www.aerzte-ohne-grenzen.de Ich bin ImMer noch iCH Leben mit HIV/Aids in Südafrika INHALT 3 POSITIV LEBEN Editorial 4 SCHAU, ICH LEBE NOCH Im Porträt: Vier junge Menschen berichten über ihr Leben mit HIV/Aids 6 LEBEN IN KHAYELITSHA Bericht aus dem Township 7 REPUBLIK SÜDAFRIKA: ZAHLEN UND FAKTEN 8 HIV/AIDS – ANSTECKUNG UND VERLAUF 9 DER HIV-TEST 10 DAS VIRUS BLEIBT IMMER IM BLUT Interview über Chancen und Risiken der Behandlung 12 WENN DU MICH LIEBST... Aufklärung und Vorbeugung: Warum Kondome allein keine Lösung sind 14 HERAUSFORDERUNG ZUKUNFT Immer mehr Patienten brauchen Behandlung 15 ZUGANG ZU MEDIKAMENTEN SCHAFFEN Die Medikamentenkampagne 16 GEMEINSAM IM KAMPF GEGEN AIDS ärzte ohne grenzen und die treatment action campaign (TAC) 18 KLEINES LEXIKON 19 IMPRESSUM 2 positiv leben Als wir in Khayelitsha, einem Township in der Nähe von Kapstadt, ankommen, ist dort Sommer. Die Menschen sind fröhlich und die Straßen lebendig. Kaum zu glauben, dass dieses Land von einer tödlichen Krankheit so stark betroffen ist wie kaum ein anderes weltweit: Fast jeder neunte Südafrikaner ist mit HIV infiziert, unter den 15- bis 49-Jährigen sogar jeder fünfte. Das sind rund 5,5 Millionen Menschen. Für ärzte ohne grenzen wollen wir – ein kleines Filmteam und ich – über das Thema HIV/Aids in Khayelitsha berichten. Khayelitsha ist ein Township, ein slumartiges Wohnviertel mit hoher Arbeitslosigkeit und großer Armut. Die Infektionsraten dort sind dramatisch, und doch gibt es auch gute Nachrichten: Im Jahr 2001, als kaum jemand glaubte, dass Aids-Behandlung unter sehr einfachen Bedingungen möglich sein könnte, begann ärzte ohne grenzen mitten im Township mit der Therapie von Aids-Patienten. „Ohne modernste Medizin geht das doch nicht“, meinten die einen. „Da kommt doch keiner, Aids ist ein Tabu“, glaubten die anderen. Heute, nur wenige Jahre später, erhalten dort mehr als 5.000 Menschen lebensverlängernde Medikamente. SÜDAFRIKA Dennoch ist HIV/Aids immer noch ein großes Problem. Wir trafen vier junge Menschen, die auf unterschiedliche Art mit der Krankheit konfrontiert sind. Vier junge Leute, die die Zeit der Sorgen und Ängste kennen und trotzdem den Mut haben, nicht vor dieser Krankheit davonzulaufen. Diese vier – die beiden jungen Frauen Nokubonga und Nolubono sowie die jungen Männer Thembelihle und Athini – kommen hier zu Wort. Wir berichten auch darüber, wie die Aids-Behandlung verläuft, was in der Aufklärung dringend getan werden muss und welche Herausforderungen in der Zukunft bevorstehen. Aids ist nicht heilbar. Doch ein Leben mit HIV/Aids ist möglich. Alina Kanitz Öffentlichkeitsarbeit ärzte ohne grenzen 3 , Schau ich lebe noch Nolubono Sigonyela Ich bin Nolubono Sigonyela, 22 Jahre alt und seit zwei Monaten wieder verliebt. Ich habe meinem Freund erzählt, dass ich HIVpositiv bin, aber er glaubt mir nicht. Er sagt, ich sähe so gesund aus, gar nicht wie die anderen. Auf jeden Fall benutzen wir Kondome. Angesteckt habe ich mich bei meinem Ex-Freund. Ich war 19. Erst haben wir Kondome benutzt. Aber später haben wir einander vertraut und die Kondome weggelassen. Doch dann sah ich seine Symptome. Er hat sich geweigert in die Klinik zu gehen und einen Test machen zu lassen. Da habe ich mich von ihm getrennt. Bis zum Schluss hat er abgestritten, HIV-positiv zu sein. Ich selbst habe den Test gemacht. Ich hatte große Angst, und danach habe ich eine Woche lang nur geweint. Ich hatte niemanden, dem ich wirklich vertrauen konnte. Meine Mutter ist gestorben, als ich zehn war. Mein Bruder und ich sind bei einer Tante aufgewachsen. In der Zeit nach dem Test habe ich meine Mutter wirklich sehr vermisst. Seit einem Jahr nehme ich nun meine Medikamente, jeden Tag genau um 9 und um 21 Uhr. Als nächstes will ich meinen Schulabschluss nachholen. Nach dem Test hatte ich einfach die Schule geschmissen. Ich dachte, dass ich sowieso sterben würde. Nun bereue ich es. Denn schau, ich lebe noch. Athini Madubela Ich heiße Athini Madubela und bin 20 Jahre alt. Ich konnte so nicht weitermachen, chillen und Spaß haben. Ich musste meinen HIVStatus wissen. Deshalb habe ich mich testen lassen: Ich bin HIV-positiv. Vergangenes Jahr war ich in einen Autounfall verwickelt, vielleicht habe ich mich da infiziert. Meine Mutter ist auch HIV-positiv. Sie weiß es seit ein paar Monaten. Nun muss ich ihr sagen, dass ich ebenfalls positiv bin, aber ich habe Angst davor. Eine Mutter will doch immer das Beste für ihr Kind, oder? Nein, ich denke nicht ständig an den Tod. Man kann auch mit Aids ein positives Leben führen, denn es gibt eine Behandlung. Ich würde später gern hauptberuflich als Schiedsrichter arbeiten. Es macht mir großen Spaß auf dem Fußballplatz zu stehen. 4 Nokubonga Yawa Ich heiße Nokubonga Yawa, und das hier ist meine dreijährige Tochter Sinaye, die ich sehr liebe. Ich lebe mit meiner Mutter, meiner Cousine, meiner Schwester und meinem Bruder in einem kleinen Haus mit zwei Räumen. Es ist sehr eng, und wir schlafen zu viert in einem großen Bett. Ich träume davon, irgendwann ein eigenes Schlafzimmer zu haben. Ich bin HIV-positiv, aber meine Tochter ist negativ. Ich war 16, als ich gleichzeitig erfuhr, dass ich schwanger und HIV-positiv bin. Ich hatte mich bereits von meinem Freund getrennt und habe seitdem keinen Kontakt mehr zu ihm. Ich kenne auch meinen eigenen Vater nicht. Die ganze Familie lebt ohne Väter. Es war eine anstrengende Zeit damals. Ich habe geglaubt, dass ich mit meiner Situation alleine bin. Doch dann kam ich in die Klinik, und der Raum war voll, voll mit jungen Frauen und Mädchen, die schwanger und HIV-positiv waren. Ich besuchte eine Beratungsgruppe, in der ich erfuhr, wie ich eine Übertragung des HI-Virus auf mein Baby verhindern kann. Zum Glück gibt es Medikamente dagegen. Meine Mutter hat mich in dieser Zeit sehr unterstützt. Doch es war nicht leicht. Die Nachbarn tratschten über mich. Es hat einige Zeit gebraucht, bis ich den Mut hatte, offen dazu zu stehen. Nun fühle ich mich frei, richtig frei. Damit dieses Gefühl auch andere junge Menschen haben, engagiere ich mich bei der Selbsthilfeorganisation TAC, der treatment action campaign. Ich helfe freiwillig in einer Jugendklinik und bilde mich als Beraterin weiter. Wir müssen rausgehen und mit den Leuten reden. Thembelihle Bulana Ich wäre gerne richtig stark, so stark wie ein Wrestler. Ich bin ein großer Fan davon. In meinem Zimmer habe ich viele Poster. Mein Name ist Thembelihle Bulana, ich bin 17 Jahre alt und gehe zur Schule. Ich wohne hier in Khayelitsha direkt über einem Kindergarten. Meine Großmutter arbeitet dort, und ich helfe ihr: Morgens holen wir die Kleinen von zu Hause mit dem Auto ab und fahren sie zum Kindergarten. Nachmittags bringen wir sie wieder heim. Ich liebe Kinder. Meine Mutter ist HIV-positiv. Sie weiß es seit einigen Jahren und muss täglich ihre Medikamente nehmen. Sie hat es mir nicht selbst erzählt. Ich habe es aus der Zeitung erfahren. Das war nicht leicht. Als meine Freunde aus der Schule hörten, dass meine Mutter HIVpositiv ist, redeten sie viel. Einige alte Freunde habe ich deshalb verloren. Ich konzentriere mich zurzeit sehr auf die Schule. Ich mache mir Sorgen um meine Zukunft, deshalb will ich lernen und studieren, um später eine gute Arbeit zu finden. Früher dachte ich, dass meine Mutter immer für mich da ist. Nun denke ich oft daran, dass sie eines Tages sterben wird. Doch im Moment geht es ihr gut. Ich weiß, dass sie noch so lange leben wird, bis ich meine Ausbildung beendet habe. Das gibt mir Hoffnung. 5 Die Band Bongx singt in einem Shebeen über HIV /Aids. LEBEN IN KHAYELITSHA Der Nachmittag ist die lebendigste Zeit in Khayelitsha. Die Straßen sind voller Menschen, die von der Arbeit kommen oder ihre Wäsche am Gemeinschaftsbrunnen waschen. Kinder spielen mit Zaunlatten Baseball, Frauen stehen hinter Verkaufsständen, wo fettes Fleisch vor sich hin schmort. Andere gehen einfach nur spazieren – so wie Nolubono. Mit Freundinnen schlendert sie den sandigen Weg zur Hütte der Tante, hier und da bleibt sie stehen, um einen Schwatz zu halten. An so einem späten Nachmittag hat sie auch ihren neuen Freund kennengelernt. „Ich war mit meiner Freundin unterwegs. Er hat mich gesehen und angesprochen und seit ein paar Monaten sind wir ein Paar“, sagt Nolubono und lacht. Einkaufszentrum in Khayelitsha. 6 Khayelitsha ist ein Township am Rand von Kapstadt an der südafrikanischen Küste des Indischen Ozeans. 1983 wurde Khayelitsha von der damaligen Apartheidsregierung als Wohnsiedlung für Schwarze gegründet, heute ist dieses Township eines der größten in Südafrika. Schätzungsweise 600.000 Menschen leben heute dort, es können aber auch viel mehr sein. HÜTTEN BIS ZUM HORIZONT Bis zum Horizont erstrecken sich die sogenannten Shacks – Hütten aus Holz, Pappe und Wellblech, vielfach auf Sand gebaut. Manche Viertel bestehen auch aus einfachen, kleinen Steinhäusern. Meist lebt eine ganze Familie in ein bis zwei Räumen, der Platz ist eng, doch immerhin gibt es in etlichen Hütten Strom und nebenan gemauerte Toilettenhäuschen mit einem Außenwaschbecken. Die Lebensverhältnisse sind einfach, häufig arm, und doch hat sich seit Ende der Apartheid einiges getan. Die Verwaltung hat begonnen, eine städtische Struktur zu schaffen: An den Knotenpunkten gibt es geteerte Straßen, Tankstellen, Supermärkte und auch einzelne Einkaufszentren, die sich kaum von europäischen unterscheiden. Das Polizeirevier ist unweit vom neuen Krankenhaus, die Schulen wirken modern und Vorortzüge verbinden das Township mit Kapstadt. Doch schon die Fahrtkosten sind für viele zu teuer. Auch an Snacks wie Pizza oder Cola ist nicht zu denken. Meist gibt es Bohnen, Reis, Kohl und mal ein wenig Huhn. Manchmal gibt es auch gar nichts zu essen. ¹ LIMPOPO PRE TORIA JOHANNE SBURG GAUTENG MPUMALANGA NORTH-WESTPROVINCE FREE STATE KWAZULUNATAL NORTHERN CAPE An den Straßenrändern gibt es viele kleine Läden, Friseure, Schuhmacher und Gemüsestände. OSTKAP EASTERN CAPE WESTERN CAPE K APSTADT KHAYELIT SHA REPUBLIK SÜDAFRIKA NACHTS KOMMT DIE GEWALT Die Arbeitslosenquote ist hoch in Khayelitsha. Die Schätzungen schwanken zwischen 30 und weit mehr als 60 Prozent. Hinzu kommen zahlreiche Tagelöhner, die morgens an der Autobahnzufahrt stehen und auf ein Arbeitsangebot für den Tag warten. Entsprechend groß sind die Armut, Not und Verzweiflung der Menschen. Khayelitsha zählt in Südafrika zu den Orten mit der höchsten Kriminalitätsrate. Der Friedhof ist voller Gräber junger Menschen. Das liegt nicht nur an HIV/Aids, sondern auch an der Gewalt. So fröhlich und bunt die Tage, so gefährlich ist die Nacht. „Jung sein ist nicht leicht in Khayelitsha“, sagt Thembelihle. Überfälle bis hin zu Vergewaltigungen, Bandenkriegen und Mord passieren jede Nacht. Auch Nokubonga und Athini verbringen die Abende nach Einbruch der Dämmerung meist zu Hause. Nur Nolubono geht regelmäßig aus, am liebsten in das „Waterfront“. Das Shebeen – so heißen in Khayelitsha Kneipen – ist nur ein paar Schritte von ihrer Hütte entfernt. Es ist sechs Uhr und noch hell, als sie mit ihrer Freundin dort ankommt. Das Shebeen ist voller Menschen. Sie reden und flirten, tanzen und trinken, lachen und amüsieren sich. Ein paar Stunden noch, dann macht das „Waterfront“ zu, denn aus Sicherheitsgründen schließen die meisten Shebeens und Tavernen gegen 20 oder 21 Uhr. Manchmal sitzt Nolubono dann noch mit ein paar Freunden vor ihrem Shack, bevor sie die Tür für die Nacht mit einem Vorhängeschloss verschließt. Eine Beerdigung: Verwandte und Freunde singen kirchliche Lieder, während die Familie (links) trauert. Bevölkerung Rund 45 Millionen Einwohner, davon 79 Prozent Schwarze, 9 Prozent Weiße, 9 Prozent sogenannte Coloureds, 3 Prozent Asiaten. Sprache Elf Landessprachen, die alle offiziell anerkannt sind, darunter English, isiXhosa (eine der Hauptsprachen in Khayelitsha) und Afrikaans. Religion 75,5 Prozent Christen, sonst Hindus, Muslime und Juden. Geschichte Ab dem 17. Jahrhundert erst holländische, später britische Kolonie, 1910 Gründung der Südafrikanischen Union, der Vorgängerin der heutigen Republik Südafrika. Im 20. Jahrhundert verschärft sich die Rassentrennung. Durch zahlreiche Apartheidsgesetze verliert die sogenannte nichtweiße Bevölkerung alle Rechte. Es werden getrennte Wohnviertel für Schwarze und Coloureds geschaffen, die Townships. Die Anti-Apartheidsbewegung, darunter der ANC (Afrikanischer Nationalkongress), führt einen jahrzehntelangen Befreiungskampf, der Anfang der 1990er Jahre erfolgreich ist. 1994 wird der Befreiungskämpfer Nelson Mandela (ANC) der erste schwarze, frei gewählte Präsident der Republik Südafrika. Wirtschaft und Gesundheit Der rohstoffreiche Industriestaat gilt als „Wirtschaftslokomotive“ im südlichen Afrika. Die Zentren der großen Städte, in denen noch immer hauptsächlich Weiße leben, sind sehr modern. Auch die medizinische Versorgung dort ist sehr gut. In Townships wie Khayelitsha hingegen gibt es zwar eine Grundversorgung und ambulante Kliniken, aber viel zu wenige. Ein Krankenhaus mit stationären Betten gibt es nicht. HIV /Aids Etwa 5,5 Millionen Menschen leben mit HIV/Aids. 320.000 Menschen sterben jedes Jahr an Aids, und jeder Neunte ist mit dem HI-Virus infiziert. Quellen: UNAIDS, ärzte ohne grenzen, Auswärtiges Amt, Außenministerium Südafrika ¹ 7 Athini hat sich zu einem freiwilligen Test entschieden. Bevor Blut abgenommen wird, erhält er ein Aufklärungs- und Beratungsgespräch. HIV / Aids Ansteckung und Verlauf WAS IST HIV, WAS IST AIDS? Aids ist die Abkürzung für Acquired Immune Deficiency Syndrome (erworbene Abwehrschwäche-Krankheit). Ursache von Aids ist die Ansteckung mit HIV, dem Humanen Immunschwäche-Virus, das 1983 entdeckt wurde. HIV-positiv zu sein meint, mit dem Virus infiziert zu sein, von Aids spricht man nach dem Auftreten von Krankheitssymptomen. WIE WIRD HIV ÜBERTRAGEN? HIV wird durch einige Körperflüssigkeiten von Mensch zu Mensch übertragen. Wenn es zu einer Ansteckung mit HIV kommt, vermehrt sich der Aids-Erreger im Körper. Stark virushaltige Flüssigkeiten sind Blut, Samenflüssigkeit (Sperma), Scheidenflüssigkeit (Vaginalsekret) und Muttermilch. Wenn eine dieser Flüssigkeiten auf Schleimhäute oder in offene Wunden gerät, ist eine Ansteckung möglich. Geschlechtsverkehr ist der Hauptübertragungsweg. Auch wenn beide Partner HIV-positiv sind, sollten sie trotzdem Kondome benutzen, da es Doppelinfektionen mit verschiedenen HIV-Varianten geben kann. HIV KANN ÜBERTRAGEN WERDEN DURCH • jede Form von ungeschütztem Geschlechtsverkehr mit einer infizierten Person • Blut-zu-Blut-Kontakt, z. B. durch den Gebrauch einer benutzten Spritze • in einigen Fällen bei der Geburt oder beim Stillen WAS FÜHRT NICHT ZUR ANSTECKUNG? Das HI-Virus ist außerhalb des menschlichen Körpers sehr empfindlich und geht schnell zugrunde. HIV wird sicher zerstört durch Reinigungsmittel, Austrocknung oder Erhitzen. Kondome schützen beim Geschlechtsverkehr. HIV WIRD NICHT ÜBERTRAGEN DURCH • Anhusten, Anniesen oder über die Luft (Tröpfcheninfektion) • Händeschütteln • den Besuch von Schwimmbädern oder Saunen • Küssen oder Austausch von Zärtlichkeiten • die gemeinsame Benutzung von Toiletten, Wäsche, Handtüchern, Geschirr und Besteck • Insektenstiche 8 WIE VERLÄUFT DIE KRANKHEIT? Die Ansteckung mit HIV verläuft meist unbemerkt, manche Infizierte zeigen jedoch kurz nach der Ansteckung grippeähnliche Symptome. Menschen, die HIV in sich tragen, sind bereits wenige Stunden nach ihrer eigenen Infektion ansteckend, sie können danach jedoch noch mehrere Jahre beschwerdefrei leben, ohne etwas an sich selbst zu bemerken (erstes und zweites Stadium). Befallen werden die CD4-Zellen, die ein wesentlicher Teil der Abwehrzellen (weiße Blutkörperchen) sind und das Immunsystem koordinieren. HIV dringt in diese Zellen ein, vermehrt sich in ihnen und zerstört sie. Dadurch sinkt die Zahl dieser Abwehrzellen, und das Immunsystem kann sich nicht mehr gegen Krankheiten wehren. Nach der beschwerdefreien Zeit treten erste Symptome auf wie Fieber, nächtliche Schweißausbrüche, Durchfall, Gewichtsverlust und Hautausschlag. Im weiteren Verlauf kommen schwere Infektionen hinzu, die Lunge, Magen, Darm, Haut oder Gehirn betreffen können, wie zum Beispiel Tuberkulose (Stadium drei und vier). Man nennt diese Erkrankungen opportunistische Infektionen. Auslöser sind oft harmlose Erreger, gegen die sich der geschwächte Körper jedoch nicht mehr wehren kann. In diesem Stadium wird die Krankheit „Aids“ oder auch „Vollbild Aids“ genannt. Die Infektionen führen ohne Behandlung schließlich zum Tod. KANN MAN DEN VERLAUF DER ERKRANKUNG BEEINFLUSSEN? Die Lebenserwartung hängt von den verfügbaren Medikamenten ab, kann aber durch gesunde Ernährung, Sport, strikte Tabletteneinnahme sowie regelmäßige medizinische Untersuchungen positiv beeinflusst werden. In ärmeren Ländern ist die Lebenserwartung meist bedeutend geringer als beispielsweise in Deutschland oder Nordamerika, weil die Bedingungen für ausgewogene Ernährung, Hygiene (z. B. beim Trinkwasser) und die medizinische Versorgung schlechter sind und viele Menschen kaum Zugang zu Medikamenten haben. Der Test WAS PASSIERT BEI EINEM HIV-TEST? In den Projekten von ärzte ohne grenzen beginnt ein Test mit einem Beratungsgespräch. Hier wird über den Ablauf, aber auch über Befürchtungen und Ängste sowie mögliche Konsequenzen gesprochen. Für den anschließenden Test verwendet ärzte ohne grenzen Schnellteststreifen. Diese Schnelltests sind preiswert und zeigen nach wenigen Minuten ein Ergebnis. Das ist besonders in ärmeren Ländern wichtig, wenn der Weg in die Gesundheitszentren weit und teuer ist. Dort erfahren die Betroffenen ihr Ergebnis sofort, damit sie kein zweites Mal kommen müssen. Außerdem sind Labortests, wie sie in Deutschland üblich sind, in ärmeren Ländern aus technischen Gründen oftmals schwer oder gar nicht möglich. Für den Schnelltest wird – wie bei Athini – aus dem Finger Blut abgenommen und auf den Teststreifen gegeben. Werden im Blut Antikörper gegen HIV gefunden, ist das Ergebnis HIV-positiv. In diesem Fall wird direkt im Anschluss mit einem zweiten Test das erste Ergebnis überprüft. Ist der ebenfalls positiv, ist die Person mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit HIV infiziert. Ist dies der Fall, wird der Betroffene psychologisch betreut und weiterüberwiesen. Es wird erneut Blut abgenommen, um verschiedene Blutwerte zu bestimmen, unter anderem den CD4Wert, der entscheidend für den Beginn der Behandlung ist. Athini erfährt seinen CD4-Wert zwei Wochen später: 550/µl. Das ist gut, eine Behandlung beginnt in den Projekten von ärzte ohne grenzen meist bei weniger als 200/µl. HIV/AIDS IN ZAHLEN • Rund 40 Millionen Menschen sind weltweit mit HIV infiziert, davon allein 25 Millionen im südlichen Afrika. Drei Millionen Menschen sterben jedes Jahr an den Folgen von Aids, mehr als vier Millionen Infektionen werden im selben Zeitraum neu diagnostiziert. • Etwa sieben Millionen Menschen weltweit brauchen Behandlung, nur ca. 2,5 Millionen erhalten sie zurzeit. • In Südafrika leben 5,5 Millionen Menschen mit HIV/Aids. Das ist jeder fünfte Erwachsene zwischen 15 und 49 Jahren. • In Khayelitsha sind schätzungsweise zwischen 50.000 und 70.000 Menschen HIV-positiv, alle werden irgendwann lebensverlängernde antiretrovirale Medikamente (ARV) benötigen. • Im Jahr 2007 erhalten mehr als 5.000 Patienten in Khayelitsha eine ARV-Therapie. Im Jahr 2010 werden voraussichtlich 15.000 bis 20.000 Menschen in Behandlung sein. • In Deutschland sind rund 56.000 Menschen HIV-positiv, allein im Jahr 2006 infizierten sich 2.600 Menschen neu und 600 Menschen starben. Quelle: UNAIDS, WHO, ärzte ohne grenzen und Robert-Koch-Institut. Die meisten Zahlen sind Schätzwerte und stammen aus den Jahren 2005 und 2006. Das Ergebnis ist eindeutig und wurde durch einen zweiten Test bestätigt: Athini ist HIV-positiv. 9 Die Menschen warten geduldig auf ihre Untersuchung. Die ersten stehen schon vor sechs Uhr morgens vor der Klinik an. Das Virus bleibt imMer im Blut Interview mit dem Arzt Gilles van Cutsem über Chancen und Risiken der lebenslangen Aids-Behandlung Nokubonga nimmt heute regelmäßig Aids-Medikamente. Was wäre passiert, wenn sie nie welche bekommen hätte? Sie wäre wohl innerhalb von zwei oder drei Jahren gestorben. Sie war krank, und ihr Immunsystem war schon sehr geschwächt. Woran merkt man, dass man HIV-positiv ist? In der ersten Zeit durch einen Test. Nach einigen Jahren tauchen erste typische Symptome wie Hautausschlag und Gewichtsverlust auf, später kommen Lungen- und Gehirnentzündung oder Tuberkulose dazu. Das sind sogenannte opportunistische Infektionen, die aufgrund des geschwächten Immunsystems ausbrechen und zuerst behandelt werden müssen. Welche Medikamente muss Nokubonga gegen Aids einnehmen? Sie erhält lebensverlängernde antiretrovirale Medikamente, kurz ARV. Eine ARV-Therapie stoppt die Vermehrung des HI-Virus im Blut, die Viruslast – d. h. die Menge des Virus im Blut – geht zurück, und das Immunsystem kann sich langsam wieder erholen. Ein Indikator für das Immunsystem ist die Anzahl der CD4-Zellen, auch Helferzellen genannt. Liegt der Wert unter 200/µl, beginnen wir mit der Behandlung. Nokubongas Wert ist wieder auf über 700/µl gestiegen. Das ist sehr gut und entspricht dem Wert einer Gesunden. Könnte sie dann aufhören, die Tabletten zu nehmen? Nein. Wenn Nokubonga aufhören würde, fiele sie ziemlich schnell in den Zustand zurück, in dem sie war, als sie die Therapie begann. Sie würde mit großer Sicherheit sehr schnell an einer opportunistischen Infektion erkranken, womöglich mit tödlichem 10 Ausgang. Es wäre sehr schwer, ihr Immunsystem mit einer neuen Behandlung wieder zu stabilisieren. Hinzu kommt die Gefahr von Resistenzen: Dann reagiert das Virus nicht mehr auf die Wirkstoffe und die Arzneimittel werden wirkungslos. Wann bilden sich Resistenzen gegen die Medikamente? Wenn die Tabletten unregelmäßig oder zeitweise gar nicht eingenommen werden sowie häufig nach längerer Behandlungsdauer. Um das Risiko zu vermindern, wird eine Dreierkombination aus ARV-Medikamenten gegeben. Diese muss alle zwölf Stunden eingenommen werden. Dadurch wird das Virus nicht so schnell gegen die Wirkstoffe resistent, wie wenn man nur mit einem Medikament behandeln würde. Was passiert, wenn das Virus dann doch resistent geworden ist? Dann muss auf die nächste Therapielinie, d. h. auf neuere Medikamente, umgestellt werden. Bei Nokubonga ist das sicher demnächst der Fall. Das Problem ist jedoch, dass die Medikamente höherer Therapielinien im Moment viel zu teuer sind, um sie hier massenhaft zu verschreiben. Nokubonga war schwanger, als sie erfuhr, dass sie HIV-positiv ist. Wie kommt es, dass ihre Tochter gesund ist? Das HI-Virus wird nicht automatisch auf das ungeborene Kind übertragen. Das Übertragungsrisiko bei der Geburt liegt bei mehr als 30 Prozent. Mit ARV-Medikamenten können wir das Risiko auf unter 15 Prozent senken. Wenn es die Möglichkeit für einen Kaiserschnitt gibt, kann das Risiko sogar auf weniger als zwei Prozent Der belgische Arzt Dr. Gilles van Cutsem, 35, arbeitet seit vier Jahren für ärzte ohne grenzen in Khayelitsha. gesenkt werden. Allerdings sollten HIV-positive Schwangere ihre Babys möglichst nicht stillen, da das Übertragungsrisiko durch die Muttermilch hoch ist. ärzte ohne grenzen bietet in vielen Projekten dazu spezielle Beratungen an. Beratung spielt bei der gesamten Behandlung von HIV/Aids eine zentrale Rolle. Warum? Weil die Behandlung sehr komplex ist und ein Leben lang fortgesetzt werden muss. Die Patienten müssen gut über die Tabletteneinnahme Bescheid wissen. In den Beratungen werden sie auch immer wieder motiviert, nicht nachlässig zu werden. Nicht zuletzt ist es sehr wichtig, sich jemandem anvertrauen zu können. Wie offen ist der Umgang mit HIV/Aids in Khayelitsha? Es gibt nach wie vor Ausgrenzung und Stigmatisierung. Nokubonga ist eine der wenigen, die sehr offen über ihre Krankheit sprechen. Viele kommen erst spät zu uns und manche gar nicht. Wir behandeln hier heute zwar mehr als 5.000 Menschen, doch das ist schätzungsweise nur die Hälfte derjenigen, die eigentlich eine ARV-Behandlung bräuchten. Wie lange kann man mit HIV/Aids leben? Wir haben nicht genug Langzeiterfahrungen, um das genau sagen zu können. In Europa sind die Behandlungsmöglichkeiten ganz gut. Da hofft man inzwischen, das Leben um 20 bis 50 Jahre verlängern zu können. Hier in Südafrika, schätze ich, können es derzeit vielleicht bis zu 20 Jahre werden, in anderen afrikanischen Ländern sind es oft weniger. Voraussetzung ist, dass die nötigen Medikamente für alle Betroffenen erhältlich sind. Wir dürfen nicht vergessen, dass das in vielen Ländern nicht der Fall ist. Kann man trotz Behandlung noch an HIV/Aids sterben? Ja, denn die Medikamente können das Leben nur verlängern. Und manchen Patienten können wir gar nicht mehr helfen, wenn sie zum Beispiel sehr spät zu uns kommen und wir es nicht schaffen ihr Immunsystem schnell genug wieder zu stabilisieren. Oder wenn sich Resistenzen gegen die verfügbaren Medikamente bilden. Oder wenn die Nebenwirkungen zu stark sind und ein Patient die Medikamente nicht verträgt. Ist HIV/Aids unter bestimmten Bedingungen heilbar? Nein. Wer sich infiziert hat, trägt das HI-Virus für immer im Blut. Wie viele andere träume ich aber davon, dass es irgendwann einen Impfstoff dagegen geben wird. 1999, als ärzte ohne grenzen das Projekt in Khayelitsha eröffnete, hieß es sogar, niemand würde kommen. Damals war HIV/Aids ein Tabu. Niemand wollte sich testen lassen. Es gab hier ja noch keine Behandlung, und die Menschen sagten, bei einem Test erführen sie nur, dass sie sterben würden. 2001 begann ärzte ohne grenzen in Khayelitsha mit der ARV-Behandlung, und heute sind die Kliniken voll. MÖGLICHE NEBENWIRKUNGEN DER MEDIKAMENTE • Hautausschlag • Hepatitis (Entzündung der Leber) • schmerzhafte Nervenschädigungen in Füßen, Beinen oder Händen Zwei mal täglich nimmt Nokubonga je eine Tablette der drei Medikamente Stavudin, Lamivudin und Nevirapin ein. • starke Fettablagerungen an Nacken, • • Oberarmen, Brust oder Unterleib Stoffwechselstörungen Unverträglichkeitsreaktionen 11 In vielen Shebeens gibt es Boxen, wie hier links oben in der Ecke. Darin sind Kondome – kostenlos zum Mitnehmen. Das ist eine der größten Herausforderungen: den Leuten klarzumachen, dass sie die Kondome auch benutzen müssen; dass sie sie nicht nur mit nach Hause nehmen, sondern auch gebrauchen. Gilles van Cutsem, Arzt WenN du mich liebst... Warum Kondome allein keine Lösung sind DAS TABU BRÖCKELT Ich weiß nicht, warum ich kein Kondom benutzt habe. Ich habe nicht an mich gedacht, ich wollte einfach, dass mein Freund zufrieden ist. Ich hatte Angst, dass er sonst vielleicht anderen Mädchen hinterherjagt. „In den ersten Wochen haben wir Kondome verwendet, als noch nicht sicher war, ob wir ein Paar sind. Aber dann haben wir einander vertraut und die Kondome weggelassen.“ Nolubono ist 19, als sie von ihrer Ansteckung erfährt. Ihr damaliger Freund, mit dem sie eigentlich in die Klinik zum Test gehen will, weigert sich. Er stirbt und Nolubono bleibt allein mit sich, ihrem Schmerz und ihrer Krankheit. Sie schmeißt die Schule, sitzt zu Hause und weint. Nokubonga HIV/Aids ist heutzutage kein Todesurteil mehr, wenn es Zugang zu einer Behandlung gibt – doch trotzdem ist die Diagnose schrecklich. Betroffene empfinden häufig Schuld, Scham und das Gefühl, unendlich allein zu sein. Doch während Infizierte vor wenigen Jahren noch schwiegen und sich versteckten, gehen heute immer mehr an die Öffentlichkeit. Auch in Khayelitsha tut sich seit einigen Jahren viel: Selbsthilfegruppen gründen sich, Zeitungen berichten, sogar in manchen Kirchen hängen Aufklärungsplakate. Und auf den Straßen werben weithin sichtbare Riesenposter mit dem Slogan: „Wenn du mich liebst, dann nimm ein Kondom.“ Ja, ich werde Kondome benutzen. Sex muss sicher sein. Athini Ich habe einen Test gemacht, und ich bin HIV-negativ. Eines weiß ich sicher: Ich werde mich nie anstecken. Ich werde mich immer schützen und vorsichtig sein. Thembelihle 12 „Seit es Behandlung gibt, kommen die Menschen auch zum Test“, sagt Gilles van Cutsem, Arzt bei ärzte ohne grenzen in Khayelitsha. Denn seitdem kann den Menschen im Falle eines positiven Ergebnisses auch etwas angeboten werden. So wächst der Mut, ¹ sich mit der tödlichen Immunschwächekrankheit HIV/Aids offen auseinanderzusetzen. Neben ärzte ohne grenzen ist es vor allem die Selbsthilfegruppe TAC (treatment action campaign), die Aufklärung und Vorbeugung massiv vorantreibt. Zahlreiche TAC-Freiwillige engagieren sich dafür, das Tabu HIV/Aids zu brechen. Sie tragen T-Shirts, auf denen groß „HIV positiv“ prangt und demonstrieren singend durch die Townships. Sie kämpfen für neue Medikamente und gegen eine schleppende AidsPolitik der südafrikanischen Regierung. WISSEN IST WICHTIG Aktivisten verteilen Monat für Monat eine Million Kondome in Shebeens, Kliniken und Telefonzellen in Khayelitsha. Sie gehen an Schulen und klären direkt in den Wartesälen der Kliniken auf. Freiwillige führen Workshops durch, in denen über Ansteckung und über Möglichkeiten, sich zu schützen, gesprochen wird. Dazu gehören auch Themen wie erzwungener Sex und Vergewaltigung. Es wird viel getan – und trotzdem steigen die Infektionsraten weiter, geht der Kampf gegen Tabu und Ansteckung nur langsam voran. Aufklärungsposter und Infomaterial liegen in den Kliniken aus. Nicht nur in Südafrika steigt die Zahl der Infizierten weiter – auch in zahlreichen anderen Ländern der Welt. Dabei gibt es Beispiele, die zeigen, dass sich die dramatische Aids-Entwicklung umkehren lässt: In Thailand sinkt die Zahl der Neuinfektionen. Nicht zuletzt weil die Regierung begonnen hat, eine offensive HIV/Aids-Politik zu betreiben und vielerorts Test- und Behandlungsmöglichkeiten einrichtet. Doch insbesondere für Risikogruppen muss auch dort noch mehr getan werden. Auch in Deutschland sank die Zahl zwischenzeitlich, stieg aber in den vergangenen Jahren wieder an – ein Trend, der auch in vielen anderen Industrieländern zu beobachten ist. Da HIV/Aids nicht heilbar ist, ist mit Tabletten allein der Kampf gegen Aids nicht zu gewinnen. Auch massenhaft Kondome zu verteilen, reicht nicht aus. Denn nur wer weiß, was passiert, wer die Folgen einer Ansteckung erkennt und selbstbewusst handelt, kann sich aktiv schützen. ärzte ohne grenzen unterstützt deshalb Aktivistenorganisationen wie TAC und integriert Aufklärung in die eigenen HIV/Aids-Projekte. Denn Vorbeugung und Behandlung gehen in Khayelitsha – so wie überall – Hand in Hand. DAS KANN VOR ANSTECKUNG SCHÜTZEN • bei der Ersten Hilfe Handschuhe tragen • keine Spritzen und Nadeln gemeinsam verwenden • beim Geschlechtsverkehr immer Kondome benutzen • verhindern, dass Blut oder Sperma in den Mund, die • • Augen, auf Schleimhäute oder in Wunden gelangt Treue, wenn beide einen HIV-Test gemacht haben wichtig ist darüber hinaus: informiert sein, vor dem Sex offen reden und selbstbewusst auf Kondome bestehen 13 Herausforderung ZuKUNFT IMMER MEHR PATIENTEN „Die größte Herausforderung, vor der wir stehen, sind die vielen Patienten, die noch kommen werden.“ Gilles van Cutsem wird ernst, wenn er über die Zukunft spricht. Der Arzt arbeitet für ärzte ohne grenzen in einer HIV/Aids-Klinik in Khayelitsha und beobachtet seit einigen Jahren die enormen Patientenzahlen. „Noch nie hat ein Gesundheitssystem derart stark ansteigende Behandlungszahlen bewältigen müssen“, sagt er. Vor fünf Jahren begann die ARV-Behandlung in Khayelitsha mit einer Handvoll Patienten, heute kommen mehr als 5.000 regelmäßig in die Kliniken – und im Jahr 2010 könnten es voraussichtlich bis zu 20.000 Menschen sein. „Man muss sich vorstellen, ein Krankenhaus in Deutschland muss von einem Jahr zum anderen plötzlich doppelt so viele Patienten versorgen“, so van Cutsem weiter. Man braucht mehr Krankenschwestern und Ärzte, größere Kliniken und Wartesäle und mehr Medikamente. „ärzte ohne grenzen hilft, dieses Problem zu lösen.“ Ein Weg, den die Hilfsorganisation dabei geht, ist die Dezentralisierung: Statt auf Spezialkrankenhäuser mit Fachpersonal setzt ärzte ohne grenzen auf ARV-Behandlung in möglichst vielen kleinen Kliniken und Gesundheitszentren. 14 Auch in anderen Ländern, wie in Malawi, Mosambik, Kambodscha oder Ecuador, spielt die Dezentralisierung eine immer größere Rolle. Vor allem auf dem Land, wo die Wege weit und eine Fahrt ins Krankenhaus oft viel zu teuer sind, sind die kleinen Gesundheitszentren in der Nähe für die Menschen enorm wichtig. Also bietet ärzte ohne grenzen zunehmend auch in Basisgesundheitsprojekten in abgelegenen Dörfern HIV-Tests und ARV-Behandlung an. Gleichzeitig werden die Mitarbeiter vor Ort geschult: Weil es nicht genug Ärzte für die tausenden Patienten gibt, übernehmen Krankenschwestern und -pfleger einen Teil der Aufgaben mit. Und weil auch die nicht alles schaffen, „müssen wir über neue Modelle nachdenken“, so Gilles van Cutsem weiter. Zum Beispiel, dass Betroffene wie Nokubonga selbst aktiv werden und freiwillig in der Patientenannahme oder der Beratung helfen. EINE GENERATION STIRBT So gut wie in Khayelitsha ist die Versorgung von HIV-Infizierten längst nicht überall – auch in Südafrika nicht. Vor allem in ländlichen Gebieten wissen die Menschen wenig über HIV/Aids, und die Gesundheitsversorgung ist schlecht. Inzwischen wächst in Ländern wie Südafrika oder Malawi eine Generation von AidsWaisen heran. Kinder, die von ihren Großeltern ernährt und groß ZUGANG ZU MEDIKAMENTEN SCHAFFEN – UND DAMIT LEBEN RETTEN Jedes Jahr sterben Millionen Menschen in ärmeren Ländern an behandelbaren Krankheiten, weil sie sich die lebensnotwendigen Medikamente nicht leisten können oder weil es keine wirksamen Arzneimittel gibt. So hat zum Beispiel nur etwa ein Drittel der HIV/Aids-Patienten, die weltweit Behandlung brauchen, derzeit Zugang zur lebensverlängernden Therapie. Im Jahr 1999 hat ärzte ohne grenzen deshalb die Kampagne „Zugang zu unentbehrlichen Medikamenten“ ins Leben gerufen. Die Kampagne wendet sich an Forschung, Wirtschaft und Politik. Sie fordert die Verantwortlichen auf, dringend benötigte Medikamente in ärmeren Ländern zugänglich zu machen und neue Arzneimittel zu erforschen. Darüber hinaus übt die Medikamentenkampagne Druck auf die Pharmaindustrie aus, mehr in die Erforschung von Krankheiten in ärmeren Ländern zu investieren und dort den Zugang zu Arzneimitteln nicht zu blockieren. Volle Wartesäle gehören in den HIV-Kliniken in Khayelitsha schon heute zum Alltag – doch in Zukunft werden es immer mehr. Durch öffentlichen Druck konnte die Kampagne in den vergangenen Jahren bereits einiges bewirken: Im Jahr 2001 sorgte der weltweite Druck beispielsweise dafür, dass 39 Pharmaunternehmen ihre Klage gegen die südafrikanische Regierung zurückzogen. Damit konnte ein Gesetz in Kraft treten, das den Gebrauch kostengünstiger Generika in Südafrika ermöglichte. Ein weiteres Beispiel ist der Fall Novartis: 420.000 Menschen haben im Jahr 2007 mit ihrer Unterschrift den Pharmakonzern Novartis aufgefordert, seine Klage gegen das indische Patentrecht fallen zu lassen. Wäre Novartis mit seiner Klage erfolgreich gewesen, hätte dies die Produktion vieler kostengünstiger Generika in Indien und damit die Versorgung von Patienten mit bezahlbaren Medikamenten in ärmeren Ländern gefährdet. Die Klage des Pharmakonzerns wurde Anfang August vom indischen Gerichtshof in Chennai zurückgewiesen. Auch der enorme Druck der Öffentlichkeit trug dazu bei, dass Novartis keine Berufung einlegte. „HIV ist das größte Gesundheitsproblem, das es auf der Welt gibt.“ Gilles van Cutsem, Arzt gezogen werden. Die meisten Menschen haben keine Chance auf Behandlung. Hinzu kommen weitere Probleme: Wer bestellt die Felder? Wer arbeitet in den Schulen und Krankenhäusern? Wer kümmert sich um die Alten? Niemand kann heute sagen, welche politischen und wirtschaftlichen Folgen das haben wird. HIV/Aids ist eine globale Epidemie – eine tödliche. Nur wenn Regierungen dies anerkennen und tätig werden, kann die Zahl der Neuansteckungen gesenkt werden. Doch solange die Verantwortlichen HIV/Aids ignorieren anstatt staatliche Programme endlich wirksam umzusetzen, werden weiter unnötig viele sterben. DIE ROLLE DER PHARMAINDUSTRIE Ein Problem kann jedoch keine Regierung im Alleingang lösen: fehlende Medikamente. „Viele Medikamente, die es in Europa gibt, sind in Khayelitsha nicht erhältlich“, erklärt van Cutsem. „Dabei haben Patienten wie Nokubonga und Nolubono hier noch Glück im Vergleich zu Menschen in anderen afrikanischen Ländern.“ Während in einem Teil der staatlichen Gesundheitseinrichtungen in Südafrika Arzneien der ersten Therapielinie inzwischen erhältlich sind, können sich ärmere Länder oft nicht mal die leisten. Vor allem die neueren und verbesserten Versionen der Aids-Medikamente sind teuer. Während die Pharmaindustrie an ihren Patenten festhält, um die Arzneien in reichen Ländern mit viel Gewinn verkaufen zu können, sterben in Afrika, Asien und Lateinamerika die Menschen an HIV/Aids – mehr als 7.000 jeden Tag. ärzte ohne grenzen kämpft deshalb seit Jahren dafür, dass dringend benötigte Medikamente allen Menschen zugänglich gemacht werden. Dass weiterhin kostengünstige Generika produziert werden. Dass verbesserte Tablettenrezepturen, die zum Beispiel weniger Nebenwirkungen haben, in ärmeren Ländern erhältlich sind. Und dass die Preise sinken. Für die erste Therapielinie ist das bereits gelungen. Während vor einigen Jahren die Medikamente für ein Jahr noch 10.000 Dollar pro Patient kosteten, sind es heute in ärmeren Ländern nur noch rund 100 Dollar pro Jahr. Bei Medikamenten der zweiten Therapielinie sieht das anders aus. Deren Preis liegt in diesen Ländern noch immer zwischen 900 und 1.500 Dollar im Jahr. Viel zu teuer für die Menschen und für ein Land, in dem irgendwann Hunderttausende Patienten diese Arzneien brauchen. Auch für Nokubonga und Nolubono ist es irgendwann so weit. Bis dahin müssen ihre Tabletten erschwinglich sein. 15 Eine Klinik in Khayelitsha. In Khayelitsha haben ärzte ohne grenzen und TAC ihre Büros im selben Gebäude. Gemeinsam im Kampf gegEn ÄRZTE OHNE GRENZEN IST ... ÄRZTE OHNE GRENZEN IN KHAYELITSHA IST ... ... eine medizinische Nothilfeorganisation, die 1971 von einer Gruppe junger Ärzte und Journalisten in Paris gegründet wurde. Ihre Vision: von Kriegen und Naturkatastrophen betroffenen Menschen schnell und über nationale Grenzen hinweg medizinisch zu helfen. ... ein Projekt, das als Modellprojekt begann und heute richtungsweisend ist für die Behandlung von Menschen mit HIV/Aids in ärmeren Ländern. Es hat gezeigt, dass keine High-Tech-Medizin nötig ist, um das Leben von Aids-Kranken deutlich zu verlängern. Inzwischen behandelt ärzte ohne grenzen mehr als 100.000 Menschen in über 30 Ländern mit antiretroviralen Medikamenten (ARV). Heute ist ärzte ohne grenzen ein internationales Netzwerk, das aus Sektionen in 19 Ländern besteht. Die deutsche Sektion hat ihren Sitz in Berlin. Mehr als 2.000 internationale und 20.000 nationale Mitarbeiter sind weltweit im Einsatz. In etwa 70 Ländern behandeln sie Kranke und Verletzte, bauen in Flüchtlingslagern Gesundheitszentren auf, sorgen für sauberes Trinkwasser und helfen bei der Eindämmung von Epidemien. Ihre Arbeit wird zum größten Teil aus privaten Spenden finanziert. Neben der medizinischen Nothilfe in Kriegs- und Konfliktgebieten hat es sich ärzte ohne grenzen zur Aufgabe gemacht, schwere Menschenrechtsverletzungen oder Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht öffentlich anzuprangern. 1999 erhielt ärzte ohne grenzen den Friedensnobelpreis. Dabei war das Thema Aids-Behandlung innerhalb der Organisation durchaus umstritten: Denn als Nothilfeorganisation wird ärzte ohne grenzen dann aktiv, wenn schnelle Hilfe nötig ist. HIV/Aids-Patienten brauchen jedoch eine lebenslange Behandlung. Was also tun? Soll man deshalb gar nicht erst mit einer Therapie beginnen? Für ärzte ohne grenzen ist das keine Option. Natürlich können die Mitarbeiter auf Dauer keine Gesundheitsbehörden ersetzen. Doch sie können zeigen, welche Hilfe nötig ist und wie diese Hilfe aussehen kann. So wie in Khayelitsha, wo die Betreuung der HIV/Aids-Patienten zunehmend von den südafrikanischen Behörden übernommen wird. ärzte ohne grenzen zieht sich Stück für Stück aus der täglichen Arbeit zurück und kann sich so auf andere, künftige Aufgaben konzentrieren. ENGAGEMENT IN SÜDAFRIKA • In Khayelitsha arbeitet ärzte ohne grenzen in mehreren Gesundheitszentren und Kliniken mit den lokalen Gesundheitsbehörden zusammen. 31 südafrikanische und neun internationale Mitarbeiter sind dort für die Hilfsorganisation aktiv. • Zusammenarbeit ist wichtig: ärzte ohne grenzen unterstützt in Khayelitsha unter anderem die Selbsthilfeorganisation TAC und ein Zentrum für Opfer von Vergewaltigungen. • Ein HIV/Aids-Projekt in Lusikisiki im Osten Südafrikas konnte 2006 an die südafrikanischen Gesundheitsbehörden übergeben werden und wird seitdem fortgeführt. • 16 ärzte ohne grenzen eröffnete in Südafrika im Jahr 2007 ein neues Büro in Johannesburg, um unter anderem Projekte in der Region zu unterstützen, die Öffentlichkeit zu informieren und um Spenden zu werben. Aids Singend demonstrieren Nokubonga und andere Freiwillige von TAC für den Zugang zu besseren Medikamenten. „Wir fordern die Registrierung von Tenofovir – jetzt!“ – das fordert TAC auf einer Demo durch das Nachbartownship Gugulethu. TAC – DIE TREATMENT ACTION CAMPAIGN IST … … eine Selbsthilfeorganisation und extrem wichtig im Kampf gegen HIV/Aids in Südafrika. TAC wurde 1998 von HIV-Infizierten in Kapstadt gegründet. Heute gehen regelmäßig Tausende für dringend benötigte Medikamente und für eine bessere südafrikanische Gesundheitspolitik auf die Straße. Sie demonstrieren für Medikamente, die nicht nur preiswerter sind, sondern auch weniger Nebenwirkungen haben. Sie fordern von der Regierung, endlich die längst beschlossenen HIV/Aids-Programme konsequent umzusetzen. Und sie klären in vielen Workshops und Veranstaltungen die Menschen in den Townships darüber auf, wie HIV/Aids behandelt wird und vor allem, wie man sich schützen kann. Es ist auch TAC zu verdanken, dass viele Menschen in Khayelitsha beginnen, das Tabu zu brechen: Aids ist zunehmend ein Thema, man spricht darüber und – ganz wichtig – man informiert sich. Das ist einer der größten Erfolge, den die Freiwilligen von TAC bisher errungen haben. Trotzdem ist TAC noch lange nicht am Ziel: Nach wie vor infizieren sich täglich Menschen mit HIV. Noch immer sind vor allem neue Medikamente in den Townships nicht erhältlich. Und noch hat die Regierung nicht die volle Verantwortung für die 5,5 Millionen HIV-infizierten Südafrikaner übernommen. ärzte ohne grenzen unterstützt deshalb das Engagement der TAC-Aktivisten. Eine von ihnen ist Nokubonga. Auch sie geht bei Demonstrationen mit auf die Straße und hilft regelmäßig freiwillig in einer Jugendklinik. Und Athini will sich zum Berater weiterbilden lassen. Immer mehr Menschen in Khayelitsha wird bewusst, dass sie selbst etwas tun können. Auch das ist TAC zu verdanken. Beratung und Gespräche sind ein wesentlicher Teil der Arbeit von TAC. Auch Nolubono besucht regelmäßig eine Selbsthilfegruppe. 17 KleinEs LexIKoN Apartheid, ARV, Shebeen & Co AIDS BACTRIM isiXHOSA Acquired Immune Deficiency Syndrome Medikament, das zur Vorbeugung op- Sprache der Xhosa (südafrikanisches Volk), (Erworbene Abwehrschwäche-Krankheit): portunistischer Infektionen bei HIV/Aids etwa 7,5 Millionen Menschen in Südafrika Endstadium einer Infektion mit HIV (Hu- eingesetzt wird. sprechen isiXhosa. manes Immunschwäche-Virus). AFRIKAANS BERATER Durch Weiterbildungen ausgebildete MitSprache der ersten holländischen Siedler arbeiter, die über HIV/Aids aufklären, in Südafrika, heute eine der elf Landes- informieren, Rat geben und auch psysprachen. chische Hilfe leisten. Manche sind selbst HIV-positiv. Sie beantworten Fragen zu Medikamenten, Krankheitsverlauf sowie APARTHEID Afrikaans für Trennung, gemeint ist die Übertragungsrisiken und unterstützen strikte Rassentrennung in Südafrika im 20. die Betroffenen, wenn das Testergebnis Jahrhundert. Schwarze und Coloureds positiv ausgefallen ist. Einige Berater gewurden durch Rassengesetze von der wei- hen an Schulen oder organisieren Selbstßen Bevölkerung gezielt ausgegrenzt. hilfegruppen. Schwarze hatten z. B. kein Wahlrecht, Ehen zwischen Angehörigen verschiedener Haut- CD4-ZELLEN farben waren verboten und in öffentlichen Ein Typ der weißen Blutkörperchen und Gebäuden gab es zwei verschiedene Ein- damit Teil des Immunsystems. Das HI-Virus gänge. Sie durften nicht dieselben Schulen greift die CD4-Zellen an. In den Projekten besuchen und nicht dieselben Busse be- von ärzte ohne grenzen erhalten die Panutzen wie Weiße. tienten spätestens dann antiretrovirale Medikamente, wenn der Wert dieser Zellen unter 200/µl gesunken ist. 800/µl entsprechen dem Normalwert eines Gesunden. COLOUREDS Nokubonga an der Medikamentenausgabe ARV – ANTIRETROVIRALE KOMBINATIONSTHERAPIE – AUCH: ART Kombination von Medikamenten zur Behandlung von Aids. ARV-Medikamente hemmen die Vermehrung des HI-Virus im Blut, das geschwächte Immunsystem erstarkt wieder. Meist werden drei Medikamente kombiniert, um Resistenzen vorzubeugen. 18 Begriff aus der Gesetzgebung während der Apartheid, die zwischen vier ethnischen Gruppen unterschied: Schwarze, Coloureds (wörtlich Farbige), Inder und Weiße. In Südafrika gibt es sowohl Menschen, die sich selbst als Coloureds bezeichnen, als auch solche, die den Begriff aus politischen Gründen ablehnen und sich selbst Schwarze nennen. LAMIVUDIN, NEVIRAPIN, STAVUDIN, TENOFOVIR ARV-Medikamente. OPPORTUNISTISCHE INFEKTION Krankheit, die aufgrund eines geschwächten Immunsystems zum Ausbruch kommt, wie etwa Tuberkulose bei Aids. Bei Gesunden sind die Erreger häufig harmlos, der geschwächte Körper kann sie jedoch nicht mehr abwehren. RESISTENZ Fähigkeit von Krankheitserregern, ihre eigene Struktur so zu verändern, dass sie der Wirkung von Medikamenten widerstehen können. Resistenzen bilden sich, wenn Medikamente über sehr lange Zeiträume oder nicht vorschriftsmäßig eingenommen werden. SHACK Hütte oder einfaches Haus in den Townships, gebaut aus Holz, Pappe und Wellblech. GENERIKUM Sogenanntes Nachahmermedikament, das dieselben Wirkstoffe enthält wie das patentgeschützte Originalmedikament, aber wesentlich kostengünstiger ist. Indien ist der größte Generika-Hersteller weltweit, auch ärzte ohne grenzen behandelt mehr als 80 Prozent seiner HIV/ Aids-Patienten mit den preiswerten indischen Medikamenten. Nolubono (hinten rechts) im Shebeen „Waterfront“ Shebeen Einfache Kneipe in südafrikanischen Townships; während der Apartheid als illegale Bars der schwarzen Bevölkerung entstanden; beliebter Ausgeh- und Treffpunkt für Jugendliche. KLEINER SPRACHKURS isiXhosa Deutsch Nolo Kunjani Dipilile Ndiyakuthanda Enkosi Khayelitsha Hallo Wie geht es Dir? Mir geht es gut! Ich liebe Dich! Danke schön! unsere neue Heimat, unser neues Haus TOWNSHIP Teils slumartige Wohnviertel, die die südafrikanische Regierung während der Apartheid am Rand der großen Städte errichtete, um dort die Schwarzen, die Coloureds und andere Nichtweiße getrennt von den Weißen unterzubringen. Noch heute leben dort kaum Weiße. TUBERKULOSE Krankheit, die vor allem die Lunge, aber auch andere Organe wie Nieren, Hirnhäute oder Lymphknoten betreffen kann. Tuberkulose tritt oft als opportunistische Infektion bei HIV/Aids auf. ¹ IMPRESSUM Redaktion: Alina Kanitz Verantwortlich: Kattrin Lempp Mitarbeit: Claudia Fix, Lisa Hiemer, Katrin Hünemörder, Melanie Kraft, Stefanie Santo, Janet Wach Mitarbeit vor Ort: Bettina Borgfeld Fotos: Bettina Borgfeld, Alina Kanitz (S.6 unten, S.7 oben, S.13 unten, S.16 2x oben) Pädagogische Beratung: Dietmar Falk, Janet Wach und Unterstützung durch die Nelson-Mandela-Schule Berlin sowie weitere Schüler und Lehrer Gestaltung: Moniteurs, Berlin Litho: highlevel, Berlin Druck: Druckhaus Mitte, Berlin Gedruckt auf Envirotop: 100% Altpapier, chlorfrei, mit dem blauen Umweltengel ausgezeichnet © 2007 Teil des vorliegenden Unterrichtsmaterials ist der Film „Ich bin immer noch ich“ (31 min.), der von der Borgfeld/ Bremer Produktion im Auftrag von ärzte ohne grenzen produziert wurde. Der Film, die Broschüre sowie Lehrerund Unterrichtsmaterial können kostenfrei über die Internetseite von ärzte ohne grenzen bezogen werden. Unser besonderer Dank gilt Athini, Nokubonga, Thembelihle und Nolubono, die ihre Geschichte erzählt und uns einen Einblick in ihr Leben gegeben haben. Außerdem möchten wir uns bei der Filmautorin Bettina Borgfeld und dem Kameramann Andreas Bremer bedanken, die mit uns in Khayelitsha waren. Für ihre Unterstützung vor Ort danken wir dem ärzte ohne grenzen-Team in Südafrika, der treatment action campaign und unserem Produktions-assistenten Isakhe Mangwana. ärzte ohne grenzen e.V. Am Köllnischen Park 1 10179 Berlin Tel.: 030 – 700 130 0 Fax: 030 – 700 130 340 E-Mail: [email protected] Internet: www.aerzte-ohne-grenzen.de Spendenkonto 97 0 97 Bank für Sozialwirtschaft BLZ 370 205 00 19 LiebE ist... Nokubonga … mit jemandem zusammen zu sein, mit dem du deine Probleme teilen kannst, der ehrlich ist und der dich tröstet. Jemand, der sich um dich kümmert und um den du dich auch selbst kümmerst. Ich denke, das ist wahre Liebe – sicher bin ich mir aber nicht. … wenn man sich liebt, auch wenn man positiv ist. Du musst das akzeptieren. Und egal, ob du negativ oder positiv bist oder ob beide infiziert sind, du musst immer Kondome benutzen. Man muss sich gegenseitig schützen. Athini Nolubono … wenn ihr euch vertraut und euch gegenseitig Geheimnisse erzählt. Liebe ist, wenn mein Freund mir hilft und mich versteht, wenn ich Probleme habe. Aber hier in Khayelitsha halten die Beziehungen meist nicht lange. Bei den einen klappt es ein Jahr, bei den anderen nur eine Woche. Für manche ist es einfach nur Spaß. … wenn es einen richtig trifft. Ich muss sie sehen und wenn sie meine Augen blendet, dann gehe ich direkt auf sie zu. Ich will ein süßes Mädchen, und später will ich heiraten. Ich will ein guter Vater sein und Verantwortung tragen. Ja, so Thembelihle würde ich das sagen. www.aerzte-ohne-grenzen.de Träger des Friedensnobelpreises 1999