Ernährung Ballast macht leicht « Auch Unverdauliches kann für die Ernährung wichtig sein. » Héloise Léger W ertlos seien sie und eine Behinderung der Verdauung – das sagte man noch vor wenigen Jahrzehnten über die Bal­ laststoffe, die Nahrungsfasern. Scharen von Ingenieuren in der rasch wachsenden Lebensmittelindustrie setzten alles daran, sie aus der Nahrung zu entfernen. Ziel war ein hoher Energiegehalt der Lebensmittel, möglichst mit viel tierischem Eiweiss und Fett. Das moderne Leben verlange danach, hiess es. Doch in der Zwischenzeit hat man dazugelernt, und man weiss es heute besser – wenn man will. In den 70er Jahren haben die um sich greifenden Zivilisationskrankheiten zum Nach­ und Umdenken und zum Handeln beim Einkaufen und in der Küche angeregt. Studien haben gezeigt, dass in weniger entwickelten Regionen der Erde, in der Lebensmittel kaum industriell her­ stellt wurden, bestimmte Verdauungskrankheiten und Folge­ beschwerden selten oder gar unbekannt waren. Man entdeckte, dass das an den als wertlos und hinderlich empfundenen Bal­ laststoffen liegen könnte – und daran, dass diese eben doch eine wichtige Aufgabe und damit einen Wert in der Ernährung haben dürften. Bald stieg der Anteil der Ballaststoffe in der Nahrung wieder an. Ballaststoffe sind Bestandteile der Nahrung, die in der Regel we­ der verdaut noch absorbiert werden können. Sie kommen vor allem in pflanzlichen Lebensmitteln vor – werden aber auch aus Lebensmittelrohstoffen und synthetisch gewonnen. Es gibt wasserunlösliche Ballaststoffe und wasserlösliche. Letztere, etwa das bekannte Agar­Agar, verwendet man zum Beispiel zum Ver­ dicken von Lebensmitteln. Heute gehört es zum Allgemeinwissen, das bereits in der Gesund­ heits­ und Ernährungslehre in der Schule vermittelt wird: Bal­ laststoffe gehören ins Essen; sie fördern die Verdauung, schützen wahrscheinlich vor Dickdarmkrebs, Gallensteinleiden, hohem 12 Cholesterinspiegel und vor Herz­ und Kreislaufbeschwerden, sie binden schädliche Stoffe im Darm, helfen der Zahnkaries vorbeugen und beeinflussen den Blutzuckerspiegel in einer posi­ tiven Weise. Zudem produzieren Darmbakterien aus Ballast­ stoffen positiv auf den Organismus wirkende Stoffwechsel­ produkte. In der Regel sind Ballaststoffe Fasern. Diese zwingen einen zum längeren Kauen, was am Anfang einer besseren Verdauung steht: Zerkleinerte und mit Speichel vermischte Nahrung lässt sich einfacher verdauen. Ballaststoffe vergrössern das Volumen der Nahrung, ohne de­ ren Energiegehalt zu erhöhen. Das grössere Volumen dehnt den Magen stärker, was zu einem grösseren Sättigungsgefühl führt. Durch den Magen gehen die Ballaststoffe weitgehend unverän­ dert, aber sie nehmen auf ihrem Weg bis zum Hundertfachen ihres eigenen Gewichtes an Wasser auf und quellen. Damit verlangsamen sie den Transport der Nahrung. Erst im Dickdarm gelangen die Ballaststoffe teilweise in den Stoffwechsel, weil sie von den Verdauungsenzymen nicht oder nur teilweise abgebaut werden. Speisebrei, der reich an Ballast­ stoff ist, übt einen stärkeren zusätzlichen Druck auf die Darm­ wand aus, was die Darmtätigkeit anregt, die Verweildauer der Nahrung im Darm verkürzt und für eine geregelte Darmtätigkeit sorgt. Nachteilig und mit Verstopfung wirken sich Ballaststoffe erst aus, wenn man zu wenig trinkt. Kohlenhydrate aus ballaststoffreicher Nahrung werden im Darm langsamer aufgenommen. Deshalb steigt der Blutzuckerspiegel nach dem Essen weniger steil an – und er er fällt weniger steil ab als nach der Aufnahme von Lebensmitteln mit hoher Energie­ konzentration, aber wenigen Ballaststoffen. In der Folge benötigt