Überlagerung von Bewegungen - Vektoren In der Experimentalphysik-Vorlesung haben Sie sich eingehend mit dem Wurf beschäftigt. Anhand dieser Bewegung haben Sie ein wesentliches Prinzip der Mechanik kennengelernt: Eine Bewegung lässt sich in voneinander unabhängige Abläufe zerlegen. Beispiel: Waagerechter Wurf Eine Kugel verlässt eine Abschussvorrichtung in der Höhe h mit der Horizontalgeschwindigkeit vh und fällt unter dem Einfluss der Erdbeschleunigung g . Ihre Bewegung lässt sich dann in die Horizontalbewegung und die Fallbewegung zerlegen: Horizontalbewegung: geradlinig und gleichförmig, d.h. vx (t) = vh = const Z x(t) = t vh dt 0 = vh t. 0 Vertikalbewegung: gleichmäßig beschleunigte Bewegung, d.h. ay (t) = −g = const Z t vy (t) = (−g )dt 0 = −gt 0 Z y (t) = h + t 0 0 Z t vy (t )dt = h + 0 0 1 (−gt 0 )dt 0 = h − gt 2 . 2 Die unabhängige Überlagerung der beiden Bewegungen führt dann zur bekannten Wurfparabel: 1 y (x) = h − g 2 x vh 2 . Im obigen Beispiel haben wir die Bahn der Kugel durch die Angabe zweier Koordinaten x(t) und y (t) charakterisiert. 12 x(t), y(t) 10 y(t 1) y [m] 8 6 4 y(t 2) 2 0 0 2 4 x(t1 ) 6 8 10 x [m] 12 x(t 2) 14 16 Diese messen in einem orthogonalen Koordinatensystem den Abstand eines Punktes vom Koordinatenurprung relativ zu den Koordinatenachsen. Entsprechend zerlegt man die Geschwindigkeit der Kugel in eine Geschwindigkeitskomponente entlang der x-Richtung (Horizontalgeschwindigkeit) und eine Geschwindigkeitskomponente entlang der y -Richtung (Vertikalgeschwindigkeit) Für die (kartesischen) Geschwindigkeitskomponenten gilt dann: vx (t) = lim∆t→0 vy (t) = x(t+∆t)−x(t) ∆t dx = ẋ(t) dt dy = = ẏ (t) dt = (1) (2) In der Experimentalphysik-Vorlesung wurden die verschiedenen Komponenten der Bewegung in einer abkürzenden Schreibweise zusammengefasst: x(t) y (t) vx (t) vy (t) ax (t) ay (t) ~r (t) = ~v (t) = ~a(t) = = ẋ(t) ẏ (t) v̇x (t) v̇y (t) = (3) = ẍ(t) ÿ (t) Die Grundgleichungen der Kinematik lassen sich mit dieser Schreibweise in kompakter Form zusammenfassen: d d~r ~v = ~r˙ = ~r = dt dt d d 2~r ˙ ~a = ~v = ~v = 2 . dt dt (4) Die Umkehrung der Gleichungen lautet entsprechend: Z t ~r (t) = ~r0 + ~v (t 0 )dt 0 t Z 0t ~v (t) = ~v0 + (5) ~a(t 0 )dt 0 t0 bzw. Z t ~r (t) = ~r0 + ~v0 (t − t0 ) + t0 dt 0 Z t0 t0 ~a(t 00 )dt 00 . Beispiel: Kreisbewegung Ein Massepunkt bewegt sich auf einer Kreisbahn um den Koordinatenursprung. Seine Bahn hat dann die Koordinatendarstellung x(t), y(t) 1 y 0.5 0 ϕ=ω t -0.5 -1 -1 -0.5 0 0.5 1 x x(t) = R cos(ωt) y (t) = R sin(ωt) (6) Dann gilt für die Geschwindigkeitskomponenten: vx (t) = ẋ(t) = −Rω sin(ωt) vy (t) = ẏ (t) = Rω cos(ωt) (7) und für die Komponenten der Beschleunigung: ax (t) = v̇x = ẍ = −Rω 2 cos(ωt) = −ω 2 x(t) ay (t) = v̇y = ÿ = −Rω 2 sin(ωt) = −ω 2 y (t). Für die Kreisbewegung gilt also: ~a(t) = −ω 2~r (t) (8) Beispiel: Wurfmaschine In einer Wurfmaschine wird ein Ball mit der Beschleunigung a(t) = bt 2 , unter einem Winkel α gegen die Horizontale während einer Zeit T aus der Ruhe beschleunigt. Wie groß sind seine vertikale und horizontale Geschwindigkeitskomponente, wenn er die Wurfmaschine verlässt? ax = a ∗ cos(α) ay = a ∗ sin(α) Z T ⇒ vx (T ) = 0 Z vy (T ) = 0 T 1 cos(α)b (t 0 )2 dt 0 = cos(α)b T 3 3 1 sin(α)b (t 0 )2 dt 0 = sin(α)b T 3 3 (9)