Mehr als Ballast Mehr als Ballast

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Mehr als Ballast
Bei einer Beratung zu Ernährungsfragen kommt
das Thema Ballaststoffe meist schnell zur Sprache. Als Reformberaterin im MÜLLER Reformhaus Vital Shop in Zürich-Wiedikon kennt sich
Judith Sinniger bestens damit aus.
Ballaststoffe sind nicht nur Ballast: Es handelt sich dabei um
unverdauliche und vom Darm
nicht verwertbare Kohlenhydrate, die ihren positiven Effekt
als Begleitstoffe der Nahrung
entfalten. Unterschieden wird
in wasserlösliche und wasserunlösliche Ballaststoffe. Als Fasern sind sie vor allem in pflanzJudith Sinniger ist gelichen Lebensmitteln enthallernte Ernährungsbeten. Heute gelten Ballaststoffe
raterin und arbeitet
als wichtiger Bestandteil der
als Reformberaterin im
menschlichen Ernährung: «Sie
MÜLLER Reformhaus
sind sehr, sehr wichtig für den
Vital Shop in ZürichStoffwechsel und damit für den
Wiedikon.
ganzen Organismus», wie die
gelernte Ernährungsberaterin Judith
Sinniger mit Nachdruck betont. Ein gesunder Mensch sollte pro Tag 35 Gramm
Ballaststoffe einnehmen. Mit nur 15 bis
20 Gramm liegt der Durchschnitt in der
Bevölkerung deutlich unter dieser Empfehlung.
Zur Person
Ganzheitlicher Effekt von A bis Z
Gerade bei Kohlenhydraten beginnt der
Verdauungsprozess bereits im Mund:
Zuerst werden die festen Fasern von
ballaststoffreichen Lebensmitteln, wie
zum Beispiel die Schalenkörner von Getreide, zerbissen und gekaut. Dabei erfährt das Zahnfleisch eine pflegende
Massage, die unter anderem Parodontose vorbeugt. Zeitgleich gelangt mehr
Speichel zur Nahrung, dessen Enzyme
die Aufspaltung der Kohlenhydrate erleichtern. «Ballaststoffreiche Kost hat
ebenfalls einen positiven Einfluss auf
das Sättigungsgefühl und ist damit
auch interessant für Menschen, die
auf natürliche Weise ihr Gewicht reduzieren wollen; denn normalerweise
tritt die Sättigung erst zehn Minuten
nach der Nahrungsaufnahme ein.» Wer
sein Essen also in Eile herunterschlingt,
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schweizer hausapotheke 4/14
der verpasst in der Regel den optimalen Zeitpunkt, um aufzuhören. Durch
das längere Kauen der Ballaststoffe
gelangt ein Signal – quasi ein Vorbote
des Sättigungsgefühls – in den Magen.
Im Darm sorgen dann vor allem die festen Ballaststoffe dafür, dass die Nahrung vollständig aufquillt und die natürliche Sättigung erreicht wird. Zudem
verlangsamen Ballaststoffe einen Wiederanstieg des Zuckerspiegels nach
dem Essen und verzögern damit ein
erneutes Hungergefühl. Dieser Effekt
ist für Diabetiker besonders wertvoll.
Durch die volumenbedingte Dehnung
des Darms wird schliesslich die Darmbewegung initiiert. «Diese Bewegung
ist sehr wichtig, damit der Speisebrei
nicht im Darm sitzen bleibt und weder
Verstopfung noch Blähungen entstehen
können. Daran leiden heute viele Menschen.» Um ihren Körper zu unterstützen, muss er mit ausreichend Flüssigkeit versorgt werden: «Mindestens 1.5
bis 2 Liter zwischen den Mahlzeiten, je
nach Ballaststoffgehalt der Speisen sogar mehr.»
Vorteil Vegetarier
Feste, unlösliche Ballaststoffe werden
nicht verdaut und verlassen den Körper, wie sie hineingelangt sind. Lösliche Ballaststoffe haben oft die Form
von Stärke, Pektinen und Pflanzengel.
Insbesondere die in Hafer und Gerste
enthaltenen Glucane können sich aufgrund ihrer löslichen Form im Darm ent-
Ballaststoffreich durch
den Tag
Morgen: Vollkornbrot/Vollkorn-Hafermüesli mit getrockneten Feigen
und Pflaumen, Leinsamen und Erdmandeln. Dazu Früchte und Beeren.
Mittag: Reichhaltiger Gemüsesalat
mit Sprossen und Nussmousse.
Abend: Quinoa-Eintopf mit Gemüse,
Linsen und gebratenen Austernpilzen.
Dazwischen: Chia-Smoothie/Vollkornkekse.
Dieses Menü enthält mindestens 30
Gramm Ballaststoffe.
falten und dort Cholesterin und sogar
Giftstoffe binden. Damit sorgen sie für
eine gesunde Darmflora. Zu den besten Ballaststofflieferanten zählen Vollgetreide, Gemüse, Dörrfrüchte, Nüsse
und Hülsenfrüchte. Wer sich also ausreichend vollwertig und vegetarisch
oder vegan ernährt, der kommt auf genügend Ballaststoffe. Judith Sinniger
empfiehlt in jedem Fall den Verzehr von
biologischen Produkten: «Erstens sind
deren Schalen ärmer an Schadstoffen
und zweitens enthält eine Pflanze aus
biologischem Anbau auch mehr sekundäre Pflanzenstoffe.»
Ein vielfältiges Angebot
Geschältes und raffiniertes Getreide ist
bis auf wenige resistente Stärken frei
von Ballaststoffen. Menschen, die einen
sensiblen Magen haben oder sich den
Verzehr von dunklem, ballaststoffreichem Getreide nicht gewohnt sind, sollten anfangs nur fein gemahlene Vollkornprodukte zu sich nehmen und die
Lücke über Gemüse und Früchte schliessen: «Grundsätzlich gilt, je fester ein Gemüse, desto mehr Ballaststoffe enthält
es.» Judith Sinniger verfügt im Reformhaus über eine breite Palette an Alternativprodukten – insbesondere auch
für Menschen mit Zöliakie, die kein
glutenhaltiges Getreide vertragen. Zur
Zeit liegt mit dem sogenannten Superfood Chia-Samen ein natürliches Produkt im Trend, das beide Ballaststoffformen enthält (30%) und hervorragend
Giftstoffe binden kann. «Wer Ballaststoffen Beachtung schenken will, der
sollte langsam anfangen und den Anteil schrittweise erhöhen.» Bei ballaststoffhaltigen Nahrungsergänzungsprodukten mahnt Sinniger zur Vorsicht:
«Kleietabletten oder isolierterte Ballaststoffe als Ergänzung zu einer ballaststoffarmen Ernährung kann einen
gegenteiligen Effekt zur Folge haben.»
Am besten ist es die natürlichen Verdauungshelfer in Form von natürlichen und
biologischen Produkten bei jeder Mahlzeit zu integrieren. Wie in vielen Dingen
ist auch hier Regelmässigkeit eine reine
Gewohnheitssache.
Mischa Felber
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