Elementare Zahlentheorie — 1. ¨Ubung

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Prof. Dr. Jörn Steuding, Pascal Stumpf
Institut für Mathematik, Universität Würzburg
26/27/28. Oktober 2016
Elementare Zahlentheorie — 1. Übung
Präsenzaufgabe 1.
a) Entscheide über den Wahrheitsgehalt der folgenden Aussagen:
(1) Es gibt zwei Studierende in dieser Übungsgruppe, die im selben Monat
Geburtstag haben.
(2) In Bayern gibt es zwei Menschen mit gleich vielen Haaren auf dem Kopf.
(3) Wenn auf dem Rand eines Quadrates der Seitenlänge 1 fünf (oder mehr)
verschiedene Punkte markiert werden, so gibt es stets mindestens zwei, die
einen Abstand < 1 zueinander haben.
b) Versuche ein Argumentationsmuster zu entdecken! Formuliere dieses als mathematische Aussage und entwickele einen stichhaltigen Beweis!
Präsenzaufgabe 2.
a) Eine leichte Rechnung zeigt:
1 · 2 · 3 · 4 + 1 = 25 = 52 ,
2 · 3 · 4 · 5 + 1 = 121 = 112 .
Es entstehen Quadratzahlen. Setzt sich das so fort? Berechne
3·4·5·6+1 =
4·5·6·7+1 =
,
.
b) Stelle ohne zu rechnen eine Vermutung für
5·6·7·8+1 =
auf und teste diese! Finde eine Formel für
n · (n + 1) · (n + 2) · (n + 3) + 1 =
mit einer beliebigen natürlichen Zahl n auf und versuche sie zu beweisen...
Lösungsskizze Aufgabe 1:
Zu a): Sind mehr als 13 Studierende anwesend, so übersteigt deren Anzahl um
1 die Anzahl der verschiedenen Monate eines Jahres. Die Studierenden lassen sich
also nicht so auf die Monate verteilen, dass jeder Monat einen oder gar keinen
Studierendengeburtstag enthält. Also ist dann die Aussage wahr. Wenn jedoch 12
oder weniger Studierende anwesend sind, könnte es hingegen eine Verteilung von
Geburtstagen geben, so dass keine zwei Studierende im selben Monat Geburtstag
haben.
Die Anzahl der Haare auf dem Kopf eines einzelnen Menschen variieren zwischen
0 und ca. 120 000 (siehe etwa wikipedia). In Bayern leben mehr als 12 000 000
Menschen, was eine wesentlich größer ist als die Anzahl aller Möglichkeiten für
die verschiedenen Haaranzahlen. Also muss es unter den Einwohnern Bayerns eine
Übereinstimmung geben und auch diese Aussage ist wahr.
Werden auf den vier Seiten eines Quadrates fünf verschiedene Punkte irgendwie
positioniert, so gibt es mindestens eine Seite mit zwei Punkten. Dann haben diese
beiden Punkten einen Abstand kleiner 1 (der Seitenlänge des Quadrates). Also ist
die Aussage wahr.
Übrigens lassen sich vier Punkte so positionieren, dass diese tatsächlich einen
Abstand ≥ 1 voneinander haben, nämlich die vier Eckpunkte (aber übrigens nicht
die vier Punkte, welche die Kanten halbieren). Diese Eckenkonfiguration ist die
einzige Positionierung von vier Punkten mit dieser Eigenschaft! Ist nämlich ein
Punkt A auf dem Quadrat gegeben, so haben alle Punkte auf dem Quadrat, die im
Inneren eines Kreises vom Radius 1 um A liegen, zu diesem ersten Punkt A einen
Abstand kleiner 1. Ein zweiter Punkt B mit einem Abstand ≥ 1 muss also auf dem
Kreis oder außerhalb des Kreises liegen. Ist A kein Eckpunkt, so sind zwei Ecken
im Inneren des Kreises um A enthalten und mit zwei weiteren Kreisen um die
außerhalb liegenden Ecken zeigt sich, dass keine Konfiguration mit Distanzen ≤ 1
vorliegen kann. Ist A ein Eckpunkt, so verbleiben für den zweiten Punkt B genau
die Kanten des Quadrates, die nicht an A angrenzen. Wenn einer der weiteren
Punkte B, C, D kein Eckpunkt ist, so liegt dieser in mindestens einem der Kreise
um die Eckpunkte der Kanten, die an A angrenzen.
Zu b): In den drei Beispielen aus a) haben wir jeweils Anzahlen miteinander
verglichen. Verteilen wir m Objekte (wie etwa verschiedene Menschen in dieser
Übungsgruppe) auf n Mengen (wie etwa die n = 12 Monate, an denen Menschen
Geburtstag haben kann), so müssen mindestens zwei Objekte in derselben Menge
liegen, wenn es mehr Objekte als Mengen gibt (also m > n gilt). Anders und
gegenständlicher“ als so genanntes Schubfachprinzip formuliert:
”
Verteilt man n + 1 Gegenstände in n Schubfächern, so existiert mindestens ein
Schubfach mit mindestens zwei Gegenständen.
Hierbei darf man auch m = n + 1 durch jede größere natürliche Zahl ersetzen. Und
ein (indirekter) Beweis dieses einfachen, aber auch wichtigen Argumentes geht wie
folgt:
Angenommen, es gäbe keine Verteilung von n+1 Gegenständen auf n Schubfächer,
so dass es mindestens ein Schubfach mit mindestens zwei Gegenständen gäbe, so
enthielte jedes Schubfach höchstens einen Gegenstand. Insgesamt wäre also die
Anzahl der Gegenstände kleiner oder gleich der Anzahl der Schubfächer, was der
Annahme widerspräche.
Lösungsskizze Aufgabe 2:
Zu a): Es errechnet sich (mit oder ohne Taschenrechner)
3 · 4 · 5 · 6 + 1 = 361 = 192 ,
4 · 5 · 6 · 7 + 1 = 841 = 292 .
Es entstehen also wieder Quadrate. Tatsächlich sind dies alles Quadrate von Primzahlen, aber dieses Muster setzt sich nicht weiter fort (könnte jedoch zunächst
vermutet werden). Eine bessere Vermutung ergibt sich aus der Beobachtung
1·2·3·4+1 =
52 = (1 · 4 + 1)2 ,
2 · 3 · 4 · 5 + 1 = 112 = (2 · 5 + 1)2 ,
3 · 4 · 5 · 6 + 1 = 192 = (3 · 6 + 1)2 ,
4 · 5 · 6 · 7 + 1 = 292 = (4 · 7 + 1)2 .
Zu b): Entsprechend vermuten wir
5 · 6 · 7 · 8 + 1 = (5 · 8 + 1)2 = 1681
und eine Rechnung verifiziert dies. Somit haben wir jede Menge Beispiele, in denen
das Produkt von vier aufeinanderfolgenden natürlichen Zahlen n, n + 1, n + 2, n + 3
plus 1 ein Quadrat ergibt (nämlich für n = 1, 2, 3, 4) und wir haben eine Idee,
wie sich aus dem ersten und letzten Faktor des Produktes das passende Quadrat
berechnet, nämlich
n · (n + 1) · (n + 2) · (n + 3) + 1 = (n · (n + 3) + 1)2 .
Es verbleibt zu zeigen, dass dies für beliebige natürliche Zahlen (also auch für
n = 5, 6, . . .) gilt: Hierzu multiplizieren wir beide Seiten aus und erhalten jeweils
denselben Ausdruck
n4 + 6n3 + 11n2 + 6n + 1,
womit die Formel bewiesen ist.
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