Unterstützung Ihrer Beratung durch Fachdienste, Stellungnahmen und Helferrunde/-konferenz Stellungnahme Da es für Sie als Berater/-in schwer ist, die Fördernotwendigkeit zu beurteilen, die sich aus der Erkrankung ergibt, ist es sinnvoll, entsprechende Dienste zu nutzen. Neben den eigenen Diensten und Diagnoseinstrumenten durch die ARGE ist dies insbesondere auch die Möglichkeit, vom behandelnden Kinder- und Jugendpsychiater/-psychotherapeuten eine Stellungnahme anzufordern. Diese Stellungnahme enthält im Regelfall folgende Punkte: - Kinder- und Jugendpsychiatrie/ Psychotherapie Universitätsklinikum Ulm Hinweise zur Psychopathologie Belastbarkeit/Stabilität Gruppenfähigkeit Medikation Prognose Rahmenbedingungen anderer Hilfen Arbeitsanamnese Berufseinsteiger/-innen mit psychischer Erkrankung fördern Aufgrund der Informationen des Kinder- und Jugendpsychiaters/-psychotherapeuten über den Patienten können notwendige Hilfen äußerst spezifisch an den Bedürfnissen ausgerichtet werden. Hinweise zu Krankheitsbildern und Unterstützungsmöglichkeiten für die öffentliche Arbeitsverwaltung (Jobcenter) Helferrunde/-konferenz Eine weitere Möglichkeit ist die Einberufung einer Helferrunde/-konferenz, die je nach spezifischer Situation aus ARGE, Jugendamt und dem Behandlungsteam (Therapeuten / Sozialarbeit) bestehen sollte. Die Einrichtung einer Helferrunde/-konferenz ist dann sinnvoll, - wenn es sich um einen komplexen Fall handelt, d.h. es nicht nur um Berufsausbildung geht, sondern auch zusätzliche pädagogische, psychologische oder soziale Dienste benötigt werden, - wenn aufgrund der Erkrankung die Ausbildung in einem speziellen Berufsbildungswerk notwendig ist (z.B. bei Psychose oder Autismus), - wenn im bisherigen Behandlungsverlauf eine differenzierte Diagnostik über einen längeren Zeitraum zur Einschätzung des Patienten stattfand (z.B. psychiatrisch-psychologische Diagnostik, arbeitstherapeutische Diagnostik), deren Ergebnisse bei der Entscheidung über die Ausgestaltung begleitender Hilfen im Übergangsprozess in das Erwerbsleben genutzt werden können, - wenn der Patient nicht in der Lage ist, seine Bedürfnisse und Fähigkeiten in adäquater Weise zu schildern. Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie / Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm Steinhövelstraße 5 D - 89075 Ulm www.uniklinik-ulm.de / kjpp Ärztl. Direktor: Prof. Dr. J. M. Fegert Sehr geehrte Berater/-innen, Sie fördern die Jugendlichen auf dem Weg in das Berufsleben. Psychische Erkrankungen bei Jugendlichen können den Berufseinstieg erschweren. Dieser Flyer möchte Ihnen einen Überblick über psychische Erkrankungen geben und Unterstützungsmöglichkeiten aufzeigen, auf die Sie bei Ihrer Beratung im Umgang mit erkrankten Jugendlichen zurückgreifen können. Was ist eigentlich eine psychische Erkrankung? Nicht jedes abweichende, störende oder auffällige Verhalten bedeutet, dass bei einem/r Schüler/-in eine psychische Erkrankung vorliegt. Kriterien psychischer Erkrankung Von einer psychischen Erkrankung spricht man erst dann, wenn Verhaltensweisen einer Person - unerwartet auftreten, - situationsinadäquat sind, - vom statistischen Durchschnitt in einer Bevölkerung abweichen (d.h. wenn der Großteil der Menschen einer bestimmten Bevölkerung sich anders verhält), - (entweder bei sich oder anderen) Leiden erzeugen, - wichtige Entwicklungsschritte dadurch nicht erreicht werden können und - in mehreren Lebensbereichen auftreten. Diese Kriterien sind immer auch vom Entwicklungsstand und dem jeweiligen kulturellen Hintergrund des Kindes abhängig. Typische Erkrankungen von Jugendlichen Aufgrund der Tatsache, dass manche psychischen Erkrankungen, wie beispielsweise Ess-, Angst- oder Zwangsstörungen sich häufig erst im Jugendlichenalter herausbilden, ist es wichtig, hierauf besonders aufmerksam zu achten. Typische Erkrankungen von Jugendlichen sind insbesondere - depressive Episoden, - soziale Ängste, - Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), - Essstörungen, - Sucht und - Psychosen. Diese Erkrankungen kommen in ganz unterschiedlicher Häufigkeit vor und unterscheiden sich auch in ihren Symptomen. Das macht es für einen Laien häufig schwer, aufgrund der Symptome auf Krankheiten rückzuschließen. Behandlung und flankierende Maßnahmen Viele Jugendliche mit psychischen Störungen befinden sich nicht in Behandlung. Hier kann es hilfreich sein, wenn Sie diesbezüglich eine vermittlungsrelevante Auffälligkeit bemerken, eventuell zu einer Diagnostik/Behandlung zu raten. Ist eine psychische Störung erkannt, erfolgt die Behandlung zumeist multimodal. Dabei hat der/die Jugendliche die Möglichkeit, sich entweder in ambulante oder in stationäre psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung zu begeben. Die Kernelemente einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung sind psychotherapeutische Einzelgespräche, Gespräche mit relevanten Bezugspersonen, ggf. medikamentöse (psychopharmakologische) Behandlung und Gruppentrainings zum Aufbau/zur Verbesserung von Fertigkeiten (z.B. soziale Fertigkeiten). Diese Behandlungen werden bei Indikation durch Funktionstherapien (z.B. Ergo, Physio-, Musik-, Kunsttherapie) und im stationären Bereich durch milieutherapeutisches Arbeiten ergänzt. Bei hohen psychosozialen Belastungen oder unzureichender familiärer Unterstützung (z.B. wenn ein Elternteil chronisch krank ist) können als flankierendes Element Jugendhilfemaßnahmen in Anspruch genommen werden. Wie erfahre ich von der Krankheit? Nicht immer werden Sie eine Erkrankung als Diagnose in Ihren Unterlagen haben. Dies liegt einerseits an der Tatsache, dass Eltern und auch Jugendliche unterschiedlich offen mit Ihrer Erkrankung umgehen andererseits an den Regelungen zur strafrechtlich geschützten Schweigepflicht. Bezüglich der Erkrankung besteht diese nach § 203 Strafgesetzbuch. Erhaltene Informationen dürfen nicht an Dritte weitergegeben werden, um das grundrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausreichend zu gewährleisten. Das ist gut so, denn schließlich müssen die Eltern und die Jugendlichen selbst entscheiden, wie sie mit der Krankheit umgehen und wen sie darüber informieren. Schweigepflichtig sind selbstverständlich die Kinder- und Jugendpsychiater und -therapeuten, aber ebenso die öffentlichen Schulen und die Arbeitsverwaltung Als Berater/-in können Sie nur dann eine sinnvolle Eingliederung in die Berufswelt planen, wenn Ihre Kunden/innen ihre Erkrankung offenlegen. Dennoch müssen wir akzeptieren, dass das Recht auf Offenlegung beim Patienten liegt und wir nur positiv darauf hinwirken können, die Erkrankung zu erwähnen, um den Übergang von der Schule in das Berufsleben positiv zu gestalten. Welche Punkte sollten aus Sicht der Behandlung bei der Berufswahl Beachtung finden? Im Rahmen des Übergangs Schule-Beruf ist es wichtig, folgende Punkte bei der Beratung zu beachten: - Die weitere Behandlung der Erkrankung muss gewährleistet sein. - Der Berufsweg muss die Leistungsfähigkeit des Patienten berücksichtigen. - Ggf. müssen flankierende Maßnahmen die Jugendlichen beim Übergang unterstützen.