Physik EI01 Thermodynamik - Wärmetransport Seite 10_Thermodynamik_Waermetransport_BAneu.doc - 1/11 6. Wärmetransportphänomene Wärmetransport tritt in einem System immer dann auf, wenn es Orte mit unterschiedlicher Temperatur gibt, d.h., wenn es sich nicht im thermodynamischen Gleichgewicht befindet. Energietransport von Orten hoher Temperatur zu Orten niedriger Temperatur findet solange statt, bis das System das thermodynamisches Gleichgewicht erreicht hat. Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Arten, Wärme zu übertragen: - Wärmeleitung (Gase, Flüssigkeiten, Festkörper) Wärmeleitung ist die unmittelbare Übertragung von Wärme zwischen benachbarten, mikroskopischen Teilchen durch Materie hindurch und beim Kontakt von verschiedenen Stoffen. Die Wärmeleitung spielt daher beim Wärmeaustausch zwischen Festkörpern eine wichtige Rolle. Mikroskopisch: Atome oder Moleküle geben ihre Energie durch Stoß oder Schwingungskopplung an die unmittelbaren Nachbaren weiter. - Konvektion, Materietransport (Gase, Flüssigkeiten) Konvektion ist der Transport von Wärme in und mit einem Stoff. Die Moleküle transportieren die Wärme mit sich. - Wärmestrahlung (Gase, Vakuum) Übertragung von Wärme durch elektromagnetische Strahlung. Das ist ein wichtiger Mechanismus zum Wärmetransport, da er nicht an Materie als Träger gebunden ist und auch im Vakuum stattfindet. Der Wärmeaustausch in verdünnten heißem Gasen beruht hauptsächlich auf Strahlung. 6.1 Wärmekonvektion a) Freie Konvektion Treibende Kraft ist die Gravitation: Lokale Temperaturdifferenzen lokale Dichteunterschiede Auftrieb Strömung Beispiele: Energie- und Wassertransport in der Atmosphäre Heatpipes - effiziente Kühlung thermisch hoch belasteter Bauteile in der Elektronik Störend z.B. beim Kristallwachstum - Entmischen von Legierungsschmelzen b) Erzwungene Konvektion Mechanische Hilfsmittel (Pumpen) zum Transport Beispiele: Warmwasserheizung, Kühlkreisläufe, Blutkreislauf Vorteil: leicht steuerbar Beispiel: Im Wärmerohr (“heatpipe“) wird Konvektion in Verbindung mit Phasenübergängen zur Wärmeableitung ausgenutzt. Das Kältemittel verdampft am wärmeren Ende und kühlt dabei z.B. einen Prozessor. Der Dampf strömt zum kälteren Ende und gibt die Wärme durch Kondensation wieder ab. Das Kondensat wird schließlich von einem Dochtmaterial aufgesaugt und durch Kapillarkraft zurücktransportiert. Physik EI01 Thermodynamik - Wärmetransport Seite 10_Thermodynamik_Waermetransport_BAneu.doc - 2/11 6.2 Wärmeleitung (stationär) hohe Temperatur Transport von Energie aufgrund eines Temperaturgradienten. Temperaturen T1 und T2 werden konstant gehalten (stationärer Zustand). Wärmebad T1 A(T2 T1 ) Q l t dQ T A dt x niedrige Temperatur Wärmestrom ΔQ/dt Wärmebad T2 Wärmestrom Wärmestrom (differentiell) heißt Wärmeleitfähigkeit und ist eine temperaturabhängige Materialkonstante. [] = W/(mK) Der Wärmestrom (Energietransport) verläuft immer in Richtung abnehmender Temperatur. Wärmetechnische Stoffwerte Physik EI01 Thermodynamik - Wärmetransport Seite 10_Thermodynamik_Waermetransport_BAneu.doc - 3/11 Metalle: Die große Wärmeleitfähigkeit der Metalle ist auf die Wärmeleitung durch freie Metallelektronen zurückzuführen. Sie steht damit in enger Beziehung mit der guten elektrischen Leitfähigkeit. Wiedemann-Frantz-Gesetz: a = Lorentzzahl aT a = 2,4510-8 V2/K2 für fast alle Metalle Isolatoren: Die Wärmeleitfähigkeit der Isolatoren beruht auf der Leitung durch Gitterschwingungen, sog. Phononen. Die Wärmeleitfähigkeit der Gase ist proportional zur Zahl der Teilchen, die pro s und m2 einen Querschnitt senkrecht zur Richtung des Temperaturgradienten in beiden Richtungen durchströmen, multipliziert mit der freien Weglänge über die die Teilchen ihre kinetische Energie bis zum nächsten Stoß transportieren. für Gase ist proportional zur Wurzel aus der Temperatur. Gase: n v2 l wegen v2 3kT T m m Flüssigkeiten: schwache Kopplung zu Nachbarmolekülen Wärmeleitung gering Def.: Wärmestromdichte jQ Wärmestrom Q Flächeneinheit At jQ T x jQ grad T Fouriersches Gesetz der Wärmeleitung oder 1. Ficksches Gesetz Gilt auch für andere Gradienten, z.B.: • Dichtegradienten bei der Diffusion • Ladungsträgergradienten im pn-Übergang einer Diode Wärmeübergang (konvektiver Wärmeübergang) Die Trennschicht zwischen Gas und Festkörper stellt auch einen Widerstand für den Wärmefluss dar. Konvektionsströme in der Grenzschicht erzeugen eine Temperaturdifferenz mit einem Wärmefluss. dQ A(T2 T1 ) dt Wärmestrom heißt Wärmeübergangszahl T1 ΔQ/dt W [] = 2 konvektive m K Grenzschicht T2 Die Wärmeübergangszahl hängt von der Beschaffenheit der Oberfläche und der Art der Stoffe ab. Zimmer Wand Beispiel: konvektiver Wärmeübergang in der Grenzschicht Luft/Betonwand = 5 W/m2K Physik EI01 Thermodynamik - Wärmetransport Seite 10_Thermodynamik_Waermetransport_BAneu.doc - 4/11 Wärmedurchgang (stationär) 1. Wärmestrom durch A1 dQ1 1 A(T1 'T1 ) dt 2. Wärmeleitung durch Wand dQ2 (T 'T ' ) 2 2 1 A dt d 3. Wärmestrom durch Fläche A2 dQ3 3 A(T2 T2 ' ) dt A1 A2 Grenzschicht T1 ΔQ1/dt ΔQ2/dt Konvektion ΔQ3/dt T2 innen Bedingung: außen dQ1 dQ2 dQ3 dQ dt dt dt dt Addition der drei Wärmeströme ergibt dQ dt dQ dt ( 1 1 d 2 1 3 ) A(T2 T1 ) kA(T2 T1 ) 1 1 d 1 ( ) k 1 2 3 oder mit k = Wärmedurchgangskoeffizient k (nach neuer Notation u)ist keine Materialkonstante, sondern ergibt sich aus dem Aufbau der Wand. Ein sog. Niedrigenergiehaus hat einen k-Wert k < 0,2 W/(m2K) gemittelt über das ganze Haus. Ein sog. KfW-Effizienzhaus 40 (EnEV 2009) hat einen Primärenergiebedarf (Kohle, Gas, etc. also ohne Verluste bei der Erzeugung) von Qa 40 kWh/(m2a). Aufgabe: Der Heizwärmebedarf für ein Niedrigenergiehaus ist nach EnEV 2002 Qa 70 kWh/(m2a). Welche mittlere Temperaturdifferenz (innen - außen) ergibt sich daraus ? Physik EI01 Thermodynamik - Wärmetransport Seite 10_Thermodynamik_Waermetransport_BAneu.doc - 5/11 Wärmewiderstand Man kann den Wärmestrom in Analogie zum elektrischen Strom in Form eines “ohmschen Gesetzes“ darstellen. l 1 (U R I , R , ) A T RW RW Die Temperaturdifferenz stellt die Kraft (Spannung) dar, die den Wärmestrom dQ/dt über den Widerstand RW treibt. dQ dt RW = Wärme(durchlass)widerstand 1/RW heißt Wärmeleitwert 1 l A Für das obige Beispiel des Wärmedurchgangs durch eine Wand ist der Wärmewiderstand gleich der Summe der Wärmewiderstände von innerer Grenzschicht, Wand und äußerer Grenzschicht. d 1 1 RW R1 R2 R3 1 A 2 A 3 A Wärmeleitung* (nichtstationär - eindimensional) T 1 Q ) ; ( jQ x A t a) Die Rate, mit der Wärme vom Volumenelement V aufgenommen wird, ist gleich dem Nettowärmetransport durch den Querschnitt A. jQ jQ jQ ( x x) jQ ( x) x x jQ dQ A jQ A (1) x dt x jQ jQ(x) jQ (x+x) T(t) x+x x jQ (x) b) Um die Temperatur des Massenelementes m = V = Ax um T zu erhöhen, benötigt man die Wärmemenge: 2T T(x) Q (cV )T V Wärmestrom Für die zeitliche Änderung gilt dann: Q T (2) (cV ) t t 0 x 2 T 0 x Setzt man (1) und (2) gleich und verwendet das 1. Ficksche Gesetz (Fourier-Gesetz) erhält man die allgemeine Wärmeleitungsgleichung oder Temperaturleitungsgleichung: jQ T T (cV ) ) A x Ax ( t x x x T 2T t c x 2 Temperaturleitungsgleichung 2. Ficksches Gesetz a heißt Temperaturleitfähigkeit c Physik EI01 Thermodynamik - Wärmetransport Seite 10_Thermodynamik_Waermetransport_BAneu.doc - 6/11 Beispiel 1: Wärmeleitung durch einen homogenen Stab, wobei die Enden auf konstanter Temperatur T1 und T2 gehalten werden und eine stationäre Temperaturverteilung im Stab ( T / t 0 ) vorliegen soll (stationärer Zustand). T T Lösung: T ( x) T1 1 2 x l T1 T2 Beispiel 2: (schwierig) Abkühlung eines Körpers mit der Anfangstemperatur T0 über eine Wärmebrücke. Die Wärme wird nach außen, an ein Wärmebad mit der konstanten Temperatur T2 abgegeben. Die Abkühlung soll so langsam sein, dass in der Wärmebrücke immer ein linearer Temperaturabfall vorliegt. A Lösung: T (t ) (T0 T2 )e t T2 ; cml Isolation A T (t) (c, m ) (l, ) Wärmebrücke Wärmebad T2 Physik EI01 Thermodynamik - Wärmetransport Seite 10_Thermodynamik_Waermetransport_BAneu.doc - 7/11 6.3 Wärmestrahlung Jeder Körper strahlt in Abhängigkeit von seiner Temperatur T und seiner Beschaffenheit Energie in Form elektromagnetischer Strahlung ab. Ursache dieser Strahlung ist die thermische Energie der Materieteilchen. Da die thermische Energie kontinuierlich verteilt ist (Boltzmannverteilung), hat auch die ausgesandte Strahlung ein kontinuierliches Spektrum ( Plancksches Strahlungsgesetz). Versuch: Messung der Intensität der abgestrahlten Wärmestrahlung mit dem “Leslie Würfel“. Absorbierte Strahlung erwärmt in Reihe geschaltete Thermoelemente und erzeugt eine Spannung. Definition: Strahlungsfluss übertragene Strahlungsenergie Zeiteinheit J [ ] W s A Strahlungsintensität I Strahlungsfluss Energie Flächeneinheit Fläche Zeiteinheit W [I ] 2 m I 6.3.1 Das Kirchhoffsche Strahlungsgesetz a) Jeder beliebige Körper in einem äußeren Strahlungsfeld 0 reflektiert einen Teil und absorbiert einen Teil der einfallenden Strahlung. Ist der Körper transparent, wird auch ein Teil transmittiert. b) Außerdem emittiert der Körper aufgrund seiner Temperatur Wärmestrahlung. Physik EI01 Thermodynamik - Wärmetransport Seite 10_Thermodynamik_Waermetransport_BAneu.doc - 8/11 Für nicht transparente Körper gilt: Im stationären Zustand (thermisches Gleichgewicht) muss der Körper die gesamte absorbierte Strahlung wieder emittieren, denn sonst würde er sich aufheizen. Emission = Absorption (ab = em). Schwarzer Körper Einen idealen Absorber nennt man schwarzer Körper. Die gesamte auftreffende Strahlung wird unabhängig von der Wellenlänge und von der Temperatur vollständig absorbiert. Es gibt keine Reflexion. Annähernd perfekt ist dieser Idealfall in einem geschwärzten Hohlraum durch Vielfachabsorption zu realisieren. Temperatur T 1 0 0 absorbierende Beschichtung Umgekehrt muss die gesamte Strahlung als Wärmestrahlung wieder emittiert werden. Schwarzer Körper - Hohlraumstrahler Emissionsvermögen eines Temperaturstrahlers Strahlungsfluss bei der Temperatur T und Wellenlänge Strahlungsfluss eines schwarzen Körpers bei gleicher Temperatur T und Wellenlänge ( , T ) S ( , T ) Emissionsvermögen (spektraler Emissionsgrad) Die Wellenlängenabhängigkeit der Emission gibt das Plancksche Strahlungsgesetz wieder. Für einen schwarzen Körper gilt nach Def. unabhängig von und T: 1 . Reale Strahler mit < 1 werden als “graue“ Körper bezeichnet. Für die Absorption und Emission eines grauen Körpers im stationären Gleichgewicht gilt: Physik EI01 Thermodynamik - Wärmetransport Seite 10_Thermodynamik_Waermetransport_BAneu.doc - 9/11 ( , T ) ( , T ) Kirchhoffsches Strahlungsgesetz Für einen Schwarzen Strahler ist der spektrale Emmissionsgrad (T,) bei einer bestimmten Temperatur und Wellenlänge gleich dem spektralen Absorptionsgrad (T,) für eine Strahlung, die in umgekehrter Richtung einfällt. Beweis: Thermisches Gleichgewicht: S ,ab S ,em ; S 1 (1) Für die Absorption der vom grauen Körper reflektierten und emittierten Strahlung gilt S ,ab S (1 G ) S ,em S G ,em (2) Aus (1) und (2) folgt mit S = 1 G ,em G S ,em wegen der Def. von folgt damit: 6.3.2 Stefan-Boltzmann-Gesetz Die gesamte (über alle Wellenlängen integrierte) Strahlung eines schwarzen Körpers ist gegeben durch: = Stefan-Boltzmann-Konstante = 5,67 10-8 W/(m2K4) S AT 4 T 1 A = Fläche des Strahlers Für den grauen Körper muss noch mit multipliziert werden. In der Regel muss auch noch berücksichtigt werden, dass gleichzeitig auch Strahlung aus der Umgebung mit der T2 Temperatur T 2 absorbiert wird. Dann gilt für die netto abgestrahlte Leistung des grauen Körpers: S 1 2 S A(T14 T24 ) Emissionsgrad ε einiger Materialoberflächen in Abhängigkeit von der Temperatur. Physik EI01 Thermodynamik - Wärmetransport Seite 10_Thermodynamik_Waermetransport_BAneu.doc - 10/11 6.3.3 Das Plancksche Strahlungsgesetz Die Intensität und die Wellenlängenverteilung der emittierten Strahlung hängen in charakteristischer Weise von der Temperatur ab. Max Planck berechnete 1900 die spektrale Verteilung und benutzte dabei zum ersten Mal die Hypothese von der Energiequantelung. Das war die Begründung der Quantenmechanik. S ( ) 4c 2 5 Plancksches Strahlungsgesetz 1 2c e kT ( ) 1 Spektrale Strahlungsdichte pro m2 und Wellenlängenintervall Δλ = 1 nm eines schwarzen Körpers in den Raumwinkel Ω = 1. [S] = W/(m2ּnmּsr) Die bei einer Temperatur abgestrahlte Gesamtleistung ist gleich der Fläche unter der Kurve S(λ). Das Maximum der Strahlungsemission liegt auf einer Kurve, die das Wiensche Verschiebungsgesetz angibt. maxT b b = Wiensche Konstante b = 2,898ּ10-3 mּK Je höher die Temperatur, desto kleiner die Wellenlänge der abgestrahlten Leistung Beispiele: • Die Oberfläche der Sonne hat eine Temperatur von T = 5900 K. Das Maximum der Emission liegt dann bei λ = 550 nm. • In der Phototechnik werden Farbtemperaturen ebenso definiert und sind an vielen Digitalkameras für den Weißlichtabgleich einstellbar. • Genormtes Glühlampenlicht entspricht der Emission einer glühenden Wolframwendel mit der Temperatur von T = 3400 K. • In der Messtechnik verwendet man Pyrometer zur berührungslosen Temperaturmessung. • Mit der Thermografie (Photographie mit infrarotem Licht) können Wärmelecks von Gebäuden aufgespürt werden oder in elektronischen Schaltungen thermisch überlastete Bauteile identifiziert werden. Physik EI01 Thermodynamik - Wärmetransport Seite 10_Thermodynamik_Waermetransport_BAneu.doc - 11/11 Aufgabe: (Wärmestrahlung) Das glühende, sehr dünne Wolframband einer Wolframbandlampe hat eine Gesamt-Oberfläche A = 1,0 cm2 und eine Temperatur von T = 2800 K. Die Lampe ist evakuiert und das Wolframband hat bei T = 2800 K ein Emissionsvermögen von ε = 0,3. a) Bei welcher Wellenlänge liegt das Maximum der Strahlung ? b) Wie groß ist die gesamte emittierte Strahlungsleistung P. (Die Temperatur der Umgebung soll dabei vernachlässigt werden, d.h. T=0.) c) Welche elektrische Leistung nimmt die Lampe auf ? d) Wie ändert sich die Temperatur des Wolframbandes bei gleicher Leistungsaufnahme, wenn: 1) die Temperatur der Umgebung steigt, 2) das Wolframband als grauer Körper angenähert wird, 3) Der Glaskolben mit Gas gefüllt wird ? (Antworten begründen !) e)* Welche Temperatur erreicht der kugelförmige Glaskolben mit einem Durchmesser d = 6 cm, wenn 0,01% der Strahlung des Wolframbandes absorbiert werden ( = 0,01) und das Emissionsvermögen für die Re-Emission 10% ist ( = 0,1).