß, was Sie ihm anbieten wollen.
Allerdings ist es nicht immer ganz einfach, an den richtigen
Ansprechpartner im Unternehmen zu kommen, weil Sie sich
häufig erst mehrmals verbinden lassen müssen. Die
Berücksichtigung folgender Punkte hilft Ihnen weiter:
·
Wählen Sie den richtigen Zeitpunkt: Viel
beschäftigte Manager sind selten zu normalen
Geschäftszeiten an ihrem Arbeitsplatz. Fragen Sie
die Sekretärin, wann ihr Chef zu erreichen ist.
·
Die Sekretärin ist Ihre Verbündete: Bei
entsprechender Höflichkeit von Ihrer Seite, wird
Ihnen die Sekretärin sicher weiterhelfen. Manchmal
ist es dann auch möglich, direkt mit ihr einen Termin
beim Chef zu vereinbaren.
·
Der ganze Name wirkt Wunder: Wenn Sie Vor- und
Zunamen des gewünschten Ansprechpartners
nennen, vermitteln Sie den Eindruck, dass Sie ihn
persönlich kennen. Somit steigen Ihre Chancen,
direkt verbunden zu werden, ohne lästige Fragen
beantworten zu müssen.
·
Nicht ausweichen: Vielleicht fehlt Ihnen der Vorname
der Person, mit der Sie sprechen wollen, oder die
Vorzimmerdame fragt nach dem Grund des Anrufes;
weichen Sie in diesem Fall nicht aus. Bei Angabe des
Grundes sollten Sie den Eindruck vermitteln, dass es
sich um Dinge handelt, die für den Chef wichtig sind.
Verweisen Sie konkret auf eine bestimmte Leistung
oder ein definiertes Angebot, das Sie ihm zugesandt
haben.
Mit einem Leitfaden können Sie Ihr Telefonat bewusst
vorbereiten. Er gibt Ihnen Sicherheit und hilft Ihnen bei der
Strukturierung des Gesprächs. Andererseits soll er Sie
natürlich nicht einengen. Gegen ein freies Gespräch, das Sie
an Ihr Ziel bringt, ist selbstverständlich nichts einzuwenden.
Für Anfänger ist der Leitfaden aber eine ideale Unterstützung
für die Terminvereinbarung mit einem Kunden.
Nach der Begrüßung Ihres Gesprächspartners, den Sie im
Gespräch zwei- bis maximal viermal mit seinem Namen
ansprechen sollten, nennen Sie den Grund Ihres Anrufes und
ein bis zwei Vorteile, die mit Ihrem Angebot verbunden sind.
Beispiel: „Guten Tag, Frau Fehse, hier spricht Matthias Keudel
vom Softwarehaus Muster und Partner. Ich rufe Sie an, um
mit Ihnen einen Gesprächstermin zu vereinbaren, bei dem ich
Ihnen unser Software- und Beratungskonzept XY vorstellen
kann. Mit XY können wir Ihre EDV-Kosten um mindestens
30 % senken. Außerdem können wir mit unserer Software die
Prozesse in Ihrem Haus optimieren.“
Wenn Ihr potentieller Kunde Interesse signalisiert, sollten Sie
im nächsten Schritt gleich einen Termin vereinbaren. Bieten
Sie zwei Termine an, und nennen Sie dabei Ihren
Wunschtermin an zweiter Stelle. In der Regel entscheidet
sich der Partner für diesen Termin. Außerdem behalten Sie so
das Heft in der Hand und können sicherstellen, dass der
gemeinsame Termin möglichst bald stattfindet. Bevor Sie sich
verabschieden, bestätigen Sie noch einmal Datum, Zeit und
Ort.
Noch eine Sache sollten Sie stets beachten: Telefonieren Sie
nur, wenn Sie „gut drauf“ sind. Die Gesprächspartner merken
sofort, wenn jemand widerwillig und schlecht gelaunt
telefoniert. Mit der richtigen Stimmung gewinnen Sie den
Menschen am anderen Ende der Leitung für Ihre Ideen. Sie
formulieren ideenreicher und reagieren souveräner auf
Einwände und Nachfragen.
2
Vorbereitung zum Verkaufsgespräch
Je besser Sie sich vorbereiten, desto kompetenter wirken Sie
auf Ihren potentiellen Kunden. Informieren Sie sich über
seine Branche, sein Unternehmen und über den Menschen,
mit dem Sie es zu tun haben. Sie brauchen nur etwas Zeit
und Disziplin, um auch beim Verkauf besser zu sein als Ihre
Mitbewerber.
3
Verkaufsgespräch
Herzlichen Glückwunsch - Sie haben Ihren ersten
Kundentermin organisiert. Ihr Verkaufsgespräch sollte sich
jetzt in sechs Stufen gliedern:
Stufe 1: Gesprächseröffnung: Schaffen Sie zu Beginn des
Gesprächs Atmosphäre. Geben Sie Ihrem Gesprächspartner und sich selbst - Zeit, um sich auf die neue Situation
einzustellen. Wer sofort auf den Punkt, auf das reine
Verkaufen kommt, der drängt seinen potentiellen Kunden in
die Ecke, was eher zu einer defensiven Abwehrhaltung führt
als zur offenen Gesprächsbereitschaft. Sprechen Sie zu
Beginn deshalb auch über Dinge, die nichts mit dem
Geschäftlichen zu tun haben. (Vielleicht fällt Ihnen sogar
etwas Besseres ein als das Wetter.)
Stufe 2: Erkennen der Kundenbedürfnisse: Es geht im
Verkaufsgespräch nicht um das, was Sie dem Kunden gerne
anbieten möchten, sondern primär um das, was der Kunde
braucht. Deshalb steht vor der Präsentation Ihrer
Leistungsfähigkeit logischerweise die Identifizierung der
Kundenwünsche.
Stellen Sie dabei offene Fragen - die so genannten
„W-Fragen“. W-Fragen beginnen mit warum, wodurch, wie
viel, womit, wer, wie, was, wann... Zum Beispiel: „Wie
organisieren Sie Ihre Konstruktion?“, „Wodurch
gewährleisten Sie die EDV-Sicherheit in Ihrem Haus?“,
„Womit steuern Sie die zukünftige Entwicklung Ihres
Unternehmens?“
Diese Fragen lassen Raum. Sie animieren Ihren
Gesprächspartner zum Reden und erbringen eine Fülle an
unterschiedlichen Informationen, nach denen Sie
möglicherweise gar nicht gefragt haben, die Ihnen aber sehr
viel weiter helfen. Wer dagegen geschlossene Fragen stellt auf die man mit Ja und Nein antworten kann -, erntet Jas und
Neins. Frage: „Haben Sie schon über eine neue Maschine
nachgedacht?“ Antwort: „Ja.“ Dieser kleine Dialog zeigt
Ihnen, dass die Antworten auf geschlossene Fragen im
Grunde keinen Informationsgehalt haben, weil Sie immer von
der Annahme eines bestimmten Sachverhaltes Ihrerseits
ausgehen. „Vielleicht hat der potentielle Kunde schon einmal
über eine neue Maschine nachgedacht?“ mutmaßte der
Frager für sich. Hätte er aber gefragt: „Wann haben Sie das
letzte Mal über den Kauf einer neuen Maschine
nachgedacht?“, dann hätte er schon eine ganz andere
Informationsqualität generieren können. Der Frager sieht, ob
das Problem akut ist oder noch kein Problembewusstsein
besteht.
Fazit: Ermuntern Sie Ihren Gesprächspartner zum Reden, und
verschaffen Sie sich einen umfassenden Eindruck von Ihrem
Kunden - die offenen Fragen helfen Ihnen dabei.
Stufe 3: Präsentation: Nachdem Sie sich langsam an die
Probleme und Bedürfnisse Ihres Kunden herangetastet
haben, kommen Sie nun an den Punkt der
Leistungspräsentation. Jetzt zeigen Sie, was Sie können und
wie Sie die Probleme des Kunden lösen wollen. Auch hier gilt
es, kundenorientiert zu kommunizieren. Zeigen Sie Ihrem
Gesprächspartner Vorteile und Nutzen auf, und projizieren
Sie diese Potentiale direkt auf seine Person.
Dies bedeutet konkret: Werden Sie sich zunächst einmal
bewusst, was Ihr Angebot auszeichnet. Welche
Leistungsmerkmale können Sie bieten? Ein Beispiel dafür ist
etwa eine Software mit modularem Aufbau. Im zweiten
Schritt leiten Sie von dem Leistungsmerkmal entsprechende
Vorteile ab (bei einer Software mit modularem Aufbau liegt
der Vorteil z. B. in einer kostengünstigen, bedarfsorientierten
Implementierung).
Die tatsächliche Präsentation gegenüber dem Kunden ist
dann die Darstellung des Vorteils in der „Sie-Anrede“. Hier
verpacken Sie den Nutzen in einer Form, die Ihrem
Gesprächspartner klar verdeutlicht, was der Vorteil für sein
Unternehmen oder seine Person bedeutet. Unser
Software-Beispiel würde der Verkäufer dann wie folgt
formulieren: „Unsere Software können Sie - dank des
modularen Aufbaus - kostengünstig und entsprechend Ihren
individuellen Bedürfnissen installieren.“ Somit zeigen Sie dem
Kunden, was der Vorteil für sein Unternehmen bringt.
Mit dieser Systematik und Präsentationstechnik, die
ausschließlich die personen- bzw. organisationsbezogenen
Vorteile in den Vordergrund stellt, gewinnen und begeistern
Sie Ihre Kunden. Diese erleben unmittelbar, welcher Nutzen
mit Ihrem Angebot verbunden ist, und müssen nicht
hinterfragen, was das Angebot für ihre Organisation
bedeutet. Verzichten Sie darauf, ausschließlich
Leistungseigenschaften aufzuzählen. Das hat wenig mit dem
Kunden und seinen Problemen zu tun. Präsentieren Sie
Lösungen!
Stufe 4: Bedenkenzerstreuer: Leider werden Sie selten eine
Verkaufssituation erleben, in der Ihr Gegenüber keine
Einwände oder Bedenken äußert. Das gehört einfach dazu.
Doch auch auf die Bedenken können Sie sich vorbereiten,
zumal im Vorhinein abschätzbar ist, wo Stolpersteine und
Bedenkenpotentiale liegen. Nichts ist schlimmer, als
unvorbereitet und ohne Konzept mit Einwänden konfrontiert
zu werden. Selten fällt einem spontan eine passende,
geschweige denn eine ideale Antwort ein. Ist der Termin
dann gelaufen (ohne Abschluss), ärgert man sich unendlich,
weil einem auf der Heimfahrt zahlreiche Lösungsansätze
einfallen. Dann ist es aber zu spät.
Sie können sich jedoch auf diese Situationen vorbereiten.
Notieren Sie die häufigsten Bedenken, und formulieren Sie zu
jedem Punkt die ideale, wohlüberlegte Antwort. Sie sollten
diese Aufstellung nach jedem Termin ergänzen.
Gehen Sie beim Zerstreuen von Einwänden wie folgt vor:
·
Fragen: „Was meinen Sie genau damit?“ So
gewinnen Sie Zeit, um sich auf Ihr
Bedenkenzerstreuen vorzubereiten. Gleichzeitig
erfahren Sie mehr über die Zweifel des Kunden, und
dieser fühlt sich ernst genommen. „Man kümmert
sich um meine Bedenken“, denkt Ihr Kunde.
·
Isolieren: „Wenn dieser Nachteil nicht wäre, würden
Sie dann kaufen?“ Werden Sie sich darüber klar, ob
dieser Einwand der einzige Knackpunkt für einen
Kauf oder eine Zusammenarbeit ist. Wenn ja, dann
gehen Sie zum nächsten Schritt über:
·
Bedenken zerstreuen: Liefern Sie hier die
Argumente, die Sie mit Ihrem Bedenkenzerstreuer
vorbereitet haben.
Stufe 5: Preispräsentation: Um diese Frage kommen Sie nicht
herum: „Was kostet das?“ Weichen Sie nicht aus und machen
Sie auf gar keinen Fall Preisangebote, die sich für Sie nicht
tragen, nur um an einen Auftrag zu kommen. Gerade in Ihrer
Startphase dürfen Sie sich nicht unter Wert oder gar ruinös
verkaufen. Doch auch der Preis kann angenehm verpackt
werden:
·
Durch die „Plus-Minus-Plus“-Technik: Hier steht Plus
für einen Vorteil und Minus für den Preis. Packen Sie
Ihren Preis also zwischen zwei Vorteile: „Die
modulare Software erhalten Sie für 1.250 DM
inklusive zwei Jahre Wartung und Service.“ Nehmen
Sie nicht die Worte „Preis“ oder „Kosten“ in den
Mund, da diese sehr negativ besetzt sind.
Formulieren Sie positiv wie in unserem Beispiel, oder
sprechen Sie von Investitionen: „Für diesen
Komplettservice investieren Sie pro Monat 500 DM
und bekommen gleichzeitig ein jährliches
Gutachten.“
·
Verkleinerungstechnik: 12.000 DM im Jahr ist viel.
1.000 DM im Monat ist genauso viel über das
gesamte Jahr gesehen - hört sich aber nach viel
weniger an. Erschrecken Sie Ihren Kunden nicht mit
Gesamtpreisen, sondern formulieren Sie
psychologisch geschickt, indem Sie den Preis
verkleinern. Wenn Sie Tagessätze haben, dann
können Sie auch Stundensätze angeben. Wenn Sie
modulare Angebote haben, dann nennen Sie den
Preis eines einzelnen Moduls und nicht den Preis
des Gesamtpakets.
Trotz aller Mühen kann es Ihnen passieren, dass Ihr Kunde
die unangenehmste Antwort auf den Preis gibt, die Sie sich
vorstellen können: „Zu teuer.“ Doch auch auf diesen Satz
können Sie sich vorbereiten. Wir schlagen Ihnen
nachfolgende Reaktionen auf ein „Zu teuer“ vor, die Ihnen
Raum geben, um Ihren Preis oder Ihr Angebot anzupassen
bzw. um Fehleinschätzungen Ihres Gesprächspartners zu
korrigieren.
·
„Im Verhältnis wozu sind wir zu teuer?“
·
„Womit vergleichen Sie den Preis?“
·
„Lassen Sie uns einmal das
Preis-Leistungs-Verhältnis anschauen.“
·
„Angenommen, wir finden im Preis eine Lösung:
Würden Sie dann kaufen?“
·
„Womit vergleichen Sie uns?“
·
„Können wir uns das Angebot und die Leistungen
des Wettbewerbers anschauen?“
·
„Wie viel liegen wir über Ihren Vorstellungen?“
·
„Auf welche Leistung würden Sie verzichten?“
Stufe 6: Abschließen: Die Angst des Schützen vor dem
Elfmeter ist vergleichbar mit der Angst des Verkäufers vor
dem Abschluss. Doch Sie kommen um die Frage nicht herum:
„Wollen Sie kaufen?“ Viele Menschen trauen sich kaum, diese
Frage zu stellen; damit tun sie so, als wäre das Hauptziel
ihrer Existenzgründung - zu verkaufen, um Umsatz zu
machen - ein unmoralisches Ansinnen. Deshalb stellen wir
Ihnen zum Abschluss des Verkaufsgesprächs einige
Abschlusstechniken vor, die Sie vor Ihrem ersten
Verkaufsgespräch eventuell trainieren sollten. Entscheiden
Sie sich für zwei bis drei Varianten, und setzen Sie diese
Techniken dann bewusst ein:
·
Direkte Methode: „Wollen Sie das Produkt XYZ
kaufen?“ oder „Wollen Sie mit mir entsprechend der
Projektkonzeption zusammenarbeiten?“
·
Wahlmethode: „Wollen Sie die Variante A oder die
Variante B kaufen?“ Hier wird die Entscheidung für
den Kauf geschickterweise von Ihnen
vorausgesetzt. Der Kunde muss entweder
widersprechen, oder er gibt Ihnen die Vorlage zum
Abschluss des Vertrages: „Ich nehme Variante A.“
·
Annahmetechnik: „Wo soll das Gerät hingestellt
werden?“ Hier nehmen Sie einen bestimmten
Sachverhalt an und leiten damit zum Abschluss über
(ähnlich wie in oben genannter Wahlmethode).
·
Verweis auf Zubehör: Ähnlich wie
„Annahmetechnik“. „Wollen Sie die Anlage mit dem
KT2- oder dem KT3-Adapter?“
·
Positive Einstimmung: Hier nennen Sie zunächst
einige Vorteile in der Sie-Anrede, um danach mit der
„direkten Methode“ abzuschließen. „Sie haben
gesehen, dass Sie durch unsere Software folgende
Vorteile haben: Sie senken Ihre Kosten, erhöhen
Ihre Produktivität und optimieren Ihre Prozesse.
Wollen sie die Software in Ihrem Haus einsetzen?“
·
Balancetechnik: Vergleichbar mit der „positiven
Einstimmung“, wobei im Sinne einer Objektivierung,
die dem Kunden Ehrlichkeit vermittelt, auch
Problembereiche der Zusammenarbeit aufgezeigt
werden. „Sie haben gesehen, dass Sie durch unsere
Software Ihre Kosten senken und Ihre Produktivität
erhöhen. Ich denke, dass wir auf jeden Fall das
Problem der Integration in die bisherige
Softwareumgebung lösen können. Aber eines ist
sicher: Mit dem neuen Programm optimieren Sie Ihre
Prozesse. Wollen Sie es in Ihrem Haus einsetzen?“
Wenn Sie diese Techniken bewusst einsetzen, bleibt Ihnen
nur noch eines zu wünschen: Machen Sie Kundentermine,
und überzeugen Sie Ihre Kunden von Ihrer Geschäftsidee.
Viel Erfolg!
Carsten Rasner/Karsten Füser/Werner G. Faix: Das
Existenzgründer-Buch, © 1997 verlag moderne industrie,
Landsberg/Lech
Marketing
X I I
G E S C H Ä F T S B R I E F
A L S
M A N A G E M E N T - I N S T R U M E N T
XII
G E S C H Ä F T S B R I E F A L S
M A N A G E M E N T - I N S T R U M E N T
1
Was der Empfänger zuerst liest
Studien über die Augenbewegungen von Brieflesern zeigen,
dass die meisten von ihnen folgendermaßen vorgehen:
·
Der erste Blick gilt der Anrede (in einem nicht
personalisierten Brief der Überschrift/Headline).
·
Danach werfen die meisten Leser einen Blick auf die
Unterschrift, um zu sehen, wer da schreibt.
·
Der dritte Blick gilt dem PS, sofern es eines gibt.
·
Dann geht der Blick wieder nach oben zur Anrede,
und erst jetzt beginnt der Leser mit der Lektüre des
ersten Absatzes.
2
Qualifikation zum beruflichen Schreiben
In den siebziger Jahren erkannte die amerikanische
Industrie, dass die Leistungsfähigkeit der Wirtschafts- und
Industriebetriebe in den USA wegen der schlechten
schriftlichen Kommunikationsleistungen ihrer Manager in
Gefahr geriet. Damals wurde das Defizit im beruflichen
Schreiben an den US-amerikanischen Universitäten und in
den Wirtschaftsbetrieben der USA zum Motor einer Offensive
zum Schreiben lernen.
Während in anderen Bereichen amerikanische Erkenntnisse
und Entwicklungen nur zwei bis drei Jahre brauchten, bis sie
nach Deutschland gelangten und hier adaptiert wurden,
dauerte es in diesem Fall fast zwanzig Jahre. Erst in den
neunziger Jahren wurde die große Bedeutung beruflichen
Schreibens auch in den deutschsprachigen Ländern erkannt.
Das hochschuldidaktische Zentrum (HDZ) an der
Alice-Salomon-Fachhochschule Berlin untersuchte 1995, wie
es mit der Qualifikation deutscher Manager beim beruflichen
Briefeschreiben aussieht. Befragt wurden 500 führende
deutsche Industrie- und Wirtschaftsbetriebe.
Das Ergebnis: Die deutschen Entscheidungsträger verbringen
mindestens 20 % ihrer Arbeitszeit mit dem Diktieren oder
Entwerfen von Schreiben. Fast drei Viertel der befragten
Unternehmen messen der Bedeutung des beruflichen
Schreibens eine hohe bzw. sehr hohe Bedeutung bei (72 %).
Aber viele Entscheidungsträger in Deutschland haben
offenbar Probleme mit dem beruflichen Schreiben: 84 % der
befragten Betriebe gaben an, dass sie Schwierigkeiten im
beruflichen Schreiben bei Entscheidungsträgern kennen.
Und wo liegen die Schwierigkeiten?
·
36 % haben Probleme beim Verfassen/Entwerfen,
also bei Wortwahl und Ausdruck.
·
23 % haben Schwierigkeiten beim Gliedern.
·
15 % fällt auf Anhieb nichts ein; ihnen mangelt es
an Schreibideen.
Trotz der offensichtlichen Probleme beginnen die Betriebe
und Weiterbildungseinrichtungen allerdings erst allmählich,
das berufliche Schreiben zu fördern. Zum Zeitpunkt der
Befragung kannten 82 % der antwortenden Betriebe kein
einziges betriebsinternes Förderprogramm im Bereich
beruflichen Schreibens. 91 % kannten auch kein externes
Weiterbildungsprogramm in diesem Sektor. Das heißt: Unsere
führenden Wirtschafts- und Industriebetriebe waren zum
Zeitpunkt der Befragung bei der Lösung der
Schreibschwierigkeiten ihrer Manager auf sich gestellt und
nahezu ohne professionelle Hilfe.
Zum Vergleich:
·
Über 300 US-Hochschulen bieten Curricula für
berufliches Schreiben an.
·
Alle US-Großunternehmen haben berufliche
Schreib-Lern- und Schreib-Beratungszentren
aufgebaut.
3
Wie Manager(innen) bessere Briefe schreiben
Die zehn Gebote für Führungskräfte:
1.
Stellen Sie alle benötigten Unterlagen zusammen.
Bevor Sie mit der Konzeption Ihres Briefes
beginnen, lassen Sie zunächst alle erforderlichen
Informationen, Daten und Schriftstücke
zusammenstellen. Dazu gehören der
vorhergehende Schriftverkehr, juristische
Informationen, Stellungnahmen Ihrer
Sachbearbeiter, Telefon- und Aktennotizen,
Produktionszahlen, Preislisten usw. Je nach
Textsorte und Schreibanlass können solche Texte
auch Zeitungsausschnitte, Annoncen, Kopien aus
biographischen Nachschlagewerken, Rechnungen,
Zitaten- und Anekdotensammlungen usw. sein.
Nichts ist misslicher, als wenn Ihnen anschließend
beim zügigen Formulieren die Unterlagen nicht zur
Hand sind.
2.
Legen Sie eine Stoffsammlung an. Schreiben Sie
zunächst stichwortartig und in beliebiger
Reihenfolge alle Ideen, Informationen, Argumente
für Ihren Brief auf ein leeres Blatt. Sie können
anschließend die abgearbeiteten Stichwörter
durchstreichen oder abhaken. So sind Sie sicher,
dass Sie nichts vergessen haben.
3.
Bringen Sie Ordnung in Ihre Stichwortsammlung.
Fassen Sie die Stichpunkte thematisch zusammen.
Gliedern Sie in Hauptthemen und Unterpunkte.
Legen Sie die Reihenfolge Ihrer Argumente fest: das
wirksamste am Schluss! Entscheiden Sie, welche
Punkte in einen kurzen Einstieg gehören, welche in
die Zusammenfassung usw. Entweder Sie schreiben
Ihre Stichwortsammlung in der neuen Ordnung ab,
oder Sie nummerieren hierarchisch durch.
4.
Schauen Sie sich unsere Briefbeispiele an, selbst
wenn Sie keinen Musterbrief oder Textbausteine
übernehmen, sondern einen ganz eigenständigen
Brief formulieren wollen.
5.
Denken Sie über Ihren Kommunikationszweck nach.
Fragen Sie sich: Was soll mein Brief beim
Adressaten bewirken? Konkret: Was soll der
Adressat zu sich selbst, seinem Assistenten oder
seiner Sekretärin sagen, wenn er meinen Brief
gelesen hat? Stellen Sie sich diesen Satz
wortwörtlich vor, den der andere sagen soll! Und
formulieren Sie Ihren Brief nach Möglichkeit so, dass
diese Reaktion und keine andere erfolgt. Wenn Sie
sich also klar sind, was Sie mit Ihrem Geschäftsbrief
erreichen wollen, haben Sie auch jetzt noch die
Möglichkeit, Ihre geordnete Stoffsammlung im Sinne
Ihrer kommunikativen Absicht zu modifizieren.
6.
Stellen Sie sich den Briefempfänger konkret vor.
Bevor Sie mit dem Diktat oder Schreiben beginnen,
sollten Sie wissen, in welcher Verfassung sich der
Adressat befindet - geistig und seelisch. Was weiß
er bereits? Was wünscht er zu wissen, zu erfahren?
Konkret: Was würden Sie zu erfahren wünschen,
wenn Sie an seiner Stelle wären? Wenn Ihr Brief ein
Antwortschreiben ist: Wonach hat der Briefschreiber
gefragt? Worum genau hat er Sie gebeten? Aus
Ihrem Kommunikationszweck und der Situation des
Briefempfängers ergibt sich die Wahl Ihrer
Formulierungen. Fragen Sie sich: Mit welchen
Worten kann ich mein Ziel bei meinem Adressaten
am besten erreichen?
7.
Bringen Sie Ihre Persönlichkeit in den Brief ein. Sie
spielen - ob Sie es wollen oder nicht - eine Rolle; Sie
repräsentieren Ihre Firma. Bringen Sie Funktion und
Persönlichkeit angemessen, aber ohne Arroganz
ein; lassen Sie eine persönliche Ansprache in den
Brief einfließen. Denken Sie daran: Der Leser ist bei
der Lektüre in seinem Büro allein. Formulieren Sie
möglichst so, dass Ihr Briefpartner den Eindruck hat,
Sie seien präsent!
8.
Schreiben (oder diktieren) Sie den Entwurf möglichst
schnell. Schnelles Schreiben und Diktieren bewahrt
Sie vor dem Abschweifen. Wenn Sie eine
Schreibmaschine benutzen, hauen Sie in die Tasten
ohne Rücksicht auf korrekte Rechtschreibung.
Machen Sie es in dieser Beziehung wie die
Journalisten und Schriftsteller. Es ist wichtiger, dass
Ihnen die richtigen Gedanken zufliegen und der rote
Faden nicht reißt, als dass verdrehte Buchstaben
oder falsche Zeichensetzung Sie in diesem ersten
Arbeitsgang aufhalten. Wenn Sie einen Computer
mit Textverarbeitungsprogramm benutzen, lassen
Sie alle Sonderfunktionen ausgeschaltet, die Sie
bremsen würden. Überarbeiten Sie den Text später.
9.
Lassen Sie wichtige Briefe gegenlesen. Es ist nicht
immer leicht, sich vorzustellen, wie Briefe auf einen
Adressaten wirken. Wichtige Briefe sollten Sie daher
unbedingt gegenlesen lassen. Runzelt der Leser an
irgendeiner Stelle die Stirn oder versteht er eine
Formulierung nicht auf Anhieb, sollten Sie handeln.
Auch wenn Ihr Text sprachlich korrekt ist, sind
stilistische Änderungen angesagt.
1 0 . Gewinnen Sie Abstand, und geben Sie dem Ganzen
dann den letzten Schliff. Nichts überstürzen! Das gilt
auch für Ihre Geschäftspost. Schicken Sie kein
Schreiben unmittelbar nach dem Diktat ab, auch und
gerade die schwierigen und problematischen
Schreiben nicht. Im Zorn geschriebene Briefentwürfe
haben die Funktion, dass Sie sich selbst
abreagieren. Dagegen ist im Prinzip nichts
einzuwenden. Aber warten Sie bitte ein paar
Stunden oder einen Tag, damit Sie sich entspannen
können! Nehmen Sie sich Zeit bis der Zorn verraucht
ist, bis Sie wieder über den Dingen stehen und
Distanz gewonnen haben. Senden Sie das
Schreiben vorher nicht ab! Bedenken Sie, dass ein
einmal abgesandter Brief sich nicht mehr
zurückholen lässt. Ein im Zorn versandter Brief kann
kaum ein guter Brief sein - denn er verstößt gegen
das taktisch wichtigste Gebot des erfolgreichen
Schreibens. Und dieses Gebot lautet, dass Sie nicht
nur sich selbst im Auge behalten, sondern sich vor
allem auch in die Situation des Empfängers
versetzen sollen! Die beste Zeit, einen Brief vor
Absendung noch einmal durchzusehen, ist der
Morgen des folgenden Tages. Einmal „drüber
schlafen“ tut jedem Text gut! In unserer von
Zeitknappheit bestimmten Geschäftswelt ist dies
zwar immer seltener möglich, aber versuchen Sie es
dennoch. Bedenken Sie, wie viel Schaden ein zu früh
abgesandter Brief verursachen kann. Bedenken Sie
aber auch, wie viel Freude und Erfolg ein gut
durchdachtes und gut formuliertes Schreiben
auszulösen vermag. Unterschätzen Sie nicht das
Potential, das in richtig gesetzten Worten liegt!
Millionengeschäfte sind hierdurch schon in die Wege
geleitet worden.
Ein gut gespanntes und engmaschiges Informationsnetz ist
gerade im Bereich der politischen und wirtschaftlichen
Führungskommunikation sehr sinnvoll. Mit den richtigen
Werkzeugen und dem nötigen Wissen lässt sich leicht an die
Stelle schlechter Informationswege ein effizientes
Kommunikationsnetz setzen.
4
Wie Sie mit Kleinigkeiten Wunder bewirken
Die amerikanische Etikette-Spezialistin Letitia Baldrige notiert
in Ihrem Buch Complete Guide to Executive Manners: „Es ist
eine Tatsache, dass jemand, der einem anderen ein paar
anerkennende Zeilen schreibt, damit eine starke Beziehung
aufbaut.“
„Kleinigkeiten bedeuten alles im Business“, fügt sie hinzu und
berichtet von einer aufmerksamen Sekretärin, die ihrem Chef
jeden Mittag eine Briefkarte mit einem adressierten Umschlag
auf den Schreibtisch legt, bevor er zu Tisch geht. Er braucht
sich beim Essen nur ein oder zwei Sätze zu überlegen, die er,
sobald er zurückkehrt, auf die Karte schreibt. Dann seinen
Namen darunter gesetzt - und fertig!
Dies geht übrigens auch mit jedem maschinenschriftlichen
Schreiben, das Sie mit der Hand um einen Satz ergänzen,
darunter noch mit Ihrer Feder die Schlussformel und Ihre
Unterschrift - und schon ist aus einem völlig normalen ein
besonders persönlicher Brief geworden! Es lohnt sich, auf
solche Details Gewicht zu legen. Das kostet Sie fast nichts.
Doch Sie werden sich wundern, was es bewirkt.
Je eingespielter die Zusammenarbeit mit Ihrem Sekretariat,
desto müheloser werden Sie auf diese Art Ihr
Kommunikationsnetzwerk aufbauen und pflegen können was uns Gelegenheit gibt, die zentrale Bedeutung eines
funktionierenden Vorzimmers für die interne und externe
Kommunikation hervorzuheben.
Tun Sie gleich heute den ersten Schritt, diesen Empfehlungen
zu folgen. Schaffen Sie sich - wenn Sie etwa nur Kugel- oder
Faserschreiber benutzen - einen hochwertigen Federhalter
an: Auf keinen Fall einen Wegwerffüller - wählen Sie etwas
Kostbares.
5
Wie Sie Briefe mit Ausdruck und Stil verfassen
Um den Begriff „Stil“ zu erklären, wird oft auf den antiken
Ursprung des Wortes zurückgegriffen. In der Antike nämlich
benutzten die römischen Geschäftsleute und Anwälte ein im
wahrsten Wortsinne „einprägsames“ Mittel, um sich Notizen
zu machen. Sie schrieben auf dünne, gerahmte Holztäfelchen,
die auf der Vorderseite (innerhalb des Rahmens) mit Wachs
überzogen waren. Dazu verwandten sie einen „stilus“, d. h.
einen schlanken Stift aus Holz, Silber oder sonstigem Metall.
Und da jeder seinen eigenen „stilus“ besaß - und auch seine
eigene Art, ihn zu handhaben - erkannte man an seinem
Schriftbild sehr bald seinen persönlichen „Stil“.
Aber diese Herleitung aus der Wortbedeutung erklärt
natürlich längst nicht das Wesentliche des sprachlichen Stils.
„Stil“ ist nämlich keineswegs nur Ausdruck der individuellen
Persönlichkeit des Schreibers oder Sprechers. „Stil“ ist auch
abhängig von der Sache, um die es geht. Über ein
Fußballspiel sprechen oder schreiben Sie ganz anders als
über ein Kreditgesuch. „Stil“ ändert sich auch je nach dem
Anlass, zu dem Sie kommunizieren. Bei Glückwünschen zu
einem 70. Geburtstag formulieren Sie förmlicher, festlicher,
persönlicher als bei einer letzten Mahnung an einen notorisch
säumigen Schuldner. Und natürlich bestimmen auch die
Kommunikationspartner die Wahl der brieflichen Stilmittel: Sie
selbst und Ihr Adressat. Selbstverständlich drücken Sie sich
als Chef und Repräsentant eines Unternehmens anders aus,
als wenn einer Ihrer Sachbearbeiter die
Geschäftskorrespondenz unterzeichnet. Und natürlich
machen sich die Persönlichkeit Ihres Briefpartners und Ihre
sozialen Beziehungen zu ihm stilistisch bemerkbar. Im Brief
an einen Ihnen unbekannten Minister drücken Sie sich
stilistisch förmlicher aus als im schriftlichen Gruß an einen
alten Geschäftspartner und Duzfreund.
„Stil“ meint also ein komplexes Ausdrucksmuster für
differenzierte sprachliche Varietäten, ein subtiles Instrument,
mit dem Sie je nach Sache, Anlass und
Kommunikationssituation fein unterschiedene Botschaften
aussenden können. Lernen Sie, souverän auf dieser Klaviatur
zu spielen!
Bei der Frage nach der Satzlänge beachten Sie bitte immer:
Ein kurzer Satz ist leichter zu überblicken und zu behalten als
ein langer, verschachtelter.
Beispiel 1: „Ich kam, ich sah, ich siegte.“ (Julius Caesar)
Beispiel 2: „Es gibt viel zu tun - packen wir's an.“ (Esso)
Beispiel 3: „Frag nicht, was dein Land für dich tun kann, frag,
was du für dein Land tun kannst!“ (John F. Kennedy)
Alle drei Sätze haben Stil, sind gut formuliert, leicht zu
begreifen, einprägsam.
Die Deutsche Presseagentur (dpa) versorgt die Medien in
Deutschland rund um die Uhr mit Informationen. Für die
„Macher“ der Nachrichtenagentur markiert ein Satz mit neun
Wörtern die Obergrenze optimaler Verständlichkeit.
Sätze mit maximal neun Wörtern sind sehr einfach zu
verstehen - unter der Voraussetzung, dass sie gut und klar
formuliert sind. Eine konzentrierte Ladung Anglizismen - bei
deutschen Managern ach so beliebt! - bleibt einem
Außenstehenden auch bei weniger als neun Wörtern
unverständlich.
Mit ihrem englisch-amerikanischen Kauderwelsch praktizieren
Führungskräfte, was sie auf deutschen Universitäten kennen
gelernt haben: Ein Wissenschaftler, der eine schwierige
Sache verständlich ausdrückt, läuft bei uns Gefahr, von
seinen Kollegen nicht ernst genommen zu werden. In den
angelsächsischen Ländern ist es genau umgekehrt: Wer sich
nicht allgemeinverständlich artikulieren kann, wird nicht ernst
genommen. Den deutschen Managern empfehlen wir, von
den Engländern und Amerikanern zu lernen.
·
Sätze mit bis zu neun Wörtern sind nach dpa
optimal zu verstehen.
·
Durchschnittliche Satzlänge in der „Bild“: zwölf
Wörter.
·
„Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ (WAZ):
18 Wörter.
·
20 Wörter: Obergrenze des Erwünschten für einen
dpa-Satz.
·
30 Wörter: Obergrenze des Erlaubten für einen
dpa-Satz.
Wie Sie zu kurzen Sätzen kommen, ist leicht gesagt: durch
Aufteilen langer Sätze und durch Wegstreichen! „Wat
jestrichen is, kann nich durchfallen!“ sagte der berühmte
Berliner Regisseur und Intendant Otto Brahm (1856-1912).
Versuchen Sie einmal, einen Text zu kürzen. Es gelingt Ihnen
vielleicht nicht auf Anhieb, aber mit etwas Training werden
auch Sie zu einem guten Redakteur oder Lektor.
Nehmen Sie doch einfach den letzten Satz, den Sie gerade
gelesen haben. Zerlegen Sie ihn und kürzen Sie ihn. Hier das
Ergebnis:
„Es gelingt nicht sofort, aber mit etwas Training.“
Damit haben Sie aus einem Satz mit 20 Wörtern (Obergrenze
des Erwünschten) einen Satz mit acht Wörtern gemacht.
Die vier Kriterien der Textverständlichkeit sind Kürze,
Einfachheit, Übersichtlichkeit und Anregung. Offenbar kann es
an ganz unterschiedlichen Dingen liegen, wenn Texte schwer
zu verstehen sind, z. B.:
·
an komplizierten sachlichen Informationen, Zahlen,
Formeln,
·
an sehr langen Sätzen, an komplexen
Satzstrukturen (z. B. in andere Sätze
eingeschobene Sätze),
·
an langen Komposita,
·
an seltenen Wörtern, Fremdwörtern, Fachtermini,
·
an allgemeinen oder mehrdeutigen Formulierungen
(z. B. „Sache“, „Bezug“, „Leitung“)
·
oder an Wörtern mit unklarem Textbezug (z. B.
„insofern“, „diesbezüglich“).
Umgekehrt lassen sich natürlich die Textqualitäten
herausarbeiten, die zum Verständnis beitragen. Eine sehr
vereinfachte Fassung solcher Regeln ist in der Praxis als
„Hamburger Verständlichkeitskonzept“ verbreitet. Es werden
für Verständlichkeit vier Texteigenschaften empfohlen:
1.
Einfachheit
2.
Gliederung/Ordnung
3.
Kürze/Prägnanz
4.
Anregende Zusätze
Neben Kürze und Einfachheit finden Sie hier zwei weitere
Kriterien: Gliederung und Anregung.
Die Forderung nach übersichtlicher Gliederung versteht sich
bei einem Geschäftsbrief von selbst. Die Forderung nach
Anregung bedarf einer kurzen Erläuterung. Gemeint sind
damit sprachliche Zusätze, die den Leser persönlich
ansprechen, ihn interessieren, ihn unterhaltend „bei der
Stange halten“, z. B.:
·
namentliche Anrede („Sie“, „Herr Meier“),
·
persönliche Nennung des Schreibers („ich“, „wir von
der Firma“),
·
wörtliche Rede,
·
kurze bildliche Vergleiche und Beispiele
·
oder Ausrufe bzw. Fragen.
Drei Beispiele:
·
Wenn Sie unser Sonderangebot nutzen, sparen Sie
50 Prozent!
·
Unsere Redaktion rät: Die „Hamlet“-Inszenierung in
Bonn ist eine Reise wert!
·
Bei der „Master und Muster AG“ erhalten Sie
14 Monatsgehälter im Jahr.
Bevor Sie Ihren Brief konzipieren, gilt es, Informationen
zusammenzutragen, Ideen aufzufinden und Argumente
zurechtzulegen. Bei Bedarf müssen Sie auch juristische
Bezüge zur Hand haben, Vergleichsbeispiele suchen sowie
Zitate oder Anekdoten für den Einstieg recherchieren.
Diese Etappe der Stoffsammlung wurde in der antiken
Rhetorik im Bereich der „Tropik“ systematisch und methodisch
gelehrt. Moderne Nachahmer dieser Technik sprechen eher
von „Brainstorming“ oder von Kreativtechniken wie
„Mind-mapping“ (Tony Buzan) und „Cluster-Methode“
(Gabriele L. Rico). Wer sich bei der Vorbereitung von Briefen
und Reden dieser beiden Methoden bedient, arbeitet mit
Assoziationen, aus denen ein graphisch darstellbares Netz
von Ideen erwächst. Bereits nach wenigen Minuten haben
Sie eine Vielzahl von Ideen und Verknüpfungen vor Augen.
Wenn Sie sich abschließend noch einmal vergewissern
wollen, was guter Briefstil ist, dann sollten Sie sich auch
darüber klar werden, was guter Stil nicht ist.
E. B. White empfiehlt, beim Schreiben auf alles zu verzichten,
„wovon die Leute meinen, es kennzeichne den Stil: (...)
Manierismen, Ausschmückungen und Tricks. Stil entsteht
durch Klarheit, Einfachheit, Aufrichtigkeit und Ordnung“.
Sehen wir einmal davon ab, dass White unter den Kriterien,
die er im zweiten Satz anführt, die Anregungen bzw. den
Nutzen nicht erwähnt, aber dafür den Begriff der
Aufrichtigkeit einführt. Konzentrieren wir uns stattdessen auf
den ersten Satz. Weg mit Floskeln und geschwollenen
Höflichkeits- oder Demutsbezeugungen wie:
·
·
„Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom“
„Beiliegend erhalten Sie ... in vorbezeichneter
Sache“
·
“zuständigkeitshalber”
·
„in Anbetracht ... sehen wir uns leider gezwungen“
·
„Entgegenkommenderweise gewähren wir Ihnen“
·
„erlauben wir uns, Ihnen diesbezüglich mitzuteilen“
·
„freuen wir uns, Ihnen gedient zu haben“
·
„bedanken wir uns im Voraus für Ihre Mühewaltung“
·
„reichen wir Ihnen Ihre Unterlagen zu unserer
Entlastung zurück“
·
„ersuchen wir um Mitteilung, welche Unterlagen Sie
fernerhin benötigen“
·
„wird absprachegemäß von Ihrem Konto XYZ
abgebucht“
·
„Mit vorzüglicher Hochachtung“
·
„Mit freundlichen Grüßen auch an Ihre Frau
Gemahlin“
Machen Sie Ihre Korrespondenz lebendiger, persönlicher,
individueller, kreativer.
Ihre Kreativtechnik funktioniert? Sie haben Ideen, die dem
Adressaten Nutzen/Anregung versprechen? Sie sprechen
„seine“ Sprache? Die vernünftige Gliederung steht? Sie
schreiben nur das, was Ihre Überzeugung oder Ihr
Informationsstand ist? Dann bleibt für die Formulierung der
Sätze nur noch wenig zu beachten. Sie brauchen sich bloß
sieben Punkte zu merken:
·
Schachtelsätze auflösen („Hauptsätze, Hauptsätze,
Hauptsätze“ riet Kurt Tucholsky)
·
Inhaltliche und wörtliche Wiederholungen
wegstreichen
·
Textzusammenhänge beachten (Nicht zwischen
Themen und Gesichtspunkten hin- und herspringen,
sondern dem „roten Faden“ folgen!)
·
Angemessen formulieren (Stellen Sie sich stilistisch
auf die Sache und den Anlass ein; drücken Sie sich
aber auch so aus, wie es für die Erwartungen Ihres
Adressaten und für Ihre eigene Persönlichkeit
adäquat ist!)
·
Den zutreffenden und verständlichen Ausdruck
finden (Versuchen Sie, für jede Sache das treffende
Wort zu finden!)
·
Überflüssiges fortlassen (Verzichten Sie auf
unnötiges sprachliches Beiwerk!)
·
Kreativ und gefällig schreiben (Ihr Schreiben soll
nicht klingen wie ein Computer-Brief, den man
täglich mehrfach erhält. Versuchen Sie, persönlich zu
variieren. Ihr Geschäftspartner soll Freude bei der
Lektüre Ihres Briefes haben.)
Kurt Tucholsky erzählt: Als Georges Clemenceau noch nicht
Ministerpräsident Frankreichs war, sondern Zeitungsverleger,
kam ein Assistent zu ihm und sagte: „Ich möchte Journalist
werden, Monsieur! Glauben Sie, dass ich Talent dazu habe?“
– „Jeder kann schreiben“, sagte der Verleger. „Machen Sie
kurze Sätze: Subjekt, Prädikat, Objekt.“ Pause. „Und wenn
Sie einmal ein Adjektiv oder ein Adverb schreiben wollen,
kommen Sie zu mir in den dritten Stock und fragen, ob es
nötig ist!“
Natürlich wollte der junge Volontär nicht dauernd Treppen
steigen! Das Ergebnis waren knapp formulierte Texte ohne
zeilenschindende Füllsel. Dasselbe gilt für Ihre
Geschäftskorrespondenz: Verwenden Sie Adjektive,
Adverbien, Relativsätze usw. nur dann, wenn Sie zusätzliche
Informationen übermitteln oder treffende Nuancen
ausdrücken wollen!
Friedhelm Franken: Die 500 besten Geschäftsbriefe, © 1997 verlag
moderne industrie, Landsberg/Lech
Marketing
X I I I
G E S C H Ä F T S B R I E F
A L S
R E C H T L I C H E S
I N S T R U M E N T
XIII
G E S C H Ä F T S B R I E F A L S
R E C H T L I C H E S I N S T R U M E N T
1
Normen für Inhalt und Gestaltung
Das Deutsche Institut für Normung e.V. empfiehlt für
Briefbögen Kriterien, an die Sie sich halten sollten. Damit
stellen Sie sicher, dass die maschinelle Bearbeitung Ihrer
Schriftstücke reibungslos funktioniert. Und so gewährleisten
Sie, dass beispielsweise bei Fensterumschlägen die
vollständige Anschrift des Empfängers und Ihr eigener
Absender komplett im Fenster des Briefumschlags
erscheinen. DIN 676 widmet sich dem Inhalt. Demnach sollte
Ihr Briefbogen inhaltlich sechs Elemente enthalten:
·
Briefkopf: Soll den Namen und (falls vorhanden) das
Firmenlogo Ihres Unternehmens enthalten. Ihre
Anschrift und Telefonnummer dürfen (aber müssen
nicht) im Briefkopf auftauchen.
·
Absender: Der Empfänger soll nicht erst
Adressbücher wälzen müssen, um Ihre
Firmenanschrift herauszufinden. Deshalb sollte sie
gut erkennbar oben oder unten auf dem Briefbogen
stehen.
·
Adressat: Dass die Anschrift des Empfängers auf
den Briefbogen gehört, versteht sich von selbst.
·
Raum für Eingangs- und gegebenenfalls
Bearbeitungsvermerke: Bei Privatschreiben käme
niemand auf die Idee, Raum für
Bearbeitungsvermerke zu lassen. Auf einem
Geschäftsbriefbogen aber macht das Sinn. Der
geschäftliche oder behördliche Adressat wird Ihren
Brief mit einem Eingangsstempel versehen. Und die
Poststelle des Unternehmens, der Bank oder
Behörde wird Ihr Schreiben an die zuständigen
Bearbeiter im eigenen Haus weiterleiten. Dafür
muss Freiraum auf dem Briefbogen vorhanden sein gegebenenfalls auch für weitere
Bearbeitungsvermerke.
·
Leitworte/Bezugszeile: Es ist sinnvoll, gleich zu
Anfang des Briefes dem Adressaten ein Stichwort zu
geben, worum es geht, einen Bezugsvorgang zu
benennen (sofern es einen solchen gibt), den
Namen des Bearbeiters anzugeben, dessen
Telefonnummer (Durchwahl) und gegebenenfalls
Faxnummer (Durchwahl) für Rückfragen mitzuteilen,
und das Schreiben zu datieren. (Gerade das Datum
wird oft vergessen!) Die Angabe eines
Geschäftszeichens (bei Behörden: „Aktenzeichen“)
erleichtert Ihnen die Übersicht über Ihre
Korrespondenz. Die Leitworte (z. B. „Datum“)
können Sie vordrucken lassen und individuell
ergänzen.
·
Angaben zum Unternehmen: Auf den ordentlichen
Geschäftsbriefbogen gehören auch die Angaben, die
das Handelsrecht etc. verlangen, ferner Ihre
Kontoverbindungen. Beim zeitgemäßen
Unternehmen prangen auch E-Mail-Adresse
und/oder Online-Anschluss auf dem Briefbogen.
Während DIN 676 regelt, was inhaltlich auf einen
Geschäftsbriefbogen gehört, regelt DIN 5008 die
maschinenschriftlich korrekte Gestaltung:
·
Die systematische - und damit auf allen
Geschäftsbriefbögen wiederkehrende - Gestaltung
erspart Ihnen als Absender (und Ihren Mitarbeitern)
Zeit und Kraft.
·
Die leichte Lesbarkeit erleichtert dem Empfänger die
Informationsverarbeitung. Wenn er häufiger Post
von Ihrer Firma erhält, weiß er - dank einheitlicher
Gestaltung – auch gleich, wo auf Ihrem Briefbogen
die wesentlichen Informationen stehen. Er kennt
sich aus mit Ihrer Korrespondenz. Er kann direkt
erkennen, wer der Bearbeiter ist, wo die Telefonoder Kontonummer steht etc., ohne lange suchen zu
müssen.
Dabei sind folgende Dinge zu beachten hinsichtlich von:
·
Anschrift/Datum/Betreff: Die Verwendbarkeit für
Fensterumschläge verlangt, die Empfängeradresse
so zu platzieren, dass sie vollständig in das Fenster
passt. Acht Zeilen stehen maximal zur Verfügung -
sonst fällt sie aus dem Rahmen. Die
Leitworte/Bezugszeichen und das Datum stehen so
weit unter der Adresse des Empfängers, dass sie
nicht mehr im Fenster sichtbar werden. Sofern die
Leitworte vorgedruckt werden, folgen die
individuellen Angaben in der Zeile darunter, also
ohne Abstand. Zwei Leerzeilen trennen die
individuellen Angaben vom fett gedruckten Betreff,
ohne dass im modernen Geschäftsbrief das Wort
„Betreff“ noch auftauchen würde.
·
Anrede/Einstieg/Kern/Schluss: Zwei Leerzeilen
trennen die Anrede („Sehr geehrter Herr Müller“)
von der Betreffzeile. Eine Leerzeile Abstand hat der
Brieftext. Eine Leerzeile trennt die Absätze
voneinander.
·
Grußformel/Unterschrift: Eine Leerzeile trennt die
Grußformel („Mit freundlichen Grüßen“) vom letzten
Absatz. Folgt unter der Grußformel noch der
Firmenname und darunter das die Vertretung
anzeigende Kürzel („i.A.“, „i.V.“ oder „ppa.“), so
werden diese Angaben nicht durch Leerzeilen
getrennt. Drei Leerzeilen Raum sind für die
Unterschrift vorzusehen. Eine Zeile (unter der
handschriftlichen Unterschrift) genügt in der Regel
für den Namen des Unterzeichners und
gegebenenfalls zusätzlich seine
Funktionsbezeichnung (z. B. „Personalleiterin“).
Insgesamt dürfen diese Angaben bis zu drei Zeilen
beanspruchen. Drei Leerzeilen trennen den Hinweis
auf die Anlage(n) von der
Unterschrift/Funktionsbezeichnung.
2
Gesetzliche Vorschriften
Schließlich gibt es gesetzlich genau geregelte Vorschriften für
die Angaben auf Geschäftsbriefen. Was jeweils gilt, ist von
der Rechtsform Ihrer Firma abhängig.
Nach § 80 Aktiengesetz etwa müssen Geschäftsbriefbögen
von Aktiengesellschaften präzise Angaben enthalten über:
·
die Rechtsform der Gesellschaft,
·
den Sitz der Gesellschaft,
·
das Registergericht des Sitzes der Gesellschaft und
die Nummer, unter der die Gesellschaft im
Handelsregister eingetragen ist,
·
alle Vorstandsmitglieder und den Vorsitzenden des
Aufsichtsrats mit dem Familiennamen und
mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen.
Der Vorsitzende des Vorstands ist als solcher zu bezeichnen.
Angaben über das Kapital der Gesellschaft sind hingegen auf
dem Briefbogen nicht erforderlich. Werden sie aber - aus
welchen Gründen auch immer - gemacht, so müssen Sie das
Grundkapital sowie, falls auf die Aktien der Nennbetrag oder
der höhere Ausgabebetrag nicht völlig eingezahlt ist, auch
den Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen angeben.
Nach § 35a GmbH-Gesetz hat der Geschäftsbriefbogen der
GmbH Angaben zu enthalten über:
·
die Rechtsform der Gesellschaft,
·
den Sitz der Gesellschaft,
·
das Registergericht der Gesellschaft und die
HRB-Nummer, unter der die Gesellschaft im
Handelsregister eingetragen ist,
·
alle Geschäftsführer und, falls die Gesellschaft einen
Aufsichtsrat gebildet und dieser einen Vorsitzenden
hat, den AR-Vorsitzenden mit dem Familiennamen
und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen.
Angaben über die Kapitalausstattung sind nicht erforderlich.
Werden sie aber gemacht, müssen Sie das Stammkapital
angeben sowie, wenn nicht alle in Geld zu leistenden
Einlagen eingezahlt sind, den Gesamtbetrag der
ausstehenden Einlagen.
Gemäß § 125a Handelsgesetzbuch (HGB) gelten für
Geschäftsbriefe von GmbH & Co. KG sowie von
GmbH & Co. OHG ähnliche Bestimmungen wie für die GmbH:
„Bei einer Gesellschaft, bei der kein Gesellschafter eine
natürliche Person ist, müssen auf allen Geschäftsbriefen, die
an einen bestimmten Empfänger gerichtet werden“
angegeben werden:
·
die Rechtsform der Gesellschaft,
·
der Sitz der Gesellschaft,
·
das Registergericht des Sitzes der Gesellschaft und
die Nummer, unter der die Gesellschaft in das
Handelsregister eingetragen ist,
·
die Firmen der Gesellschafter, für die Sie wiederum
die nach § 80 Aktiengesetz bzw. nach
§ 35a GmbH-Gesetz erforderlichen Angaben machen
müssen.
Gehört zu den Gesellschaftern der Gesellschaft eine offene
Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft, bei der ein
persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person
ist, sind die oben genannten Angaben auf dem Briefbogen
nicht erforderlich.
Kommanditgesellschaften(KG) und Offenen
Handelsgesellschaften(OHG) mit jeweils ausschließlich
natürlichen Personen als persönlich haftenden
Gesellschaftern schreibt der deutsche Gesetzgeber keine
besonderen Angaben für den Geschäftsbrief vor - außer
Namen und Anschrift
Sind Sie Einzelunternehmer oder bilden mit anderen
natürlichen Personen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts
(GbR oder BGB-Gesellschaft) und sind als solche(r) nicht im
Handelsregister eingetragen, brauchen Sie ebenfalls keine
besonderen gesetzlichen Vorschriften für Ihre
Geschäftsbriefe zu beachten. Allerdings folgt aus § 18 HGB
(Handelsgesetzbuch) die Verpflichtung, dass aus dem
Briefbogen stets Ihr Name (und letztlich auch Ihre Anschrift)
ersichtlich sind. „Ein Kaufmann, der sein Geschäft ohne
Gesellschafter oder nur mit einem stillen Gesellschafter
betreibt, hat seinen Familiennamen mit mindestens einem
ausgeschriebenen Vornamen als Firma zu führen.“ Dabei
sollten Sie beachten, dass der Firma, d. h. der
Namensbezeichnung, kein Zusatz beigefügt werden darf, der
ein Gesellschaftsverhältnis andeutet oder sonst geeignet ist,
eine Täuschung über die Art des Geschäftes, den
Geschäftsumfang oder die Verhältnisse des
Geschäftsinhabers herbeizuführen.
Der deutsche Gesetzgeber bindet Sie nur inhaltlich, nicht
gestalterisch. Wo die jeweiligen Angaben auf Ihrem
Briefbogen erscheinen, ist in Deutschland nicht
vorgeschrieben. Insofern haben Sie und Ihr Graphikbüro
durchaus Gestaltungsfreiheit, ganz gleich welche Rechtsform
Ihre Firma besitzt. Beispielsweise brauchen weder der
handelsregisterlich eingetragene Firmenwortlaut noch die
Telefonnummern im Briefkopf zu erscheinen; es genügt, wenn
sie unter „ferner liefen“ in der Fußleiste auftauchen.
Hauptsache sie sind vorhanden!
Je nach Anlass sind Sie zwar in Gestaltung Ihrer
Geschäftsbriefe frei, nicht aber frei in der Entscheidung, ob
Sie beispielsweise zum Telefon greifen oder sich der
Schriftform bedienen. Es kann auch dann, wenn es nicht
juristisch zwingend ist, von Vorteil sein, etwas schriftlich
niederzulegen: Sei es ein Angebot, sei es eine zuvor
getroffene mündliche Vereinbarung. Johann Wolfgang von
Goethes Satz „Denn was man schwarz auf weiß besitzt, kann
man getrost nach Hause tragen“ ist in unserer
streitsüchtigen und prozesswütigen Zeit leider mindestens so
beherzigenswert wie vor 200 Jahren. So sind beispielsweise
Abmahnungen oder Kündigungen grundsätzlich auch dann
wirksam, wenn sie mündlich ausgesprochen werden.
Gleichwohl ist in solchen Fällen die Schriftform aus
Beweisgründen zur Vorbeugung späterer Streitigkeiten
unbedingt empfehlenswert.
3
Unterschrift
Hat Ihre Firma eine bestimmte Größe erreicht, kann die
Person an der Spitze nicht mehr jeden Brief selbst
abzeichnen. Sie muss diese Aufgabe also delegieren und wird
Anweisungen geben, welcher Mitarbeiter in seiner Firma
hinfort was abzeichnen darf. Sind Sie dieser Mann (oder
diese Frau) und stehen Sie gerade vor dieser Entscheidung,
werden Sie die drei Stufen der Zeichnungsberechtigung
interessieren. Achtung: Willenserklärungen, die ein
bevollmächtigter Mitarbeiter abgibt, binden den
Vollmachtgeber; aber auch ohne Vollmacht abgegebene
Erklärungen eines Mitarbeiters auf Firmenpapier können
seine Firma binden (Rechtssicherheit!).
Die unterste Stufe ist die Auftragsvollmacht „i.A.“ Wer
bevollmächtigt wird, „im Auftrag“ seiner Firma zu schreiben,
der darf einen Geschäftsbrief unterschreiben und nach außen
leiten. Er schreibt dann namens seines Unternehmens. Der
Adressat wird sich darauf berufen, wenn es zu Streitigkeiten
kommt. Diese Art der Zeichnungsvollmacht erhält in der Regel
ein Sachbearbeiter für seinen engeren Arbeitsbereich.
Gesetzliche Vorschriften gibt es hierfür nicht. Legen Sie im
Zweifel intern fest, welche Schreiben „i.A.“ abgezeichnet
werden dürfen und welche nicht. Nehmen Sie für diese
Zeichnungsvollmacht am besten den Schriftverkehr aus, der
Rechtsverbindlichkeiten schafft.
Die mittlere Stufe ist die Handlungsvollmacht „i.V.“.
Typischerweise dürfen Abteilungs- und Gruppenleiter „i.V.“
(„in Vertretung“) unterzeichnen. Diese Form der
Bevollmächtigung wird nicht ins Handelsregister eingetragen.
In § 54 des Handelsgesetzbuchs ist die Handlungsvollmacht
hinsichtlich ihrer Verbindlichkeit nach außen geregelt. Solange
ein(e) Mitarbeiter(in) uneingeschränkt „in Vertretung“
unterzeichnen darf, besitzt er (sie) die Kompetenz zur
rechtsverbindlichen Korrespondenz in allen Handlungen und
Geschäften, für die er (sie) angestellt wurde.
Beschränkungen können jederzeit vereinbart werden, sind
aber für den Außenstehenden nur wirksam, wenn sie ihm
bekannt sind oder bekannt sein mussten. (Bekannt sein
muss, dass die Handlungsvollmacht nicht berechtigt zur
Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, zur
Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, zur Aufnahme von
Darlehen und zur Prozessführung, es sei denn, diese
Befugnis wird dem Bevollmächtigten eigens erteilt.) Die
Handlungsvollmacht kann jederzeit widerrufen werden. Die
Vorschriften des § 54 HGB finden auch auf so genannte
Abschlussvertreter Anwendung, deren Vollmacht lediglich auf
den Abschluss bestimmter Geschäfte begrenzt ist.
Die Prokura ist die höchste Stufe der
Unterschriftsberechtigung und wird auf dem Geschäftsbrief
mit dem Kürzel „ppa.“ vermerkt. Sie kann nur von einem
Vollkaufmann an natürliche Personen erteilt werden und ist
ins Handelsregister einzutragen. Sie kann im Innenverhältnis
beschränkt werden, im Außenverhältnis aber nicht. (Dem
Prokuristen kann beispielsweise untersagt werden, für die
Firma Darlehen bei einer Bank aufzunehmen. Hält er sich aber
nicht daran, kann die Firma zwar den Prokuristen verklagen
und haftbar machen, der Darlehensvertrag mit dem
Geldinstitut aber ist rechtsgültig.) Sie kann jederzeit
widerrufen werden. (Der Widerruf sollte ins Handelsregister
eingetragen werden, um Haftungsproblemen vorzubeugen,
falls der Exprokurist weiter im Namen des Unternehmens
handelt.) Die Einzelheiten regeln die §§ 48-53 des
Handelsgesetzbuches (HGB).
Was für viele Menschen selbstverständlich ist - die alleinige
Unterschrift am Ende eines Briefes - ist für deutsche
Großunternehmen keineswegs normal. Bei der Bayer AG etwa
mussten jahrzehntelang stets zwei Mitarbeiter ihren Namen
unter die Korrespondenz setzen. Seither ist im
„Tagesgeschäft“ (dazu zählen z. B. Kauf- und Lieferverträge
oder der Versand von Preislisten und Informationsmaterial)
alles anders. Das kontrollierende System der
Doppelunterschrift wurde abgeschafft. Gleichzeitig wurde die
Zahl der Unterschriftsbevollmächtigten verfünffacht. Statt
circa 2.000 gibt es nun rund 10.000 Unterschriftsberechtigte.
Dabei legen die Vorgesetzten fest, für welchen Vorgang und
bis zu welchem Betrag ihre Mitarbeiter eigenständig zeichnen
dürfen. Das alles ist eine Konsequenz aus dem Versuch, das
Unternehmen schlanker zu machen. Schon zwei Jahre zuvor
hatte der Chemiegigant Bayer drei Hierarchiestufen
abgeschafft. Die Verringerung des organisatorischen
Oberbaus gab und gibt dem Einzelnen mehr Kompetenzen.
Was können Sie davon lernen? Ob sich auch Ihre
Geschäftskorrespondenz auf dem Weg über eine neue
Unterschriftsberechtigung beschleunigen lässt, können
natürlich nur Sie selbst beurteilen. Die Bayer AG jedenfalls
schlägt mit dieser Regelung gleich mehrere Fliegen mit einer
Klappe:
·
Sie macht dem Empfänger die Projektverantwortung
und Zuständigkeit deutlich.
·
Sie beschleunigt die Kommunikationsströme getreu
dem Lehrsatz, dass heute nicht mehr die Großen die
Kleinen besiegen, sondern die Schnellen die
Langsamen.
·
Sie berücksichtigt das gewandelte
Kommunikationsumfeld, in dem sich ein international
operierendes Unternehmen heute bewegt. E-Mail,
Internet und Fax erfordern unkomplizierte
Kommunikationsformen.
Die erweiterte Unterschriftenregelung bei der Bayer AG
beinhaltet:
·
Die Einzelunterschrift durch den Autor: Wer eine
Handlungsvollmacht von seiner
Unternehmensbereichsleitung erteilt bekommen hat
und innerhalb seines Funktionsgebietes Autor eines
Schriftstücks ist, darf und muss dies grundsätzlich
auch verantwortlich allein unterzeichnen.
·
Die Mitzeichnung: Eine Mitzeichnung
(Doppelunterschrift) ist nur erforderlich bei Vorfällen,
die außerhalb des funktionsgebundenen
Tagesgeschäfts und den dazu gegebenenfalls von
der Unternehmensbereichsleitung (zusätzlich)
angegebenen Kriterien liegen. Die Mitzeichnung
erfolgt in diesen Fällen durch einen Prokuristen. Der
Autor unterzeichnet unverändert rechts. Darüber
hinausgehende Ausnahmen gelten nur im formalen
Rechtsverkehr und bei protokollarischer
Rücksichtnahme.
·
Die Unterzeichnungsformel: Jede Zeichnung für das
Unternehmen enthält als Elemente eine Grußformel,
mit Maschinenschrift den Firmennamen,
handschriftlich oder in Maschinenschrift das „i.V.“,
die handschriftliche Unterschrift sowie den Namen
des Unterzeichneten und die Funktionsbezeichnung
in Maschinenschrift.
Soweit es sich um die Kategorie einfacher Erklärungen
(Gratulationen, Danksagungen, Terminbestätigungen)
handelt, wird ohne den Firmennamen und das die Vertretung
anzeigende Kürzel gezeichnet. In diesem Bereich kann die
Unterschrift auch an Unterbevollmächtigte (z. B. Sekretärin)
delegiert werden.
Doppelunterschrift und Mitzeichnungspflicht des Prokuristen
sind also in diesem Unternehmen nicht abgeschafft,
existieren aber nur noch für Vorgänge, die aus dem üblichen
Tagesgeschäft herausfallen oder in die Kategorie „formaler
Rechtsverkehr“ gehören, z. B. Bank- oder
Grundstücksgeschäfte, arbeits- und mietrechtliche
Kündigungen.
Friedhelm Franken: Die 500 besten Geschäftsbriefe, © 1997 verlag
moderne industrie, Landsberg/Lech
Marketing
X I V
B R I E F E
A L S
A U S D R U C K
D E R
U N T E R N E H M E N S K U L T U R
XIV
B R I E F E A L S A U S D R U C K D E R
U N T E R N E H M E N S K U L T U R
Wie zur Wirkung aller anderen beruflichen Schreiben und
Firmenschriften, so gehört auch zur Wirkung von
Geschäftsbriefen nicht nur die Wahl der Worte, sondern auch
die richtige Aufmachung. Wichtig hierbei ist ein einheitliches
Erscheinungsbild, das mit anderen Arten der
Firmenrepräsentation (Briefbögen, Briefumschlägen,
Rechnungsformularen, Mahnungen, Angeboten, Visitenkarten,
Geschäftsberichten, Anzeigen, Prospekten, Hausmitteilungen,
Hauszeitschriften etc.) übereinstimmen sollte.
1
Orientierung am Empfänger
Einen Geschäftsbrief nur vom eigenen Standpunkt aus zu
planen und zu texten, ist ein Fehler. Wie bei einer Rede gilt
auch für einen Brief, der gut ankommen soll, das Sprichwort
„Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler“.
Versetzen Sie sich dabei auch in die Lage Ihres Adressaten
und richten Sie sich nach seinen Wünschen an Ihr
Unternehmen.
2
Fünf Tipps für die Adressaten-Orientierung
Der Empfänger Ihres Briefes soll spüren, dass
·
seine Lage verstanden wird,
·
es um seine Interessen und Wünsche geht
(zumindest gleichrangig um Ihre und seine
Interessen, so dass beide Seiten zu ihrem Recht
kommen),
·
er als Person respektiert und höflich behandelt wird,
·
seine Fragen ernst genommen und angemessen
beantwortet werden,
·
er nützliche Information und individuelle Beratung
erhält.
Daraus folgt, dass Sie alles, was möglich ist, nicht aus Ihrer
Sicht („wir“ / „ich“), sondern aus der Empfängersicht („Ihr“ /
„Sie“) formulieren sollten.
Nicht gut sind deshalb Formulierungen wie „Ich mache
deshalb folgenden Vorschlag“, „Wir machen Ihnen ein
Angebot“ oder „Hier ist unser Angebot“.
Besser sind Formulierungen wie „Was halten Sie von
folgendem Vorschlag?“, „Sie haben um ein Angebot gebeten“
oder „Dies ist unser Angebot für Sie“ bzw. „Sie können
wählen zwischen ...“.
Bei den vorgeschlagenen Formulierungen merkt der
Empfänger, dass
·
er individuell informiert und beraten wird,
·
seine Wünsche und Interessen im Mittelpunkt
stehen und
·
Sie seine Fragen präzise beantworten.
Schreiben Sie so, dass Sie von Ihrem Adressaten verstanden
werden:
·
Wenn Sie mit einem Fachmann korrespondieren, ist
die Fachsprache angemessen.
·
Wenn Sie sich an einen Laien wenden, durchdenken
Sie komplizierte Sachverhalte so lange, bis Sie sie
einfach darstellen können. Vermeiden Sie
Ausdrücke, die dem anderen unbekannt sind. Wenn
Fachbegriffe unverzichtbar sind, erläutern Sie sie:
Bilden Sie Parallelen zu solchen Formulierungen und
Erfahrungen, die dem anderen bekannt sind.
3
Brief versus Telefon, Telefax, E-Mail und Internet
Trotz der schnelleren modernen Kommunikationsformen
Telefon, Telefax, E-Mail und Internet kann in bestimmten
Situationen auf den Geschäftsbrief nicht verzichtet werden.
In vielen Fällen ist es sinnvoll, sich zunächst eines sehr
schnellen Mediums zu bedienen (oft völlig formlos, was
Ihnen, wo es um Tempo geht, in aller Regel nachgesehen
wird), um dann mit dem langsameren, aber kultivierteren,
seriöseren, stilvolleren Instrument des Geschäftsbriefes dem
Vorgang nachträglich
·
Stil und Unternehmenskultur zu verleihen,
·
sprachlich, sachlich und adressatengerecht
Angemessenheit zu geben,
·
die vorgeschriebene Rechtsverbindlichkeit
herzustellen.
Friedhelm Franken: Die 500 besten Geschäftsbriefe, © 1997 verlag
moderne industrie, Landsberg/Lech
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