Ernährung bei Neuroendokrinen Tumoren (NET) Ein Patienten-Ratgeber 3 2 Inhalt 4 Grußwort 5 Editorial 6 Einleitung 8 Karzinoid-Syndrom: Flush 9 Diarrhöen 12 Blähungen 13 Gastrinom: Magenübersäuerung 15 Insulinom: Unterzuckerung 16 Organentfernung Dünndarm: Laktoseintoleranz 18 Organentfernung Dünndarm 20 Organentfernung Dünndarm: Fructoseintoleranz 21 Organentfernung Bauchspeicheldrüse: Fettstuhl 23 Organentfernung Bauchspeicheldrüse: Diabetes mellitus 25 Organentfernung Magen 26 Organentfernung Leber 28 Übelkeit | Erbrechen 29 Appetitlosigkeit 30 Verstopfung 32 Gewichtsverlust 38 Nahrungsergänzung 39 Krebsdiäten 40 Notizen 43 Impressum 4 Editorial Grußwort Liebe Leserinnen und Leser, die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, beim Essen ganz buchstäblich. Für viele NETPatienten kann das zu einer echten Herausforderung werden, wenn sie durch „richtige“ Ernährung auf die eigene Lebensqualität und im Idealfall auf den Krankheitsverlauf Einfluss nehmen möchten. Das habe ich in Gesprächen und auf vielen Veranstaltungen des Netzwerks NeT sehr deutlich mitbekommen. Sehr geehrte NET-Patienten, sehr geehrte Angehörige, liebe Mitglieder des Netzwerks Neuroendokrine Tumoren, Ich hoffe, dass diese Broschüre ein Stück weit – insbesondere durch die persönlichen Tipps von Patienten – dazu beiträgt, die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen des Einflusses der Ernährung auf NET zu beleuchten. Natürlich sollte auch der Spaß beim Lesen nicht zu kurz kommen, was uns hoffentlich durch die farbige und bildreiche Gestaltung gelungen ist. Mit freundlichen Grüßen Ihre Claudia Limberger Produktmanager Endokrinologie Ipsen Pharma GmbH es freut mich sehr, Ihnen diese Broschüre vorstellen zu können. Sie soll ein Ratgeber von Patienten für Patienten sein, also im doppelten Sinne des Wortes ein „Patienten-Ratgeber“. Die Broschüre ist auf der Basis zahlreicher authentischer Interviews mit NET-Betroffenen und deren Angehörigen entstanden. Sie wurden nach ihren Ernährungsproblemen und nach ihren Erfahrungen zu diesem Thema befragt. Allen, die zur Realisierung dieser Broschüre beigetragen haben, vor allem den interviewten Patienten und Angehörigen, sage ich ein aufrichtiges Dankeschön. Ebenso bedanke ich mich bei der Firma Ipsen für ihre freundliche Unterstützung. Ihnen als Leser wünsche ich eine spannende und hilfreiche Lektüre. Und denken Sie bei all den Ratschlägen daran: Essen sollte auch Lebensfreude sein! Mit den besten Wünschen In dieser Broschüre finden Sie sowohl die Antworten von Ernährungsspezialisten als auch alltagstaugliche Tipps der Befragten. Katharina Mellar Ich denke, unser Projekt ist gut gelungen. Die Broschüre ist für Betroffene ebenso hilfreich wie für Angehörige, die einen erheblichen Beitrag zur individuellen Ernährung „ihres“ Patienten leisten. Vorsitzende des Netzwerks Neuroendokrine Tumoren (NeT) e. V. 5 6 Einleitung Einleitung Nie wieder Kartoffelsalat und Bier? Empfehlungen und Erfahrungen zur Ernährung bei NET „Ernährung ist ein Thema, bei dem man mehr Hilfe brauchen könnte. Spezielle Empfehlungen für NET-Patienten gibt es wenige. Deshalb probiere ich einfach vieles aus und merke dann, was ich vertrage und was nicht.“ Das Zitat stammt von einer Patientin, die seit drei Jahren an einem Neuroendokrinen Tumor leidet. Es trifft auf viele NET-Patienten zu, die Rat und Unterstützung zur Ernährung suchen. Patientenzitat: „Das Thema Ernährung bei NET umfasst ja nicht nur die Nahrungsaufnahme an sich, sondern hat auch Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben – gerade wenn man Probleme mit Durchfall oder Blähungen hat. Meistens sind ja Einladungen mit Essen verbunden. Wenn ich dann bestimmte Sachen nicht esse, weil ich sie nicht vertrage, können die Gastgeber das nicht immer nachvollziehen und unter Umständen sogar ziemlich beleidigt sein. Kannst du nicht wenigstens ein bisschen was essen? Da wird man schon komisch angeschaut. Daher versuche ich mittlerweile, solche Situationen zu vermeiden. Anstatt zum Essen verabrede ich mich lieber zum Wandern oder zum Besuch von kulturellen Veranstaltungen.“ Frau H. B.*, 55 Jahre *Name ist der Redaktion bekannt Zum Teil liegt dies in der Natur der Sache. Neuroendokrine Tumoren verursachen sehr individuelle Krankheitsbilder und -verläufe, die zu ebenso individuellen, von Patient zu Patient unterschiedlichen Beschwerden führen. Folglich kann bei einem Patienten wirkungslos oder sogar schädlich sein, was einem anderen hilft. Es gibt aber auch NET, die keine Verdauungs-/Ernährungsprobleme verursachen, zum Beispiel nicht hormonaktive Tumoren oder bei bestimmter Lokalisation (Lungen-NET). Angesichts dieser Vielfalt wird es keinem NET-Patienten erspart bleiben, sich individuell mit seinem Krankheitsbild und mit seiner Ernährung auseinanderzusetzen. Dieser Ratgeber soll Sie dabei unterstützen, indem er möglichst viel Information an einer Stelle bündelt, als Einstiegshilfe, Richtschnur und Anregung. Jede Suche nach der richtigen Ernährung kann mit den generellen Empfehlungen beginnen, die der World Cancer Research Fund für Krebspatienten zusammengestellt hat. Sie stehen daher am Anfang des Ratgebers. Sicher treffen sie nicht auf jeden Einzelfall vollständig zu. Aber sie sind für die allermeisten Patienten eine gute Grundlage für die Suche nach der Ernährung, die ihren individuellen Bedürfnissen am besten gerecht wird. Bevor Sie mit dieser Suche beginnen, wollen wir Ihnen vier Empfehlungen mit auf den Weg geben: 1. Haben Sie Mut zum Ausprobieren! Wandeln Sie Empfehlungen und Tipps ab, testen Sie selbst, was Ihnen guttut und was Sie nicht vertragen. Nutzen Sie die Erfahrungen anderer, aber machen Sie auch Ihre eigenen. 2. Stimmen Sie sich mit Ihrem Arzt ab! Kein Ratgeber, auch nicht dieser, kann seinen fachlichen Rat ersetzen. Zudem kann Sie Ihr Arzt nur dann optimal behandeln, wenn er über Ihre Ernährung genau im Bilde ist. Auch eine professionelle Ernährungsberatung kann bei speziellen Problemen sehr hilfreich sein. 3. Bewusste Ernährung kann eine Therapie unterstützen – aber niemals ersetzen. Ein NET gehört in jedem Fall in ärztliche Behandlung. 4. V ergessen Sie nicht, dass Essen weit mehr ist als die Zufuhr von Energie und Nährstoffen. Es ist Kultur, sozialer Akt, Sinnesfreude und Genuss. Wir sollten diesen Aspekt des Essens nicht gering schätzen; auch er trägt zur Gesundung bei und zu einem lebenswerten Leben ohnehin. Deshalb: Suchen und erleben Sie, so sehr Sie die Krankheit auch einschränken mag, im Essen immer auch den Genuss! Empfehlungen des World Cancer Research Funds für Krebspatienten • Bleiben Sie so schlank wie möglich im Rahmen des normalen Körpergewichts. • Betätigen Sie sich täglich körperlich. • Essen Sie energiereiche Lebensmittel nur begrenzt, vermeiden Sie zuckerhaltige Getränke. • Essen Sie überwiegend pflanzliche Lebensmittel. • Essen Sie wenig rotes Fleisch; vermeiden Sie den Verzehr von verarbeitetem Fleisch. • Trinken Sie wenig oder keinen Alkohol. • Essen Sie wenig Salz. • Achten Sie darauf, keine verschimmelten Nahrungsmittel zu essen. • Decken Sie Ihren Nährstoffbedarf durch Lebensmittel (nicht durch Nahrungsergänzung wie Vitamintabletten). 7 8 Karzinoid-Syndrom: Flush Diarrhöen "Ich leide unter dem Karzinoid-Syndrom. Als besonders störend empfinde ich, wenn ich einen Flush bekomme und plötzlich mein Gesicht rot anläuft. Kann ich dieses anfallartige Erröten durch meine Ernährung beeinflussen?" Einige Lebens- oder Genussmittel können einen Flush auslösen – aber nicht immer und bei jedem Patienten. Wie bei vielen NET-Symptomen reagiert jeder Betroffene individuell. Dennoch gibt es Lebens­mittel, nach deren Genuss erfahrungsgemäß häufig ein Flush auftritt. Das gilt ebenso für andere typische Symptome des Karzinoid-Syndroms, etwa Durchfälle. Die wichtigsten potenziellen Auslöser sind Alkohol und Nahrungsmittel, die biogene Amine enthalten. Sie sollten gegebenenfalls gemieden werden. Besonders viel Amine enthalten gealterter Käse, geräucherte, gesalzene oder eingelegte Fisch- oder Fleischspeisen, Hefeextrakte, Bierhefe, dicke Bohnen, Sauerkraut und Sojaprodukte. Einen mittleren Amingehalt haben Kaffee und andere koffeinhaltige Getränke, Schokolade, Wal- und Erdnüsse, Bananen, Himbeeren und Avocado. Außerdem können auch scharfe und fettige Speisen, rohe Gemüse und Früchte oder große Mahlzeiten Beschwerden hervorrufen. Hintergrundwissen: Messfehler vermeiden Zur Diagnose des Karzinoid-Syndroms wird ein Abbauprodukt des Hormons Serotonin im Urin bestimmt. Einige Lebensmittel und Medikamente können das Ergebnis verfälschen. Sie sollten mindestens 48 Stunden vor dem Test nicht verzehrt werden: Nüsse, besonders Walnüsse, Tomaten, Ananas, Bananen, Kiwis, Pflaumen, Johannisbeeren, Zwetschgen, Stachelbeeren, Mirabellen, Melonen, Avocados, Auberginen, Papayas, Grapefruit, Datteln, Feigen, Oliven. Auch Kaffee, Kakao und Nikotin sind zu meiden, außerdem Paracetamol, Aspirin und andere Medikamente. Sprechen Sie daher Ihren Arzt vor der Untersuchung darauf an. Ernährungstagebuch Hilfreich beim Auffinden auslösender Lebensmittel kann die Protokollierung des Essverhaltens sein. Mehr dazu beim Thema Gastrinom auf Seite 13. Patientenzitate: „Schon von einem Schluck Wein bekomme ich extreme Flush-Anfälle. Sogar beim Kochen lassen wir deshalb jede Spur Alkohol weg, zum Beispiel den Wein in der Soße vom Kalbsgeschnetzelten.“ Patient*, 52 Jahre „Der Flush hat bei mir nichts mit Wein zu tun, obwohl es bei anderen Patienten wohl schon reicht, wenn sie nur am Korken riechen. Ich trinke immer noch gerne Wein und verzichte auch nicht auf Käse oder Walnüsse.“ Herr M. T.*, 55 Jahre *Name ist der Redaktion bekannt "Mein Neuroendokriner Tumor verursacht starken Durchfall. Gibt es etwas, womit ich diese Beschwerden lindern kann?" Viele Patienten können die Häufigkeit und Stärke der Diarrhöen durch ihre Ernährung beeinflussen. Manchmal kann ein bestimmtes Nahrungsmittel oder Getränk den Durchfall geradezu provozieren – umso leichter ist es dann, durch Weglassen dieser Lebensmittel Durchfall zu vermeiden. Ein Verlust an Lebensqualität ist damit nicht unbedingt verbunden. Manches Leibgericht kann schon mit einer kleinen Rezeptänderung auf der Speisekarte bleiben. Finden Sie durch Selbstbeobachtung heraus, ob bestimmte Lebensmittel Ihr Leiden auslösen, verstärken oder lindern. „Lernen, auf seinen Körper zu hören“, nennt das einer unserer befragten Patienten treffend. Einige Erfahrungswerte können dabei als Richtschnur dienen. Doch vorab der wichtigste Hinweis: Gleichen Sie unbedingt den großen Flüssigkeitsverlust durch häufiges Trinken aus! Mindestens zwei bis drei Liter Flüssigkeit sollten Sie pro Tag zu sich nehmen, am besten in Form von Wasser mit möglichst wenig Kohlensäure, dünnen Saftschorlen, schwach gesüßten Tees, entkoffeiniertem Kaffee oder Bouillon. In Raumtemperatur werden die Flüssigkeiten besser vertragen als sehr heiß oder kalt. Fortsetzung: nächste Seite Hintergrundwissen: Was ist eigentlich Durchfall? Mediziner sprechen von Durchfall oder Diarrhö, wenn mehr als dreimal am Tag „nicht geformte“ bis wässrige Stühle auftreten. Ursache sind Störungen der Regelprozesse, die für die Aufnahme von Wasser und Elektrolyten aus dem Darm sorgen. Dabei werden große Mengen Flüssigkeit absorbiert, denn zu den ca. 1,5 Litern Wasser, die mit der Nahrung aufgenommen werden, kommen etwa 7 Liter körpereigene Flüssigkeit aus Speichel, Magensaft und Galle hinzu. Damit mit dem Stuhl nur rund 0,1 Liter Wasser pro Tag ausgeschieden werden können, müssen dem Darminhalt daher fast 8,5 Liter wieder entzogen werden. Kann der Darm das nicht (mehr), wird der Stuhl flüssiger und voluminöser. 9 10 Diarrhöen Es ist empfehlenswert, mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag zu verteilen. Probieren Sie leichte Vollkost (siehe auch Seite 27), außerdem Nahrungsmittel, die stopfen: Kakao, schwarzer oder grüner Tee, Bitterschokolade oder Blaubeeren(-saft) gehören dazu. Muskatnuss verzögert den Transport der Nahrung in den Darm – reiben Sie das Gewürz in alle Speisen, zu denen es passt. Essen Sie pektinreiches Obst und Gemüse: Ein geriebener Apfel vor der Mahlzeit unterstützt die Wasser­bindung im Darm, Bananen sind besonders bekömmlich und helfen mit ihrem hohen Kaliumgehalt, den Verlust von Mineralien auszugleichen. Flohsamen binden ebenfalls Wasser und dicken so den Stuhl ein. Joghurt mit lebenden Kulturen kann sich positiv auswirken, das gilt aber nur für reinen oder probiotischen Joghurt. Vorsicht ist geboten wegen des enthaltenen Milchzuckers – probieren Sie, ob Sie ihn vertragen. Ebenfalls hilfreich kann medizinische Trockenhefe sein – aufgrund ihrer probiotischen Eigenschaften hilft sie bei verschiedensten Formen von Diarrhöen. Nun zu den Nahrungsmitteln, die sich in vielen Fällen als ungünstig erwiesen haben: Dazu zählt Milchzucker, der in Milch, Molke und Buttermilch enthalten ist, aber auch in Lebensmitteln, denen Milchprodukte zugesetzt sind. Meiden Sie blähende, fettige, frittierte, sehr süße oder sehr scharfe Speisen. Trinken Sie keinen Alkohol, keine koffeinhaltigen und keine kohlensäurehaltigen Getränke. Rohes Gemüse und frisches Obst können Diarrhöen verschlimmern, ebenso säurehaltige Lebensmittel. Der Süßstoff Sorbit(ol) wirkt abführend, er steckt in zuckerfreien Süßigkeiten und Kaugummis. Auch Nahrungsergänzungsmittel wie zum Beispiel Magnesiumpräparate können Diarrhöen verursachen. Diarrhöen Ein Hinweis zum Schluss: Bei chronischem Durchfall werden oft zu wenig fettlösliche Vitamine aufgenommen und es kann zu einem Verlust an Gallensäuren kommen. Beide müssen unter Umständen ersetzt werden – sprechen Sie Ihren Arzt darauf an. Patientenzitate: „Sehr fette oder saure Lebensmittel und Alkohol führen bei mir zu Diarrhöen – einen Schweinebraten esse ich aber durchaus mal und vertrage ihn gut. Essig vertrage ich allerdings überhaupt nicht. Da ich leidenschaftlich gerne Salat mit Bratkartoffeln esse, nehme ich einfach für die Salatsoße Zitrone statt Essig. Der Salat schmeckt damit genauso lecker. Grundsätzlich esse ich keine Fertignahrungsmittel, deren Zusatzstoffe bekommen mir nicht. Da ich aber gerade unterwegs keinen Durchfall gebrauchen kann, nehme ich statt Fertignahrungsmitteln oft zwei bis drei hartgekochte Eier als Snack mit. Auch zu Hause bereite ich mir alles selbst zu, habe mir sogar eine Eismaschine gekauft und stelle Eis aus Sahne und Früchten her. Das schmeckt und tut mir gut, im Gegensatz zum Fertigeis aus dem Supermarkt.“ Herr F. G.*, 59 Jahre „Ich bin auf Espresso umgestiegen, den ich wesentlich besser vertrage als normalen Kaffee. Auch schwarzer Tee ist problem­los, und Fencheltee bekommt mir hervorragend.“ Patient*, 52 Jahre „Man lernt, auf seinen Körper zu hören. Wenn ich zu viel oder falsch esse, dann wird mir schlecht oder ich bekomme Bauchkrämpfe und Durchfall. So merke ich, was mir guttut, und stelle mich darauf ein. Ich habe zum Beispiel eine Zeit lang kein Schweinefleisch mehr gegessen.“ Frau K. M.*, 56 Jahre *Name ist der Redaktion bekannt Hintergrundwissen: Hilfe aus der Natur Flohsamenschalen werden sowohl von der Naturheilkunde als auch von der wissen­schaft­lichen Medizin als wirksames Darmregulans anerkannt und genutzt. Sie helfen aufgrund ihrer enormen Quellfähigkeit gegen die gegensätzlichen Beschwerden Verstopfung und Durchfall. Im Gegensatz zu vielen chemischen Mitteln sind sie ausgezeichnet verträglich und können auch über lange Zeit eingenommen werden. Medizinische Trockenhefe (Saccharomyces boulardii) hilft bei Durchfall durch Regulation der Darmflora und Stärkung der Infektabwehr im Darm. Sie hat probiotische Eigenschaften, ist gut verträglich und in der Apotheke erhältlich. Entdeckt wurden die hilfreichen Eigenschaften von S. boulardii schon 1920 während eines Cholera-Ausbruchs in Südostasien. Patientenzitate: „Wenn man mit dem Essen aufpassen muss, ist man auch unterwegs eingeschränkt. Ich gehe gern wandern und habe mir komplett abgewöhnt, im Restaurant zu essen. Stattdessen nehme ich Essen mit, das ich vertrage, damit komme ich gut über den Tag. Morgens bekommt mir ein Haferbrei aus frisch in Milch gekochten feinen Haferflocken, dazu ein geriebener Apfel und einige Esslöffel Naturjoghurt am besten. Das Ganze mit etwas Zimt und Zucker überstreut oder mit Ahornsirup verfeinert – fertig ist ein gut bekömmliches, leckeres und sättigendes Frühstück.“ Frau H. B.*, 55 Jahre „Mein Tipp: Geduld haben! Ich vertrage zwei Jahre nach der OP wieder einiges an Obst, Gemüse und Milchprodukten.“ Frau G. H.* *Name ist der Redaktion bekannt 11 12 Blähungen Gastrinom: Magenübersäuerung "Die Blähungen, die ich wegen meines NET habe, machen mich verrückt. Kann ich denn nichts dagegen tun?" "Ich habe ein Gastrinom und daher Probleme mit vermehrter Magensäure-Produktion. Sollte ich bestimmte Lebensmittel vermeiden?" Zumindest können Sie durch gezielte Ernährung dafür sorgen, dass die Blähungen (Flatulenz) durch Lebensmittel nicht weiter verstärkt werden. Einige Speisen fördern die Bildung von Darmgasen. Neben den ein­schlägig bekannten Hülsenfrüchten gehören dazu Zwiebeln, Lauch, Kohl oder Sauerkraut, aber auch Vollkornmahlzeiten können, besonders wenn sie gesüßt sind, Blähungen verursachen. Ja, die Ernährung sollte in erster Linie dazu beitragen, den ohnehin schon erhöhten Säurespiegel nicht noch weiter anzuheben. Deshalb geht es in Ihrem Fall vor allem darum, alles zu meiden, was die Säureproduktion zusätzlich anregt. Und selbstverständlich soll auch von außen möglichst wenig Säure zugeführt werden. Essgewohnheiten haben Einfluss auf die Blähungen: Essen Sie Gemüse nicht roh, sondern gedünstet. Verzichten Sie auf scharfe Gewürze. Und ganz gleich was Sie zu sich nehmen: Essen Sie ruhig, kauen Sie gründlich und trinken Sie viel dazu, allerdings nur Wasser oder Getränke ohne Kohlensäure. Eine Tasse Fenchel-, Kümmel-, Anisoder Pfefferminztee zwischendurch kann lindernd wirken. Patientenzitate: „Zucker kann ich ohne Probleme essen, aber komplexe Kohlenhydrate verursachen bei mir Blähungen. Weißbrot vertrage ich überhaupt nicht. Brot und Brötchen empfehle ich, bei einem Bäcker zu kaufen, der die Teige noch selbst herstellt. Die vertrage ich relativ gut, Backwaren aus Fertigbackmischungen dagegen überhaupt nicht. Auch bei Nudeln habe ich ganz erstaunliche Unterschiede festgestellt – ich habe lange probiert, bis ich die für mich verträglichen Marken gefunden habe.“ Herr F. G.*, 59 Jahre "Artischocken als Vorspeise, 45 Minuten in Salzwasser gekocht, wirken bei mir Wunder!" Frau K. M.*, 56 Jahre "Seitdem ich bei Vollkornprodukten und Trockenfrüchten zurückhaltender geworden bin und auf blähende Lebensmittel verzichte, also meine Ernährung auf leichte Kost umgestellt habe, sind meine heftigen Blähungen zurückgegangen. Gut tut mir auch, wenn ich es schaffe, langsamer zu essen, gründlicher zu kauen und die Menge während einer Mahlzeit zu reduzieren. Es ist allerdings schwer, jahrelange Gewohnheiten zu ändern, insbesondere in guten Phasen. Auch der Verzicht auf Süßigkeiten direkt nach dem Mittagessen hat geholfen. Mein Tipp für eine kleine Zwischenmahlzeit: Eine Banane, einige Reiswaffeln oder ein trockenes Brötchen aus Weizenmischmehl mit Haferflocken sind gut verträglich und leicht verdaulich." Frau H. B.*, 55 Jahre *Name ist der Redaktion bekannt Saure und säurehaltige Lebensmittel sollten Sie daher nicht zu sich nehmen, etwa Zitrusfrüchte und deren Säfte, ebenso Tomaten. Tabu sind Alkohol und Zigaretten, wenig­stens reduzieren sollten Sie den Konsum von Kaffee und koffeinhaltigen Getränken, Fruchtsäften und Früchtetees. Scharfes, Süßes und Fetthaltiges können die Symptomatik verschlechtern. Versuchen Sie, drei Stunden vor dem Zubettgehen nichts mehr zu essen, und trinken Sie reichlich. Ein Richtwert sind zwei bis drei Liter Wasser über den Tag verteilt. Fortsetzung: nächste Seite Patientenzitat: „Zur Neutralisierung von Säure trinke ich selbst gemachtes Sodawasser (0,5 Gramm Natron auf 1 Liter Sprudelwasser) – geht prima!“ Frau I. G.* *Name ist der Redaktion bekannt 13 14 Insulinom: Unterzuckerung Gastrinom: Magenübersäuerung Gibt es gar nichts, was hilft? Doch, Milchprodukte, Nüsse und Mandeln haben anderen nachweislich geholfen und sind auf jeden Fall einen Versuch wert. Ob Medikamente nötig sind, um die Magensäureproduktion zu hemmen, ist Sache des behandelnden Arztes. Nur er kann entscheiden, ob eine Therapie begonnen, fortgesetzt oder abgebrochen wird. Stimmen Sie sich immer mit ihm ab! Hintergrundwissen: Gastrin Ein Gastrinom produziert das Magen-Darm-Hormon Gastrin, das vor allem in der Schleimhaut des Magens und des Zwölffingerdarms gebildet wird. Gastrin stimuliert die Produktion von Magensäure. Normalerweise wird es freigesetzt, wenn es gebraucht wird – ausgelöst durch die Dehnung der Magenwand oder durch Eiweißbestandteile in der Nahrung. Das durch den Tumor zusätzlich ausgeschüttete Gastrin führt zum Säureanstieg, dieser trägt unter anderem zur Entwicklung von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren bei. Ernährungstagebuch Wenn die generellen Hinweise im Einzelfall nicht zutreffen, kann ein Ernährungstagebuch Aufschluss geben. In ihm schreiben Sie exakt auf, zu welchen Zeiten Sie welche Speisen zu sich nehmen und wann Beschwerden auftreten. Diese Aufzeichnungen helfen, einem Zusammenhang zwischen Ernährung und speziellen Symptomen auf die Spur zu kommen. "Bei mir wurde ein Insulinom festgestellt. Was bedeutet das für meine Ernährung?" Insulinome sind Neuroendokrine Tumoren, die nahezu ausschließlich in der Bauchspeicheldrüse auftreten. Obwohl sie fast immer gutartig sind, müssen Insulinome behandelt werden, denn sie produzieren das Hormon Insulin. Zuviel Insulin führt zu anhaltender Unterzuckerung. Typische Symptome sind Schwäche, Zittern und Nervosität. Bildlich gesprochen leidet der Körper bei Unterzuckerung an einer gestörten Energieversorgung. Dem können Sie entgegenwirken, indem Sie den Körper möglichst oft mit der Nahrungsmenge versorgen, die er gerade braucht und verarbeiten kann. Also statt einzelner, kohlenhydratreicher Mahlzeiten lieber mehrere kleinere. Auf diese Weise sinkt der Blutzuckerspiegel nicht zu abrupt und zu tief ab. Um einen Abfall des Blutzuckerspiegels (Hypoglykämie) während der Nacht zu vermeiden, kann abends eine kohlenhydrathaltige Mahlzeit eingenommen werden. Dabei sollten langsam wirkende mit schnell wirksamen Kohlenhydraten kombiniert werden, zum Beispiel Vollkornbrot mit Butter und Marmelade oder Honig. Wie die gesamte Behandlung sollten Sie auch Ihre Ernährung mit dem Arzt abstimmen. Hintergrundwissen: Regulation des Zuckerspiegels Zwei Hormone steuern den Blutzuckerspiegel: Insulin und sein Gegenspieler, das Glukagon. Beide werden in den sogenannten „Langerhans-Inseln“ der Bauchspeicheldrüse produziert. 25 Prozent der Inselzellen bilden Glukagon, 60 Prozent Insulin, 10 Prozent produzieren Somatostatin, ein weiteres Hormon. Funktioniert der Regelprozess der Hormone nicht, führt das zur Erhöhung oder zur Verminderung des Blutzuckerspiegels – beides mit unangenehmen, schädlichen oder sogar gefährlichen Folgen. Glukagonom Das Glukagonom verhält sich in mancher Hinsicht gegensätzlich zum Insulinom. Der Tumor setzt das Hormon Glukagon frei. Glukagon erhöht den Blutzuckerspiegel, was zur Entstehung der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) führen kann. Deshalb sollte der Kohlenhydratanteil der Nahrung etwas eingeschränkt werden. Die erhöhte Aufnahme von Fett und Eiweiß, wenn sie vertragen werden, kann sinnvoll sein. Zum Diabetes finden Sie weitere Hinweise unter „Entfernung der Bauchspeicheldrüse“ auf Seite 23. 15 16 Organentfernung Dünndarm: Laktoseintoleranz Organentfernung Dünndarm: Laktoseintoleranz "Seit mir ein Teil des Dünndarms entfernt wurde, bekomme ich Durchfall und Bauchkrämpfe, wenn ich Milch und Milchprodukte zu mir nehme. Worauf muss ich achten?" Eine der Aufgaben des Dünndarms ist die Aufspaltung von Milchzucker (Laktose). Wird diese Fähigkeit eingeschränkt, gelangt der Milchzucker in den Dickdarm, wo er Beschwerden auslöst. Man spricht von Laktoseintoleranz. Die gute Nachricht: Laktosefreie Alternativprodukte sind in den meisten Supermärkten erhältlich. Sie können außerdem testen, ob Sie manche Milchprodukte mit geringem Laktosegehalt doch vertragen, beispielsweise gealterten Käse oder Joghurt. Der Dünndarm ist außerdem maßgeblich beteiligt an der Aufnahme weiterer Nahrungsbestandteile, darunter Vitamine und Mineralstoffe. Die Ernährungsplanung nach einer Darmentfernung muss daher die ausreichende Zufuhr aller notwendigen Nährstoffe sicherstellen. Sie basiert in der Regel auf leichter Vollkost, gekennzeichnet durch kleine, leicht verdauliche, energiereiche Mahlzeiten. Getränke besser in kleinen Mengen und zwischen den Mahlzeiten trinken. Zusätzlich können normale Speisefette durch MCT-Fette ersetzt werden, um die Fettverdauung zu erleichtern (siehe Info-Kasten auf Seite 22). Auf jeden Fall vermeiden sollten Sie Oxalsäure, enthalten in Spinat, Rhabarber oder Mangold, und grobe Ballaststoffe. Unter Umständen müssen bestimmte Nährstoffe, beispielsweise die Vitamine A, D, E und K oder speziell bei Laktoseintoleranz Kalzium ergänzt werden – aber bitte nur in Abstimmung mit einer Ernährungsberatung und unter ärztlicher Kontrolle. Fortsetzung: nächste Seite Hintergrundwissen: Laktose Laktose kann auch dort enthalten sein, wo man sie nicht unbedingt vermutet: zum Beispiel in Backwaren, in vielen Fertigund Instantgerichten, in Milchschokolade und Nusscreme, in Pralinen und Bonbons, Gewürzen, ja sogar in Medikamenten. Achten Sie genau auf Zutatenlisten und Beipackzettel! Patientenzitat: „Meinen speziellen laktosefreien Milchreis koche ich mit Hafermilch und rühre dann ein Paket Minus L Sahne unter. Schmeckt fantastisch! Manchmal helfen für unterwegs auch schon kleine Umstellungen, zum Beispiel Salatsoße ohne Sahne.“ Patient*, 52 Jahre *Name ist der Redaktion bekannt 17 18 Organentfernung Dünndarm Organentfernung Dünndarm Aufnahmeorte der wichtigsten Nahrungsbestandteile im Dünndarm Wasser Fette Aminosäuren Reservestrecke für die Aufnahme noch nicht vollständig resorbierter Nährstoffe Cholesterin fettlösliche Vitamine Hintergrundwissen: Der Dünndarm Der Dünndarm ist bis zu fünf Meter lang und transportiert täglich den Nahrungsbrei vom Magen in den Dickdarm. Die Passagezeit beträgt sechs bis zehn Stunden. Das Organ schließt die Nahrungsbestandteile auf und macht sie für den Körper verfügbar. Dabei vollbringt es enorme Resorptionsleistungen, die im Wesentlichen auf seiner großen inneren Oberfläche beruhen. Glukose Eisen Ein Kurzdarmsyndrom tritt auf nach einer schweren Schädigung oder Entfernung großer Teile des Dünndarms. Die Folge ist eine gestörte Aufnahme von Nährstoffen. Eine quantitative Störung liegt vor, wenn der entfernte Darmteil so groß ist, dass seine Funktion vom Restdarm nicht übernommen werden kann. Die kritische Grenze liegt bei 50 bis 70 Prozent. Eine qualitative Störung kann auch beim Ausfall kleinerer Anteile auftreten, wenn die Aufgaben der entfernten Darmabschnitte nicht von anderen Bereichen übernommen werden können. Die Symptomatik ist daher abhängig vom Ausmaß und vom Ort der Entfernung sowie von der Funktion des verbliebenen Restdarms. Eventuell auftretende Mangelerscheinungen sollten vom Arzt überwacht werden. Folsäure Die Hauptnährstoffe werden im oberen Dünndarm (Jejunum) aufgenommen. Seine Funktion kann vom unteren Teil (Ileum) weitgehend übernommen werden – umgekehrt ist das dagegen nicht möglich, denn das Ileum ist für spezielle Aufgaben zuständig, unter anderem für die Aufnahme von Vitamin B12. Die drei Abschnitte des Dünndarms wasserlösliche Vitamine Kalzium Vitamin B12 Gallensäuren Zwölffingerdarm (Duodenum) Quelle: nach Goebell und Dollinger Leerdarm (Jejunum) Krummdarm (Ileum) 19 20 Organentfernung Bauchspeicheldrüse: Fettstuhl Organentfernung Dünndarm: Fructoseintoleranz "Weil mir ein Stück Dünndarm fehlt, habe ich eine Fructoseintoleranz. Obwohl ich auf Obst verzichte, bekomme ich immer wieder Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall. Was kann ich tun?" "Was kann ich gegen Fettstuhl tun? Kann ich ihn durch den Fettgehalt der Nahrung beeinflussen?" Fructose (Fruchtzucker) findet sich versteckt in vielen Lebensmitteln, etwa in Kuchen, Speiseeis und vielen Süßspeisen. Der häufig als Süßmittel zugesetzte Invertzucker ist eine Mischung aus Fructose und Glucose (Traubenzucker). Auch Haushaltszucker und Honig enthalten Fructose. Schon geringe Konzentra­tionen können Beschwerden auslösen. Ja, fettarme Kost kann die Entstehung von Fettstühlen reduzieren. Sie entstehen, wenn nach einer (Teil-)Entfernung der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) Verdauungsenzyme fehlen. In der Folge werden Nahrungsfette im Darm ungenügend aufgenommen und zum Teil unverdaut wieder ausgeschieden. Der Ersatz der fehlenden Enzyme durch Medikamente schafft Abhilfe, kann Fettstühle aber nicht immer ganz verhindern. Fructose wird hauptsächlich im oberen Dünndarm resorbiert. Wird dem Speisebrei im Dünndarm nicht genug Fructose entzogen, verursacht diese im Dickdarm die oben genannten Beschwerden. Meiden Sie Fruchtzubereitungen aller Art, auch als Zutat. Seien Sie vorsichtig mit Süßigkeiten, tasten Sie sich langsam an die Zuckermenge heran, die Sie vertragen. Achten Sie auf Zutatenlisten, oft enthalten hochwertigere oder Biolebensmittel weniger Zucker. Patientenzitat: „Bei Fructoseintoleranz kann ich Biomarmeladen empfehlen. Wir wollen jetzt selber Marmelade kochen. Dann weiß man genau, was an Zucker hineinkommt. Ein weiterer Tipp: selbst gemachte Eissorten bei der Eisdiele um die Ecke probieren – ich vertrage dort das Zitroneneis hervorragend.“ Patient*, 52 Jahre *Name ist der Redaktion bekannt Eine leicht verdauliche, fettarme Kost mit ausreichendem Eiweißanteil unterstützt die Therapie. Achten Sie besonders auf „versteckte“, nicht sichtbare Fette in der Nahrung, etwa in Wurst, aber auch in vielen Knabbereien und in Fertiggerichten. Sinnvoll kann der Ersatz normaler Fette durch MCT-Fette sein. Fortsetzung: nächste Seite Hintergrundwissen: Operation der Bauchspeicheldrüse Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) spielt eine wichtige Rolle im Verdauungssystem. Sie stellt Verdauungsenzyme und Hormone her. Je nach Sitz des Tumors entfernt der Chirurg nach Möglichkeit nur einen Teil des Organs. Allerdings müssen nicht selten auch andere Organe entfernt werden, beispielsweise die Gallenblase. Deshalb sind sowohl die Beschwerden als auch die Einflussmöglichkeiten durch die Ernährung unterschiedlich. Die häufigste Folge ist eine unzureichende Produktion von Verdauungsenzymen, die Nahrungsbestandteile spalten, vor allem Fette, Eiweiße und Kohlenhydrate. Die fehlenden Enzyme müssen künstlich mit der Nahrung zugeführt werden. 21 22 Organentfernung Bauchspeicheldrüse: Diabetes mellitus Organentfernung Bauchspeicheldrüse: Fettstuhl "Seit meiner Bauchspeicheldrüsen-OP bin ich zuckerkrank. Kann ich dagegen selbst etwas tun?" Hintergrundwissen: Was sind MCT-Fette MCT-Fette (Medium Chain Triglycerides) sind als Öle oder Margarine im Reformhaus erhältlich und können die üblichen Nahrungsfette ersetzen. Sie werden im Darm auch ohne fettspaltende Enzyme aufgenommen, haben aber auch Nachteile: Wegen des niedrigen Schmelz- und Rauchpunktes eignen sich MCT-Fette nicht zum Braten, Backen, Schmoren oder Frittieren. Durch Warmhalten oder Aufwärmen von Speisen, die MCT-Fette enthalten, kann ein scharfer und bitterer Geschmack entstehen. Sie sind deshalb nur zum sofortigen Verzehr geeignet. Bei langfristigem Einsatz muss auf die Deckung des Bedarfs an essenziellen Fettsäuren und fettlöslichen Vitaminen geachtet werden. Patientenzitate: „Gut geholfen haben mir MCT-Fette. Am Anfang habe ich zwar durch die Umstellung noch mehr Durchfall bekommen. Aber nach einiger Zeit hat sich mein Körper daran gewöhnt, seither geht es mir besser.“ Patient*, 52 Jahre „Seit die Gallenblase draußen ist, vertrage ich fettreiche Lebensmittel noch weniger. Auf mit Käse überbackene Sachen verzichte ich jetzt zum Beispiel komplett, aber so ein Stück Käse zum Brot, das vertrage ich.“ Frau H. B.*, 55 Jahre *Name ist der Redaktion bekannt Eine positive Beeinflussung durch Ernährung und Lebensführung ist meist möglich. In jedem Fall aber gehört die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) in ärztliche Behandlung und Überwachung, denn das Hormon Insulin muss medikamentös ersetzt werden, und ein nicht behandelter Diabetes kann schwerwiegende Folgeschäden nach sich ziehen. Auch die Ernährung sollte mit dem Hausarzt oder einem Spezialisten abgestimmt werden. Besondere Einrichtungen und Fachkräfte bieten umfassende Diabetesschulungen an, die jedem Zuckerpatienten zu empfehlen sind. Um starke Schwankungen des Blutzuckerspiegels zu vermeiden, sollte auf zuckerhaltige Getränke und Nahrungsmittel verzichtet werden. Hintergrundwissen: Diabetes mellitus nach Bauchspeicheldrüsenentfernung Infolge einer Pankreasentfernung kann ein Mangel an Insulin auftreten. Die betroffenen Patienten entwickeln die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), die mit Insulin behandelt werden muss. Wichtig ist zu wissen, dass die Bauchspeicheldrüse auch den Gegenspieler des Insulins, das Hormon Glukagon, produziert. Dadurch steigt die Gefahr einer Unterzuckerung unter Insulinbehandlung. Deshalb sollten bei Patienten mit entfernter Bauchspeicheldrüse die Zuckerwerte nicht zu streng eingestellt werden. 23 24 Organentfernung Bauchspeicheldrüse: Diabetes mellitus Organentfernung Magen "Nachdem mir ein Teil des Magens entfernt wurde, bekomme ich nach dem Essen Bauchschmerzen, fühle mich voll und zugleich völlig schlapp. Gibt es Abhilfe?" Beim sogenannten Frühdumping gelangen zu große Mengen Speisebrei zu schnell in den Dünndarm. Der Körper reagiert darauf kurz nach der Mahlzeit mit den Symptomen, die Sie beschreiben. Helfen kann die Verteilung der Tagesration auf mehrere kleine Mahlzeiten. Essen Sie weder zu heiß noch zu kalt, kauen Sie gründlich und trinken Sie frühestens eine halbe Stunde nach dem Essen. Eine aufrechte Körperhaltung, auch nach dem Essen, wirkt der vorzeitigen Magenentleerung entgegen. Patientenzitat: Hintergrundwissen: „Ich verlasse mich nicht nur auf Medikamente, sondern esse sehr wenig Süßes und vermeide Weißmehl. Vollkornprodukte lassen den Zuckerspiegel langsamer ansteigen. Das Vollkorn sollte aber immer gemahlen sein, sonst ist es schwer verdaulich.“ Frau K. M.*, 56 Jahre Bewegung hilft bei Diabetes Körperliche Aktivität kann vorbehaltlos empfohlen werden, sofern sie keine Überforderung darstellt. Sie reduziert die nötige Insulinmenge, fördert die Durchblutung, stärkt das Immunsystem, hilft gegen Übergewicht und verbessert das Allgemeinbefinden. Wichtig ist die engmaschige Kontrolle des Blutzuckerspiegels, um eine Unterzuckerung zu vermeiden. *Name ist der Redaktion bekannt Auch das Spätdumping entsteht durch zu schnelle Nahrungspassage, allerdings erst Stunden nach der Mahlzeit. Durch die rasche Aufnahme von Kohlenhydraten kommt es zunächst zu einem Blutzuckeranstieg, danach durch die Gegenreaktion des Körpers zur Unterzuckerung. Die Symptome ähneln denen des Frühdumpings, hinzu kommen Unruhe, Zittern, Schweißausbrüche und Hunger. Dagegen hilft das Vermeiden von schnell resorbierbaren Kohlenhydraten, besonders in reiner Form. Besser ist, die Kohlenhydrate mit anderen Nährstoffen (Fett, Protein) zu kombinieren. So ist ein Vollkornbrot mit Butter und Wurst besser als ein Toast mit Marmelade oder Honig. Leicht resorbierbare Kohlenhydrate sind beispielsweise in Limonaden, Fruchtsäften, Malzbier, Marmelade, Honig, Weißbrot, Cornflakes oder Kartoffelpüree enthalten, natürlich auch in Süßigkeiten und Kuchen. Hintergrundwissen: Operation des Magens Der Magen übernimmt im Verdauungssystem mehrere Aufgaben: Er speichert, zerkleinert, desinfiziert, durchmischt und vorverdaut die Nahrung, danach transportiert er sie in passenden Portionen weiter, perfekt aufbereitet für die weitere Verarbeitung im Darm. Normalerweise bleibt feste Nahrung so lange im Magen, bis sie zu Teilchen von weniger als einem Millimeter Größe zerteilt ist. Das kann bis zu vier Stunden dauern. Fehlt ein Teil des Magens, können alle seine Funktionen beeinträchtigt sein. So erreicht unzureichend aufbereiteter Speisebrei den Darm und der Magen entleert sich zu schnell. Die häufigsten Folgen werden „Frühdumping“ und „Spätdumping“ genannt. Häufig können wichtige Vitamine und Nährstoffe nicht mehr aufgenommen werden. Sie müssen durch Nahrungsergänzung und Medikamente ersetzt werden. Besonders das Vitamin B12 muss regelmäßig zugeführt werden, wenn es wegen des fehlenden Magens nicht mehr aus der Nahrung aufgenommen wird. Die Kontrolle und Ergänzung der Vitaminund Nährstoffversorgung nach einer Magenentfernung ist Sache des Arztes! 25 26 Organentfernung Leber Organentfernung Leber "Mir wurde ein großer Teil der Leber entfernt. Kann ich mich trotzdem normal ernähren?" Prinzip der „leichten Vollkost“ Wenn dabei keine Beschwerden auftreten: Ja. Oft kann die verbleibende Leber die Funktion des entfernten Teils übernehmen. Teilweise wächst sie sogar wieder nach. Die wichtigste Regel lautet: Es ist alles erlaubt, was bekommt. Allerdings gilt auch umgekehrt: Was nicht vertragen wird, ist verboten. Dazu zählen in erster Linie Alkohol und fette, schwer verdauliche Speisen. Eine Umstellung auf leichte Vollkost kann daher sinnvoll sein. Darüber hinaus gibt es für Lebergeschädigte weder besondere Einschränkungen noch allgemeingültige Richtlinien, was die Ernährung angeht. • Mehrere kleine Mahlzeiten • Fette Brühen, Suppen, Saucen • Fettreduzierte abwechslungsreiche Kost • Große Mengen Streich- und Kochfett • Individuelle Unverträglichkeiten beachten • Frisches Brot, sehr grobe Vollkornbrote, frische und sehr fette Backwaren • Blähende Lebensmittel und Speisen meiden • Wenig Süßes • Helle bis mittlere Bräunung beim Braten • Gut kauen und langsam essen • Alkohol in Maßen • Vollfette Milchprodukte (zum Beispiel Sahneprodukte, vollfetter Käse) • Stark und mit Speck angebratene und frittierte Lebensmittel • Fette oder frittierte Kartoffelprodukte • Fette und geräucherte Fleisch-, Wurst- und Fischwaren • Hart gekochte Eier, fette Eierspeisen, Mayonnaise Patientenzitate: „Wir verwenden jetzt Rapsöl statt Butter zum Kochen, Braten oder Backen. Ansonsten achte ich auf meine Ernährung, lasse aber nichts weg. Meine Frau kocht viel selbst, meist frisch aus dem Garten, und ich esse schon immer viel Obst. Aber wir essen auch schon mal ungesund oder süß. Wenn man sich immer alles verkneift und dadurch nur schlechte Laune hat, kann das doch auch nicht sinnvoll sein. Da sollte jeder für sich ein gesundes Mittelmaß finden.“ Herr T. H., 41 Jahre „Ich esse, was mir schmeckt. Natürlich trinke ich mit Rücksicht auf meine Leber fast keinen Alkohol. Natürlich schaut man, dass man einigermaßen gesund lebt, aber dass ich irgendwie eine besondere Diät einhalten würde, das kann ich nicht sagen.“ Patient*, 57 Jahre *Name ist der Redaktion bekannt • Schwer verdauliche oder blähende Gemüse (Grün-, Rot-, Weiß-, Rosenkohl, Wirsing, Sauerkraut, Lauch, Zwiebeln, Pilze, Paprika, Oliven, Gurken- und Rettichsalat, getrocknete Hülsenfrüchte), sehr fettreiche Zubereitungen • Unreifes Obst, Steinobst, Nüsse, Mandeln, Pistazien, Avocados • Fette Süßigkeiten • Alkohol in jeder Form, kohlensäurehaltige Mineralwässer oder Limonaden, eisgekühlte Getränke • Große Mengen an scharfen Gewürzen, Zwiebeloder Knoblauchpulver Quelle: nach Zürcher G (2008) Wann und wie sollen Patienten ernährt werden? Onkologe 14; 15-21 27 28 Übelkeit | Erbrechen Appetitlosigkeit "Mir wird häufig schlecht, und selbst wenn ich mich nicht übergeben muss, fühle ich mich hundeelend. Gibt es Hausmittel dagegen?" Sowohl NET selbst als auch bestimmte Therapien (z. B. Chemotherapie) können Übelkeit verursachen. Einige einfache Maßnahmen können zur Linderung beitragen: Mehrere kleine Mahlzeiten am Tag sind besser als wenige große. Essen Sie, worauf Sie Lust haben! Damit die Lust nicht vergeht: Essen Sie keine Ihrer Lieblingsspeisen vor einer Therapie – Sie könnten sonst eine Abneigung dagegen entwickeln. Sorgen Sie für Ablenkung beim Essen durch Gespräche, Fernsehen oder Musik. Trinken Sie nicht zum Essen, sondern zwischen den Mahlzeiten. Gleichen Sie den Verlust von Flüssigkeit und Mineralstoffen aus, ein Hausmittel ist gezuckerter Tee mit Salzstangen. Stimmen Sie bei häufigem Erbrechen eine eventuelle Nahrungsergänzung mit dem Arzt ab. Bei der Zubereitung gut lüften, damit Sie das Essen erst riechen, wenn es auf den Tisch kommt. Vermeiden Sie Speisen, die intensiv riechen; kalte Speisen sind geruchsärmer als warme, mäßig temperierte verträglicher als heiße. Vorsicht bei sehr süßen, fettigen, frittierten oder scharfen Lebensmitteln – sie können die Übelkeit verstärken und Widerwillen auslösen. Manchmal helfen Salbeitee oder kandierter Ingwer, den unangenehmen Geschmack nach dem Essen bekämpfen Zitronen- oder Pfefferminzbonbons. Patientenzitat: „Die starke Übelkeit bei der Chemotherapie habe ich mit kandiertem Ingwer bekämpft. Auch die traditionelle chinesische Medizin hat geholfen, vor allem die Kräutertees.“ Frau K. M.*, 56 Jahre *Name ist der Redaktion bekannt "Mein Mann ist NET-Patient und hat nur noch selten richtig Appetit. Wie kann ich ihm helfen?" Der Appetit ist ein sehr individuelles Phänomen – genauso verhält es sich mit seinem Gegenteil, der Appetitlosigkeit. Deshalb: Probieren Sie aus! Nicht jede Empfehlung hilft jedem Patienten. Bringen Sie auch in den Speiseplan Abwechslung, denn einige Therapien können das Geschmacksempfinden verändern. Hier einige Anhaltspunkte, an denen Sie sich orientieren können: Statt weniger großer Mahlzeiten lieber mehrere kleinere zubereiten. Kleine Portionen sind leichter zu bewältigen und schrecken nicht ab. Bereiten Sie Ihrem Mann bevorzugt seine Lieblingsspeisen zu, variieren Sie sie gegebenenfalls und verwenden Sie appetitanregende Gewürze wie zum Beispiel frische Kräuter. Verzichten Sie aber auf zu starkes Würzen, auf viel Fett und Zucker. Vor dem Essen regen ein Spaziergang oder Speisen mit milder Säure den Appetit an, zum Beispiel ein Apfel. Machen Sie das Essen zu einem Vergnügen, decken Sie den Tisch schön und appetitlich, nehmen Sie sich Zeit und sorgen Sie bei Tisch für Ablenkung. Reichen Sie zum Essen keine Getränke, da auch Flüssigkeit zum Völlegefühl beiträgt. 29 30 Verstopfung Verstopfung "Ich leide an Verstopfung – kein Wunder bei den vielen Medikamenten, die ich nehme. Wie kann ich meiner Verdauung auf die Sprünge helfen?" Wenn die Verstopfung von Medikamenten herrührt, die Sie brauchen, so ist daran nicht viel zu ändern. Gleichwohl können Sie versuchen, die Folgen in Grenzen zu halten: Trinken Sie morgens auf nüchternen Magen ein Glas Wasser, eventuell mit etwas Milchzucker, und den ganzen Tag über reichlich, mindestens zwei Liter. Bevorzugen Sie Lebensmittel mit Ballaststoffen, etwa Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Gemüse und Salate als Rohkost oder Beerenfrüchte. Auch Joghurt und Sauerkraut(-saft) regen die Verdauung an. Bringen Sie gleich morgens Leben in die Darmtätigkeit, indem Sie ein reichhaltiges Frühstück mit einem heißen Getränk und reichlich Ballaststoffen zu sich nehmen. Verzichten Sie auf alles, was stopft: Kakao, bittere Schokolade, pürierte Bananen und Karotten, geriebener Apfel, Schwarztee, der lang gezogen hat. Regelmäßige Bewegung bringt alle Körperfunktionen in Schwung, auch die Verdauung. Probieren Sie, ob Weizenkleie, Leinsamenschrot, Flohsamenschalen, getrocknete Pflaumen und Aprikosen oder Milchzucker helfen. All diese Mittel sind in Reformhäusern, Drogerien und Apotheken erhältlich. Wenn alles nicht hilft: Fragen Sie Ihren Arzt, was für Sie sonst infrage kommt. Hintergrundwissen: Gute Verdauung bis zum Schluss Für die Stuhlentleerung ist der letzte Teil des Magen-DarmTraktes zuständig, bestehend aus Dickdarm und Mastdarm. Nachdem dem Darminhalt im Dickdarm Wasser und Elektrolyte entzogen wurden, wird er in den Mastdarm transportiert und schließlich ausgeschieden. Die Häufigkeit ist individuell unterschiedlich, als normal gelten drei Mal täglich bis drei Mal pro Woche. Abführmittel fördern die Stuhlentleerung, indem sie die Transportbewegung des Darms (Peristaltik) anregen und/oder den Darminhalt erweichen. Quell- oder Ballaststoffe sind Nahrungsbestandteile, die Flüssigkeit aufnehmen und aufquellen. Dabei dehnen sie die Darmwand und stimulieren so die Peristaltik. Natürliche Quellstoffe, etwa pflanzliche Fasern, sind in der Regel ohne Nebenwirkungen. 31 32 Gewichtsverlust Gewichtsverlust "Obwohl ich normal esse, nehme ich immer weiter ab. Kann ich den Gewichtsverlust aufhalten oder sogar wieder zunehmen?" Starker Gewichtsverlust, verbunden mit Appetitlosigkeit (Anorexie-Kachexie-Syndrom), ist eine häufige Begleiterscheinung von Krebserkrankungen, auch von Neuroendokrinen Tumoren. Ihre Ursachen kann die Ernährung nicht beeinflussen, aber die Gewichtsabnahme lässt sich verzögern oder aufhalten, vielleicht sogar umkehren. Unsere Empfehlungen beschränken sich auf Maßnahmen, die mit herkömmlichen Lebensmitteln umsetzbar sind. Zusätzlich können Pulver zur Energieanreicherung oder Trinknahrung eingesetzt werden, beispielsweise Maltodextrin. Sie sind in Reformhäusern, Drogerien und Apotheken erhältlich. Dazu ist es nötig, dem Körper so viel Energie wie möglich zuzuführen. Mit „normalem Essen“ gelingt das nicht. Ihr Ernährungsplan muss deutlich mehr enthalten. Er wird vielen Empfehlungen widersprechen, die für gesunde Menschen gelten. Kein Wunder – schließlich stellt auch der Tumor Ihren Stoffwechsel auf den Kopf. Einige Nahrungsergänzungsmittel können Ihre normale Kost ganz oder teilweise ersetzen („Astronautenkost“). Derartige Produkte sollten Sie nur nach Rücksprache mit Ihrem Arzt einsetzen. Er kann sie unter bestimmten Umständen auch verschreiben. Der Anspruch, mit der Nahrung möglichst viel Energie aufzunehmen, kann zur zusätzlichen Belastung werden, denn NET-Kranke können häufig keine großen Mengen essen. Deshalb sollte der Speiseplan viel Fett enthalten, das auch in kleinen Mengen viele Kalorien liefert. Hintergrundwissen: Gewichtsverlust und Mangelernährung Etwa 50 Prozent der Krebspatienten verlieren an Körpergewicht. Bei übergewichtigen Patienten fällt dies häufig nicht auf oder kann paradoxerweise sogar als erfreulich fehlgedeutet werden. Ein tumorbedingter Gewichtsverlust ist allerdings ein Zeichen für eine Mangelernährung. Diese sollte unbedingt vermieden werden, da sie die weitere Erkrankungsprognose beeinflusst und die Nebenwirkungen einer Tumortherapie verstärken kann. Als Faustregel gilt: Ein Gewichtsverlust von mehr als 5 Prozent des Körpergewichts innerhalb von drei Monaten weist auf eine Mangelernährung hin. Patientenzitat: „Wir kochen viel selbst aus frischen Zutaten und reichern das Essen dann mit Butter oder Olivenöl an. Gebratener Fisch zum Beispiel mit Salzkartoffeln und Buttersauce bekommt mir fantastisch. Meine spezielle Kraftnahrung ist Milchreis mit Sahne, den ich dann mit Früchten kombinieren kann. Da muss ich allerdings ausprobieren, welche Früchte mir bekommen und welche nicht.“ Patient*, 52 Jahre *Name ist der Redaktion bekannt 33 34 Gewichtsverlust Gewichtsverlust Kalorienreich essen bei Gewichtsverlust Vorschläge für zwei Tagespläne (je 2500 kcal) Kalorienreich, aber trotzdem gesund zu essen, ist gar nicht so einfach. Zur Orientierung haben wir Ihnen hier zwei exemplarische Tagespläne mit je 2500 kcal zusammengestellt. Dabei ist der Anteil der Fett- und Eiweißkalorien an der Gesamtkalorienzufuhr jeweils leicht erhöht (im Vergleich zu den Empfehlungen der DGE* für Gesunde). Trotzdem enthalten unsere Tagespläne einen abwechslungsreichen, wertvollen Mix aus Nährstoffen, Vitaminen, Mineralstoffen und Ballaststoffen. Nicht berücksichtigt sind Getränke wie Tee, Kaffee oder Mineralwasser. Auch hier gilt: Wählen Sie Rezepte nach Verträglichkeit aus und ersetzen Sie gegebenenfalls einzelne Zutaten. Hintergrundwissen: Unterschiedlicher Energiebedarf Generell gilt: Jeder Mensch hat einen anderen Energiebedarf – je nach Geschlecht, Alter, Gewicht und körperlicher Aktivität. Krebskranke, die unter Gewichtsverlust leiden, benötigen bei gleicher Ausgangssituation mehr Kalorien pro Tag als Gesunde. Den für Sie optimalen Gesamtenergiebedarf (kcal) pro Tag sollten Sie mit Ihrem Arzt besprechen. Als Faustregel zum Energiebedarf für Tumorpatienten gilt: • bettlägeriger Patient: 25 kcal/kgKG**/Tag • mobiler Patient: 30-35 kcal/kgKG**/Tag Tagesplan "2500" Frühstück kcal-Angaben ca. 575 kcal Vormittags-Snack Käsebrot, Apfel 1 Scheibe (50 g) feines Vollkornbrot, 30 g Schnittkäse 45 % Fett i. Tr., 1 Apfel (125 g) ca. 275 kcal Mittagessen (mit Dessert) Lachsfilet, Buttergemüse, Pellkartoffeln 300 g Kartoffeln, 100 g Möhren in Würfeln, 100 g Kohlrabiwürfel, 1 TL Butter, 150 g Lachsfilet, 1 TL Öl, Salz, Pfeffer, Zitronensaft, gehackte Kräuter Obstsalat 50 g frische Ananaswürfel, 50 g Erdbeeren, 1 Kiwi, 1 TL Vanillezucker, Zitronensaft, 1 TL Kokosraspel (geröstet) ca. 670 kcal Nachmittags-Snack Erdbeerquark 125 g Speisequark 20 % Fett i. Tr., 100 g Erdbeeren, 1 EL Orangensaft, 1 TL Vanillezucker ca. 190 kcal Abendessen ca. 570 kcal Käse-Rührei auf Tomaten, Schinkenbrot 1 Ei, 1 EL Sahne, 1 EL geriebener Parmesan, Salz, Pfeffer, 1 TL Öl, 5 halbierte Kirschtomaten, 1 TL Pinienkerne (geröstet), Basilikumblättchen; dazu 2 Scheiben (100 g) feines Vollkornbrot, 40 g milder Rohschinken Spätabend-Snack Bananen-Shake 1 pürierte Banane, 1 TL Vanillezucker, 150 ml Vollmilch Rechenbeispiel: Ein 70 kg schwerer Tumorpatient, der nicht bettlägerig ist, benötigt ca. 2450 kcal/Tag, um nicht an Gewicht zu verlieren. Quelle: Adamietz I. A. (2010) Ernährung bei Tumorpatienten. Onkologe 16:81-96 Pfirsich-Müsli, Orangensaft 60 g (Vollkorn-)Haferflocken, 1 Pfirsich (125 g), 1 Becher (200 g) Vollmilchjoghurt, 1 TL Honig, 1 EL gehackte Mandelstifte, Zimt; dazu 1 Glas (200 ml) Orangensaft *DGE = Deutsche Gesellschaft für Ernährung **kgKG = Kilogramm Körpergewicht ca. 230 kcal Gesamt 2510 kcal 35 36 Gewichtsverlust Gewichtsverlust Vegetarischer Tagesplan "2500" Frühstück Käsebrote, Gurke, Orangensaft kcal-Angaben ca. 585 kcal 2 Scheiben (100 g) feines Vollkornbrot, 2 TL Butter, 60 g Schnittkäse 45 % Fett i. Tr., Kresse, 50 g Salatgurke in Scheiben, Pfeffer; dazu 1 Glas (200 ml) Orangensaft Vormittags-Snack Mittagessen Nachmittags-Snack Abendessen Spätabend-Snack Energiespender Bananen-Joghurt 1 Becher (200 g) Vollmilchjoghurt, 1 Banane (125 g), 1 EL Orangensaft, Zimt ca. 245 kcal Gemüse-Pasta mit Frischkäse 100 g Nudeln (z. B. Spaghetti, Penne), 1 EL Olivenöl, 1 kl. gehackte Zwiebel, 100 g gewürfelte Möhren, 1/4 rote Paprikaschote in Würfeln, 50 g Zucchiniwürfel, 2 EL Gemüsebrühe, 2 EL Sahne, 30 g Kräuterfrischkäse 60 % Fett i. Tr., 1 EL Zitronensaft, Salz, Pfeffer, gehackte Frühlingskräuter ca. 660 kcal Aprikosen-Quark 125 g Speisequark 20 % Fett i. Tr., 2 Aprikosen (100 g), 1 EL Orangensaft, 1 TL Vanillezucker ca. 200 kcal Mozzarella mit Tomaten und Basilikum, Brot 1 Päckchen (125 g) Mozzarella in Scheiben, 2 Tomaten in Scheiben, 1 TL Olivenöl, roter Balsamico, Pfeffer, Basilikumblättchen; dazu 100 g Vollkornbaguette ca. 580 kcal Beeren-Smoothie 1 Becher (200 g) Vollmilchjoghurt, 100 ml Orangensaft, 125 g gemischte Beeren (z. B. Himbeeren, Heidelbeeren), 1 TL Honig ca. 240 kcal • Fettreiche Lebensmittel sind beispielsweise Fleisch, Wurst, Käse, Sahne, Eier oder Nüsse. • Fettarme Speisen mit Butter, Sahne, Schmalz, Öl, Crème fraîche oder Margarine anreichern. • Rezepte und Zubereitung ändern. • Milchmixgetränke, Obsttorte, Müsli mit Obst und Nüssen ergänzen den Speiseplan. • Nicht zum Essen trinken – auch Wasser macht satt, liefert aber keine Kalorien. • Stattdessen kalorienreich zwischendurch trinken: Saft, Milch, Frucht- oder Joghurt-Smoothies. • Lieber fünf bis sechs kleinere Mahlzeiten als drei große. • Essen Sie, worauf Sie Lust haben, und immer dann am meisten, wenn der Appetit am größten ist. • Nach dem Mittagessen ein Dessert versuchen. • Abends (vor dem Schlafengehen) kalorienreiche Snacks: Nüsse, Pistazien, Obst mit Schokoguss, Kräcker, Mini-Salami oder Ähnliches. Fett ist willkommen! Man nehme statt … • Salz- oder Pellkartoffeln lieber Kartoffelgratin, Bratkartoffeln oder Püree mit Sahne. • Gedünstetem Gemüse lieber einen Gemüseauflauf mit Käse. • Rohkost lieber Salat mit Sahne-Öl-Dressing. Gesamt 2510 kcal • Obst lieber Obstsalat mit Nüssen oder Obstquark mit Sahne. 37 38 Krebsdiäten Nahrungsergänzung "Gibt es Möglichkeiten, Nahrungsergänzungsmittel bei NET-Patienten sinnvoll einzusetzen?" "Ein Bekannter hat mir von speziellen Krebsdiäten erzählt. Was ist davon zu halten?" Nahrungsergänzung kann sinnvoll sein, wenn ein Mangel anders nicht behoben werden kann. Beispielsweise weil mit der normalen Kost nicht ausreichend Energie und Nährstoffe aufgenommen werden. Ob ein solcher Mangel besteht, sollte Ihr Arzt feststellen. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen: nichts. Wir raten generell zur Vorsicht und auf jeden Fall zur Rücksprache mit Ihrem behandelnden Arzt. Man kann es nicht oft genug wiederholen: Ernährung ist keine Krebstherapie! Nahrungsergänzungsmittel sind nicht immer harmlos! Studien deuten darauf hin, dass hochdosierte Präparate das Auftreten von Krebserkrankungen eventuell sogar begünstigen. Wer sich ausreichend und ausgewogen ernähren kann, braucht keine Nahrungsergänzung. Und ganz sicher können Nahrungsergänzungsmittel eine gesunde Ernährung nicht ersetzen. Von einigen Diäten ist sogar zu befürchten, dass sie Schaden anrichten. Strenge Fastenkuren oder strikt einseitige Ernährungsvorschriften beispielsweise enthalten dem Körper wichtige Nährstoffe vor. Mögliche Folgen sind Gewichtsverlust und Mangelernährung. Vorbehaltlos empfehlen können wir die Erkenntnisse des World Cancer Research Funds, die wir in der Einleitung wiedergeben. Sie beruhen auf dem gesammelten Sachverstand führender Krebs- und Ernährungsexperten weltweit. Patientenzitat: „Eine Zeit lang habe ich gedacht, dass ich jetzt Lebensmittel essen muss, die krebshemmende Stoffe haben oder sogar Krebszellen töten können. Mein Mann hat sich dann gewundert, dass ich immer Himbeeren im Haus hatte und oft Brokkoli gegessen habe, obwohl ich Brokkoli gar nicht mag. Das sind ja so Hoffnungen, an die man sich klammert. Inzwischen habe ich mich von solch abstrusen Vorstellungen gelöst. Ich versuche, mich nach wie vor gesund und abwechslungsreich zu ernähren und auf meinen Körper zu hören. So esse ich, was mir schmeckt und mir gut bekommt. Als Verdauungshilfe, zum Wohlgefühl und zur Krankheitsbewältigung hilft mir viel körperliche Bewegung in schöner Natur. Dies wird mir leicht gemacht, denn der Schwarzwald liegt sozusagen vor meiner Haustür.“ Frau H. B.*, 55 Jahre *Name ist der Redaktion bekannt 39 40 Notizen Impressum Ernährung bei NET – Ein Patienten-Ratgeber Herausgeber: Netzwerk Neuroendokrine Tumoren (NeT) e. V. Wörnitzstraße 115a 90449 Nürnberg www.netzwerk-net.de Konzept + Gestaltung: s&k GmbH healthcare communications Wilhelmstraße 6+8 79098 Freiburg www.sk-healthcare.de Redaktion: Katharina Mellar, Angelika Karl, Peter Strobel, Leona Probst, Heinz-Peter Mosebach, Claudia Limberger Copyright: Die Broschüre „Ernährung bei Neuroendokrinen Tumoren (NET) – ein Patienten-Ratgeber“ und alle in ihr enthaltenen Texte, Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Eine Verwertung, insbesondere die Vervielfältigung, Verbreitung (auch über virtuelle Medien) oder Verwendung bedarf der ausdrücklichen schriftlichen Genehmigung des Herausgebers. Ein herzlicher Dank gilt allen, die mit ihren Tipps, Erfahrungen und mit ihrem medizinischen Sachverstand einen wertvollen Beitrag zur Erstellung dieser Broschüre geleistet haben: den Patienten und Angehörigen, die sich für Interviews zur Verfügung gestellt haben, einerseits und andererseits den genannten wissenschaftlichen Experten. Wissenschaftliche Experten: Prof. Dr. med. P. E. Goretzki Prof. Dr. med. Dieter Hörsch Dr. med. Kai Horstschäfer Dr. med. Lothar Müller Prof. Dr. med. Marianne Pavel Dipl.-Troph. Lydia Pechmann Prof. Dr. med. Stephan Petersenn Dr. med. Anja Rinke Prof. Dr. med. Matthias M. Weber Druck: Breisgau Media Druck GmbH, Teningen Mit freundlicher Unterstützung von Ipsen Pharma GmbH [email protected] 41 NETZWERK Neuroendokrine Tumoren (NeT) e. V. Wörnitzstr. 115a 90449 Nürnberg www.netzwerk-net.de Mit freundlicher Unterstützung von: