1 0. VORLESUNG / 14.1.2000 / Friedrich SEKUNDÄRSYMPTOME DER SCHIZOPHRENIE: (d.h. können sein, müssen aber nicht). Das sind: 1) Halluzinationen: = Sinneswahrnehmungen mit Leibhaftigkeit, die objektiv aber nicht vorhanden sind (z.B. betroffen = Hören, sehen, Riechen, usw.) Kann auch in anderen Krankheitsformen auftreten, z.B. * nach Einnahme von LSD; * Trinken von Absud der Tollkirsche -> Atropindelir; * bei epileptischen Anfallserkrankungen vor größerem Anfall “Auraerlebnis” (Sehen von Blitzen, Hören von Donner und dergl.) => Welche Sinneswahrnehmung getäuscht ist und => in welcher Form sie getäuscht ist, ist wichtig für die Diagnose (vgl. “Erlkönig” von J.W.v. Goethe -> Kind hält Nebel und Schatten in seinem Fieberdelir für den Erlkönig) Paraidolien: in der Wiese liegen und mit der Seele baumeln... -> Wolke sieht aus wie Pferd, Österreich, usw. (persönliche Phantasie wird in etwas Vorhandenes hineinprojeziert) Halluzinationen dagegen -> Stimmenhören (wollen mit mir in Dialog treten, kommentierende Stimmen, imperative, usw.) haben Leibhaftigkeitscharakter Besonders gefährlich = imperative Stimmen -> sehr drängend; Betroffener = hilflos (herabgesetzte Willenskraft!) vgl. Komtour in Don Giovanni = klassische Standbild-Halluzination -> unbewußte Ängste werden z.B. in Halluzination zum Vorschein gebracht; Veränderung des Körpergefühls (Glasscherben im Bauch; Klotz in Brust = körperbezogene Halluzinationen) Es gibt einzelne und ansteckende Halluzinationen (z.B. Marienhalluzination eines Waldviertlers im Delirium tremens, schildert sie so plastisch, daß Anwesende auch glauben, sie zu sehen; ähnlich Massensuggestion / Gruppenhypnose -> z.B. Schlangenbeschwörer: ist KEINE Schlange, sondern Seil, das hochgezogen wird! Massenhysterie infolge Gleichgerichtetheit der Teilnehmer (erhöhtes Arousal, erhöhte Aufmerksamkeit, Gefühl des Eingebundenseins -> vgl. Veranstaltungen im Dritten Reich, Beatlemania, usw.) 2 2) autistische Symptome: extreme Selbstbezogenheit -> Einrichten einer eigenen Welt, in der man lebt; vgl. Kindesalter: * Kind bastelt sich Phantasiefreund; * Phantasieländer von Kindern (am Übergang von magischer Phase in reale Phase) * Bei autistischen Symptomen = diese Welt abgekapselt; * Betroffener gibt seiner Umwelt keinen Einblick in diese Welt. * Entstehen von Skurrilitäten; => Patient kann sich nicht davon befreien; je näher man ihm kommt, desto weiter verschließt er sich. 3) Psychomotorik: = von Person zu Person verschieden und unverwechselbar (bei EE-Zwillingen oft sehr ähnlich) Bei psychotischer Erkrankung = auch die Motorik betroffen -> Hyperaktivität oder Hypoaktivität Psychomotorik: * ein Teil = angeboren; * ein Teil = erlernt durch Immitationslernen -> kann auch verändert werden. Bei schizophrener Phase: Skurrilität -> harmonische Abläufe verfallen -> staksiger Gang (wird in Persönlichkeit eingebaut), bizarre Bewegungen (z.B. starre Handhaltung mit bestimmter Funktion, z.B. Abstreifung von Bösem); * Katatonie = Erstarren, Ende jeglicher Motorik (verdreht man Patienten die Finger -> bleibt so und zwar stundenlang), maskenhaftes Gesicht (ABER: Patient erlebt alles mit, kann alles hören usw., sich aber nicht äußern) * Katalepsie = “wächserne Starre”; einzelne Gliedmaßen sind betroffen. Bedeutung: Ich gebe mein persönliches Bewegungsmuster auf und lasse leben; kein Eigenimpuls 3 Bizarrerien in Sprache: * Echolallie: ständiges Wiederholen dessen, was man dem Patienten sagt -> Laie wird ärgerlich darüber * Echopraxie: Patient verhält sich wie beim Kinderspiel “Spiegel des Gegenübers” 4) wahnhafte Erscheinung: Wahn = * irreal, * subjektiv gewiß, * unkorrigierbar z.B. Verfolgungswahn, Liebeswahn (z.B. Liebe par distance -> tritt oft in Schulen auf bei Schülerinnen / Lehrern; Liebesbriefschreiber, Telefonterroristen), Abstammungswahn, usw. Entwicklung des Wahns in verschiedenen Stadien: am Anfang: Beziehungs- oder Beachtungsidee: irgendeine Situation wird verkannt und auf sich selbst bezogen * einfache Schizophrenie (typische Primärsymptome) * wahnhafte Schizophrenie: gekoppelt mit bestimmtem Wahn, z.B. Verfolgungs-, Abstammungs-, etc. Wahn) Wodurch entsteht Schizophrenie ? -> wahrscheinlich Stoffwechselstörung im Gehirn; teilweise durch Umwelt und Erziehung bedingt; könnte auch vererbt sein (aber eher unwahrscheinlich) -> Auslöserfaktor = permanentes Double-bind (= doppelseitige Botschaften, denen wir dauernd ausgesetzt sind; z.B. Kind zerbricht Ming-Vase -> brüllt -> Mutter kommt, tröstet Kind, aber gleichzeitig Vorwurf => ständige Spaltung der Wahrnehmung) -> Auslöser = starke / schwache Eltern bzw. Identifikationen des Kindes damit (ist aber nicht so 4 -> Hormontheorien: bei Frauen im Zusammenhang mit der Pubertät (stimmt auch nicht) -> JETZT: Adrenalin / Noradrenalin untersucht, eventuell Zusammenhang mit Neurotransmittern bei prädisponierten Persönlichkeiten zum Ausbruch notwendig. Prädisposition + protektive Faktoren (= Schutzfunktion: Mutter erfühlt Prädisposition -> bietet Kind speziellen Schutz -> “Gluckensyndrom”; Mutter setzt ein Kind Gefahr aus, das prädisponierte aber schützt sie -> Signal in Wahrnehmung, läuft aber nicht auf Intelligenzebene (wie z.B.: bei geistiger Behinderung) -> fällt Schutzebene weg -> Krankheitsausbruch (z.B. während sommerlicher Sprachferien, sechswöchiger Berufsschule, usw.)