Neue Wege in der Lebensmitteltechnologie

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66. Öffentliche Hochschultagung am 4. Februar 2016
“Die großen Weichenstellungen? Agrar- und Ernährungspolitik, nach 2020“
Neue Wege in der Lebensmitteltechnologie:
Nutzung von sekundären Pflanzenstoffen zur Proteinmodifikation
Dr. Julia K. Keppler, Dr. Sandra C. Wilde, Prof. Dr. Karin Schwarz,
Institut für Humanernährung und Lebensmittelkunde, Abteilung Lebensmitteltechnologie
Aufgrund ihrer vielfältigen funktionellen Eigenschaften sind Molkenproteine auf der Zutatenliste
zahlreicher Lebensmittel zu finden. Beispielsweise wird das Protein beta-Lactoglobulin, welches
den Großteil der Molkenfraktion ausmacht, eingesetzt, um Schäume (Wasser/Luft Phasengrenzen) oder Emulsionen (Wasser/Öl Phasengrenzen) zu stabilisieren. Dies ist möglich, da es sowohl hydrophobe als auch hydrophile Aminosäuren enthält, wodurch sich das Protein an Phasengrenzen anlagern kann. Weiterhin sind Molkenproteine ein Nebenprodukt der Käseherstellung und weisen eine breite Verfügbarkeit auf. Seit längerem ist bekannt, dass betaLactoglobulin Bindungstaschen für verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe, wie Polyphenole aus
grünem Tee hat, wodurch eine reversible nicht-kovalente Interaktion zwischen dem Polyphenol
und dem Protein möglich ist. Bislang wurde sich bei dieser Art der Interaktion fast ausschließlich
auf die Stabilität des gebundenen Liganden konzentriert und eine erhöhte Bioverfügbarkeit der
Polyphenole vermutet. Diese nicht-kovalente Bindung führt jedoch gleichzeitig auch zu einer
Proteinmodifikation – beispielsweise verändert sich die Proteinfaltung und die Hitzestabilität
steigt. Einige sekundäre Pflanzenstoffe (darunter die anticarcinogenen organischen Schwefelverbindungen Allylisothiocyanat aus Kohl oder Senf sowie Allicin oder Diallyldisulfid aus Knoblauch) können direkt mit einzelnen Aminosäuren eines Proteins interagieren und werden dadurch
sozusagen in die Aminosäurekette des Proteins integriert. Diese Art der Bindung wird als kovalent bezeichnet und weißt eine höhere Bindungsstärke auf als die nicht-kovalenten Bindungen.
Allylisothiocyanat bindet beispielsweise an freien Aminogruppen (v.a. der Aminosäure Lysin)
oder freien Schwefelresten (z.B. Cystein). Insgesamt können maximal fünf Moleküle Allylisothiocyanat an ein Molekül beta-Lactoglobulin gebunden werden. Die Interaktion erhöht die Hydrophobizität des Proteins, weiterhin kommt es zu einer partiellen Entfaltung und die Proteinstruktur wird flexibler, was die Anlagerung an Phasengrenzen verbessert. Aktuelle Ergebnisse
zeigen, dass nach Proteinmodifikation mit Allylisothiocyanat beim Emulgieren im sauren pHWert-Bereich feinere Öltröpfchen entstehen. Auch sinkt die Aufrahmungsgeschwindigkeit dieser
modifizierten Proteinemulsionen.
Die Schwefelverbindung Allicin aus Knoblauch kann im Gegensatz zu Allylisothiocyanat ausschließlich an freie Cysteingruppen binden, wodurch nur ein Molekül pro beta-Lactoglobulin
gebunden werden kann. Dennoch zeigt sich auch hier, dass die Modifikation das Protein hydrophober und sogar hitzestabiler macht. Bei der Modifikation von Molkenproteinen mit Allylisothiocyanat oder Allicin konnte noch ein weiterer Effekt beobachtet werden – der stechende Geschmack dieser Verbindungen wurde durch die Proteininteraktion signifikant reduziert. Erste Ergebnisse aus einer Bioverfügbarkeitsstudie deuten zudem darauf hin, dass durch Interaktion mit
Molkenproteinen gleichzeitig die Bioverfügbarkeit des Allicins steigt.
Insgesamt zeigt die Modifikation von Proteinen mit sekundären Pflanzenstoffen großes Potential
die funktionellen Eigenschaften der Proteine positiv zu beeinflussen.
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