12. Vorlesung PCI (WS 2002/03) Inhalt: Maxwell Relationen Anmerkungen zur Gibbsenergie Das chemische Potential: I. Maxwell Relationen Aus dem 1.Hauptsatz der Thermodynamik (dU=dQ+dW) folgt für reversible Zustandsänderungen mit Hilfe des 2. Hauptsatzes dQrev =TdS. Daraus folgt: dU=TdSPdV. Abgeleitet für reversible Prozesse, gilt diese Gleichung auch für andere Prozesse, da U eine Zustandsfunktion ist. Sie heißt Fundamentalgleichung der Thermodynamik. Der Koeffizientenvergleich des vollständigen Differentials U U dU dS dV mit dU=TdSPdV S V V S liefert U T S V und U P . V S Der erste Ausdruck ist die thermodynamische Definition der Temperatur. Da der vorherige Ausdruck ein vollständiges Differential ist, muss gelten: 2U U ! U 2U VS V S V S S V S V SV Daraus folgt dann T P . V S S V Dies ist eine der Maxwellrelationen, von denen es vier gibt und die durch analoges Vorgehen ableitbar sind. Diese sind im einzelnen: 1 Für reversible Prozesse, vollständiges Differential in den bzw. im Gleichgewicht natürlichen Variablen gilt Relationen durch Koeffizientenvergleich Maxwellrelationen berechnet aus Relationen in voriger Spalte (Reihenfolge partieller Ableitungen ist beliebig) dU= T dS P dV dU = U dS U dV U U P T und V S S V H H dH = dS dP dA=–PdV – S dT S P P S dA = A dV A dT V T T V H H V T und P S S P A A S und P T V V T dG= VdP – SdT dG = G dP G dT G G S und V T P P T T P V S S V T V P S S P P S T V V T V S T P P T S V dH= T dS + V dP P T V S T P Nun wollen wir uns diese Tabelle, die Sie benutzen, jedoch nicht auswendig lernen sollten, anwenden. Betrachten wir hierzu die Änderung der inneren Energie U bei isothermer Volumenänderung: Definieren wir uns hierfür den Koeffizienten T als U T V T Das vollständige Differential U U dU dS dV S V V S was wir uns oben hergeleitet haben, formen wir um zu: U U S U V . V T S V V T V S V T Mit Hilfe der Relationen in der Tabelle (siehe oben) ergibt sich daraus: U S T P V T V T Mit Hilfe der Maxwell-Relationen (Tabelle) läßt sich daraus die Entropie eliminieren: U P T T P V T T V Dies ist eine thermodynamische Zustandsgleichung. Das bedeutet, daß diese Gleichung allgemein für jeden Stoff gültig ist! Sie gibt an, wie die Änderung der inneren Energie eines Stoffes bei isothermer Volumenänderung mit der isochoren Druckänderung zusammenhängt. Zur Veranschaulichung berechnen wir den Koeffizienten T für das ideale Gas und für das Van-der-Waals-Gas. 2 Ideales Gas: nR P T T P T P PP 0 V T V Van-der-Waals-Gas: nRT nR n P P a V nb V T V V nb 2 nR nRT a P n n T T P T a a 2 V nb V nb V Vm T V V 2 2 Man erkennt, dass beim Van-der-Waals-Gas der Koeffizient T den Binnendruck angibt. II. Anmerkungen zur Gibbsenergie Aus der Tabelle kann man die Temperaturabhängigkeit bei konstantem Druck als G S entnehmen. T P Hinweis: für H=const folgt dieser Zusammenhang bereits aus der Definition G=H-ST. Wichtig ist jedoch, daß die obige Relation immer gilt. Da S>0 ist, nimmt G mit steigender Temperatur immer ab. Beim Vergleich von je 1 Mol fester, flüssiger, gasförmiger Materie läßt sich schließen, daß die Änderung der freien Enthalpie des Gases mit der Temperatur wesentlich stärker ist als für kondensierte Materie, da die Entropie des Gases am größten ist. G fest flüssig gasförmig T Bei einem Stoff liegen die drei Phasen nicht bei denselben Temperaturen vor, sondern wie im unten dargestellten Diagramm: G P=const. fest flüssig gasförmig 3 T m m Tb T Die Druckabhängigkeit bei konstanter Temperatur lässt sich aus der Tabelle entnehmen als G V P T Hinweis: Für U,V,S=const folgt dieser Zusammenhang bereits aus der Definition G=U+PVST. Wichtig ist jedoch, daß die obige Relation immer gilt. Vergleichen wir nun die Aggregatzustände: Bei steigendem Druck nimmt die Gibbsenergie der Gasphase nimmt am stärksten zu. P1 G P2>P1 fest flüssig gasförmig Tm Tm (P2) T Tb Tb (P2) Die Konsequenz aus diesem Diagramm ist, dass mit steigendem Druck der Siedepunkt zu höherer Temperatur hin verschoben wird und der Schmelzpunkt wandert i.d.R. ebenfalls zu höherer Temperatur. Hierfür gibt es jedoch Ausnahmen: Eine Ausnahme bildet Wasser. Sein Volumen nimmt beim Gefrieren um ca. 8% zu! D.h. für Wasser nimmt die Gibbsenergie beim Eis schneller zu als bei der Flüssigkeit Gefrierpunkt sinkt mit steigendem Druck! III. Das chemische Potential: Nehmen wir an, in einem System liegen zwei verschiedene Stoffe oder sowohl eine flüssige wie auch eine Gasphase vor: Dann verteilt sich die Gibbsenergie auf die Stoffmengen der Teilchen beider Stoffe bzw. in den beiden Phasen; somit muß für eine energetische Betrachtung die Gesamtenergie auf beide Phasen verteilt und sozusagen eine stoffmengenabhängige Gibbsenergie, das chemische Potential eingeführt werden: Es ist rein formal definiert als: G n P , T Für einen reinen Stoff ist identisch mit Gibbsenergie pro Mol, der molaren Gibbsenergie. dG = dn, bzw. G = n Für ein Gemisch von 2 Stoffen gilt: 4 G (P,T, n1,n2) G G G G dG dP dT dn1 dn 2 P T ,n1 ,n 2 T P ,n1 ,n 2 n1 T ,P ,n 2 n 2 T ,P ,n1 Für ein geschlossenes System (Zusammensetzung bleibt konstant, d.h. dn1=dn2=0) folgt: dG = VdP – SdT. Durch Koeffizientenvergleich erhalten wir: G V und P T ,n1 ,n 2 G . S T P ,n1 ,n 2 Durch die Anwendung der Definition des chemischen Potentials folgt: G G 1 und 2 . n n 1 T ,P ,n 2 2 T , P , n1 Damit erhalten wir: dG=V dP S dT + 1 dn1 + 2 dn2 Dies ist die Fundamental-Gleichung der Thermodynamik chemischer Prozesse. Für konstanten Druck P und konstante Temperatur T ergibt sich dG = 1dn1 + 2dn2. Das chemische Potential gibt auch die Änderung der anderen thermodynamischen Potentiale mit der Stoffmenge an: U H A i ; i ; i n i S,V,n ji n i S,P ,n ji n i V,T ,n ji 5