Anlagebeispiel Die tiefe Erdwärmesonde von Weggis (Kanton Luzern) Eine vertikale Erdwärmesonde mit einer Tiefe von 2’300 m Im Jahre 1994 wurde die ursprünglich zur Erschliessung von warmen Tiefen­wässern angelegte Bohrung Weggis zur schweizweit tiefsten Erdwärme­ sonde ausgebaut. Seither versorgt die Erdwärmesonde ein Wohnquartier mit Wärmeenergie. Die aussergewöhnlich tiefe Erdwärmesonde, eine der ersten dieser Länge, die in Europa installiert wurden, erlaubt die Nutzung des Untergrundes zur Beheizung von sechs Wohnbauten. Die Installation der Erd­wärme­sonde wurde als ökonomisch vertretbar erachtet, weil das Risiko der geothermischen Bohrung, die hinsichtlich der Erschliessung von warmen Tiefenwässern als Misserfolg taxiert werden musste, teilweise durch die von 1987 bis 1997 geltende Bohr- und Risikogarantie des Bundes abgefedert wurde. Geschichtliches In den Jahren 1992 und 1993 wurde die Geo­ther­ miebohrung Weggis in der Nähe von Luzern erstellt, um in beinahe 2’300 m Tiefe Heiss­wasser mit einer geschätzten Temperatur von 70 °C zu fassen. Trotz zahlreicher Tests und Unter­su­chun­ gen konnte jedoch kein nennenswertes Wasser­ vorkommen entdeckt werden. Das Bundesamt für Energie, welches damals für geothermische Bohrungen eine Risikogarantie stellte, beurteilte die Bohrung Weggis schliesslich als Fehlschlag und erstattete den Grossteil der Bohrkosten. Es wurde beschlossen, die bestehende Bohrung trotzdem nutzbringend einzusetzen und darin eine tiefe koaxiale Erdwärmesonde zu installieren. Anfänglich verwendete man die gewonnene Wärmeenergie hauptsächlich direkt, d. h. ohne den Einsatz einer Wärmepumpe, für die Behei­ zung und Warmwasserversorgung von drei kleinen Mietshäusern. Die Verwendung von Wärmepumpen, welche auch die Beheizung älterer Gebäude ermöglichte, hat die direkte Nutzung der Wärmeenergie inzwischen auf ein Minimum reduziert. Eine Er­ wei­­terung des Verteilernetzes erlaubte die Ver­sor­­ Standort und Umgebung der mit einer tiefen Erdwärmesonde ausgerüsteten Bohrung in Weggis (Quelle: Polydynamics Engineering) gung von drei weiteren, erst nach der Inbetrieb­ nahme der Erdwärmesonde erbauten kleineren Mietshäusern. Auf den Gebäude­dächern installierte Sonnenkollektoren unterstützen die Warm­ wasserproduktion zusätzlich und ver­bes­sern damit die Leistung der Wärme­pumpen. Funktionsweise Der Sondenteil, welcher am Wärmeaustausch mit dem Untergrund beteiligt ist, befindet sich in einer Tiefe von 1’780 bis 2’302 m, d. h. im ursprünglich nicht verrohrten Teil der Bohrung. Die Wärmeträgerflüssigkeit in der Sonde wird durch den Untergrund auf eine Temperatur zwischen 35 und 40 °C erwärmt und ist damit ungefähr 10 °C wärmer als beim Rückfluss aus dem Ver­ teilernetz. Das Tiefengestein weist eine Tem­pe­ ratur zwischen 55 und 70 °C auf. Der Tem­pera­ tu­r unterschied zwischen der Wärme­t rä­g er­ flüssigkeit und dem Untergrund wird beim Durchfluss des Trägermediums in der Sonde ausgenützt. Würde die Wärme­träger­flüssigkeit stärker erwärmt, müsste der Durch­fluss in der Einige Zahlen Mit einer Arbeitsleistung von ca. 110 kW erbrachte die Erdwärmesonde seit der Heizperiode 1994 – 1995 eine thermische Leistung von 240 MWhth. Durch Rationalisierung und Ausweitung des Verteilernetzes gelang es schrittweise, in der Heizperiode 2002 – 2003 einen Wert von beinahe 440 kWhth zu erreichen. Zudem verringerte sich der Anteil der direkt genutzten Energie von 60 % (Heizsaison 1994 – 1995) auf 8 % (Heiz­peri­ode 2002 – 2003). Abhängig von der Temperatur zirkuliert die Trägerflüssigkeit in der koaxialen Sonde mit einer Durchflussrate von 50 bis 104 Liter pro Minute. Bohrloch und Bohrlochkopf der tiefen Erdwärmesonde in Weggis (Quelle: Polydynamics Engineering) Heizperiode 2002/2003 Wärme aus der Erdwärmesonde (EWS) Anteil für Direktheizung Nutzung für Wärmepumpen Nutzung für die Warmwasser-Wärmepumpe Nutzung für kombinierte Wärmepumpen (Heizung und Warmwasser) Verlust Leistung der Sonnenkollektoren Nettoenergie aus der EWS Sonde schwächer sein, was eine verringerte Leis­tung und höhere Wärmeverluste beim Auf­ stieg der Flüssigkeit zur Folge hätte. Produktion gesamt Total gelieferte Energie Elektrische Energie Bei der Mehrzahl der durch die Erdwärmesonde versorgten Bauten in Weggis wird die Wärme­ trägerflüssigkeit zum Gebäude geleitet, wo die Wärmeenergie an die Trägerflüssigkeit einer Wärme­pumpe abgegeben wird. Je nach weiterem Verwendungszweck der Wärmeenergie erfolgt eine Anhebung der Temperatur durch die Wärmepumpe. Für die Warmwasserproduktion liefern die Wärmepumpen beispielsweise eine Temperatur von 53 °C. Die Warmwasserboiler sind deshalb mit einer elektrischen Zusatz­ heizung ausgestattet, mit welcher die Wasser­ Jahresarbeitszahl der EWS (JAZ) Nutzungsgrad der EWS (COP) Nutzungsgrad der Gesamtanlage temperatur auf die gewünschten 55 bis 60 °C angehoben werden kann. Für Spitzenbelastungen wurde ebenfalls ein Heizkessel mit einer Leistung von 96 kW ins­ talliert. Dieser musste jedoch noch nie benützt werden. Durch die tiefe Erdwärmesonde von Weggis beheizte Gebäude (Quelle: Polydynamics Engineering) Weitere Informationen GEOTHERMIE.CH Schweizerische Vereinigung für Geothermie SVG www.geothermie.ch Polydynamics Engineering Zürich www.polydynamics.ch Impressum 6/10 Herausgeberin: GEOTHERMIE.CH, Frauenfeld Redaktion: SGNet, Neuchâtel Schweizerischen Vereinigung für Geothermie SVG Société Suisse pour la Géothermie SSG Swiss Geothermal Society SGS Energie [MWh] 438.3 33.4 159.1 43.6 149.7 52.5 -18.5 419.8 450.4 531.9 129.8 4.3 3.9 4.1