Physiolehrbuch Krankheitslehre Allgemeine Krankheitslehre und Innere Medizin für Physiotherapeuten Bearbeitet von Susanne Credner, Gabriele Steffers 1. Auflage 2006. Taschenbuch. 340 S. Paperback ISBN 978 3 13 140421 3 Format (B x L): 24 x 17 cm Weitere Fachgebiete > Medizin > Physiotherapie, Physikalische Therapie Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte. 9 182 9 Gastroenterologie 9.1 Anatomische und physiologische Grundlagen Folgende Strukturen sollen einleitend vorgestellt werden: • „Verdauungsrohr“, das vom Ösophagus bis zum Kolon reicht (Abb. 9.1); • Verdauungsdrüsen, die ihr Sekret über die Papilla Vateri ins Duodenum abgeben (Abb. 9.2): – Leber; – Pankreas. 9.1.1 Verdauungskanal Bereits in der Mundhöhle beginnt die mechanische und enzymatische Zerkleinerung der Nahrung, die im Magen und Duodenum fortgesetzt wird. Die kleinsten Nahrungsbestandteile können im Jejunum und Ileum resorbiert werden. Die Vorgänge, die im gesamten Magen-Darm-Trakt ablaufen, sind in Tab. 9.1 zusammengefasst. Abb. 9.3 zeigt den grundsätzlichen Wandaufbau des Verdauungskanals, der jedoch je nach Funktion der einzelnen Abschnitte variiert. Organe des Brust- und Bauchraumes Mundhöhle (Cavitas oris) Rachen (Pharynx) Speiseröhre (Oesophagus) Magen (Ventriculus) Zwölffingerdarm (Duodenum) Leerdarm (Jejunum) querer Dickdarm (Colon transversum) Krummdarm (Ileum) aufsteigender Dickdarm (Colon ascendens) absteigender Dickdarm (Colon descendens) Blinddarm (Caecum) S-förmiger Dickdarm (Sigmoid) Wurmfortsatz (Appendix vermiformis) Mastdarm (Rectum) Abb. 9.1 Übersicht über die Lage der einzelnen Organe des Verdauungskanals. Steffers, Credner, Allgemeine Krankheitslehre und Innere Medizin für Physiotherapeuten (ISBN 3131404213), © 2006 Georg Thieme Verlag 9.1 Anatomische und physiologische Grundlagen 183 Ductus hepaticus Ductus cysticus Milz Ductus choledochus Gallenblase Pankreasschwanz Papilla Vateri Ductus pancreaticus Pankreaskörper Pankreaskopf Duodenum Abb. 9.2 Der Pankreaskopf ist in das Duodenum eingebettet. Gallen- (Ductus choledochus) und Pankreasgang (Ductus pancreaticus) münden gemeinsam über die Papilla Vateri ins Duodenum. Lumen Mukosa Lamina epithelialis mucosae Abb. 9.3 Grundbauplan der Wand des Verdauungskanals. Lamina basalis Lamina propria mucosae Submukosa Muskelschicht Lamina muscularis mucosae Stratum circulare (Ringmuskel) Plexus myentericus Stratum longitudinale (Längsmuskel) Mesothel (Serosa) Steffers, Credner, Allgemeine Krankheitslehre und Innere Medizin für Physiotherapeuten (ISBN 3131404213), © 2006 Georg Thieme Verlag 9 9 184 9 Gastroenterologie Tabelle 9.1 Abschnitte des Verdauungskanals Abschnitt (Länge) Funktion Mund • • Ösophagus (25 cm) Transport des Speisebreis Magen (25–30 cm) • • • Speicher Mechanisches Zerkleinern der Nahrung Pepsin, Salzsäure → Eiweißspaltung Duodenum (25–30 cm) • • • Im Bereich der Papilla Vateri münden Gallen- und Pankreasgang ein (Abb. 9.2): Gallensäure → Fettspaltung Pankreasenzyme: – Amylase → Kohlenhydratspaltung – Lipase → Fettspaltung – Trypsin → Eiweißspaltung Jejunum (ca. 2 m) und Ileum (ca. 3 m) Kolon (ca. 1,5 m) Mechanisches Zerkleinern der Nahrung Amylase → Kohlenhydratspaltung Oberflächenvergrößerung durch Falten und Zotten auf 100 m2 zur Resorption von: Spaltprodukten und sonstigen Nahrungsbestandteilen Flüssigkeit • • Resorption von Flüssigkeit 9.1.2 Leber Ein Überblick über die Funktionen der Leber zeigt, dass Leberzellen die vielseitigsten Zellen des Organismus sind. • Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel: Unter hormoneller Kontrolle durch das Pankreas hält die Leber den Blutzuckerspiegel konstant, indem es bei Glukoseüberschuss einen Glykogenspeicher anlegt und diesen bei Bedarf wieder mobilisiert. Wenn die Glykogenspeicher gefüllt sind, werden Kohlenhydrate in Triglyzeride überführt und in Form von Körperfett gespeichert. Speicherfette und Aminosäuren können wiederum in Glukose umgewandelt werden. Außerdem bildet die Leber Cholesterin, das unter anderem für den Aufbau von Zellmembranen und die Hormonsynthese wichtig ist. • Eiweißstoffwechsel: Die Leber ist die wichtigste Produktionsstätte für Aminosäuren und Proteine, z. B. Albumin, Gerinnungsfaktoren und Enzyme. Außerdem baut sie Aminosäuren und Proteine ab. Das dabei entstehende Ammoniak wird in Harnstoff verwandelt, der mit dem Urin ausgeschieden wird. • Inaktivierung bzw. Entgiftung: Steroidhormone wie Östrogene und Kortison werden von der Leber inaktiviert. Außerdem macht sie körperfremde Substanzen unwirksam, vor allem Alkohol und Medikamente. • Gallenproduktion: Leberzellen produzieren Gallenflüssigkeit, die zum größten Teil aus Wasser, Gallensäuren, Bilirubin und Cholesterin besteht. Gallensäure wird für die Fettverdauung benötigt. Gallenblase und Gallenwege Abb. 9.3 zeigt die extrahepatischen Gallenwege, über die die Gallenflüssigkeit zur Gallenblase bzw. ins Duodenum gelangt. Die Gallenblase dient als Speicher. Leberdurchblutung Die Blutzufuhr erfolgt über zwei Gefäße: • Die A. hepatica versorgt die Leber mit 500 ml/min sauerstoffreichem Blut. • Die V. portae, die auch als Pfortader bezeichnet wird, bringt 1.000 ml/min nährstoffreiches Blut vom Darm in die Leber. 9.1.3 Pankreas Die Bauchspeicheldrüse liegt retroperitoneal in Höhe der ersten beiden Lendenwirbelkörper und setzt sich aus 3 Teilen zusammen: • Pankreaskopf, der in das duodenale C eingebettet ist und eine enge nachbarschaftliche Beziehung zu den Gallenwegen unterhält (Abb. 9.2); • Pankreaskörper; • Pankreasschwanz. Steffers, Credner, Allgemeine Krankheitslehre und Innere Medizin für Physiotherapeuten (ISBN 3131404213), © 2006 Georg Thieme Verlag 9.2 Gastroenterologische Leitsymptome 185 Bei mikroskopischer Betrachtung kann man zwischen exokrinem und endokrinem Anteil unterscheiden. Exokrine Funktion Das exokrine Pankreas besteht aus Drüsen, die täglich etwa 2 l Pankreassekret mit Verdauungsenzymen produzieren. Dieses wird über den Ductus pancreaticus via Papilla Vateri ins Duodenum geleitet. Die Verdauungsenzyme sind: • Amylase zur Spaltung von Kohlenhydraten; • Lipase zur Spaltung von Fetten; • Trypsin zur Spaltung von Proteinen. Die Bauchspeicheldrüse produziert die Vorstufe Trypsino- 9.2 gen, die erst im Duodenum aktiviert wird, um zu verhindern, dass sich das Organ selbst andaut. Endokrine Funktion Über das ganze Organ verteilt findet man kleine Hormon produzierende Zellgrüppchen, die Langerhans-Inseln, die ihre Produkte direkt ans Blut abgeben: • A-Zellen produzieren Glukagon. • B-Zellen produzieren Insulin (Wirkung siehe Kap. 11.1.1). • Somatostatin, Gastrin und verschiedene Polypeptide. Gastroenterologische Leitsymptome Wichtige gastroenterologische Leitsymptome sind: • Bauchschmerzen (Kap. 3.5.3); • Übelkeit und Erbrechen (Kap. 3.4); • Dysphagie (Schluckstörungen); • Blutungen; • Malassimilationssyndrom; • Veränderte Stuhlgewohnheiten; • Ikterus (Kap. 3.1.4). Tabelle 9.2 Differenzialdiagnosen einer Dysphagie Lokalisation Wichtige Beispiele Rachen • • Entzündungen Tumoren Ösophagus • • • Fremdkörper Ösophagitis Tumoren, v. a. Ösophaguskarzinome Divertikel Hiatushernien Achalasie Spasmen Sklerodermie • • • • • 9.2.1 Dysphagie Schluckstörungen gehen mit dem Gefühl einher, beim Schlucken ein Hindernis überwinden zu müssen. Manchmal äußert der Patient zusätzlich ein Druckgefühl bzw. Schmerzen hinter dem Brustbein. ZNS Ursachen Die wichtigsten Ursachen einer Dysphagie sind in Tab. 9.2 aufgeführt. Bei der genannten Achalasie handelt es sich um eine Motilitätsstörung der Speiseröhre, bei der der untere Abschnitt nur unzureichend erschlafft. Oberhalb des Passagehindernisses ist der Ösophagus erweitert. Jede Schluckstörung muss diagnostisch abgeklärt werden, da ab dem 40. Lebensjahr Ösophaguskarzinome die häufigste Ursache darstellen! Komplikationen Neben den Komplikationen der Grunderkrankung droht die Gefahr der Aspiration und der Aspirationspneumonie (Kap. 8.9). Sonstige Störungen des Schluckreflexes, z. B. bei: • Apoplex • Traumen • Vigilanzstörungen • Sedierung und Narkose • • • Kapitel 9.4.1 9.4.2 9.7.1 9.7.3 13.3.2 3.9 Neuromuskuläre Erkrankungen Tumoren, die den Ösophagus von außen komprimieren Psychogene Ursachen 9.2.2 Gastrointestinale Blutung Je nach Lokalisation der Blutung wird zwischen oberer und unterer gastrointestinaler Blutung (GI-Blutung) unterschieden. • Obere GI-Blutung: Blutungsquelle in Ösophagus, Magen bzw. Duodenum; • Untere GI-Blutung: Blutungsquelle in Jejunum, Ileum bzw. Kolon. Grundsätzlich können erweiterte Blutgefäße (Varizen), Entzündungen, Ulzera sowie Tumoren zu Steffers, Credner, Allgemeine Krankheitslehre und Innere Medizin für Physiotherapeuten (ISBN 3131404213), © 2006 Georg Thieme Verlag 9