LMU Fakultät für Physik T2p Quantenmechanik Dr. Michael Haack zuletzt erstellt am 15. Dezember 2013 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 1.1. Die Quantenmechanik im Alltag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2. Der Welle-Teilchen-Dualismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3. Das Doppelspaltexperiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die 2.1. 2.2. 2.3. 2.4. 2.5. 2.6. Schrödingergleichung Wahrscheinlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schrödingergleichung und statistische Interpretation Schrödingergleichung plausibel gemacht . . . . . . . Impuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unschärferelation Teil 1 . . . . . . . . . . . . . . . . Die zeitunabhängige Schrödingergleichung . . . . . . 1 1 2 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 6 8 9 10 11 12 3. 1-dimensionale Anwendung 3.1. Unendlicher Potentialtopf . . . . . . . . . . . . 3.2. Harmonischer Oszillator . . . . . . . . . . . . . 3.3. Das freie Teilchen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4. Das Delta Potential . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1. Gebundene Zustände und Streuzustände 3.4.2. Deltafunktionspotential . . . . . . . . . 3.5. Endlicher Potentialtopf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 16 18 22 27 27 28 32 4. Der Formalismus der Quantenmechanik 4.1. Hilbertraum . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2. Observable . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1. Hermitesche Operatoren . . . . . . 4.2.2. Determinierte Zustände . . . . . . 4.3. Eigenfunktionen hermitescher Operatoren 4.3.1. Diskretes Spektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 36 38 38 38 39 39 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Der Drehimpuls in der Quantenmechanik 40 6. Das Wasserstoffatom 40 7. Die Störungsrechnung 40 8. Identische Teilchen 40 9. “Philosophischer Epilog” 40 10.Anhang 42 Seite Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik 1. Einführung 1.1. Die Quantenmechanik im Alltag a. Transistor (im Computer etc.) b. Laser (im DVD-Player, Scanner, Drucker etc.) c. Kernspintomographie (Eiweißverteilung im Körper wird anhand des Spins der Atomkerne in Magnetfeldern ermittelt) d. Atomuhr (GPS funktioniert nur dank hoher Zeitmessgenauigkeit) e. Verständnis der Festkörperphysik und der Chemie: • Warum gibt es Leiter, Halbleiter und Nichtleiter? Nebenbemerkung zur Bandstruktur: erster wichtiger Bestandteil zum Verständnis von Festkörperphysik: Abbildung 1.1: Energiebänder zweiter wichtiger Bestandteil: Pauli-Prinzip: Elektronen können nicht alle diesselbe Energie haben Abbildung 1.2: Pauli-Prinzip • Materialeigenschaften • Periodensystem • Stabilität der Materie f. für das Verständnis der Struktur des Universums Seite 1 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik 1.2. Der Welle-Teilchen-Dualismus In der klassischen Physik gibt es eine klare Trennung zwischen Teilchen und Wellen. • Mechanik: Teilchen der Masse m: m · ~r¨ = F~ • Elektrodynamik: Maxwellgleichung im Vakuum ⇒ Wellengleichung: 2 ∂2 ~ ~ =0= ∂ B ~ − c2 ∆B, ~ E − c2 ∆E 2 ∂t ∂t2 mit ∆ = 3 X ∂2 ∂x2i i=1 (1.1) Eine einfache Lösung sind ebene elektromagnetische Wellen: ~ = Re[E~0 · ei(~k·~r−ωt) ], E mit (1.2) ~k: Wellenvektor (Wellenlänge λ = 2π ) |~k| ω ) ω: Kreisfrequenz (Frequenz ν = 2π Dispersionsrelation: ω = |~k| · c (1.3) Energiedichte: u= 1 0 |E~0 |2 2 (1.4) Historische Experimente, die Probleme mit dem klassischen Weltbild aufgezeigt haben, sind: • Strahlung eines schwarzen Körpers: Abbildung 1.3: Schwarzkörperstrahlung [Quelle: Wikipedia] Planck, 1900: Energiedichte der Strahlung ist quantisiert, also nicht kontinuierlich. Seite 2 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik • photoelektrischer Effekt: Abbildung 1.4: Versuchsaufbau zum photoelektrischen Effekt [Quelle: Wikipedia] Elektronen werden herausgelöst, wenn die Frequenz des Lichts großgenug ist, unabhängig von der Intensität des Lichts. Einstein, 1905: Licht hat Teilcheneigenschaften, Photonen haben Energie und Impuls E =h·ν (1.5) X X E 2 = p2 c2 + m2X c4 ⇒ Impuls p = p= E hν h = = c c λ h λ (1.7) • Comptoneffekt (1923): Abbildung 1.5: Comptoneffekt Seite 3 (1.6) [Quelle: Wikipedia] Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Das Photon überträgt einen Teil seines Impulses auf das Elektron. Wegen λ = hp (1.7) folgt daraus, dass λ0 > λ. Dem klassischen Verständnis nach müsste das gestreute Licht dieselbe Wellenlänge haben. • Atomspektren • Wärmekapazität bei niedrigen Temperaturen 1.3. Das Doppelspaltexperiment a) mit Kugeln: Abbildung 1.6: Doppelspalt mit Kugeln Ergebnis: (i) P12 (X) = P1 (X) + P2 (X) (ii) Kugeln treffen als Einheiten auf, Wahrscheinlichkeitsverteilung baut sich langsam auf b) mit Wasser- oder Lichtwellen: Abbildung 1.7: Doppelspalt mit Wellen Ergebnis: Seite 4 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik (i) Interferenz findet statt. I1 (X) I2 (X) I12 (X) = |A1 (X)|2 = |A2 (X)|2 = |A1 (X) + A2 (X)|2 p = I1 (X) + I2 (X) + 2 · I1 (X)I2 (X) · cos δ(X) (nur 1. Spalt offen) (nur 2. Spalt offen) (beide Spalte offen) δ(X): Phasenverschiebung (ii) Die Verteilung ist sofort sichtbar. c) mit Elektronen. Ergebnis: (i) Elektronen kommen einzeln und lokalisiert an (wie Kugeln). (ii) nach Auftreffen sehr vieler Elektronen bildet sich eine Intensitätsverteilung wie bei Wellen. (iii) Bei Beobachtung, welchen Spalt das Elektron nimmt (Beobachtung beispielsweise durch eine Lichtquelle), verschwindet das Interferenzmuster und es bildet sich eine Verteilung auf dem Schirm wie bei Kugeln, Abbildung 1.6 Interpretation • Ψ(~r, t) (komplexwertige) Wellenfunktion des Elektrons • |Ψ(~r, t)|2 dV gibt die Wahrscheinlichkeit an, das Elektron in Volumen dV bei ~r zu finden • man kann also sagen Ψ(~r, t) : |Ψ(~r, t)|2 : Wahrscheinlichkeitsamplitude Wahrscheinlichkeitsdichte ⇒ Muster durch Interferenz von Ψ Bemerkung: (i) Experiment wurde auch durchgeführt mit • Neutronen • C60 -Fullerenmolekülen • C30 H12 F30 N2 O4 -Molekülen • Photonen (ii) Wellenphänomene relevant, wenn Abmessungen der Apparatur (z.B. Spaltbreite) mit Wellenlänge vergleichbar sind. deBroglie, 1923 : Materiewellen λ = hp λ= h 2π~ = p p λ= 2π k =⇒ vektoriell: p = ~k p~ = ~~k E = ~ω = hν mit ~ = z.B.: h 2π = 1.05 · 10−34 Js (“Planck’sches Wirkungsquantum”) −10 • Elektron, das von 100V beschleunigt wird: v = 5.9 · 106 m m = 0.12nm s , λ = 1.2 · 10 −34 • 20g Kugel mit v = 15 m m s : λ = 2.2 · 10 Seite 5 (1.8) (1.9) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik 2. Die Schrödingergleichung 2.1. Wahrscheinlichkeiten Beispiel (aus Griffiths): Raum mit 14 Personen: • 1 Person mit 14 Jahren • 1 Person mit 15 Jahren • 3 Personen mit 16 Jahren • 2 Personen mit 22 Jahren • 2 Personen mit 24 Jahren • 5 Personen mit 25 Jahren N (j): Anzahl der Personen, die j Jahre alt sind (1) Gesamtzahl der Personen im Raum: N= ∞ X N (j) = 14 (2.1) j=0 (2) Wahrscheinlichkeit, bei zufälliger Wahl eine Person mit Alter j zu wählen: P(j) = ∞ X N (j) N (2.2) P(j) = 1 (2.3) j=0 (3) Wahrscheinlichstes Allter: j mit maximalem P(j), d.h. j = 25 (4) Medianwert des Alter (gleich viele Personen älter wie jünger): j = 23 (5) mittleres Alter oder Durchschnittswert der Alters: hji = ∞ X jP(j) = 21 (2.4) j=0 (6) Mittelwert einer Funktion f (j) (z.B. f (j) = j 2 ): hf (j)i = ∞ X f (j)P(j) (2.5) j=0 Bemerkung: (i) Niemand in der Stichprobe muss Medianwert oder Durchschnittswert wirklich haben (ii) in der Quantenmechanik heißt der Durchschnittswert auch Erwartungswert (iii) im Allgemeinen: hj 2 i = 6 hji2 Seite 6 (2.6) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Betrachte: Abbildung 2.1: Histogramme mit gleichem Median, Mittelwert, wahrscheinlichstem Wert, Gesamtzahl Beide Histogramme in Abbildung 2.1 stimmen überein in: Median, Mittelwert, wahrscheinlichster Wert, Gesamtzahl. Maß für Breite der Verteilung? Definiere ∆j = j − hji. ∞ X h∆ji = (j − hji)P(j) = j=0 ∞ X jP(j) − j=0 | ∞ X hjiP(j) = hji − hji = 0 (2.7) j=0 {z =hji } | =hji {z P } P(j) | {z } =1 Betrachte daher σ 2 ≡ h(∆j)2 i Varianz (2.8) s. Übung, (2.9) mit σ: Standardabweichung Es gilt: σ 2 = hj 2 i − hji2 (d.h. hj 2 i ≥ hji2 ) kontinuierliche Zufallsvariablen: ρ(λ): Wahrscheinlichkeitsdichte der Zufallsvariablen λ (z.B. λ = x oder λ = p) Dann: (i) Z Pab = b dλρ(λ) Wahrscheinlichkeit, dass λ zwischen a und b liegt (2.10) a (ii) Z ∞ dλρ(λ) = 1 (2.11) −∞ (iii) Z ∞ hλi = dλλρ(λ) (2.12) dλf (λ)ρ(λ) (2.13) −∞ (iv) Z ∞ hf (λ)i = −∞ Seite 7 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik (v) σ 2 = h(∆λ)2 i = hλ2 i − hλi2 (2.14) 2.2. Schrödingergleichung und statistische Interpretation i~ ∂ ~2 ∂ 2 Ψ(x, t) + V (x, t)Ψ(x, t) Ψ(x, t) = − ∂t 2m ∂x2 (2.15) (zeitunabhängige) Schrödingergleichung (in 1 Dimension)), V : Potential • |Ψ(x, t)|2 = ρ(x, t): Wahrscheinlichkeitsdichte für Position x (zur Zeit t) Rb • a dx|Ψ(x, t)|2 : Wahrscheinlichkeit, das Teilchen zur Zeit t zwischen a und b zu finden Abbildung 2.2: Teilchen wahrscheinlich in der Nähe von A und unwahrscheinlich in der Nähe von B • vor einer Messung hat Teilchen keinen bestimmten Ort 2.2 • Misst man Teilchen, z.b bei C, “kollabiert” die Wellenfunktion Abbildung 2.3: Wellenfunktion kollabiert; Teilchen bei C Seite 8 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik ⇒ Direkt nachfolgende Messung ergibt wieder C, s. Abb. 2.3. R∞ D.h. hxi = −∞ dx x |Ψ(x, t)|2 ist Mittelwert von wiederholten Messungen an einem Ensemble von identisch präparierten Teilchen, nicht der Mittelwert von wiederholten Messungen am selben Teilchen • Normierung: Z ∞ ! dx|Ψ(x, t)|2 = 1 (2.16) −∞ für alle t R∞ R∞ (i) Falls −∞ dx|Ψ(x, t = 0)|2 = 1, dann gilt −∞ dx|Ψ(x, t)|2 = 1 für alle t, wenn Ψ eine Lösung der Schrödingergleichung ist (s. Übung). R∞ (ii) Lösungen Ψ(x, t) mit −∞ dx|Ψ|2 < ∞ heißen “quadratintegrabel”. Sie sind “normierbar” und entsprechen physikalisch realisierbaren Zuständen. [Ψ(x, t) Lösung der Schrödingergleichung ⇒ AΨ(x, t) ebenfalls Lösung mit Konstanten A ∈ C. Wähle A so, dass die Normierungsbedingung (s.o.) erfüllt ist. Dies legt nur Betrag von A fest, Phase ist unphysikalisch und daher beliebig, siehe später.] 2.3. Schrödingergleichung plausibel gemacht Benutze 1) Energie-Impuls-Relation (für kräftefreies Teilchen): E = p2 2m 2) De-Broglie-Relationen: E = ~ω, p = ~k 1) & 2) ⇒ ~ω = ~2 k 2 2m (2.17) Suche Gleichung, deren Lösung ebene Wellen sind, z.B. Ψ = Ψ0 ei(kx−ωt) , Betrachte ∂t Ψ = Ψ0 ∈ C konstant (2.18) ∂ Ψ = −iωΨ0 ei(kx−ωt) = −iωΨ ∂t (2.19) ∂x2 Ψ = −k 2 Ψ (2.20) Einsetzen in (2.17): ~ω = 2 2 ~2 1 ~ ! ~ k ∂t Ψ = = (− ∂x2 Ψ) −iΨ 2m 2m Ψ ~2 2 ∂ Ψ 2m x (2.22) ~2 2 ∂ Ψ(x, t) + V (x, t)Ψ(x, t) 2m x (2.23) ⇒ i~∂t Ψ = − Mit Potential V (in Analogie zu E = p2 2m (2.21) + V ). i~∂t Ψ(x, t) = − zeitabhängige Schrödingergleichung Seite 9 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Bemerkung: i. i~ ∂ Ψ = ĤΨ ∂t mit Hamiltonoperator Ĥ = − ii. in 3 Dimensionen: ~2 2 ∂ + V (x, t) 2m x ~2 i~∂t Ψ(~r, t) = ĤΨ(~r, t) = − ∆ + V (~r, t) Ψ(~r, t) 2m (2.24) (2.25) (2.26) 2.4. Impuls Z ∞ ∂ dx x |Ψ(x, t)|2 ∂t −∞ Z ∞ ∂ i~ ∂Ψ ∂Ψ∗ dx x (s. Übungen) = Ψ∗ − Ψ 2m −∞ ∂x ∂x ∂x Z ∞ ∗ i~ ∂Ψ ∂Ψ (partielle Integration) = − dx (Ψ∗ − Ψ) 2m −∞ ∂x ∂x Z i~ ∞ ∂Ψ (part. Int. d. 2. Terms) = − dx Ψ∗ m −∞ ∂x √ √ Randterme verschwinden, wenn x Ψ → 0 und x ∂x Ψ → 0 für |x| → ∞ Z ∞ dhxi ∂Ψ ⇒m = −i~ dx Ψ∗ dt ∂x −∞ dhxi = dt (2.27) In der Quantenmechanik gilt p = mẋ immer noch für Erwartungswerte (Beispiel für Ehrenfesttheorem, s. später), d.h. dhxi hpi = m (2.28) dt Somit Z ∞ hxi = dx Ψ∗ x Ψ (2.29) −∞ Z ∞ dx Ψ∗ hpi = −∞ ~ ∂ i ∂x Ψ (2.30) Allgemein gilt (später mehr dazu): Messgrößen werden durch Operatoren Q̂ repräsentiert (Differentialoperator beziehungsweise Multiplikationsoperator), die auf Wellenfunktionen wirken. Es gilt: Z ∞ dx Ψ∗ Q̂ Ψ hQi = −∞ Beispiel: Messgrößentabelle Messgröße x Operator x· px ~ ∂ i ∂x Q(x, p) ∂ Q̂(x, ~i ∂x ) T = p2 2m ~ = ~r × p~ L 2 2 h ∂ − 2m ∂x2 ~ ~r × ~i ∇ Seite 10 (2.31) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik 2.5. Unschärferelation Teil 1 Vergleiche folgende Wellen: Abbildung 2.4: hat relativ wohldefinierte Wellenlänge, aber ist sehr ausgebreitet Abbildung 2.5: hat nicht gut definierte Wellenlänge, aber ist gut lokalisiert Beispiel: Wir nehmen für das Wellenpaket zum Zeitpunkt t = 0 die folgende Form an (wobei ein a-abhängiger Normierungsfaktor unterdrückt wurde): a 2 Ψ(x, t = 0) ∼ e− 2 x a +ik0 x , a, k0 ∈ R . (2.32) 2 Der Realteil und der Absolutwert (|Ψ| =∼ e− 2 x ) sind für zwei verschiedene Werte von a und für k0 = 1 in Bild 2.6 gezeigt. Offenbar ist der Ort im 1. Fall präziser bestimmt als im 2. Fall. Abbildung 2.6: Realteil (rot, oszillierend) und Betrag (blau, einhüllend) des Wellenpaketes (2.32) für k0 = 1 und a = 0.1 (links) bzw. a = 0.01 (rechts). Die Wellenpakete sind Überlagerungen von Wellen mit unterschiedlichen Wellenlängen (was nach de Broglie unterschiedlichen Impulsen entspricht gemäß p = ~k = 2π~ λ ). Konkret gilt die Fourierentwicklung Z ∞ 1 Ψ(x, t = 0) = √ dk Φ(k)eikx , (2.33) 2π −∞ Seite 11 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Abbildung 2.7: Φ(k) für k0 = 1 und a = 0.1 (links) bzw. a = 0.01 (rechts). mit der Fouriertransformierten 1 Φ(k) = √ 2π Z ∞ dx Ψ(x, t = 0)e−ikx ∼ e− (k−k0 )2 2a . (2.34) −∞ Sie ist wieder für die beiden Fälle in Bild 2.7 dargestellt (ebenfalls unnormiert). Offenbar ist der Impuls im 2. Fall präziser bestimmt, als im 1. Fall (im Gegensatz zur Position). Heisenberg’sche Unschärferelation (bzw. Unbestimmtheitsrelation) σx σp ≥ ~ 2 (2.35) 2.6. Die zeitunabhängige Schrödingergleichung i~ ∂Ψ ~2 2 =− ∂ Ψ+VΨ ∂t 2m x (2.36) Häufig: V = V (x) zeitunabhängig Dann: Lösung durch “Separation der Variablen” Ansatz: Ψ(x, t) = ψ(x) · ϕ(t) Bemerkung: sehr spezielle Lösungen Aber: man kann die allgemeinste Lösung der zeitabhängigen Schrödingergleichung aus diesen separierbaren Lösungen konstruieren. Einsetzen des Produktansatzes in die Schrödingergleichung ergibt: i~ψ 1 · ψϕ ⇒ dϕ −~2 d2 ψ =− ϕ+V ψ ϕ dt 2m dx2 1 dϕ(t) ~2 1 d2 ψ(x) i~ =− + V (x) ϕ(t) dt 2m ψ(x) dx2 | {z } | {z } hängt nur von t ab hängt nur von x ab ⇒ beide Seiten konstant = E Seite 12 (2.37) (2.38) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik (i) dϕ iE =− ϕ dt ~ (2.39) (ii) − ~2 d2 ψ(x) + V (x)ψ(x) = Eψ(x) 2m dx2 (2.40) zeitunabhängige Schrödingergleichung bzw. Ĥψ = Eϕ Bemerkung: (i) Gleichung (2.39) hat Lösung ϕ(t) = e− iE ~ t (ii) Gleichung (2.40) hat nicht für beliebige Werte von E normierbare Lösungen Einschub: vgl. Eigenwertgleichung für Matrizen: 0 1 ~v = λ~v 1 0 Normierung z}|{ 1 √ 2 λ1 = +1 ⇒ ~v1 = λ2 = −1 ⇒ ~v2 = 1 √ 2 |{z} 1 1 1 −1 (2.41) Normierung (iii) E reell, da Eigenwerte des Hamiltonoperators reell sind (siehe später) Warum sind separierbare Lösungen interessant? 1. Sie sind stationäre Zustände |Ψ(x, t)|2 = Ψ∗ Ψ E reell = ψ∗ e iE ~ t ψe− iE ~ t = |ψ(x)|2 Wahrscheinlichkeitsdichte zeitunabhängig, ebenso alle Erwartungswerte. Z ∞ Z ∞ ~ ∂ hQ(x, p)i = dx Ψ∗ Q̂(x, )Ψ = dx ψ ∗ Q̂ψ i ∂x −∞ −∞ (2.42) (2.43) Insbesondere hxi zeitunabhängig ⇒ hpi = m 2. Sie haben wohldefinierte Energie Z ∞ hHi = dx ψ ∗ Ĥψ Ĥψ=Eψ −∞ = Z dhxi =0 dt ∞ E dx ψ ∗ ψ = E −∞ (2.44) Z ∞ dx |Ψ|2 = E (2.45) −∞ Außerdem: Ĥ 2 ψ = Ĥ(Ĥψ) = Ĥ(Eψ) = E Ĥψ = E 2 ψ Z ∞ Z ∞ hH 2 i = dx ψ ∗ Ĥ 2 ψ = E 2 dx |ψ|2 = E 2 ⇒ −∞ 2 σH = −∞ 2 hH 2 i − hHi2 = E − E 2 = 0 Seite 13 (2.46) (2.47) (2.48) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik 3. allgemeine Lösung der Schrödingergleichung ist Linearkombination von separierbaren Lösungen, z.B. falls Menge der separierbaren Lösungen = {Ψm (x, t) = ψn (x)e−i En t ~ , n ∈ N} (2.49) Jede Linearkombination ist ebenfalls Lösung der Schrödingergleichung, d.h. Ψ(x, t) = ∞ X t cn ψn (x)e−iEn ~ (2.50) n=1 Behauptung: Jede normierbare Lösung der zeitabhängigen Schrödingergleichung ist von der Form (2.50) (ohne Beweis, Beispiel später). {cn ∈ C, n ∈ N} müssen durch Anfangsbedingungen Ψ(x, t = 0) bestimmt werden. ! P∞ D.h. Ψ(x, 0) = n=1 cn ψn (x). Bemerkung: (i) Linearkombinationen von separierbaren Lösungen sind nicht stationär iE1 t iE2 t [Z.B. Ψ(x, t) = c1 ψ1 (x)e− ~ + c2 ψ2 (x)e− ~ mit c1 , c2 ∈ R |Ψ2 | = ... = c21 ψ12 + c22 ψ22 + c1 c2 ψ1 ψ2 · 2 cos((E1 − E2 ) ~t ) t-abhängig, falls E1 6= E2 ] 2 (ii) E ≥ Minimum von V (x), damit Ψ normierbar ist [Denn: ddxψ2 = 2m ~2 (V (x) − E)ψ Annahme: E < Vmin ⇒ V (x) − E > 0 ⇒ ψ 00 und ψ haben immer selbes Vorzeichen ⇒ ψ ist nicht normierbar] Abbildung 2.8: ψ ist nicht normierbar (iii) ψ, ψ 0 stetig (für beschränktes Potential) [ψ 00 = 2m ~2 (V (x) − E)ψ Falls rechte Seite bei x = x0 unstetig ist ⇒ ψ 00 bei x = x0 unstetig ⇒ ψ 0 bei x = x0 stetig ⇒ ψ bei x = x0 stetig] Beispiel: Seite 14 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Abbildung 2.9: Die Stammfunktion einer unstetigen Funktion ist stetig. Seite 15 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik 3. 1-dimensionale Anwendung 3.1. Unendlicher Potentialtopf Der unendliche Potentialtopf ist ein Modell für stark gebundene Leitungselektronen eines Metalls (die Bindung ist proportional zur Austrittsarbeit: Bindung ∼ Austrittsarbeit) 0 0≤x≤a V (x) = (3.1) ∞ sonst Abbildung 3.1: unendlicher Potentialtopf 0 ≤ x ≤ a: − ~2 d2 ψ 2mE = Eψ(x) ⇔ ψ 00 (x) = − 2 ψ 2 2m dx ~ (3.2) sonst ψ(x) ≡ 0. Stetigkeit ⇒ Randbedingungen: ψ(0) = 0 und ψ(a) = 0 (vgl. Grenzwert V → ∞ des endlichen Potentialtopfes, s. später). Allgemeine Lösung von Gleichung (3.2): r 2mE k 2 ~2 ψ(x) = A sin(kx) + B cos(kx) mit k = ⇒ E = (3.3) ~2 2m ψ(0) = 0 ⇒ B = 0 ⇒ ψ(x) = A sin(kx) nπ ! ψ(a) = A sin(ka) = 0 ⇒ kn = n = 1, 2, 3, ... a n = 0 ist nicht erlaubt, da sonst ψ ≡ 0 ist. n < 0 gibt nichts Neues, da sin(−θ) = − sin(θ). Somit: Erlaubte Energien: ~2 kn2 n2 π 2 ~2 En = = 2m 2ma2 (3.4) (3.5) (3.6) Normierte Lösung: r ψn (x) = 2 nπ sin( x) a a Seite 16 (3.7) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik ψ1 : “Grundzustand” ψn , n > 1: “angeregte Zustände” Abbildung 3.2: ψ(x) und ρ(x) im unendlichen Potentialtopf Bemerkung: (i) Energie ist quantisiert, d.h. es sind nur diskrete Werte möglich (ii) tiefster Energiewert E1 = π 2 ~2 2ma2 > 0 (“Nullpunktsenergie”) 2 p i = 2mhHi, [Beachte: Für ψn gilt: hpi = 0, hp2 i = 2mEn denn hp2 i = 2mh 2m hpi=0 d.h. wäre E1 = 0 ⇒ hp2 i = 0 ⇒ σp = 0 σx ≤a ⇒ σx σp = 0 < ~2 ⇒ Widerspruch zu Heisenberg’scher Unschärferelation.] (iii) Jeder Energiewert kommt nur 1 mal vor (keine Entartung der Energiewerte, vgl. Übung) (iv) ψn abwechselnd gerade und ungerade bezüglich x = a 2 (vgl. Übung) (v) Zustände mit höherer Energie haben mehr und mehr Knoten, d.h. Nulldurchgänge Ra ∗ (vi) ψn paarweise orthonormal bzw. 0 dx ψm (x)ψn (x) = δmn mit “Kronecker-Delta” 0 m 6= n δmn = 1 m=n (3.8) (vii) ψn vollständig, d.h. jede quadratintegrable Funktion f (x) mit f (0) = 0 = f (a) lässt sich als Linearkombination schreiben: r ∞ ∞ nπ X 2X f (x) = cn ψn (x) = cn sin x (3.9) a n=1 a n=1 Folgt aus dem Satz über die Fourierzerlegung. Koeffizienten: Z a cn = dx 0 Seite 17 ψn∗ (x)f (x) (3.10) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik "Z a dx ψn∗ (x)f (x) = 0 ∞ X Z cm dx ψn∗ (x)ψm (x) = 0 m=1 ∞ X a # cm δnm = cn (3.11) m=1 |x|→∞ Eigenschaft (i) gilt immer falls V (x) → ∞, dann hat man nur lokalisierte (d.h. gebundene), normierbare Zustände (iv) gilt, falls V symmetrisch um x = a2 (ii), (v), (vi), (vii) sind sehr allgemein q 2 ~π 2 −i n2ma 2 t stationäre Zustände Ψm (x, t) = a2 sin( nπ a x)e Lösung der zeitabhängigen Schrödingergleichung: r ∞ nπ X n2 ~π 2 2 Ψ(x, t) = cn sin x e−i 2ma2 t a a n=1 mit (3.12) r Z a nπ 2 dx sin cn = x Ψ(x, 0) a 0 a (3.13) Interpretation der cn ? hHi = = R∞ −∞ P R∞ dx Ψ∗ ĤΨ = m,n e i(Em −En )t ~ −∞ c∗m cn P P iEm t iEn t dx ( m cm ψm e− ~ )∗ · Ĥ( n cn ψn e− ~ ) R∞ −∞ ∗ Ĥψn dx ψm | {z } En ψn R∞ −∞ = ∗ dx ψm ψn =δmn = P n P m,n e i(Em −En )t ~ (3.14) c∗m cn En δmn |cn |2 En ⇒ |cn |2 : Wahrscheinlichkeit, dass eine Messung der Energie den Wert En ergibt. Bemerkung: P∞ n=1 |cn |2 = 1 3.2. Harmonischer Oszillator Klassisch: F = −kx = m · d2 x dt2 ⇒ x(t) = A sin(ωt) + B cos(ωt) mit ω = q k m Potential: V = 21 kx2 ⇒ F = −V 0 = −kx Wichtiges Beispiel, weil fast jedes Potential in der Nähe eines Minimums annähernd parabelförmig ist. Taylor-Entwicklung um Minimum bei x = x0 : V (x) = V (x0 ) | {z } + irrelevante Konstante ≈ 1 00 2 V (x0 )(x V 0 (x0 ) | {z } (x − x0 ) + 21 V 00 (x0 )(x − x0 )2 + O((x − x0 )3 ) (3.15) =0, da x0 Minimum 2 − x0 ) ⇒ harmonische Oszillation um x = x0 mit k = V 00 (x0 ) da x0 Minimum > 0 Bemerkung: (i) Annahme über das Potential: V 00 (x0 ) 6= 0 (ii) Gleichung (3.15) ist nur für kleine Schwingungen eine gute Näherung, da O((x − x0 )3 )-Terme vernachlässigt werden Seite 18 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Löse nun: − ~2 00 1 ψ + mω 2 x2 ψ = Eψ 2m 2 (3.16) Lösungsmethoden: (i) Potenzreihenansatz (ii) Algebraische Methode Hier in der Vorlesung wird nur (ii) behandelt. 1 (p̂2 + (mωx̂)2 ) 1. Schritt: Faktorisiere Ĥ = 2m Für Zahlen gilt u2 + v 2 = (iu + v)(−iu + v) (3.17) 1 (∓ip̂ + mωx̂) 2~mω (3.18) Versuche â± ≡ √ Damit â− â+ = 1 2~mω (ip̂ = 1 2~mω = 1 2~mω + mωx̂)(−ip̂ + mωx̂) p̂2 + (mωx̂)2 − imω(x̂p̂ − p̂x̂) i p̂2 + (mωx̂)2 − 2~ [x̂, p̂] (3.19) Kommutator: [Â, B̂] = ÂB̂ − B̂  gibt an, wie sehr  und B̂ nicht kommutieren. [x̂, p̂] = ? Anwendung auf Testfunktion f (x): ~ d ~ d ~ df df [x̂, p̂]f (x) = x f− (xf ) = x −x − f = ~if (x) i dx i dx i dx dx ⇒ [x̂, p̂] = i~ Damit: “kanonische Vertauschungsrelation” (3.20) (3.21) (3.22) â− â+ = 1 1 1 Ĥ + bzw. Ĥ = ~ω(â− â+ − ) ~ω 2 2 (3.23) â+ â− = 1 1 1 Ĥ − bzw. Ĥ = ~ω(â+ â− + ) ~ω 2 2 (3.24) Analog: Nebenbemerkung: [â− , â+ ] = 1 Entscheidende Beobachtung: Ĥψ = Eψ ⇒ Ĥ(â+ ψ) = (E + ~ω)(â+ ψ) und Ĥ(â− ψ) = (E − ~ω)(â− ψ) Ĥ(â+ ψ) = ~ω(â+ â− + 21 )(â+ ψ) = ~ω(â+ â− â+ + 21 â+ )ψ 1 = ~ωâ ( â â + )ψ = â ( Ĥ + ~ω)ψ + − + + 2 | {z } â− â+ − 21 + 12 Ĥψ=Eψ = â+ (E + ~ω)ψ = (E + ~ω)(â+ ψ) Ĥ(â ψ) = ~ω(â â − 1 )(â ψ) − − + − 2 = ... = (E − ~ω)(â− ψ) Seite 19 (3.25) (3.26) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Daher: â+ â− â± : Aufsteigeoperator : Absteigeoperator : Leiteroperatoren (3.27) Jetzt: Wendet man â− auf ψ mit Ĥψ = Eψ oft genug an, kommt man zu einem Zustand mit Energie < 0. Dies würde einen Widerspruch zu E ≥ Vmin = 0 darstellen, wenn alle Zustände, die man durch Anwendung von â− bekommt, normierbar wären. Erklärung: â− ψ0 muss nicht normierbar sein (wobei ψ0 der letzte Zustand mit nichtnegativer Energie ist, den man durch sukzessive Anwendung von â− ψ0 bekommt). D.h. â− ψ0 hat entweder unendliche Norm oder es ist null. Tatsächlich: â− ψ0 = 0 (s.u.). Also: â− ψ0 = d √ 1 (~ dx 2mω~ + mωx)ψ0 = 0 dψ0 dx = − mω ~ xψ0 R 0 R mω ⇒ dψ dx x ψ0 = − ~ ⇒ (3.28) 2 ⇒ ln ψ0 = − mω 2~ x + const mω ⇒ ψ0 = A e− 2~ x 2 ⇒ Normierung: ψ0 (x) = mω 14 π~ mω e− 2~ x 2 Energie von ψ0 ? Ĥψ0 = ~ω(â+ â− + 21 )ψ0 = ⇒ E0 = ~ω 2 ψ0 (3.29) 1 ~ω 2 ψn (x) = An (â+ )n ψ0 (x), 1 En = ~ω( + n) 2 (3.30) Normierung: An = √1n! Konkret (s. Abb. 3.3 für die niedrigsten angeregten Zustände): ψn (x) = mω 14 π~ ξ2 1 √ Hn (ξ)e− 2 2n n! r mit ξ = mω x ~ Hn (ξ): Hermite’sche Polynome H0 (ξ) = 1, H1 (ξ) = 2ξ, H2 (ξ) = 4ξ 2 − 2, H3 (ξ) = 8ξ 3 − 12ξ, ... Eigenschaften: (i) Abwechselnd gerade und ungerade, d.h. Hn (−ξ) = (−1)n Hn (ξ) (überträgt sich auf ψn ) (ii) Hn (0) 6= 0 für n gerade Seite 20 (3.31) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Abbildung 3.3: Die niedrigsten Eigenfunktionen des harmonischen Oszillators. Noch zu zeigen: â− ψ0 hat endliche Norm. Zunächst gilt für beliebige Funktionen f (x), g(x) mit f ∗ (x) · g(x) Z ∞ dx f ∗ (â± g) = −∞ Z |x|→∞ → 0 ∞ dx (â∓ f )∗ g (3.32) −∞ d.h. â∓ hermite’sch konjugiert zu â± R∞ 1 d + mωx)g dx f ∗ (â± g) = √2~mω dx f ∗ (∓~ dx −∞ −∞ ∗ R∞ P.I. 1 d √ = 2m~ω −∞ dx (±~ dx + mωx)f g R∞ = −∞ dx (â∓ f )∗ g (3.33) R∞ Damit: Z ∞ dx (â− ψ0 )∗ (â− ψ0 ) = −∞ Z (3.34) ∞ 1 1 dx ψ0∗ ( â+ â− ψ0 ) = E0 − < ∞ , {z } | ~ω 2 −∞ (3.35) 1 1 ~ω Ĥ− 2 wobei ψ0 als normiert angenommen wurde. Bemerkung: (i) â+ â− ψn = nψn 1 â+ â− ψn = ~ω Ĥ − 12 ψn = nψn (3.36) â− â+ ψn = (n + 1)ψn (ii) ψm orthonormiert, d.h. R∞ dx ψn∗ ψm = δnm R∞ R∞ dx ψn∗ (â+ â− )ψm = m −∞ dx ψn∗ ψm −∞ R∞ R∞ ∗ ∗ = −∞ dx (â+ â− ψn ) ψm = n −∞ dx ψn ψm −∞ Seite 21 (3.37) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik (iii) ψn vollständig, R ∞ d.h. für jede quadratintegrable Funktion f (x) mit f mit cn = −∞ dx ψn∗ (x)f (x) |cn |2 : Wahrscheinlichkeit, bei Energiemessung En zu messen. |x|→∞ → 0 gilt f (x) = P∞ n=0 cn ψn (x) (iv) (a) Höhere Energie → mehr Knoten (b) keine Entartung (c) Aufenthaltswahrscheinlichkeit ungleich Null für E < V ! (klassisch verboten) 3.3. Das freie Teilchen Die zeitunabhängige Schrödingergleichung nimmt eine sehr einfache Form an: 2 2 ~ d ψ − 2m dx2 = Eψ ⇔ d2 ψ dx2 √ = −k 2 ψ, k≡ (3.38) 2mE ~ >0 Lösung: ψ(x) = A eikx + B e−ikx (3.39) keine Randbedingungen ⇒ keine Einschränkungen an mögliche Werte für E (außer E > 0) Multiplikation mit e− ⇒ iEt ~ Ψ(x, t) = A rechtslaufende Welle linkslaufende Welle z }| { ~k eik(x− 2m t) }| { z ~k −ik(x+ 2m )t e +B (3.40) Allgemein: f (x ± vt) mit beliebiger Funktion f beschreibt links- bzw. rechtslaufende Welle mit Geschwindigkeit v > 0 2 Z.B. f (z) = e−z t = 0 : f (x ± v · 0) = f (x) t>0: Seite 22 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Einheitliche Beschreibung durch √ 2 Ψk (x, t) = A e i(kx− ~k 2m t) mit k = ± 2mE wobei ~ k > 0 ⇒ rechtslaufend k < 0 ⇒ linkslaufend (3.41) Dies sind die stationären Lösungen des freien Teilchen. 2 Probleme: (i) Ψk sind nicht normierbar Z ∞ dx Ψ∗k Ψk 2 Z ∞ dx = ∞ = |A| (3.42) −∞ −∞ d.h. ein freies Teilchen kann sich nicht in einem stationären Zustand befinden, bzw. es hat keine wohldefinierte Energie (ii) ~|k| = = 2m vQM r E 2m (3.43) klassisch gilt: E = 21 mv 2 q ⇒ vklass = 2E m = 2vQM 6= vQM Aber: allgemeine Lösung der zeitabhängigen Schrödingergleichung immer noch Linearkombination der separierbaren Lösungen: Z ∞ ~k2 1 (3.44) dk φ(k) ei(kx− 2m t) Ψ(x, t) = √ 2π −∞ nach Satz über Fourierzerlegung mit 1 φ(k) = √ 2π Z ∞ dx Ψ(x, 0) e−ikx (3.45) −∞ φ(k): Fouriertransformierte von Ψ(x, 0). Linearkombinationen der Ψk können (für geeignete Wahl der Koeffizientenfunktion φ(k)) aufgrund von Interferenzen normierbar sein. Sie heißen “Wellenpakete”. Beispiel: Ψ(x, 0) = A 0 x ∈ [−a, a] sonst Seite 23 (3.46) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Normierung: A = √1 2a Frage: Ψ(x, t)? φ(k) = √1 2π Ra dx −a eiλ =cos λ+i sin λ = √1 2a e−ikx = −ikx a √1 e 2 aπ −ik −a = √1 k πa eika −e−ika 2i (3.47) √1 sin ka πa k Damit 1 √ π 2a Integral kann nur numerisch gelöst werden: Z ∞ Ψ(x, t) = dk −∞ sin ka i(kx− ~k2 t) 2m e k Grenzfälle: i) a sehr klein sin ka ≈ ka für ka << 1 p ⇒ φ(k) ≈ πa Seite 24 (3.48) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik ii) a sehr groß Dies ist ein weiteres Beispiel für Heisenbergs Unschärferelation. Zurück zur Geschwindigkeit: grobe Erklärung: Betrachte typisches Wellenpaket, z.B. ReΨ(x, t) (ImΨ ähnlich) für feste Zeit Einhüllende |Ψ(x, t)|, denn Ψ(x, t) = |Ψ(x, t)| eiarg(Ψ(x,t)) = |Ψ| cos arg(Ψ) + i|Ψ| sin arg(Ψ) vp : Phasengeschwindigkeit vg : Gruppengeschwindigkeit i. A.: vp 6= vg , klassische Geschwindigkeit entspricht vg Frage: Was ist die Gruppengeschwindigkeit eines Wellenpaketes Z ∞ ~k 2 1 i(kx−ωt) dk φ(k) e für uns ω = ? Ψ= √ 2m 2π −∞ (3.49) Annahme: φ(k) nur in enger Umgebung von k = k0 ungleich Null (damit vp , vg des Wellenpaketes wohldefiniert sind). Seite 25 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Z.B. Wir brauchen ω(k) nur in der Nähe von k = k0 zu kennen. dω (k0 )(k − k0 ) + ... ω(k) ≈ ω(k0 ) + | {z } |dk{z } ≡ω0 (3.50) ≡ω00 Variablentransformation k = k0 + s Z ∞ 0 1 ⇒ Ψ(x, t) ≈ √ ds φ(k0 + s) ei((k0 +s)x−(ω0 +ω0 s)t) 2π −∞ R∞ t = 0 : Ψ(x, 0) = √12π −∞ ds φ(k0 + s) ei(k0 +s)x Z ∞ 0 i(−ω0 t+k0 ω00 t) √1 t 6= 0 : Ψ(x, t) ≈ e ds φ(k0 + s) ei(k0 +s)(x−ω0 t) 2π −∞ {z } | (3.52) Ψ(x−ω00 t,0) |Ψ(x, t)|2 ≈ |Ψ(x − ω00 t, 0)|2 ⇒ (3.51) Aufenthaltswahrscheinlichkeit bewegt sich mit Geschwindigkeit vg = dω (k0 ) dk (3.53) vp = ω k k=k0 (3.54) Phasengeschwindigkeit Für uns: ω= ~k 2 ω ~k0 ⇒ vp = = , 2m k k=k0 2m aber vg = dω ~k0 (k0 ) = dk m (3.55) d.h. vklass = vg = 2vp . Bemerkung: (i) konsistent mit de Broglie vklass = ~k m ⇔ mvklass = pklass = ~k (ii) streng genommen hat jede Komponente des Wellenpaketes seine eigene Phasengeschwindigkeit, d.h. ~k vp = 2m hängt von k ab ⇒ Wellenpaket zerfließt mit der Zeit Seite 26 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik (iii) Vergleich mit elektromagnetischen Wellen (im Vakuum) ω ω = ck ⇒ vg = dω dk = c = k = vp 2 2 k (iv) zu allen Energiewerten E = ~2m > 0 gibt es zwei Lösungen: linkslaufende und rechtslaufende Wellen ⇒ 2-fache Entartung der separierbaren Lösungen (möglich, da Lösungen nicht normierbar sind) 2 ~ ψ 00 (x) = Eψ die Lösung (v) für E < 0 hat die Schrödingergleichung − 2m √ ψ = A eκx + B e−κx mit κ = −2mE > 0. ~ Dies ist nicht normierbar und auch alle Linearkombinationen sind nicht normierbar → physikalisch irrelevant 3.4. Das Delta Potential 3.4.1. Gebundene Zustände und Streuzustände Quantenmechanik: normierbare Lösungen der zeitunabhängigen Schrödingergleichung mit diskretem Index oder nicht normierbare mit kontinuierlichem Index. Vergleiche mit klassischer Mechanik mit zeitunabhängigem V = V (x): zwei unterschiedliche Bewegungsformen (a) “gebundener Zustand” (entspricht den normierbaren Lösungen) Seite 27 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik (b) “Streuzustände” (entspricht Situation, die in der Quantenmechanik auf nicht normierbare Lösungen führt) (c) klassisch: gebundener Zustand quantenmechanisch: Streuzustand, da das Teilchen in den Bereich x < x0 “tunneln” kann (s.u.) D.h. Quantenmechanik: E < [V (−∞) und V (+∞)] ⇒ gebundener Zustand E > [V (−∞) oder V (+∞)] ⇒ Streuzustand Beispiele: (i) unendlicher Potentialtopf und harmonischer Oszillator: nur gebundene Zustände (ii) freies Teilchen: nur Streuzustände (iii) i.A. beide Arten 3.4.2. Deltafunktionspotential “Dirac’sche Deltafunktion” δ(x) = 0 ∞ x 6= 0 x=0 Z ∞ dx δ(x) = 1 so dass −∞ d.h. Seite 28 (3.56) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Verallgemeinerte Funktion bzw. Distribution f (x)δ(x − a) = f (a)δ(x − a) Damit: ∞ Z Z ∞ dx f (x)δ(x − a) = f (a) −∞ Beachte Z (3.57) dx δ(x − a) = f (a) (3.58) −∞ ∞ Z a+ dx δ(x − a) = 1, dx δ(x − a) = −∞ >0 (3.59) a− Betrachte nun Potential V (x) = −αδ(x), α > 0. Schrödingergleichung, die gelöst werden muss: − ~2 d2 ψ − αδ(x)ψ = Eψ 2m dx2 (3.60) Hat sowohl gebundene Zustände (E < 0) als auch Streuzustände (E > 0). (1) Gebundene Zustände (E < 0) x<0 ⇒ V (x) = 0 ⇒ d2 ψ 2mE = − 2 ψ = κ2 ψ dx2 ~ √ mit κ ≡ −2mE >0 ~ (3.61) Allgemeine Lösung: ψ(x) = −κx |A e{z } divergiert für x→−∞ Seite 29 +B eκx (3.62) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik x>0 ψ(x) = B eκx ⇒ für Normierbarkeit: A = 0 ⇒ ψ(x) = F e−κx + ⇒ V (x) = 0 (x < 0) G eκx} | {z (3.63) divergiert für x→+∞ Normierbarkeit: ψ(x) = F e−κx ⇒ G=0 (x > 0) (3.64) Randbedingungen bei x = 0 führen zu Beziehungen zwischen B und F und Bedingung an κ. (i) ψ stetig bei x = 0 ⇒ B = F , somit B eκx B e−κx ψ(x) = Normierung: Z ∞ Z dx |ψ(x)|2 = 2 |B|2 −∞ (x ≤ 0) (x ≥ 0) ∞ dx e−2κx = 2 |B|2 0 (3.65) ∞ |B|2 ! 1 −2κx = e ≡1 −2κ κ 0 ⇒B= √ κ (3.66) (ii) Üblicherweise dψ dx stetig wo V (x) endlich. Hier? 2 ~ − 2m R dx − d2 ψ(x) dx2 + Z R dx V (x)ψ(x) = − − | dx Eψ(x) {z } →0 →0 ⇒∆ dψ dx = lim→0 dψ dx + − dψ dx = − 2m ~2 lim→0 R − dx V (x)ψ(x) = V =−αδ(x) − 2mα ~2 ψ(0) (3.67) Hier: dψ dx x>0: dψ dx x<0: ! − − 2κ 2 = − 2 2 →0 3 Damit: 3 3 3 = −κ 2 e−κ → −κ 2 + (3.68) 3 = κ 2 e−κ → κ 2 →0 2mα √ mα κ⇒κ= 2 ~2 ~ (3.69) 2 κ D.h. E = − ~2m = − mα 2~2 . Insgesamt: Genau 1 gebundener Zustand (für jeden Wert von α > 0) √ ψ(x) = mα − mα|x| e ~2 , ~ Seite 30 E=− mα2 2~2 (3.70) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik (2) Streuzustände: x<0: √ d2 ψ dx2 = −k 2 ψ, k= 2mE ~ ⇒ ψ(x) = A eikx + B e−ikx (3.71) Analog für x > 0 : ψ(x) = F eikx + G e−ikx (i) Stetigkeit bei x = 0 ⇒ F +G=A+B (3.72) (ii) ∆ dψ dx ! 2mα = ik(F − G − A + B) = − 2mα ~2 ψ(0) = − ~2 (A + B) (3.73) ⇔ F − G = A(1 + 2iβ) − B(1 − 2iβ) mit β ≡ mα ~2 k . Zur Interpretation: z.B. x < 0 : Ψ(x, t) = E i(kx− ~ t) } |A e {z rechtslaufende Welle E −i(kx+ ~ t) + B } | e {z linkslaufende Welle x > 0 analog. Streuung von links (rechts): G = 0 (A = 0) Damit (Streuung von links): A: Amplitude der einlaufenden Welle B: Amplitude der reflektierten Welle F : Amplitude der transmittierten Welle Löse (3.72) und (3.73) auf für G = 0 B= iβ A, 1 − iβ Seite 31 F = 1 A 1 − iβ (3.74) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Wahrscheinlichkeit, dass ein einlaufendes Teilchen reflektiert wird? R≡ |Jr | |Je | “Reflexionskoeffizient” mit Je : einlaufender Wahrscheinlichkeitsstrom, Jr : reflektierter Wahrscheinlichkeitsstrom. i~ ∂Ψ∗ ∂Ψ J(x) = Ψ − Ψ∗ 2m ∂x ∂x (3.75) (3.76) t Ψe = A eikx−iE ~ (3.77) t Ψr = B e−ikx−iE ~ ⇒ R= |Je | = ~k 2 m |A| |Jr | = ~k 2 m |B| β2 |B|2 = |A|2 1 + β2 β≡ ~mα 2k = (3.78) 1 1+ 2~2 E mα2 , (3.79) √ benutzt wurde. wobei k = 2mE ~ Wahrscheinlichkeit für Transmission: T ≡ |Jt | |Je | “Transmissionskoeffizient” Jt : transmittierter Wahrscheinlichkeitsstrom 2 Hier: |Jt | = ~k m |F | |F |2 1 1 ⇒T = = =1−R= mα2 |A|2 1 + β2 1 + 2~ 2E (3.80) (3.81) Bemerkungen: (i) T = |F |2 |A|2 nur wenn Potential vor und nach dem Hindernis den gleichen Wert annimmt (vgl. Übg.) (ii) Je höher E, desto größer T (iii) R, T gelten näherungsweise, da man eigentlich normierbare Wellenpakete betrachten müsste (die einen Bereich von E umfassen) (iv) α > 0: Potentialbarriere (a) kein gebundener Zustand (b) R, T unverändert (hängen nur von α2 ab) ⇒ T 6= 0. Dies ist ein Beispiel für den “Tunneleffekt” 3.5. Endlicher Potentialtopf ( V (x) = −V0 −a ≤ x ≤ +a, a ∈ R+ 0 |x| > a wobei V0 > 0: Seite 32 (3.82) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik (1) Gebundene Zustände (−V0 < E < 0) x < −a : ⇒ ψ(x) = 2 2 ~ d ψ − 2m dx2 = Eψ ⇔ −κx A | e{z } d2 ψ dx2 = κ2 ψ √ mit κ = +B eκx ⇒ ψ(x) = B eκx −2mE ~ >0 (x < −a) (3.83) divergiert für x→−∞ d2 ψ ~2 d 2 ψ −a<x<a: − − V0 ψ = Eψ ⇔ = −l2 ψ 2 2m dx dx2 Beachte E + V0 > 0, da E > −V0 (= Vmin ). p mit l ≡ ψ(x) = C sin lx + D cos lx (−a < x < a) 2m(E + V0 ) >0 ~ (3.84) (3.85) x > a: analog zu x < −a ⇒ ψ(x) = F e−κx (x > a). Randbedingungen: ψ(x) und ψ 0 (x) stetig bei x = ±a. Vereinfachung: Lösungen entweder gerade oder ungerade, da V (x) symmetrisch (s. Übg. 1 (c), Blatt 2). Es reicht, die Randbedingung bei x = +a zu betrachten. Hier nur gerade Lösungen (ungerade s. Übung). x < −a F eκx D cos lx −a < x < a ψ(x) = (3.86) F e−κx x > a (i) Stetigkeit von ψ(x) bei x = a ⇒ F e−κa = D cos la (3.87) ⇒ −κF e−κa = −lD sin la (3.88) (ii) Stetigkeit von ψ 0 (x) bei x = a Teile (3.88) durch (3.87): κ = l tan la (3.89) Bedingung an erlaubte Energiewerte, da κ, l von E abhängen. √ Mit Notation z ≡ la und z0 ≡ ~a 2mV0 (Maß für die “Größe” des Topfes) r z0 tan z = ( )2 − 1 z h Herleitung: p √ 2m(E + V0 ) −2mE l= , κ= ~ ~ κ2 + l2 = 2mV0 ~2 ⇒ κ2 = 2mV0 ~2 − l2 = z02 a2 − (3.91) z2 a2 p ⇒ κ2 a2 = z02 − z 2 ⇒ κa = z02 − z 2 √ 2 2 i p z0 −z ⇒ tan z = κl = κa = = ( zz0 )2 − 1 la z Seite 33 (3.90) (3.92) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik “Löse” (3.90) graphisch: Wellenfunktionen (siehe (3.86)): ⇒ endlich viele gebundene Zustände (weitere ungerade Zustände siehe Übung). Zwei Grenzfälle: (a) Breiter, tiefer Potentialtopf (d.h. z0 >> 1). Viele Schnittpunkte etwas unterhalb von zn = nπ 2 , n ungerade p a 2m(En + V0 ) nπ n 2 π 2 ~2 ⇒ ≈ ln a = ⇒ En + V0 ≈ (3.93) 2 ~ 2m(2a)2 En + V0 : Energie über dem Boden des Potentialtopfes ⇒ ähnliche Werte wie unendlicher Potentialtopf mit Breite 2a (b) Schmaler, flacher Potentialtopf: z0 < π2 : Nur ein gebundener Zustand; existiert aber für beliebig schmalen und flachen Potentialtopf (2) Streuzustände (E > 0). Von links einlaufende Welle: A eikx + B e−ikx C eilx + D e−ilx ψ(x) = F eikx Seite 34 (x < −a) (−a < x < a) (x > a) (3.94) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik √ √ 2m(E+V0 ) mit k = 2mE , l = . ~ ~ 4 Randbedingungen: Stetigkeit von ψ(x) und dψ dx bei x = ±a p −1 2m(E + (längere Rechnung) ⇒ T = 1 + 4E(E+V0 ) sin2 ( 2a ~ |F |2 für Transmissionskoeffizienten T = |A|2 V02 V0 )) Bemerkung: (i) T = 1 (d.h. volle Transparenz) für ⇒ En + V0 = n2 π 2 ~ 2 2m(2a)2 2a ~ p 2m(E + V0 ) = nπ λ ⇔ n πl = 2a ⇔ n deBroglie = 2a 2 (d.h. Energien des unendlichen Potentialtopfes), vgl. Ramsauer-Effekt (ii) Für andere Energien wird ein Teil der Welle reflektiert trotz E > 0 (in Kontrast zur klassischen Physik!) (iii) keine Bedingungen an mögliche Werte von E > 0, d.h. das Energiespektrum hat einen diskreten Anteil und einen kontinuierlichen: (iv) Vollständigkeit: allgemeine Lösung der zeitabhängigen Schrödingergleichung Z ∞ X −iEn t Ψ(x, t) = cn ψn (x) e ~ + dk φ(k) ψk (x) | {z } | {z } −∞ n diskrete Lösungen kontinuierliche Lösungen (v) Potentialbarriere, d.h. Seite 35 e −iEk t ~ (3.95) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Von links einlaufende Welle mit 0 < E < V0 . A eikx + B e−ikx (x < 0) C eκx + D e−κx (0 < x < d) ψ(x) = ikx F e (x > d) √ √ 2m(V0 −E) ,κ = . mit k = 2mE ~ ~ 4 Randbedingungen: längere Rechnung unter Annahme e−κd << 1 |2 E E −2κd ⇒ T = |F |A|2 ≈ 16(1 − V0 ) V0 e D.h. (3.96) “Tunneleffekt”: Tunnelwahrscheinlichkeit hängt exponentiell von Breite d der Barriere und Energieabstand V0 − E ab. Vergleiche z.B. α-Zerfall von Atomkernen Weiteres Beispiel: Kernfusion. 4. Der Formalismus der Quantenmechanik 4.1. Hilbertraum Definition eines Vektorraumes: siehe Handzettel (s. Anhang, Kapiel 10). Für endlich dimensionale Vektorräume a1 b1 a2 b2 (i) “Inneres Produkt” (oder “Skalarprodukt”) zweier Vektoren |αi ↔ ~a = . , |βi ↔ ~b = . .. .. an hα|βi = a∗1 b1 + a∗2 b2 + ... + a∗N bN ∈ C Seite 36 bn (4.1) Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Eigenschaften: hβ|αi = hα|βi∗ , hα|αi ∈ R, hα|αi ≥ 0 und hα|αi = 0 ⇔ |αi = |0i. hα|(b|βi + c|γi) = bhα|βi + chα|γi ||α|| = p (4.2) hα|αi heißt die “Norm” oder Länge von |αi. (ii) Lineare Transformationen T auf Vektoren werden durch Matrizen dargestellt. a1 t11 ... t1N . . . .. .. ... |βi = T |αi ↔ ~b = T~a = .. tN 1 ... (4.3) aN tN N Linear: T (a|αi + b|βi) = aT |αi + bT |βi. In der Quantenmechanik: DienMenge aller quadratintegrablen Funktionen auf einem gegebenen o Rb 2 Intervall [a, b], d.h. L2 (a, b) = f (x)| a dx |f | < ∞ ist ein unendlich dimensionaler Vektorraum (f (x) ↔ |f i) mit Skalarprodukt Z hf |gi ≡ b dx f ∗ (x)g(x) (4.4) a Es handelt sich um einen Hilbertraum (d.h. ein vollständiger Vektorraum mit Skalarprodukt, vollständig: Jede Cauchyfolge konvergiert). Die Wellenfunktionen leben in diesem Hilbertraum. Bemerkung: (i) Dirac-Notation: hf |: “Bra-Vektor” |gi: “Ket-Vektor” vom englischen “bra(c)ket”. hf | hf | ist Abbildung von L2 (a, b) → C, |gi 7→ hf |gi. Skalarprodukt entspricht Anwendung von hf | auf |gi. Die Abbildungen von L2 (a, b) nach C bilden auch einen Vektorraum, den “dualen Vektorraum”. Für endlich dimensionalen Vektorraum: T ∗ a1 a1 .. .. |αi = . ⇒ hα| = . = (a∗1 , ..., a∗N ) (4.5) aN aN Skalarprodukt: hα|βi = a∗1 b1 + ... + a∗N bN b1 = (a∗1 , ..., a∗N ) ... (4.6) bN Skalarprodukt entspricht Matrizenmultiplikation. (ii) Eine Menge von Funktionen {fn |n ∈ N} heißt (a) orthonormiert, wenn hfn |fm i = δnm (b) vollständig, Funktion f (x) gilt P∞ wenn für jede quadratintegrable P∞ f (x) = n=1 cn fn (x) bzw. |f i = n=1 cn |fn i Wenn {fn } sowohl (a) als auch (b) erfüllen, gilt cn = hfn |f i. In dem Fall: {|fn i} ist eine orthonormierte Basis des Hilbertraumes der quadratintegrablen Funktion und {cn } sind die Komponenten von |f i bezüglich dieser Basis. Seite 37 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik 4.2. Observable 4.2.1. Hermitesche Operatoren d Observablen Q(x, p) entsprechen in der Quantenmechanik lineare Operatoren Q̂(x̂, ~i dx ), die auf Wellenfunktionen wirken. Linear:R Q̂(af (x) + bg(x)) = aQ̂f + bQ̂g ∞ hQi = −∞ dx Ψ∗ Q̂Ψ = hΨ|Q̂Ψi Ergebnis einer Messung ist reell. ! ⇒ hQi = hQi∗ ! ⇒ hΨ|Q̂Ψi = hΨ|Q̂Ψi∗ = hQ̂Ψ|Ψi ⇒ hh|Q̂hi = hQ̂h|hi für alle h(x) ∈ L2 (−∞, ∞) ⇔ hf |Q̂gi = hQ̂f |gi für alle f (x), g(x) ∈ L2 (−∞, ∞) (s. Übungen). Im allgemeinen hf |Ôgi = hÔ† f |gi mit Ô† zu Ô hermitesch konjugierter Operator (vgl. harmonischer Oszillator: (â± )† = (â∓ )) D.h. Q Observable ⇒ Q̂† = Q̂ ⇔ Observablen entsprechen hermiteschen Operatoren (4.7) Beispiel: Impulsoperator. hf |p̂gi = R∞ −∞ dg dx f ∗ ~i dx ∞ ~ ∗ f g i −∞ | {z } = + =0,da f,g∈L2 (−∞,∞),d.h. f,g |x|→∞ → R∞ −∞ df ∗ dx ( ~i dx ) g (4.8) 0 = hp̂f |gi 4.2.2. Determinierte Zustände Frage: Gibt es für eine Observable Q Zustände, sodass jede Messung von Q das selbe Ergebnis (z.B. q) liefert? Falls ja, nenne sie “determinierte Zustände” der Observablen Q. Fordere ! 0 = σ2 = h(Q − hQi)2 i hQi=q = hΨ| (Q̂ − q)2 Ψi | {z } (4.9) (Q̂−q)(Q̂−q)Ψ Q̂−q hermitesch, da q∈R = ! h(Q̂ − q)Ψ|(Q̂ − q)Ψi ! ⇒ (Q̂ − q)Ψ = 0 ⇔ Q̂Ψ = qΨ ⇒ Determinierte Zustände sind Eigenfunktionen von Q̂ (4.10) Bemerkung: (i) Menge aller Eigenwerte: “Spektrum” des Operators Q̂ (ii) haben zwei oder mehr linear unabhängige Eigenfunktionen denselben Eigenwert ⇒ Spektrum ist “entartet” (iii) Beispiel: stationäre Zustände sind determinierte Zustände der Energie und Eigenfunktionen des Hamiltonoperators ĤΨ = EΨ Seite 38 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik 4.3. Eigenfunktionen hermitescher Operatoren Unterscheide Fälle (1) Spektrum diskret ⇒ Eigenfunktionen im Hilbertraum, d.h. physikalisch realisierbare Zustände (2) Spektrum ist kontinuierlich ⇒ Eigenfunktionen nicht im Hilbertraum, aber Linearkombinationen können (nicht determinierte) Zustände sein (3) diskretes und kontinuierliches Teilspektrum. 4.3.1. Diskretes Spektrum sind reell. i hSatz 1: Eigenwerte zu normierbaren Eigenfunktionen eines hermiteschen Operators hf |f i6=0 Q̂f = qf ⇒ hf |Q̂f i = qhf |f i. Außerdem hf |Q̂f i = hQ̂f |f i = hf |Q̂f i∗ = q ∗ hf |f i ⇒ q = q ∗ Satz 2: Eigenfunktionen zu unterschiedlichen Eigenwerten sind orthogonal. h Q̂f = qf und Q̂g = q̃g, q 6= q̃ hf |Q̂gi | {z } Q̂ hermitesch = q̃hf |gi hQ̂f |gi | {z } Satz 1 q ∗ hf |gi = qhf |gi i ⇒ hf |gi = 0 Bemerkung: Auch entartete Zustände können immer als ortogonal angenommen werden (Orthogonalisierung mit Hilfe des Gram-Schmidt’schen Verfahrens) Seite 39 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik 5. Der Drehimpuls in der Quantenmechanik 6. Das Wasserstoffatom 7. Die Störungsrechnung 8. Identische Teilchen 9. “Philosophischer Epilog” Seite 40 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Seite 41 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik 10. Anhang Seite 42 Vorlesungsskript T2p Quantenmechanik Seite 43