UNIVERSITÄT KOBLENZ LANDAU INSTITUT FÜR MATHEMATIK Dr. Dominik Faas Stochastik Wintersemester 2010/2011 Klausur vom 09.06.2011 Aufgabe 1 (2+3+4=9 Punkte) Bei einer Umfrage wurden n Personen befragt, an wievielen Tagen einer bestimmten Woche sie gearbeitet haben. (a) Nach welchem Skalenniveau ist das Merkmal X: “Anzahl der Arbeitstage einer Person“ vergleichbar? Begründen Sie kurz Ihre Antwort. (Dazu genügt es die Eigenschaften des betreffenden Skalenniveaus zu nennen.) (b) Vervollständigen Sie die folgende Tabelle mit den relativen und absoluten Häufigkeiten und bestimmen Sie n. Arbeitstage 0 1 2 3 4 5 6 7 absolute Häufigkeit relative Häufigkeit 0 0 10 ? 10 ? ? 0.05 ? 0.1 ? 0.6 30 ? 0 0 (c) Bestimmen Sie den Median X0.5 , den arithmetischen Mittelwert X und die Spannweite S(X) des Merkmals X. Aufgabe 2 (4 Punkte) Für zwei Merkmale kann der Korrelationskoeffizient berechnet werden und eine Punktewolke erstellt werden. Ordnen Sie die Korrelationskoeffizienten −0.83 , −0.04 , 0.90 , 1 den folgenden Punktewolken zu. 40 Punktewolke 4 40 Punktewolke 3 40 Punktewolke 2 40 Punktewolke 1 ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●● ● ● ● ● ● ● ●●●● ●● ●● ● ● ● ● ●● ● ● ● ● ● ● ● ●● ● ● ● ●● ● ● ● ● ● ● ●● ● ● ● 10 ● 10 ● 10 10 ● ● ● ●● ● ●● ● ● ●● ●●● ● Y ● ● ● ●● ● ● ●● ● ●● ● ● ●●●● ● ●● ●●● ● ● ● ●● ● ●●●● 20 ● ● ●●● Y ●● ● ●● ●● ● ● 20 Y ● 20 ●● ● ● ● ● ● Y ●● 20 ● 30 30 30 ● 30 ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●● ●● ● ●● ●● ● ● ●● ● ● ● ●● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● 0 10 20 X 30 40 0 10 20 X Begründen Sie jeweils kurz Ihre Zuordnung. 30 40 0 0 0 0 ● 0 10 20 X 30 40 0 10 20 X 30 40 Aufgabe 3 (5+5=10 Punkte) In einer Lostrommel befinden sich 10 Kugeln mit den Zahlen 1, . . . , 10. Daraus werden nacheinander zufällig zwei Kugeln gezogen. Lösen Sie die nachstehende Aufgabe unabhängig voneinander für die Fälle: (a) Die Kugeln werden mit Zurücklegen gezogen. (b) Die Kugeln werden ohne Zurücklegen gezogen. Geben Sie eine Ergebnismenge Ω an, mit der dieses Zufallsexperiment als Laplace-Experiment beschrieben werden kann und bestimmen Sie |Ω|. Beschreiben Sie dann das Ereignis A : die Summe der gezogenen Zahlen beträgt genau 16 als Teilmenge von Ω und bestimmen Sie die Wahrscheinlichkeit von A. Aufgabe 4 (3+3+3=9 Punkte) In einem Kino werden zwei Filme F 1 und F 2 gezeigt. Bei Film F 1 sind 2/3 der Zuschauer männlich, bei Film F 2 sind hingegen 3/4 der Zuschauer weiblich. Insgesamt schauen 60% aller Zuschauer den Film F 1. (a) Welcher Anteil aller Zuschauer ist männlich? (b) Eine Frau kommt an die Kasse. Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass sie den Film F 2 sehen möchte. (c) Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeit dafür, dass zwei Frauen denselben Film besuchen. Gehen Sie dabei davon aus, dass die beiden Frauen sich nicht kennen und unabhängig voneinander das Kino besuchen. Aufgabe 5 (2+2+3=7 Punkte) Ein 6-seitiger Würfel hat 2 weiße und 4 schwarze Seiten. Der Würfel wird 72-mal geworfen. Die Zufallsvariable X beschreibt die Anzahl der Würfe, bei denen eine weiße Seite nach oben zeigt. (a) Geben Sie P (X = 20) mit eine Formel an. Sie brauchen dabei auftretende Binomialkoef fizienten oder Potenzen nicht auszurechnen. (b) Bestimmen Sie den Erwartungswert und die Varianz von X. (c) Berechnen Sie P (X ≥ 20) näherungsweise mit der Normalverteilung. Geben Sie das Ergebnis in der Form Φ(x) mit einer geeigneten Zahl x ∈ R an. Aufgabe 6 (3+3=6 Punkte) Seien a, b ∈ R mit a < b gegeben und Z eine auf [a, b]-gleichverteilte Zufallsvariable. Bekanntlich hat Z die Dichtefunktion ( 1 b−a , falls t ∈ [a, b] f : R → R, f (t) = 0 , sonst (a) Bestimmen Sie die Wahrscheinlichkeiten P (Z ≥ 15) und P (3 ≤ Z ≤ 8) für eine auf [0, 20] gleichverteilte Zufallsvariable Z. (b) Zeigen Sie die in der Vorlesung angegebene Formel E(Z) = a+b 2 für den Erwartungswert von Z. Aufgabe 7 (3+3=6 Punkte) Sei Z eine Zufallsvariable mit Erwartungswert µ und Standardabweichung σ. (a) Bestimmen Sie gemäß der Tschebyscheffschen Ungleichung eine Unterschranke für die die Wahrscheinlichkeit P |Z − µ| ≤ 32 · σ . (b) Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeit P |Z − µ| ≤ 32 · σ für den Fall, dass Z normal verteilt ist. Benutzen Sie die Standardnormalverteilung Φ, um das Ergebnis anzugeben. Aufgabe 8 (3+2+4=9 Punkte) Die Seiten eines 4-seitigen Würfels zeigen die Zahlen 2, 4, 6, 8. (a) Der Würfel wird einmal geworfen. Die Zufallsvariable S1 beschreibt die gewürfelte Zahl. Bestimmen Sie den Erwartungswert und die Varianz von S1 . (b) Der Würfel wird n-mal geworfen (n ∈ N). Die Zufallsvariable Sn beschreibt die Summe der gewürfelten Zahlen. Bestimmen Sie den Erwartungswert und die Varianz von Sn . (c) Wogegen konvergieren die Wahrscheinlichkeiten P (4.8 · n ≤ Sn ≤ 5.1 · n) und P (Sn < 4.9 · n) für n → ∞? Begründen Sie kurz Ihre Antworten. Lösungen Aufgabe 1 (a) Absolutskala: Merkmalsausprägungen können in natürlicher Weise geordnet werden. Unterschiede zwischen den Merkmalsausprägungen sind vergleichbar, natürlicher Nullpunkt und natürliche Einheit sind vorhanden. (Lässt man nicht nur ganze Tage sondern beliebige Zeiträume als Antworten der Teilnehmer zu, so interpretiert man ’Tag’ nicht als natürliche Einheit. Man kann daher auch auf eine Verhältnisskala schließen.) (b) Es gilt 10 + 10 + n · 0.05 + n · 0.1 + n · 0.6 + 30 = n ⇔ 50 = 0.25 · n ⇔ n = 200 Damit ergibt sich: (c) Arbeitstage 0 1 2 3 4 5 6 7 absolute Häufigkeit relative Häufigkeit 0 0 10 0.05 10 0.05 10 0.05 20 0.1 120 0.6 30 0.15 0 0 • Bei n = 200 entspricht der Median dem 100-ten bzw. 101-ten Wert. Diese sind hier beide gleich 5, also X0.5 = 5. • Es gilt X= 1 920 · (10 · 1 + 10 · 2 + 10 · 3 + 20 · 4 + 120 · 5 + 30 · 6) = = 4.6 200 200 • Es gilt S(X) = 6 − 1 = 5. Aufgabe 2 • Punktewolke 1 entspricht dem Korrelationskoeffizienten 0.9: Linearer Zusammenhang mit positiver Steigung ist erkennbar, liegt jedoch nicht exakt vor • Punktewolke 2 entspricht dem Korrelationskoeffizienten 1: Exakter linearer Zusammenhang mit positiver Steigung • Punktewolke 3 entspricht dem Korrelationskoeffizienten −0.04: Kein linearer Zusammenhang erkennbar (daher Korrelationskoeffizient nahe 0) • Punktewolke 4 entspricht dem Korrelationskoeffizienten −0.83: Linearer Zusammenhang mit negativer Steigung ist erkennbar, liegt jedoch nicht exakt vor Aufgabe 3 (a) Ω = {1, . . . , 10}2 ⇒ |Ω| = 102 = 100 A = {(6, 10), (7, 9), (8, 8), (9, 7), (10, 6)} ⇒ |A| = 5 P (A) = |A| 5 = = 0.05 |Ω| 100 (b) Ω = (i, j) ∈ {1, . . . , 10}2 ; i 6= j ⇒ |Ω| = 10 · 9 = 90 A = {(6, 10), (7, 9), (9, 7), (10, 6)} ⇒ |A| = 4 P (A) = |A| 4 = ≈ 0.0444 |Ω| 90 Aufgabe 4 Wir betrachten die Ereignisse m : Besucher ist männlich w : Besucher ist weiblich F1 : Besucher schaut F1 F2 : Besucher schaut F2 (a) Satz von der totalen Wahrscheinlichkeit: P (m) = P (F1 ) · P (m|F1 ) + P (F2 ) · P (m|F2 ) = 0.6 · 1 2 + 0.4 · = 0.5 3 4 (b) Aus (a) folgt: P (w) = P (Ω \ m) = 1 − p(m) = 1 − 0.5 = 0.5 P (F2 |w) = 0.4 · 34 P (F2 ∩ w) P (F2 ) · P (w|F2 ) = = = 0.6 P (w) P (w) 0.5 (c) Wir betrachten die Ereignisse Ai : die erste Frau besucht Film i Bi : die zweite Frau besucht Film i (i = 1, 2) Nach Voraussetung sind A1 , B1 unabhängig, ebenso A2 , B2 . Außerdem gilt (nach (b)) P (A1 ) = 0.6, A2 = Ω\A1 ⇒ P (A2 ) = 0.4 und ebenso P (B1 ) = 0.6, B2 = Ω\B1 ⇒ P (B2 ) = 0.4 Für das Ereignis G : beide Frauen besuchen den gleichen Film · gilt G = (A1 ∩ B1 ) ∪ (A2 ∩ B2 ) und somit folgt P (G) = P (A1 ∩B1 )+P (A2 ∩B2 ) = P (A1 )·P (B1 )+P (A2 )·P (B2 ) = 0.6·0.6+0.4·0.4 = 0.52 Aufgabe 5 (a) X ist binomialverteilt mit p = 2 6 = 1 3 und n = 72 also: 20 20 52 72 1 1 72−20 72 1 2 P (X = 20) = · · 1− = · · 20 3 3 20 3 3 (b) 1 E(X) = n · p = 72 · = 24 3 1 1 = 16 und V (X) = n · p · (1 − p) = 72 · · 1 − 3 3 (c) X ist näherungsweise normalverteilt mit Erwartungswert µ = 24 und Standardab√ weichung σ = 16 = 4. Folglich ist X−24 näherungsweise standardnormalverteilt. 4 Also: X − 24 20 − 24 ≈ 1 − Φ(−1) = Φ(1) < 4 4 } | {z P (X ≥ 20) = 1 − P (X < 20) = 1 − P =−1 Aufgabe 6 (a) Z∞ P (Z ≥ 15) = Z20 f (t)dt = 15 1 1 dt = · (20 − 15) = 0.25 20 20 15 Z8 P (3 ≤ Z ≤ 8) = Z8 f (t)dt = 3 1 1 dt = · (8 − 3) = 0.25 20 20 3 (b) Z∞ t · f (t)dt E(Z) = −∞ Zb 1 dt b−a a 1 1 2 1 2 = · b − a b−a 2 2 a+b = 2 = t· Aufgabe 7 (a) Nach der Teschebyscheffschen Ungleichung gilt: 3 P |Z − µ| ≤ · σ > 1 − 2 1 3 2 2 = 5 9 Die Wahrscheinlichkeit beträgt also auf jeden Fall mehr als 95 . (b) Falls Z normalverteilt ist, gilt: 3 3 3 P |Z − µ| ≤ · σ = P µ− ·σ ≤Z ≤µ+ ·σ 2 2 2 3 3 = Fµ,σ µ + · σ − Fµ,σ µ − · σ 2 2 3 3 µ+ 2 ·σ−µ µ− 2 ·σ−µ = Φ −Φ σ σ | {z } | {z } = 23 =− 32 3 3 −Φ − = Φ 2 2 3 =2·Φ −1 2 Aufgabe 8 (a) Es gilt E(S1 ) = und V (S1 ) = 1 1 1 1 ·2+ ·4+ ·6+ ·8=5 4 4 4 4 1 1 1 1 · (2 − 5)2 + · (4 − 5)2 + · (6 − 5)2 + · (8 − 5)2 = 5 4 4 4 4 (b) Sn ist die Summe von n unabhängigen Zufallsvariablen, die alle identisch wie S1 verteilt sind. Daher gilt E(Sn ) = n · E(S1 ) = n · 5 und V (Sn ) = n · V (S1 ) = n · 5 (c) Nach dem schwachen Gesetz der großen Zahlen gilt: Sn n→∞ 1 ←− P − E(S1 ) < 0.1 = P (|Sn − 5 · n| < 0.1 · n) = P (4.9 · n ≤ Sn ≤ 5.1 · n) n Daraus folgt: • Wegen n→∞ 1 ≥ P (4.8 · n ≤ Sn ≤ 5.1 · n) ≥ P (4.9 · n ≤ Sn ≤ 5.1 · n) −→ 1 folgt auch n→∞ P (4.8 · n ≤ Sn ≤ 5.1 · n) −→ 1 • Wegen n→∞ 0 ≤ P (Sn < 4.9 · n) = 1 − P (Sn ≥ 4.9 · n) ≤ 1 − P (4.9 · n ≤ Sn ≤ 5.1 · n) −→ 0 folgt auch n→∞ P (Sn < 4.9 · n) −→ 0