Möglichkeiten der Substitution von Humusreproduktionsleistungen nicht mehr verfügbarer organischer Primärsubstanzen durch Bioabfallkomposte (Einordnung von Komposten in die „Gute fachliche Düngungspraxis“) ein Beitrag von Dr. Jürgen Reinhold Förderverband Humus e.V. auf der Informationsveranstaltung zum Tag des Bodens „Reproduktion der organischen Substanz als Grundlage für die nachhaltige Bodennutzung“ am 9. Dezember 2009 in Luckenwalde Hochrechnung der potenziellen Humusreproduktionsleistung von landwirtschaftlichen Nebenprodukten und Sekundärrohstoffdüngern aus Bioabfällen in Deutschland Stroh (ohne Einstreubedarf) 3.021 Festmist, Rind 1.132 Gülle, Rind 976 Festmist, Schwein 456 Bioabfallkompost 336 Gülle, Schwein 329 Bioabfallgärprodukte 130 0 500 1.000 1.500 2.000 Humus-C in kt / a 2.500 3.000 3.500 Jährliches Humusreproduktionspotenzial in der deutschen Landwirtschaft (etwa 6.400 kt Humus-C / a) Bioabfall 7% 48% 45% Wirtschaftsdünger Stroh (ohne Einstreubedarf) Fazit 1 Das Stroh und die Wirtschaftsdünger sind im bundesweiten Gesamtvergleich etwa gleichrangige landwirtschaftseigene Humusreproduktionsquellen Komposte und Gärprodukte aus Bioabfällen können das für die landwirtschaftliche Humusreproduktion verfügbare Gesamtpotenzial um etwa 8 % erhöhen Mit der energetischen Nutzung von Wirtschaftsdüngern steigt das anteilige Humusreproduktionspotenzial von Komposten und Gärprodukten Humusbilanzkoeffizienten unterschiedlicher landwirtschaftlicher Kulturen Ackergras und -leguminosen Brache mit gezielter Begrünung Untersaaten Körnerleguminosen Winterzwischenfrüchte Brache mit Selbstbegrünung humusmehrende Kulturen humuszehrende Kulturen Stoppelfrüchte Getreide, Ölpflanzen, Gemüse 3 Mais, Gemüse 2 Kartoffeln, Gemüse 1 Zucker- und Futterrübe -1400 -1200 -1000 -800 -600 -400 -200 0 200 Humusreproduktionswirkung in kg Humus-C / ha * a 400 600 800 Humusreproduktionsleistung ausgewählter organischer Dünger Stroh Rindenkompost Mistkompost Fertigkompost Frischkompost Rottemist Klärschlamm Gärrückstand, fest Frischmist See- und Teichschlamm Geflügelkot Gründüngung Gärrückstand, flüssig Rindergülle Schweinegülle 0 20 40 60 80 Humusreproduktionswirkung in kg Humus-C / t Frischmasse 100 120 Einfluss der Methanisierungsrate bei der Nassvergärung und der Frischmasseerträge beim Grünmaisanbau sowie der vorherigen Humusversorgung der Anbauflächen auf die Humusbilanz Fazit 2 Die Humusreproduktion und der Bedarf an organischen Düngern wird vor allem durch die Anbaustruktur in den landwirtschaftlichen Betriebe bestimmt Die Unterschiede der Humusreproduktionsleistung organischer Dünger werden durch die Gehalte an organischer Substanz in der Düngerfrischmasse und durch das spezifische Abbauverhalten im Boden bestimmt Die Marktfruchtbetriebe (ohne oder mit geringer eigener Tierhaltung) sind besonders exponierte Bedarfsträger für eine externe Zuführung organischer Dünger und damit auch für die Kompostanwendung Der intensive Energiepflanzenanbau auf Ackerflächen kann den Bedarf für externe Humuszufuhr (z.B. Kompost) erhöhen Anteil der Pflanzenernährung und der Bodenverbesserung an der Gesamtwirksamkeit der organischen Dünger (abgeleitet aus dem Vorsorge-Nutzen-Verhältnis nach Bundesgütegemeinschaft Kompost) Gärprodukt, flüssig 77 Gülle, Schwein 23 76 Gülle, Rind 24 67 33 60 Festmist, Rind Fertigkompost 40 57 Gärprodukt, fest 43 55 Frischkompost 45 52 Rübenblatt (Gründüngung) 48 41 59 29 Getreidestroh 0% 10% 71 20% 30% Pflanzenernährung 40% 50% 60% 70% 80% Bodenverbesserung 90% 100% Anteil des Dünger-C an der Humusreproduktion im Boden in Humus-C Fertigkompost 52 Frischkompost 43 Festmist, Rind 35 Gärprodukt, fest 35 Gärprodukt, flüssig 28 Gülle, Rind 28 Gülle, Schwein 21 Getreidestroh 21 Rübenblatt (Gründüngung) 14 0 10 20 30 40 Humus-C in % zu Dünger-C 50 60 Mittlere Humusreproduktionsleistung organischer Primärsubstanzen (nach Rogasik & Reinhold, 2005) Getreidestroh 90 Frischkompost 71 67 Fertigkompost Gärprodukt, fest 40 Festmist, Rind 37 10 Gülle, Rind Gründüngung, Rübenblatt 8 Gärprodukt, flüssig 6 5 Gülle, Schwein 0 10 20 30 40 50 60 70 kg Humus-C / Mg Frischmasse 80 90 100 Beispielsrechnung zur Substitution der Humusreproduktionsleistungen nicht mehr verfügbarer organischer Primärsubstanzen durch Bioabfallkomposte Substituierte organische Primärsubstanz Substitutionsleistung in Mg / 100 Mg Kompost Frisch -kompost Fertigkompost Gärprodukt fest Gärprodukt flüssig Stroh (Getreide) 79 74 44 7 Gülle (Rind) 710 670 400 60 Gülle (Schwein) 1420 1340 800 120 Gründüngung 890 840 500 75 Fazit 3 Bioabfallkomposte, Gründüngung und Stroh sind durch besonders hohe bodenverbessernde Wirksamkeit im Vergleich zu ihrer potenziellen pflanzenernährenden Wirkung gekennzeichnet, Bioabfallkomposte fallen durch eine hohe Abbaustabilität und damit guten Humusreproduktionsleistung ihrer organischen Substanz auf Bioabfallkomposte können bei gleichbleibender Humusversorgung erhebliche Mengen landwirtschaftlicher organischer Primärsubstanzen für energetische Verwertungen freisetzen Mittlerer Bedarf bei ackerbaulicher Standortnutzungen (nach VDLUFA) Humusreproduktion [Humus-C] 300 160 Kalium [K2O] 60 Phosphor [P2O5] Stickstoff [N] 170 0 50 100 150 200 mittlerer Bedarf in kg / ha * a 250 300 350 Mittlere Versorgungswirksamkeit unterschiedlicher organischer Dünger bezogen auf den jeweils aufwandsbegrenzenden Wirkstoff 67 57 Gärprodukt flüssig 36 Gülle (Schwein) 100 Festmist (Rind) 100 Gründüngung, Rübenblatt 100 53 Gülle (Rind) 66 59 100 51 39 53 15 14 92 85 38 Humus-C Nanr. 100 29 Pges Gärprodukt fest 100 Frischkompost 100 4 Fertigkompost 100 3 Stroh (Getreide) 100 0 15 0 50 14 100 34 31 Kges 18 96 20 19 26 1 150 200 250 300 Jahresbedarfsdeckung bei ackerbaulicher Standortnutzung in % 350 Am mittleren landwirtschaftlichen Bedarf limitierte Aufwandmengen ausgewählter organischer Dünger Gülle (Rind) 30,0 Gärprodukt flüssig 28,6 Gründüngung, Rübenblatt 24,6 Gülle (Schwein) 21,4 Festmist (Rind) 8,1 Gärprodukt fest 7,5 Fertigkompost 4,5 Frischkompost 4,2 Stroh (Getreide) 3,0 0,0 5,0 10,0 15,0 20,0 Aufwand in t TS / ha * a 25,0 30,0 35,0 Fazit 4 Die Wirkungsweisen der einzelnen organischen Dünger ist sehr differenziert zu bewerten und können drei Gruppen zugeordnet werden Stroh und Fertigkomposte zeigen ähnliche Wirkungen, wobei die Komposte deutlich abbaustabiler und etwas nährstoffreicher sind. Frischkomposte und feste Gärprodukte ähneln in ihrer Wirkung dem Rinderfestmist und der Rindergülle – Nährstoffwirkungen sind stärker zu berücksichtigen Schweinegülle und flüssige Gärprodukte sind in ihrer Anwendung phosphorlimitiert und nur noch anteilig für eine Humusreproduktion geeignet Bindungsformen von Stickstoff in organischen Düngern Fertigkompost Frischkompost Stickstofffraktionen: Festmist, Rind mineralisch Gärprodukt, fest organisch, leicht abbaubar Gärprodukt, flüssig Gülle Rind humusreproduktionswirksam Gülle, Schwein Getreidestroh Gründüngung, Rübenblatt, Grünschnitt -4 -2 0 2 4 6 kg N je t Frischmasse 8 10 12 Stickstoffverfügbarkeit organischer Dünger (Mineraldüngeräquivalenz) Ergebnisse von 12-jährigen Versuchen zur landwirtschaftlichen Kompostanwendung beim LTZ Augustenberg zum Verbleib von Kohlenstoff und Stickstoff aus der organischen Düngung (Angaben in % der gedüngten Menge) organischer Dünger Grüngutfertigkompost Biotonnenfertigkompost Biotonnenfrischkompost Bodenart auf schluffigem Lehm auf lehmigem Sand auf schluffig-tonigem Lehm aus organischem Dünger bei organisch-mineralischer Düngung Kohlenstoffverbleib im Boden Gesamtstickstoffverbleib im Boden N-Abfuhr aus org. Dünger N-Überschuss aus org. Dünger 58,8 46,5 25,6 74,5 57,0 61,0 7,8 7,4 13,0 17,7 35,6 26,0 aus reiner Mineraldüngung N-Abfuhr aus Mineraldünger N-Überschuss aus Mineraldünger 40,0 51,1 57,7 60,0 48,9 42,3 Regelungsmöglichkeiten für erhöhte N-Überschüsse bei der Anwendung von Komposten (nach Kehres, 2006) Entsprechend Düngemittelverordnung Anlage 6 Nr. 15 können nach Vorgabe oder in Abstimmung mit der nach Landesrecht zuständigen Stelle bei „bestimmten Düngemitteln“ unvermeidliche Überschüsse bzw. erforderliche Zuschläge an Stickstoff festgestellt werden. Vor allem bei Komposten und festen Gärprodukten ist es wegen der Besonderheit der im Vergleich zu Wirtschaftsdüngern stärkeren organischen Bindung des Stickstoffs dringend erforderlich, hierauf regelmäßig zurückzugreifen. Es empfiehlt sich daher, dass die nach Landesrecht zuständigen Stellen solche Regelfälle benennen. Fazit 5 Die Verwertung von Bioabfallkomposten ist mit einer sehr geringen Mineraldüngeräquivalenz für Stickstoff verbunden Im Boden erfolgt mittelfristig (mehr als 10 Jahre) eine erhebliche Stickstoffspeicherung aus den Bioabfallkomposten (bis etwa 70%) Es empfiehlt sich daher, dass die nach Landesrecht zuständigen Stellen solche Regelfälle berücksichtigen. C-Abbau im Boden bei der Reproduktion von 300 kg Humus-C je ha bei Anwendung unterschiedlicher organischer Dünger Fertigkompost 300 Frischkompost 300 Festmist, Rind 300 557 Gärprodukt, fest 300 557 Gärprodukt, flüssig 300 771 Gülle, Rind 300 771 Gülle, Schwein 300 1129 Getreidestroh 300 1129 Rübenblatt (Gründüngung) 300 0 277 398 Abbau in den Folgejahren Abbau im Anwendungsjahr 1843 500 1000 1500 C-Abbau in kg / ha 2000 2500 Energiebilanz bei der Substitution von Stoffen in unterschiedlichen Anwendungsgebieten durch Bioabfälle (nach Bidlingmaier, 2009) 5000 4207 MJ / Mg Bioabfall 4000 3000 2552 2000 1000 -13 0 -265 -1000 Substitution fossiler Energieträger durch Bioabfälle (Heizwert ca. 3.600 MJ/Mg) Substitution der Humusreproduktionsleistung von Stroh durch Bioabfallkompost Mineraldüngersubstitution durch Bioabfallkompost Torfsubstitution durch Bioabfallkompost (ca. 1.800 kg CO2/Mg Torf-TM) CO2-Bilanz bei der Substitution von Stoffen in unterschiedlichen Anwendungsgebieten durch Bioabfälle (nach Bidlingmaier, 2009) 600 496 kg CO2eq / Mg Bioabfall 500 400 300 200 242 188 100 -3 0 -100 Substitution fossiler Energieträger durch Bioabfälle (Heizwert ca. 3.600 MJ/Mg) Substitution der Humusreproduktionsleistung von Stroh durch Bioabfallkompost Mineraldüngersubstitution durch Bioabfallkompost Torfsubstitution durch Bioabfallkompost (ca. 1.800 kg CO2/Mg Torf-TM) Zusammenhang von Strohpreis und monetärem Höchstwert für Bioabfallkompost bei Humusreproduktionsleistung von Stroh nach Cross Compliance (nach Reinhold, 2008) maximal vertretbarer Nettopreis für Bioabfallfertigkompost in €/dt FM 5,00 4,00 3,00 y = 0,6449x - 2,5528 2,00 1,00 0,00 5 6 7 8 9 10 Nettopreis für die Strohabgabe frei Feldrandmiete in €/dt FM 11 Vergleich der monetären Bewertung unterschiedlicher Bioabfallbehandlungsprodukte bei Substitution der CC-Humusrepoduktionsleistung von Stroh (nach Reinhold, 2008) (Humusreproduktion als erreichbarer Höchstwert) Gärprodukt flüssig 0,63 Gärprodukt fest 0,12 0,93 Bio-MixKompost Grünabfallkompost 0,00 0,91 1,22 1,74 0,80 0,50 1,68 1,00 1,50 2,00 2,50 3,00 €/dt Frischmasse Summe Nährstoffwirkung Humus-C bei Strohpreis von 8 €/dt 3,50 Fazit 6 Die Verwertung von Bioabfallkomposten führt bei der Substitution der Humusreproduktionsleistung von Stroh zu günstigeren CO2- und Energiebilanzen als bei der thermischen Verwertung von Bioabfällen Ein monetäre Wert von Bioabfallkomposten kann erst ab Strohabgabepreisen (frei Feldrand beladen) in Höhe von etwa 4 €/dt dargestellt werden und steigt mit zunehmenden Strohabgabepreisen Bei einem Strohpreis von 8 €/dt übersteigt der monetäre Wert der Humusreproduktionsleistung von Bioabfallkomposten deren monetären Nährstoffwert RAL-Gütesicherungen von Dünge- und Bodenverbesserungsmitteln aus der Kreislaufwirtschaft 7 Verarbeitete Mengen an Ausgangsstoffen 6 Mio. t 5 Kompost (RALGZ 251) 4 3 2 1 2 3 4 5 6 7 8 9 0 1 2 3 4 5 6 7 8 1 99 1 99 1 99 1 99 1 99 1 99 1 99 1 99 2 00 2 00 2 00 2 00 2 00 2 00 2 00 2 00 2 00 0 Gärprodukte RALGZ 245 NawaRo-Gärprodukte RAL-GZ 246 AS-Düngung RAL-GZ 247 (Verwertung von Abwasserschlamm) Kompost Gärprodukte Vielen Dank für die Aufmerksamkeit