Die Kohlenhydratarme und insulinreduzierte Ernährung

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Die Kohlenhydratarme und insulinreduzierte Ernährung – persönliche Erfahrungen eines Typ 1 Diabetiker
Inhalt
In diesem Artikel berichte ich über meine Erfahrungen mit der kohlenhydratarmen und
insulinreduzierten Diät mit mäßigem Protein- und Fettgehalt für mich als Typ 1 Diabetiker. Das
Diabetes-Zentrum in New York hat sich auf diese Diät spezialisiert und dieser Artikel erklärt,
was ich dort gelernt habe und was ich seit Juni 1998 angewandt habe. Ich erkläre die Gründe
und die Vorteile dieser Ernährung und die Widersprüche der kohlenhydratreichen und
insulinintensiveren Kost. Dies ist meine persönliche Meinung und repräsentiert nicht die
Meinung der Organisationen, mit denen ich zusammenarbeite.
Einführung
Ich habe Diabetes seit meinem sechsten Lebensjahr 1957 und spritzte zunächst Insulin einmal,
dann zweimal täglich bis 1959. Im Jahr 1984 erhöhte ich auf drei Injektionen, von 1994 an auf
vier Injektionen täglich.
Ich teste meinen Blutzucker seit 1980 selbst. Vorher habe ich meinen Urin getestet. Ich teste
mich viermal am Tag mit einem auf Plasma kalibriertes Blutzuckermessgerät und treibe
leichten Sport zwei- bis dreimal die Woche.
Ich hatte eine leichte Retinopathie und eine leichte Neuropathie zusammen mit Gastroparesis
(verspätetes Magenentleeren). Die Symptome verschlechterten sich, bevor ich die neue Diät
anfing, und machten mir große Sorgen. Ich versuchte, bessere Blutzuckerwerte zu bekommen
und hielt mich an den Rat der damalige Diabetes Vereinigung, Ärzte, Diabetesberater und
Diätassistenten, eine Diät mit einem hohen Anteil an Kohlenhydraten mit einem niedrigen
glykämischen Index zu essen. Aber mein Blutzuckerspiegel erreichte nicht den normalen Wert
und ich hatte schwere Hypoglykämien als Ergebnis. Der damalige Rat half nicht weiter.
Die kohlenhydratarme Kost
In 1998 wurde ich durch meine vielen Kontakte auf eine andere Diät aufmerksam: die
kohlenhydratarme Ernährumg mit niedrigem glykämischen Index und sehr viel geringeren
Insulindosen und einer Auswahl von verschiedenen Proteinen. Ich besuchte das Diabetes
Zentrum in New York, das auf diese Diät spezialisiert ist. Der Leiter Dr. Richard Bernstein hat
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Typ 1 Diabetes seit mehr als 50 Jahren. Er hält sich an diesen Ernährungsplan seit vielen
Jahren nach vielen anderen Versuchen und berichtet, dass seine Blutzuckerkontrolle damit
wesentlich besser geworden ist. Ich war auch deshalb an seiner Art der Ernährung interessiert,
weil ich über die Jahre gemerkt hatte, dass mein Blutzucker bei weniger Kohlenhydraten
konstanter war. Das hat mich bestärkt auf diese völlig andere Kost umzustellen. Gleichzeitig
blieb ich skeptisch und wollte das Ergebnis abwarten. Ich war beeindruckt über die Berichte
über normale HbA1c Werte in Dr. Bernsteins Buch, auf seiner Website ( http://www.diabetes-n
ormalsugars.com/
),
in den Nachrichten und hatte meine persönliche Erfahrungen. Die kohlenhydratarme Kost ist in
den Vereinigten Staaten und anderen Ländern immer noch umstritten und die Diskussionen in
Diabetes Zeitschriften und Konferenzen nehmen zu.
Ich habe viel ausprobiert und von Juli 1998 bis zum Jahre 2000 habe ich die Zufuhr von 200
Gramm Kohlenhydraten täglich auf 30 – 50 Gramm langsam verwertbare Kohlenhydrate
täglich eingeschränkt.
Mein Ernährungsplan ist nicht einseitig und sollte nicht mit extrem einseitigen Diäten wie einer
eiweißreichen Kost oder einer Diät mit einem hohen Anteil an nicht gesättigten Fettsäuren
verwechselt werden.
Ergebnisse
Meine Insulindosis ist um 55 Prozent auf 16 Einheiten am Tag gefallen. Mein HbA1c hat sich
um 33 Prozent auf 5,6 % normalisiert und fällt weiter. Ich habe viel weniger Schwankungen im
täglichen Blutzuckerspiegel. Die Unterzuckerungen sind weniger stark und können mit 3 – 5
Gramm Glukose ausgeglichen werden. Es gibt keine starken Einbrüche und ich benötige keine
Zwangspausen wie früher mit der kohlenhydratreichen Kost.
Mein Gewicht ist von 84 auf 72 kg gefallen. Mein Body-Mass-Index ist normal. Die Retinopathie
ist stabil. Der Blutdruck ist normal und die Blutfette sind in den letzten vier Jahren, in denen ich
darauf achte, nicht zuviele „ungesunde“ Fette zu essen, im normalen, akzeptablen Bereich. Der
Gewichtsverlust war begleitet mit Azeton im Urin als kurzfristige Erscheinung und ist nicht zu
vergleichen mit einer Ketoazidose aufgrund Insulinmangels.
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Wichtig ist, dass mein Hunger jetzt weniger ist (Insulin regt den Appetit an und aufgrund meiner
Diät verringerte ich die Insulinmenge). Ich habe mehr Motivation, weniger Unlust und meine
Lebensqualität und Zuversicht sind enorm gestiegen. Ich mache weiterhin leichten Sport.
Hintergründe
Die Verringerung der Kohlenhydratzufuhr macht aus verschiedenen Gründen Sinn. Warum soll
man so viel von einem Nahrungsmittel essen, wenn es den Blutzuckerspiegel instabil macht
und mehr Insulin erfordert und weitere Probleme schafft. Es gibt keinen Beweis, dass eine
kohlenhydratreiche Kost eine bessere Blutzuckerkontrolle bietet als eine kohlenhydratarme
Kost und trotzdem wird grundsätzlich eine kohlenhydratreiche Kost empfohlen. Auch
Nierenkrankheiten entstehen eher durch einen hohen Blutzuckerwert als durch das Essen von
viel Eiweiß nach der Meinung von Dr. Bernstein und seinen Fachkollegen. Das gleiche gilt für
die Typ 2 Diabetiker.
Je mehr Kohlenhydrate gegessen werden, desto schwieriger ist die Vorhersehbarkeit, wann
und wie viel der Blutzuckerspiegel steigen wird. Es ist, als wenn man Benzin ins Feuer gießt,
das man nicht kontrollieren kann. Wir wissen auch, dass das Insulin je nach Tageszeit und
Injektionsstelle unterschiedlich wirkt. Diese unterschiedliche Wirkung vergrößert sich durch
eine höhere Insulindosis. Daraus folgt, dass eine kohlenhydratreiche Kost und entsprechende
Insulinmenge den Blutzuckerspiegel unbeständig und unvorhersehbar machen, verglichen mit
einer kohlenhydratarmen Diät und entsprechend weniger Insulin.
Überraschenderweise wird dieses Phänomen im medizinischen Ernährungsratgeber der
amerikanischen Diabetes Vereinigung (ADA) und der australischen Diabetes Vereinigung und
vielen anderen Organisationen erklärt. Die ADA stellt fest, dass Nahrungsmittel mit Stärke
(Kohlenhydrate) den Blutzuckerwert ansteigen lassen, der Anstieg von der Konzentration und
dem Grad der Verarbeitung der Stärke in dem Nahrungsmittel abhängt, was wiederum von
vielen Faktoren beeinflusst wird. Das zeigt deutlich, dass je mehr stärkehaltiges Essen bei
einer Mahlzeit zu sich genommen wird, desto stärker im Ergebnis die möglichen
Schwankungen im Blutzuckerspiegel sind. Obwohl dementsprechend eine geringe Zufuhr von
Kohlenhydraten empfohlen werden müsste, rät die ADA im Gegensatz zu einem hohen Anteil
an Kohlenhydraten - bis zu 60 % der Kalorien, was ungefähr bis zu 300 g Kohlenhydrate am
Tag für eine Person sein kann. Diabetes Australia gibt einen ähnlichen Rat.
Hinzu kommt, dass ein kohlenhydratreiches Essen entscheidende Fehler zur Folge hat.
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Beispielsweise entspricht die Abweichung von 20 % zwischen eingeschätzten und tatsächlich
gegessenen Kohlenhydraten (beispielsweise 20 g Kohlenhydrate) der absoluten Menge an
Kohlenhydrate, die bei einer Hypo empfohlen werden. Dies passiert nicht im Fall einer
kohlenhydratarmen Mahlzeit, weil eine zwanzigprozentige Abweichung nur einige Gramm
Kohlenhydrate entspricht.
Eine verspätete oder unterschiedliche Magenentleerung (Gastroparesis) als Resultat einer
beeinträchtigten Vagus Nerven Funktion (diabetische Neuropathie) verschlimmert den
schwankenden und nicht vorhersehbaren Blutzuckerspiegel. Die medizinische Literatur
schreibt, dass 50 % der Patienten mit Typ 1 und Typ 2 Diabetes darunter leiden. Dies führt zu
noch grösseren Schwankungen im Blutzuckerspiegel bei vermehrter Kohlenhydratzufuhr.
Grosse Mengen an Kohlenhydraten können im Magen für unterschiedliche Zeiten bleiben, und
dann nicht vorhersehbar, und vielleicht sehr plötzlich, verarbeitet werden und in das Blut
gehen, was zu einem schnellen Blutzuckeranstieg führt. Gastroparesis kann auch das Risiko
einer Hypo erhöhen, wenn eine große Menge an Insulin für eine kohlenhydratreiche Mahlzeit
gespritzt wurde und die Kohlenhydrate im Magen bleiben.
Es gibt auch einen lang bewiesenen Zusammenhang zwischen einer hohen Insulindosis
(notwendig für eine kohlenhydratreiche Diät) und der Entwicklung von Gefäßkrankheiten, auch
Herzkrankheiten, unabhängig von anderen Faktoren.
Weiterhin wird zunehmend vermutet, dass auch ein kurzfristiger Anstieg der Blutzuckerwerte
nach den Mahlzeiten zu Folgeerkrankungen aufgrund der Diabetes führen kann. Selbst wenn
der HbA1c Wert im guten Bereich ist, führt eine kohlenhydratreiche Kost mit hoher Insulindosis
unausweichlich zu größeren Schwankungen im Blutzucker als eine kohlenhydrataarme und
insulinreduzierte Diät, was zusätzlichen Schwierigkeiten bei der Behandlung von Diabetes
macht.
Mahlzeiten
Ein Beispiel für eine sättigende Mahlzeit mit 12 g Kohlenhydraten und 120 g Protein ist:
- Suppe aus einem Suppenfond
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- gemischter Salat
- mittlere Portion von einem Steak, Fisch oder proteinhaltiges Gemüse
- gekochtes Gemüse
- Kaffee mit wenig Milch
Ich habe die Leiterin des Forschungslabors für Stoffwechsel und Obesität, Professorin für
Medizin und Biochemie an der medizinischen Fakultät in Boston (Boston Medical Centre, USA)
um Rat gefragt. Sie sah keinen Grund zur Sorge wegen der Ausgewogenheit und der Art der
Diät mit wenigen Kohlenhydraten und mäßigen Verzehr von Eiweiß und Fetten. Es ist auch
einfach, einen solchen Ernährungsplan mit allen Nährstoffen aufzustellen.
Ich habe von solchen Experten erfahren, dass Eiweiß und Fette notwendige Nahrungsmittel
sind, nicht dagegen Kohlenhydrate. Der Körper kann Eiweiß aus Kohlenhydraten produzieren,
insbesondere wenn wenig oder kaum Kohlenhydrate zugeführt werden. Er wandelt das Eiweiß
in Kohlenhydrate mit einem geringen glykämischen Index um, was dem Normalinsulin
entspricht. Ungefähr 10 % des reinen Proteins oder Netto-Protein der Nahrung wird in dieser
Weise umgewandelt. Es gibt keine Nährstoffe im kohlenhydratreichen Essen, die nicht auch in
anderen Nahrungsmitteln enthalten sind, z. B. sind die Vitamine und Mineralien in Früchten
auch in Salaten und Gemüse zu finden.
Reaktionen
Ich wurde zu mehreren Fachkonferenzen zur Gesundheitspflege und von Diabetes
Vereinigungen in Australien, England und Japan eingeladen, um über meine persönliche
Erfahrung mit der Diät zu berichten. Im August 2000 gab ich eine Präsentation bei dem
jährlichen wissenschaftlichen Treffen der australischen Diabetes Vereinigung/australischer
Diabetes Ratgeber Vereinigung auf dem Symposium „Kohlenhydrate – mehr oder weniger?“
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Nach meiner Darstellung machte mein örtlicher Hausarzt zu den Teilnehmern einige
Anmerkungen über mich, unter anderem dass „die Verbesserung des HbA1c Wertes
außergewöhnlich ist ..., die früheren Hypoglykämien weniger sind...., Blutfette im akzeptablen
Bereich sind...; dies sollte zum Anlass für weitere Untersuchungen genommen werden....,
vielleicht ist es an der Zeit, alte Grundsätze in Frage zu stellen. ...“
Professor Paul Moffitt, ein Diabetes Spezialist mit einer Auszeichnung von der australischen
Regierung wegen seines Beitrags zur Diabetesbehandlung schrieb nach meinem Vortrag zu
mir: „Ich vertraue sehr auf eine kohlenhydratarme Diät und befolge sie seit vielen Jahren“.
Die normale Reaktion auf meine Diät ist, dass sie zu einseitig oder es zu schwierig für eine
normale Person ist so zu leben. Das ist auch, was ich dachte, als ich davon hörte, doch
seitdem ich meinen Lebensstil gerändert habe, bin ich unglaublich zufrieden damit und mit den
Ergebnissen. Viele wollen vielleicht nicht die tägliche Kohlenhydratmenge auf 30 g
einschränken, was für einen normalen Blutzuckerspiegel notwendig wäre, aber jeder deutliche
Schritt in diese Richtung, beispielsweise 20 g Kohlenhydrate pro Mahlzeit (auch bei vier
Mahlzeiten am Tag) wird zu starken Verbesserungen führen, wenn auch das Insulin
entsprechend eingestellt wird.
Schlußfolgerung
In diesem Artikel habe ich versucht, die Überlegenheit einer kohlenhydratarmen und
insulinreduzierten Diät aufgrund der besseren Blutzuckerkontrolle und weiteren Vorteilen
gegenüber einer kohlenhydratreichen Ernährung zu zeigen.
Zusammenfassend benötigt eine kohlenhydratarme Ernährung weniger Insulin und dies
bedeutet mehr Vorhersehbarkeit und weniger Schwankungen in dem Blutzuckerspiegel.
Bibliographie
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1. Bernstein RK. Dr. Bernstein`s Diabetes Solution. Little, Brown & Co., 1997
Dank
Mein Dank geht an Dr. Bernstein und seinen Kollegen, durch die ich auf diese Diät
aufmerksam wurde.
Ron Raab, BEc, President, Insulin for Life Incorporated, Australia
Insulin for Life Incorporated
( www.insulinforlife.org ) wurde im Jahr 1999 gegründet, nach meiner zwanzigjährigen Tätigkeit
bei dem internationalen Diabetes-Institut in Melbourne, Australien
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