CME Weiterbildung • Zertifizierte Fortbildung Ophthalmologe 2007 · 104:817–828 DOI 10.1007/s00347-007-1608-8 Online publiziert: 30. August 2007 © Springer Medizin Verlag 2007 Redaktion F. Grehn, Würzburg Unter ständiger Mitarbeit von: A. Kampik, München · B. Seitz, Homburg C. Auw-Haedrich · T. Reinhard Universitätsaugenklinik, Universität Freiburg Chronische Blepharitis Pathogenese, klinischer Verlauf und therapeutische Ansätze Zusammenfassung CME.springer.de – Zertifizierte Fortbildung für Kliniker und niedergelassene Ärzte Die CME-Teilnahme an diesem Fort­bil­dungs­ beitrag erfolgt online auf CME.springer.de und ist Bestandteil des Individualabonnements dieser Zeitschrift. Abonnenten können somit ohne zusätzliche Kosten teilnehmen. Unabhängig von einem Zeitschriften­abonne­ ment ermöglichen Ihnen CME.Tickets die Teilnahme an allen CME-Beiträgen auf CME.springer.de. Weitere Informationen zu CME.Tickets finden Sie auf CME.springer.de. Registrierung/Anmeldung Haben Sie sich bereits mit Ihrer Abo­nnement­ nummer bei CME.springer.de registriert? Dann genügt zur Anmeldung und Teilnahme die An­gabe Ihrer persönlichen Zugangsdaten. Zur erstmaligen Registrierung folgen Sie bitte den Hinweisen auf CME.springer.de. Zertifizierte Qualität Diese Fortbildungseinheit ist mit 3 CME-Punkten zertifiziert von der Landesärztekammer Hessen und der Nord­rheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung und damit auch für andere Ärzte­kammern anerkennungsfähig. Fol­gende Maßnahmen dienen der Qualitäts­ sicherung aller Fortbildungseinheiten auf CME.springer.de: Langfristige Themenplanung durch erfahrene Herausgeber, renommierte Autoren, unabhängiger Be­gut­achtungsprozess, Erstellung der CME-Fragen nach Empfehlung des IMPP mit Vorabtestung durch ein ausgewähltes Board von Fachärzten. Für Fragen und Anmerkungen stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung: Springer Medizin Verlag GmbH Fachzeitschriften Medizin/Psychologie CME-Helpdesk, Tiergartenstraße 17 69121 Heidelberg E-Mail: [email protected] CME.springer.de Die chronische Blepharitis ist eine sehr häufige entzündliche Veränderung der Lider, die nicht selten übersehen wird. Oft liegt eine Hauterkrankung zugrunde (z. B. seborrhoische Dermatitis, atopische Dermatitis, Rosazea). Die Bildung pathologischer Lipase oder Cholesterinesterase durch ortsständige Bakterien und bakterielle Lipopolysaccharide spielen bei der Krankheitsentstehung eine wichtige Rolle, selten echte Infektionen. An der Wimpernbasis sind Collarettes zu sehen, die Meibom-Drüsen weisen überschüssige verflüssigte Sekretion („Seborrhö“) oder eingedicktes Sekret mit Verstopfung der Ausführungsgänge auf. Trockenes Auge, dysfunktionales Tränensyndrom, Veränderungen der Hornhaut oder der Lidstellung sind typische Folgen der chronischen Blepharitis. Die Basistherapie besteht aus der Behandlung der evtl. vorliegenden Hauterkrankung und einer Lidrandpflege. Darüber hinaus sind ggf. konservierungsmittelfreie Benetzungsmittel, Antibiotika, immunmodulierende Substanzen oder chirurgische Eingriffe erforderlich. Schlüsselwörter Blepharitis · Trockenes Auge · Lidrandpflege · Immunmodulatorische Substanzen · Antibiotika Chronic blepharitis · Pathogenesis, clinical features, and therapy Abstract Chronic blepharitis is one of the most common diseases of the eyelids, but surprisingly, it is not often recognized. Frequently, a skin disease such as seborrheic dermatitis, atopic dermatitis, or acne rosacea is the underlying cause of chronic blepharitis. Bacterial pathological lipase, cholesteryl esterase production, and bacterial lipopolysaccharides are pathogenetically relevant. Only rarely do genuine bacterial infections play a role. Collarettes occur at the base of the eye lashes, and the Meibomian glands show either abundant fluid secretion or inspissated secretion with obstruction of the orifices. Chronic blepharitis can include sequelae including dry eye and corneal and lid contour changes. The basic treatment comprises attendance of the underlying dermatological disease and lid hygiene. In addition, preservative-free tear film substitutes, antibiotics, immunomodulatory agents, or even surgical intervention may become necessary. Keywords Blepharitis · Dry-eye syndrome · Lid hygiene · Immunomodulatory treatment · Antibiotics Der Ophthalmologe 9 · 2007 | 817 Die chronische Blepharitis ist eine sehr häufige entzündliche Erkrankung der Lider, die nicht selten verkannt wird. Erstaunlicherweise sind einige der Patienten trotz ausgeprägtem Befund beschwerdefrei und müssen zur Vermeidung weiterer Erkrankungsfolgen, wie einer Pannusbildung bei Hornhautbeteiligung, behandelt werden. Klinischer Verlauf und Pathogenese Klinischer Verlauf Patienten mit einer chronischen Blepharitis klagen häufig über Symptome einer Benetzungsstörung wie FBrennen, FJuckreiz, FEpiphora, FFremdkörpergefühl oder gar FSchmerzen. Nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder können von einer chronischen Blepharitis betroffen sein Selten stellen sie sich aufgrund geröteter Lidränder oder vermehrten Krusten an den Wimpern vor. Nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder sind von dieser Erkrankung betroffen. An der Spaltlampe zeigen sich abhängig von der Lokalisation: Feine vordere Blepharitis, Feine hintere Blepharitis oder Feine Blepharitis mit Beteiligung der gesamten Lidkante. 7 Vordere Blepharitis Die 7 vordere Blepharitis kann durch Staphylokokken bedingt sein, wobei sich FCollarettes (fibrinöses Material um die Wimpernbasis) (. Abb. 1, 2), Fgerötete Lidränder (. Abb. 1, 2), FMadarosis (Fehlen der Wimpern) oder FTrichiasis (. Abb. 3) 7 Seborrhoisch/staphylogene Form zeigen. Bei der gemischten 7 seborrhoisch/staphylogenen Form liegen neben der seborrhoischen Komponente (s. unten) ähnlich starke Entzündungszeichen vor. Die seborrhoische Blepharitis wird der vorderen Blepharitis zugeordnet, wohl wegen der deutlich fettigen Schuppen und Krusten um die Wimpern bei teils verstopften Drüsenausführungsgängen und mitunter außergewöhnlich flüssigem, stark vermehrtem Meibom-Drüsen-Sekret. Hier sind deutlich weniger Entzündungszeichen als bei der vorderen oder der gemischten Blepharitis zu sehen. Bei Vorliegen einer 7 hinteren Blepharitis nehmen die Meibom-Drüsen an Zahl ab, und es folgt ggf. eine Metaplasie der Ausführungsgänge mit Distichiasis (2. pathologische Wimpernreihe). Der chronischen hinteren Blepharitis liegt häufig eine Dysfunktion der Meibom-Drüsen zugrunde [5, 20]. Die Lidkante ist geschwollen und abgerundet (. Abb. 4), und häufig bestehen eine vermehrte Vaskularisation derselben (. Abb. 2) sowie eine Verhornung der Lidkantenhaut. Insbesondere bei einer ulzerierenden und vernarbenden hinteren Blepharitis wirkt die hintere Lidkante häufig uneben. Die Ausführungsgänge der Meibom-Drüsen zeigen oft ein so genanntes „Pouting“, wobei ihre Öffnungen erhaben und durch eingedicktes Sekret verstopft sind (. Abb. 4). In späteren Stadien weisen diese sonst runden Öffnungen häufig eine ovale Form mit nun sichtbar gewordener Innenwand auf. Einer der Gründe für die Verstopfung der Ausführungsgänge mag in der veränderten Zusammensetzung der im 7 Meibom-Drüsen-Sekret enthaltenen Lipide zu finden sein, deren dann erhöhter Schmelzbereich zu einer vermehrten Viskosität des Sekrets selbst führt. Darüber hinaus weist dieses durch den erhöhten Gehalt an verhornten Epithelzellen eine zahnpastaartige Konsistenz auf (. Abb. 5) [9]. Es kann auch trüb oder körnig erscheinen (. Abb. 6). In anderen Fällen sind die Öffnungen der Ausführungsgänge nicht zu sehen, und es lässt sich kein oder nur wenig Sekret exprimieren (. Abb. 4). Durch die Verstopfung können bekanntermaßen 7 Chalazien entstehen, die eine Fremdkörperreaktion gegen in das Gewebe freigesetztes Talgmaterial darstellen. Der Tränenfilm enthält nicht selten Schaum als Zeichen überschüssiger ungesättigter Fettsäuren mit Seifenbildung (. Abb. 6). 7 Hintere Blepharitis 7 Meibom-Drüsen-Sekret 7 Chalazien 818 | Der Ophthalmologe 9 · 2007 CME Abb. 1 8 Collarettes (fibrinöses Material, Pfeile) und gerötete Lidkante bei anteriorer Blepharitis Abb. 2 8 Zunehmende Vaskularisation der Lidkante, einige Collarettes (Pfeil) und kleine Zysten der Zeis-Drüsen (Pfeilköpfe) bei chronischer Blepharitis Abb. 3 8 Trichiasis bei chronischer Blepharitis mit unregelmäßiger Lidkante Abb. 4 8 Schwellung und Abrundung der hinteren Lidkante, Verstopfung mit eingedicktem Sekret, Öffnungen der Meibom-Drüsen-Ausführungsgänge nicht eindeutig erkennbar, Sekret nur schwer ausdrückbar Pathogenese Hauterkrankungen Häufig liegt der chronischen Blepharitis eine Hauterkrankung zugrunde. Ein Drittel dieser Patienten leiden an einer seborrhoischen Dermatitis, welche durch eine Hyperkeratinisierung der Haut, insbesondere an talgdrüsenreichen Arealen, gekennzeichnet ist. Eine Überproduktion an Talg soll jedoch nicht vorliegen. McCulley et al. [20] fanden bei 100% ihrer Patienten mit einer seborrhoischen Blepharitis und sekundären Meibomitis und in 82% der Patienten mit einer seborrhoischen Blepharitis eine seborrhoische Dermatitis. Bei einem weiteren Drittel der Patienten mit chronischer Blepharitis liegt eine 7 Rosazea vor [12]. Praktisch alle Rosazeapatienten leiden an einer chronischen Blepharitis mit Meibom-DrüsenBeteiligung, und in 20% geht die Blepharitis der Hautmanifestation voraus. Chalazien treten bei Patienten mit Rosazea häufig auf. 10% der Patienten mit chronischer Blepharitis leiden an einer atopischen Dermatitis [12]. Eine 7 ektodermale Dysplasie, bei der Meibom-Drüsen fehlen, kann ebenfalls zu einer chronischen Blepharitis führen. Eine abnorme Keratinisierung der Meibom-Drüsen-Ausführungsgänge, die häufig bei oben genannten Hauterkrankungen vorkommt, scheint für die Pathogenese der chronischen Blepharitis bedeutsam. Man findet sie besonders bei den Blepharitisformen mit Verstopfung der Meibom-DrüsenAusführungsgänge ohne wesentliche bakterielle Beteiligung. Histologisch zeigt sich eine Vermehrung von Keratinozyten in den Ausführungsgängen und Öffnungen der Meibom-Drüsen. Ein Drittel der Patienten mit chro- nischer Blepharitis leiden an einer seborrhoischen Dermatitis 7 Rosazea 7 Ektodermale Dysplasie Eine abnorme Keratinisierung der Meibom-Drüsen-Ausführungsgänge scheint für die Pathogenese der chronischen Blepharitis bedeutsam Der Ophthalmologe 9 · 2007 | 819 Abb. 5 8 Zahnpastaartiges Material bei hinterer chronischer Blepharitis Abb. 6 8 Körniges Sekret bei chronischer Blepharitis, schaumige Tränen und vermehrte Gefäße am Lidrand Als weiterer pathogener Faktor der chronischen Blepharitis wird der Hautparasit Demodex folliculorum diskutiert, auf den hier jedoch nicht näher eingegangen wird. Bakterielle Infektionen 7 Bakterielle Lipase Die bakterielle Lidkantenbesiedlung und deren Lipase-/Esteraseaktivität begünstigen die Entwicklung 7 Cholesterin 7 Bakterielle Lipopolysaccharide 7 Tumornekrosefaktor-α Früher vermutete man, dass bei der Entstehung der chronischen Blepharitis bakterielle Infektionen eine wesentliche Rolle spielten [27]. McCulley et al. [20] zeigten, dass dies nur bei 2 Subtypen der Fall ist, nämlich bei der staphylogenen Blepharitis und der kombinierten seborrhoisch/staphylogenen Blepharitis. In diesen Fällen wurden koagulasenegative Staphylokokken, Propionibacterium acnes oder Pityrosporum ovale in Kulturen der Lidkante nachgewiesen, deren 7bakterielle Lipase das Meibom-Drüsen-Sekret verändert. Staphylococcus aureus und Propionibacterium acnes bilden Wachsesterasen und Triglyzeridlipasen, Staphylococcus aureus außerdem eine Cholesterinesterase [7]. Die genannten Bakterien findet man auch in normalen Lidkanten, doch sind sie bei der chronischen Blepharitis möglicherweise in größerer Zahl vorhanden, und spezielle (wohl nicht üblicherweise vorliegende) Stämme könnten für die entzündliche Liderkrankung verantwortlich sein [9]. Bakterielle Lipasen verändern das Sekret der Meibom-Drüsen. Dessen Cholesteringehalt nimmt durch die enzymatische Spaltung der Cholesterinester zu, was wiederum bakterielles Wachstum und Vermehrung, insbesondere von Staphylococcus aureus, begünstigt [25]. Die bakterielle Lidkantenbesiedlung und deren Lipase-/Esteraseaktivität begünstigen die Entwicklung der chronischen Blepharitis. Die Anwesenheit von Cholesterinestern (bzw. ihres Spaltprodukts 7 Cholesterin) ist für die Entwicklung einer Dysfunktion der Meibom-Drüsen offensichtlich erforderlich. 7 Bakterielle Lipopolysaccharide lösen die Bildung von Zytokinen wie dem 7 Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) durch phagozytierende weiße Blutkörperchen oder durch normale Zellen wie Keratinozyten aus [15]. Zytokine führen zum Anstieg von ROS („reactive oxygen species“), die durch nachfolgende NO- (Nitrogenoxid) und HNE(4-Hydroxy-Nonenal)-Bildung eine chronische Blepharitis und eine Keratokonjunktivitis begünstigen (. Abb. 7, 8). Die chronische Blepharitis ist wahrscheinlich eine Folge Fder Veränderungen der Meibom-Drüsen-Fette durch die ortsständige Bakterienflora bzw. ihrer Lipasen, Feiner zellvermittelten Hypersensitivitätsreaktion oder Feines Exotoxins, Fselten einer unmittelbaren Infektion. Weitere Veränderungen der Meibom-Drüsen-Sekrets 7 Polare Fette 820 | Der Ophthalmologe 9 · 2007 Außer der oben angeführten bakteriell bedingten Veränderung der Zusammensetzung der Cholesterinester wurden bei der chronischen Blepharitis weitere pathologische Veränderungen des Meibom-Drüsen-Sekrets beschrieben: 7 Polare Fette fungieren mit einer Schichtdicke von 1–3 Molekülen als Netzmittel (Surfactant) zwischen der wässrigen Phase und der nichtpolaren Fettphase des Tränenfilms. Die polaren Lipide und die aus ihnen stammenden Fettsäuren sind bei der Meibomitis stark ungesättigt und unterschei- CME den sich somit nicht nur von denen bei Kontrollpersonen ohne Blepharitis, sondern auch von denen anderer Blepharitissubtypen [24]. Das Meibom-Drüsen-Sekret von Patienten mit chronischer Blepharitis enthält eine im Vergleich zu Gesunden 2-fach erhöhte 7 sekretorische Phospholipase A2 (sPLA2). Dies ist bedeutsam, weil die sPLA2-Aktivität die Freisetzung der proinflammatorischen Arachidonsäure, einer ungesättigten Fettsäure, induziert. Diese ist eine Vorstufe von Prostaglandin E2(PgE2) und Leukotrien B4. PgE2, Leukotrien B4 sowie die Arachidonsäure selbst aktivieren den entzündungsfördernden TNF-α. Das ebenfalls entzündungsfördernde Fettaldehyd HNE wird beim Vorliegen von ROS aus ungesättigten Fettsäuren wie Linolsäure gebildet. Der Verlust von polaren Lipiden einschließlich der „Übergangs“-Triglyzeride kann den Tränenfilm destabilisieren, indem 1.die nichtpolare Lipidschicht die Wasserverdampfung nur noch ungenügend hemmen kann oder 2.die Grenzfläche zwischen der polaren und nichtpolaren Schicht mit ihren Triglyzeriden beeinträchtigt wird [19]. Dougherty et al. [8] fanden heraus, dass einfach ungesättigte Fettsäuren von Wachs-/Sterolester bei Patienten mit chronischer Blepharitis im Vergleich zu Gesunden erhöht sind. Im Gegensatz hierzu wurde eine Abnahme der einfach ungesättigten nichtpolaren Ölsäure [19] bei chronischer Blepharitis, insbesondere bei der Meibomitis festgestellt, mit Zunahme des Schmelzpunkts und Sekretverfestigung bei normaler Oberflächentemperatur des Auges mit nachfolgender Verstopfung der Meibom-Drüsen-Ausführungsgänge. Unter normalen Bedingungen liegt der Schmelzpunkt des Meibom-Drüsen-Sekrets zwischen 10 und 32°C. Die Bildung von irritierenden Substanzen wie Fettsäuren, die Destabilisierung der Fettschicht durch eine Zunahme an polaren Substanzen und ein für Bakterien geeignetes Milieu begünstigen eine chronische Blepharitis [9]. Die 7 Bindehautimpressionszytologie bei Patienten mit chronischer Blepharitis zeigt Störungen der Epithelzellen mit Rissen der interzellulären Verbindungen, Becherzellverlust und nachfolgend eine Störung der Muzinsekretion. Diese Veränderungen stellen sowohl die Folge als auch die Ursache der chronischen entzündlichen Reaktion der Augenoberfläche dar [3]. 7 Sekretorische Phospholipase A2 (sPLA2) PgE2, Leukotrien B4 sowie Arachidonsäure aktivieren den entzündungsfördernden TNF-α Die Bildung von irritierenden Substanzen, die Destabilisierung der Fettschicht und ein für Bakterien geeignetes Milieu begünstigen eine chronische Blepharitis 7 Bindehautimpressionszytologie Verlust von Meibom-Drüsen Die Meibom-Drüsen sind bei 75% der Blepharitispatienten in ihrer Anzahl reduziert, im Gegensatz dazu ist dies nur bei 20% gesunder Personen der Fall. Dies kann mittels Meibographie mit einer Infrarotvideokamera oder mittels Infrarotfotografie festgestellt werden [16]. Hormonelle Einflüsse Bei der Entstehung der chronischen Blepharitis spielen vermutlich auch Hormone eine Rolle. Ein 7 Androgenmangel oder eine Androgenresistenz bei Frauen [26] scheinen mit einer chronischen Blepharitis assoziiert zu sein. Sowohl Androgen- als auch Östrogenrezeptoren konnten immunhistochemisch in den Basalzellen der Meibom-Drüsen nachgewiesen werden, wobei jedoch das Ausmaß der Expression der Östrogenrezeptoren nicht mit Benetzungsparametern wie Tränenaufreißzeit oder Schirmer-Test korrelierte [2]. 7 Androgenmangel Folgen der chronischen Blepharitis Trockenes Auge McCulley u. Shine [18] postulierten, dass keine Muzinschicht als solche, getrennt von der wässrigen Schicht des Tränenfilms, existiert, sondern vielmehr eine gemischte muzinös-wässrige Schicht, die der polaren Lipidschicht eng anliegt, wobei Letztere sowohl benetzende als auch stabilisierende Eigenschaften besitzt. Die nichtpolare Phase ist nur in Anwesenheit dieser polaren Schicht imstande, das Verdampfen der wässrigen Schicht an der Fett-Luft-Grenze zu verhindern. So bilden die polare und die nichtpolare Schicht eine funktionelle Fettschicht des Tränenfilms, die an die Muzin-WasserSchicht angrenzt. Es wird angenommen, dass die Zusammensetzung der wässrigen Schicht auch die Stabilität der angrenzenden polaren Lipidschicht beeinflussen könnte [24]. Die polare und die nichtpolare Schicht bilden eine der Muzin-Wasser-Schicht angrenzende funktionelle Fettschicht des Tränenfilms Der Ophthalmologe 9 · 2007 | 821 Entstehung von Entzündung: ROS (reactive oxygen species) ↑ Bakterielle Lipopolysaccharide ↓ TNFα-Produktion in Leukozyten und Keratinozyten ↓ ROS (reactive oxygen species) → NFκB → iNOS-Synthese → NO↑ ↓ Entstehung von HNE (4-hydroxynonenal) aus Linolsäure ↓ NFκB iNOS-Synthese Lipase/Esterase Interleukinsynthese NO↑ Anziehung von Entzündungszellen, Reaktion mit Phosphatidyl ethanolamin (polares Lipid) ↑ Plasmaleckage, Aktivierung von phagozytierenden Entzündungszellen Abb. 7 8 Entstehung der Entzündung bei chronischer Blepharitis, bakterielle Lipopolysaccharide: Induktion der Bildung von Zytokinen wie TNF-α durch phagozytierende weiße Blutkörperchen oder normale Zellen wie Keratinozyten, dadurch Anstieg von ROS („reactive oxygen species“), nachfolgend von NO (Nitrogenoxid) und HNE (4-Hydroxy-Nonenal), Resultat: chronische Blepharitis und Keratokonjunktivitis durch Anziehung von Entzündungszellen und Reaktion mit Phosphatidylethanolamin, einem polaren Lipid; bakterielle Lipasen/Esterasen: Begünstigung der Entstehung ungesättigter Fettsäuren wie Linolsäure, dadurch Bildung des entzündungsfördernden HNE Abb. 8 8 Aktivierung von NFκB (Transkriptionsfaktor für das Gen der κLeichtkette des Immunglobins in B-Lymphozyten, zentraler Transkriptionsfaktor und funktioneller Regulator der Immunantwort) durch ROS, dadurch Induktion der iNOS- (induzierbare NO-Synthetase) bzw. NO- und Interleukinsynthese, dadurch Plasmaleckage und Aktivierung phagozytierender Entzündungszellen Lidkantenbeschaffenheit Wimpern: Collarettes? Ausdrückbarkeit des Meibom-Drüsen-Sekret Beschaffenheit des Meibom-Drüsen-Sekret: Fest, granulär, verflüssigt, vermehrt, verringert, klar, trüb? Bei Hinweis auf eine Infektion Bakterienkultur Tränenaufreißzeit, Schirmer-Test Hinweise auf korneale Schädigung: Hornhautstippung, Hornhautinfiltrate, Limbusinsuffizienz? Abb. 10 8 Diagnostik der chronischen Blepharitis Abb. 9 8 Randpannus und vermehrte Hornhautvaskularisation bei chronischer Blepharitis 25–56% der Patienten mit einer chronischen Blepharitis leiden an trockenen Augen Häufige Folgen der chronischen Blepharitis sind konjunktivale Injektion, papilläre Hyperplasie und Stippungen der Augenoberfläche 25–56% der Patienten mit einer chronischen Blepharitis leiden an trockenen Augen (48% der Patienten mit einer Obstruktion der Meibom-Drüsen und 79% mit einer seborrhoischen Blepharitis). 35% dieser Patienten zeigen einen sehr instabilen Tränenfilm mit niedriger Tränenaufreißzeit und niedrigen Schirmer-Test-Werten [20]. Patienten mit einem Ausfall der Meibom-Drüsen produzieren im Vergleich zu Gesunden mehr Tränen. Dies ist vermutlich reflektorisch bedingt. Häufig treten konjunktivale Injektion, papilläre Hyperplasie und Stippungen der Augenoberfläche auf. Hornhautpannus, ulzerierende Keratitis [6], schwerere Folgen der chronischen Blepharitis wie Limbusstammzellinsuffizienz, konjunktivale Narbenbildung oder Lidektropium kommen seltener vor, betonen jedoch die Wichtigkeit, eine Meibom-Drüsen-Erkrankung nicht zu übersehen [9]. Anders herum betrachtet leiden 78% der Patienten mit trockenen Augen an einer chronischen Blepharitis [11]. Wie bereits erwähnt ist der Tränenfilm, wohl durch die Anwesenheit von Seifen, oft schaumig. Die reduzierte Konzentration der polaren Fette Phosphatidylethanolamin und Sphingomyelin im MeibomDrüsen-Sekret soll mit trockenen Augen, z. B. durch vermehrtes Verdampfen der wässrigen Schicht bei Blepharitispatienten, einhergehen [23]. Hornhautbeteiligung Diese umfasst, sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern [10], FStippungen, 822 | Der Ophthalmologe 9 · 2007 CME FRandinfiltrate, FRandulzera, FPannus (. Abb. 9) und FPhlyktänenbildung. Die Hornhautbeteiligung zeigt sich v. a. in Kontaktzonen zwischen Lid und Limbus, bei 2, 4, 8 und 10 Uhr. Die Hornhautinfiltrate können sich infizieren und zum Ulkus entwickeln, ggf. mit nachfolgender Perforation. Die Heilung dieser tiefen Defekte hinterlässt häufig Narben. Die Infiltrate liegen wohl deshalb peripher, weil sich die Antigen präsentierenden Langerhans-Zellen überwiegend in diesem Bereich der Hornhaut befinden. Außerdem kommt C1, die Erkennungseinheit des klassischen Komplementweges, vorwiegend in der peripheren und weniger in der zentralen Hornhaut vor. Dies mag erklären, warum Antigen-Antikörper-Komplexe das Komplementsystem in der peripheren Hornhaut wirksamer aktivieren [6]. Die Entwicklung von Pannus und Limbusstammzellinsuffizienz scheint, zumindest in den Fällen ohne bakterielle Beteiligung, eine Hypersensitivitätsfolge zu sein. Die Hornhautbeteiligung bei chronischer Blepharitis ist meist mit einer staphylogenen Blepharitis assoziiert, kann jedoch auch Folge einer hinteren Blepharitis sein. Folgen im Bereich der Wimpern und Lidstellung Der Entzündungsprozess kann zu zerstörerischen Folgen im Bereich der Lider wie der 7 Trichiasis mit oder ohne Lidfehlstellung führen (. Abb. 3), und mit einer Poliosis, Madarosis, Einkerbungen, 7 Entropium und 7 Ektropium einhergehen. Die bei der chronischen Blepharitis derzeit empfohlene Diagnostik ist in . Abb. 10 zusammengefasst dargestellt. Die Hornhautinfiltrate können sich infizieren und zum Ulkus entwickeln Die Entwicklung von Pannus und Limbusstammzellinsuffizienz scheint zumindest bei fehlender bakterieller Beteiligung eine Hypersensitivitätsfolge zu sein 7 Trichiasis 7 Entropium 7 Ektropium Behandlung Wichtig ist die Therapie einer ggf. zugrunde liegenden Hauterkrankung. Die Basistherapie aller Blepharitissubtypen ist praktisch dieselbe. Therapiemöglichkeiten der nicht infektionsassoziierten chronischen Blepharitis sind in . Abb. 11 zusammengefasst. Die Therapie einer ggf. zugrunde liegenden Hauterkrankung ist wichtig Lidrandpflege 7 Warme Kompressen sollten 5–10 min auf die Lider gelegt werden, um Krusten am Lidrand aufzuweichen und das Meibom-Drüsen-Sekret zu verflüssigen, sodass diese mit 7 feuchten Wattestäbchen leicht entfernt werden können. Bei Patienten mit einer Meibom-Drüsen-Dysfunktion ist eine anschließende Lidmassage mit Ausdrücken des pathologisch veränderten Sekrets, das durch die Erwärmung verflüssigt wurde, sehr nützlich. Die Behandlung ist unabhängig von der Ursache immer die gleiche und zielt darauf ab, irritierende Substanzen zu entfernen. Wir bevorzugen die Durchführung der Lidrandpflege ohne Zusätze wie Seife oder Babyshampoo und befeuchten den Watteträger lediglich mit Leitungswasser. Waschlappen, käufliche Wattestäbchen oder Tupfer (Pads) können verwendet werden. Im akuten Stadium der Erkrankung sollte die gesamte Prozedur 2- bis 4-mal täglich erfolgen. 7 Warme Kompressen 7 Feuchte Wattestäbchen Die Lidrandbehandlung hat die Entfernung irritierender Substanzen zum Ziel Behandlung des begleitenden trockenen Auges Hinsichtlich des „Siccasyndroms“ ist es wichtig zu unterscheiden, welche Schicht des Tränenfilms gestört ist, um entsprechend behandeln zu können. Besonders bei Patienten mit einer Störung der Meibom-Drüsen mit pathologisch veränderter Lipidschicht des Tränenfilms entstehen die Symptome des trockenen Auges durch die vermehrte Verdampfung der wässrigen Schicht. Hier empfehlen wir die Anwendung fetthaltiger Gele, z. B. 7 Carbomergele mit Triglyzeriden als Fettanteil, mindestens 5mal täglich. Neuerdings werden 7 Liposomensprays empfohlen [12], welche auf die geschlossenen Lider gesprüht werden, um die Fettschicht des Tränenfilms zu stabilisieren. Sie sollen die Oberflächentemperatur senken und entzündungshemmend wirken. Sie enthalten Phospholipidvesikel, essenzielle Fettsäuren, Linol- und Linolensäure sowie Vitamin E, welche das mangelhafte MeibomDrüsen-Sekret substituieren sollen. Bei der Anwendung von Benetzungsmitteln ist zu beachten, dass 7 Carbomergele mit Triglyzeriden 7 Liposomenspray Zur Behandlung sollten ausschließlich konservierungsmittelfreie Benetzungsmittel verwendet werden Der Ophthalmologe 9 · 2007 | 823 Lidrandpflege 2-4x täglich ↓ Fehlende Besserung ↓ Zusätzlich konservierungsmittelfreie Benetzungsmittel Bei Rosazea zusätzlich systemisch Tetrazykline ↓ Fehlende Besserung ↓ Zusätzlich lokal immunsuppressive Substanzen (Cyclosporin, Pimecrolimus) Abb. 11 8 Therapie der chronischen Blepharitis ohne Infektion Dexpanthenol- oder hyaluronsäurehaltige Augentropfen können statt lipidhaltigen Benetzungsmitteln zur Behandlung des trockenen Auges eingesetzt werden Bei schweren Verläufen, Randinfiltraten oder Phlyktänen sind steroidhaltige konservierungsmittelfreie Augentropfen indiziert Verkürzte Tränenaufreißzeit ↓ 1. Wahl: Lipidhaltige Gele (konservierungsmittelfrei), liposomenhaltige Sprays 2. Wahl: Hyaluronsäurehaltige Benetzungsmittel (konservierungsmittelfrei) 3. Wahl: Andere Benetzungsmittel (z.B. dexpanthenolhaltig und konservierungsmittelfrei) Schirmer-Test pathologisch ↓ 1. Wahl: Hyaluronsäurehaltige Benetzungsmittel (konservierungsmittelfrei) 2. Wahl: Dexpanthenolhaltige Benetzungsmittel (konservierungsmittelfrei) 3. Wahl: Andere Benetzungsmittel (konservierungsmittelfrei) Abb. 12 8 Übersicht der empfohlenen Benetzungsmittelarten bei chronischer Blepharitis sie konservierungsmittelfrei sind, da Konservierungsmittel die interepithelialen Tight Junctions der Hornhaut und der Bindehaut mit ihren Becherzellen schädigen und somit zu einer Verschlechterung der Ausgangssituation führen [3]. Eine Alternative stellen dexpanthenol- oder hyaluronsäurehaltige Augentropfen dar (. Abb. 12). Immunmodulatorische Behandlung Steroide Schwere Verläufe, insbesondere allergische Formen, machen es erforderlich, steroidhaltige Augentropfen einzusetzen. Bei anderen Subtypen werden sie verordnet, wenn die Hornhaut Randinfiltrate oder Phlyktänen zeigt [10]. Auch hier sollten konservierungsmittelfreie Augentropfen verwendet werden, z. B. Dexamethason 3-mal täglich über 2 Wochen. Aufgrund bekannter möglicher Nebenwirkungen wie Sekundärglaukom oder Katarakt sollten Steroide nur in niedriger Dosierung für kurze Zeit zum Einsatz kommen [13]. Cyclosporin (CsA) CsA scheint besonders bei Patienten mit abnormer Immunantwort vorteilhaft zu sein Rubin u. Rao [22] zeigten in ihrer prospektiv randomisierten Studie an 30 Patienten mit einer hinteren Blepharitis, die entweder Cyclosporin 0,05% oder Tobramycin/Dexamethason erhielten, dass Cyclosporin zu einer deutlicheren Verbesserung der Sekretqualität und Reduktion von Verschwommensehen, Brennen, Juckreiz und Lidgefäßerweiterungen führte. In einer weiteren prospektiv randomisierten Studie an 22 Patienten mit schwerer steroidresistenter atopischer Blepharitis kam es unter der Anwendung von CsA 0,05% im Vergleich zur Placebogruppe zu einer signifikanten Verbesserung von Symptomen und Befunden [1]. Im Gegensatz zu diesen Arbeiten zeigte die ebenfalls prospektiv randomisierte Studie von Perry et al. [21] an 33 Patienten mit hinterer Blepharitis unter der Anwendung von CsA 0,05% bezüglich der okulären Beschwerden, Lidrandvaskularisation, Tarsusgefäßerweiterungen und Fluoresceinanfärbung im Vergleich zur Placebogruppe keinen statistisch signifikanten Unterschied. Die Anzahl von Meibom-Drüsen-Einschlüssen der CsA-Gruppe nahm dafür jedoch statistisch signifikant ab. Cyclosporin A scheint somit besonders bei Patienten mit abnormer Immunantwort vorteilhaft zu sein. Nach unserer eigenen Erfahrung kann CsA 1% oder sogar 2% 2-mal täglich notwendig sein, um eine Beschwerdeminderung und Befundverbesserung zu erreichen. FK506, Pimecrolimus 7 FK506-0,1%-Salbe 824 | Der Ophthalmologe 9 · 2007 Mayer et al. [17] zeigten bei 14 Patienten mit schwerer atopischer Blepharitis einen exzellenten Effekt durch lokal applizierte 7 FK506-0,1%-Salbe. Sie sollte 2-mal täglich auf die Lider einschließlich der Lidkante appliziert werden. Auch bei einer niedrigeren Konzentration von 0,03%, 2-mal täglich angewendet, erbrachte Tacrolimus (FK506) eine deutliche Besserung. Eine mögliche Nebenwirkung stellt die herpetische Keratitis dar. In ausgewählten Fällen mit sonst therapierefraktärer chronischer Blepharitis wendeten wir ein ähnliches Medikament, Pimecrolimus (Elidel®) erfolgreich an, das 2-mal täglich auf die Lider appliziert wird. CME Antibiotika Lokale Antibiose Antibiotika sollten nur bei staphylogener, gemischt staphylogen-seborrhoischer und seborrhoischer Blepharitis sowie Störung der Meibom-Drüsen bei Rosazea angewandt werden. Der 7 Erregernachweis ist essenziell, und die Behandlung sollte sich nach dem Antibiogramm richten, sofern sich darin Erreger finden, die nicht der normalen Hautflora entsprechen. Am häufigsten werden lokal 7 Aminoglykoside oder 7 Quinolone verwendet. Tetrazyklin, systemisch appliziert, ist einer der Hauptpfeiler der Behandlung der chronischen Blepharitis bei Rosazea. Hier geht es nicht nur um den antibiotischen Effekt, sondern auch um die modulierende Wirkung auf die Meibom-Drüsen. Lokal appliziertes Metronidazol ist ebenfalls bei rosazeaassoziierter Blepharitis wirksam – mit geringerem Effekt auf die Augenoberfläche im Vergleich zu den Lidern. Die Antibiotika sollten – wenn möglich – nicht länger als 14 Tage appliziert werden [12], allerdings lässt sich dies in einigen Fällen nicht realisieren. Die lokalen Antibiotika sollten 2- bis 3-mal täglich jeweils nach Durchführung der Lidrandhygiene appliziert werden. Eine lokale Gabe von Salizylsäure kann über die Hemmung der Prostaglandinsynthese und ihren leicht antibiotischen Effekt hilfreich sein [13]. 7 Erregernachweis 7 Aminoglykosid 7 Quinolon Systemisch appliziertes Tetrazyklin ist einer der Hauptpfeiler der Behandlung der chronischen Blepharitis bei Rosazea Systemische Antibiose Die Produktion der Lipase – nicht aber das Wachstum von Staphylococcus epidermidis – wird durch niedrige Tetrazyklindosen gehemmt. Dies könnte zur Minderung der toxischen Hydrolyseprodukte (freie Fettsäuren) führen, die den Krankheitsprozess verschlechtern. Die Beschaffenheit des Meibom-Drüsen-Sekrets und die Tränenaufreißzeit verbessern sich unter systemischer Tetrazyklingabe bei Patienten mit okulärer Rosazea deutlich. 7 Minozyklin normalisiert die Funktion der erkrankten Meibom-Drüsen und verringert die Menge an Bakterien an den Lidern und der Bindehaut von Patienten mit chronischer Blepharitis auf dem Boden einer Rosazea oder seborrhoischen Dermatitis. Die am häufigsten vorkommenden Bakterien Fkoagulasenegative Staphylokokken, FStaphylococcus aureus und FPropionibacterium acne nahmen nach einer Minozyklinbehandlung signifikant ab, nicht jedoch Corynebacterium. Daraus wurde geschlossen, dass einer der Wirkmechanismen der neueren Tetrazyklingeneration die Reduktion bzw. Elimination von Bakterien von den Augenlidern ist. Freie Fettsäuren im Meibom-DrüsenSekret nahmen unter Minozyklinbehandlung ab, was auf einen Lipase hemmenden und/oder einen direkten Effekt auf die Bakterienflora schließen lässt [18]. Die systemische Tetrazyklintherapie ist für mindestens 4–6 Wochen anzuwenden. Bei Kindern zeigte Erythromycin positive Ergebnisse mit Steroid sparendem Effekt. Hammersmith et al. [10] fanden in ihrer retrospektiven Studie, dass Rezidive bei Kindern häufig sind und mit niedrigpotenten Steroiden erfolgreich beherrscht werden können. 7 Minozyklin Bei Kindern zeigte Erythromycin positive Ergebnisse mit Steroid sparendem Effekt Chirurgische Behandlung Die Injektion von 7 Triamcinolonazetat (0,1–0,2 ml Triamcinolonazetat 40 mg/ml) soll Chalazien verkleinern, wobei Patienten mit einer chronischen Blepharitis häufigere Injektionen benötigen [4]. Die Fehlstellung einiger weniger Wimpern wird mit Laser- oder Elektroepilation behandelt. Zuvor sollte gründlich überprüft werden, ob die Ursache der Trichiasis nicht eine relative Verkürzung der hinteren Lidlamelle mit daraus resultierendem Entropium ist. Dies wird häufig übersehen, da die 7 Lidfehlstellung ziemlich diskret sein kann und der Patient sich erfolglosen Epilationsbehandlungen unterzieht. In solchen Fällen ist eine Verlagerung der vorderen Lidlamelle mit Schleimhauttransplantation oder Tarsusdurchtrennung mit Rotation des distalen Fragments hilfreich [14]. 7 Triamcinolonazetat Wimpernfehlstellungen können mit Laser- oder Elektroepilation behandelt werden 7 Lidfehlstellung Fazit Einige unklare Aspekte der chronischen Blepharitis konnten in den vergangenen Jahren geklärt werden, insbesondere der Zusammenhang mit Hauterkrankungen, Bakterien, veränderter FettDer Ophthalmologe 9 · 2007 | 825 zusammensetzung und hormonellen Einflüssen. Spezifische entzündliche Vorgänge, die der chronischen Blepharitis zugrunde liegen, sind verständlicher geworden und bieten neue Behandlungsmöglichkeiten. Der Einfluss der nervalen Versorgung, Vaskularisation und bislang noch unbekannter entzündungsfördernder Substanzen bei der chronischen Blepharitis sind Themen, die weiterer Forschung bedürfen. Korrespondenzadresse PD Dr. C. Auw-Haedrich Universitätsaugenklinik, Universität Freiburg Killianstraße 5, 79106 Freiburg [email protected] Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Literatur 1. Akpek EK, Dart JK, Watson S et al. (2004) A randomized trial of topical cyclosporin 0.05% in topical steroidresistant atopic keratoconjunctivitis. Ophthalmology 111: 476–482 2. Auw-Haedrich C, Feltgen N (2003) Oestrogen receptor expression in Meibomian glands and its correlation with age and dry-eye parameter. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol 241: 705–709 3. Baudouin C (2001) The pathology of dry eye. Surv Ophthalmol [Suppl 2] 45: S211–220 4. Ben Simon GJ, Huang L, Nakra T et al. (2005) Intralesional triamcinolone acetonide injection for primary and recurrent chalazia: is it really effective? Ophthalmology 112: 913–917 5. Bron AJ, Benjamin L, Snibson GR (1991) Meibomian gland disease. Classification and grading of lid changes. Eye 5: 395–411 6. 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Schirmer-Test. II. Messung der Tränenaufreißzeit. III. Untersuchung des Lidrandbefunds, Expression der Meibom-Drüsen-Ausführungsgänge mit Beurteilung der Sekretbeschaffenheit. Nur Aussage I ist richtig. Keine der Aussagen I–III ist richtig. Nur Aussage II ist richtig. Aussagen II und III sind richtig. Alle Aussagen I–III sind richtig. Wie behandeln Sie eine chronische Blepharitis, die sich mit Lidrandpflege und konservierungsmittelfreien Benetzungsmitteln nicht beherrschen lässt? Z usätzlich langfristig steroidhaltige Augentropfen. Umstellung auf konservierungsmittelhaltige Augentropfen. Zusätzlich Cyclosporin-A-Augentropfen. Zusätzlich Augentropfen mit Vasokonstriktiva. Zusätzlich antibiotikahaltige Augensalbe zur Nacht. Welche Befunde erwarten Sie am ehesten bei einer Patientin mit bekannter Rosazea, die über Visusminderung, Schmerzen und Brennen der Augen klagt? Meibomitis, Limbusstammzellinsuffizienz, Hornhautstippung. Collarettes, Limbusstammzell- insuffizienz, Hornhautstippung. Vermehrt verflüssigtes Meibom-Drüsen-Sekret, Lidrandschwellung, Entropium. Collarettes, Trichiasis, Hornhautstippung. Klare Meibom-Drüsen-Sekretion, Hornhautstippung, konjunktivale Injektion. Wie würden Sie obige Patientin bei Vorliegen typischer rosazeaassoziierter Lid- und Hornhautbefunde behandeln? Lidrandpflege, konservierungsmittelfreie Benetzungsmittel, falls darunter keine Besserung eintritt, systemisch Tetrazyklin. Lidrandpflege, lokal Tetrazyklin, konservierungsmittelhaltige Benetzungsmittel. Hinweis für Leser aus Österreich Gemäß dem Diplom-Fortbildungs-Programm (DFP) der Österreichischen Ärztekammer werden die auf CME.springer.de erworbenen CME-Punkte hierfür 1:1 als fachspezifische Fortbildung anerkannt. L idrandpflege, konservierungsmittelfreie Benetzungsmittel. Konservierungsmittelfreie Benetzungsmittel. Systemisch Tetrazyklin. Welche Therapie ist bei einer atopischen Blepharitis wichtig? Lidrandpflege, systemisch Tetrazyklin, konservierungsmittelfreie Benetzungsmittel. Lidrandpflege, systemisch Steroide, konservierungsmittelfreie Benetzungsmittel. Lidrandpflege, langfristig lokal Steroide, konservierungsmittelfreie Benetzungsmittel. Lidrandpflege, lokal Cyclosporin-A-Augentropfen über mehrere Monate, konservierungsmittelfreie Benetzungsmittel. Lidrandpflege, lokal Gentamycin, konservierungsmittelfreie Benetzungsmittel. Wieso ist bei einer hinteren Blepharitis das Meibom-Drüsen-Sekret häufig zahnpastaartig? Weil darin vermehrt Keratin enthalten ist. Weil darin vermehrt ungesättigte Fettsäuren enthalten sind. Weil die Cholesterinesteraseaktivität erhöht ist. Weil darin vermehrt Bakterien enthalten sind. Weil darin vermehrt sekretorische Phospholipase A enthalten ist. Was ist bei einer blepharitisassoziierten Trichiasis zu be- achten, um über die Art der Behandlung zu entscheiden? I. Ob eine Verkürzung der angrenzenden tarsalen Schleimhaut vorliegt. II. Ob eine Hauterkrankung zugrunde liegt. III. Ob eine Vernarbung der angrenzenden Haut vorliegt. Keine der Aussagen I–III ist richtig. Aussagen I und III sind richtig. Nur Aussage III ist richtig. Aussagen I und II sind richtig. Alle Aussagen I–III sind richtig. Wie wird eine Benetzungsstörung bei hinterer Blepharitis mit Verkürzung der Tränenaufreißzeit behandelt? Behandlung der Blepharitis und polyvidonhaltige Augentropfen. Behandlung der Blepharitis und hyaluronsäurehaltige Augentropfen. Behandlung der Blepharitis und lipidhaltige Augentropfen. Behandlung der Blepharitis und Vitamin-A-Augensalbe zur Nacht. Behandlung der Blepharitis allein. Welche Rolle spielen Bakterien bei der chronischen Blepharitis? Sie spielen bei jeder Blepharitisform durch eine Infektion eine Rolle. Sie setzen Enzyme frei, die die Fette des Meibom-Drüsen-Sekrets verändern. D Mitmachen, weiterbilden und CME-Punkte sichern durch die Beantwortung der Fragen im Internet unter CME.springer.de Der Ophthalmologe 9 · 2007 | 827 S ie setzen Enzyme frei, die die wässrige Schicht des Tränenfilms beeinträchtigen. Sie setzen Enzyme frei, die den Muzinanteil des Tränenfilms beeinträchtigen. Sie werden durch die Lidrandpflege effektiver als durch lokale Antibiotika reduziert. Diese Fortbildungseinheit ist 12 Monate auf CME.springer.de verfügbar. Den genauen Einsendeschluss erfahren Sie unter CME.springer.de 828 | Der Ophthalmologe 9 · 2007