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Mikrosatellitenanalyse an rezidivierenden
Urothelkarzinomen zur Ermittlung der klonalen
Entstehungsmechanismen
Dissertation
zur Erlangung des akademischen Grades
doctor medicinae (Dr. med.)
vorgelegt dem Rat der Medizinischen Fakultät
der Friedrich-Schiller-Universität Jena
von Michael Wolf
geboren am 20.09.1975 in Arnstadt
Gutachter:
1. PD Dr. K. Junker, Jena
2. Prof. Dr. U. Claussen, Jena
3. PD Dr. W. Werner, Plauen
Tag der öffentlichen Verteidigung:
1. 07. Juni 2005
I
Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
1
II
Abkürzungsverzeichnis
3
III
Abbildungsverzeichnis
4
IV
Tabellenverzeichnis
5
1.
Zusammenfassung
6
2.
Allgemeiner Teil
8
2.1.
Einleitung-Problematik des Urothelkarzinoms
8
2.2.
Epidemiologie und Ätiologie des Urothelkarzinoms
10
2.3.
Pathologie des Urothelkarzinoms
12
2.4.
Klinische Problematik des Urothelkarzinoms
13
2.4.1.
Primärdiagnostik und Transurethrale Tumorresektion (TUTUR)
13
2.4.2.
Ausbreitungsdiagnostik, Differentialtherapie und Nachsorge
15
Molekularbiologische Aspekte des Urothelkarzinoms
18
2.5.1.
Theorie der Tumorentstehung
18
2.5.2.
Zellzykluskontrolle und Rolle der Tumorsuppressorgene
19
2.5.3.
Rolle von Chromosom 9
22
2.6.
Entstehungstheorien der Rezidive
22
2.7.
Zielstellung der Arbeit
23
3.
Material und Methode
24
3.1.
Ein- und Ausschlusskriterien
24
3.2.
Patientengut
24
3.3.
Gewebematerial und DNA-Isolation
27
3.4.
Mikrosatellitenmarkeranalyse
29
3.4.1.
Verwendete Mikrosatellitenmarker
30
3.4.2.
PCR-Bedingungen
32
3.4.3.
Elektrophorese
32
Auswertung
33
3.5.1.
Definition von Monoklonalität und Polyklonalität
34
3.5.2.
Statistische Methoden
34
Ergebnisse
36
2.5.
3.5.
4.
4.1.
Histologie und Prognose
36
4.2.
Lokalisation und Rezidiv-Intervall
38
4.3.
Mikrosatellitenmarkeranalyse
40
4.3.1.
Informationsgehalt der verwendeten Marker
40
4.3.2.
Häufigkeit des Verlustes der Heterozygotie
40
4.3.3.
Korrelation zu T-Kategorie und Grading
42
4.4.
Klonalitätsanalyse
43
4.5.
Unabhängigkeit der Verluste der Heterozygotie der verwendeten Marker
47
5.
Diskussion
49
5.1.
Klonalität der Rezidive von Urothelkarzinomen
49
Klonalität der Tumore der Gruppe 1:
50
5.1.1.
Monoklonalität der Rezidive und Unabhängigkeit der verwendeten
Marker
5.1.2.
Klonalität der Tumore der Gruppe 2:
56
Biochronologische Reihenfolge der Rezidive und Allelangleichung in
der MSA durch Tumorheterogenität, präferenzielle Amplifikation und
Kontamination
5.1.3.
Klonalität der Tumore der Gruppe 3:
59
Oligoklonalität in der frühen Pathogenese von Urothelkarzinomen?
5.2.
5.2.1.
Genetische Veränderungen in histologisch benignen Läsionen
65
Verbirgt sich im morphologischen Bild reaktiver Veränderungen des
65
Urothels eine molekulargenetisch zu sichernde Neoplasie?
5.2.2.
Doch ein Felddefekt der Harnblasenmukosa?
68
5.3.
Sensitivität und Spezifität der Mikrosatellitenanalyse
70
5.4.
Korrelation des Verlusts der Heterozygotie zu histologischem Staging
71
und Grading
6.
Schlussfolgerungen
73
V
Literaturverzeichnis
75
VI
Anhang
83
Lebenslauf
83
Erklärung
84
Danksagung
85
II
Abkürzungsverzeichnis
Abb.
Abbildung
BCG
Bacille Calmette Guérin
CDK
Cyclin Dependent Kinase
CDKI
Cyclin Dependent Kinase Inhibitor
CGH
Comparative Genomic Hybridisation
Cis
Carcinoma in situ
DNA
Desoxyribonukleinsäure
EGF
Epidermal Growth Factor
et al.
et alii
FISH
Fluorescence In Situ Hybridisation
FSU
Friedrich Schiller Universität
Gy
Gray
HOM
Homozygosity oder Homozygotie
HUMARA
Human Androgen Rezeptor Assay
HWI
Harnwegsinfekt
LOH
Loss of Heterozygosity oder Verlust der Heterozygotie
MSA
Mikrosatellitenanalyse
OR
Odds Ratio
PCR
Polymerase Chain Reaction
ROH
Retention of Heterozygosity oder Retention der Heterozygotie
SSCP
Single Strand Conformation Polymorphism
TCC
Transitional Cell Carcinoma oder Urothelkarzinom
TNM
Tumor Nodus Metastasis
TSG
Tumorsuppressorgen
TUTUR
Transurethrale Tumorresektion
UICC
Union Internationale Contre le Cancer
III
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1
Wachstumsstadien des Urothelkarzinoms der Harnblase (nach UICC)
11
Abb. 2
Primärdiagnostik des Harnblasenkarzinoms
14
Abb. 3
Entstehungswege der Urothelkarzinome
19
Abb. 4
Zellzykluskontrolle am G1/S-Restriktionspunkt und Rolle von p16 und p53
21
Abb. 5
Patientenalter bei Erstdiagnose
25
Abb. 6
Sonographische Diagnose eines Urothelkarzinoms
26
Abb. 7
Mütterliche und väterliche Allele unterscheiden sich in ihrer Größe
29
Abb. 8
Verlust oder Größenänderung von Allelen in der Elektrophorese
33
Abb. 9
Operationsskizze der Harnblase
38
Abb. 10
Geldarstellung der Mikrosatellitenanalyse
43
Abb. 11
Vierfeldertafel zur Bestimmung der OR
48
Abb. 12
Demonstration der Wahrscheinlichkeit polyklonalen Ursprungs zweier
51
Tumorzellen trotz gleichartiger LOH’s eines Markers
Abb. 13
Monoklonalität in der MSA
52
Abb. 14
Polyklonalität in der MSA
59
Abb. 15
Monoklonalität in Geweben mit und ohne histologischen Tumornachweis
65
Abb. 16
Oligoklonalität in histologisch benignem Gewebe bei Urothelkarzinom-
68
patienten
IV
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1
Rezidiv- und Progressionsraten bei gering-gradigen TCC
16
Tabelle 2
Nachsorge gering-gradiger TCC und Indikation zur Zystektomie
16
Tabelle 3
Nachsorgeschemata nach Risikogruppen
17
Tabelle 4
Proto-Onkogene und Tumorsuppressorgene beim Urothelkarzinom
20
Tabelle 5
Geschlecht, Alter und Symptomatik der Patienten bei Erstdiagnose
27
Tabelle 6
Verwendete Mikrosatelliten-Marker
31
Tabelle 7
PCR-Bedingungen
32
Tabelle 8
Staging und Grading der TCC und Prognose der Patienten
37
Tabelle 9
Lokalisation der TCC und Intervall der Rezidive
39
Tabelle 10 Ergebnisse der Mikrosatellitenmarkeranalyse
41
Tabelle 11 Korrelation der MSA zu T-Kategorie und Malignitätsgrad
42
Tabelle 12 Vergleich zwischen pTa- und pT1-Urothelkarzinomen
42
Tabelle 13 Vergleich zwischen G1- und G2-Urothelkarzinomen
42
Tabelle 14 Vergleich zwischen malignen und benignen Läsionen
43
Tabelle 15 Ergebnisse der Mikrosatellitenmarkeranalyse zur Klonalitätsanalyse
44
Tabelle 16 Klonalität der Rezidive
45
Tabelle 17 Fälle mit benigner Histologie eines Rezidivs
46
Tabelle 18 Klonalität histologisch benigner Läsionen
47
Tabelle 19 Vergleich zwischen Chromosom 9p und 9q
48
Tabelle 20 Deletionen und Monosomie 9 beim TCC
54
Tabelle 21 Vergleich der eigenen Klonalitätsanalyse mit der Literatur
60
Tabelle 22 Deletionen auf Chromosom 9 in normalem Urothel von Patienten mit/
71
ohne TCC
1.
Zusammenfassung
In vorliegender Arbeit wurden die Entstehungstheorien zur Rezidiventstehung von
Urothelkarzinomen molekulargenetisch überprüft.
Die Theorie des poly- oder oligoklonalen Ursprungs propagiert eine Feldkanzerisierung des
Urothels nach Exposition mit Karzinogenen, welche dazu führt, dass multifokal syn- und
metachron Rezidivtumore nach multiplen malignen Transformationen verschiedener
Transitionalzellen unabhängig voneinander entstehen.
Im Gegensatz dazu geht die Theorie des monoklonalen Ursprungs davon aus, dass
Tochterzellen einer maligne transformierten Transitionalzelle zur Migration in der Lage sind,
unter Akkumulation weiterer genetischer Veränderungen multifokal syn- und metachrone
Rezidive zu bilden, welche von der Vorläuferzelle abhängig sind.
Eine Schlüsselstellung nimmt dabei die Klonalität der Rezidive ein. Sie ist das entscheidende
Kriterium, mit welchem beide Theorien gegeneinander geprüft werden können.
Die frühe Pathogenese von Urothelkarzinomen ist durch einen Verlust von genetischem
Material von Chromosom 9 gekennzeichnet, so dass eine Mirkosatellitenanalyse hier
lokalisierter Sequenzen als Klonalitätsanalyse geeignet ist.
Unter Verwendung von 4 Mikrosatellitenmarkern konnten wir in vorliegender Arbeit für 21
der 30 untersuchten Patienten einen monoklonalen Entstehungsmechanismus ihrer Rezidive
nachweisen.
Im gesamten Kollektiv ergaben sich keine Hinweise auf die oligoklonale Natur der Rezidive.
Die Mehrheit rezidivierender Urothelkarzinome ist deshalb monoklonalen Ursprungs.
Weitere Anstrengungen zur klonalen Tumortherapie sind erfolgversprechend und sollten in
Zukunft als adjuvante Maßnahme zur chirurgischen Intervention in Betracht gezogen werden.
Die MSA liefert keinen Beweis für monoklonale Abstammung der UrothelkarzinomRezidive, sondern eine Wahrscheinlichkeit, welche unter Berücksichtigung der Tumorbiologie als hoch anzusehen ist.
Ein LOH stellt ein nicht-reversibles Ereignis in der Karzinogenese dar, hat jedoch nicht
zwangsläufig eine kausalpathogenetische Bedeutung.
Mit der in dieser Arbeit verwendeten 4 Markern kann keine exakte biochronologische
Reihenfolge der Rezidive nachvollzogen werden.
Zur Validierung der klonalen Beziehungen rezidivierender Urothelkarzinome ist neben der
MSA eine Alternativmethode wie die CGH sinnvoll, um partielle Deletionen oder Monosomien von Chromosom 9 zu erfassen.
In der frühen Pathogenese von Urothelkarzinomen ist Oligoklonalität als Folge von
Tumorheterogenität möglich.
Die pTaG1-Tumore unterscheiden sich von pT1G2-Tumoren durch eine geringere Frequenz
der Verluste der Heterozygotie. Auch aus diesem Grunde ist die Zusammenfassung beider
Wuchsformen des Urothelkarzinoms unter einen Oberbegriff als obsolet anzusehen.
In histologisch benignen Läsionen von Urothelkarzinom-Patienten kommen genetische Veränderungen vor, wie sie bei manifesten Karzinomen gefunden werden. Dabei ist das Gewebe
präneoplastisch und der morphologische Tumornachweis nicht möglich.
Durch die Potenz zur Migration und dem klonalen Überwuchs stellt die Mehrzahl der klinisch
manifesten Karzinome monoklonale Tumore dar. Der daraus resultierende Felddefekt des
Urothels steht deshalb nicht im Gegensatz zum Konzept der Monoklonalität der Urothelkarzinome.
Eine allgemeine genetische Instabilität des Urothels im Sinne der Feldkanzerisierung liegt bei
Urothelkarzinom-Patienten jedoch nicht vor. Die Feldkanzerisierung spielt für die Rezidiventstehung bei Urothelkarzinomen deshalb keine Rolle.
2.
Allgemeiner Teil
2.1.
Einleitung-Problematik des Urothelkarzinoms
Das Urothel- oder Transitionalzellkarzinom ist mit etwa 16.000 Neuerkrankungen pro Jahr in
Deutschland die 6.-häufigste maligne Erkrankung des Menschen und stellt die häufigste
Neoplasie der ableitenden Harnwege dar (AG Krebs in Deutschland, 2002). Obwohl 70- 80%
der Patienten durch das endoskopische Verfahren der differenzierten Transurethralen
Resektion (TUR) (Flamm und Steiner, 1991) initial therapiert werden können, stellt das unberechenbare Rezidiv- und Progressionsverhalten dieser Tumorentität den Arzt vor große
Schwierigkeiten. Diese bestehen in der Intention, auf der einen Seite das Tumorleiden kausal
zu beherrschen, und dem Patienten auf der anderen Seite durch Erhalt der Harnblase ein
Höchstmaß an Lebensqualität zu garantieren. Tritt im Verlauf ein weiteres Karzinom im harnableitenden System auf, wird dieses als Rezidiv interpretiert, was bei 50- 70% der Patienten
der Fall ist (Prout et al., 1972; Heney et al., 1983). Zum Entstehungsmechanismus dieser
multifokalen Rezidivtumoren existieren zwei kontrovers diskutierte Klonalitätstheorien
(Harris und Neal, 1992).
Die Theorie des polyklonalen Ursprungs propagiert einen Felddefekt des gesamten Urothels
durch Exposition mit Karzinogenen, welcher zu multiplen malignen Transformationen
verschiedener Transitionalzellen führt (Heney et al., 1978). Aus den unabhängig voneinander
entstandenen Klonen können sich dann synchron oder metachron multifokale Urothelkarzinome entwickeln.
Im Gegensatz dazu geht die Theorie des monoklonalen Ursprungs davon aus, dass zu einem
frühen Zeitpunkt der Karzinogenese die transformierte Zelle in der Lage ist, durch
intraepitheliale Migration oder intraluminale Streuung Tochterzellen zu verbreiten, welche
unter Akkumulation weiterer genetischer Veränderungen zur Bildung multifokaler synchroner
und asynchroner Urothelkarzinome führen (Soloway et al., 1989; Sidransky et al., 1992).
Aus zytogenetischen und molekularbiologischen Untersuchungen ist bekannt, dass bei
Urothelkarzinomen in etwa 60% Verluste von genetischem Material von Chromosom 9
auftritt, was einen Verlust der Heterozygotie (LOH) zur Folge haben kann (Tsai et al., 1990;
Cairns et al., 1993; Sandberg und Berger, 1994). Durch die Deletion eines distinkten
Chromosomenabschnittes kommt es zum Verlust der Heterozygotie für dieses Allel und damit
zu einem spezifischen Tumorsuppressorgenverlust. Eine Mutation des verbliebenen Allels
führt konsekutiv eine komplette Inaktivierung des betroffenen Gens und damit den
karzinogenen Stimulus herbei. Ein Verlust der Heterozygotie entspricht also dem ersten
Schritt in der Inaktivierung von Tumorsuppressorgenen, wie er beim hereditären
Retinoblastom erstmals beschrieben wurde (Knudson, 1971).
Die partiellen und kompletten Deletionen von Chromosom 9 konnten schon bei hochdifferenzierten und nicht-invasiven Urothelkarzinomen erfasst werden (Knowles et al., 1994),
was weitere Arbeiten mit verschiedenen Methoden wiederholt bestätigen konnten.
Unabhängig von der genauen Kenntnis der kausalen Pathogenese gelten Deletionen von
Chromosom 9 als Frühveränderung in der Karzinogenese dieser Tumore (Kallioniemi et al.,
1995; Sauter et al., 1995; Czerniak et al., 1999; Simoneau et al., 1999; Vassilev, 1999; Kania,
2002). Damit ist die Untersuchung geeigneter Abschnitte von Chromosom 9 in einer Mikrosatellitenanalyse geeignet, vereinfachte genetische Fingerabdrücke des Ersttumors und seiner
Rezidive zu erzeugen, deren Vergleich die beabsichtigte Aussage zur Klonalität erlaubt.
Ziel der Arbeit soll sein, mit molekulargenetischen Untersuchungen zur Beantwortung der
Frage nach der Klonalität von rezidivierenden Urothelkarzinomen beizutragen. Damit soll die
Arbeit der Mehrung des Wissens über die Karzinogenese der Tumorentität dienen.
2.2.
Epidemiologie und Ätiologie des Urothelkarzinoms
Im Jahre 1998 erkrankten 15.700 Menschen in Deutschland an einer bösartigen Neubildung
im harnableitenden System. Männer sind dabei zwei- bis dreimal so häufig betroffen wie
Frauen. Damit sind Urothelkarzinome nach Prostatakarzinomen, Bronchialkarzinomen und
kolorektalen Karzinomen die 4.-häufigsten malignen Neubildungen beim Mann, während bei
Frauen Mammakarzinome, kolorektale Karzinome, Korpuskarzinome des Uterus und
Bronchialkarzinome am häufigsten sind. Urothelkarzinome besitzen bei Frauen eine Inzidenz
im Vergleich zu Mammakarzinomen von 1:10.
Urothelkarzinome sind maligne Tumore des höheren Lebensalters. Über 65% der Tumore
treten bei Patienten im Alter von über 65 Lebensjahren auf. Das mittlere Erkrankungsalter
liegt für Männer bei 69, für Frauen bei 74 Jahren. Die Mortalitätsrate der Männer in
Deutschland beträgt 9,7 und die der Frauen 2,6. Urothelkarzinome sind hier in der Mortalität
vergleichbar mit Zervixkarzinomen des Uterus (AG Krebs in Deutschland, 2002). Innerhalb
dreier Jahre verstarb die Hälfte der Patienten kausalpathologisch am Tumorleiden, während
die andere Hälfte ohne Hinweis auf Tumorprogression verstarb (Brauers und Jakse, 1997). Zu
den Risikofaktoren zur Entstehung eines Urothelkarzinoms gehören:
-
höheres Lebensalter.
-
männliches Geschlecht.
-
aromatische Amine:
•
Entstehung von Karzinomen nach einer Latenz von 20 bis 30 Jahren.
•
Substanzen: 4,4-Biamino-Biphenyl (= Benzidin), 4-Amino-Biphenyl,
2-
Naphthylamin, 4-Chloro-o-Toluidin (Kälble, 2001).
•
wichtigste Expositionsquelle ist der Zigarettenkonsum (Morrison, 1984).
•
weitere Exposition in der Farbstoff-, Textil- und Gummi-Industrie, Beschreibung als
Berufserkrankung (Rehn, 1895).
-
-
Nitrosamine wie Dimethylnitrosamin im Rahmen von:
•
chronischen Harnwegsinfekten.
•
Dauerkatheterismus (Locke et al., 1985).
•
Schistosomiasis (Lucas et al., 1982).
•
hier auch verstärktes Auftreten von Plattenepithelkarzinomen!
Balkan-Nephropathie (Ätiologie unklar).
-
genetische Disposition:
•
Cytochrom-P450-Polymorphismen (Katlubar und Badawi, 1995).
•
langsame Acetylierer und Glutathion-S-Transferrase-1-Mangel (Brockmöller et al.,
1996).
-
physikalisch- oder chemisch-toxisch:
•
alkylierende Chemotherapeutika wie Cyclophosphamid (Baker et al., 1987).
•
Phenacetin (Mihatsch et al., 1980).
•
Radiatio (Quilty und Kerr, 1987).
Trotz der bisher gewonnen Erkenntnisse bleibt die Ätiologie der Erkrankung in 50- 80% der
Fälle ungeklärt, wichtigster gesicherter Risikofaktor ist der langjährige Zigarettenkonsum.
Abbildung 1: Wachstumsstadien des Urothelkarzinoms der Harnblase (nach UICC).
2.3.
Pathologie des Urothelkarzinoms
95% aller bösartigen Neubildungen der Harnblase in Deutschland sind Urothelkarzinome
(Synonym: Transitionalzellkarzinome), während Plattenepithelkarzinome in SchistosomiasisEndemiegebieten häufiger zu finden sind. 70% der Patienten kommen in Anfangsstadien zur
Untersuchung, während sich 30% mit einer Invasion der Harnblasenmuskulatur, was einem
fortgeschrittenen Tumorleiden entspricht, präsentieren (Miller und Weißbach, 1998). Die
Klassifikation der Union International Contre le Cancer (UICC) (Sobin und Wittekind, 1997)
beschreibt das Stadium der Erkrankung wie folgt:
T = Größe und Ausdehnung des Primärtumors (siehe auch Abbildung 1).
is-
Carcinoma in situ.
a-
nichtinvasiver papillärer Tumor.
1-
Tumor infiltriert subepitheliales Bindegewebe.
2-
Tumor infiltriert Muskulatur:
2a-
oberflächlich.
2b-
tief.
3-
Tumor infiltriert perivesikales Fettgewebe:
3a-
mikroskopisch.
3b-
makroskopisch.
4-
Tumor infiltriert Nachbarstrukturen:
4a-
Prostata, Uterus oder Vagina.
4b-
Becken- oder Bauchwand.
N = Tumorbefall der regionalen Lymphknoten.
0-
kein Befall.
1-
Befall eines Lymphknotens unter 2 cm Durchmesser.
2-
Befall eines oder mehrerer Lymphknoten zwischen 2 und 5 cm Durchmesser.
3-
Befall von Lymphknoten über 5 cm Durchmesser.
M = Nachweis von Fernmetastasen.
0-
keine Fernmetastasen.
1-
Fernmetastasen.
x-
unklar.
Die histologische Gradeinteilung erfolgt gemäß WHO-Klassifikation (Eble et al., 2004;
Helpap und Köllermann, 2000).
1-
Urothel über 7 Zellreihen, leichte Kernatypien, Verlust der Deckzellschicht
einschließlich der Zytokeratin-20-Expression in der Immunhistochemie,
Störungen in der basalen Zellreihe (so genanntes gestörtes "Pallisading").
2-
Urothel mit zunehmenden Stratifikationsstörungen, mäßige Kernatypien unter
Abnahme der Plasma-Kern-Relation und Zunahme von Kerngröße und
Nukleolenzahl, erhöhte Mitoserate.
3-
Urothel mit Verlust der Stratifikation, Auftreten von starken Kernatypien mit
Riesenzellen, hoher Mitoseindex, starke Entdifferenzierung.
2.4.
Klinische Problematik des Urothelkarzinoms
Urothelkarzinome in Harnblase und ableitenden Harnwegen bleiben oft lange symptomlos, es
gibt keine charakteristischen Frühsymptome. Eine schmerzlose Hämaturie kann erster Hinweis auf das Tumorleiden sein, und bedarf diesbezüglich umgehender Abklärung. Andere
Patienten fallen durch eine irritative Miktion mit Dysurie, Pollakisurie oder Unterbauchschmerz auf, bedingt durch Tumorwachstum in Harnblasenhalsnähe oder einer Begleitzystitis.
2.4.1.
Primärdiagnostik und Transurethrale Tumorresektion (TUTUR)
Ist die Verdachtsdiagnose eines Harnblasenkarzinoms gestellt, ist differentialdiagnostisch
zunächst ein Harnwegsinfekt auszuschließen und mit der Tumorsuche zu beginnen. Nach
klinischen und paraklinischen Untersuchungen stellt die Urethrozystoskopie den Goldstandard in der Diagnose eines Harnblasenkarzinoms dar, mit welcher 95% aller exophytisch
wachsenden Tumore und 85% der Carcinomata in situ diagnostiziert werden können
(Oosterlinck et al., 1993). Die präoperative Instillation von 5-Aminolävulinsäure (5-ALA)
und die intraoperative Betrachtung des Urothels im Blaulicht von 405 nm Wellenlänge
ermöglichen eine verbesserte Detektion von Tumorzellarealen. Der Metabolit Protoporphyrin
IX wird dabei in Tumorzellen vermehrt intrazellulär akkumuliert und ist zur Rotfluoreszenz
von 635 nm Wellenlänge fähig. Unter Lichtanregung leuchtet der Tumor rot gegen einen
blauen Hintergrund normalen Harnblasengewebes (Kick et al., 1996). Ein diagnostisches
Flussschema gibt Abbildung 2 wieder.
Klinische Untersuchung
Paraklinik
- Urinsediment/- kultur
- Sonographie Abdomen
- intravenöses Ausscheidungsurogramm
- Serum- Kreatinin
- Urinzytologie (bes. bei CIS
aussagekräftig)
- Anamnese
- körperliche Untersuchung
Mann: einschl. Digital Rektaler Untersuchung
Frau: einschl. Vaginaler Untersuchung
Ausschluss HWI
Tumorsuche und
Ausschluss Hydronephrose
Operationsfähigkeit?
Urethrozystoskopie mit differenzierter TransUrethralen TUmorResektion (TUTUR)
Abbildung 2: Primärdiagnostik des Harnblasenkarzinoms.
Die Zystoskopie wird bei klinisch suspektem Befund mit der transuretralen Resektion des
Tumorgewebes (TUTUR) kombiniert, wodurch Gewebe zur Diagnosesicherung gewonnen
wird. Die transurethrale Resektion gewährleistet die Asservierung von Gewebe zur histologischen Untersuchung und ist beim oberflächlichen Tumor zugleich die definitive
therapeutische Maßnahme. Die vollständige Entfernung des Tumors im Gesunden ist hierbei
eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Therapie. Darüber hinaus ist nur bei
vollständiger Entfernung des Tumors eine exakte histologische Klassifizierung möglich.
Drei Fragen müssen durch die Resektion beantwortet werden:
1. Welche Tumorart welcher Differenzierung liegt vor?
2. Wie tief ist der Tumor in die Blasenwand vorgewachsen?
3. Ist dem Tumor angrenzende Schleimhaut von Tumorausläufern durchwachsen?
Es ergibt sich ein standardisiertes operatives Vorgehen:
-
Abtragung des exophytischen Tumoranteils.
-
Biopsienahme
vom
Tumorgrund
unter
Mitnahme
eines
Anteils
von
Harnblasenmuskulatur.
-
Biopsienahme aus allen vier Quadranten des Tumorrandes.
-
Weitere Biopsien aus zystoskopisch suspekten Arealen oder Biopsien aus normaler
Schleimhaut.
-
Nachresektion 2- 6 Wochen nach dem Eingriff, obligat bei >= T1-Tumoren und allen R1Resektionen.
Topografisch wird der Tumor einer oder mehreren Regionen der Harnblase zugeordet:
Trigonum vesicae, Vorderwand, Fundus vesicae, Hinterwand, Seitenwand rechts, Seitenwand
links oder prostatische Harnröhre (siehe Abbildung 9).
Diese Zuordung ist im Rahmen dieser Arbeit wichtig, da Lokalrezidive von „echten“
Rezidivtumoren abgegrenzt werden sollen. Ein entsprechender Vermerk findet sich im
Operationsbericht.
2.4.2.
Ausbreitungsdiagnostik, Differentialtherapie und Nachsorge
Es gilt der Grundsatz, dass Tumore der Stadien Ta, T1, und Tis durch die TUR behandelt
werden, während bei Tumoren der Stadien T2 und T3 die Zystektomie angestrebt wird.
Muskelinvasive Urothelkarzinome bedürfen einer weiter gehenden Diagnostik, um zu klären,
ob das Tumorleiden kurativ oder palliativ zu behandeln ist. Dabei stellt die radikale
Zystektomie mit kontinenten oder nicht-kontinenten harnableitenden Verfahren den kurativen
Ansatz dar, während als Palliativeingriffe Radiotherapie, Polychemotherapie, Palliativ-TUR
oder Formalininstillation bei Dauerblutungen zur Anwendung kommen. Wichtig sind
effiziente Schmerzbekämpfung und die Prophylaxe des postrenalen Nierenversagens und
anderer tumorbedingter Komplikationen. Auf Details wird im Rahmen dieser Arbeit
verzichtet.
Für Patienten mit Zustand nach TUR stellen sich für das Nachsorgeschema die Fragen:
1. In welchem Intervall über welchen Zeitraum werden zystoskopische Kontrollen
durchgeführt?
2. Besteht eine Indikation zur adjuvanten intravesikalen Instillationstherapie? Wann und
womit wird diese durchgeführt?
3. Wann besteht die Indikation zur Zystektomie?
Da es sich bei Ta-, T1- und Tis-Tumoren um biologisch differente Karzinome handelt, ist der
Begriff "oberflächliches Harnblasenkarzinom" als obsolet anzusehen (Helpap und
Köllermann, 2000), aber weiterhin im klinischen Sprachgebrauch anzutreffen. Damit
verbunden ist die Forderung differenzierter Nachsorgeschemata in Abhängigkeit vom
biologischen Verhalten, wie es das Rezidiv- und Progressionsverhalten in Tabelle 1 zeigt
(Melamed et al., 1964; Hasui et al., 1994; Rogatsch et al., 1998; Helpap und Köllermann,
2000; Smesny, 1998).
Tabelle 1: Rezidiv- und Progressionsraten bei gering-gradigen TCC.
pTa
pT1
pTis
Rezidivrate
30- 70%
30- 70%
80%
Progressionsrate
4- 5%
30%
30- 80%
Bemerkung
potenziell benigne Läsion.
Assoziation mit invasivem Karzinom;
Verwechslung mit reaktiven Veränderungen
("denuding cystitis") möglich.
Die zur Zeit praktizierte Nachsorge und Rezidivprophylaxe von Tumoren niedriger Stadien
beruht in vielen Fällen auf empirischer Erfahrung und ist ständig im Fluss. In diesem
Zusammenhang erkannten schon Morales et al. die Wirkung von BCG (Morales et al., 1976).
Bei T1G3-Tumoren ist eine vergleichbare Wirkung mit einer neoadjuvanten Instillationstherapie durch BCG oder Chemotherapeutika nur mit einer Radiotherapie mit der Dosis von
50 Gy zu erwarten, die einer Instillationstherapie wahrscheinlich überlegen ist (Miller und
Weißbach, 1998).
Die Tabellen 2 und 3 fassen die Nachsorge gemäß den derzeitigen Empfehlungen der
Deutschen Gesellschaft für Urologie zusammen.
Tabelle 2: Nachsorge "oberflächlicher" TCC und Indikation zur Zystektomie.
Tumorstadium
P= Primum.
R= Rezidiv.
pTa
G1
P
R
G2
P
G2
R
G3
P/R
pT1
G1
P/R
G2
P/R
G3
P
R
pTis
P
R
Operative Therapie Adjuvante
intravesikale
Instillationstherapie
nein
möglich
TUR
möglich
möglich
möglich
möglich
TUR
möglich
obligat (BCG)
Nachsorgeintervall
und -zeitraum
low risk
high risk
low risk
high risk
high risk
high risk
high risk
high risk
Zystektomie
TUR
Zystektomie
obligat (BCG)
high risk
Tabelle 3: Nachsorgeschemata nach Risikogruppen.
Intervall
nach
Therapie
¼ Jahr
½ Jahr
¾ Jahr
1 Jahr
1 ¼ Jahre
1 ½ Jahre
1 ¾ Jahre
2 Jahre
2 ½ Jahre
3 Jahre
3 ½ Jahre
4 Jahre
5 Jahre
6 Jahre
8 Jahre
10 Jahre
low risk
high risk
pTaG1 und G2
U/Z
AUG
x
x
pTaG3/ pT1/ pTis/ alle Rezidive
U/Z
AUG
TH
AS
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
TH
AS
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
Legende: U/Z= Urinsediment/ Zystoskopie/ Spülzytologie;
AUG= i.v.-Ausscheidungsurogramm;
TH= Röntgen-Thorax p.a.;
AS= Abdominalsonogramm.
2.5.
Molekularbiologische Aspekte des Urothelkarzinoms
Seit den Arbeiten von Bauer aus dem Jahre 1928 gilt Krebs als Erkrankung auf der Grundlage
von Mutationen somatischer und germinaler Zellen (Bauer, 1963). Während physiologische
Gewebe einer koordinierten Zellerneuerung auf der Basis der Mitose unterliegen, die ihre
Struktur und damit ihre Funktion aufrecht erhält, weisen maligne transformierte Gewebe
Veränderungen auf, die ihnen ein autonomes Wachstum ermöglichen. Verlust der Kontakthemmung zwischen den Zellen, inhibierte Apoptose, erhöhte Proliferationsraten aufgrund
entkoppelter Zellzykluskontrolle sowie Entzug aus der immunologischen Abwehr trotz des
Auftretens neuer Oberflächenantigene sind wichtige Merkmale maligner Zellen, welche das
Zusammenwirken initiierender und promovierender Mutationen erfordert, die nacheinander
aquiriert werden. Dieses Konzept der Mehrschrittkarzinogenese (Weinberg, 1989) impliziert
auch, dass genotypische Veränderungen vor phänotypischen Alterationen auftreten müssen
und molokulargenetische Verfahren diese Veränderungen erfassen können, noch bevor
zytologische oder histologische Verfahren es tun. Entscheidenden Fortschritt zum Verständnis
der Karzinogenese hat die Entdeckung von Proto-Onkogenen, Tumorsuppressorgenen und
DNA-Reparaturgenen gebracht, deren Genprodukte wichtige Bestandteile von Zellzyklus,
Apoptose und genomischer Integrität regulieren.
2.5.1.
Theorie der Tumorentstehung
Die Pathogenese zur Entstehung von Urothelkarzinomen ist nur unvollständig bekannt.
Tumorbiologisch handelt es sich beim Urothelkarzinom um mindestens zwei verschiedene
Erkrankungen, deren gemeinsame Endstrecke das muskelinvasive, schlecht differenzierte
Karzinom darstellt, wie Abbildung 3 verdeutlicht (Spruck et al., 1994).
Der eine Weg ("low-grade-pathway") führt über die stark proliferierenden, rezidivfreudigen
pTa- und pT1-Tumore, deren gemeinsames Merkmal eine hohe Frequenz von Chromosom 9Verlusten ist, die aber nur selten (3%) Mutationen von p53 aufweisen.
Der andere Weg ("high-grade-pathway") läuft über die Dysplasie-Carcinoma in situ-Sequenz
ab, deren gemeinsames Merkmal die hohe Mutationsrate von p53 von 65% bei seltenem
Chromosom 9-Verlust darstellt (Spruck et al., 1994; Knowles et al., 1999; Gonzalo et al.,
2000).
Abbildung 3: Entstehungswege der Urothelkarzinome (modifiziert nach Knowles et al., 1994)
2.5.2.
Zellzykluskontrolle und Rolle der Tumorsuppressorgene
Bei initiierenden Mutationen handelt es sich häufig um solche, die Funktionsverluste von
Tumorsuppressorgenen (TSG) nach sich ziehen. Damit verbunden ist ein unkontrollierter
Ablauf des Zellzyklus mit erhöhter Mutationrate. Während p53-Mutationen immunhistochemisch erfasst werden können, da das veränderte Protein durch verlängerte Halbwertzeit intrazellulär akkumuliert (Reich et al., 1983), hat die Beobachtung von Chromosom 9Verlusten zur intensiven Suche nach neuen TSG durch unterschiedliche Verfahren geführt.
Mutationen und Amplifikationen von Proto-Onkogenen sowie die Inaktivierung von
Tumorsuppressorgenen spielen bei Initiation und Progression von Urothelkarzinomen eine
Rolle, wie Tabelle 4 zeigt (Knowles et al., 1999; Brandau und Böhle, 2001).
Tabelle 4: Proto-Onkogene und Tumorsuppressorgene beim Urothelkarzinom.
Gen
FGFR3
p53
Produkt
Fibroblast Growth
Factor Receptor 3
(FGFR3)
G-Protein der MAPKinase-Kaskade
Epidermal Growth
Factor Receptor (EGFR)
EGFR-ähnlicher Typ ITyrosinkinaserezeptor
Cyclin D1
Transkriptionsfaktor
pRb
Transkriptionsfaktor p53
p16
p21
CDKI p16
CDKI p21
c-H ras
c-erb-B1
c-erb-B2
c-ccnd1
Rb
Anteil mutierter Tumoren
75- 88%
Literatur
Van Rhijn et al., 2001
6- 44%
Knowles, 1999
30- 87%
Neal und Mellon, 1992
10- 14%
Knowles, 1994
10- 20%
30%
Lee et al., 1997
Cairns et al., 1991
65% ("high-grade-way")
3% ("low-grade-way")
20- 45%
10- 15%
Sidransky et al., 1991
Kambs et al., 1994
Malkowicz et al., 1996
Der Zellzyklus besteht aus dem Wechsel zwischen Mitose(M) und DNA-Synthese(S) sowie
dazwischen liegende "gap"-Phasen, wobei die G1-Phase postmitotisch und die G2-Phase
postsynthetisch liegt. Das Modell der Zellzykluskontrolle beinhaltet die Vorstellung, dass
prämitotisch und präsynthetisch Kontrollpunkte passiert werden müssen, nach denen die
mitotische Teilung bzw. die Replikation der DNA ungehindert fortschreiten.
Der Restriktionspunkt stellt den Übergang zwischen G1- und S-Phase dar, der nach
Aktivierung der Cyclin-abhängigen Kinasen (CDK's) 2,4 und 6 überwunden werden kann.
Die CDK's sind eine Familie von Seronin-Threonin-Kinasen, die als katalytische Untereinheit
eines Holoenzyms die Cycline als aktivierende Untereinheit benötigen, um u.a. das
Retinoblastoma-Protein (pRb) zu phosphorylieren, und damit Transkriptionsfaktoren wie E2F
für die DNA-Replikation freizusetzen (Kopnin, 2000). CDK4 und 6 benötigen D-Cycline als
Aktivatoren, während CDK2 Cyclin E nutzt. Diese G1-Cycline haben eine kurze Halbwertzeit
und werden am Restriktionspunkt verstärkt synthetisiert, wobei die der D-Gruppe als ProtoOnkogenprodukte Effektoren extrazellulärer Wachstumssignale darstellen.
Zahlreiche TSG-Produkte sind CDK-Inhibitoren (CDKI) und besitzen hemmenden Einfluß
auf die Überwindung des Restriktionspunkts. p15 und p16 ("INK4-Familie") bilden binäre
Komplexe mit CDK4 und 6, während p21 und p27 ("CIP/KIP-Familie") bereits Cyclinaktivierte CDK's inhibieren können. Der Tumorsuppressor p53 wirkt u.a. über die Regulation
der p21-Expression hemmend auf das Zyklusgeschehen ein. Dabei wird sein Gen p53 bei
Genomschädigung abgelesen, wodurch die Zelle in der G1-Phase verbleibt oder apoptotisch
stirbt (Cordon-Cardo, 1995).
Abbildung 4 gibt noch einmal schematisch die Interaktion der bei Urothelkarzinomen
wichtigen TSG wieder.
Abbildung 4: Zellzykluskontrolle am G1/S-Restriktionspunkt und Rolle von p16 und p5.3
(nach Cordon-Cardo, 1995)
TSG können auf mindestens drei verschiedene Arten mutieren:
1. Deletion von genetischem Material
-
homozygote Deletion.
-
Verlust der Heterozygotie.
2. Punktmutationen
-
Funktionsverlust oder Wegfall des Genprodukts.
3. Promotormethylierung
-
"transcriptional silencing".
2.5.3.
Rolle von Chromosom 9
Deletionen eines oder beider Arme von Chromosom 9 stellen mit über 60% einen der
häufigsten Befunde von Urothelkarzinomen des "low-grade-pathway" dar (Tsai et al., 1990).
Neben Verlust eines Allels, verbunden mit LOH, kommen auch homozygote Deletionen in
30% der Fälle vor, wie am Beispiel von 9p21 gezeigt wurde (Bender et al., 1999).
Da die INK4-Gen-Gruppe hier lokalisiert ist, welche für p14, p15 und p16 kodiert, ist nach
pathogenetischen Zusammenhängen hier intensiv geforscht worden. Nach LOH bewirkt eine
Inaktivierung des verbliebenen intakten Allels von INK4 durch homozygote Deletion oder
Methylierung der CpG-reichen Promotorregion (zweiter Schritt in der Inaktivierung von
Tumorsuppressorgenen, vergleiche Knudson, 1971) eine ungehemmte CDK4- und CDK6Aktivierung Cyclin-D-Bindung, was die Phosphorylierung und Inaktivierung von pRb zur
Folge hat (Orlow et al., 1999). Die darauf folgende Entkopplung des Zellzyklus erklärt die
hohe Wachstums- und Rezidivfreudigkeit der in dieser Arbeit untersuchten Ta- und T1Tumore.
Neben dem beschriebenen INK4-Genlokus sind noch eine Reihe potenzieller TSG-Loci auf
Chromosom 9 in der Diskussion: 9p11-13, 9p22-23, 9q12-13, 9q34 (Czerniak et al., 1999);
9q22.3 (Simoneau et al., 1999); 9q32-33 (Habuchi et al., 1997). Ihre pathogenetische
Bedeutung lässt sich momentan noch nicht einordnen.
2.6.
Entstehungstheorien der Rezidive
Zur Erklärung der Rezidive von Urothelkarzinome existieren zwei Theorien, welche im
Gegensatz zueinander stehen.
Die Theorie des polyklonalen Ursprungs propagiert einen Felddefekt des gesamten Urothels
durch Exposition mit Karzinogenen, welcher zu multiplen malignen Transformationen
verschiedener Transitionalzellen führt (Heney et al., 1978). Aus den unabhängig voneinander
entstandenen Klonen können sich dann synchron oder metachron multifokale Urothelkarzinome entwickeln.
Im Gegensatz dazu geht die Theorie des monoklonalen Ursprungs davon aus, dass zu einem
frühen Zeitpunkt der Karzinogenese die transformierte Zelle in der Lage ist, durch
intraepitheliale Migration oder intraluminale Streuung Tochterzellen zu verbreiten, welche
unter Akkumulation weiterer genetischer Veränderungen zur Bildung multifokaler synchroner
und asynchroner Urothelkarzinome führen (Soloway et al., 1989; Sidransky et al., 1992).
2.7.
Zielstellung der Arbeit
Ziel der Arbeit soll sein, mit molekulargenetischen Untersuchungen zur Beantwortung der
Frage nach der Klonalität von rezidivierenden Urothelkarzinomen beizutragen. Damit soll die
Arbeit der Mehrung des Wissens über die Karzinogenese der Tumorentität dienen.
1. Sind die Rezidive von Urothelkarzinomen monoklonalen oder oligoklonalen Ursprungs?
2. Welche klinische Bedeutung kommt der Klonalität von rezidivierenden Urothelkarzinomen
zu?
3. Ist eine Mirkosatellitenanalyse eine geeignete Methode, das Genom von Urothelkarzinomen zur Fragestellung der Klonalität zu charakterisieren?
4. Verbirgt sich im histologischen Bild reaktiver Urothelveränderungen von UrothelkarzinomPatienten ein neoplastisches Potential?
3.
Material und Methode
3.1.
Ein- und Ausschlusskriterien
Eingeschlossen in diese Arbeit wurden Patienten mit rezidivierenden Urothelkarzinomen.
Folgende Kriterien mussten erfüllt sein:
-
Nachweis der Diagnose durch die histologische Untersuchung.
-
Abstand der Rezidive > 3 Monate.
-
Nachweis einer tumorfreien Zwischenhistologie zwischen den Rezidiven im Rahmen der
Tumornachsorge.
-
Dokumentation der Tumorlokalisation im Operationsbericht.
-
Einverständnis des Patienten zur Verwendung seiner Daten und Materialien zu
Forschungszwecken.
Auszuschliessen waren Rezidive, bei denen es sich um Anteile ein und desselben Tumors
handeln könnte. Dazu wurde ein Rezidivintervall von mindestens drei Monaten gefordert.
Desweiteren waren Tumorlokalisation in der Harnblase und tumorfreie Zwischenbiopsien zu
dokumentieren.
3.2.
Patientengut
Eingeschlossen in die Arbeit wurden 30 Patienten mit der Diagnose Urothelkarzinom, bei
denen im Verlauf mindestens ein Rezidivtumor aufgetreten war. Sie befanden sich im Zeitraum von 1995 bis 2000 in Behandlung in der Urologischen Klinik der Friedrich-SchillerUniversität Jena und wurden in dieser Zeit mit dem Verfahren der transurethralen Tumorresektion therapiert.
Wie Abbildung 5 zu entnehmen ist, handelte es sich um 8 weibliche und 22 männliche
Patienten im Alter von 30 bis 88 Jahren bei Erstdiagnose des urologischen Tumorleidens. Das
Geschlechterverhältnis von Männer zu Frauen war gleich 2,75 zu 1. Das mittlere Alter im
Kollektiv bei Erstdiagnose betrug 65 Lebensjahre, wobei weiblichen Patienten mit durchschnittlich 69 Jahren älter waren als die männlichen Patienten mit durchschnittlich 63 Jahren.
Abbildung 5 verdeutlicht noch einmal Alter und Geschlecht der Patienten bei Erstdiagnose.
Patientenalter bei Erstdiagnose
90
80
Alter (Jahre)
70
60
50
40
30
20
10
0
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30
Abbildung 5: Patientenalter bei Erstdiagnose; weibliche Patienten sind durch rote Balken dargestellt.
Zur besseren Charakterisierung des Patientenguts waren anamnestische, klinische und
paraklinische Angaben aus den Patientenakten verfügbar. Die Patienten hatten eine unterschiedliche Anamnese bezüglich der in der Einleitung erwähnten Risikofaktoren sowie eine
unterschiedliche Symptomatik bei Erstdiagnose aufzuweisen. Ein 30-jähriger Patient hatte
eine positive Familienanamnese bezüglich maligner Erkrankungen. Angaben bezüglich des
Nikotinabusus, dem wichtigsten isolierten Risikofaktor urothelialer Neoplasien in Europa,
waren retrospektiv unvollständig und in ihrer Aussagekraft fragwürdig. Zwei Patienten waren
bereits aufgrund von Uretertumoren voroperiert, wobei in einem Fall eine Psoas-Hitch-Plastik
durchgeführt wurde, im anderen Fall eine Nephroureterektomie notwendig geworden war. Die
häufigsten Nebendiagnosen waren kardiovaskulärer Art. Eine koronare Herzkrankheit, eine
arterielle Hypertonie oder eine periphere arterielle Verschlusskrankheit fanden sich in 17
Fällen.
Chronisch
obstruktive
Lungenerkrankungen
bestanden
in
3
Fällen,
ein
insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ II in 5 Fällen.
Initialsymptome waren eine Mikro- oder Makrohämaturie oder ein unklarer Unterbauchschmerz, verbunden mit Dysurie oder Pollakisurie. Ein Patient betrieb schweren Alkoholabusus, er wurde durch eine symptomatische Blutungsanämie mit einem Hämoglobin von 2,4
mmol/ l und einem Hämatokrit von 0,13 auffällig.
Bemerkenswert ist, dass bei vier Patienten die Diagnose ohne klinische Symptome im
Rahmen von bildgebender Diagnostik gestellt werden konnte. Federführend war hier die
Abdominal-Sonographie, welche als nicht-invasive Routinediagnostik einen nicht zu unterschätzenden Stellenwert besitzt. Abbildung 6 stellt exemplarisch ein Urothelkarzinom der
linken Seitenwand des Patienten 23 dar, welcher initial aufgrund dysurischer Beschwerden
den Arzt aufsuchte.
Abbildung 6:
Sonographische Diagnose
eines Urothelkarzinoms.
Tabelle 5: Geschlecht, Alter, und Symptomatik der Patienten bei Erstdiagnose.
Patient
Alter (a)
Geschlecht Syptome
Patient
Alter (a)
Geschlecht Syptome
01
55
m
1; 3
16
38
f
02
85
f
3
17
65
f
03
59
m
6
18
73
m
3
04
70
m
6
19
75
m
3; 4
05
73
m
2
20
48
m
5
06
44
m
1; 2
21
57
f
3
07
70
m
6
22
88
m
4
08
76
f
3; 4
23
75
m
1
09
70
m
2
24
62
m
3
10
49
m
1
25
64
f
11
67
m
6
26
30
m
3
12
62
m
3;4
27
74
m
1
13
83
f
3
28
56
m
14
77
m
3
29
67
m
3
15
61
m
1; 2
30
85
f
1
Legende:
1= Pollakisurie, Dysurie oder Unterbauchschmerz
2= Mikrohämaturie
3= Makrohämaturie
4= Harnverhalt
5= symptomatische Anämie mit Dysnoe/ Belastungsinsuffizienz
6= Zufallsbefund bei bildgebender Diagnostik (Sonographie/ Computertomographie)
3.3.
Gewebematerial und DNA-Isolation
Die insgesamt 77 Tumoren der 30 Patienten wurden bei transurethralen Resektionen gewonnen, wobei die Hälfte jedes Tumors in Formalin fixiert und dem Pathologen zur Begutachtung
zugeschickt worden war, während die andere Hälfte im Stück bei –80 °C kryokonserviert
wurde und aus der Tumorbank des Hauses zur Verfügung stand.
Zur Gewinnung der Tumor-DNA wurden Gewebeschnitte von 10 µm Dicke angefertigt, im
kalten Azetonbad für fünf Minuten fixiert, Hämatoxylin-Eosin gefärbt und anschließend in
Gelatine eingedeckelt. Tumorareale konnten nun erfasst und markiert und damit möglichen
Kontaminationen durch Harnblasenstroma und Entzündungszellen vorgebeugt werden. Nach
Ablösung der Deckgläschen im Wasserbad wurde das Tumormaterial mit sterilem
Instrumentarium unter mikroskopischer Kontrolle in sterile Behälter aus Plastik (im folgenden
Tubes genannt) mit dem Fassungsvermögen von 1,0 Milliliter überführt. Besondere Sorgfalt
galt dem auf dem Objektträger verbliebenen Geweberest. Hier galt es, vorher identifizierte
Lymphozytenansammlungen wieder zu erkennen, um dieses DNA-reiche Zellmaterial als
Kontamination auszuschließen.
Als Normalgewebe dienten aus kliniküblichen EDTA-Monovetten separierte Lymphozyten,
die ebenfalls kryokonserviert vorlagen (Miller et al., 1988). Die eigentliche Isolation erfolgte
unter Verwendung eines kommerziellen Kits (Quiagen, Hilden, Deutschland) nach folgendem
Protokoll:
1. Ablösung der Deckgläser im Wasserbad für ca. 60 Minuten.
2. Überführen der Tumoranteile in puffergefüllte Tubes (180 µl Puffer ATL).
3. Lichtmikroskopische Kontrolle der Gewebereste.
4. Zusatz von 20 µl Proteinase K; Schütteln.
5. Inkubation bei 56 ° Celsius für mindestens 3 Stunden im Thermoschüttler.
6. Zusatz von 200 µl Puffer AL; Schütteln.
7. Inkubation bei 70 ° Celsius für 10 Minuten im Thermoschüttler.
Protokoll 1: DNA-Isolation Teil 1.
Die DNA lag jetzt frei im Reaktionsansatz vor. Zell- und Kernmembranen wurden durch
Proteolyse zersetzt. Die DNA-Fällung erfolgte mit Ethanol. Die DNA wurde durch Bindung
an eine Silikatmatrix abgetrennt und eluiert:
8. Zusatz von 200 µl Ethanol 96 %-ig; Schütteln.
9. Überführung des Ansatzes in Filtertubes; Zentrifugation bei 6000 x g für 1 Minute.
10. Waschen der Filtertubes mit Pufferlösungen; jeweils Zentrifugation bei 6000 x g
für 1 Minute; zuletzt bei 14000 x g für 3 Minuten.
11. Pipettieren von 200 µl Aqua destillata zur Eluierung.
12. Inkubation bei Raumtemperatur für 5 Minuten.
13. Eluierung der DNA bei 6000 x g in sterile Tubes.
Protokoll 2: DNA-Isolation Teil 2.
Die DNA-Konzentration konnte nun photospektrometrisch bestimmt werden. Dazu kam ein
Photospektrometer mit der Messwellenlänge von 260 nm (Gene Quant II von Pharmacia
Biotech) zur Anwendung. Abschließend wurden die DNA-haltigen Tubes bei 4 ° Celsius
kühlgelagert.
3.4.
Mikrosatellitenmarkeranalyse
Bei der Mikrosatellitenmarkeranalyse handelt es sich um eine Methode auf der Basis einer
Polymerasekettenreaktion (PCR), die zur Vervielfältigung von kleinen repetitiven DNAAbschnitten (= Mikrosatelliten) unterschiedlicher Größe (etwa 150 Basenpaare) genutzt
werden kann (Weber und May, 1989) . Diese befinden sich auf definierten Stellen im gesamten Genom, je nach Aufbau der verwendeten Marker können so spezifisch Abschnitte
eines Chromosoms vervielfacht werden, wobei ein Marker aus einem Paar von spezifischen,
gegensinnig orientierten Oligonukleotid-Primern besteht. Unterwirft man eine Mischung aus
Matrizen-DNA ("template"), Desoxyribonukleotidtriphosphaten, zwei Primern A und B sowie
einer
thermostabilen
DNA-Polymerase
einem
dreistufigen
Temperaturprofil
aus
Denaturierung, Primerhybridisierung ( = Annealing) und Elongation der DNA, so wird die
Zielsequenz mit jedem Zyklus verdoppelt (Mullis und Faloona, 1987). Die Zielsequenz wird
dabei so angereichert, dass eine elektrophoretische Auftrennung der Allele möglich wird. Wie
Abbildung 7 zeigt, unterscheiden sich die Allele eines Markers im informativen Fall in ihrer
Größe, angedeutet durch die unterschiedlich lange Sequenz der Basen.
Abbildung 7: Mütterliche und väterliche Allele unterscheiden sich in ihrer Größe.
Mikrosatelliten sind ubiquitär im Genom verstreut und befinden sich auf zum großen Teil
unbekannten Genen in deren Introns. Im Gegensatz zu RestriktionsfragmentlängenPolymorphismen (RFLP's) sind sie spezifisch für einen gewählten Genomabschnitt und
labortechnisch einfacher zu handhaben. Als Methode der Wahl ist die MSA zur Detektion von
Mikrodeletionen eingesetzt worden, um tumorspezifische TSG-Verluste zu erfassen.
In dieser Arbeit ist die MSA unter anderer Zielsetzung angewendet worden:
1. Verluste der Heterozygotie (LOH) und Mikrosatelliteninstabilitäten können neoplastischen Geweben mit uniformem Phänotyp wie pTa-Urothelkarzinomen einen multiformen genetischen Fingerabdruck verleihen. Ohne den beobachteten Veränderungen á
priori eine kausalpathogenetische Relevanz zuzumessen, ist hierbei die Erzeugung eines
"Geno-Phänotyps" das Ziel, dessen Vergleich bei unterschiedlichen Rezidivtumoren eines
Patienten einen Grad der Verwandtschaft aus einem Spektrum zwischen "völlig
übereinstimmend" bis "völlig verschieden" festzustellen vermag.
2. Der erzeugte "Geno-Phänotyp" ist spezifisch für den untersuchten maligne transformierten Klon. Einmal aquirierte genetische Veränderungen bleiben im Verlauf der
Tumorentwicklung bestehen, selbst wenn sie keine pathogenetische Bedeutung besitzen
(Johansson et al., 1996). Unter dieser Annahme ist die zeitliche Einordnung der
untersuchten Tumore möglich, falls klonale Beziehungen bestehen. Darüber hinaus eignet
sich die Methode zur molekulargenetischen Sicherung des neoplastischen Potenzials in
morphologisch unauffälligem Gewebe.
Eine Schwäche der MSA ist die Tatsache, dass nur quantitative Verhältnisse untersucht
werden können. Wenn eine Allel schwächer als das andere amplifiziert wird, kann das zwei
Gründe haben:
1. Das schwächere Allel entspricht einem Verlust eines Chromosomenabschnitts.
2. Das stärkere Allel entspricht einem Gewinn des anderen Chromosomenabschnitts.
Die MSA ist also nicht in der Lage, einen Gewinn von genetischem Material von einem
Verlust zu unterscheiden (Tomlinson et al., 2002). Bei den in dieser Arbeit untersuchten
Urothelkarzinomen ist jedoch hinreichend bekannt, dass eine Allelsignalabschwächung einem
Verlust dieses Allels gleichkommt. Mit Methoden wie Zytogenetik, Fluoreszenz-In-SituHybridisierung (FISH) oder Vergleichender Genomischer Hybridisierung (CGH) ist der
Verlust von unterschiedlichen Abschnitten von Chromosom 9 gut gelegt (Sandberg und
Berger, 1994; Kallioniemi et al., 1995; Sauter et al., 1995; Vassilev, 1999; Kania, 2002).
3.4.1.
Verwendete Mikrosatellitenmarker
Bei der in dieser Arbeit durchgeführten Analyse kamen die vier verschiedenen Marker auf
Chromosom 9 zum Einsatz, da Verluste in diesem Genomabschnitt pathogenetisch frühzeitig
auftreten:
-
D9S162 (Weissenbach et al.,1992);
-
D9S171 (Weissenbach et al.,1992);
-
D9S747 (Povey et al., 1994);
-
D9S1198 (Zahn und Kwiatkowski, 1995).
Tabelle 6: Verwendete Mikrosatelliten-Marker.
Primer-Sequenz
ProduktGröße (bp)
GDB(**)
5'-*GCAATGACCAGTTAAGGTTC-3'
172- 196
188003
159- 177
188218
182- 202
335542
103- 130
547775
5'-AATTCCCACAACAAATCTCC-3'
5'-*AGCTAAGTGAACCTCATCTCTGTCT-3'
5'-ACCCTAGCACTGATGGTATAGTCT-3'
5'-*GCCATTATTGACTCTGGAAAAGAC-3'
5'-CAGGCTCTCAAAATATGAACAAAAT-3'
5'-*TGGGAGAGGGAAAATGCTATC-3'
5'-GTACTCCAGCCTGGGTGG-3'
Legende:
Lokalisation auf Chromosom 9, Basenfolge, Produktgröße in Basenpaaren und Zugangsnummer der
verwendeten Marker.
* IRD 800-Fluoreszenzmarkierung
** GDB= Genomic Data Base (http://www.gdb.org/ [August 2002])
Die genannten Marker sind deshalb gut zur Reproduktion eines vereinfachten genetischen
Fingerabdruckes der untersuchten Tumoren geeignet, wie Tabelle 6 zeigt. Jeweils einer der
verwendeten Primer war mit einer IRD 800-Fluoreszenzmarkierung (MWG Biotech,
Ebersberg, Deutschland) versehen (Cawkwell et al., 1993), so dass die PCR-Produkte in
einem DNA-Sequenzer (LI-COR, Linkoln, NE, U.S.A.) unter Verwendung von LASERStrahlung detektiert werden konnten. Eine angeschlossene Software (RFLPscan 3.1;
Scanalytics, CSPI Inc., Linnell Circle, MA, U.S.A.) zeichnete das Elektophoreseergebnis als
Bilddatei nach, welches abschließend abgespeichert wurde und der Auswertung zur
Verfügung stand, welche weiter unten beschrieben wird.
3.4.2.
PCR-Bedingungen
Die Polymerasekettenreaktion wurde in Tubes von 200 µl Fassungsvermögen mit einem
Reaktionsvolumen von 15 µl mit 27 bis 35 Zyklen durchgeführt (siehe Tabelle 7). Pro DNAProbe wurden 2 separate Reaktionen gefahren, die Analyse also in Doppelbestimmung durchgeführt.
Der Ansatz enthält:
-
20 ng Template
-
17,2 nmol fluoreszenzmarkierter Primer
-
0,5 bis 1,0 I.U. Taq-Polymerase
(Expand High Fidelity PCR System Taq-Polymerase;
Roche, Mannheim, Deutschland)
-
in Prämix-Puffer F (Biozym, Oldendorf, Deutschland)
Protokoll 3: Ansatz der PCR.
Tabelle 7: PCR-Bedingungen.
Denaturierung bei 95 °C Annealing bei 58 °C Elongation bei 72 °C
initialer Zyklus
35 Sekunden
35 Sekunden
25 bis 33 Zyklen 30 Sekunden
35 Sekunden
35 Sekunden
finaler Zyklus
35 Sekunden
5 Minuten
3.4.3.
5 Minuten
30 Sekunden
Elektrophorese
Im Anschluss an die PCR wurde das Produkt mit einem Formamid-Ladepuffer versetzt und
denaturiert. Jeweils 2µl wurden auf einem 6%- igen Polyacrylamidgel (SequaGel XR;
National Diagnostics, Atlanta, Georgia, U.S.A.) elektrophoretisch aufgetrennt. Die Trennung
der Moleküle erfolgte aufgrund ihrer Ladung und Größe. Die DNA trägt in Folge des
Phosphatrückgrats eine negative Nettoladung und wandert deshalb im elektrischen Feld zur
Anode.
Die
Wanderungsgeschwindigkeit
ist
abhängig
von
Konzentration
und
Vernetzungsgrad der Gelmatrix und in einem gewissen Bereich proportional zur
Molekülgröße. Bei jeder Person entdeckt man eine oder zwei charakteristische Banden, die
jeweils einem Allel des Lokus entsprechen und nach den Mendelschen Regeln kodominant
vererbt werden. Bei Verlust des einen oder Vervielfachung des anderen Allels, wie sie im
Tumorgenom häufig sind, kommt es nun zu einer Differenz der Signale der detektierten
Banden. Dabei kann ein Allel im Sinne eines Verlusts der Heterozygotie "LOH" vollständig
verloren gehen, wie Abbildung 8 zeigt. Bei veränderter Größe des Allels beobachtet man eine
Verschiebung der Bande, "Shift" genannt.
Abbildung 8: Verlust oder Größenänderung von Allelen bei der Elektrophorese.
Nach der PCR wurden dem Produkt weitere 15 µl eines denaturierenden Ladepuffers zugesetzt, darin enthaltenes Bromphenolblau diente der Visualisierung beim Auftragen der Proben
auf die Gelsäule.
-
Formamid
40 ml
-
Na-EDTA 0.5 M pH 8,0
0,8 ml
-
Bromphenolblau
40mg
Protokoll 4: Zusammensetzung des Ladepuffers.
Der dabei verwandte TBE-Laufpuffer enthält:
-
TRIS
16,2 g
-
Borsäure
2,75 g
-
Na2EDTA
0,93 g
ad 1000 ml Aqua destillata.
Protokoll 5: Zusammensetzung des Laufpuffers.
3.5.
Auswertung
Jeder Tumor wurde mit vier Markern untersucht. Zur Auswertung kamen die als Bilddatei
abgespeicherten finalen Gelläufe eines jeden Patienten, die neben Standardgrößen ("Marker",
LI-COR, Linkoln, NE, U.S.A.) Produkte der Normal- und der Tumor-DNA der verschiedenen
Rezidive aller Mikrosatellitenmarker enthielten. Eine Signalabschwächung eines Allels unter
das Verhältnis von 30:70 konnte als Verlust der Heterozygotie (LOH) gewertet werden (Gruis
et al., 1993).
(Tumor-Allel A: Tumor-Allel B) / (Normal-Allel A: Normal-Allel B) > 70 / 30
oder
(Tumor-Allel A: Tumor-Allel B) / (Normal-Allel A: Normal-Allel B) < 30 / 70
Definition "Verlust der Heterozygotie".
Des Weiteren wurde auf Änderungen der Allelgröße, den beschriebenen Shifts geachtet, die
ebenfalls zur Charakterisierung von Tumorklonen beitragen können. Zusammenfassend erhält
man vereinfachte genetische Fingerabdrücke der einzelnen Tumore eines Patienten, deren
Vergleich eine Aussage zur Klonalität erlaubt.
3.5.1.
Definition von Monoklonalität und Polyklonalität
Die Unterscheidung zwischen Polyklonalität und Monoklonalität wurde wie folgt definiert:
Der Befund sei mit „Monoklonalität der untersuchten Tumore“ vereinbar, falls
-
die zu vergleichenden Tumore eines Patienten den Verlust desselben Allels eines Markers
aufweisen. Dazu sind Veränderungen mindestens eines der vier untersuchten Marker
notwendig.
Definition "Monoklonalität".
Der Befund sei mit „Polyklonalität der untersuchten Tumore“ vereinbar, falls
-
die beobachtete Allelverluste in den Tumoren das jeweils andere Allel betreffen. Bereits
bei Veränderungen eines Rezidivtumors in diesem Sinn wird Polyklonalität angenommen.
Definition "Polyklonalität".
3.5.2.
Statistische Methoden
Odds Ratio (OR)
Die Odds Ratio (OR), auch Kreuzproduktverhältnis genannt, ist ein Assoziationsmaß für zwei
kategoriale Variablen A und B. Ausgangspunkt ist eine Kreuztabelle der beiden Variablen.
Man vergleicht die bedingten Verteilungen der Zeilen- und Spaltenvariablen einer Vierfeldertafel für jeweils zwei verschiedene Ausprägungen A/A’ bzw. B/B’ und berechnet das
Verhältnis der konditionalen Odds:
B
B’
A
a
b
A’
c
d
Vierfeldertafel zur Berechnung der OR.
OR= (a*d)/(c*b)
Definition der OR.
Eine OR von größer 1 bedeutet eine positive Assoziation zwischen A und B, während eine
OR kleiner 1 eine negative Assoziation anzeigt. Bei einer OR von 1 besteht keine
Assoziation. Die statistische Signifikanz der odds ratio wird mittels des 95%Konfidenzintervalls geprüft. Dieses Intervall lässt sich durch Logarithmierung der OR
berechnen (Bland und Altman, 2000). Unter Voraussetzung einer Fehlerwahrscheinlichkeit
von unter 5% ist ein Ergebnis dann als signifikant zu interpretieren, wenn die Zahl 1 nicht
innerhalb des Konfidenzintervalles liegt. Die Berechnung des 95%-Konfidenzintervalls
erfolgt
durch
eine
[September 2004]).
online-Hilfe
(http://www.hutchon.freeserve.co.uk/ConfidOR.htm
4.
Ergebnisse
4.1.
Histologie und Prognose
Insgesamt 77 bei transurethralen Resektionen (TUTUR) gewonnene Gewebeproben wurden
gemeinsam mit 30 Lymphozytenproben in der Mikrosatellitenmarkeranalyse untersucht. Zum
besseren Verständnis der Ergebnisse seien hier die histologischen Befunde zusammen mit der
bis August 2002 zu eruierenden Prognose in Tabelle 8 vorangestellt. Dabei bezeichnet "A"
den Tumor, welcher als erstes diagnostiziert und therapiert wurde, und "B" bis "E" die
Rezidivtumoren, welche im Verlauf auftraten.
42 Tumore wurden nach der TNM-Klassifikation der UICC als pTa-Tumore eingestuft, 20 als
pT1-Tumore, und 3 als pT2a-Tumore. In allen 65 Fällen handelte es sich um Urothelkarzinome unterschiedlicher Grade. In 12 Gewebeproben konnte der Pathologe keinen
Tumornachweis führen, sondern fand entzündlich verändertes Urothel, Hyperplasien,
Plattenepithelmetaplasien, oder normales Urothel vor. In einem Fall (Patient 27) konnte im
Verlauf keine negative, sprich tumorfreie Zwischenhistologie zwischen den Resektionen der
Proben "B" und "C" erbracht werden, so dass der Verdacht besteht, dass es sich bei genannten
Rezidiven um Anteile ein und desselben Tumors handelt. Der Tatsache Rechnung tragend,
dass das Intervall zwischen den resezierenden Eingriffen hier lediglich 3 Monate betrug und
die Tumore an gleicher Stelle in der Harnblase zu finden waren, wurde dieser Verdacht
bekräftigt und der Vergleich dieser Tumore zur Beantwortung der Fragestellung zur
Klonalität ausgeschlossen.
Der Beobachtungszeitraum endete im August 2002. Alle bis dato in den Unterlagen der
Urologischen Klinik Jena dokumentierten prognostisch bedeutsamen Ereignisse wurden in die
Arbeit aufgenommen. Insofern können globale und tumorbedingte Morbidität und Mortalität
nicht bestimmt werden. In mindestens fünf Fällen verhielt sich das Tumorleiden progredient.
Durch systemische Metastasierung in zwei Fällen war es kausal nicht beherrschbar. In zwei
weiteren Fällen bestand eine Indikation zum operativen Vorgehen aus anderer Ursache:
Einmal wurde eine Tumor-Uretero-Nephrektomie bei Nierenbeckenkarzinom durchgeführt,
ein anderer Patient wurde durch radikale Prostat-Zystektomie bei Prostatakarzinom behandelt.
Tabelle 8: Staging und Grading der TCC und Prognose der Patienten.
1.
1.
2.
3.
4.
TUMOR REZIDIV REZIDIV REZIDIV REZIDIV
PATIENT
(A)
(B)
(C)
(D)
(E)
pT G pT G pT G
pT G pT G
01
a
2
0
0
PROGNOSE
keine Progression
02
1
2
0
0
keine Progression
03
1
2
a
1
a
1
keine Progression
04
a
2
a
1
a
1
keine Progression
05
1
2
1
2
a
1
keine Progression
06
a
1
0
0
keine Progression
07
a
1
0
0
keine Progression
08
2a
3
a
1
keine Progression
09
1
2
0
0
a
2
keine Progression
10
0
0
1
2
1
2
11
a
1
a
1
radikale Prostatzystektomie bei inzidentellem Prostatakarzinom pT2b
Fernmetastasierung Lunge
12
a
1
a
1
a
1
keine Progression
13
a
2
1
2
keine Progression
14
a
1
a
1
keine Progression
15
1
2
a
2
0
0
keine Progression
16
a
1
a
1
0
0
retroperitoneale Metastasierung
17
1
3
1
2
0
0
Progression/ radikale Zystektomie
18
1
3
0
0
19
1
2
a
1
20
2a
2
1
2
21
a
1
1
2
22
a
1
a
1
23
a
1
a
1
a
1
24
a
1
0
0
a
1
25
1
2
1
2
keine Progression/ Nephroureterektomie bei Nierenbeckentumor links
keine Progression
26
a
1
a
1
keine Progression
27
2a
3
1
2
28
a
1
a
1
keine Progression
29
a
1
a
1
keine Progression
30
a
1
a
1
keine Progression
keine Progression
1
1
a
1
keine Progression
Progression/ Zystektomie empfohlen
0
0
keine Progression
keine Progression
1*
2*
* = keine negative Zwischenhistologie
a
1
a
1
Progression/ Zystektomie
keine Progression
4.2.
Lokalisation und Rezidiv-Intervall
Abbildung 9:
Operationsskizze
der Harnblase.
Abbildung 9 gibt an Anlehnung an die Leitlinien der Urologischen Gesellschaft die topografische Einteilung der Harnblase wieder. Eine entsprechende Skizze findet sich in den
Operationsberichten, aus denen Lokalisation der Tumore und Intervall zwischen den
Rezidiven bestimmt wurden, wie Tabelle 9 zu entnehmen ist.
Das Intervall zwischen den durch TUTUR gewonnenen Gewebeproben der Harnblasenkarzinome in allen Fällen betrug mindestens 3 Monate. Kürzere Intervalle entsprachen nicht
dem definierten Einschlusskriterium. Im Rahmen der Tumornachsorge wurden innerhalb
dieses Intervalls eine Nachresektion vorgenommen, welche tumorfrei sein musste, um den
Fall im Rahmen dieser Arbeit auswerten zu können.
Tabelle 9: Lokalisation der Urothelkarzinome und Intervall der Rezidive.
1. TUMOR
(A)
PATIENT
01
02
03
04
05
06
07
08
09
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
ORT
1. REZIDIV
(B)
T
SW R
SW L
SW L
SW R
SW L
HW
HW
HW
MULT
INT.
46
08
11
26
08
32
17
17
03
06
ORT
T
SW R
VW
SW L
SW R
SW R
T
HW
MULT
HW
HW
F
SW L
SW L
T
SW R
F
HW
SW R
HW
SW L
T
HW
SW L
HW
SW L
SW L
T
SW L
SW L
14
19
31
13
04
11
04
05
07
09
31
11
01
50
46
15
06
16
38
14
F
SW L
SW L
HW
VW
SW R
VW
T
VW
PH
VW
SW R
SW R
MULT
T
VW
HW
T
PH
F
2. REZIDIV
(C)
3. REZIDIV
(D)
4. REZIDIV
(E)
INT.
INT.
INT.
ORT
13
35
28
SW R
HW
SW R
04
04
HW
SW L
20
HW
03
05
16
MULT
MULT
VW
06
T
01
HW
01
04
VW
SW L
03
HW
ORT
04
VW
10
T
Legende:
ORT= Lokalisation in der Harnblase;
INT= Intervall der Rezidive in Monaten;
MULT= multiples Auftreten; sonstige Kürzel entsprechen der Operationsskizze.
05
ORT
VW
4.3.
Mikrosatellitenmarkeranalyse
4.3.1.
Informationsgehalt der verwendeten Marker
107 DNA-Proben (77 Proben aus Harnblasengewebe und 30 Proben aus Lymphozyten) von
30 Patienten konnten erfolgreich in der Mikrosatellitenmarkeranalyse untersucht werden und
im Ergebnis Berücksichtigung finden. Hierbei wurde jeder Fall mit 4 Markern untersucht, von
denen jeweils 2 auf dem langen und weitere 2 auf dem kurzen Arm des Chromosoms 9
lokalisiert waren.
Der Informationsgehalt je Marker kennzeichnet die Anzahl heterozygoter Fälle im Patientenkollektiv und betrug 77%, für D9S162, 60% für D9S171, 47% für D9S747 und 80% für
D9S1198. Insgesamt trat kein Fall auf, bei dem alle 4 untersuchten Marker homozygot waren.
4.3.2.
Häufigkeit des Verlustes der Heterozygotie
In 5 der 30 Fälle wiesen alle informativen Marker eine Retention der Heterozygotie auf und
boten keine auswertbaren Informationen in der Analyse. Alle anderen 25 Patienten zeigten
einen Verlust der Heterozygotie mindestens eines Markers und wurden der weiteren Auswertung zugeführt. Mikrosatelliteninstabilitäten traten am gesamten Material nicht auf.
Die Aberrationsrate bezeichnet den Anteil der informativen Fälle, welche einen Verlust der
Heterozygotie aufweisen. Dieser betrug für die einzelnen Marker 70% für D9S162, 61% für
D9S171, 71% für D9S747, und 67% für D9S1198.
Tabelle 10 gibt eine Übersicht über die Ergebnisse.
Tabelle 10: Ergebnisse der Mikrosatellitenmarkeranalyse.
Patient
01
02
03
04
05
06
07
08
09
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
Informationsgehalt
in Anteil der Fälle:
Informationsgehalt
nach Ausschluss
der homozygoten
Fälle:
DS9162
(9p21)
D9S171
(9p21)
D9S747
(9q32)
D9S1198
(9q34)
23/ 30=
77%
16/ 23=
70%
18/ 30=
60%
11/ 18=
61%
14/ 30=
47%
10/ 14=
71%
24/ 30=
80%
16/ 24=
67%
= Verlust der Heterozygotie des untersuchen Markers.
= Retention der Heterozygotie des untersuchten Markers.
= Homozygotie des untersuchten Markers.
Fall
informativ:
JA *
JA *
JA
JA
JA
JA *
NEIN *
JA
JA
JA
JA
NEIN
JA
JA
JA
JA
JA
JA *
NEIN
JA
JA
NEIN
JA
JA
JA
JA
JA
JA
NEIN
JA
25/ 30= 83%
4.3.3.
Korrelation zu T-Kategorie und Grading
Der Zusammenhang zwischen histologischem Staging bzw. Grading und dem Verlust der
Heterozygotie ist bei dem Vergleich der Tabellen 8 und 15 zu erkennen und in Tabelle 11
dargestellt.
Tabelle 11: Korrelation der MSA zu T-Kategorie und Malignitätsgrad.
Staging
LOH ≥ eines kein LOH
Grading
LOH ≥ eines kein LOH
Markers
Markers
pTa
(55%)
29 (69%)
13 (31%)
G1 (60%)
24 (63%)
14 (37%)
pT1
(25%)
17 (89%)
2
(11%)
G2 (34%)
21 (95%)
1
(5%)
2
(67%)
1
(33%)
G3 (6%)
3
1
(25%)
normal (16%) 5
(42%)
7
(58%)
pT2a (4%)
(75%)
Die nachfolgenden Tabellen 12, 13 und 14 fassen die Ergebnisse der Vergleiche zwischen
Frequenz des LOH auf der einen und Staging, Grading bzw. Dignität der Tumore auf der
anderen Seite zusammen. Angegeben sind die Odds Ratio als Maß der Korrelation sowie das
dazugehörige 95%-Konfidenzintervall als Maß der statistischen Sicherheit.
Tabelle12: Vergleich zwischen pTa- und pT1-Urothelkarzinomen.
Staging
LOH
Kein LOH
pTa
29
13
pT1
17
2
OR
(95%-Konfidenzintervall)
0,26
(0,05-1,3)
Æ statistisch nicht signifikante Zunahme der Verluste der Heterozygotie (LOH) bei
pT1-Urothelkarzinomen.
Tabelle 13: Vergleich zwischen G1- und G2-Urothelkarzinomen.
Grading
LOH
Kein LOH
G1
24
14
G2
21
1
OR
(95%-Konfidenzintervall)
0,08
(0,01-0,7)
Æ statistisch signifikante Zunahme der Verluste der Heterozygotie (LOH) bei G2Urothelkarzinomen.
Tabelle14: Vergleich zwischen malignen und benignen Läsionen.
Histologie
LOH
Kein LOH
maligne
48
16
benigne
5
7
OR
(95%-Konfidenzintervall)
4,2
(1,2- 15,0)
Æ statistisch signifikante Korrelation zwischen maligner Histologie und Verlust der
Heterozygotie (LOH).
4.4.
Klonalitätsanalyse
Die nachfolgende Tabelle 15 gibt schematisch die durch finale Elektrophorese gewonnenen
Daten jedes einzelnen Falls wieder. Abbildung 10 zeigt exemplarisch die Geldarstellung eines
Patienten.
Von links nach rechts sind dabei zu erkennen: Standardgrößen (1); Banden von NormalDNA, Tumor-DNA (Ersttumor) und Tumor-DNA (Rezidiv) jeweils in Doppelbestimmung
der Marker D9S747 (2-7); D9S162 (8-13); D9S171 (14-19) und D9S1198 (20-25). Auch ohne
Auswertungs-Software erkennt man deutlich die Signalabschwächung des längeren Allels von
D9S162 und D9S171 sowie des kürzeren Allels von D9S1198 bei beiden Tumoren des
Patienten. D9S747 zeigt Homozygotie ohne Shifts aller Proben und ist für eine Klonalitätsanalyse nicht informativ.
Abbildung 10: Geldarstellung der Mikrosatellitenanalyse von Patient 14.
03
04
05
06
07
08
09
10
11
12
13
14
15
16
17
N.I.
N.I.
18
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
19
20
21
N.I.
N.I.
22
23
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
24
25
26
27
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
28
29
30
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
D9S1198
N.I.
N.I.
N.I.
D9S747
A
B
C (*)
A
B (*)
A
B
C
D
A
B
A
B
C (*)
A
B
A
B
C
D
E
A
B (*)
C
A
B
A
B
A
B
C (**)
A
B
A
B
A
B
D9S171
PATIENT
D9S1198
D9S747
D9S171
D9S162
N.I.
N.I.
D9S162
02
A
B (*)
A
B (*)
A
B
C
A
B
C
A
B
C
A
B (*)
A
B (*)
A
B
A
B (*)
C
A (*)
B
C
A
B
A
B
C
A
B
A
B
A
B
C (*)
A
B
C (*)
TUMOR
01
TUMOR
PATIENT
Tabelle 15: Ergebnisse der Mirkosatellitenmarkeranalyse zur Klonalitätsanalyse.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
N.I.
= Verlust des kürzeren Allels
(*)
= kein histopathologischer Tumornachweis
= Verlust des längeren Allels
(**)
= Einschlusskriterien nicht erfüllt
= Retention der Heterozygotie
N.I.
= nicht informativ
Anhand der Klonalitätsanalyse kann man die Fälle je nach Fragestellung zu geeigneten
Gruppen zusammenfassen.
Zur Frage der Klonalität gibt es Fälle, welche ein völlig übereinstimmendes Muster der
Verluste der Heterozygotie aufweisen (Gruppe 1), genauso wie Fälle, bei denen einzelne
Rezidive mit Tumor-positiver Histologie von diesem Muster abweichen (Gruppe 2). Bei
letzteren Fällen könnten weiterhin solche mit oligoklonalen Banden abgegrenzt werden, und
zwar dann, wenn unterschiedliche Allele eines Markers verloren gehen würden (Gruppe 3).
Dies kann jedoch im gesamten Patientenkollektiv unter Berücksichtigung der Tumorpositiven Histologie nicht beobachtet werden.
Unter den nicht informativen Fällen befinden sich sowohl solche, die keinerlei auswertbare
Veränderungen zeigen (Gruppe 4), als auch solche, die unter Berücksichtigung der Histologie
keine auswertbaren Rezidive besitzen (Gruppe 5). Nachfolgende Tabelle 16 gibt die beschriebenen differenzierten Ergebnisse wieder.
Tabelle 16: Klonalität der Rezidive.
Gruppe 1: LOH’s des gleichen Allels in allen Rezidiven
Anzahl
9p
(08) (13) (20) (26)
4
9q
(04) (05)
2
9 p+ q
(03) (14) (15) (16) (25)
5
Gruppe 2: LOH’s nicht aller Rezidive, aber des gleichen Allels
9p
(09) (21) (24)
3
9q
(10) (11) (17) (23)
4
9 p+ q
(27) (28) (30)
3
Gruppe 3 : LOH’s unterschiedlicher Allele
9 p/q
leer
0
Gruppe 4: nicht informativ, da keine LOH’s
Fall
(12) (19) (22) (29)
4
Gruppe 5: nicht informativ, da keine Tumor-Rezidive
Fall
Summe
(01) (02) (06) (07) (18)
5
30
Gemäß den in der Einleitung beschriebenen und auf die Mikrosatellitenanalyse angewandten
Definitionen weisen die Fälle der Gruppen 1 und 2 ein monoklonales Muster ihrer Rezidive
auf, wobei die Fälle der Gruppe 2 aufgrund ihrer Komplexität gesondert zu diskutieren sind.
Die Kriterien, nach denen Fälle in die Gruppe 3 eingeordnet werden, entsprechen einem
polyklonalen Muster ihrer Rezidive. Unter Berücksichtigung der Histologie konnte von 30
untersuchten Patienten keiner dieser Gruppe zugeordnet werden.
Zusammenfassend kann man in 21 von 30 Fällen von Monoklonalität ausgehen.
Die restlichen 9 untersuchten Patienten waren bei der Beantwortung der Frage nach der
Klonalität der Tumorrezidive aus zwei Gründen nicht informativ. Entweder wiesen alle untersuchten Marker jedes Falls eine Retention der Heterozygotie oder eine Homozygotie auf, oder
unter Beachtung des histopathologischen Befundes konnte kein Vergleich zwischen Rezidivtumoren erfolgen, da es sich beim Rezidiv nicht um ein Urothelkarzinom handelte.
Zur Frage genetischer Veränderungen in histologisch benignen Läsionen kommen 12 Fälle
zur Auswertung. Dies sind neben den in Gruppe 5 bezeichneten 5 Fällen 7 weitere, bei denen
mehrere Rezidive je Fall zum Vergleich zur Verfügung stehen. Tritt ein Verlust der Heterozygotie eines Markers auf, kann dieser mit der Histologie korreliert und zur Auswertung
gebracht werden. Es ergeben sich die in Tabelle 17 dargestellten Gruppen.
Tabelle 17: Fälle mit benigner Histologie eines Rezidives.
Gruppe
Fälle
Anzahl
Gruppe I:
(02) (15) (16) (21) (24)
5
(01) (06) (09) (10) (17) (18)
6
leer
0
(07)
1
LOH(pos.) + LOH(neg.)
Gruppe II:
LOH(pos.) + kein LOH(neg.)
Gruppe III:
kein LOH(pos.) + LOH(neg.)
Gruppe IV:
nicht informativ
Summe
12
(pos.= Rezidiv mit Tumor-positiver Histologie; neg.= Rezidiv mit Tumor-negativer Histologie)
Die 5 Fälle der Gruppe I kann man weiter zur Frage der Klonalität untersuchen und gelangt
analog der Auswertung in Tabelle 18 zu folgendem Ergebnis:
Tabelle 18: Klonalität histologisch benigner Läsionen.
Gruppe
Fälle
Gruppe I/1: LOH’s des gleichen Allels aller informativen Marker
(15) (24)
Gruppe I/2: LOH’s des gleichen Allels nicht aller informativen (02)
Anzahl
2
1
Marker
Gruppe I/3: LOH’s unterschiedlicher Allele informativer Marker
(16) (21)
Summe
2
5
Bei insgesamt 7 Patienten mit histopathologisch benignen Befunden zeigten diese in der
Mikrosatellitenanalyse keinerlei Veränderungen gegenüber dem Normalgewebe, wobei in
einem Fall auch der pTaG1-Tumor keine Veränderungen in Form eines Verlustes der
Heterozygotie oder eines Shifts zeigte.
Bei den restlichen 5 der 12 Patienten konnte ein Verlust der Heterozygotie in den als benigne
klassifizierten Strukturen nachgewiesen werden. Davon zeigten 2 Patienten ein monoklonales
Muster beim Vergleich zwischen benignen und malignen Strukturen, während 3 Patienten die
Kriterien für ein polyklonales Geschehen erfüllten. Bei letzteren trat ein Verlust des jeweils
anderen Allels in 2 Fällen auf (D9S1198 bei Fall 16; D9S171 bei Fall 21), was einem
„harten“ Kriterium für polyklonales Wachstum entspricht.
4.5.
Unabhängigkeit der Verluste der Heterozygotie der verwendeten Marker
Zur Frage der Unabhängigkeit der verwendeten Marker bot sich ein Vergleich der Verluste
der Heterozygotie auf dem kurzen und dem langen Arm von Chromosom 9 an. Nur einer der
beiden Marker auf 9p (D9S162 bzw. D9S171) oder auf 9q (D9S747 bzw. D9S1198)
brauchten einen Verlust aufzuweisen, um den Fall als „LOH-positiv“ einzuordnen.
Anschließend konnte mittels Vierfeldertafel die Odds Ratio bestimmt werden, wie Abbildung
11 zeigt. Die Berechnung des 95%-Konfidenzintervalls erfolgte durch eine online-Hilfe
(http://www.hutchon.freeserve.co.uk/ConfidOR.htm [September 2004]).
D9S162/D9S171 mit LOH:
Fälle 03, 08, 09, 10, 11, 13, 14, 15, 16, 17, 20, 21, 24, 25, 26, 27, 28 und 30.
D9S747/D9S1198 mit LOH:
Fälle 03, 04, 05, 09, 10, 11, 14, 15, 16, 17, 21, 23, 25, 27, 28 und 30.
D9S747/D9S1198 mit LOH
D9S747/D9S1198 ohne LOH
D9S162/D9S171 mit LOH
a
c
D9S162/D9S171 ohne LOH
b
d
9p + 9q
a
b
+
+
+
+
c
d
Abbildung 11: Vierfeldertafel zur Bestimmung der OR.
⎛ a *d ⎞
⎜
⎟ ≤ 1 ⇒ Unabhängigkeit der LOH’s 9p und 9q (OR= odds ratio).
⎝ c*b ⎠
Formel zur Berechnung der odds ratio.
Es ergaben sich die in Tabelle 19 dargestellten Werte.
Tabelle 19: Vergleich zwischen Chromosom 9p und 9q.
LOH (9p) und LOH (9q) OR
95%-Konfidenzintervall
Ergebnis
Gruppe 1 bis 4
0,37 bis 10,9
abhängig
(12*4)/(6*4) = 2,0
5.
Diskussion
5.1.
Klonalität der Rezidive von Urothelkarzinomen
Die Frage nach der Klonalität von rezidivierenden Urothelkarzinomen entspricht der Frage,
ob die Tumore eines Patienten lokale Metastasen darstellen (monoklonaler Ansatz) oder ob
sie sich unabhängig voneinander nach karzinogenem Stimulus entwickeln (polyklonaler
Ansatz).
Für das Verständnis der Pathogenese von Urothelkarzinomen ist die Beantwortung der Frage
der Klonalität von großer Wichtigkeit, denn nur so lassen sich Maßnahmen der
Tertiärprophylaxe begründen. Falls es sich um ein monoklonales Leiden handelte, wären
Anstrengungen zu begrüßen, welche mit der Eradikation des Tumorklons einhergehen, wie
zum Beispiel eine Immuntherapie. Auf ein polyklonales Geschehen kann jedoch nur
abwartend durch zeitgerechte spezifische und sensitive Diagnostik und stadiengerechte
Therapie reagiert werden kann.
Vor diesem Hintergrund untersuchten wir in dieser Arbeit Rezidivtumore von 30 Patienten
mit 4 Markern auf beiden Armen von Chromosom 9. Dabei stimmen wir mit anderen Autoren
überein, welche die MSA verwendeten, Allelverluste in der MSA mit Verlusten untersuchter
Abschnitte auf Chromosom 9 gleichzusetzen (Dalbagni et al., 1993; Knowles et al., 1994;
Czerniak et al., 1999; Simoneau et al., 1999).
Mit der verwendeten Methode konnten bei 21 Patienten eine Aussage zur Klonalität gemacht
werden. Im einzelnen umfasste die Analyse:
-
11 Fälle, bei denen alle Rezidivtumoren ein völlig übereinstimmendes Muster der
Marker im Sinne des Verlustes der Heterozygotie zeigten (Gruppe 1),
-
10 Fälle, bei denen einzelne Rezidive von diesem Muster abwichen, und zwar im
Sinne einer Retention der Heterozygotie einzelner Marker einiger Rezidive (Gruppe
2),
-
keinen Fall, bei dem ein Verlust der Heterozygotie unterschiedlicher Allele eines
Markers beim Vergleich zwischen den Rezidiven auftrat (Gruppe 3).
5.1.1.
Klonalität der Tumore der Gruppe 1:
Monoklonalität der Rezidive und Unabhängigkeit der verwendeten Marker
Zeigen Primär- und Rezidivtumore in der Mikrosatellitenanalyse einen Verlust des gleichen
Allels eines Markers, wird dies als Hinweis auf die klonale Verwandtschaft dieser Tumore
verstanden. In der vorliegenden Arbeit zeigten 11 von 30 Fällen einen identischen Verlust der
Heterozygotie der informativen Marker. Wie sicher ist dabei die Aussage, dass alle Rezidive
dieser 11 Patienten monoklonalen Ursprungs sind? In diesem Zusammenhang wäre zu
diskutieren,
1. ob polyklonale Tumore einen Verlust der Heterozygotie desselben Allels aufweisen
können, und
2. ob die Verluste der Heterozygotie verschiedener untersuchter Marker sich in ihrer
Beweiskraft potenzieren.
Über die Möglichkeit, dass ein monoklonales Muster, sprich Verluste desselben Allels eines
Markers in der MSA, als Monoklonalität in Wahrheit polyklonaler Tumoren fehlinterpretiert
wird, sind einige statistische Überlegungen angestellt worden. Ohne biologische Wertung der
Ereignisse ist die Wahrscheinlichkeit des Verlusts eines Allels P = 0,5 und die Wahrscheinlichkeit der Polyklonalität von n Tumoren mit LOH' s eines Markers P = (0,5)n-1 (Li und
Cannizzaro, 1999; Garcia et al., 1999).
Im folgenden Gedankenexperiment seien die Tumorzellen "X" und "Y" Zellen zweier
polyklonaler Urothelkarzinome. Wie gezeigt wurde, finden sich bei diesen Tumoren frühzeitig Verluste genetischen Materials von Chromosom 9, welche bei der Mikrosatellitenanalyse zuverlässig gefunden werden können. Es ist auch bekannt, dass ein keinen
präferenzielle Verlust für das kürzere oder längere Allel gibt (Louhelainen et al., 2000),
sowohl das kürzere Allel als auch das längere sind mit derselben Wahrscheinlichkeit
betroffen. Gleichartige Veränderungen von Tumoren in der Mikrosatellitenanalyse werden in
der Regel als Ausdruck ihres monoklonalen Ursprungs verstanden. Dabei ist jedoch zu
beachten, dass der Verlust der Heterozygotie (LOH) per se keine Eigenschaft monoklonaler
Abstammung von Tumoren ist, wenn er das gleiche Allel betrifft.
Abbildung 12: Demonstration der Wahrscheinlichkeit polyklonalen Ursprungs zweier Tumorzellen trotz gleichartiger LOH's eines Markers.
Links: LOH als conditio sine qua non in der Pathogenese von TCC.
Rechts: LOH unter Berücksichtigung der Tumorbiologie.
Wie der linke Teil der Abbildung 12 verdeutlicht, hätte die Aussage "Zwei Tumoren zeigen in
einem Marker übereinstimmende Verluste der Heterozygotie" bezüglich der Unterscheidung
zwischen monoklonalem und polyklonalem Ursprung keinen Wert, da in 50% polyklonaler
Abstammung mit übereinstimmenden Verlusten gerechnet werden muss, falls beide Urothelkarzinome immer einen Verlust der Heterozygotie eines bestimmten Markers aufwiesen. Dies
ist jedoch nicht der Fall. Es ist bekannt,
1. dass ein Verlust der Heterozygotie der in dieser Arbeit untersuchten Genomabschnitte
zwar als frühe Veränderungen in der Pathogenese von Urothelkarzinomen beschrieben
ist, jedoch keine conditio sine qua non darstellt, und
2. dass in der eigenen Untersuchung die Aberrationsrate der vier untersuchten Marker
zwischen 60% und 70% liegt.
Geht man davon aus, dass beispielsweise lediglich 60% der untersuchten Tumore einen
Verlust der Heterozygotie zeigen, ergibt sich ein anderer Stellenwert für die Aussage "Zwei
Tumoren zeigen in einem Marker übereinstimmende Verluste der Heterozygotie". Wie der
rechte Teil der Abbildung zeigt, beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Tumoren polyklonalen Ursprungs sind, nur noch 30% bzw. die Hälfte der Aberrationsrate von 60%. Damit
kann 70%ig von monoklonalem Ursprung ausgegangen werden.
Hiermit sollte verdeutlicht werden , dass:
1. die MSA zur Untersuchung der gestellten Frage nach der Klonalität prinzipiell
geeignet ist,
2. kein Beweis für die monoklonale Abstammung aus vorliegender Versuchsanordung
resultiert, sondern eine Wahrscheinlichkeit abgeleitet werden kann,
3. unter Berücksichtigung dieser Tatsache und in Übereinstimmung mit der Literatur
trotzdem monoklonale Abstammung angenommen werden kann, falls zwei Tumore in
einem Marker einen übereinstimmenden Verlust der Heterozygotie zeigen.
Bei den hier zu diskutierenden 11 Fällen zeigten alle untersuchten Tumoren Veränderungen
des gleichen Allels des jeweiligen Markers, was auf ihre klonale Verwandtschaft
zurückgeführt werden kann. Dabei waren von den informativen Markern:
-
in 4 Fällen nur die am kurzen Arm von Chromosom 9 verändert (D9S162 oder
D9S171).
-
in 2 Fällen nur die am langen Arm von Chromosom 9 verändert (D9S747 oder
D9S1198).
-
in 5 Fällen die an beiden Armen von Chromosom 9 verändert.
Exemplarisch für die diese Gruppe zeigt Abbildung 13 das Elektrophoresebild zweier
rezidivierender pTaG1-Urothelkarzinome „A“ und “B“ von Patient 14, welche im Abstand
von 13 Monaten zum einen an der linken Seitenwand und zum anderen an der Hinterwand der
Harnblase aufgetreten waren. Hier zeigten alle informativen Marker einen Verlust der Heterozygotie desselben Allels, gekennzeichnet durch Pfeile.
D9S747
N N
A A
B B
D9S162
N N
A A
B B
D9S171
N N
A A
B B
D9S1198
N N
A A
B B
LOH
Abbildung 13: Monoklonalität in der MSA.
Häufig und gerne wird in der Literatur von einem Zugewinn an Information gesprochen, je
mehr der untersuchten Mirkosatellitenmarker Veränderungen im Sinne eines Verlustes der
Heterozygotie oder eines Shifts zeigen. Hier ergibt sich zwangsläufig die Frage, ob ein LOH
eines der vier untersuchten Marker in dieser Arbeit ein von anderen LOH's unabhängiges
Ereignis darstellt, oder ob es eine Kopplung besonders der auf unterschiedlichen Armen von
Chromosom 9 angreifenden Markern gibt.
Das Kreuzproduktverhältnis oder „Odds Ratio“ bietet sich als geeignetes statistisches Maß
zur Untersuchung einer Abhängigkeit zwischen den LOH’s auf beiden Armen von Chromosom 9 an, wobei die Fälle aus den Gruppen 1 bis 4 zu dieser Frage gemeinsam untersucht
werden können. Das Kreuzproduktverhältnis zeigt unter Einbeziehung aller informativer
Patienten einen Wert von 2,0 für die Marker auf Chromosom 9p und Chromosom 9q. Ein
Verlust der Heterozygotie der Marker auf Chromosom 9p (D9S162 und D9S171) ist von
einem Verlust derer auf Chromosom 9q (D9S747 und D9S1198) demnach nicht unabhängig
und stellt keinen echten Zugewinn an Information dar. Aufgrund der geringen Fallzahl von 30
Patienten lässt sich jedoch keine statistisch gesicherte Aussage im 95%-Konfidenzintervall
zur Unabhängigkeit der verwendeten Marker machen.
An dieser Stelle werden 11 Fälle diskutiert, die in allen untersuchten Proben übereinstimmende Verluste der Heterozygotie aufwiesen. Dabei sind die 5 Fälle, bei denen ein
Verlust von Markern auf beiden Armen von Chromosom 9 auftraten, nicht „monoklonaler“
als die 6 Fälle, bei denen nur die Marker eines Arms verändert waren, denn es handelt sich
um abhängige Ereignisse, wie eben dargestellt wurde.
Baud et al. berichten über 14 von 44 Patienten, welche in ihren Tumorproben einen Verlust
aller informativen Marker auf Chromosom 9 aufwiesen, was als Monosomie dieses Chromosoms interpretiert wurde (Baud et al., 1998). Für De Nooij-Van Dalen et al. ist jedoch eine
gesteigerte Rate mitotischer Rekombination mit multiplen Crossovers der entscheidende
Mechanismus zum Entstehen des Verlustes der Heterozygotie (De Nooij-Van Dalen et al.,
1998). Monosomien 9 oder Deletionen eines Arms von Chromosom 9 sind Befunde, die man
bei Urothelkarzinomen häufig erheben kann (Sandberg und Berger, 1994). Eine Monosomie 9
wird in der Literatur je nach verwendeter Methode zwischen 27% und 82% angegeben, wie
Tabelle 20 zeigt.
Tabelle 20: Deletionen und Monosomie 9 beim TCC.
Autor
Methode
n (TCC)
n (Deletionen 9) n
(Monosomie
9)
Keen / Knowles 1994
MSA
95
49 (52%)
Spruck et al. 1994
MSA
pTa 70
pTa 24 (34%)
pT1 32
pT1 19 (52%)
pTa 37
pTa 22 (60%)
pTa 10 (27%)
pT1 11
pT1 9 (82%)
pT1 5 (46%)
Simoneau et al. 1996
Baud et al. 1998
SSCP
MSA
44
30 (32%)
14 (32%)
Wie oben ausgeführt, kann nicht von einer Potenzierung der Aussagekraft der untersuchten
Marker auf beiden Armen von Chromosom 9 gesprochen werden, falls ein Verlust der
Heterozygotie aufgetreten war. Dabei ist jedoch zu beachten, dass mit Mikrosatelliten, gleich
einer sehr starken „Lupe“, nur hochrepetitive Sequenzen von etwa 200 Basenpaaren im
Genom untersucht werden können. Die Methode ist aber „blind“ dafür, was sich rechts und
links neben diesen Sequenzen im Genom abspielt, es sei denn, die Marker werden in großer
Anzahl sozusagen „flächendeckend“ eingesetzt.
Die Abhängigkeit der Marker könnte in einer Monosomie 9 ihre Ursache haben, welche nicht
ausgeschlossen worden war. Sie tritt bei Urothelkarzinomen mit einer Häufigkeit von etwa
30% auf (Keen and Knowles, 1994). Die Fälle 14, 15, 16 und 25 zeigen einen Verlust der
Heterozygtie aller informativen Marker, so dass hier eine Monosomie 9 wahrscheinlich ist.
Da kein Karyogramm angefertigt wurde, kann eine Monosomie jedoch nicht bewiesen
werden.
Beim Versuch, eine typische Abfolge der beobachteten LOH's von 72 aussagekräftigen
Markern bei verschiedenen Patienten zu dokumentieren, stellten Czerniak et al. fest, dass
jeder Fall eine einzigartige Kombination beteiligter Loci aufwies. Da bekannt ist, dass einmal
akquirierte genetische Veränderungen im Laufe der Tumorentwicklung bestehen bleiben,
selbst wenn sie keine pathogenetische Bedeutung besitzen (Johansson et al., 1996), wurde
geschlussfolgert, dass Urothelkarzinome eine interindividuell unterschiedliche Karzinogenese
aufweisen (Czerniak et al., 2000). In diesem Zusammenhang wäre es sicher falsch, im
Zwischenvergleich einen Fall als „monoklonaler“ einzustufen, nur weil hier ausgerechnet
eine Vielzahl der untersuchten Marker einen Verlust zeigten. Bei der Verwendung anderer
Marker hätte das Ergebnis anders aussehen können.
Ausgeschlossen ist jedoch die Möglichkeit, dass 2 Proben Anteile ein und desselben Tumors
darstellen. In Übereinstimmung mit Dalbagni et al. schlossen wir das Rezidiv C bei Patient 27
aus, welches innerhalb von 3 Monaten nach dem Rezidiv B ohne negative Zwischenhistologie
reseziert wurde. Die Möglichkeit der inkompletten Resektion des Vorgängertumors besteht,
eine monoklonale Übereinstimmung wäre damit vorprogrammiert (Dalbagni et al., 2001).
Zusammenfassend lässt sich feststellen:
1. Die MSA liefert keinen Beweis für monoklonale Abstammung, sondern nur eine
Wahrscheinlichkeit.
2. Es gibt keine Steigerung von monoklonaler Abstammung bei Verwendung von
Markern eines Chromosoms.
3. Die 11 Fälle aus Gruppe 1 erfüllen die Kriterien für monoklonale Herkunft.
4. Mit den hier untersuchten 4 Markern kann keine exakte Karzinogenese nachvollzogen
werden.
5. Eine Alternativmethode ist wünschenswert, um eine Monosomie 9 zu erfassen.
5.1.2.
Klonalität der Tumore der Gruppe 2:
Biochronologische Reihenfolge der Rezidive und Allelangleichung in der
MSA durch Tumorheterogenität, präferenzielle Amplifikation und Kontamination
In 10 der 30 untersuchten Fälle unterschieden sich die Rezidive durch den Verlust der Heterozygotie einzelner Marker. Ein Verlust des jeweils anderen Allels trat bei keinem der untersuchten Rezidivtumoren auf.
In 4 Fällen zeigten im Krankheitsverlauf später resezierte Rezidive LOH’s von Markern, die
bei zuvor resezierten Tumoren unauffällig waren. In 6 Fällen jedoch verhielt sich der Sachverhalt umgekehrt, hier zeigten im Krankheitsverlauf früher resezierte Tumore LOH’s von
Markern, die bei später resezierten Rezidiven unauffällig waren.
Ist dieser Befund mit der Hypothese der Monoklonalität vereinbar? Welchen Zusammenhang
gibt es zwischen der klinischen Apparenz eines Tumors und seiner biochronologischen
Entwicklung?
Dazu wären im einzelnen folgende Fragen zu klären:
1. Ist ein Verlust der Heterozygotie reversibel?
2. Welche Bedeutung hat eine Verlust der Heterozygotie der untersuchten Marker für die
Wachstumsgeschwindigkeit der untersuchten Tumore?
3. Liegen methodische Fehler vor, welche die klonalen Beziehungen der untersuchten
Rezidive verbergen?
Einmal akquirierte genetische Veränderungen bleiben im Verlauf der Tumorentwicklung
bestehen, selbst wenn sie keine pathogenetische Bedeutung besitzen (Johansson et al., 1996).
Eine Reversibilität des Verlustes der Heterozygotie ist nicht bekannt. Die Verluste sind
diskontinuierlich in der chromosomalen DNA verteilt und mit erhöhter Mitoserate sprunghaft
steigend nachweisbar. Als Entstehungsmechanismus werden multiple Crossovers bei der
mitotischen Rekombination diskutiert (De Nooij-Van Dalen et al., 1998). Insofern kann man
davon ausgehen, dass die Tumore, welche Verluste der Heterozygotie mehrerer Marker
aufweisen, von späterem biochronologischen Stadium sind.
Die in dieser Arbeit verwendeten Marker D9S162 und D9S171 befinden sich am INK4-Genlokus, welcher für Tumorsuppressorgene wie p16 kodiert (Orlow et al., 1999). Es ist denkbar,
dass eine Entkopplung des Zellzyklus durch Verlust der Heterozygotie dieser TSG stattfindet,
welche mit einer erhöhten Mutationrate einhergeht. Dies kann zur Folge haben, dass Klone
biochronologisch späteren Stadiums solche früherer Stadien „überholen“ und klinisch eher
diagnostiziert und therapiert werden. Vom tumorbiologischen Aspekt her kommt es dabei zu
einem Austausch von Rezidiv und Ersttumor. Die in dieser Arbeit untersuchten 6 Fälle, in
denen früher resezierte „Erst-Tumore“ LOH’s von Markern aufwiesen, die bei später
resezierten „Rezidiven“ unauffällig waren, können somit als klonal miteinander verwandt
interpretiert werden.
Auch in Clusteranalysen konnte gezeigt werden, dass die biochronologische Reihenfolge der
Rezidive eines Patienten häufig von deren klinischer Reihenfolge abweicht. Das heißt, dass
ein Tumor, der mehr genetische Veränderungen aufweist, auch zuerst diagnostiziert und
therapiert wird als ein Tumor, der diese Veränderungen nicht besitzt und später entdeckt wird
(Van Tilborg et al., 2000).
Diese Erkenntnis bekräftigt das Konzept der monoklonalen Abstammung der Rezidive und
hat dazu geführt, auch mit anderen Methoden ganze Stammbäume der Tumore von Patienten
zu erstellen, welche an einem rezidivierenden Karzinomleiden der Harnblase erkrankt waren.
Simon et al. untersuchten synchrone Tumore in Zystektomiepräparaten von 6 Patienten mit
Vergleichender Genomischer Hybridisierung (CGH) und Mutationsanalysen von p53. Dabei
konnten die Autoren klonale Beziehungen in allen 6 Fällen nachweisen, und zwar auch bei
Tumoren, welche an völlig verschiedenen Stellen in der Harnblase lokalisiert waren (Simon et
al., 2001).
Die in dieser Arbeit verwendeten 4 Marker sind jedoch zuwenig, um klonale Stammbäume
für die einzelnen Fälle zu entwerfen. An dieser Stelle diskutieren wir 10 von 30 Fällen, bei
denen Marker einzelner Rezidive eine Retention der Heterozygotie zeigten. Entspricht dieses
Ergebnis dem tatsächlichen Befund oder lagen methodische Probleme der Analyse vor,
welche die Detektion eines Verlustes verhinderten?
Ein völliger Signalverlust eines Allels in der MSA kommt selten vor, meist handelt es sich um
eine Signalabschwächung. Die Ursache dafür wird oft in einer Kontamination der Tumorprobe mit Normalgewebe, Entzündungszellen oder stromalen Fibrozyten gesucht. Eine
Kontamination mit Stroma oder Entzündungszellen hat offenbar nicht den Stellenwert zur
Erklärung der Signalangleichung in der MSA, wie bisher leichthin angenommen. In einer
Arbeit von Paiss et al. zeigten Proben mit einer Kontamination mit 60% Stroma und 25%
Entzündungszellen auch LOH's polymorpher Marker des X-Chromosoms, welches vorher mit
methylierungsspezifischen Restriktionsenzymen verdaut wurde (HUMARA). Da sowohl
Fibroblasten als auch Leukozyten im Urothel polyklonal sind, kann die Bedeutung dieser
Kontaminationen nicht groß sein, wenn im Ergebnis monoklonale Banden zu dokumentieren
sind (Paiss et al., 2002). Auch in der eigenen Arbeit traten Verluste der Heterozygotie im
histologisch als normal eingestuften Gewebe in 5 Proben auf. Diese in Gruppe 5 eingestuften
Fälle werden später weiter diskutiert.
Neben der Kontamination ist die Tumorheterogenität als Ursache der lediglichen Signalabschwächung zu beachten. Demnach besitzt nur ein Teil der Neoplasie einen Verlust der
Heterozygotie eines Markers, während andere Teile desselben Tumors diesen Verlust nicht
aufweisen. Diese Hypothese impliziert auch, dass verschiedene Tumorareale oligoklonaler
Natur sind, und ein Vergleich verschiedener Rezidivtumoren eines Patienten bezüglich der
Frage der Klonalität in einem sehr frühen Stadium der Karzinogenese schwierig wird
(Tomlinson et al., 2002). Heterogenität innerhalb eines exophytisch wachsenden Urothelkarzinoms ist jedoch allenfalls zu Beginn der Tumorentwicklung möglich. So zeigen N-butylN-(4-hydroxybutyl)nitrosamin (BBN)-induzierte Urothelkarzinome im Tiermodell nach 20
Wochen einen klonalen Aufbau (Yamamoto et al., 1998). Bei der Festlegung des LOH auf die
Abschwächung der Allelsignale auf ein Verhältnis von 30:70 bei einem Verhältnis von 50:50
im Normalgewebe stimmen wir mit anderen Autoren überein (Louhelainen et al., 2000;
Cawkwell et al., 1993; Gruis et al., 1993).
Ein methodisches Problem der MSA ist die präferenzielle Amplifikation eines Allels. Um
dieses Problem zu beherrschen und die Ergebnissen richtig zu interpretieren, ist eine Doppelbestimmung durch 2 unabhängige Versuchsansätze unabdingbar (Stoehr et al., 2000). Gleichzeitig gilt es, die PCR mit DNA aus Normalgewebe durchzuführen, da sich hier das Phänomen der präferenziellen Amplifikation offenbart. Dazu wurde DNA aus Lymphozyten
verwendet, welche keine Bandenpräferenz für ein Allel aufweisen sollte (Baud et al., 1998).
Die genannten Störgrößen Kontamination und präferenzielle Amplifikation konnten durch
den Versuchsaufbau sicher minimiert werden, jedoch konnte sich eine etwaige Tumorheterogenität auf das Ergebnis auswirken. Dies betrifft insbesondere die Fälle der Gruppe 2, bei
denen die klonale Abstammung der Rezidive verborgen bleiben könnte, als auch die Fälle der
Gruppe 4, bei denen keinerlei Verluste der Heterozygotie zu eruieren waren.
5.1.3.
Klonalität der Tumore der Gruppe 3:
Oligoklonalität in der frühen Pathogenese von Urothelkarzinomen?
Bei der Konzeption und Versuchsplanung der Mirkosatellitenanalyse zum Nachweis
oligoklonaler Tumore erschien diese Methode besonders geeignet, da der Verlust von
unterschiedlichen Allelen eines Markers die Theorie des monoklonalen Ursprungs widerlegt.
Abbildung 14 zeigt diesen Sachverhalt.
Abbildung 14: Polyklonalität in der MSA.
Bei den in dieser Arbeit untersuchten 30 Fällen war dieser Befund jedoch in keinem einzigen
Fall zu erheben, womit alle auswertbaren 21 Fälle der Gruppen 1 und 2 mit dem Konzept der
Monoklonalität in Übereinstimmung zu bringen sind.
Eine präferenzielle Amplifikation eines Allels (Baud et al., 1998) war durch Verwendung von
Normal-DNA als Kontrolle bei der Auswertung berücksichtigt worden und kann nicht
erklären, warum LOH’s verschiedener Allele eines Markers bei histologisch gesicherten
Tumoren eines Patienten nicht eruiert werden konnten. In der Tat traten Verluste verschiedener Allele in 2 Fällen auf, jedoch zeigte sich, dass die Proben (Fall 16, Probe C sowie Fall 21,
Probe C) histologisch benige waren.
Takahashi et al. fanden mit der Mirkosatellitenanalyse unter Verwendung von 20 Markern auf
6 Chromosomen einschließlich beider Arme von Chromosom 9 bei 14 informativen Patienten
mit Tumorrezidiven, die im Intervall von mehr als 3 Monaten auftraten, 12 Patienten, die ein
monoklonales Muster in der MSA zeigten. 2 Patienten mit metachronen Tumoren in Blase
und Ureter/ Nierenbecken wiesen ein polyklonales Muster in der MSA auf, was eine klonale
Abstammung von ein und derselben Vorläuferzelle in diesen beiden Fällen unwahrscheinlich
macht (Takahashi et al., 1998). In einer anderen Arbeit zu dieser Fragestellung, in der ebenfalls die MSA bei 19 Patienten mit synchronen und metachronen Urothelkarzinomen eingesetzt wurde, zeigten 5 Fälle Tumoren mit oligoklonalen Banden, wobei lediglich 2 Patienten
die "harten" Kriterien für Oligoklonalität erfüllten (siehe Abbildung 14). In einem Fall
handelte es sich um ein Rezidiv im Nierenbecken. Die Mehrzahl der Tumoren der oberen
Harnwege zeigte aber auch in dieser Arbeit ein monoklonales Muster in der MSA (Hafner et
al., 2001).
Hartmann et al. untersuchten 10 Patienten mit 4 Markern auf Chromosom 9 sowie dem p53Lokus auf 17p13.1 und kombinierten die MSA mit einer Fluoreszenz-In-Situ-Hybridisierung
(FISH). In 8 Fällen waren die Ergebnisse mit einer klonalen Aussaat vereinbar, in einem Fall
konnte ein pT1-Rezidiv nach 17-monatigem Rezidivintervall mit oligoklonalen Banden
dokumentiert werden (Hartmann et al., 2000).
Tabelle 21: Vergleich der eigenen Klonalitätsanalyse mit der Literatur.
Autor
Monoklonale Fälle in der MSA Oligoklonale Fälle in der MSA
Takahashi et al., 1998 12 von 18
2 von 18
Hafner et al., 2001
5(2) von 19
14 von 19
Hartmann et al., 2000 8 von 10
1 von 10
Eigene Arbeit
0 von 30
21 von 30
Damit stimmen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit mit den publizierten Daten zur Untersuchung der Klonalität mittels MSA überein, wie Tabelle 21 zusammenfasst: Monoklonalität
versus Oligoklonalität verhält sich wie 21 versus 0 (eigene Arbeit); 12 versus 2 (Takahashi et
al., 1998); 8 versus 1 (Hartmann et al., 2000); 14 versus 5(2) (Hafner et al., 2001).
Im Vergleich mit den Angaben aus der Literatur ist zu beachten, ob die untersuchten Tumore
aus der Harnblase oder aus dem oberen harnableitenden System stammen. Die Häufigkeit und
Lokalisation von Rezidiven von Urothelkarzinomen im oberen harnableitenden System
(Nierenbecken, Urether) wurde bei einer Untersuchung von 189 Patienten wie folgt
angegeben: 31,2% der Rezidive befanden sich in der Harnblase und 5,8% der Rezidive traten
im kontralateralen oberen harnableitenden System auf (Kang et al., 1998).
Die Frage der Klonalität von Urothelkarzinomen des kontralateralen harnableitenden Systems
ist für die Validierung der in dieser Arbeit zur Anwendung gekommenen Methode von großer
Bedeutung, da die Hypothese der lateralen Migration bzw. der intraluminalen Ausbreitung
von einem Nierenbecken in das andere ohne Vorliegen eines vesiko-ureteralen Refluxes oder
anderen Harntransportstörungen im oberen harnableitenden System fragwürdig ist. Angaben
aus der Literatur zu diesem wichtigen Aspekt unter Bezugnahme auf Ergebnisse einer Mirkosatellitenanalyse liegen nicht vor, jedoch fanden Kang et al. im Vergleich zu den Rezidivtumoren in der Harnblase längere Rezidivintervalle und histologisch invasivere Wuchsformen
der Rezidive im kontralateralen oberen System, was sie auf einen anderen Entstehungsmechanismus dieser Tumore zurückführten. Damit unterstützte diese Arbeitsgruppe die
Hypothese der Feldkanzerisierung bei Rezidivtumoren des kontralateralen harnableitenden
Systems (Kang et al., 1998).
Diese Aussage ist jedoch sehr kritisch zu bewerten. Zum einen kam in dieser Studie keine
Methode zur Anwendung, die eine Aussage zur Klonalität erlaubt, zum anderen kann die
verlängerte Zeit bis zur klinischen Manifestation des Rezidivs die Selektion eines invasiveren
Klons begünstigen, so dass das histologische Stadium dieser Tumoren nicht mit einem
anderen Entstehungsmechanismus, sondern mit dem längeren Rezidivintervall per se zu
erklären ist.
Auch andere molekulargenetische Methoden sind zur Untersuchung der Klonalität herangezogen worden. In der Untersuchung des polymorphen Androgen-Rezeptor-Gens auf dem
X-Chromosom mit methylierungs-sensitiven Restriktionsenzymen (so genannter HUMARA =
HUMan Androgen Rezeptor Assay) kann bei weiblichen Patienten festgestellt werden, ob
Klone das gleiche X-Chromosom inaktiviert haben. Unter der Voraussetzung einer hohen
klonalen Homogenität eines Tumors ist der Versuch zur Beantwortung der Klonalität
rezidivierender pTa-Urothelkarzinome bei Frauen herangezogen worden. Auch hier zeigten
sich übereinstimmende Inaktivierungen von Tumoren ein und desselben Patienten bei 4
Patienten mit Tumoren der Harnblase und weiteren 6 Patienten mit Tumoren im gesamten
harnableitenden System (Li und Cannizzaro, 1999). In einer frühen Arbeit konnte gezeigt
werden, dass jeder synchrone Tumor dreier Patienten, die durch Zystektomie therapiert
wurden, dasselbe X-Chromosom inaktiviert hatten, was auf eine monoklonale Abstammung
dieser Tumoren hinweist (Sidransky et al., 1992).
Innere Oberflächengewebe entwickeln sich aus Teilung einer begrenzten Anzahl von Stammzellen und bilden unterschiedlich große zusammenhängende Flächen monoklonaler Zell-
verbände unterschiedlicher Differenzierung, die so genannten "patches". Auch Urothel ist aus
diesen "patches" monoklonaler Herkunft zusammengesetzt. In einer Untersuchung der XChromosom-Inaktivierung weiblicher Patienten mit und ohne Urothelkarzinom-Anamnese
wurde eine Fläche von 120 mm² berechnet, die Zellen gleichen Inaktivitätsmusters beinhalten.
Bei einer inneren Oberfläche von 300 cm² wurde auf die Entwicklung des gesamten Urothels
aus 200 bis 300 Stammzellen geschlossen (Tsai et al., 1995). Bedeutung erhält dieser Befund
insbesondere bei der Interpretation von Klonalitätsanalysen, die dieselbe Methode der XChromosom-Inaktivierung verwendet haben. Hier ist denkbar, dass man Tumoren aus einem
"patch" untersucht, und fälschlicherweise Monoklonalität auf Grund der gemeinsamen
Tumorgenese annimmt, anstatt Monoklonalität auf Grund gleicher Entwicklung aus einer
Stammzelle.
Eine weitere offene Frage ist, ob diese "patches" bei Urothelkarzinom-Patienten eine größere
Fläche einnehmen können, und ob sie zusammenhängend oder diskontinuierlich auftreten.
Unter der Annahme, dass maligne transformierte Zellen einen Wachstumsvorteil besitzen und
zur Besiedlung großer Abschnitte des Urothels in der Lage sind (siehe oben), ergibt sich
hieraus ein morphologisches Korrelat zum vermuteten Felddefekt des Urothels, der zur
Erklärung der Rezidivfreudigkeit von Urothelkarzinomen so oft herangezogen wird. Im
Gegensatz zur Hypothese der Feldkanzerisierung schließt eine Felddefekt eine monoklonale
Abstammung der apparenten Tumore nicht aus. Im Gegenteil, wenn Migrationsprozesse zur
Vergrößerung der "patches" präneoplastischen Epithels geführt haben, und gleichzeitig
klinisch apparente Tumoren eine Inaktivierung desselben X-Chromosoms zeigen (Sidransky
et al., 1992; Li und Cannizzaro, 1999), deutet das auf die Entwicklung der Tumoren aus
einem Klon hin. Obwohl der formale Beweis, dass die "patches" bei Urothelkarzinompatienten eine größere und/oder diskontinuierliche Fläche einnehmen, noch aussteht,
unterstützt die Theorie des Felddefekts das Konzept der monoklonalen Abstammung unter
Berücksichtigung der Migrationspotenz des Urothels.
Die Untersuchung von p53-Mutationen bei Patienten mit rezidivierenden Urothelkarzinomen
der Stadien pT1 bis pT3 bei 4 Patienten erbrachte identische Punktmutationen der Tumoren
eines Patienten. Dieses Ergebnis ist ein wichtiger Hinweis auf monoklonale Abstammung
dieser Tumoren. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich diese Rezidive an unterschiedlichen Stellen des harnableitenden Systems befanden, und die Intervalle zwischen den
Rezidiven zwischen 9 und 37 Monaten betrugen, kommt diesem Hinweis eine beweiskräftige
Bedeutung zu, dass sich zumindest höhergradige Urothelkarzinome als monoklonale
Gewächse verhalten (Habuchi et al., 1993).
Während pTa-Tumoren von 6 Patienten bei der Untersuchung von 4 Exons des p53-Gens in 5
Fällen unauffällig waren, zeigten pT1-Tumoren von 4 Patienten in allen 4 Fällen patientenspezifische Mutationen, wobei in 3 Fällen die Rezidivintervalle über 3 Monate betrugen.
Beim vierten Fall handelt es sich offensichtlich um synchrone Tumoren eines Zystektomiepräparates. Diese Studie von Dalbagni et al. unterstützt nicht nur die Hypothese des
monoklonalen Ursprungs der Urothelkarzinomrezidive, sondern macht auch deutlich, dass
pTa-Karzinome im Gegensatz zu pT1-Karzinomen einen anderen Genotyp besitzen, was an
der geringen Frequenz von p53-Mutationen zum Ausdruck kommt (Dalbagni et al., 2001).
Vriesema et al. untersuchten 6 Patienten mit oberflächlichen und nachfolgend muskelinvasiven Urothelkarzinomen, bei denen mittels Single Strand Conformation Polymorphism
(SSCP)-PCR zuvor p53-Mutationen gesichert werden konnten, und sequenzierten das Gen. In
allen Fällen zeigten sich auch in dieser Arbeit identische Mutationen, was die Abstammung
oberflächlicher und invasiver TCC von einer gemeinsamen Vorläuferzelle wahrscheinlich
macht und das Konzept der Monoklonalität unterstützt (Vriesema et al., 2001).
Bei der Untersuchung von 33 Patienten mit vorwiegend pTa- und pT1-Tumoren fanden Dahse
et al. Mutationen des Tumorsuppressorgens p53 in 12% aller Proben. Hierbei zeigten die
Rezidive zum Teil einen Wildtyp bei zuvor beobachteter Mutation des Primärtumors, so dass
ein polyklonales Geschehen angenommen wurde (Dahse et al., 2003). Einschränkend muss
bemerkt werden, dass bei 18 Fällen, welche ausschließlich
pTaG1-Tumoren aufwiesen,
überhaupt keine Mutationen von p53 gefunden wurden, was wiederholt zeigt, dass
Mutationen dieses Tumorsuppressorgens in der Pathogenese dieses histologischen Typs keine
Rolle spielt, gleichzeitig aber die Methode zur Frage der Klonalität als ungeeignet ausweist.
Macht man sich bewusst, dass p53-Mutationen möglicherweise erst nach einer monoklonalen
Zellaussaat von Vorläuferzellen über das Urothel stattfinden, ist jede Kombination von
Mutation und Wildtyp der Rezidive eines Patienten denkbar und stützt dennoch nicht die
Hypothese der Polyklonalität. Zur Frage der Klonalität eignete sich das Tumorsuppressorgen
p16 als früh in der Karzinogenese verändertes Gen besser, jedoch sind Punktmutationen
selten und eine Klonalitätsanalyse aus diesem Grunde unausgiebig.
Die Einordnung von Rezidivtumoren als polyklonale Gewächse ist stark von der angewandten
Methode und der Definition für Polyklonalität abhängig. Auf Oligo- oder Polyklonalität kann
aus einer MSA sicher geschlossen werden, wenn die zu vergleichenden Tumoren das jeweils
andere Allel verloren haben, was zumindest eine lineare Abstammung undenkbar macht.
Ausserdem wird in der Literatur Oligoklonalität angegeben, wenn mehrere Tumoren ein
auffällig differentes LOH-Muster zeigen oder die Mikrosatelliten einmal stabil und bei einem
weiteren Tumor instabil sind, was in einer Verschiebung der Bande im Elektrophoresebild
zum Ausdruck kommt. So fanden Hafner et al. bei 19 Patienten mit synchronen oder
metachronen Tumoren 5 Fälle mit oligoklonalen Tumoren (Hafner et al., 2001).
In einer weiteren Untersuchung des Androgen-Rezeptor-Polymorphismus wird Oligoklonalität bereits konstatiert, wenn kein Allel vorzugsweise verloren geht, der Tumor also
heterogen aufgebaut zu sein scheint. Unter dieser Annahme sind von 27 Patienten die
Tumoren in keinem Fall monoklonaler Herkunft (Paiss et al., 2002). Heterogenität innerhalb
eines exophytisch wachsenden Urothelkarzinoms ist jedoch allenfalls zu Beginn der Tumorentwicklung möglich. So zeigen N-butyl-N-(4-hydroxybutyl)nitrosamin (BBN)-induzierte
Urothelkarzinome im Tiermodell nach 20 Wochen einen klonalen Aufbau. 3 von 10 Tieren
entwickelten in dieser Arbeit 22 invasive mulifokale Tumoren, von denen 13 Tumore in der
SSCP-PCR p53-Mutationen aufwiesen. Nur bei einem Tier konnte Monoklonalität demonstriert werden, womit die Arbeit das Konzept der Polyklonalität unterstützt (Yamamoto et
al., 1998). Obwohl beide Arbeiten zur Aussage gelangen, dass die Mehrzahl der von ihnen
untersuchten Urothelkarzinome polyklonaler Herkunft sind, können Paiss et al. wenige
klonalen Tumoren isolieren, während Yamamoto et al. keine Heterogenität innerhalb der
Tumoren fanden. Dieser Widerspruch darf nicht dazu führen, beide Arbeiten als gleichwertige
Indizien für das Konzept der Polyklonalität zu interpretieren, im ungünstigsten Fall ist die
Gesamtaussage stark eingeschränkt, da es sich zum einen um einen Tiermodell und zum
anderen um die Verarbeitung heterogenen Tumormaterials handelt.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass vereinzelt polyklonale Urothelkarzinome
beschrieben sind, insbesondere wenn:
1. es sich um Tumore des oberen harnableitenden Systems mit langen Rezidivraten
handelt.
2. es sich um heterogene TCC im Anfangsstadium der Karzinogenese handelt.
5.2.
Genetische Veränderungen in histologisch benignen Läsionen
5.2.1.
Verbirgt sich im morphologischen Bild reaktiver Veränderungen
des Urothels eine molekulargenetisch zu sichernde Neoplasie?
Im eigenen Patientengut haben wir Verluste der Heterozygotie in morphologisch benignen
Läsionen finden können. Von 12 Patienten zeigten 5 in benignen Läsionen ein LOH
mindestens eines der untersuchten Marker. In 2 dieser 5 Fälle traten Verluste auf, wie sie in
gesicherten Karzinomen zu finden waren (Patient 15 und Patient 24). Unter der Annahme der
Monoklonalität dieser Gewebe gibt es für die Beobachtung der Verluste der Heterozygotie in
letzteren beiden Fällen 3 Erklärungsmöglichkeiten:
1. Das Gewebe ist neoplastisch und der morphologische Nachweis schlug fehl.
2. Das Gewebe ist präneoplastisch und der morphologische Nachweis ist nicht möglich.
3. Das Gewebe ist nicht neoplastisch und die MSA liefert ein falsch-positives Ergebnis.
D9S747
D9S162
D9S171
D9S1198
*
*
NN
AA
BB
CC
NN
Rot = mit Tumornachweis
Grün = ohne Tumornachweis
AA
BB
CC
NN
AA
BB
CC
NN
AA
BB
CC
LOH
Abbildung 15: Monoklonalität in Geweben mit und ohne histologischen Tumornachweis.
Abbildung 15 zeigt die finale Elektophorese der Proben von Patient 24, hierbei handelte es
sich bei den Proben „A“ und „C“ um pTaG1-Urothelkarzinome der linken Seitenwand der
Harnblase, und bei Probe „B“ um histologisch benignes Gewebe, welches 4 Monate vor dem
klinisch evidenten Harnblasenkarzinom „C“ im Rahmen der Tumornachsorge gewonnen
wurde und in der Abbildung mit einem Stern gekennzeichnet ist. Zum Zeitpunkt der
Resektion der Probe „B“ war der Patient mit Mitomycin intravesikal behandelt worden.
Auffällig sind die völlig übereinstimmenden Verluste der Heterozygotie der informativen
Marker, so dass eine klonale Beziehung dieser Proben „B“ und „C“ angenommen werden
kann.
Urothelium von Karzinompatienten besitzt oft schon genetische Veränderungen, wie sie bei
manifesten Karzinomen ein und desselben Patienten zu finden sind. In 4 von 16 Fällen (25%)
zeigte normales Urothel von Karzinompatienten in der MSA unter Verwendung der gleichen
Marker wie in unserer Arbeit den Karzinomen äquivalente Veränderungen (Junker et al.,
2003). In einer anderen Arbeit wiesen bei TUR gewonnene Proben normalen Urothels in 4
von 6 Fällen Verluste der Heterozygotie und identische Methylierungsmuster des p16Promotors, einer CpG-reichen Region, auf, die denen der pTa- und pT1-Karzinome dieser
Patienten entsprachen (Muto et al., 2000). Bei der Untersuchung von histologisch normalem
Urothel, welches Karzinomen benachbart war, konnten in Mikrosatellitenanalysen nicht nur
schon Veränderungen wie im Tumorgenom gefunden werden, auch zeigten die Proben immer
ein LOH desselben Allels, was ein starkes Indiz für ihre klonale Verwandschaft darstellt
(Czerniak et al., 2000).
Simon et al. fanden mit der Methode der Vergleichenden Genomischen Hybridisierung
(CGH) neben Verlusten von Chromosomenmaterial 9 auch Verluste von Chromosom 17p,
gekoppelt mit p53-Mutationen in der Immunhistochemie. Diese traten bereits in den der
Tumoren benachbarten Arealen auf, die sich histologisch als Normalbefunde darstellten.
Daraus schlussfolgerten sie, dass laterale Migration von präneoplastischen Zellen ein
Mechanismus sein kann, der zur Rezidiventstehung beiträgt (Simon et al., 2001). Bestätigt
wird diese Ansicht durch eine Arbeit von Stoehr et al., in welcher 6 von insgesamt 14
Zystektomie-Patienten eine Punktmutation von p53 aufwiesen, nach welcher mittels
allelspezifischer PCR in morphologisch unauffälligen Arealen der Harnblase gesucht wurde.
In 4 dieser 6 Fälle konnte diese fallspezifische p53-Mutation in dem des Tumors
benachbarten Urothel wiedergefunden werden, was ein kontinuierliches intraurotheliales
Vorwachsen des malignen Klons beweist (Stoehr et al., 2002).
Bei dem Vergleich zwischen Hyperplasien und pTa-Tumoren von 10 Patienten konnte durch
gemeinsame Anwendung von Mikrosatellitenanalyse und CGH eine klonale Beziehung bei 5
Patienten gefunden werden. Dies zeigt, dass diese nach neuer WHO-Klassifikation als nichtmaligne Geschwülste der Harnblase bezeichneten Läsionen bereits genetische Veränderungen
wie papilläre Tumoren aufweisen, obwohl die Heterogenität der Klone innerhalb einer
Hyperplasie als hoch einzustufen ist (Obermann et al., 2003).
Es gibt weitere Hinweise darauf, dass die regionale Ausbreitung eines phänotypisch
normalen, aber genotypisch veränderten Klons der Entwicklung manifester Tumoren aus
diesem Klon vorausgeht. So konnte im angrenzenden Gewebe von hepatozellulären
Karzinomen Gewebe gefunden werden, welches dieselbe Mutation des IGF-Rezeptors 2
aufweist wie die manifesten Karzinome (Yamada et al., 1997). In der Umgebung von
duktalen Mammakarzinomen findet sich morphologisch unauffälliges Drüsenparenchym,
welches Chromosom 3-LOH wie in Karzinomen zeigt. Dies ist auch keine genetische
Besonderheit der Mamma, da in normalem Gewebe fern des Tumors solche LOH nicht
verifiziert wurden (Deng et al., 1996). Durch laterale Migration ist in menschlicher Epidermis
die Ausbreitung atypischer Zellen bei M. Bowen beschrieben worden, das so genannte BorstPhänomen (Borst, 1904; Helm et al., 1994).
Schon 1992 wurde vermutet, dass eine intraluminale Streuung oder intraepitheliale
Wanderung von Tumorzellen durch entzündliche Veränderungen der Harnblase begünstigt
werden könnten. Freisetzung von Zytokinen oder Wachstumsfaktoren kann die Ausbreitung
eines Klons begünstigen, was zu mulifokalen Tumoren führt. Die klinische Erfahrung, dass
Patienten mit Tumoren des Nierenbeckens und Ureters in 40% Tumoren in der Harnblase
entwickeln, während nur 2% bis 3% der Patienten mit initialem Harnblasentumor weitere
Tumoren der oberen Harnwege ausbilden, unterstützt die Hypothese der Tumoraussaat
(Harris und Neal, 1992). Auch Sidransky et al. postulieren einen Wachstumsvorteil des
präneoplastischen Urothels, der im Laufe der stetigen Urothelerneuerung zu einer
Repopulation der Mukosa mit Tochterzellen führt (Sidransky et al., 1992).
Sowohl hochdifferenzierte als auch wenig differenzierte Tumorzellinien sind in Implantationsmodellen in der Lage, an alteriertes Urothel zu adhärieren und dort weiterzuwachsen. In
einer Arbeit von Bindels et al. gibt es auch Hinweise, dass niedrigmaligne Zellen aus der ECadherin-exprimierenden SD-TCC-Linie an intaktem Urothel nach Stimulation durch EGF
haften bleiben, um dort kleine Kolonien zu bilden. Da EGF die Differenzierung der
Urothelien zu Deckzellen verhindert, bleibt die Implantation von Tumorzellen in Mukosa mit
intakter Deckzellschicht für Verhältnisse in vivo fraglich. Hier spielt der Kontakt zur
Basalmembran eine wichtige Rolle für die Migration von Urothelien. Schon normale
Urothelien sind zur Migration in der Lage. Ein rapider Wundverschluss nach mechanischer
Traumatisierung ging ohne signifikante Zunahme von Proliferationsindices wie dem Einbau
von Bromdesoxyuridin in die DNA und dessen immunhistochemischen Nachweis einher.
Deshalb ist Migration von Urothelien mehr als Proliferation derselben schon bei regenerativen Prozessen im Urothel federführend (Bindels et al., 1997). Wie ein anderes Implanta-
tionsmodell zeigt, sind Urothelkarzinomzellen vom Typ HT-1197 nicht in der Lage, auf
intaktem Urothel mit geschlossener Deckzellschicht anzuwachsen, wohl aber auf mechanisch
oder chemisch verletztem Gewebe mit geschädigten Deckzellen, welches sich durch eine
verminderte Anfärbbarkeit mit Dolichos biflorus Agglutinin-(DBA-) Lektin auszeichnet. Eine
intakte Deckzellschicht ist deshalb als biologischer Schutzmechanismus wichtig gegen die
Implantation von Tumorzellen (Nakamura et al., 2002). An Grenzen zwischen normalem
Urothel und Karzinomgewebe wachsen Tumorzellen wie T24- oder SD-Zellen auf der
Basalmembran unter die intakte Mukosa. Diese Unterminierung zeigt die Fähigkeit dieser
Zellen an, durch intaktes Urothel zu wandern und möglicherweise an anderer Stelle ein
Rezidiv zu bilden (Bindels et al., 1997).
5.2.2.
Doch ein Felddefekt der Harnblasenmukosa?
3 Patienten erfüllten in benignen Läsionen die Kriterien für ein polyklonales Geschehen. Bei
letzteren trat im Vergleich zu Tumorrezidiven ein Verlust des jeweils anderen Allels in 2
Fällen auf (D9S1198 bei Fall 16; D9S171 bei Fall 21), während bei einem Fall ein Verlust der
Heterozygotie eines bis dahin unauffälligen Markers auftrat (D9S162 bei Fall 02).
D9S747
D9S162
D9S171
D9S1198
**
NN
AA
BB
CC
NN AA
Rot = mit Tumornachweis
Grün = ohne Tumornachweis
BB
CC
NN
AA
BB
CC
NN A
AA
A
BB
CC
LOH
Abbildung 16: Oligoklonalität in histologisch benignem Gewebe bei Urothelkarzinompatienten.
Abbildung 16 zeigt die finale Elektrophorese von Fall 16. Neben den klonalen pTaG1Urothelkarzinomen „A“ und „B“ ist bei Probe „C“ eine histologisch benigne Läsion mit
Verlust der Heterozygotie des anderen Allels zur Darstellung gekommen, welche 5 Monate
nach Tumor „B“ reseziert wurde. Diese ist mit Doppelstern gekennzeichnet und offensichtlich
nicht klonal mit den zuvor resezierten Tumoren in Beziehung zu setzen.
Die im morphologisch normalen Urothel von Harnblasenpräparaten gefundenen LOH's sind
mit denen der klinisch manifesten Tumoren verglichen worden, wobei man in 2 Fällen gegensätzliche Allelverluste auf Chromosom 9 festgestellt hat. Jedenfalls spricht der Autor von 2
separaten Deletionen, die auf 2 verschiedene Klone und damit oligoklonale Gewebe hinweisen (Stoehr et al., 2000). In der hier vorliegenden Arbeit ist dieser Nachweis bei den Patienten
16 und 21 gelungen, auch hier ist das entgegengesetzte Allel eines Markers im letzten Rezidiv
deletiert, in dem der Pathologe keinen Tumornachweis führen konnte. In der frühen Pathogenese von Urothelkarzinomen scheint Oligo- oder Polyklonalität deshalb möglich zu sein.
In der Mukosa von 45 Zystektomiepräparaten fanden Pycha et al. mit der Fluoreszenz-InSitu-Hybridisierung (FISH) nicht näher bezeichnete Aberrationen der Chromosomen 7, 9, und
17 in über 40% der nicht-malignen Urothelanteile, wobei deren Aneuploidierate bei 57,5%
lag. Daraus schlussfolgerten die Autoren die genetische Instabilität der gesamten
Harnblasenmukosa bei Urothelkarzinompatienten. Damit bestätigt die Arbeit die Existenz des
Felddefekts, ohne eine Aussage zur Klonalität machen zu können. Da keine MSA
durchgeführt wurde, ist ein direkter Vergleich unserer Ergebnisse mit denen in dieser Arbeit
vorgestellten nicht möglich (Pycha et al., 1999). Eine anderen Arbeit von Cianciulli et al.
konnte die genetische Verwandschaft von 25 niedriggradigen Urothelkarzinomen und
benachbarten makroskopisch und histologisch unauffälligen Urothelproben mittels FISH
bestätigen (Cianciulli et al., 2003). Wenn in den Arbeiten, welche die FISH verwenden, von
einer allgemeinen genetischen Instabilität bei Urothelkarzinom-Patienten die Rede ist, so
kann dies auf einer unterschiedlichen Sensitivität zwischen FISH und MSA sowie
unterschiedlichen cut-off-Werten in der FISH beruhen.
Die Definitionen der Feldkanzerisierung und des Felddefekts bedürfen der genaueren
Erklärung. Feldkanzerisierung ist ein bekanntes Phänomen insbesondere bei Karzinomen aus
dem oberen Verdauungstrakt (Van Oijen et al., 2000). Die Hypothese besagt, dass synchrone
und metachrone Karzinome auf dem Boden unterschiedlicher Mutationen durch diffuse
Exposition mit karzinogenen Substanzen entstehen. Dadurch sind die Tumoren polyklonalen
Ursprungs, und wachsen unabhängig voneinander an verschiedenen Stellen der Mukosa zu
unterschiedlichen Zeitpunkten. Ein monoklonaler Ursprung von Rezidiven impliziert, dass
diese von einem originären Klon abstammen und dessen genetischen Fingerabdruck teilen.
Die Hypothesen der Feldkanzerisierung und der Monoklonalität schließen sich deshalb
gegenseitig aus.
Es ist jedoch eine Unterscheidung zwischen Feldkanzerisierung und Felddefekt dringend
notwendig. Der Felddefekt besagt, das es diffuse histopathologische Veränderungen im
gesamten Epithel gibt. Er ist deshalb ein rein deskriptiver Terminus, der keine Aussage zur
Klonalität der rezidivierenden Tumoren macht (Dalbagni et al., 2001). Die Auffassung des
Felddefekts wird durch klinische Beobachtungen unterstützt. In einer Studie von Koss wird
eine diffuse morphologische Abnormalität des Urothels von Zystektomiepräparaten
konstatiert: "Blasenkrebs ist keine lokale Erkrankung, sondern eine lokale Manifestation eines
durchweg veränderten Urothels." (Koss, 1979, Übersetzung des Verfassers).
Der Terminus des Felddefekts darf jedoch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass sich
in histologisch benignen Läsionen weniger Verluste der Heterozygotie zeigen als in malignen
Läsionen. In unserer Arbeit traten von 12 benignen Proben zusammen 5 Proben mit LOH auf,
während von 64 malignen Proben der histologischen Stadien pTa, pT1 und pT2a zusammen
48 Tumore einen Verlust der Heterozygotie zeigten.
Die Odds Ratio von 4,2 zeigt die positive Korrelation zwischen malignem Wachstum und
Auftreten von LOH, das Ergebnis ist statistisch signifikant. Eine generelle genetische
Instabilität der Harnblasenmukosa von Urothelkarzinompatienten lässt sich aus unseren
Ergebnissen deshalb nicht ableiten.
5.3.
Sensitivität und Spezifität der Mikrosatellitenanalyse
Bei der Untersuchung von Urothel eines Zystektomiepräparates mittels MSA, das auf Grund
eines infiltrierenden Leiomyosarkoms des Uterus gewonnen worden war, konnte ein LOH
irgendeines der untersuchten Marker einschließlich D9S171 und D9S747 nicht festgestellt
werden. Dieser Befund zeigt die Spezifität der untersuchten Marker für genetische Veränderungen an, wie sie bei Urothelkarzinomen auftreten (Stoehr et al., 2000). Mit Methoden wie
CGH und vergleichender MSA zwischen Urothel von Patienten mit und ohne Karzinomanamnese ist die Spezifität der MSA zur Erkennung tumorbedingter genetischer
Veränderungen als hoch anzusehen, wie Tabelle 22 aufzeigt.
Tabelle 22: Deletionen auf Chromosom 9 in normalem Urothel von Patienten mit/ohne TCC.
Autor
Methode
Chromosom 9- (Fall) Chromosom 9- (Probe)
mit TCC: Hartmann et al. 1999
mit TCC: Muto et al. 2000
mit TCC: Försti et al. 2001
mit TCC: Kania 2002
mit TCC: Börner in praep.
FISH bei PH's
MSA
MSA
CGH
MSA+ CGH
8/12
4/6
4/6
2/22
4/16
10/14
6/13
27/100
2/34
4/16
Ohne TCC: Stoehr et al. 2000
Ohne TCC: Kania 2002
Ohne TCC: Börner in praep.
MSA
CGH
MSA+ CGH
0/1
0/10
1/15
?
0/10
1/15
mit TCC: eigene Arbeit
MSA
5/12
5/12
Mit den in dieser Arbeit verwendeten Markern liegt die Sensitivität der MSA zwischen 47%
und 80%. Die Aberrationsrate, also der Anteil der informativen Fälle, welche einen Verlust
der Heterozygotie aufwiesen, hatte Werte zwischen 61 und 71%. Durch Addition der
Information der 4 verwendeten Marker konnte jedoch bei 25 der 30 untersuchten Patienten
(83%) bzw. bei 54 der 77 untersuchten Gewebeproben (70%) ein Verlust der Heterozygotie
festgestellt werden. Shifts traten nicht auf.
Genaue Daten zu einzelnen Markern sind in der Literatur selten zu finden. In einer Arbeit von
Baud et al. mit Untersuchung von 44 TCC-Patienten wies der Marker D9S171 eine
Sensitivität von 42% auf, während der Marker D9S162 in 84% der Fälle informativ war. Die
Aberrationsrate lag in dieser Arbeit für diese Marker bei 63% und 65% (Baud et al., 1998).
Damit sind unsere Daten mit denen aus der Literatur vergleichbar, die etwas höhere
Sensitivität bis 84% ist durch eine höhere Rate an Monosomien 9 von 32% in dieser Arbeit
erklärbar.
5.4.
Korrelation des Verlusts der Heterozygotie zu histologischem Staging und
Grading
In vorliegender Arbeit untersuchten wir zusammen 64 rezidivierende Urothelkarzinome von
30 Patienten der Stadien pTa, pT1 und pT2a. Im Vergleich zwischen pTaG1- und pT1G2Karzinomen traten signifikant häufiger Verluste der Heterozygotie bei letzterer Gruppe auf.
Auch mit anderen molekulargenetischen Methoden konnten signifikante Unterschiede
zwischen pTa- und pT1-Urothelkarzinomen festgestellt werden. Mittels Vergleichender
Genomischer Hybridisierung (CGH) konnten Simon et al. zeigen, dass pT1-Karzinome ein
differentes Muster genetischer Veränderungen im Gegensatz zu pTa-Karzinomen besitzen
(Simon et al., 1998). Diese Befunde untermauern klinische Beobachtungen, bei denen pT1Karzinome weitaus höhere Progressionsraten (30%) im Gegensatz zu pTa-Tumoren (4%)
bzw. G2-Karzinome höhere Progressionsraten (11%) im Gegensatz zu G1-Tumoren (2%)
aufweisen (Heney et al., 1983).
Die höhere Frequenz der Verluste der Heterozygotie bei pT1- und G2-Karzinomen ist dabei
Ausdruck eines außer Kontrolle geratenen Zellzyklus, bei denen die Mutationrate und damit
die biologische Grundlage der Progression sprunghaft ansteigt. Die Ergebnisse unserer Arbeit
unterstreichen demzufolge die Erkenntnis, dass es sich bei pT1-Kazinomen um eine
biologisch
aggressivere
Wuchsform
des
Urothelkarzinoms
handelt,
wonach
die
Zusammenfassung von pTa- und pT1-Karzinomen unter dem Oberbegriff „oberflächliches
Harnblasenkarzinom“ als obsolet anzusehen ist (Helpap und Köllermann, 2000).
6.
Schlussfolgerungen
Die Frage der Klonalität rezidivierender Urothelkarzinome ist von wissenschaftlichem und
klinisch-praktischem Interesse, da sich nur durch genaue Kenntnis der Pathogenese der
Rezidiventstehung die Prognose und Lebensqualität der Patienten durch gezielte Maßnahmen
im Rahmen der Tertiärprophylaxe verbessern lässt.
In unserer Arbeit konnten wir für 21 der 30 untersuchten Patienten einen monoklonalen
Entstehungsmechanismus ihrer Rezidive nachweisen. Im gesamten Kollektiv ergaben sich
keine Hinweise auf die oligoklonale Natur der Rezidive auch nur eines Patienten.
Die Mehrheit rezidivierender Urothelkarzinome ist deshalb monoklonalen Ursprungs.
Weitere Anstrengungen zur klonalen Tumortherapie sind Erfolg versprechend und sollten in
Zukunft als adjuvante Maßnahme zur chirurgischen Intervention in Betracht gezogen werden.
Die MSA liefert keinen Beweis für monoklonale Abstammung der UrothelkarzinomRezidive, sondern eine Wahrscheinlichkeit, welche unter Berücksichtigung der Tumorbiologie als hoch anzusehen ist.
Ein LOH stellt ein nicht-reversibles Ereignis in der Karzinogenese dar, hat jedoch nicht
zwangsläufig eine kausalpathogenetische Bedeutung.
Mit der in dieser Arbeit verwendeten 4 Mikrosatelliten-Markern kann keine exakte
biochronologische Reihenfolge der Rezidive nachvollzogen werden.
Zur Validierung der klonalen Beziehungen rezidivierender Urothelkarzinome ist neben der
MSA eine Alternativmethode wie die CGH sinnvoll, um partielle Deletionen oder Monosomien von Chromosom 9 zu erfassen.
In der frühen Pathogenese von Urothelkarzinomen scheint Oligoklonalität möglich zu sein
und Tumorheterogenität eine wichtige Rolle zu spielen.
Die pTaG1-Tumore unterscheiden sich von pT1G2-Tumoren durch eine geringere Frequenz
der Verluste der Heterozygotie. Auch aus diesem Grunde ist die Zusammenfassung beider
Wuchsformen des Urothelkarzinoms unter einen Oberbegriff als obsolet anzusehen.
In histologisch benignen Läsionen von Urothelkarzinom-Patienten kommen genetische Veränderungen vor, wie sie bei manifesten Karzinomen gefunden werden. Dabei ist das Gewebe
präneoplastisch und der morphologische Tumornachweis nicht möglich.
Durch die Potenz zur Migration und dem klonalen Überwuchs stellt die Mehrzahl der klinisch
manifesten Karzinome monoklonale Tumore dar. Der daraus resultierende Felddefekt des
Urothels steht deshalb nicht im Gegensatz zum Konzept der Monoklonalität der Urothelkarzinome.
Eine allgemeine genetische Instabilität des Urothels im Sinne der Feldkanzerisierung liegt bei
Urothelkarzinom-Patienten jedoch nicht vor. Die Feldkanzerisierung spielt für die Rezidiventstehung bei Urothelkarzinomen deshalb keine Rolle.
V
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VI
Anhang
Lebenslauf
Name:
Michael Wolf
Geburtsdatum:
20. September 1975
Geburtsort:
Arnstadt
Anschrift:
Windthorststraße 5
99096 Erfurt
Familienstand:
ledig
Schulausbildung:
1982- 1990
Polytechnische Oberschule in Kirchheim
1991- 1994
Neideck-Gymnasium in Arnstadt
1994
Abitur (Durchschnitt 1,0)
1995- 2002
Friedrich-Schiller-Universität in Jena
2002
Staatsexamen (Durchschnitt 2,3)
Medizinstudium:
Berufliche Tätigkeit ab 2003
Arzt im Praktikum, später Weiterbildungsassistent
am Katholischen Krankenhaus in Erfurt
Erfurt, im Oktober 2004
Unterschrift
Ehrenwörtliche Erklärung
Hiermit erkläre ich, dass mir die Promotionsordnung der Medizinischen Fakultät der
Friedrich-Schiller-Universität bekannt ist,
ich die Dissertation selbst angefertigt habe und alle von mir benutzten Hilfsmittel,
persönlichen Mitteilungen und Quellen in meiner Arbeit angegeben sind,
mich folgende Personen bei der Auswahl und Auswertung des Materials sowie bei der
Herstellung des Manuskripts unterstützt haben: Prof. Dr. Schubert, OA Dr. Werner, PD Dr.
Junker (alle Klinik für Urologie der FSU Jena).
die Hilfe eines Promotionsberaters nicht in Anspruch genommen wurde und dass Dritte weder
unmittelbar noch mittelbar geldwerte Leistungen von mir für Arbeiten erhalten haben, die im
Zusammenhang mit dem Inhalt der vorgelegten Dissertation stehen,
dass ich die Dissertation noch nicht als Prüfungsarbeit für eine staatliche oder andere
wissenschaftliche Prüfung eingereicht habe und
dass ich die gleiche, eine in wesentlichen Teilen ähnliche oder eine andere Abhandlung nicht
bei einer anderen Hochschule als Dissertation eingereicht habe.
Ort,
Datum
Unterschrift des Verfassers
Danksagung
Mein herzlicher Dank gilt denjenigen, welche durch persönliches Engagement zur
Fertigstellung dieser Arbeit beigetragen haben.
Herrn Professor Dr. J. Schubert, Direktor der Klinik und Poliklinik für Urologie der FriedrichSchiller-Universität Jena, danke ich für die freundliche Überlassung des Themas und die
Möglichkeit zu dessen Bearbeitung unter optimalen Bedingungen.
Frau PD Dr. K. Junker danke ich für die fachliche Unterstützung und die liebevolle Betreuung
im von ihr geleiteten Forschungslabor der Klinik für Urologie.
Mein Dank gilt Herrn M. Utting und Frau C. Klötzer, welche mich in die Methode
einarbeiteten und mir unkompliziert mit Rat und Tat zur Seite standen.
Meiner Schwester Susanne danke ich für die kritische Korrektur der vorliegenden Arbeit.
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