Blepharitis – Nummer eins der Augenerkrankungen Teil 2: Diagnose und Therapie Lidrandentzündungen (Blepharitis anterior und Blepharitis posterior) zählen zu den häufigsten Augenerkrankungen. Die Auffälligkeiten bleiben in der Praxis oft unerkannt oder werden in möglichen Konsequenzen, gerade auch für den Kontaktlinsenträger, unterschätzt. Dies hat mehrere Gründe: Seit jeher wird der Untersuchung der Augenoberfläche mehr Beachtung geschenkt als den Augenlidern. Im Anfangsstadium kann eine Blepharitis relativ symptomarm verlaufen und als chronische Erkrankung gibt es immer wieder beschwerdefreie Intervalle. Viele Symptome ähneln denen einer Keratokonjunktivitis sicca, weshalb die Auffälligkeit häufig als trockenes Auge diagnostiziert und symptomatisch mit Tränenersatzmitteln behandelt wird, ohne der eigentlichen Ursache auf den Grund zu gehen. Eine rechtzeitige Diagnose ermöglicht in vielen Fällen eine erfolgreiche kausale Therapie. Diagnose Die Diagnose der Blepharitis beginnt mit einer sorgfältigen Anamnese und der gründlichen Inspektion des Lidrandes, wobei Kontaktlinsenunverträglichkeiten und das tageszeitliche Auftreten der Symptome bereits wichtige Erkenntnisse bringen. Weiterhin umfasst die Diagnose die quantitative und qualitative Beurteilung der Meibomschen Drüsen und des abgesonderten Sekretes, sowie die Beurteilung des Tränenfilms. Die genaue Beachtung der Anzeichen und Symptome im Rahmen der Anamnese kann ohne große Hilfsmittel bereits Abb. 1: Schuppen und Verkrustungen an den Wimpern und Lidrändern (Foto 1, 5, 6: Dr. Heiko Pult, Optometry & Vision Research, Weinheim). wichtige Aufschlüsse geben. Die vordere Blepharitis ist gekennzeichnet durch Rötung und Entzündungsreaktionen der Lidkante sowie strukturellen Veränderungen der Augenwimpern. Eine Einwärtskehrung der Wimpern (Trichiasis), der Verlust von Wimpern (Madarosis) oder eine Vernarbungen an der Lidkante sind deutliche Anzeichen einer Blepharitis. Gerötete oder gereizte Augen, verklebte Wimpern und verschiedenartige Ablagerungen sind weitere okuläre Zeichen, die einfach zu erkennen sind. Die Symptome einer vorderen Blepharitis sind morgens am deutlichsten ausgeprägt. Da eine Blepharitis häufig mit dermatologischen Befunden wie seborrhoischer Dermatits, Akne, Acne rosazea oder Neurodermitis assoziiert ist, geben Hautveränderungen des Gesichts, Erytheme, Teleangiektasien, Papeln und Pusteln weitere wichtige Hinweise. Einige anamnestische Daten erlauben bereits eine Klassifikation der drei Grundformen. Klagt der Betroffene über eine starke Rötung mit viel Sekretabsonderung, so spricht dies für eine staphylokokkenbedingte Blepharitis, liegen hingegen Schmerzen mit nur mäßiger Lidrandrötung vor, ergibt sich der Verdacht auf die seborrhoische Form. Fibrinablagerungen an der Wimpernbasis (Colaretten) sind ebenfalls typisch für diesen Blepharitistyp. Charakteristisch für die hintere Blepharitis, die synonym mit Funktionsstörungen der Meibomschen Drüsen (MGD = Meibomian Gland Dysfunction) benutzt wird, ist die Schaumbildung, die an der unteren Lidkante deutlich sichtbar wird. Bakterielle Lipasen spalten Triglyceride in Mono- und Diglyceride sowie freie Fettsäuren. Durch diesen Verseifungsprozess kommt es zur Schaumbildung. Bei einer MGD ist das im physiologischen Zustand klare und flüssige Sekret der Meibomschen Drüsen zahnpastaartig verdickt und weist eine weißlich bis gelbliche Färbung auf. Aufgrund der Obstruktion der Drüsen, kommt es zu deutlich sichtbaren Talgpfropfen an den Ausführgängen der Drüsen. Dieses „pouting“-Phänomen ist neben der Schaumbildung ein zweites Indiz für das Vorliegen einer MGD. Das unterschiedliche Auftreten der Beschwerden erlaubt eine weitere Differenzierung: entzündliche Beschwerden, wie sie bei Staphylokokkenbefall nachweisbar sind, führen zu morgendlichen Beschwerden. Patienten mit Meibom-Dysfunktion und daraus resultierender hyperevaporativer Keratokonjunktivitis sicca klagen hingegen über Beschwerden, die sich erst später im Tagesverlauf oder am Abend bemerkbar machen. Die Gegebenheit, dass bei einer Blepharitis das Sekret der Meibomschen Drüsen in seiner Zusammensetzung und Kon- u DOZ 04 | 2011 63 OPTOMETRIE sistenz verändert ist, macht die Expression des Meibomschen Sekrets zu einer wichtigen diagnostischen Maßnahme. Dies geschieht, indem man leichten Druck auf die Lidkante ausübt. Dadurch entleeren sich kleine Sekretmengen aus den Ausführgängen der Drüsen. Die qualitative Bewertung erlaubt weitere Rückschlüsse: ein klares dünnflüssiges Sekret ist normal, visköse trübe Sekrete oder das Fehlen von Sekret sind Hinweise auf Funktionsstörungen oder vollständigen Funktionsverlust. Abb. 2: Meibographie einer 28-jährigen Frau mit normalen Drüsen (Foto 2, 3, 4: Topcon). Beurteilung der Meibomschen Drüsen Mittels Meibographie lassen sich die Meibomschen Drüsen optisch darstellen und der Verlust von aktivem Drüsengewebe erkennen und quantifizieren. Ursprünglich wurde das Lid dazu im regredienten Licht durchleuchtet. Moderne „Non-Contact“ Verfahren benutzen infrarotdurchlässige Filter und IR-CCD Kameras. Arita et al. entwickelten ein vierstufiges Beurteilungssystem der Drüsen und konnten mit dieser Technik zeigen, dass Funktionsstörungen der Meibomschen Drüsen sowohl beim Mann als auch bei der Frau mit dem Alter signifikant zunehmen. Das Tragen von Kontaktlinsen kann zu Verkürzungen der Drüsen, bis hin zum vollständigen Verlust führen. [1] In einer anderen Studie wurde durch Meibographie ein erhöhter Verlust von Drüsen bei Frauen gefunden. Eine Ausfallrate bis zu 75 Prozent wurde bei Patienten mit Stevens Johnson Syndrom und schwerer Blepharitis beschrieben. [2] Kürzlich wurde von der Firma Topcon ein Spaltlampenaufsatz (BG-4M) zur Non-Contact Meibographie vorgestellt. Die Meibometrie ist ein einfacher Test zur quantitativen Bestimmung der Lipidmenge auf dem Lidrand. Dabei werden die Lipide der unteren Lidkante auf ein Plastikband übertragen und die Menge anhand von Dichtemessungen bestimmt. Mit dieser Methode konnte gezeigt werden, dass das Volumen des Lidrandreservoirs das ca. 30-fache des Volumens der Lipidschicht des Tränenfilms beträgt. Durch zahlreiche Verbesserungen wird die Meibometrie heute als zuverlässige Diagnosemethode zur Klassifizierung und quantitativen Beurteilung der MGD anerkannt. Patienten mit Funktionsstörungen der Meibomschen Drüsen haben signifikant weniger Tränenfilmlipide als gesunde Kontrollpersonen. [3] Diese Störungen sind die Hauptursache für ein hyperevaporatives trockenes Auge. Damit sollte die Bestimmung der Verdunstungsrate des Tränenfilms wichtige Rückschlüsse auf den Schweregrad zulassen. Die Verdunstung ist abhängig von der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit an der Augenoberfläche. Geschlossene Systeme mit konstanter Temperatur und Feuchtigkeit erlauben zuverlässige Messungen. Bereits 1983 wurde ein signifikanter Unterschied in der Tränenfilmverdunstungs rate bei normalen Augen im Vergleich zu Patienten mit Benetzungsstörungen beschrieben. [4] Evaporationsmessungen bei Kontaktlinsenträgern haben gezeigt, dass die Verdunstungsrate des Tränenfilms unabhängig vom Material höher ist als bei Nicht-Kontaktlinsenträgern. Tränenfilmbeurteilung Aufgrund der Störung des Tränenfilms unterstützt die Messung der Tränenaufreißzeit (Break Up Time = BUT) die Diagnose. Häufig wird bei normalen Schirmerwerten eine verkürzte BUT 64 DOZ 04 | 2011 Abb. 3: Meibographie eines 78-jährigen Mannes mit zwei Drittel Drüsenverlust. Abb. 4: Meibographie einer 31-jährigen Frau mit verkürzten Meibomschen Drüsen. Die Frau hat zwölf Jahre lang Hydrogelkontaktlinsen getragen. gemessen. Da mit dem Schirmertest die Tränenmenge bestimmt wird, spielt er bei der Diagnose der MGD keine bedeutende Rolle. Einige Methoden zur Beurteilung des Tränenfilms sind aufgrund neuer Technologien wieder in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Bei einem trockenen Auge als Folge einer MGD ist die Lipidschicht des Tränenfilms gestört. Die qualitative und quantitative Beurteilung der Lipidphase kann dementsprechend wichtige Aufschlüsse geben. Mit dem Tearscope der Firma Keeler kann anhand von Interferenzen, die durch den Lipidfilm entstehen, die Dicke und Gleichmäßigkeit des Tränenfilms bestimmt und die Wirksamkeit verschiedener Therapieansätze beurteilt werden. Jedes trockene Auge, unabhängig von der Ursache, bewirkt eine Osmolaritätserhöhung des Tränenfilms. War die Osmolaritätsmessung der Tränen früher aufwändig und ungenau, steht heute mit dem Tearlab eine minimal-invasive Methode zur Verfügung, die nur eine kleine Tränenprobe (50nl) benötigt, um die Osmolarität zu bestimmen. Da die Tränenfilmosmolarität diurnalen Schwankungen unterliegt und, je nachdem ob die Probe am Meniskus oder der Augenoberfläche entnommen wird, unterschiedliche Ergebnisse zu erwarten sind, wird die Methode kontrovers diskutiert. Befürworter sehen jedoch in der Osmolaritätsmessung einen wichtigen Indikator für ein trockenes Auge. Aufgrund der Komplexität des Krankheitsbildes Blepharitis und trockenes Auge ist wohl auch zukünftig die Kombination verschiedener Verfahren notwendig um eine Klassifikation und Beurteilung des Schweregrades vorzunehmen, zumal einige der beschriebene Methoden aufwändig und teuer sind und damit eher forschenden Einrichtungen vorbehalten bleiben. Therapie Wenn eine Blepharitis nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wird, kommt es zu Benetzungsstörungen der Augenoberfläche, zu Visusbeeinträchtigungen, Kontaktlinsenintoleranz und damit letztendlich zu einer Beeinträchtigung der Lebensqualität der betroffenen Personen. Am schwersten wiegt der irreversible Verlust der Meibomschen Drüsen. Eine Therapie der Blepharitis vor augenchirurgischen Maßnahmen kann das Operationsergebnis verbessern und das Infektionsrisiko minimieren. Zuerst muss dem Betroffenen der chronische Charakter des Krankheitsbildes vermittelt werden. Auch in Zeiten relativer Beschwerdefreiheit sollten die therapeutischen Maßnahmen mit aller Konsequenz eingehalten werden. Je früher diese Maßnahmen eingeleitet werden, umso größer sind die Erfolgsaussichten. Die Therapie der Blepharitis umfasst im wesentlichen physikalische Maßnahmen und die Gabe von Medikamenten. Lidhygiene Basistherapie jeder Blepharitisform ist die Lidhygiene. Eine vollständige Lidhygiene beinhaltet die Anwendung von Wärme um das verfestigte Sekret zu verflüssigen und die Talgpfropfen zu schmelzen, die Lidmassage um die Ausführgänge von der Obstruktion zu befreien und im letzten Schritt die Lidreinigung um die Sekrete, Schuppen und Ablagerungen zu entfernen. Zur Verflüssigung der Sekrete eignen sich feuchtwarme Kompressen. Dazu werden die in warmes Wasser getränkten Kompressen oder Tücher morgens und abends ca. zehn Minuten auf die geschlossenen Lider aufgelegt. Während dieser Zeit werden Verkrustungen aufgeweicht und Sekretrückstände verflüssigt um später leichter entfernt zu werden. Da das verdickte Meibom-Sekret bei ca. 35 °C zu schmelzen beginnt sind Temperaturen von annähernd 40 °C erforderlich. Feuchte Kompressen kühlen relativ schnell ab. Warme Kirschkernkissen auf den Kompressen helfen die Temperatur über den gesamten Anwendungszeitraum auf dem erforderlichen Niveau zu halten. Eine alternative Therapie bei besonders schweren Verlaufsformen einer Blepharitis stellen Wärmebrillen dar. Sie erzeugen ein feuchtwarmes Mikroklima um den Sekretstau zu lösen und die Augenoberfläche zu befeuchten. Nach der Wärmeanwendung empfiehlt sich eine sanfte Lidmassage um Talgpfropfen zu lösen und den Sekretfluss zu gewährleisten. Neben der diagnostischen handelt es sich hierbei um eine therapeutische Drüsenexpression. Zum Schluss sollten die Lidränder gründlich gereinigt werden. Bei diesem Schritt werden Sekrete, Schuppen, Verkrustungen, Ablagerungen, aber auch Keime von der Lidkante entfernt. Die Lidreinigung kann im einfachsten Fall mit Wattestäbchen erfolgen. Daneben sind verschiedene Lösungen erhältlich, die auf fusselfreie Wattepads aufgetragen werden können. Bequem für unterwegs sind gebrauchsfertige Reinigungskompressen. Abb. 5: Warme Kompresse zur Verflüssigung des verdickten Meibomschen Sekrets. Die Reinigung der Lidränder ist die wichtigste therapeutische Maßnahme, die auch dann konsequent angewandt werden sollte, wenn für die Wärmebehandlung und die Massage im Alltag keine Zeit geblieben ist. Die Lösungen, die mit der Lidkante in Kontakt kommen, sollten keine Duft- oder Farbstoffe enthalten und konservierungsstofffrei sein, um dadurch ein möglichst geringes allergisches Potenzial zu haben. Die Mehrzahl dieser Reinigungslösungen ist auch für Kontaktlinsenträger geeignet. In der Literatur wird häufig Babyshampoo zur Reinigung der Lidränder empfohlen. Davon ist abzuraten, da auch diese „milden“ Shampoos Tenside enthalten, die die eh schon geschädigte Lipidschicht weiter destabilisieren und zu Irritationen führen können. Gegen die Haarbalgmilben Demodex folliculorum und Demodex brevis, die an den Wimpern und der Lidhaut von Blepharitispatienten angesiedelt sind, soll Teebaumöl wirksam sein. [5] Viele Studien haben gezeigt, dass die Maßnahmen der Lidhygiene, einzeln oder in Kombination, zu einer Stabilisierung der Lipidschicht, zu einer reduzierten Verdunstungsrate und damit zu einer deutlichen Verbesserung der Symptomatik des trockenen Auges beitragen. [6] Die Lidhygiene ist eine Maßnahme, die aufgrund der Pathologie der Blepharitis und MGD als kausale Therapie des hyperevaporativen trockenen Auges angesehen werden kann. Tränenfilmsubstitution Da sowohl bei Funktionsstörungen der Meibomschen Drüsen, als auch bei anderen Blepharitisformen Benetzungsstörungen vorliegen, ist neben der Lidreinigung die symptomatische Applikation von Tränenersatzmitteln sinnvoll. Zumeist werden allerdings Tränenersatzmittel empfohlen, die die Pathologie der Blepharitis nur unzureichend widerspiegeln. Nur wenige der verfügbaren Präparate setzten direkt an der Lipidschicht des Tränenfilms an. Liposomale Augensprays enthalten als Wirkstoff Phospholipide, die auch in der Lipidschicht des Tränenfilms zu finden sind. Die Sprays werden auf die geschlossenen Augenlider gesprüht. Ein Teil der Phospholipide gelangt über die Lidkante auf den Tränenfilm, wo die Lipidschicht stabilisiert wird und dadurch die Verdunstung der wässrigmuzinösen Schicht gehemmt werden soll. Als Vorteil wird postuliert, dass der vorhandene natürliche Tränenfilm weniger gestört wird. Es gibt Untersuchungen, die eine deutliche Ver- u DOZ 04 | 2011 65 OPTOMETRIE Abb. 6: Reinigung des Lidrands mit einer speziellen Reinigungskompresse. besserung der Symptomatik bei der Verwendung liposomaler Sprays nach Lasik und Epi-Lasik gezeigt haben, auch im Vergleich mit klassischen Tränenersatzlösungen. [7] Ob die alleinige Gabe von lipid-stabilisierenden Präparaten ausreicht, oder ob eine kombinierte Therapie das Beschwerdebild zusätzlich verbessert, ist fraglich. Eine Vielzahl künstlicher Tränenersatzflüssigkeiten mit unterschiedlichen Wirkstoffen und zusätzlichen Inhaltsstoffen, meist benetzenden Substanzen sind verfügbar. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der Verweildauer am Auge und in Bezug auf die Wechselwirkungen mit den Strukturen der Augenoberfläche und können deshalb entsprechend dem Schweregrad der Benetzungsstörung ausgewählt werden. Als Goldstandard unter den Wirkstoffen ist nach wie vor Hyaluronsäure anzusehen. Das Molekül kommt natürlicherweise am Auge vor und ist deshalb gut verträglich. Das extrem hohe Wasserbindungsvermögen, die lange Verweildauer, die mit der Bindung an bestimmte Rezeptoren des Hornhautepithels zusammenhängt, die Förderung der Wundheilung und Epithelausbreitung sowie die thixotrophen Eigenschaften prädestinieren diese Verbindung geradezu für den Einsatz bei Benetzungsstörungen der Augenoberfläche. Von diesen positiven Eigenschaften kann ein Kontaktlinsenträger in besonderem Maße profitieren Wann immer möglich, sollten unkonservierte Präparate bei der Tränenfilmsubstitution verwendet werden um toxische oder allergische Reaktionen, wie sie für viele Konservierungsstoffe beschrieben wurden, zu vermeiden. Der ph-Wert und die Osmolarität sollten ungefähr den Werten des natürlichen Tränenfilms entsprechen. Ob hypoosmolare Lösungen bei einem gestörten hyperosmolaren Tränenfilm von Vorteil sind scheint fragwürdig. Tränenersatzmittel können das Beschwerdebild des trockenen Auges und den Tragekomfort von Kontaktlinsen wesentlich verbessern, stellen allerdings immer eine symptomatische Behandlungsmethode dar. Medikamentöse Behandlung der Blepharitis Bei schweren Verlaufsformen ist eine lokale Steroidtherapie notwendig, die wegen der möglichen Nebenwirkungen (Glaukom, Katarakt) möglichst kurz sein sollte. Bei der systemischen Antibiotikatherapie werden die Tetra zyklinderivate Doxyzyklin und Minozyklin eingesetzt. Neben der antibiotischen Wirkung stehen die antiinflammatorischen Akti- 66 DOZ 04 | 2011 vitäten dieser Antibiotikagruppe im Vordergrund. Sie beruhen auf der Hemmung bestimmter Metallomatrixproteinasen und der Hemmung der Aktivierung der Phospholipase A2. Darüber hinaus modulieren Tetrazykline das Sekret der Meibomschen Drüsen indem die Aktivität der bakteriellen Lipasen gehemmt wird. Tetrazykline werden auch erfolgreich bei der Acne rosazea eingesetzt. Bei Kindern, bei denen Tetrazykline aufgrund des Nebenwirkungsprofils nicht indiziert sind, kommt Erythromycin zum Einsatz. Derzeit laufen in den USA Zulassungsstudien mit Azithromycin. Azithromycin ist ein Makrolidantibiotikum mit einem breiten Keimspektrum. Unabhängig von der antibakteriellen Wirksamkeit hat Azythromycin auch antiinflammatorische Eigenschaften, und zwar in Konzentrationen, die unter den antimikrobiell wirksamen Werten liegen. Azithromycin reguliert den nukleären Faktor – κB (NF-κB), es reduziert verschiedene proinflammatorische Entzündungsmediatoren (IL-6 und IL-10) und den Tumornekrosefaktor – a (TNF-a) Durch die Hemmung der Lipaseaktivität von Staphylokokken verbessert es die Qualität des Meibom-Sekrets. [8] Bei Patienten mit einer hinteren Blepharitis hat eine einprozentige Azithromycin-Formulierung (topisch) in Verbindung mit warmen Kompressen die Symptome im Vergleich zu warmen Kompressen alleine signifikant verbessert. [8] Azithromycin könnte zukünftig bei der Therapie aller Blepharitisformen eine wichtige Stellung einnehmen. n Dr. Sandor Blümle Literaturverzeichnis [1] Arita R, Itoh K, Inoue K, Kuchiba A et al. Contact Lens Wear is Associated with Decrease of Meibomian Glands. Ophthalmology 2009 (116) 379-384. [2] Alsuhaibani AH, Keith DC, Abramoff MD, Nerad JA. Utility of Meibography in the evaluation of meibomian glands morphology in normal and diseased eyelids. Saudi J. Ophthalmol 2011 (25) 61-66. [3] Versura P, Prefazio V, Campos EC. A critical look at meibometry as a means to monitor Meibomian gland function. Acta Ophthalmologica 2010 (88) 246. [4] Rolando M, Refolo MF. Tear evaporimeter for measuring water evaporation rate from the tear film under controlled conditions in humans. Exp Eye Res. 1983 (36) 25-33. [5] American Academy of Ophthalmology Cornea /External Disease Panel. PreferredPractice pattern Guidelines. Blepharitis. 2008. [6] Olson MC, Korb DR, Greiner JV. Increase in tear film lipid layer thickness following treatment with warm compresses in patients with meibomian gland dysfunction. Eye Contact Lens. 2003 (2) 96-99. [7] Lohmann C, Lindenschmid A, Maier M, Specht H. New Topical Medication to Prevent Dry Eye Symptoms after Epi-Lasik. Cat & Ref Surgery Today. Jan/Feb. 2008. [8] Luchs J. Efficacy of Topical Azithromycin Ophthalmic Solution 1% in the treatment of Posterior Blepharitis. Adv Ther. 2008 (9) 858-870. Die DOZ veröffentlicht unter der Rubrik Optometrie Beiträge, die vom Wissenschaftlichen Beirat der DOZ begutachtet, auf ihre fachwissenschaftliche Tragfähigkeit überprüft und freigegeben wurden. Nähere Auskünfte erteilt Dr. Andreas Berke ([email protected]) oder die Chefredaktion unter [email protected]