Reiter‘s Default Logik Ein Problem: Quäker sind normalerweise Pazifisten. Republikaner sind normalerweise keine Pazifisten. Nixon ist Quäker und Republikaner. Ist Nixon Pazifist? Es kann verschiedene "akzeptable" Mengen von Überzeugungen geben, die durch die Default-Information gestützt werden Reiter nennt diese Mengen EXTENSIONEN mögliche Sichtweisen: • jede Extension für sich genommen ist interessant, oder • nur was in allen Extensionen gilt G.Brewka 60 Wissensbasierte Systeme Default-Theorien Default-Theorie: Paar (D,W). W: Menge von Formeln 1. Stufe (sicheres Wissen) D: Menge von "Inferenzregeln" (Defaults) der Form: A:B1, ..., Bn/C äquivalente Notation: A:B1, ..., Bn C intuitive Bedeutung: wenn A ableitbar, alle ¬Bi nicht, dann leite C ab. Default-Theorien generieren Extensionen: D E2 E1 G.Brewka W E3 61 Wissensbasierte Systeme Erwünschte Eigenschaften von Extensionen Eine Extension E 1) soll W enthalten, 2) soll (klassisch) deduktiv abgeschlossen sein, 3) anwendbare Defaults sollen angewendet worden sein, d.h.: A:B/C ∈ D, A ∈ E, ¬B ∉ E impliziert C in E, 4) soll keine "unbegründeten" Formeln enthalten, d.h. für jedes p ∈ E gibt es einen gültigen Default-Beweis Extensionen nicht definierbar als minimale Mengen, die 1), 2), 3) erfüllen! ==> Reiter's Fixpunktkonstruktion G.Brewka 62 Wissensbasierte Systeme Definition von Extensionen: 1. Versuch Extensionen als minimale Mengen, die 1), 2), 3) erfüllen? Gegenbeispiel: 1) Wiener:Trinkt-Wein/Trinkt-Wein 2) Wiener Th({Wiener, ¬Trinkt-Wein}) enthält W, deduktiv abgeschlossen, anwendbare Defaults angewendet, minimal Notation: Th(S) bezeichnet die Menge der klassischen Theoreme von S aber: ¬Trinkt-Wein unbegründet Andere Definition der Extensionen nötig! G.Brewka 63 Wissensbasierte Systeme DL Extensionen Kandidaten werden Test unterworfen: S --> S' S' kleinste Menge, die 1), 2), 3) erfüllt, Konsistenztest in 3) bzgl. S durchgeführt. S besteht Test wenn es sich reproduziert. Beispiel: G.Brewka Th({Wiener, ¬Trinkt-Wein}) --> Th({Wiener}) Th({Wiener, Trinkt-Wein}) --> Th({Wiener, Trinkt-Wein}) 64 Wissensbasierte Systeme Reiters Fixpunktkonstruktion Sei (D,W) eine Default-Theorie, S eine Menge von Formeln. Γ(S) ist die kleinste Menge, für die gilt: 1) W ⊆ Γ(S) 2) Γ(S) = Th(Γ Γ(S)) 3) wenn a:b1,...,bn/c ∈ D, a ∈ Γ(S), ¬bi ∉ S, dann c ∈ Γ(S) Γ S ist Extension von (D,W) gdw. Γ(S) =S äquivalente Definition Sei (D,W) eine Default-Theorie, E eine Menge von Formeln. Definiere eine Folge von Formelmengen E0, E1, ... wie folgt: E0 = W Ei+1 = Th(Ei) ∪ {c | a:b1,...,bn/c ∈ D, a ∈ Ei, ¬bi ∉ E} E ist Extension von (D,W) gdw E = ∪ Ei G.Brewka 65 Wissensbasierte Systeme Charakterisierung mittels Default Beweisen: Sei (D,W) eine Default-Theorie. Ein Default-Beweis für p ist eine Folge d1, d2, ..., dn von Defaults aus D, so daß 1. W ∪ {cons(d1), ..., cons(di-1)} |- pre(di) für 0 < i ≤ n, 2. W ∪ {cons(d1), ..., cons(dn)} |- p Ein Default-Beweis ist gültig bzgl. einer Menge von Formeln E gdw. E konsistent ist mit jeder Konsistenzbedingung eines Defaults im Def.-Beweis E ist Extension von (D,W) gdw. E deduktiv abgeschlossene Obermenge von W ist und es gilt: 1. A:B1, ..., Bn/C ∈ D, A ∈ E, ¬Bi ∉ E (für 1 ≤ i ≤ n) impliziert C ∈ E 2. p ∈ E impliziert es gibt bzgl. E gültigen Default-Beweis für p G.Brewka 66 Wissensbasierte Systeme Extensionen: kleine Beispiele Nichtmonotonie: D = {:a/a}, W = {} D = {:a/a}, W = {¬a} ==> Extension ist Th({a}) ==> Extension ist Th({¬a}) Es kann beliebig viele Extensionen geben: mehrere: D = {:a/a, :¬a/¬a}, W = {} ==> Extension1: Th({a}) ==> Extension2: Th({¬a}) keine: D = {:¬a/a}, W = {} ==> --- skeptische Ableitbarkeit von p: p in allen Extensionen enthalten "mutige" Ableitbarkeit von p: p in einer Extension enthalten Resultate: Extensionen sind minimal, d.h. E ⊆ E' => E = E'. W inkonsistent <=> einzige Extension inkonsistent (falls alle Defaults Konsistenzbedingung haben) G.Brewka 67 Wissensbasierte Systeme Beispiele D W Fixpunkt(e) Vogel(x):Fliegt(x) Fliegt(x) Vogel(Tw) Vogel(x):Fliegt(x) Fliegt(x) Vogel(Tw) Th(W) Ping(Tw) ∀x.Ping(x) => ¬ Fliegt(x) ∀ Vogel(x):Fliegt(x) Fliegt(x) Vogel(Tw) Ping(Tw) Ping(x):¬ Fliegt(x) ¬ Fliegt(x) Vogel(x):Fliegt(x) ∧¬Ping(x) Vogel(Tw) Fliegt(x) Ping(Tw) Th(W ∪ {Fliegt(Tw)}) Th(W ∪ {Fliegt(Tw)}) Th(W ∪ {¬ Fliegt(Tw)}) Th(W ∪ {¬ Fliegt(Tw)}) Ping(x):¬ Fliegt(x) ¬ Fliegt(x) G.Brewka 68 Wissensbasierte Systeme Interessante Teilklassen Normale Defaults a:b b Existenz von Extensionen garantiert Semimonotonie: wenn E Extension von (D,W), dann gibt es Extension E' von (D ∪ D', W) mit E ⊆ E'. Super-normale Defaults :b b Extensionen sind Theoreme von W zusammen mit maximal W-konsistenter Teilmenge von Default-Konklusionen Semi-normale Defaults a:b ∧ c b Prioritäten lassen sich codieren keine Existenz von Extensionen: :a ∧¬ c a G.Brewka :b ∧ ¬ a b 69 :c ∧ ¬ b c Wissensbasierte Systeme Wie findet man Extensionen? I. Extensionen haben immer die Form Th(W ∪ Consequents(D')) wobei D' ⊆ D. II: Extensionen sind konsistent (außer W inkonsistent oder Defaults ohne Konsistenztest kommen vor) Also: 1) identifiziere Kandidaten für D', die obige Bedingungen erfüllen 2) überprüfe, ob die Fixpunktbedingung erfüllt ist Beispiel: W: A => ¬B D: A: C/C, :B/B, :A/A W ∪ {A,B} inkonsistent Kandidaten: Th(W ∪ {A,C}) Th(W ∪ {B,C}) Th(W ∪ {A}) + − − Th(W ∪ {B}) Th(W ∪ {C}) Th(W ∪ {}) + − − Beachte: Teilmengen von Extensionen sind nie Extensionen G.Brewka 70 Wissensbasierte Systeme Kontraposition für Defaults? klassische Logik: A => B äquivalent zu ¬B => ¬A Bei Defaults Kontraposition nicht immer erwünscht: Informatiker wissen normalerweise nicht viel über Nichtmonotonie. aber nicht: Wer viel über Nichtmonotonie weiss, ist normalerweise kein Informatiker Verwendung von Inferenzregeln vermeidet Probleme mit Kontraposition G.Brewka 71 Wissensbasierte Systeme Probleme mit DL 1. manchmal zu schwach: Fallunterscheidungen emu: rennt rennt strauss: rennt rennt emu v strauss rennt nicht ableitbar. 2. manchmal zu stark: keine Gesamtkonsistenz aller Konsistenzannahmen : nutzbar(x) &¬gebrochen(x) gebrochen(l-arm) v gebrochen(r-arm) nutzbar(x) nutzbar(l-arm) & nutzbar(r-arm) ableitbar 3. Repräsentation von Prioritäten zwischen Defaults nicht einfach. G.Brewka 72 Wissensbasierte Systeme Probleme, ctd. 4. Nicht-Kumulativität: Zufügen von Theoremen ändert Resultate (Makinson) Inferenzrelation |- ist kumulativ gdw: X |- a -> (X |- b <-> X ∪ {a} |- b) Was ist die Inferenzrelation von DL? D festhalten: W |- D p gdw. p ist in allen Extensionen von (D,W) |- D ist nicht kumulativ, Gegenbeispiel (Makinson): :p p p ∨ q:¬p ¬p W leer -> es gibt eine Extension, sie enthält p, damit auch p ∨ q W={p ∨ q} -> es gibt zusätzliche Extension mit ¬p Also: G.Brewka {} |- D p ∨ q und {} |- D p , aber nicht {p ∨ q} |- D p 73 Wissensbasierte Systeme