EMBL Presseerklärung

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EMBL Presseerklärung
Europäisches Laboratorium für Molekularbiologie
Zurückzuhalten bis Mittwoch, 13 Juli, 2005: 17:00 GMT
Aktin bewegt Chromosome: Nach Entdeckung
grundlegend neue Sichtweise
EMBL-Forscher weist erstmals nach, dass nicht allein Mikrotubuli in Eizellen
für die Bewegung der Chromosomen sorgen
Zusammenbruch der sie umgebenden Kernmembran dabei
von Mikrotubuli wie an Seilen an die Oberfläche gezogen und
zur Hälfte aus der Zelle gewiesen werden.
Eine Messung der Mikrotubuli aber zeigte den EMBLWissenschaftlern, dass diese Zugseile viel zu kurz waren, um
die Chromosomen über eine derart weite Strecke bis an die
Außenwand der großen Oozyte zu transportieren. Mehr noch:
Als die Forscher darauf die Mikrotubuli mittels einer
chemischen Substanz außer Gefecht setzten, konnten die
Zellen unverändert ihre Chromosomen an die korrekten
Positionen transportieren.
Was also bewegte die Chromosomen?
Der Seestern - für Dr. Péter Lénárt und Dr. Jan Ellenberg ein ideales
Modell für ihre Untersuchungen an Oozyten.
Heidelberg, 13. Juli, 2005 – Mikrotubuli brauchen Hilfe, um
während der Zellteilung zu Chromosomen zu finden, haben
Wissenschaftler entdeckt. In einer Untersuchung am
Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL)
wurde die bisher allgemein anerkannte Version vom
Alleingang der Mikrotubuli als zelluläre Zugseile bei der
Chromosomentrennung widerlegt. In großen Zellen wie
tierischen Keimzellen, fanden die Forscher heraus, können
die Chromosomen ihren Zielort nur mit Hilfe einer weiteren
Substanz erreichen: Fasern des Zytoskelettmoleküls Aktin
(Nature, 13. Juli, 2005).
„Dass Aktin tatsächlich Chromosomen bewegt, hat bisher
noch niemand aufzeigen können,“ erklärt EMBLWissenschaftler Dr. Jan Ellenberg, dessen Forschungsgruppe die Untersuchung durchführte. „Wir gehören zu den
wenigen Gruppen, die über die Zellteilung beim Seestern
forschen – einem idealen Modell für die Beobachtung an
lebenden Tierzellen.“
Tatsächlich eignet sich der Seestern hervorragend zur
Untersuchung von Oozyten: Bei dem Meerestier sind diese
Vorläufer der Eizelle durchsichtig und reifen außerhalb des
Körpers heran, so dass sie in einem Tropfen Meerwasser
überlebensfähig sind. Einen Teil ihrer Experimente führten die
EMBL-Wissenschaftler daher auch in Zusammenarbeit mit
dem Marine Biological Laboratory von Woods Hole im USBundesstaat Massachusetts durch – am lebenden Objekt,
frisch aus dem Ozean.
Gemeinsam untersuchten Ellenberg und Doktorand Péter
Lénárt die Seestern-Oozyten während der Meiose. In diesem
besonderen Stadium der Zellteilung wird die Anzahl der
Chromosomen in einer Eizelle auf die Hälfte reduziert, bevor
sie mit einem Spermium verschmilzt. Bisher war man davon
ausgegangen, dass die Chromosomen nach dem
Die Forscher wiederholten das Experiment mit einer
Substanz, die den zweiten Zellfasertyp ausschaltet: das
Aktin. Prompt waren die Zellen außer Stande, den Weg ihrer
Chromosomen zu verfolgen; es entstanden Zellen mit
ungleichmäßig verteiltem Genmaterial. Diese so genannte
Aneuploidie gilt als eine der Hauptursachen für Fehlgeburten
und einige Geburtsfehler.
Nach anderthalbjähriger Arbeit und mit Unterstützung von
Wissenschaftlern des Deutschen Krebsforschungszentrums
(DKFZ) hatte Lénárt eine bildgebend e Technologie zur
Sichtbarmachung der zarten Aktinfasern so weit optimiert,
dass er den entscheidenden Durchbruch der Forschungsgruppe bestätigen konnte. Dort, wo die Kernmembran zerfällt,
beobachtete er die Entstehung eines Netzwerks aus
Aktinfilamenten. Wie ein Fischernetz fängt es sämtliche
Chromosomen ein und führt sie den kurzen Mikrotubuli zu.
Erst bei ausreichend kurzer Distanz können diese andocken
und die Hälfte der Chromosomen aus der Zelle ziehen.
Die Implikationen dieser Pioniersarbeit liegen auf der Hand.
In vielem gleichen die Oozyten von Seesternen denen
anderer Lebewesen, einschließlich des Menschen. Da in
erster Linie dieser Mechanismus den Verlust von
Chromosomen vor der Befruchtung verhindert, könnten uns
weitere Erkenntnisse in diesem Bereich zu den Ursachen von
Fehlgeburten und Geburtsfehlern führen.
Die dreidimensionale Rekonstruktion einer Oozyte während der Teilung
zeigt: Die Mikrotubuli (rot) erreichen nicht alle Chromosomen (grün).
Pressekontakte: Trista Dawson, EMBL-Pressereferentin, Deutschland, Tel.: +49 6221 387 452, [email protected]
Die 18 EMBL-Mitgliedsstaaten: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien,
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Über EMBL:
Das Europäische Laboratorium für Molekularbiologie ist ein Grundlagenforschungsinstitut, das mit öffentlichen Geldern
aus 18 Mitgliedsländern finanziert wird - unter ihnen die meisten EU-Länder, die Schweiz und Israel. Die Forschung bei
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Laboratorium gliedert sich in fünf Einheiten: das Hauptlabor in Heidelberg sowie Außenstellen in Hinxton (das
Europäische Institut für Bioinformatik), Grenoble, Hamburg und Monterotondo in der Nähe von Rom. Die Eckpfeiler von
EMBLs Mission sind: Grundlagenforschung im Bereich der Molekularbiologie durchzuführen, Wissenschaftler, Studenten
und Gäste auf jedem Niveau auszubilden, den Wissenschaftlern in den Mitgliedsstaaten zentrale Dienste anzubieten und
neue Instrumente und Methoden für die Lebenswissenschaften zu entwickeln. An dem internationalen PhD-Programm
von EMBL nehmen etwa 170 Studierende teil. Das Laboratorium fördert außerdem ein aktives Programm „Wissenschaft
und Gesellschaft“. Besucher aus Presse- und Öffentlichkeit sind herzlich willkommen.
Quellenartikel:
P. Lénárt, C. Bacher, N. Daigle, A. Hand, R. Eils, M. Terasaki, J. Ellenberg. A contractile nuclear actin network drives
chromosome congression in starfish oocytes. Nature. Advanced on-line publication July 13, 2005.
DOI: 10.1038/nature03810.
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