Forschungsprojekt Dresden 3

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Poliklinik für Kieferorthopädie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der
TU Dresden
Komm. Direktor: Prof. Dr. med. habil. Thomas Hoffmann
Projektleitung: Prof. Dr. med. Winfried Harzer und PD Dr. med. dent. Eve
Tausche
Projekt: Expression embryonaler, fetaler und dysgnathiespezifischer Myosin
Heavy Chain mRNA im M. masseter vor und nach Dysgnathieoperation
Zusammenfassung
Die Umstellungsosteotomie bei Dysgnathieoperationen verändert die Kraft – Moment –
Relation für die am Unterkiefer angreifende Kaumuskulatur. Fehlende postoperative neuromuskuläre Adaptation ist Ursache für Rezidive. In eigenen Untersuchungen wurde ein shift
der Expression schwerer Myosinketten (MyHC) vom Typ-I (slow) hin zum Typ-II (fast) und
eine Hochregulation des Mechano growth Factor (MGF) nachgewiesen. Die developmental
MyHC Isoformen stehen am Anfang der Differenzierung und sind im Gegensatz zu anderen
Skelettmuskeln im adulten Masseter vorhanden. Mit Mikroarrays, der RT-PCR, sowie
Western-Blot konnte bereits in einer Pilotstudie die aktive Rolle der embryonalen Myosine im
Adaptationsprozess und eine Abhängigkeit der Hochregulation vom Ausgangsniveau bei
Patienten mit Retrognathie sechs Monate postoperativ nachgewiesen werden. In einer
klinischen Studie an 60 Dysgnathiepatienten mit Retrognathie, Prognathie, offenem oder
Tiefbiss sollen prä- und sechs Monate postoperativ mittels real time PCR und Western Blot
die embryonalen und fetalen Gene und Proteine (MYH3 und MYH8) sowie weitere
dysgnathiespezifische Gene, welche mit Hilfe von Microarrays und 30 Patienten
herausgefiltert werden, quantifiziert werden. Als Kontrollgruppe dienen 40 jugendliche und
erwachsene Patienten, bei denen im Rahmen der operativen Entfernung 3.Molaren im
Unterkiefer einmalig Muskelbiopsien entnommen werden. Ziel des Projektes ist es einerseits,
bei Korrelation zwischen prä- und postpoperativer Expression sowie der klinischen
Behandlungsstabilität eine Rezidivprognose aus einer intraoperativen Probe (CT-Wert)
abzuleiten. Durch Vergleich mit eugnathen Kontrollprobanden können auch indirekt die zu
erwartenden genetischen Unterschiede und das Expressionsniveau beim Jugendlichen für
die Funktionskieferorthopädie, mit welcher das knöcherne Wachstum des Unterkiefers
stimuliert werden soll, nutzbar gemacht werden.
Stand der Forschung
Bei 10-jährigen Kindern besteht eine Gebiss- und Kieferanomaliehäufigkeit von ca. 65% mit
einer Behandlungsnotwendigkeit von 40% zur Verbesserung von Kaufunktion und Ästehetik.
Erfolgt keine Therapie während des Wachstums, kann beim Erwachsenen eine
Dysgnathieoperation notwendig werden. Der überwiegende Teil dieser Patienten weist eine
ausgeprägte mandibuläre Prognathie oder Retrognathie und ein geringerer Teil einen
skelettal offenen oder Tiefbiss auf. Diese Dysgnathien führen zu funktionellen
Einschränkungen und starker psycho-sozialer Beeinträchtigung. Die Therapie erfolgt durch
eine chirurgische Vor- oder Rückverlagerung bzw. Vertikalbewegung von Ober- und
Unterkiefer. Für eine gute Okklusion und Kaufunktion nach der Umstellungsosteotomie wird
begleitend mit festsitzenden kieferorthopädischen Regulierungsapparaturen eine optimale
Zahnstellung hergestellt. Trotz weitestgehenden Belassens von Ursprung und Ansatz der
Kaumuskeln, kommt es durch die Verlagerung des Unterkiefers um bis zu 10 mm sagittal
und/oder horizontal bzw. vertikal zur veränderten Zugspannung oder Kompression in den
angreifenden Kaumuskeln, speziell des M. masseter. Die veränderten Drehmomente beim
Kieferschluss durch die Verkürzung oder Verlängerung des Unterkiefers und die potentiell
höhere Kaukraft durch die Zunahme okkludierender Zähne machen eine funktionelle
Adaptation erforderlich. Untersuchungen zeigen zwei bis drei Jahre postoperativ in 20% bis
30% der Fälle Instabilität und Rezidive. Ursachen sind in einer gestörten Okklusion oder in
der fehlenden Anpassung der Kaumuskulatur zu suchen.
Die Skelettmuskeln haben unterschiedliche Anteile von Fasertypen, welche durch die
spezifische Funktion des betroffenen Muskels weitgehend genetisch determiniert sind.
Unabhängig von den genetischen sowie alters- und geschlechtsspezifischen
Faserproportionen ist durch Ausdauertraining eine Umwandlung von IIb/dx- über IIa in Typ-I
Fasern möglich. Grund für diese Verschiebung ist die geringere Ermüdung der Typ-I Fasern
durch Liposomenanreicherung, erhöhte ATP-Bereitstellung und Sauerstoffverfügbarkeit. TypI Fasern haben generell einen hohen Anteil an oxidativen Enzymen und gewährleisten eine
langsame aber stabile und lang andauernde ATP-Quelle aus der Oxidation von
Nährsubstraten. Typ-II Fasern dagegen haben einen hohen Anteil an glykolytischen
Enzymen und gewährleisten eine schnelle sauerstoffunabhängige ATP-Quelle zur Entfaltung
maximaler Kaukräfte. Die Glykogenreserven werden jedoch schnell verbraucht, weshalb
Typ-II Fasern schnell ermüden. Eine Verschiebung zwischen diesen beiden Fasertypen ist
auch nach Dysgnathieoperation zu erwarten, da präoperativ wenige okklusale Kontakte und
geringe Kraftentwicklung eine lang anhaltende Mahlbewegung mit vorrangiger Typ I Fasern
erfordern, während die komplette Okklusion aller Antagonisten zu einer erhöhten und
beschleunigten Kauleistung durch Zunahme der Typ II Fasern führen müsste. Die
Rezidivquote belegt jedoch eine unterschiedliche Reaktion.
Die Induktion der Muskelreorganisation kann auf genetischem Weg nachgewiesen werden.
Die Myosin heavy chain (MyHC) ist das für die Kontraktion entscheidende Protein in der
skelettalen Muskelfaser. Die MyHCs warden kodiert durch eine Gruppe von Genen,
bestehend aus den Genen IIa, IIb, IIx, extraocular embryonal and neonatal. Diese Gene sind
auf dem Chromosom 14 lokalisiert. Die β-cardiac oder Typ I isoform14, die für die Synthese
des Typ I MyHC verantwortlich gemacht wird, ist auf dem Chromosom 17 lokalisiert. In
Belastungssituationen führt die MyHC expression zum Wechsel von einem Phänotyp in den
anderen, wobei direkte Umwandlung, Differenzierung von Satelitenzellen als auch aus
embryonalem Myosin diskutiert werden.
Ziele des Projektes:
Aus den beschriebenen Referenzen ergeben sich hinsichtlich der funktionellen Adaptation
nach Dysgnathieoperation aber auch grundsätzlich für die muskuläre Differenzierung bei
den unterschiedlichen kraniofazialen Anomalien folgende Frage- und Zielstellungen:
• - spielt embryonales und fetales MyHC sowohl qualitativ als auch quantitativ bei der
Muskelregeneration und Adaptation nach Dysgnahieoperation eine Rolle
• - hat die Quantität an embryonalem und fetalem MyHC, das individuell zwischen 1%
und 4% schwankt einen Einfluss auf die weitere Adaptation und auf die Stabilität des
Therapieergebnisses.
•
- prägen neben den embryonalen und fetalen Myosinen weitere genetische Faktoren
sowohl qualitativ als auch quantitativ die spezifische Dysgnathie
Eine positive Beantwortung der zuletzt gestellten Frage würde auch einen
Erkenntnisgewinn zur Effizienz funktionskieferorthopädischer Therapie, speziell bei
Retrognathie bringen. Bei ihr soll mit Hilfe der Muskelfunktion über eine Apparatur das
Unterkieferwachstum stimuliert werden. Nach wie vor ist jedoch unklar, inwieweit wirklich
eine bleibende skelettale Reaktion oder nur eine dentale, d.h. Adaptation der
Zahnstellung zu erreichen ist. Genetische Differenzen der MyHC bei den Dysgnathien
Erwachsener zum Muster bei eugnathen Wachsenden und die Höhe des
Ausgangsniveaus könnten für die Reaktionslage und die muskuläre Stabilisierung im
Sinne eines Trainingseffektes Bedeutung besitzen.
Auswahl von 60 Patienten
und Dokumentation,
Einschlusskriterien, Röntgen, Modelle, KFO, OPVorbereitung
15 Pat. Mand.
Prognathie
15 Pat. Mand.
Retrognathie
15 Patienten
Offener Biss
15 Patienten
Tiefbiss
Dokumentation, Dysgnathie-OP,
Entnahme von 4
Biopsien/Patient aus dem rechten
und linken M.masseter anterior und
Embryonales, fetales,
Typ I, IIa und IIxMyHC/Western-Blot
Postoperative
Dokumentation
T2
6 Monate postop.
Dokumentation (Stabilität)
Entnahme von 4
Biopsien/Patient aus dem re. und
15 Pat. Mand.
Prognathie
15 Pat. Mand.
Retrognathie
15 Patienten
Offener Biss
T1
T3
15 Patienten
Tiefbiss
Embryonales,
fetales, Typ I,
IIa und IIxMyHC/Western
-Blot
Ermittlung der Genregulation postoperativ mit Bezug zum
Ausgangsniveau mittels relative expression software tool und
Auswertung der Blots
12 Monate Dokumentation,
postoperative Stabilität /Rezidiv
Röntgen, Modelle,
T4
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