BADEN-WÜRTTEMBERG Nummer 268 Donnerstag, 19. November 2015 n Meinungen der Leser Düstere Zukunft? BETRIFFT: Flüchtlinge Fachmesse zeigt alles rund um Spargel und Beeren Vom winzigen Halte-Clip für Sträucher bis zur Vollerntemaschine auf riesigen Rädern zeigt die Messe Karlsruhe seit gestern neue Entwicklungen bei Produktion und Ver- marktung von Spargel und Beeren. Es geht um Verpacken und Etikettieren, Präsentieren und Wiegen, um Saatgut, Dünger und Unkrautbekämpfung. Mehr als 400 Aus- steller aus 16 Ländern bieten ihre Produkte an. Die Doppelmesse »expoSE« und »expoDirekt« zählt jedes Jahr mehrere tausend Fachbesucher aus ganz Europa. Foto: Deck Gemeinsam wider den Terror Landtag | Abgeordnete gedenken der Opfer von Paris / Schmiedel: Ausrüstung prüfen Parteiübergreifend hat der Landtag die Terroranschläge von Paris verurteilt und zur Verteidigung freiheitlicher Werte aufgerufen. n Von Bettina Grachtrup Stuttgart. Zum Auftakt der gestrigen Sitzung gedachten Parlamentarier und Minister mit einer Schweigeminute der Opfer der Anschläge in Frankreich. Landtagspräsident Wilfried Klenk (CDU) sagte, dies sei ein Zeichen an die französischen Nachbarn, Freunde und Partner. »Wir sind betroffen und getroffen.« Redner aller Fraktionen mahnten, nun zusammenzustehen und sich dem Terror nicht zu beugen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte: »Wir dürfen unser freies Leben nicht von Terroristen, deren Geschäft die Angst ist, infrage stellen oder gar zerstören lassen. Wenn wir uns von der Angst Verdächtiger Aufkleber Lauffen. Die Nerven liegen nach den Anschlägen von Paris auch bei vielen im Südwesten blank: Mehrere Polizeistreifen umstellten gestern in Lauffen (Kreis Heilbronn) ein Fahrzeug mit belgischem Kennzeichen. Ein Zeuge hatte die Beamten gerufen, da ihm das Auto mit arabischen Schriftzügen auf einem Aufkleber in der Windschutzscheibe verdächtig vorgekommen war. Nach der Überprüfung der Besitzer – eines Ehepaars – wurde Entwarnung gegeben. Bei dem Aufkleber handelte sich um ein muslimisches Glaubensbekenntnis, so die Polizei. Das Paar habe nichts Böses im Sinn gehabt. 29 Verletzte bei Busunfall Stuttgart. Bei einer Karambolage von zwei Bussen im morgendlichen Berufsverkehr sind gestern in Stuttgart 29 Menschen verletzt worden. Acht erlitten laut Polizei schwere, 21 leichtere Blessuren. Es schwebte jedoch niemand in Lebensgefahr. Nach ersten Erkenntnissen fuhr ein Linienbus vermutlich ungebremst auf einen Bus auf, der an einer Haltestelle wartete. beherrschen lassen, lassen wir uns am Ende auch vom Terror beherrschen.« Die Absage des Fußballspieles Deutschland gegen die Niederlande am Dienstag sei aber richtig gewesen. Der Schutz von Menschen habe Vorrang. Für den Südwesten gebe es keine konkreten Anhaltspunkte für Terroranschläge, erklärte er. CDU-Fraktionschef Guido Wolf sagte, der Terror des Islamischen Staates (IS) vernichte alles, woran die Menschen in Europa glaubten. »Die Schüsse und Bomben von Paris galten der Menschlichkeit an sich.« Es sei nun nötig, sich zur christlichabendländischen Kultur zu bekennen und den Menschen, die nach Deutschland kämen, zu sagen, dass Integration nicht nur Sprache, sondern auch Werte umfasse. »Wer sich mit unserer deutschen Wertekultur nicht anfreunden kann, der kann auf Dauer nicht hierbleiben.« Debattiert werden müsse auch, ob die Si- cherheitsgesetze ausreichten. SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel will die Ausrüstung der Polizei überprüfen lassen. Terroristen wie jene in Paris verwendeten Waffen, die normalerweise in kriegerischen Auseinandersetzungen benutzt würden. Es müsse daher geprüft werden, ob die Ausrüstung der Polizei ausreiche. Kontrollen bei Bundesligaspielen Schmiedel mahnte, es dürfe in Baden-Württemberg, Deutschland und Europa keine Milieus geben, in denen Islamisten Sympathie entgegengebracht werde. »Null Toleranz gegen Gewalt heißt auch null Toleranz gegen die Tolerierung von Gewalt.« Innenminister Reinhold Gall (SPD) hält die Sicherheitslage nach dem abgesagten Fußball-Länderspiel in Hannover für unverändert. Es gebe eine hohe abstrakte Gefahr, bei der der Schritt zu einem Anschlag aber nicht weit sein könne. Bei den in Baden-Württemberg anstehenden Bundesligaspielen werde man die Sicherheitslage sehr sorgfältig prüfen. An diesem Wochenende spielt der VfB Stuttgart in der baden-württembergischen Landeshauptstadt gegen den FC Augsburg. FDP-Fraktionschef HansUlrich Rülke hält eine Stärkung des Verfassungsschutzes in Baden-Württemberg für unverzichtbar. Er warf Grün-Rot vor, den Geheimdienst geschwächt zu haben. »Die Flüchtlingsfrage wollen wir nicht mit diesen Terroranschlägen verknüpfen«, betonte er. Die syrischen Flüchtlinge flüchteten vor dem Terror der Islamisten in ihrem Land, der sich nun auch in Europa ausbreite. Jedoch müsse die Politik endlich Konzepte zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung entwickeln. Begleitung bis zum letzten Atemzug Palliativmedizin | Neues Zentrum eröffnet im Dezember n Von Felicitas Schück Villingen-Schwenningen. Jahrelanges Spendensammeln und Zuschüsse machen es möglich: Als Abteilung des Schwarzwald-Baar-Klinikums und neues Angebot für die Region wird das Palliativzentrum in Villingen-Schwenningen am 7. Dezember eröffnet. »Das ist ein Meilenstein«, erklärt Klinik-Geschäftsführer Mathias Geiser. Seit der Gründung des Fördervereins Palliativzentrum VS im Jahr 2009 haben mehrere zehntausend Menschen für das Palliativzentrum gespendet. Außerdem gab es Sachspenden, zum Beispiel für die Inneneinrichtung der neuen Abteilung mit zehn Patientenzimmern und zwölf Betten. Zur wohnlich gestalteten Einrichtung, die Patienten aus der Region SchwarzwaldBaar-Heuberg mit 500 000 Einwohnern aufnehmen soll, gehören unter anderem ein Wohnzimmer und ein Multifunktionsraum. Der Förderverein hat 1,7 Millionen Euro gesammelt. Das Land Baden-Württemberg steuerte 1,45 Millionen Euro bei. Das Klinikum stellte Eigenmittel in Höhe von 350 000 Euro zur Verfügung, und von der Deutschen Krebshilfe kamen 200 000 Euro. 450 000 Euro fehlen noch. Der Förderverein will weiter Spenden sammeln. Das Palliativzentrum ist keine »Sterbestation«. Die unheilbar Kranken möchten die letzte Zeit zu Hause verbringen, weiß Oberarzt Frank Schaumann. Bei der Auswahl der Patienten werden die Ärzte gemeinsam Prioritäten setzen, erklärt Funktionsoberärztin Annette Potharst. Vor allem Patienten, die ambulant behandelt werden, sollen vorübergehend im Palliativzentrum leben dürfen. Angehörige können dort ebenfalls bei Bedarf übernachten. Ein multifunktionales Team von 25 Mitarbeitern, darunter Palliativärzte, Pflegekräfte, Psychoonkologen und Physiotherapeuten, betreut die Kranken. Deren Lebensqualität soll unter anderem durch Linderung der Schmerzen verbessert werden. »Palliativmedizin«, so erklärt Klaus Lang, der Vorsitzende des Fördervereins, »ist ein relativ neues Gebiet, das sich zu einer eigenen Sparte entwickelt hat.« Die nächsten Palliativ-Stationen befinden sich in Freiburg, Lahr, Tübingen und Ulm. Am Samstag, 21. November, steht die neue Abteilung Interessierten von 11 bis 16 Uhr offen. Wenn das letzte Quartal 2015 der Maßstab für die Zukunft sein sollte, dann wird es düster in unserem Land. Drei Vorgänge sind exemplarisch: Der größte Automobilkonzern manipuliert Abgaswerte bei Autos, um US-amerikanische Normen zu unterschreiten. Gleichzeitig leistet er einen nationalen Beitrag zur Verkürzung von Kfz-Steuern, denn diese knüpft an die Schadstoffwerte an. Unser größter Sportverband, der DFB, leistet Millionenzahlungen an die Fifa, die sich als kriminelle Vereinigung entpuppt, und weiß angeblich nicht, wofür. Das Erstaunen ist groß, wenn die Steuerfahndung anrückt. Die Bundeskanzlerin und der Bundespräsident schaffen nicht den Spagat zwischen Matthäus 19:14 (Lasset die Kindlein zu mir kommen...) und Goethes Zauberlehrling (Die ich Bernd Neufang | Ostelsheim Auf Kosten der kleinen Leute BETRIFFT: Flüchtlinge Wir hatten einmal eine soziale Marktwirtschaft. Doch nicht der Mensch steht in der Europäischen Union im Mittelpunkt, sondern das Kapital. Verspekulieren sich Banken, Konzerne oder Politiker, geht das auf Kosten des Sozialen und der kleinen Leute. Wie sollen Staaten der EU mit teils 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit Flüchtlinge aufnehmen? Die Europäische Zentralbank wirft laufend Euro auf den Markt – das verpufft wirkungslos. Von dem Geld sollte bei uns etwas Konstruktives gegen die Flüchtlingskrise getan werden. Parteiengezänk oder »Profilierung« fördert nur Nichtwähler oder Extreme. Derzeit warten viele Flüchtlinge endlos erst auf die Registrierung, dann aufs Asylverfahren, Das kostet unnötig viel und ist frustrierend. Helfer, die die Eingliederung, Deutschkurse und mehr betreiben, oder Lehrkräfte in den Schulen arbeiten vielfach Flüchtlinge Deutschkurs in einem Foto: Schmidt vergeblich, wenn ihre Flüchtlinge sich eingewöhnt haben – und dann nach langer Zeit abgeschoben werden. Alfons Schmetzstorff Rottweil Taktisch verfehlte Politik BETRIFFT: Flüchtlinge Nichts gegen die Aufnahme oder sonstige Unterstützung von Kriegsflüchtlingen oder Hungernden. Aber natürlich ist ein vernünftiges Maß zu beachten, damit das gebende Land nicht selbst kollabiert. Unsere als »mächtigste Frau der Welt« gekürte Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich meines Erachtens richtiggehend vergaloppiert. Ihre Einladung an potenzielle Flüchtlinge in aller Welt, nach Deutschland zu kommen, hat zu einem vorhersehbaren unkontrollierten Zuzug geführt. Ihre taktisch verfehlte Politik mit der Aussage »Wir schaffen das« hat unser Land in Europa weitgehend isoliert. Unsere Nachbarn sehen sich jetzt nämlich gerechtfertigt, sich nur noch als Durchgangsländer für die Ankommenden anzusehen und sie alle Deutschland zuzuführen. Angela Merkel ist zu stur, von ihrer unbegrenzten Einladung Schreiben Sie uns! Das Palliativzentrum beim Klinikum in Villingen-Schwenningen wird am 7. Dezember eingeweiht. Foto: Kienzler rief, die Geister, werd’ ich nun nicht los), was große Teile der Bevölkerung nicht verstehen. Eindeutig ist, wir müssen die menschliche Tragik und die humanitäre Situation von den Auswirkungen auf die soziale Situation der Bürger hier sowie die ökonomischen Leistungsfähigkeit trennen. Vergleiche mit der Situation nach 1945 oder 1989 hinken, denn dort ging es um die Integration von Deutschen. Und: Wie verlässlich ist die Aussage: Es wird keine Steuererhöhungen geben? Die Antwort lautet meines Erachtens: Sie ist schlicht falsch! Die Kommunen/Landkreise sind gezwungen, Kredite aufzunehmen, um die Situation vor Ort halbwegs erträglich zu gestalten. Kredite müssen aber auch wieder zurückgeführt werden. abzurücken. Da wendet sie sich lieber mit der Zusage von Milliardenbeträgen an die Türkei, wenn dieses Land Flüchtlinge bei sich behält. Aber wer könnte eine solche Gegenleistung bei dem unüberschaubaren Strom der Völkerwanderung überhaupt überprüfen? Angela Merkels nicht auf die Basis schauende Politik bedeutet nichts anderes als eine Veruntreuung der Steuergelder und damit eine Verletzung ihres Amtseides, aber auch ein immenses Wachsen der Aufgaben von Jugendämtern, Polizei, Staatsanwälten, Richtern, gesundheitlichen Einrichtungen, die bereits ohne Berücksichtigung des Zuzugs erheblich überlastet sind. Eine entsprechende personelle Aufstockung wird, das ist leider fast schon vorhersehbar, aus Mangel an Geld scheitern. Heinz Schwing Donaueschingen Schwarzwälder Bote Redaktionsgesellschaft mbH Postfach 1380 | 78722 Oberndorf a.N. | Fax: 07423 78-328 E-Mail: [email protected] Leserbriefe müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen. Wir behalten uns Kürzungen vor. Bitte vergessen Sie nicht Ihren Absender samt Telefonnummer.