Krankenhaus Nordwest Patienteninformation Drüsenerkrankungen Klinik für Allgemein- Viszeral- und Minimal Invasive Chirurgie Chefarzt: Prof.Dr. Th. W. Kraus Schilddrüse Nebenschilddrüsen Krankheiten Diagnostik Therapie Bauchspeicheldrüse Nebennier en Erkrankungen der Schilddrüse Hypothyreose. Eine Schilddrüsenerkrankung kann in jedem Alter auftreten, so dass eine Schilddrüsenuntersuchung immer gerechtfertigt ist. Sie konzentriert sich zunächst auf die Hormonuntersuchung im Blut und auf eine Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse. Die weiteren diagnostischen Schritte zur Differenzierung der verschiedenen Krankheiten können allerdings sehr umfassend sein; die Kosten der Schilddrüsenuntersuchungen belaufen sich in Deutschland auf etwa 1 Milliarde Euro pro Jahr. Anatomie und Funktion der Schilddrüse Die Schilddrüse ist ein schmetterlingsförmiges Organ mit zwei Ursachen und Bedutung von Schilddrüsenerkrankungen 50 % aller Deutschen haben – dies hat eine Studie mit Ultraschalluntersuchung ergeben – krankhafte Veränderungen an der Schilddrüse. Jeder 3. Deutsche leidet an einem Kropf durch Jodmangel, da die von der WHO empfohlene Menge der Jodeinnahme von 200 Mikrogramm Jodid in Deutschland nur durchschnittlich 100 Mikrogramm beträgt. Erkrankungen der Schilddrüse gehen immer einher mit strukturellen (morphologischen) Veränderungen wie Vergrößerung, Knotenbildung, Verhärtung etc., in seltenen Fällen auch einmal mit einer bösartigen Entartung.(Krebs) Die Aufgabe der Schilddrüse ist die Produktion von Schilddrüsenhormon, das zahlreiche Stoffwechselprozesse im Körper beeinflusst. Sowohl die Überproduktion (Hyperthyreose) als auch die Unterproduktion (Hypothyreose) können schwere Erkrankungen hervorrufen, so z.B. Herzrasen, Rhythmusstörungen, Schweißausbrüche bei Hypertyreose und Gewichtszunahme und Müdigkeit bei 2 Heiße und kalte Knoten einen Kropf. Die Vergrößerung kann eine gleichmäßige Vergrößerung sein (Struma diffusa) oder in Kombination Lappen, die sich dem Kehlkopf und der Luftröhre im Halsbereich seitlich anschmiegen. Sie wiegt 15 – 20 gr. und wird von kräftigen Blutgefäßen (obere und untere Schilddrüsenarterie) versorgt. Am Unterrand der Schilddrüse verläuft der Stimmbandnerv (Nervus laryngeus recurrens), der für das Sprechen wichtig ist, am oberen Schilddrüsenpol zieht der obere Kehlkopfnerv in den Kehlkopf (Nervus laryngeus superior) der für die Bildung hoher Töne verantwortlich ist. a) Form, Größe und strukturelle Veränderungen werden am besten durch die Sonographie wiedergegeben. Jede Vergrößerung der Schilddrüse wird als Struma (Kropf) bezeichnet. Früher galt der Satz: Ist der Hals brei- mit einem oder mehreren Knoten auftreten (Struma nodosa). Der Knoten kann eine Zyste sein, ein Drüsenknoten (Adenom) oder auch ein Krebsknoten. Die Sonographie kann diese Knoten als echofrei ter als der Kopf handelt es sich um 3 Regelkreis der Hormone mehr Hormon auszuschütten wenn zu wenig Schilddrüsenhormon im Blut ist und umgekehrt. Das TSH ist ein zentraler und im Blut messbarer Parameter für die Diagnose von Funktionsstörungen der Schilddrüse. c) Entsprechend der Funktionsmessungen werden unterschieden: Eine euthyreote Struma ist jede nicht bösartige und nichtentzündliche, veränderte Schilddrüsenvergrößerung bei ausgeglichener normaler (euthyreoter) Stoffwechsellage, dass betrifft 90 % aller Schilddrüsenerkrankungen. Ein kalter Knoten ist ein in der Szintigraphie „leeres Areal“, ein Knoten der funktionslos ist und deshalb kein radionuklid (radioaktives Jod 123 oder Jod 131 oder Technetium, TC 99 M) mehr aufnehmen kann. Es kommt somit zu einem Speicherausfall. Das Entartungsrisiko kalter Knoten liegt zwischen 6 % und 10 %, so dass eine genaue Diagnostik und Sonographie und eine Feinnadelbiopsie notwendig und eine frühzeitige OP-Indikation gegeben ist. Ein heißer Knoten ist ein „funktionstüchtiges Areal“, das mehr radio- (Zyste) oder echoarm (Adenom oder Krebsknoten) sehr gut unterscheiden. b) Die Schilddrüse benötigt zur Bildung der Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) Jod. Dieses Jod wird über den Darm aufgenommen, die Jodaufnahme unterliegt einer Autoregulation, d.h. es wird nur so viel Jod aufgenommen, wie für die Produktion des Hormons benötigt wird. Die Ausschüttung der Schilddrüsenhormone in das Blut wird ebenfalls über einen Regelkreislauf gesteuert, der über die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) und den Hypothalmus läuft. Die Hirnanhangsdrüse produziert das TSH (Thyreoidea-stimulierendes-Hormon). Dieses gibt den Arbeitsbefehl an die Schilddrüse 4 Szintigraphie entweder operativ oder medikamentös durch Radio-Jod behandelt werden muss. Wichtig ist, dass solche heißen Knoten frühzeitig diagnostiziert und behandelt werden bevor sich eine Überfunktion manifestiert. Die Überfunktion der Schild- nuklid aufnimmt als das übrige Schilddrüsengewebe und daher farbig intensiver hervortritt. Diese Mehrspeicherung ist Ausdruck einer Überproduktion von Schilddrüsenhormon, ein solcher hormonaktiver Knoten heißt Adenom, es erhält den Namen autonomes Adenom, wennl es sich den Regelkreis über die Hirnanhangsdrüse entzieht, der Befehl der Hirnanhangsdrüse bleibt aus, die Abgabe von TSH wird gedrosselt, dennoch produziert das Adenom eigenständig, d.h. autonom Hormone. Diese Autonomie kann in einem Knoten (unifokal) sitzen oder über die ganze Schilddrüse (multifokal) verteilt sein. Das Ergebnis dieser Überproduktion kann eine Funktionsstörung im Sinne einer Hyperthyreose sein (funktionelle Autonomie) die drüse wird Hyperthyreose genannt, wobei zwei Formen zu unterscheiden sind: a) Die funktionelle Autonomie aufgrund einer oder mehrerer autonomer Adenome, sie ist letztlich die Folge eines Jodmangels. Eine unbehandelte Überfunktion kann zu schweren gesundheitlichen Schäden, wie Herzrasen, Rhythmusstörungen, Durchfälle, Fieber etc. führen. b) Die basedowliche Erkrankung, 5 Morbus Basedow und jodinduzierte Hyperthyreose fälle, Verwirrtheitszuständen und Koma zum Tode führen kann. Hier steht die medikamentöse Unterbrechung der Jodaufnahme und der Hormonüberproduktion im Vordergrund. Die operative Behandlung ist in besonderen Fällen angezeigt. Diagnostik der Schilddrüsenerkrankungen Die Diagnostik besteht aus drei Bausteinen, der Sonographie, der Szintigraphie, und der Laboruntersuchung. Die Untersuchung läuft in einer Mehrstufendiagnostik, die sich aus einer Basisdiagnostik und einer erweiterten Diagnostik zusammensetzt. Die Basisdiagnostik besteht aus: 1.Schilddrüsensonographie, zur Bestandsaufnahme zum Schilddrüsenvolumen, Strukturveränderungen, Unterscheidung von liquiden und soliden Knoten und zur Vorbereitung einer Feinnadelbiopsie (FNB). 2. Blutuntersuchung des TSH-Basal als zentralen Parameter zur Feststellung von Funktionsstörungen. Diese Diagnostik reicht in der Regel aus um eine Schilddrüsenerkrankung aufzudecken. Morbus Basedow bzw. Immunthyreopathie Der Morbus Basedow ist eine schwere Hyperthyreose. Die Ursache ist in einer ständigen, nicht regulierbaren Aktivierung aller Schilddrüsenzellen durch sog. TSH-Rezeptor-Antikörper zu suchen. Wie das TSH haben auch diese TSH-RezeporAntikörper eine langsam wirkende stimulierende Wirkung auf die Schilddrüsenzellen, die nun nicht mehr steuerbar und ständig zu viele Hormone produzieren. Dieses durch die Hormonüberproduktion auffällige Krankheitsbild mit Struma, Herzrasen (Tachycardie) und Hervortreten der Augen (Exophthalmus) bedarf einer abgestimmten medikamentösen Therapie, einer Behandlung mit einer Radio-Jod und einer operativen Behandlung. c) Die jodinduzierte Hyperthyreose Eine Schilddrüsenüberfunktion kann durch ein Überangebot an Jod, sei es durch die Nahrung oder durch Medikamente, zu einer thyreotoxischen Kriese führen, die ein schweres Krankheitsbild darstellt, und über Herzrasen, Erbrechen, Fieber, Durch- 6 Chirurgische Therapie gutartiger Schilddrüsenerkrankungen oder operative Therapie eingeleitet werden kann. Chirurgische Therapie gutartiger Schilddrüsenerkrankungen Die Chirurgie hat zum Ziel, alles pathologische veränderte und funktionell überaktives Schilddrüsengewebe einerseits radikal zu entfernen und andererseits funktionstüchtiges Gewebe zu erhalten. Man nennt dies eine befundorientierte und funktions- Die Erweiterungsdiagnostik besteht aus: 1.Schilddrüsenszintigraphie und Supressionsszintigraphie Feinnadelbiopsie (FNB) ggf. Blutuntersuchungen auf Kalzitonin, Schilddrüsenantikörper (TSH-Rezeptor-Antikörper) Computertomogramm und ggf. Magnetresonanztomogramm 2. Blutuntersuchung auf Schilddrüsenhormone, freies Thyroxin und freies Trijodthyronin (fT4, fT3). 3. Röntgenuntersuchung des Halses, und der Brustorgane ggf. HNO-ärztliche Untersuchung. Je nach Befund Schilddrüse die sich in den Brustkorb entwickelt hat erhaltende Resektion. Dies reicht von einer Knotenentferung, Teilentfernung, , subtotaler Resektion bis hin zur vollständigen Entfernung eines der Basisdiagnostik wird die Erweiterungsdiagnostik stufenweise ergänzt, bis eine eindeutige Diagnose feststeht und eine medikamentöse 7 Resektionsverfahren volumen mehr als 60 ml (WHO0/II) beträgt und eine Beschwerdesymptomatik mit Verdrängung der Speiseund/oder Luftröhre ((WHO0/III) vorliegt. Aber auch kleine knotige Veränderungen, bei denen der Verdacht auf Bösartigkeit nicht vollständig ausgeräumt werden kann oder heiße Knoten bei kleiner Struma stellen eine Operationsindikation dar. Die Operationsverfahren sind in Bildern dargestellt: Das operationstaktische Vorgehen zielt auf die Beseitigung allen Schilddrüsenlappens, (Lobektomie) oder (Hemithyreoidektomie) oder auch beide Strumalappen, (Thyreodektomie). Die Operationsindikation richtet sich im wesentlichen nach folgenden Kriterien: Je größer die Struma, je ausgeprägter die pathologische Veränderung, je größer die Gefahr einer Überfunktion und konkreter der Verdacht auf eine Bösartigkeit, um so eher ist die operative Therapie angezeigt. Offensichtlich ist die Operationsindikation dann gegeben, wenn das Proben makroskopisch, krankhaft, veränderten Gewebes. Die zurückgelassene 8 Operationstechnik Menge normalen Drüsengewebes, muss intraoperativ individuell angepasst werden, sie reicht von einer einfachen Knotenresektion bis hin zur totalen Schilddrüsenentfernnung (Thyreodektomie). Die Operationstechnik läuft im wesentlichen in folgenden Schritten ab: die Schnittführung (KocherKragen-Schnitt) am Hals wird vor der Operation am stehenden Patienten angezeichnet, der Schnitt soll möglichst eine Hautfalte/Hautlinie Ergebnis. Die Operation kann blutreich sein, deshalb ist eine sehr sorgfältige und präzise Präparation erforderlich. Gelegentlich ist auch die Verwendung einer Lupenbrille sinnvoll. und bei zurückgebogenen Kopf etwa 2 cm über der Drosselgrube liegen. Ziel ist ein kosmetisch, optimales Ein vorrangiges Ziel ist es die Stimmbandnerven darzustellen, und zu 9 Funktion und Kosmetik N E U R O M O N I T O R I N G Während der Operation wird der Stimmbandnerv durch Stimulation und Reizantwort überwacht.Das macht die Operation sicherer, und wenn am Ende der Operation die Funktionsfähigkeit vorhanden ist, muß der Patient postoperativ nicht noch einmal durch den HNO - Arzt untersucht werden. schonen. Eine Verletzung dieses Nerven mit der Folge einer Stimmbandlähmung ist nicht immer zu vermeiden, doch liegt die permanente Stimmbandlähmung bei 1 %. Ein weiteres wichtiges Operationsziel ist die Schonung der epithelkörperchen (Nebenschilddrüsen) um einen sog. Hypoparathyreoidismus zu vermeiden, der dennoch postoperativ mit einer Häufigkeit von 1 % auftritt. Kosmetisches Ergebnis sieben Jahre nach Operation Keine Narbe sichtbar 10 Operationstaktisches Vorgehen Operationstaktisches Vorgehen: Bei einer euthyreoten Knotenstruma wird so viel normales Restgewebe wie möglich belassen. Bei einer hyperthyreoten Form einer Autonomen Autonomie muss das gesamte funktionell überaktive Gewebe entfernt werden. Es kann von einer subtotalen Resektion bis hin zur Hemithyreoidektomie mit überlassen eines kleinen Restes einer Seite gehen. Bei einer Hyperthyerose vom Typ Morbus Basedow ist eine nahezu vollständige Resektion der Schilddrüse notwendig, belassen wird in der Regel ein Rest von höchstens zwei bis vier Gramm. Die postoperative Behandlung Nach jeder Schilddrüsenoperation sind Kontrolluntersuchungen und eine medikamentöse Behandlung zur Vermeidung eines Wiederauftretens einer Schilddrüsenerkrankung (Rezidiv) notwendig. Die beste Prophylaxe ist allerdings immer die richtige Operation, d.h. die vollständige radikale Entfernung aller erkrankten Schilddrüsenanteile. Etwa sechs Wochen nach der Operation wird ein neuer Hormonstatus erhoben durch Punktion eines SD knotens für die feingewebliche Untersuchung (Histologie). Die Punktion kann unter manueller als auch unter sonografischer Kontrolle erfolgen. Bestimmung von TSH ggf. auch von Schilddrüsenhormen im Blut (fT4 und 11 Untersuchungsverfahren besteht – je nach TSH-Messung – entweder in der Gabe von Jodid oder Jodid plus Schilddrüsenhormon (LThyroxin) oder L-Thyroxin alleine in verschieden hoher Dosierung. Die empfohlenen Medikamente müssen fT3). Die Laboruntersuchung von TSH ist die Grundlage für die weitere medikamentöse Therapie. Kontrollen Ultraschallbild mit Darstellung eines “kalten Knotens” der in seinen Randbereichen hypervaskularisiert ist (vermehrte Gefäße und Durchblutung zeigt). Kalter Knoten mit solidem Anteil. Rechts vom Knoten liegt die Luftröhre. sind nach sechs bis zwölf Monaten angezeigt, in der Folge sind regelmäßige Verlaufskontrollen notwendig, die individuell angepasst werden können, wobei die Sonographie der Schilddrüse zur Feststellung einer Veränderung der Schilddrüse den wichtigsten Untersuchungsparameter darstellt. Die postoperative Therapie zeitlebens eingenommen werden, ein kurzzeitiges „Vergessen“ der Medikamente ist weniger dramatisch, wenn ein Schilddrüsenrest noch vorhanden ist. Die Halbwertszeit von Schilddrüsenhormon (L-Thyroxin) beträgt sieben Tage. 12 Bösartige Erkrankungen der Schilddrüse Jodaufnahme und Proteinsynthese (Thyreoglobulin). Dieses kann in der Nachbehandlung genutzt werden, indem man nach kompletter Schilddrüsenentfernung die eventuell noch verbliebenen oder verschleppten Tumorzellen mit Radiojod eliminieren kann. Das medulläre Schilddrüsencarcinom produziert Calcitonin, ein Drittel der Patienten leidet an Durchfall. Es findet keine Teilnahme am Jodstoffwechsel statt, daher ist keine Radiojodtherapie möglich. Anamnese und klinische Symptome Befunde die für ein Schilddrüsencarcinom sprechen: rasches Knotenwachstum neuer oder bestehender Knoten, solitäre Knoten in diffuser Struma, Knotenbefund bei Kindern und Jugendlichen, Vorhandensein von auffälligen Lymphknoten, derber Tastbefund und länger dauernde Heiserkeit (Recurrensparese=mangelnde Funktion des Stimmbandnerven durch Tumorinfiltration). Bei Auftreten von diesen Symptomen sollte der Hausarzt unverzüglich konsultiert werden. Bösartige Erkrankungen der Schilddrüse - Epidemiologie Das Schilddrüsencarcinom macht etwa 0,5% aller bösartigen Tumoren aus und ist damit relativ selten. Mit einer Inzidenz von 2-3 Fällen/100 000 Einwohnern ist in Deutschland mit etwa 1500-2000 Neuerkrankungen zu rechnen. Frauen erkranken 2-3mal häufiger als Männer. Die Sterblichkeit liegt mit 0,5/100 000 Einwohner pro Jahr deutlich unter der Erkrankungsinzidenz, so dass die Prognose relativ gut ist. Die 10Jahresüberlebensrate liegt bei 7090%, mit erheblichen Abweichungen zwischen den einzelnen Karzinomtypen. Das papilläre und follikuläre Schilddrüsencarcinom haben epithelspezifische Schilddrüseneigenschaften wie; Histologischer Typ Typ Papilläres Papilläres Carcinom Carcinom 70% Follikuläres Follikuläres Carcinom Carcinom 20% Medulläres Medulläres Carcinom Carcinom 5-10% familiäre 25% familiäre Form Form sporadische Form 75% Form 13 MEN Multiple endokrine Neoplasien MEN = multiple endokrine Neoplasien sind komplexe, autosomal dominant verebte Krankheitsbilder mit verschiedenen benignen und malignen endokrinen Tumoren. Bei Verdacht auf eine erbliche (genetische) Belastung erfolgt zunächst MEN I eine Vorstellung der betroffenen Patienten in einer humangenetischen Beratungsstelle (z.B.Universitätsklinik Frankfurt am Main). Das genetische Screening erfolgt mittels PCR (Polymerasekettenreaktion) gesteuerter DNA-Analyse im Blut. Steht keine Blutprobe zur Verfügung, so kann die Untersuchung auch an in Paraffin eingebettetem Tumorgewebe erfolgen, welches bei der Operation entfernt wurde. Prästationäre Maßnahmen bei Verdacht auf Bösartigkeit. Diagnostik bei Karzinomnachweis: WermerSyndrom Pankreastumor Gastrinom Insulinom Glukagonom primärer Hyperparathyreoidismus Hypophysentumor MEN II A fT3, fT4, TSH Serum-Ca Schilddrüsensonographie Schilddrüsenszintigramm, Röntgen der Lunge Überprüfung der Stimmbandfunktion Überweisung zum Spezialisten zur Feinnadelpunktion SippleSyndrom medulläres Schilddrüsenkarzinom primärer Hyperparathyreoidismus Phäochromozytom meist bilateral gelegentl.M.Hirschsprung Fakultative Diagnostik MEN II B GorlinSyndrom Knochenszintigraphie beim medullären Schilddrüsencarcinom Tumormarker: Calcitonin, CEA Pentagastrinstimulationstest Genanalyse einzelne sporadische Fälle medulläres Schilddrüsenkarzinom Phäochromozytom 75% bilateral Schleimhautneurinome 14 Operative Therapie des Schilddrüsenkarzinoms Dasoperative Vorgehen ist abhängig von feingeweblichen Typ (Art des Tumors), sowie von Tumorgröße und der Tumorlage (zentral oder peripher in der Schilddrüse). Computertomographie MRT(Magnetresonanztomographie) Bei organüberschreitendem Wachstum: Spiegelung der Luftröhre, (Tracheoskopie) Spiegelung der Speiseröhre (Ösophagoskopie) Abklärung MEN II Syndrom In der gesamten Diagnostik dürfen keine jodhaltigen Medikamente, Desinfektionsmittel oder Kontrastmittel verabreicht werden! Chirurgische Therapie Standardeingriff beim Scilddrüsencarcinom ist die komplette Entfernung der Schilddrüse (Thyreoidektomie) mit Entfernung der entsprechenden Lymphknoten (Lymphadenektomie= Lymphknotendissektion) bzw. eine sog.”Neck Dissection”. Die vollständige Entfernung der Schilddrüse ist nicht nur wegen der Radikalität gefordert, sondern vor allem bei Tumoren mit epithelspezifischen Schilddrüseneigenschaften wie; Jodaufnahme und Proteinsynthese, da eine Nachbehandlung mit RadioJod möglich ist. In Ausnahmefällen kann auch eine Teilentfernung der Schilddrüse mit oder ohne Lymphknotendissektion ausreichend sein. Schilddrüsenszintigramm mit dem Befund eines ” kalten Knotens” im linken oberen Schildrüsenpol, und unten das Operationspräparat (re. aufgeschnitten mit dem Befund eines papilären Schilddrüsenkarzinoms. 15 Erkrankungen der Nebenschilddrüsen Die Nebenschilddrüse, Epithelkörperchen, Parathyreoidia Die Nebenschilddrüsen – insgesamt meistens vier an der Zahl und mit etwa 50 bis 60 mg sehr klein – liegen direkt der Schilddrüse an und produzieren das Parathormon (PTH), das me. Der primäre Hyperparathyreoidismus führt über einen Exzess des Parathormons zu einer Freisetzung des Kalziums aus dem Knochen, der mit einer Knochenerweichung (Osteolyse) und Osteoporose reagiert. Es entsteht eine Kalziumanreicherung im Blut (Hyperkalzämie), die die Krankheitssymptome hervorruft: An der Niere findet sich eine verminderte Ausscheidung, Nierenversagen, Bildung von Nierensteinen. Am Magen: Magengeschwüre. Am Vergrößerte NSD Adenom bei prim. Hyperparath. den Kalziumstoffwechsel im Körper reguliert. Das Parathormon wird dann produziert, wenn zu wenig Kalzium (Hypokalzämie) im Blut vorhanden ist, das Kalzium wiederum stimuliert die Ausschüttung des Parathormons in den Nebenschilddrüsen. Die Erkrankung ein oder mehrerer Nebenschilddrüsen in Form einer eigenständigen Überproduktion des Parathomons nennt man primärer Hyperparathyreoidismus durch autonome Adeno- Darm: Übelkeit und Erbrechen, Verstopfung. An der Bauchspeicheldrüse: eine Bauchspeichelentzündung (Pankreatitis). An der Gallenblase: Gallensteinbildung. Herzkreislaufsystem: Rhythmusstörungen, Hochdruck und Herzrasen. An der Musku- 16 Nebenschilddrüsen latur: Muskelschwäche. Im Gehirn: Kopfschmerzen, Müdigkeit, Verstimmung bis hin zum Koma. Die Erkrankungsdiagnose ist durch die Bestimmung des Kalziums und des Parathormons im Blut relativ einfach. Die Lokalisationsdiagnose kann Vergrößerte NSD bei sek.Hyperparathyreoidismus (endokrine Funktionsstörung) oder es kommt zu einer verminderten Phosphatausscheidung (exokrine Frunktionsstörung) mit nachfolgender Reduzierung des Kalziums im Blut (Hypokalzämie), die wiederum die Stimulierung des Parathormos in den Nebenschilddrüsen antreibt. Diese Erkrankung findet sich vorwiegend bei Nierenkranken (Niereninsuffizienz), sie ist aber auch bei fehlerhafter Nahrungsaufnahme (Malabsorption) zu finden. Die operative Behandlung einer klinisch manifesten (symptomatischen) Nebenschilddrüsenerkrankung ist immer gegeben, sie ist, in der Hand eines erfahrenen Chirurgen, sehr effektiv und erfolgreich. dagegen durch unterschiedliche Lage der Nebenschilddrüsen Schwierigkeiten bereiten. Sie wird vorgenommen durch Sonographie, Szintigraphie, wie ebenfalls Computertomogramm oder Magnetresonanztomographie, selektive Blutuntersuchung im Halsbereich. Die beste Lokalisationsdiagnostik erfolgt aber immer noch während der Operation durch einen erfahrenen Chirurgen. Der sekundäre Hyperparathyreoidismus hat seine Ursache in einer Nierenfunktionsstörung. Entweder wird zuwenig Vitamin D Hormon (Vitamin D3/Calcitriol) produziert 17 Erkrankungen der Nebennieren Anatomie Die Nebennieren sind zwei ca. 7 X 2 cm große endokrine Drüsen. Ihren Namen verdanken sie ihrer Lage Die Nebennieren bestehen aus einem äußeren Anteil, der Nebennierenrinde und einem inneren Anteil dem Nebennierenmark. Diese beiden Teile haben völlig unterschiedliche Funktionen, so das man in der Nebenniere funktionell zwei unterschiedliche Drüsen mit innerer Sekretion unterscheiden kann. Die Nebennierenrinde besteht aus drei Schichten in denen jeweils unterschiedliche Hormone (ca 40) produziert werden. Die wichtigsten sind Aldosteron, Cortisol und Sexualhormone. Die im Namen vorkommende Bezeichnung „Cort“ weist auf ihren Entstehungsort (Lateinisch: Cortex = Rinde) hin. ALDOSTERON Aldosteron gehört zur Gruppe der Mineralcorticoide. Seine Hauptaufgabe ist die Steuerung der Natrium- und Kaliumkonzentration im Blut, d.h. des Salzhaushaltes im Körper. Aldosteron bewirkt das Zurückhalten (Retention) von Natrium in den Nieren, dadurch wird auch das Chlorid zurückgehalten also Kochsalz = NaCl. Da der Organismus auf eine bestimmte Salzkonzentration programiert ist, wird dadurch mehr Flüssigkeit im Körper zurückbehalten. Auf diese Weise hat Aldosteron langfristig Einfluß auf den Blutdruck. Wird Natrium zürückgehalten, so werden direkt an den oberen Nierenpolen, obwohl sie funktionell nichts mit der Niere zu tun haben. Wie die Nieren und die Bauchspeicheldrüse liegen sie hinter dem Bauchfell im sog. Retroperitonealen Raum = Raum hinter der Bauchhöhle. Von der Form sind die rechte und die linke Nebenniere unterschiedlich, während die rechte Nebenniere in ihrer Form einer Pyramide gleicht, sieht die linke halbmondförmig aus. Die Nebennieren sind jeweils durch drei Arterien versorgt, aus den Zwerchfellarterien, aus der Hauptschlagader (Aorta) und aus den Nierenarterien Eine große Vene leitet das Blut aus den Nebennieren ab: rechts mündet die Vene direkt in die untere Hohlvene und links in die linke Nierenvene. 18 Hormone der Nebennierenrinde die ebenfalls positiven Kalium-Ionen im Austausch vermehrt ausgeschieden. Die Kontrolle der Aldosteronauschüttung wird ähnlich wie bei der Schilddrüse über negative Rückkopplungsmechanismen gesteuert. Einer dieser Regelkreise ist das Renin-Angiotensin-Aldosteron System. Bei niedrigem Natriumgehalt im Blut der Niere oder bei niedrigem Blutdruck wird das Hormon Renin (Ren = Niere ) ausgeschüttet. Dieses sorgt dann für eine vermehrte Ausschüttung von Aldosteron, das als langsamer Mechanismus durch Zurückhalten von Salz und Wasser zu einer Blutdruckerhöhung führt. Andererseits bewirkt das Angiotensin durch direkte Wirkung auf die Gefäße eine Blutdruckerhöhung. CORTISOL Cortisol ist sicher das bekannteste Hormon welches unter dem Oberbegriff „CORTISON“ auch als Medikament verabreicht wird. Es gehört zur Gruppe der Glucocorticoid- Hormone die auch den Zuckerstoffwechsel im Körper steuern. (Lat.: glucose = Zucker). Hauptaufgabe ist die Bereitstellung von Energie durch Zuckerherstellung aus körpereigenen Speichern (Gluconeogenese), den Abbau von körpereigenen Vorräten (Glycolyse) und es beschleunigt den Abbau von Fettreserven zur Energiegewinnung (Lipolyse). Die Werte von Cortisol unterliegen tageszeitlichen Schwankungen mit einem Maximalwert am Morgen und einem Minimalwert um Mitternacht. In Stresssituationen erhöht sich der Wert unabhängig von der Tageszeit weshalb man das Cortisol auch als Stresshormon bezeichnet. Auch hier findet sich zur Steuerung ein neg. Rückkopplungsmechanismus. Die Menge von ausgeschüttetem Cortisol wird durch die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) über das ACTH (Adenocorticotropes Hormon) gesteuert. Weitere Wirkungen von Cortisol sind: a) Steigerung der Wirkung von anderen Stresshormonen z.B. Adrenalin b) Dämpfung des Immunsystems, woraus die positiven Effekte der Entzündungshemmung beruhen. SEXUALHORMONE Androgene , Gestagene aber auch Östrogene sind sowohl für die Geschlechtsfunktion als auch für die Ausbildung der männlichen oder weiblichen Geschlechtsmerkmale verantwortlich. NEBENNIERENMARK Das Nebennierenmark hat sich aus dem Ektoderm entwickelt, es besteht 19 Hormone des Nebennierenmarkes aus „Nervenzellen“ die verschiedene Botenstoffe = Transmitter als Hormone ins Blut abgeben. Mann nennt sie auch Stresshormone. ADRENALIN (Lat::Ad Ren =an der Niere) bekannt auch unter dem Namen EPINEPHRIN, aus dem griechischen (Epi = oberhalb Nephros = Niere) NORADRENALIN Entsteht aus Adrenalin und wird nach den griechischem Wortstamm auch Norepinephrin bezeichnet. Dies sind die Hormone, die in Alarmsituationen (Fight or Flight) freigesetzt werden. Die Hormone sorgen für die Energiebereitstellung in Form von Glucose und bewirken, dass der Körper auf Die häufigsten Nebennierenerkrankungen sind gutartige hormonproduzierende Tumore (Adenome). Abgeleitet von ihrem bereits beschriebenen funktions-anatomischen Aufbau unterscheiden wir Adenome der Nebennierenrinde von Adenomen des Nebennierenmarkes. 1) Tumore der Nebennierenrinde. a) mit Cortisol –Überproduktion (Morbus.Cushing) b) mit Aldosteron Überproduktion (Morbus Conn) Hyperaldosteronismus c) mit Androgen /Östrogen Überproduktion. 2) Tumore des Nebennierenmarks: Phäochromocytome In ganz seltenen Fällen können Nebennierenrinden und –marktumore auch bösartig sein. Stresshormoneffekte: Steigerung von Herzfrequenz und Blutdruck Spezielle Erkrankungen Beschleunigung der Atmung MORBUS CUSHING / CUSHING SYNDROM Symptome: Stammfettsucht Diabetes Stiernacken Bluthochdruck Osteoporose Depressionen Morbus Cushing = ACTH- abhängiger Hypercortisolismus. (Cortisol eine Gefahr optimal eingestellt wird. Weiterhin führen diese Hormone zu einer Anspannung der Skelettmuskulatur und gleichzeitig zu einer verminderung der Durchblutung jener Organe die für die Stresssituation nicht wichtig sind, das sind z.B. Magen und Darmtrakt . Erkrankungen Der Nebennieren 20 Symptome und Krankheiten Überproduktion). Hier geht die Krankheit nicht von der Nebenniere sondern von einem Tumor. der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) aus. Durch zu hohe ACTH - Produktion wird die Nebenniere dazu veranlasst, zu viel Hormon zu bilden. Cushing Syndrom = ACTH – unabhängiger Hypercortisolismus. Hier wird meistens durch gutartige Tumore der Nebennierenrinde ein Übermaß an Cortisol produziert. In diesem Fall bringt die operative Therapie der Nebenniere die Heilung. Unfruchtbarkeit. Phäochromocytom Nebennierenmarks) MORBUS CONN Bei 90 % handelt es sich um gutartige Tumore (Adenome). Diese Tumore können sowohl ein- als auch beidseitig auftreten. Das beidseitige Auftreten kommt vor allem im Rahmen von vererbbaren Erkrankungen vor (MEN). (Tumor des SYMPTOME: Bluthochdruck mit enormem Anstieg der Blutdruckwerte Erhöhte Herzfrequenz mit Rhythmusstörungen Kopfschmerzen und Schwindel Gewichtsverlust Blässe (Engstellung der Gefäße in der Haut) Symptome Bluthochdruck Kopfschmerzen Müdigkeit Muskelschwäche Häufige Ursache ist auch hier eine gutartige Geschwulst (Adenom) der Nebennierenrinde, in 90 % der Fälle einseitig, so dass hier die Operation ebenfalls eine Heilung bewirkt. Nebennierenkarzinome Nebennierenkarzinome sind sehr selten, in 50% der Fälle sind sie hormonell aktiv. Mit der Verdachtsdiagnose eines bösartigen Tumors ist grundsätzlich die Indikation zur Operation gegeben. Bei hormonproduzierenden Tumoren kann eine Operation auch bei Vorliegen von Metastasen sinnvoll sein. Inzidentalome Inzidentalome (= zufällig gefundene Androgen /Östrogen bildende Adenome führen je nach Hormon, bei Frauen zu einem männlichen Behaarungsmuster und zum Ausbleiben der Periode, bei Männern zur Ausbildung einer “weiblichen Brust” (Gynäkomastie) und zur Hodenatrophie mit 21 Therapie der Nebennierentumore Tumore) bilden keine Hormone. In dieser Gruppe finden sich verschiedene gutartige Tumore wie Lipome (Fetttumor), Cysten und Hämangiome (Blutschwämmchen). beide Nebennieren befallen. Eine beidseitige Entfernung der Nebennieren muss sehr sorgfältig erwogen werden , weil anschließend vor allem Cortisol lebenslang eingenommen werden muss. DIAGNOSTIK OPERATIONSTAKTIK Bildgebende Diagnostik: Konventionell oder Videoendoskopisch (Minimalinvasiv) ? CT (Computertomographie) oder alternativ Kernspintomographie MRT (Magnetresonanztomographie) Von vorne , von hinten oder von der Seite ? Funktionelle Untersuchungen: Die minimalinvasiven Verfahren (Schlüssellochchirurgie) sind heute vor allem für die Behandlung von gutartigen Adenomen bis zu einer Größe von 10 cm die Operationsverfahren der Wahl. Außer dem meist hervorragenden kosmetischen Ergebnis ist die postoperative Phase für den Patienten durch weniger Schmerzen, und eine schnellere Erholungszeit gekennzeichnet. An einer Klinik, die auf die Therapie endokriner Tumore eingerichtet ist, werden verschiedene operative Verfahren und Zugangswege beherrscht, so dass dem Patienten/Patientin eine individuell maßgeschneiderte chirurgische Behandlung angeboten werden kann. Hormonbestimmungen im Blut Hormonbestimmungen im Urin (24 h Sammelurin) Stimulations- bzw. Hemmtest durch die Gabe von Hormonen Therapieoptionen Hormonell inaktive Tumoren <3cm müssen nicht sofort operiert werden. Sollten diese Tumore im Verlauf eine Wachstumstendenz zeigen, so ist die Indikation zur Operation gegeben. Hormonell aktive Tumore der Nebennieren stellen prinzipiell eine Operationsindikation dar. Grundsätzlich gilt, dass Erkrankungen, die nur eine Nebenniere betreffen besser chirurgisch therapierbar sind als jene die 22 Erkrankungen Der Bauchspeicheldrüse Pankreas Lage: Die Bauchspeicheldrüse liegt hinter dem Magen und vor den großen Gefäßen (Hauptschlagader, Pfortader und Hohlvene). Sie gliedert sich in Kopf (Caput), Körper (Corpus) und Schwanz (Cauda). Der Kopf liegt im duodenalen “C” und der Schwanz im Bereich des Milzhilus. Ihr Gewicht beträgt etwa 65 g. Sie wird durchzogen vom Pankreasgang (ductus pankreaticus), der in den Zwölffingerdarm in die Pailla Vateri mündet. Die Besonderheit ist, dass der Hauptgallengang auf seinem Weg zum Zwölffingerdarm durch den Kopf der Bauchspeicheldrüse geht, was die technische Schwierigkeit und den Umfang der Operationen am Bauchspeicheldrüsenkopf erklärt. Geschichte Die Bauchspeicheldrüse (griech.:Pankreas) wird bereits in der Antike erwähnt. Obwohl schon damals gelegentlich vermutet wurde, dass Organ im Zusammenhang mit der Verdauung stehe, galt die lebenswichtige Drüse 2000 Jahre nur als bloßes „Polster“ für die Inneren Orga- 23 Akute Pankreatitis Chronische Pankreatitis ne und Gefäße. Erst im 16 Jahrhundert, als ein Ausführungsgang in der Drüse entdeckt wird, wächst die Erkenntnis, dass es sich um eine Drüse handelt die für die Verdauung wichtig ist. Die Vermutung vom Zusammenhang von übelriechenden Fettstühlen und Pankreasleiden wird um 1850 durch zahlreiche Arbeiten über das Pankreassekret und dessen Fähigkeit Fette zu spalten erhärtet. Funktion Die Bauchspeicheldrüse erfüllt zwei wichtige Aufgaben. Als exokrine Drüse produziert sie etwa 2 Liter Verdauungssäfte, die wichtige Enzyme enthalten, darunter Amylase, Lipase, und Proteasen um Fette, Kohlehydrate und Eiweiße zu spalten, damit diese über den Dünndarm in den Körper aufgenommen werden können. Während für die Verdauung von Kohlehydraten und Eiweiß eine Reihe Reservemechanismen vorhanden sind, ist ohne z.B. die Pankreaslipase die Fettverdauung und somit auch nicht die Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen nicht möglich. Die Erkrankung der exokrinen Funktion äußert sich hauptsächlich in schweren Verdauungsstörungen, Gewichtsverlust, starken Blähungen und heftigen Bauchschmerzen. Als endokrine Drüse produziert das Pankreas zahl- reiche Hormone, darunter das bekannte Insulin, das in den Inselzellen synthetisiert wird und dessen Fehlen oder Unwirksamkeit an den Zellen, zur Zuckerkrankheit, dem Diabetes mellitus führt. Etwa 4 Millionen Menschen leiden in Deutschland an einem Diabetes, der mit seinen Folgekrankheiten ein großes Gesundheitsproblem darstellt. Erkrankungen Der Bauchspeicheldrüse –Akute Pankreatitis Die akute Entzündung ist sozusagen eine Selbstverdauung der Bauchspeicheldrüse durch in das Gewebe ausgetretene Pankreasenzyme. Dies führt zu Schwellungen, Blutungen und Infektionen, ein schweres Krankheitsbild, das immer einer intensivmedizinischen und chirurgischen Behandlung bedarf. Ein typisches Beispiel ist die akute Pankreatitis hervorgerufen durch einen Gallenstein (biliäre Pankreatitis), wenn dieser den Ausführungsgang der Bauchspeicheldrüse in den Zwölffingerdarm blockiert und die Enzyme nicht mehr abfließen können. Chronische Pankreatitis Die chronische Entzündung ist eine Gewebsverhärtung kombiniert mit Kalkeinlagerungen. Sie wird in 70 % der Fälle durch Alkoholkonsum hervorgerufen. Hauptsymptom ist der Schmerz, verbunden mit Verdau- 24 Pankreaskarzinom Die Whipple`sche Operation in der Modifikation nach Traverso. Nach Resektion (Entfernung des Pankreaskopfes und eines Teils des Pankreaskörpers wird das Restpankreas mit einer Dünndarmschlinge verbunden. An diese Dünndarmschlinge wird der Magen mit erhaltenem Magenpförtner ebenfalls anastomosiert (verbunden). Da der Hauptgallengang auf seinem Weg in den Zwölffingerdarm durch den Kopf der Bauchspeicheldrüse verläuft, muss der Hauptgallengang vor der Einmündung in den Bauchspeicheldrüsenkopf durchtrennt und nach Resektion ebenfalls an die Dünndarmschlinge anastomosiert werden. Bei der klassischen Whipple`schen Operation wird der Magenpförtner und 1/3 des Magens entfernt, und der Magenrest mit der Dünndarmschlinge verbunden. Dies macht deutlich, warum die Operationen an der Bauchspeicheldrüse technisch eine große Erfahrung voraussetzen. 25 Operative Therapie ungsstörung, Gewichtsverlust und der Entwicklung eines Diabetes. Der Schmerz kann durch eine Operation gelindert werden, indem der am meisten veränderte Anteil der Bauchspeicheldrüse, der Pankreas-Kopf, entfernt wird, entweder als isolierte Kopfresektion oder als sog. Whipple`sche Operation mit unterschiedlichen Variationen. Pankreas- Karzinom Der Krebs der Bauchspeicheldrüse ist eine zunehmend häufiger auftretende Erkrankung, die Inzidenz beträgt etwa 10 auf 100.000 Einwohner. Die Ursache ist wie bei den meisten Tumorerkrankungen weitgehend un-bekannt. Therapie Die wirkungsvollste Therapie ist die Chirurgie, die den krebsbefallenen Anteil mitsamt dem umgebenden Gewebe entfernt. Die am häufigsten angewandte Operationsmethode ist die Whipple´sche Operation mit unterschiedlichen Variationen. Die Operation hat sich auf Zentren mit hohen Erfahrungswerten konzentriert, sodass der Eingriff trotz der technischen Schwierigkeit und des Umfanges komplikationsarm ist und den Patienten in günstigen Fällen eine gute Heilungschance bietet. Selbst bei nicht kurativen (heilenden) Operationen bringt der Eingriff eine gute Verbesserung der subjektiven Beschwerdesymptomatik und Verbesserung der Lebensqualität. 26 Herausgeber und verantwortlich für den redaktionellen Inhalt: Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Minimal Invasive Chirurgie des Krankenhauses Nordwest Prof. Dr. med.Th. W. Kraus Text und grafische Gestaltung: Dr. med. Davorin Wagner Bildquellen: Krankenhaus Nordwest, Frankfurt am Main Sonographiebilder von Dr. med B.Stelzel