Jahresbericht 2005 27 Teil III: Produktgruppen Produktgruppen: Lebensmittel 28 Kosmetische Mittel 64 Bedarfsgegenstände 69 Tabakwaren 77 Lebensmittelüberwachung BW 28 Teil III: Produktgruppen Untersuchungsergebnisse: Übersicht in Zahlen 3 089 684 Abweichung von der Norm, unabhängig von der Art oder dem Ergebnis der weiteren Verfolgung. Die Feststellungen, Lebensmittel 17 % beanstandet Der Begriff „Beanstandung“ umfasst jede festgestellte 5 724 3 843 die im Gutachten ihren Niederschlag finden, unterliegen gegebenenfalls noch der richterlichen Nachprüfung. Insbesondere sind hier nicht nur Abweichungen in stofflicher Hinsicht, sondern auch Verstöße gegen Kennzeichnungs- 83 % vorschriften und Kenntlichmachungsgebote aufgeführt. Die nicht beanstandet Art der Beanstandung ist aus den nachfolgenden Tabellen 121 Beanst. Lebensmittel 242 im Einzelnen erkennbar. Die Entnahme von Proben und deren Untersuchung im Rahmen der Lebensmittelüberwachung erfolgt häufig Beanst. Lebensmittel Beanst. Lebensmittel gezielt. Die Zahl der Beanstandungen ist deshalb nicht repräsentativ für das Marktangebot und erlaubt nur eingeschränkt Rückschlüsse auf die Qualität unserer Lebensmittel insgesamt. Durch Zusammentreffen mehrerer Beanstandungsgründe Kosmetische Mittel 638 80 26 % beanstandet bei einer Probe kann die Anzahl der Beanstandungsgründe höher sein als die der beanstandeten Proben. Proben im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung Lebensmittel einschließlich Trinkwasser 74 % nicht beanstandet 13 58 902 Kosmetische Mittel 2 187 Bedarfsgegenstände (z. B. Verpackungsmaterial, 2 980 Spielwaren, Gegenstände mit Hautkontakt, Reinigungs- und Pflegemittel) Beanst. Kosmetik Kein Erzeugnis nach LMBG / LFBG 7 Tabakerzeugnisse 357 Probenzahl Beanst. Kosmetik Bedarfsgegenstände 32 % beanstandet Gesamt Beschwerde- und Erkrankungsproben 528 515 Beanst. Kosmetik 2 342 davon beanstandet 695 Sonstige Proben aus der Lebensmittelüberwachung Nationaler Rückstandskontrollplan Radioaktivität 68 % nicht beanstandet 64 433 12 404 1 102 Tabelle: Lebensmittel- 10 überwachung Grafik: Anteil der beanstandeten Proben an der Gesamtprobenzahl und Verteilung der Beanstandungsgründe Beanst. Bedarf Kennzeichnung, Aufmachung Mikrobiologischer Verderb Zusammensetzung, Beschaffenheit Beanst. Bedarf Verstöße gegen vorbeugenden Gesundheitsschutz Andere Verunreinigungen oder Verderbsursachen Gesundheitsschädliche Eigenschaften Beanst. Bedarf Übersicht Jahresbericht 2005 29 Übersicht: Untersuchungsergebnisse Ergebnisse der Untersuchungen an Lebensmitteln, kosmetischen Mitteln, Bedarfsgegenständen und Tabakwaren Produktgruppe Lebensmittel Milch und Milchprodukte Eier und Eiprodukte Gesamtzahl Beanstandete Beanstandung Beanstandung der Proben Proben aufgrund aufgrund Zusammensetzung / Kennzeichnung / Beschaffenheit Aufmachung Zahl % 58 902 10 196 17 6 452 5 725 6 261 957 15 677 473 808 147 18 80 98 Fleisch, Wild, Geflügel und -Erzeugnisse 7 621 2 009 26 1 419 1 067 Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere und -Erzeugnisse 2 939 579 20 409 265 Fette und Öle 1 460 233 16 169 87 Brühen, Suppen, Saucen, Feinkostsalate 1 184 274 23 181 175 Getreide, Backwaren, Teigwaren 4 136 535 13 340 285 Obst, Gemüse und -Erzeugnisse 4 750 549 12 366 278 Kräuter und Gewürze 1 214 191 16 129 113 Alkoholfreie Getränke (inkl. Mineral- und Tafelwasser) 3 615 513 14 209 403 Wein 2 502 267 11 61 256 Alkoholische Getränke (außer Wein) 3 211 607 19 223 557 Eis und Desserts 2 125 362 17 141 295 Zuckerwaren, Schokolade, Kakao, 2 156 337 16 83 370 Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse und -Erzeugnisse 1 115 102 9 86 28 Fertiggerichte 1 638 310 19 134 264 Diätetische Lebensmittel, Säuglingsnahrung Brotaufstriche, Kaffee, Tee 2 368 219 9 42 228 Nahrungsergänzungsmittel 350 182 52 81 269 Zusatzstoffe 330 21 6 11 13 Trinkwasser 9 119 1 802 20 1 611 201 Kosmetische Mittel 2 187 573 26 93 638 Reinigungs- und Pflegemittel für die Haut 1 163 306 26 50 353 Haarbehandlungsmittel 206 49 24 10 54 Nagelkosmetik 96 43 45 10 55 Reinigungs- und Pflegemittel für die Mundhygiene 44 18 41 0 19 Deodorants und Parfüms 145 37 26 1 38 Mittel zur Beeinflussung des Aussehens 530 118 22 21 118 (Make-up, Sonnenschutz) Rohstoffe für kosmetische Mittel 3 2 67 1 1 2 980 960 32 538 515 Materialien mit Lebensmittelkontakt 904 281 31 217 53 Gegenstände mit Körperkontakt 725 245 34 239 75 Bedarfsgegenstände Spielwaren und Scherzartikel 319 88 28 77 49 Reinigungs- und Pflegemittel 1 031 345 33 4 338 1 1 100 1 0 7 1 14 1 0 357 4 1 0 4 Verpackungsmaterialien für kosmetische Mittel und Tabakwaren Kein Erzeugnis nach LMBG / LFGB Tabakwaren 30 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel Milch und Milchprodukte Milch Milchproben landwirtschaftlicher Verbraucherbeschwerden Erzeugerbetriebe Wie in den vergangenen Jahren wur- Überprüfung vor Ablauf des angege- Bei der Untersuchung von Rohmilch- den verschiedentlich Beschwerdepro- benen Mindesthaltbarkeitsdatums proben direkt aus dem Erzeugerbe- ben zur Begutachtung vorgelegt. Da- auf. Aufgrund des Erhitzungsprozes- trieb ist immer wieder ein gegenüber bei handelte es sich primär um pasteu- ses ist sterilisierte Milch ein sehr sta- Rohmilch aus gleichen Regionen er- risierte Konsummilch („Frischmilch“), biles Erzeugnis und lange haltbar. Die höhter Gefrierpunkt festzustellen. ultrahocherhitzte Milch („H-Milch“) Ergebnisse der mikrobiologischen Dies begründet den Verdacht, dass und sterilisierte Milch. Insbesondere Untersuchung ergeben hier selten die abweichende Beschaffenheit der bei Frischmilch waren es Abweichun- Grund zur Beanstandung. Jedoch ist Milch durch den Eintrag von Fremd- gen in Geruch, Geschmack und Ausse- auch hier eine sachgerechte Lagerung wasser verursacht wurde. In einigen hen, die die Verbraucher veranlassten, erforderlich. Längerer Lichteinfall ver- Fällen bestätigte sich dies. Als Ursa- die entsprechenden Proben zur Unter- ändert Milchfett und Milcheiweiß. Die che ist hauptsächlich mangelnde Sorg- suchung einzureichen. In aller Regel dabei entstehenden Abbauprodukte falt zu nennen. So berücksichtigt der ging der sensorische Verderb hier mit sind geruchlich und geschmacklich landwirtschaftliche Erzeuger häufig einer mikrobiologischen Kontaminati- wahrnehmbar. Vom Verbraucher wer- nicht, dass nach dem Reinigen seiner on einher. Die Ursachen können da- den diese Geruchs- und Geschmacks- Anlage zurückbleibendes Spülwasser bei vielfältig sein. Neben Fehlern im abweichungen häufig als „fremdar- aus dem Leitungssystem entfernt Herstellerbetrieb sind auch unsach- tig-chemisch“ beschrieben. Milch in werden muss. Ansonsten kommt es gemäße Behandlung bzw. Lagerung Flaschen aus Klarglas sollte daher im- zu einer unzulässigen Verwässerung im Handel oder auch im Haushalt in mer lichtgeschützt aufbewahrt wer- des darauffolgenden Gemelkes. In Betracht zu ziehen. den. Aus diesem Grund geben einige einem Fall betrug der Fremdwasser- Sterilisierte Milch in Flaschen aus Klar- Abfüller auch einen entsprechenden gehalt 4 %: bei einer Abgabe von 789 glas fiel im Rahmen der sensorischen Hinweis („lichtgeschützt lagern“) auf Liter Rohmilch sind dies immerhin 32 der Verpackung an. Liter Fremdwasser! Butter Kräuterbutter Kräuterbutter ist eine aus der Die Probe bestand aus einer grünlich-gelben Grundmasse, klassischen französischen Kü- durchsetzt mit grünen und braunen Blattgewürzbestand- che stammende Zubereitung teilen und Gewürzpartikeln in unterschiedlicher Größe. aus Butter und Kräutern. Nach Oberflächlich war an mehreren Stellen ein gelblich-trüber einer EG-rechtlichen Definition Flüssigkeitsaustritt festzustellen. In dieser Masse befand handelt es sich dabei um eine sich ein Esslöffel. Die Masse war in eine ehemalige Spei- Kräuter enthaltende Zubereitung seeisverpackung gefüllt, Becher und Deckel waren auch aus Butter, die einen Milchfettanteil äußerlich mit Lebensmittelresten (teilweise stark ange- von mindestens 62 % aufweisen und nur trocknet) verschmutzt. Die Kunststoffverpackung war an aus Butter, ohne Zusatz von milchfremdem Fett hergestellt einer Seite angebrochen. Aufgrund der Ekel erregenden sein muss. Beschaffenheit musste diese Probe als nicht zum Verzehr Werden entsprechende Zubereitungen in Gaststätten und geeignet beurteilt werden. Restaurants noch selbst hergestellt, wird sehr häufig Margarine mitverwendet, um das Erzeugnis streichfähiger zu machen. Gemäß der obigen Definition dürfen solche Zubereitungen nicht als „Kräuterbutter“ bezeichnet werden. In Einzelfällen wurde bei Proben aus Gaststätten ein Fremdfettanteil von bis zu 29 % festgestellt, obwohl es sich laut Speisekarte angeblich um „Kräuterbutter“ handelte. Verunreinigung durch Abrieb oder Schmierstoffe Ebenfalls als nicht mehr zum Verzehr geeignet beurteilt wurde eine Beschwerdeprobe „Butter“, nachdem die vom Verbraucher monierten Verschmutzungen bestätigt werden konnten. Als Ursache der Verunreinigung kamen Abrieb oder Schmierstoffe der Ausformmaschine in Betracht. Eine Eine weitere Probe „selbst hergestellte Kräuterbutter“ Betriebsüberprüfung wurde empfohlen, um die Ursache wurde im Rahmen einer Gaststättenkontrolle erhoben. des Schmutzeintrages zu ermitteln und abzustellen. Milch und Milchprodukte Jahresbericht 2005 Milchprodukte Aufgeschlagene Sahne – nach wie vor ein „hygienisches Stiefkind“ Auch in diesem Berichtsjahr wurden wieder Schlagsahne- gangsmaterial hygienisch einwandfrei war. Diese Ergeb- proben aus Sahnebläsern von Hotels, Cafés und Bäckereien nisse zeigen, dass das Hygienebewusstsein im Umgang angefordert, um die hygienische Beschaffenheit des Aus- mit dem leicht verderblichen Lebensmittel „Sahne“ immer gangsmaterials (Behältersahne) und der aufgeschlagenen noch verbesserungswürdig ist. Hauptsächliche Fehler, die Sahne zu überprüfen. Lediglich rund ein Drittel war mikro- zu den schlechten mikrobiologischen Resultaten führen, biologisch und sensorisch einwandfrei, bei der Hälfte aller sind die ungenügende und / oder zu seltene Reinigung der Proben wurde wegen erhöhter Gesamtkeimgehalte eine Sahneaufschlagmaschinen, eine ungenügende Kühlung der Bemängelung ausgesprochen und eine Hygieneüberprü- Sahne sowie eine zu lange Aufbewahrungszeit, welche oft fung angeraten. In einem Fall musste das aufgeschlagene aus der Verwendung zu großer Vorratsgebinde resultiert. Erzeugnis wegen stark überhöhter Gehalte an Verderbskei- Es ist dringend zu empfehlen, die Gebinde wie auch die men (Enterobakteriazeen, Pseudomonaden, Milchsäure- Füllmenge so auszuwählen, dass die Sahne arbeitstäglich bildner und Hefen) als verdorben und nicht zum Verzehr abverkauft werden kann. geeignet beurteilt werden, während das verwendete Aus- Käse „Vom Schaf, zur Kuh, zum Käseimitat“ – gleich doppelte Verbrauchertäuschung Zu einem echten Dauerbrenner hat Auch die Überprüfung von Tierartan- nur in der nach Guter Herstellungspra- sich das Thema „Käseimitate“ ent- gaben bei Schaf- und Ziegenkäse xis notwendigen Menge. Auch dieser wickelt. Bei Käseimitaten oder Käse- ergab eine nach wie vor hohe Zahl Zusatzstoff ist bei Verwendung im Ver- analogen handelt sich meist um Pro- von Auffälligkeiten, vor allem bei Pro- zeichnis der Zutaten anzugeben. dukte, bei denen ein Teil des Milch- ben aus der Gastronomie. Bei einem fettes durch Pflanzenfett ersetzt wird. „bulgarischen Schafkäse“ waren Kuh- Bei „echtem“ Käse hingegen ist die milchanteile bis zu 5 % nachweisbar. Verwendung von milchfremdem Fett Ein in einem Restaurant angebotener nicht zulässig. Bereits in den ver- „Schafkäse“ bestand ausschließlich gangenen Jahren fielen verstärkt Er- aus Kuhmilch. In manchen Fällen zeugnisse auf, die in Aussehen und konnten in den Restaurants auch die Konsistenz kaum von echtem Käse originalverpackten Käse sichergestellt zu unterscheiden, hinsichtlich Ge- werden; laut Originalkennzeichnung ruch und Geschmack jedoch fade handelte es sich dabei teilweise um und flach waren. Die Untersuchun- Kuhmilchkäse, welcher in den Gast- Im Rahmen der Untersuchung von gen ergaben, dass es sich hierbei um stätten kurzerhand umbenannt und als „geriebenem Hartkäse“ fielen einige Imitate handelte. Aufgrund der Bean- „Schafkäse“ serviert wurde. Erzeugnisse wie folgt auf: der Cellu- standungen wurden auch in diesem Jahr zahlreiche Käse-Produkte auf Verfälschung überprüft. Überraschen- Laktose (Milchzucker) ist ein natürlicher Bestandteil der Mich, der jedoch in gereiftem Hartkäse üblicherweise nicht mehr in nennenswerten Anteilen vorhanden ist. Andererseits ist Milchzucker ein maßgeblicher Bestandteil in Milch- und Molkepulvern, welcher unerlaubt dem geriebenen Hartkäse beigemischt sein kann. loseanteil betrug 8 bis 10 % bei einem Eine Täuschung der anderen Art gleichzeitigen Gehalt an Laktose von rund 20 %, teilweise waren Cellulo- derweise wurde man auch bei einem Nach den Vorschriften der Käseverord- segehalte bis 15 % festzustellen. Die „Fast-food-Restaurant“ fündig: hier nung ist es erlaubt, bei geriebenem zulässige Höchstmenge für Stärke wurde „Schafskäse“ als Beilage zu Käse Kartoffel- und / oder Maisstär- wurde bei einigen Proben deutlich einem griechischen Salat angeboten. ke als Trennmittel in technologisch überschritten. Die genannten „Zuta- Die Untersuchungen ergaben, dass notwendigem Umfang einzusetzen, ten“ waren allesamt nicht im Zuta- Schafmilch in diesem Erzeugnis nicht höchstens jedoch 3 %. Eine entspre- tenverzeichnis aufgeführt. Bei einem enthalten war. Nachgewiesen werden chende Angabe im Zutatenverzeich- nicht deklarierten Zusatz in diesen konnten jedoch Kuhmilchbestandteile. nis ist dann notwendig. Nach den Vor- Größenordnungen handelt es sich Nach Abschluss der Analysen stand schriften der Zusatzstoff-Zulassungs- um eine deutliche „Streckung“ des fest, es handelte sich um ein Käseimi- verordnung darf bei zerkleinertem eigentlichen Käseanteils bzw. um ei- tat, hergestellt aus Kokosfett mit Kuh- Käse auch der Zusatzstoff Cellulose ne ganz erhebliche „Täuschung“ des milchanteilen. Die Verbraucher wurden (E 460), zum Beispiel als Trennmittel, Verbrauchers. somit gleich doppelt getäuscht! eingesetzt werden, jedoch auch hier 31 32 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel Eier und Eiprodukte Strenge Kennzeichnungsvorschriften „… und sonntags auch mal zwei!“ Durch die EWG-Vermarktungsnormen und das nationale Besondere Auslobungen zur Förderung des Verkaufs von Recht sind strenge Vorgaben bezüglich der Kennzeichnung Eiern dürfen nur dann verwendet werden, wenn diese von Eiern vorgegeben und lassen auch nur wenig Spiel- Angaben und Symbole und die Art und Weise ihrer An- raum für Angaben zur Bewerbung. So mussten auch im bringung nicht geeignet sind, den Käufer irrezuführen. Die Berichtszeitraum wieder häufig Beanstandungen hinsicht- Bezeichnung „Sonntags-Eier“ stellt jedoch eine Auslobung lich der Kennzeichnung ausgesprochen werden: dar, die geeignet ist, den Eindruck zu erwecken, dass sich • Zum einen fehlten die Angaben des Mindesthaltbarkeitsdatums oder des Erzeugercodes, Angaben zur Legehennenhaltung oder Verbraucherhinweise bei offen angebotenen Eiern. • Andererseits gab es auch wieder Eier mit „doppelter Staatsbürgerschaft“. Während auf den Eiern als Herkunftsland Frankreich aufgestempelt war, fand sich auf der Verpackung die Angabe „DE …“ für Deutschland. diese Eier durch eine besondere Qualität von den handelsüblichen Eiern unterscheiden. Die Verbraucher erwarten hier beispielsweise einen höheren Frischegrad, da die Eier weichgekocht verzehrt werden sollen. Eier besonderer Frische dürfen nach den EWG-Vermarktungsnormen für Eier eine Luftkammerhöhe von höchstens 4 mm aufweisen. Die vorgelegten „Sonntags-Eier“ hatten jedoch Luftkammerhöhen von bis zu 7 mm! Eier, die eine Luftkammerhöhe größer 6 mm aufweisen, entsprechen nicht mehr den Bei Angaben zur Legehennenhaltung fiel ebenso Wider- Anforderungen an die Güteklasse A. Sie sind dann z. B. als sprüchliches auf: Eier der Güteklasse B einzustufen. Eier der Güteklasse B • Die Eier einer Probe waren mit dem Erzeugercode „2 DE- …“ gestempelt, wobei die Ziffer 2 auf Bodenhaltung hinweist. • Auf der Verpackung war hingegen die Legehennen- wiederum dürfen nur an bestimmte Unternehmen der Lebensmittelindustrie (z. B. Eiproduktehersteller), die eine Zulassung erfahren haben, oder an die Non-Food-Industrie abgegeben werden. haltungsform „aus Käfighaltung“ angebracht. Unterschiedliche Angaben zur Haltungsart der Legehennen sind als zur Irreführung geeignet zu beurteilen. Die Luftkammerhöhe stellt ein Maß für das Alter des Eies dar. Sie darf bei Eiern der Güteklasse A nicht höher als 6 mm sein. Bei „tagesfrisch“ angebotenen Eiern waren Luftkammerhöhen von 4 und 5 mm festzustellen. Sie entsprachen zwar noch den Anforderungen an die Güteklasse A, allerdings weisen tagesfrische Eier Luftkammerhöhen von 2 mm auf. Gekochte und gefärbte Eier Gekochte, gefärbte Hühnereier („Brotzeiteier“, „Vespereier“, „Ostereier“) gaben des Öfteren Anlass zur Beschwerde. Die eingesetzten Farbstoffe wurden nicht ordnungsgemäß angegeben oder die Eier hatten zum Teil eine defekte Schale und waren verdorben. Ein besonderer Fall: Von 47 untersuchten Eiern einer Probe waren 28 Eier zu beanstanden (entspricht 60 %!). Das Erzeugnis wurde vom Handel freiwillig aus dem Verkehr genommen. Eier und Eiprodukte / Fleisch, Wild und Geflügel Jahresbericht 2005 33 Fleisch, Wild, Geflügel und -Erzeugnisse Gammelfleisch Verdorbene Waren in Kühl- und Gefrierhäusern Mangelnde Hygiene beim Umgang mit Fleisch führt zum Verderb. Zur Erhaltung der Qualität ist vor allem die Einhaltung der Kühlkette sowohl bei gekühltem als auch bei gefrorenem Fleisch erforderlich. Bei Kontrollen wurde häufig unsachgemäß gelagerte oder überlagerte Ware angetroffen. Bei nicht gefrorenen Fleisch- und Wurstwaren kann es durch (Kaninchenköpfe, „frische“ Pute, Gänsekeule). Der hohe Anteil beanstandeter Proben ist neben der zielgerichteten Überprüfung auf Proben mit abgelaufenen Mindesthaltbarkeitsdaten auch auf die Nachverfolgung von Beanstandungen anderer Lebensmittelüberwachungsbehörden zurückzuführen. Die Ergebnisse zeigen, dass im Sinne einer risikoorientierten Betriebskontrolle auch der Überwachung von Kühl- und Gefrierhäusern verstärkte Aufmerksamkeit zuteil werden sollte. Mikroorganismen zum Verderb kommen. Hierbei stellen sich durch die Stoffwechseltätigkeit der Keime sinnfällige Veränderungen ein. Verdorbenes Fleisch weist graugrünliche Verfärbungen, schmierige Oberflächen sowie deutlich Separatorenfleisch Auch die Fleischreste werden verarbeitet fäulnisartige Geruchsabweichungen auf. Die Kühllagerung Separatorenfleisch ist maschinell von ausgelösten der Lebensmittel soll den Verderb durch Mikroorganismen Knochen abgetrenntes zerkleinertes Fleisch. Es wird hinauszögern. Aber auch bei Kühlschranktemperaturen ver- in Fleischwaren verarbeitet. Separatorenfleisch darf mehren sich viele zur Verderbnisflora von Fleisch zählende im Zutatenverzeichnis nicht als Zutat Fleisch ange- Keime, wie die Pseudomonaden. Bei zu langer Lagerung geben werden. Es ist als Separatoren- setzen daher auch bei gekühlter Aufbewahrung von Fleisch fleisch zu deklarieren. Verderbniserscheinungen ein. Wird die erforderliche Kühltemperatur nicht eingehalten, wachsen die Verderbskeime wesentlich schneller, sodass sich die Haltbarkeit verkürzt und das Mindesthaltbarkeitsdatum bei Fertigpackungen nicht erreicht wird. Vor der Verarbeitung zu Fleischerzeugnissen muss das Fleisch vom Knochen getrennt werden. An den ausgelösten Knochen haftet dann noch eine gewisse Soll frisches Fleisch längerfristig haltbar gemacht werden, Menge Restfleisch. In den gro- ist eine Gefrierlagerung erforderlich. Bei Temperaturen un- ßen Zerlege- und Produktions- ter – 18 ° C sind die Lebensmittel vor dem Verderb durch betrieben erfolgt die Gewinnung Mikroorganismen geschützt. Verderb kann dann jedoch von Restfleisch von entbeinten durch Oxidation der Fettbestandteile durch Luftsauerstoff Knochen oder von Geflügelkarkas- erfolgen. Durch Lagerung bei unter –18 ° C und unter Luft- sen maschinell. In Press-Trennmaschi- abschluss ist gefrorenes Fleisch dann mehrere Monate nen werden die fleischtragenden Kno- lagerfähig. Wird gefrorenes Fleisch dagegen bei schwan- chen unter hohem Druck gegen ein Siebsystem kenden insbesondere bei zu hohen Temperaturen aufbe- gepresst. Die weichen Bestandteile wie Muskulatur, Fett- wahrt (Unterbrechung der Kühlkette) oder in beschädigten und Bindegewebe passieren die Lochsiebe und werden also undichten Verpackungen gelagert, tritt der so genannte vom härteren Knochenmaterial getrennt. Man erhält das Gefrierbrand ein: das heißt, das Fleisch trocknet stellen- so genannte Separatorenfleisch. Die Struktur der Muskelfa- weise aus und verfärbt sich hell. Hier hat der Sauerstoff sern wird beim Separatorenfleisch zerstört oder aufgelöst. leichter Zutritt und das Fett wird ranzig. Die vom Hersteller Separatorenfleisch enthält viele vom Knochen abgeriebene kalkulierte Haltbarkeit wird bei derartigen Lagerfehlern nicht Partikel. Da Knochengewebe reich an Kalzium ist, weist erreicht. Allerdings ist auch bei Tiefkühllagerung die Haltbar- auch Separatorenfleisch hohe Kalziumgehalte auf. keit begrenzt, und überlagerte Ware wird nach einiger Zeit dann entsprechende Verderbserscheinungen zeigen. Neben dieser konventionellen Hartseparation gibt es mittlerweile schonendere Herstellungstechnologien (Advan- Auch in Baden-Württemberg wurden Ende des Jahres 2005 ced Meat Recovery, AMR), die mit wesentlich niedrigerem im zeitlichen Zusammenhang mit dem Gammelfleischskan- Druck arbeiten. Es wird ein neuer Typ von Separatoren- dal 145 Verdachtsproben aus Kühl- oder Gefrierhäusern un- fleisch gewonnen. Es weist nur einen niedrigen Anteil an tersucht. 88 Proben (= 61 %) wiesen zum Teil erhebliche Knochenabrieb auf, somit ist auch der Kalziumgehalt dieses Verderbniserscheinungen auf. Es wurde sowohl Verderb Separatorenfleisches wesentlich niedriger. Es ist daher we- durch Mikroorganismen als auch Fettverderb durch unsach- sentlich schlechter in Fleischerzeugnissen nachzuweisen gemäße Gefrierlagerung festgestellt, darunter beispiels- als das oben beschriebene Produkt, das nach der alten weise fauliges Rinderfilet und extrem ranzige Fleischwaren Technologie gewonnen wurde. Abb.: Separatorenfleisch 34 Lebensmittelüberwachung BW Separatorenfleisch kann in Fleischerzeugnissen histologisch über einen erhöhten Gehalt an Knochenpartikeln und chemisch über erhöhte Kalziumgehalte nachgewiesen werden. Die Untersuchungen der im Jahr 2005 insgesamt auf Separatorenfleisch untersuchten 123 Proben – sowohl Fleischerzeugnisse als auch Verarbeitungsfleischproben – zeigen, dass sich Separatorenfleisch auf dem Markt befindet und in Fleischerzeugnissen verwendet wird. In insgesamt 21 Fällen konnte Separatorenfleisch nachgewiesen werden. Hier ist die hohe Anzahl an positiven Proben insbesondere auf die Nachverfolgung von Beanstandungen in der Regel mit mehreren Proben pro Fall zurückzuführen. Im Handel und bei der Verarbeitung in Fleischwaren darf Separatorenfleisch allerdings nicht als Zutat Fleisch ausgewiesen werden, sondern muss als Separatorenfleisch bezeichnet oder im Zutatenverzeichnis deklariert werden. Es darf auch nicht zu dem anzugebenden Fleischanteil hinzugerechnet werden. Bei der Abgabe von loser Ware ist die Verwendung von Separatorenfleisch ausreichend kenntlich zu machen. Bei Betriebskontrollen wurde das Separatoren- Teil III: Produktgruppe Lebensmittel Fremdwasser in Hähnchenfleisch? Die Zugabe von Fremdwasser ist im Fleischbereich teilweise technologisch erforderlich, wie beispielsweise bei den Brühwürsten. Bei anderen Fleischerzeugnissen dient die Zugabe von Fremdwasser einzig der Gewinnoptimierung. Im Rahmen des EG-weiten Koordinierten Überwachungsprogramms (KÜP) 2005 wurde die Sicherheit, Qualität und Etikettierung von Geflügelfleischerzeugnissen hinsichtlich der Verwendung von Wasserbindern überprüft. Hierzu wurden insgesamt 58 Proben verschiedener Hähnchenfleischerzeugnisse, beispielsweise Hähnchenbrustfilets (z.T. mit 8 % Flüssigwürze, z.T. naturbelassen), auf zahlreiche chemische Parameter wie Wasser-, Fett-, Protein-, Hydroxyprolin-, Asche-, und Kohlenhydratgehalt untersucht. Außerdem wurden die Proben auf Kennzeichnungsmängel geprüft. 18 (= 31 %) der eingesandten Proben wurden wegen zu hohem Fremdwassergehalt mit einem Spitzenwert von 17 % Fremdwasser bzw. zu niedrigem Fleischanteil beanstandet. fleisch auch unter der Bezeichnung „3-mm-Fleisch“, „Baaderfleisch“ oder „MDM“ (= Mechanically Deboned Meat) vorgefunden. Die Verwendung dieser Bezeichnungen für Separatorenfleisch muss als irreführend beurteilt werden. Auffällig ist, dass Fleischwaren mit der deklarierten Zutat Separatorenfleisch kaum anzutreffen sind. Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere und -Erzeugnisse Hygienische Beschaffenheit von tiefgefrorenen Garnelen Tiefgefrorene Garnelen verschiedener Größensortierungen erfreuen sich seit vielen Jahren großer Beliebtheit beim Verbraucher. In der Vergangenheit gab es mehrfach Hinweise darauf, dass die notwendigen hygienischen Bedingungen bei der Produktion nicht immer eingehalten werden. Im Rahmen einer Schwerpunktaktion 2005 wurden 85 bestimmten Keimarten gebildet. Der Indolgehalt korreliert Proben tiefgefrorene Garnelen in Fertigpackungen sen- nicht unmittelbar mit sinnfälligen Abweichungen, jedoch sorisch, chemisch und mikrobiologisch untersucht. Über- weisen erfahrungsgemäß Erzeugnisse mit sehr hohen In- wiegend handelte es sich um gekochte, geschälte Ware. dolgehalten auch starke Geruchs- und Geschmacksabwei- Garnelenfleisch ist extrem rasch verderblich und in den chungen auf. Wegen sensorischer Abweichungen muss- Erzeugerländern herrschen recht hohe Umgebungstem- ten fünf Proben beanstandet werden. Drei dieser Proben peraturen. Durch den Kochprozess wird ein Großteil der in wiesen gleichzeitig extrem hohe Indolgehalte auf, die zwei der Rohware vorhandenen Bakterien abgetötet, die des- anderen waren in Bezug auf Indol unauffällig, hatten jedoch halb bei der mikrobiologischen Untersuchung nicht mehr erhöhte Gesamtkeimzahlen. Bei den beanstandeten Pro- nachweisbar sind. Auch die 2005 untersuchten Garnelen ben handelte es sich um gekochte und geschälte Ware in waren mikrobiologisch nicht zu bemängeln. Als Indikator für kleinen Größensortierungen. Diese so genannten „Cock- Hygienemängel, insbesondere eine deutliche Kühlketten- tail-Garnelen“ oder „Cocktail-Shrimps“ aus tropischen unterbrechung vor dem letzten keimtötenden Prozess, gilt Fang- bzw. Erzeugungsgebieten waren schon häufiger der Indolgehalt. Indol ist eine Substanz, die im Rahmen der durch sensorische und hygienische Abweichungen aufge- bakteriellen Eiweißzersetzung aus der Aminosäure Tryp- fallen. Aus einer Probe roher gewürzter Garnelen wurden tophan entsteht und durch Kochen und Tiefgefrieren nicht Salmonellen Subspez. IV isoliert. wesentlich beeinflusst wird. Allerdings wird Indol nur von Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere Jahresbericht 2005 Seezunge, Tropenzunge oder Pangasius? Nachweis von Verbrauchertäuschungen Seezunge, Tropenzunge und Pangasius sind drei verschiedene Fischarten, die als Speisefische genutzt werden. Von den genannten Fischen ist die Seezunge der wohlschmeckendste und auch mit Abstand der teuerste Fisch. Bei der Tropenzunge und dem Pangasius handelt es sich demgegenüber um weniger wohlschmeckende und geringwertigere Fische. • Die Seezunge (solea solea bzw. solea vulgaris) ist ein bis 70 cm langer Plattfisch, mit einer graubraunen bis schwarzbraunen Augenseite und einer weißen Blindseite. Sie ist in fast allen europäischen Küstengewässern und entlang der Atlantikküste bis zum Senegal verbreitet. Nur dieser Fisch darf als „Seezunge“ bezeichnet und verkauft werden. Andere Arten der Familie der Soleidea dürfen als „Zunge“ bezeichnet werden. • Die Rotzunge oder Tropenzunge (cynoglossus spp.) ist eine Sammelbezeichnung für zahlreiche Zungenarten. Diese gehören ebenfalls zu den Plattfischen, jedoch zu ei- 51 Proben, die in der Speisekarte als „Seezunge“ bezeichnet wurden ner anderen Familie, zu den „Hundszungen“. Sie bleiben Bei 35 von 51 als Seezunge bzw. Seezungenfilet deutlich kleiner als die Seezunge. Tropische Zungenarten angepriesenen Erzeugnissen kam eine billigere Va- sind zwar verkehrsfähig, dürfen jedoch nicht als „See- riante eines Plattfisches auf den Teller. zunge“ bezeichnet werden, sondern müssen mit ihrer Dies entspricht einer beachtlichen Beanstandungs- vollständigen Bezeichnung: Rotzunge oder Tropenzunge quote von 69 %. Bei einem Teil der Proben ließ sich benannt werden. aus den Lieferpapieren oder der Originalverpackung • Der Pangasius (pangasius spp.) ist kein Plattfisch, sondern ein bis 120 cm langer Schlankwels. Dieser Fisch in der Gaststätte die korrekte Angabe der Tierart entnehmen. wird in Vietnam in Süßwasser-Aquakulturen gezogen. Es handelt sich um einen preiswerteren Speisefisch. Die Filets der drei Fische sehen sehr ähnlich aus, sodass der Verbraucher anhand des Filets nicht erkennen kann, um welchen Fisch es sich handelt. Proben mit Proben mit Die Proben wurden hauptsächlich in Gaststätten erhoben korrekter falscher Kennzeichnung Kennzeichnung 31 % 69 % und waren dort laut Speisekarte als Gerichte mit Seezungenfilets bezeichnet. Die Untersuchung, ob die angegebene Tierart vorlag, erfolgte mittels Isoelektrischer Fokussierung (IEF) und / oder Polymerasekettenreaktion (PCR). Grafik: Anteil der fälschlicherweise als Seezunge bzw. Seezungenfilet angepriesenen Proben Fischbezeichnung 2005 35 36 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel Fette und Öle Jeder Bundesbürger verbraucht im Durchschnitt jedes Jahr ca. 30 kg Speisefette und Speiseöle. Davon ist etwa ein Drittel tierischer Herkunft (hauptsächlich Butter), die anderen zwei Drittel sind pflanzlicher Herkunft, dabei handelt es sich hauptsächlich um Speiseöle und Margarine. Diese 30 kg stellen übrigens nur einen kleinen Bruchteil der gesamten Fettzufuhr dar, denn der überwiegende Teil wird als „verstecktes Fett“ mit anderen Lebensmitteln aufgenommen. Olivenöl Die meisten der in Deutschland verkauften Olivenöle werden als „Natives Olivenöl extra“ vermarktet. Olivenöle dieser Kategorie müssen bestimmte chemische Vorgaben einhalten, eine wahrnehmbare Fruchtigkeit aufwei- Im Jahr 2005 wurden insgesamt 1 460 Proben untersucht, sen und frei von Fehlern sein. Im Berichtsjahr wurden 145 davon waren 233 (= 16 %) zu beanstanden, wobei 52 Be- Olivenöle untersucht, davon waren 34 (= 23 %) zu bean- anstandungen aufgrund der mangelhaften Kennzeichnung standen, etwa die Hälfte davon wegen fehlerhafter Kenn- bzw. Aufmachung ausgesprochen wurden. zeichnung. Viele Olivenöle der Kategorie „Natives Olivenöl extra“ wiesen sensorisch wahrnehmbare Fehler auf (stichig, schlammig, ranzig etc.), obwohl die chemischen Kennzahlen unauffällig waren. In einigen kritischen Fällen wurde der sensorische Befund zusätzlich durch ein unabhängiges Olivenölpanel an der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel (BFEL) bestätigt. Auch die chemischen Kennzahlen (z. B. Säuregehalt, UV-Absorption) von Ölen der Kategorie „Natives Olivenöl extra“ entsprachen in einigen Fällen nicht den Vorgaben der EU-Verordnung. Ein Olivenöl aus Italien war erheblich mit Sojaöl verfälscht. In zwei Olivenölen im Tetrapak wurde der Photoinitiator Isopropylthioxanthon (ITX), ein Bestandteil der Druckfarbe, Frittierfette Wie auch in den Jahren zuvor weisen Frittierfette in nennenswerten, jedoch nicht gesundheitsgefährdenden Gehalten nachgewiesen. mit Abstand die höchste Beanstandungsquote auf. Zwei Proben natives Olivenöl extra aus Griechenland ent- Von 379 untersuchten Proben mussten 129 (= 34 %) hielten 12 bzw. 95 mg / kg an Diethylhexylphthalat (DEHP), beanstandet werden. Die Verwendung von verdor- einem Weichmacher für Kunststoffe, der toxikologisch nicht benem Frittierfett kann leicht vermieden werden, ganz unbedenklich ist. In der überwiegenden Anzahl der wenn beim Frittieren einige Grundregeln eingehal- untersuchten Olivenöle und anderen Speiseöle konnten da- ten werden. Immer mehr Lebensmittelkontrolleu- gegen keine Phthalate nachgewiesen werden; eine Konta- re verwenden inzwischen elektronische Messge- mination ist offensichtlich technisch vermeidbar. Die beiden räte, mit denen verdorbene Frittierfette recht gut auffälligen Olivenöle wurden daher beanstandet. erkannt werden können. Dadurch können gezielt auffällige Frittierfette identifiziert und als Probe gezogen werden. Für eine rechtsverbindliche Beurteilung der Frittierfette ist jedoch auch weiterhin eine qualifizierte Untersuchung im chemischen Labor unverzichtbar. Offene Speiseöle in der Gastronomie und im Einzelhandel Von 54 offenen Speiseölen, die in Gaststätten und Kantinen auf den Tischen, an der Theke oder am Salatbüffet zur Selbstbedienung angeboten wurden, waren 14 (= 26 %) so stark ranzig, dass sie nicht mehr zum Verzehr geeignet Emulgierte Bratfette waren. Offensichtlich werden diese Öle, die ja empfindliche Im Handel werden zunehmend flüssige Fettemulsionen Sorgfalt behandelt. zum Braten angeboten. Alle 15 untersuchten Proben wie- Auch Speiseöle, die offen im Einzelhandel verkauft werden, sen nur sehr geringe Spuren an trans-Fettsäuren auf. Al- waren immer wieder zu beanstanden. Einige Öle waren lerdings erwiesen sich zwei Proben als stark ranzig und bereits ranzig, und nicht immer stimmten die Angaben auf zwar schon deutlich vor Ablauf des Mindesthaltbarkeits- den Vorratsgefäßen (oft handbeschriftete Glasballons) mit datums. dem Inhalt überein. Lebensmittel darstellen, nicht immer mit der erforderlichen Fette und Öle / Feinkostsalate Jahresbericht 2005 Feinkostsalate Andere Pflanzenöle Eine ganze Reihe von pflanzliche Speiseölen und -fetten wurden auf Sortenreinheit, Verderb, Raffination und thermische Belastung geprüft. 14 Öle wurden als „kaltgepresst“ oder „nativ“ angeprie- In russischen Einzelhandelsgeschäften werden als Konservenwaren „Gemüsesalat“ bzw. „Meerkrautsalat“ angeboten. Diese Salate bestehen aus einer Mischung aus Meeresalgen, Zwiebeln, Essig und Öl. In den Proben wurden Jodgehalte bis zu 52,7 mg / kg festgestellt. So ergibt sich beim Verzehr dieses Doseninhalts von ca. 220 g eine sen, obwohl sie einer Raffination unterzogen wurden, 2 Aufnahme an Jod von ca. 11 600 µg. Nach der Stellung- dieser Öle waren Bestandteile von Fischkonserven. Ein nahme des BfR (Bewertung des gesundheitlichen Risikos Sonnenblumenöl war mit deutlichen Mengen an Rapsöl durch zu hohen Jodgehalt in getrockneten Algen) liegt verschnitten. der für Deutschland als sicher betrachtete obere tolerab- Bei ausländischen Ölen fehlte häufig die deut- le Zufuhrwert bei 500 µg Jod /Tag. Dieser obere tolerable Zufuhrwert ist bei den Proben bei sche Kennzeichnung. Auch die Nährwert- einer Gesamtverzehrsmenge der Portion angaben waren nicht immer korrekt. von 220 g deutlich überschritten. Die Drei Proben Senföl aus Russland Deutsche Gesellschaft für Ernährung und aus einer heimischen Ölmüh- empfiehlt eine durchschnittliche Ta- le enthielten zwischen 25 % und gesaufnahme von nicht mehr als 38 % Erucasäure. Diese langket- 200 µg Jod. Selbst wenn nur die tige Fettsäure kommt häufig in Hälfte des Doseninhalts von einer größeren Konzentrationen im Öl Person verzehrt wird, ist dieser von Kreuzblütlern (früher auch im Wert um ein Vielfaches überschrit- Rapsöl) vor. Da größere Mengen an ten. In ca. 3,8 g (!) des Erzeugnisses sind diese 200 µg Jod enthalten. Die- Erucasäure den Herzmuskel schädigen können, ist der Gehalt in Speiseölen auf ses Lebensmittel wurde daher als geeignet, die Gesundheit zu schädigen, beanstan- 5 % begrenzt. Ein Arganöl aus Marokko und zwei Proben Leindotteröl aus Russland wiesen Gehalte an Benzo(a)pyren, weit über dem Grenzwert von 2 µg / kg, auf. det und ist somit nicht verkehrsfähig. Die Warengruppe „Feinkostsalate“ weist eine hohe Beanstandungsrate auf, die maßgeblich auf die unzureichende mikrobiologisch-hygienische Beschaffenheit von Produk- Palmöle, vor allem aus Afrika, waren sehr häufig fehlerhaft ten aus handwerklicher Herstellung zurückzuführen ist. gekennzeichnet, in 3 Proben wurde zusätzlich noch der Die Mehrzahl der beanstandeten Proben wies Kennzei- verbotene Farbstoff Sudanrot nachgewiesen. chen des Verderbs auf. Häufig wurde Ausgangsmaterial mit mangelnder Frische verarbeitet. Eine unzureichende Margarine Produktions- bzw. Betriebshygiene ist als weitere wichtige In 62 Proben Margarine wurde der Gehalt an trans-Fettsäu- Bei den offen angebotenen Feinkostsalaten wurde zusätz- ren und an Schwermetallen (Reste von Härtungskatalysa- lich die notwendige Kenntlichmachung der Zusatzstoffe toren) bestimmt. Die Gehalte lagen durchweg erfreulich überprüft. niedrig. Lediglich bei Margarinen für spezielle gewerbli- Häufig erfolgt die Kenntlichmachung durch schriftliche Auf- che Anwendungen (Back- und Ziehmargarinen) finden sich zeichnungen in Form eines Ordners, der dem Verbraucher höhere Gehalte an trans-Fettsäuren, die zur Erzielung der unmittelbar zugänglich sein muss und auf den bei dem gewünschten technologischen Zwecke anscheinend nicht Lebensmittel hingewiesen werden muss. Die Angaben in ganz zu vermeiden sind. den Ordnern waren oft unvollständig oder fehlerhaft. Ursache zu nennen. 37 38 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel Getreide, Backwaren, Teigwaren Getreide, Getreideprodukte Verschiedene Getreideprodukte wurden von Verbrauchern wegen Schädlingsbefall, hauptsächlich Motten, bei den Landratsämtern abgegeben. Die Motten bzw. Mottenlarven bzw. Maden befinden sich sehr oft äußerlich in den Packungsfalzen der Umverpackung. Aufgrund dieses Umstandes lässt sich in den meisten Fällen nicht sagen, wo die Schädlinge in das Erzeugnis gelangt sind. Dies kann beim Hersteller, Großhändler, Einzelhändler, aber auch im Haushalt des Verbrauchers geschehen sein. In einigen Fällen wurde auch Schädlingsbefall (Motten, Gespinste, Reismehlkäfer) im original verpackten Erzeugnis festgestellt. In diesem Fall ist der Befall direkt beim Hersteller und Abpacker sehr wahrscheinlich. Einige Mehle wiesen aufgrund der Überlagerung sensorische Abweichungen auf. Bei in Mühlen erhobenen Mehlproben stimmte die Typenangabe nicht mit dem ermittelten Mineralstoffgehalt überein. In der Deutschen Norm DIN 10355 ist geregelt, welche Typenangabe welchem Mineralstoffgehalt entspricht. Brot, Kleingebäck, Feine Backwaren In Gebäckstücken wurden gesundheitsschädliche Fremd- Schwarzwälder Kirschtorten wurden sensorisch und ana- körper gefunden (Nagel im Brot, Drahtstück in Reiswaffel, lytisch auf die charakteristische Zutat Kirschwasser unter- grobkantige Kunststoffpartikel, Glasscherbe in Brötchen), sucht. In Deutschland muss üblicherweise so viel Kirsch- die beim Verzehr im Innenraum des Mundes zu Verletzun- wasser bei der Herstellung dieser Torte verwendet werden, gen führen können. Es handelte sich in allen Fällen um dass sie auch deutlich danach schmeckt. Die Überprüfung Verbraucherbeschwerden. zeigt, dass dies nicht immer der Fall ist. Die wesentlichen Einige Gebäckstücke führten zu Verbraucherbeschwerden, Komponenten der Schwarzwälder Kirschtorte sind nach weil sich in den Backwaren Fremdkörper wie Kunststoff- den „Leitsätzen für Feine Backwaren“ Wiener- oder Biskuit- folien, Borsten eines Handbesens, Textilfasern, Papier be- boden, Sahne oder Buttercreme, Kirschen und Kirschwas- fanden. Außerdem wurden in Brot eine ganze tote Maus ser sowie Schokoladenspäne als Verzierung. Das Kirsch- vorgefunden, zudem befanden sich in Gebäckstücken tote wasser wird entweder der Sahne zugesetzt, kann aber Insekten und Käfer. auch in der Füllmasse enthalten sein, manchmal wird mit Auch in diesem Jahr wurde der Aluminiumgehalt von Lau- dem Kirschwasser auch der fertige Boden getränkt. Zur gengebäck bestimmt. Aluminiumhaltige Bleche sind nicht Erzielung eines deutlichen Kirschwassergeschmacks sind laugenbeständig und deshalb für das Backen von belaugten nach dem Ergebnis der Untersuchungen mehr als 50 ml Teiglingen ungeeignet. Die Untersuchung der Laugenge- Kirschwasser / 2 kg Torte erforderlich. Das Kirschwasser bäcke ergab, dass nach wie vor belaugte Teiglinge direkt muss nicht aus dem Schwarzwald stammen. Ein Teil der auf derartigen Aluminiumblechen gebacken werden. Diese Proben wurde wegen der zu schwachen Kirschwassernote Proben weisen in der Kruste an der Unterseite einen er- als wertgemindert beanstandet. höhten Aluminiumgehalt auf. Ebenfalls überprüft wurden die zur Herstellung der Bei Frankfurter Kranz, Sahnetorten und Obsttorten mit Schwarzwälder Kirschtorte verwendeten Kirschwässer. Belegkirschen war der Farbstoff in den Belegkirschen Ein Kirschwasser fiel durch eine deutlich wahrnehmbare nicht kenntlich gemacht. Eine Sachertorte enthielt zu we- Fuselnote und einen wenig ausgeprägten Geruch auf. Bei nig Butter, ein Frankfurter Kranz war nicht wie üblich mit weiteren Kirschwässern wurde untypisches, unangeneh- Buttercreme hergestellt, ein Schokoladenkuchen wurde mes, an Lösungsmittel (Klebstoff!) erinnerndes Aroma fest- ohne Schokolade / Kakao hergestellt. Die Verwendung von gestellt. Derartige sensorische Eigenschaften schließen kakaohaltiger Fettglasur als Überzug, die mit Schokolade eine Verwendung zur Herstellung einer Schwarzwälder verwechselbar ist, wurde nicht ausreichend kenntlich ge- Kirschtorte aus. macht. Getreide, Backwaren, Teigwaren / Obst und Gemüse Jahresbericht 2005 Teigwaren Ein Großteil der Beanstandungen betraf die bakteriolo- Noch immer sind die QUID-Angaben nicht überall ange- gisch-hygienische Beschaffenheit gegarter Teigwaren aus geben, d. h. bei Eierteigwaren fehlte die Menge der Zutat Gaststätten. Solche Erzeugnisse wurden im Rahmen von Ei. Betriebsüberprüfungen durch die Landratsämter entnom- Teigwaren, die ausschließlich aus Hartweizengrieß herge- men. Sie wiesen deutlich erhöhte Keimzahlen mit senso- stellt sein sollten, wiesen einen Weichweizenanteil von rischen Abweichungen (muffiger und säuerlicher Geruch) > 20 % auf. auf. In einem Herstellerbetrieb für Teigwaren wurden Nu- Die Auslobung „ohne genmanipulierte Rohstoffe“ bei fri- deln in schwarz versporten Trockenkörpern gelagert und schen Spätzle in einer Fertigpackung ist ohne entsprechen- transportiert. Eine Verdachtsprobe Fadennudeln wurde de konkrete Belege für jeden einzelnen infrage kommen- vom Einzelhändler zum Verkauf angeboten, obwohl sie be- den Rohstoff als irreführend anzusehen. reits 1996 bezogen worden war. Die Nudeln waren durch lebende und tote Tabakkäfer, unzählige Käferpuppen, Käferlarven, Insektenfragmente und zahlreiche lebende, kleine Mücken stark verunreinigt. Das Mindesthaltbarkeitsdatum war auf der Verpackung nicht mehr erkennbar, es wurde offensichtlich entfernt. Obst, Gemüse und -Erzeugnisse Verdorbene, Ekel erregende und wertgeminderte Obst-, Pilz- und Gemüseerzeugnisse in Gaststätten Unhygienische Behandlung und unsachgemäße Lagerung Der Verderb bzw. die hohen Keimzahlen sind ähnlich wie bei den Gemüseerzeugnissen auf Mängel in der Hygienepraxis in den Betrieben zurückzuführen. Bei den Obsterzeugnissen, z. B. Ananaskonserven für Hawaitoast oder Fruchtcocktails, zeigten sich gleichfalls die vorstehend geschilderten Mängel, eine längere im Anbruch Eine Verdachtsprobe offener gegarter Spargel, die im Rah- befindliche Obstkonservendose wies einen weit überhöh- men einer Betriebskontrolle in einem Restaurant entnom- ten Zinngehalt von 400 mg / kg auf. men wurde, war nur mit einem schmutzigen Geschirrtuch abgedeckt. Sowohl am Tuch als auch am Spargel konnten Schmutz und Haare nachgewiesen werden. Entsprechend wies der gegarte Spargel deutlich überhöhte Keimgehalte Nicht sichere Lebensmittel: getrocknete Seealgen / getrockneter Seetang auf, sodass das Lebensmittel als nicht zum Verzehr geeig- Weiterhin gesundheitlich nicht unbedenkliche net beanstandet wurde. Meeresalgen- und Seetangerzeugnisse gewerbs- Unter anderem gelangten offene Gemüseerzeugnisse wie mäßig im Angebot Sauerkraut, Paprika, Oliven und Artischocken aus Gast- Bei einigen Proben getrockneten Seealgen bzw. Seetang stätten, Pizzerien und ähnlichen Betrieben zur mikrobio- wurde ein überhöhter Jodgehalt festgestellt. In einem Er- logischen Untersuchung. Ein Großteil war aufgrund der zeugnis lag der Gehalt bei über 5 400 mg Jod / kg Trocken- mangelhaften mikrobiologisch-hygienischen Beschaffenheit masse. zu beanstanden. Der Verderb bzw. die hohen Keimzahlen Nach Auffassung des Bundesinstituts für Risikobewertung waren ausnahmslos auf eine unhygienische Behandlung (BfR) sind getrocknete Algenerzeugnisse mit einem Jodge- und vor allem auf eine unsachgemäße Lagerung bei zu halt von 20 mg / kg geeignet, die Gesundheit zu schädigen, hoher Temperatur bzw. in unhygienischen Behältnissen da bei einer angenommenen Verzehrsmenge von 10 g die sowie auf Überlagerung zurückzuführen. Immer wieder Höhe der empfohlenen Tagesdosis an Jod (200 µg) bereits ist festzustellen, dass Reste von Konservenware nicht aus erreicht wird. Durch diese Maßnahme soll verhindert wer- der Konservendose in ein geeignetes, sauberes und dicht- den, dass, unter Berücksichtigung der Jodaufnahme aus schließendes Behältnis umgefüllt werden, sondern über anderen Quellen, die für Deutschland als sicher betrachtete längere Zeit im geöffneten und korrodierten Originalbe- Obergrenze der tolerablen Zufuhr von 500 µg /Tag nicht hältnis verbleiben. überschritten wird. Durch den Verzehr einer entsprechend Auch Pilz-Verdachtsproben aus Gaststätten und ähnlichen angenommenen Portionsgröße von 10 g würden bei der Betrieben (offene Konservenware zur Weiterverarbeitung) beanstandeten Probe ca. 54 mg Jod aufgenommen und waren aufgrund ihrer mangelhaften sensorischen und mi- somit der obere tolerable Zufuhrwert (500 µg) um etwa krobiologisch-hygienischen Beschaffenheit zu beanstanden. den Faktor 108 überschritten. 39 40 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel Getrocknete Lilien – Novel Food? Keimsprossen aus Saatgut Eingebunden im Bundesweiten Überwachungsplan Lebensmittelzuordnung durch EU-BasisVO (BÜP) 178 / 2002 klargestellt Im Rahmen des Bundesweiten Überwachungsplans (BÜP) wurde diese Produktgruppe auf den Konservierungsstoff Schweflige Säure untersucht. Lediglich eine Probe getrocknete Lilien aus einem asiatischen Spezialitätengeschäft war auffällig. Dieses Lebensmittel, bei dem eine Schwefelung nach den Vorschriften der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung nicht erlaubt ist, wies jedoch mit 2 000 mg / kg (berechnet als Schwefeldioxid) einen sehr hohen Gehalt dieses Konservierungsstoffes auf. Von der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde wurde eine EU-Schnellwarnung veranlasst. Ergänzend sei erwähnt, dass derzeit von der Europäischen Kommission geprüft wird, ob Lebensmittel bzw. Lebensmittelzutaten aus Lilien als neuartige Lebensmittel im Sinne der Novel-Food-Verordnung einzustufen sind. Sollte es sich um ein neuartiges Lebensmittel handeln, bedarf das In-Verkehr-Bringen einer Genehmigung durch die EU-Kommission. Bereits im Jahr 2002 wurde im CVUA Sigmaringen ungekeimtes Saatgut zur Herstellung von Keimsprossen untersucht. Fremdkörper in fertig verpackten Erzeugnissen Damals wurde festgestellt, dass diese Produkte Immer noch nicht ausgemerzt daher nicht den lebensmittelrechtlichen Vorschrif- Die Verbraucherbeschwerden waren sicherlich berechtigt: So befanden sich in einem Glas Artischockenherzen mehrere hellbeige, elastische Kunststofffetzen, welche sich aufgrund ihrer Form als Teile eines Einmalhandschuhs zuordnen ließen. Dieser war offensichtlich beim Verarbeiten der Artischocken getragen worden. In einem anderen Fall war es ein etwa 20 cm langes Stück Mullbinde, welches eine Verbraucherin im Delikatess-Weinsauerkraut vorfand. Nicht minder unappetitlich wirkte eine Dose Pfifferlinge, in welcher sich eine Zigarettenkippe befand. Dass auch Schädlinge ihren Geschmack an Edelpilzen finden, zeigte sich an einer Verbraucherbeschwerde von immerhin 2,8 kg Steinpilzen in Olivenöl, welche von Gliedertieren (Tausendfüßler) befallen war. Offensichtlich hatten doch die betriebsinternen Kontrollen der betroffenen Herstellerbetriebe versagt. von der Mehrzahl der Hersteller als Saatgut in den Verkehr gebracht wurden und die Kennzeichnung ten entsprach. Im Hinblick auf die vorhandenen nährwertbezogenen Angaben waren insbesondere die Vorgaben der Nährwert-Kennzeichnungsverordnung häufig nicht erfüllt. Nach der damaligen Auffassung der Hersteller handelte es sich jedoch bei diesen Produkten nicht um Lebensmittel im Sinne des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes, sodass die lebensmittelrechtlichen Bestimmungen nicht anwendbar wären. Durch die neue Definition des Begriffs Lebensmittel in der Verordnung (EG) Nr. 178 / 2002 wurde jedoch eindeutig klargestellt, dass diese Produkte unter den Begriff Lebensmittel fallen. Daher wurden im Berichtsjahr erneut acht derartige Proben untersucht. Zwar hatten mittlerweile einige Hersteller ihre Kennzeichnung den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen angepasst, dennoch mussten vier Proben wegen Kennzeichnungsmängeln beanstandet werden. Kräuter und Gewürze Jahresbericht 2005 Kräuter und Gewürze Nach Sudan jetzt auch andere Farbstoffe zum Würzen Wie sind diese Farbstoffe gesundheitlich zu bewerten? Dazu hat die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) im vergangenen Jahr eine Stellungnahme veröffentlicht (www.efsa.eu.int/science/ afc/afc_opinions/1127_ en.html , EFSA-Journal 2005, S. 1 – 71). Demnach gibt es experimentelle Beweise, dass Sudan I und Rhodamin B kanzerogen und erbgutschädigend sind. Für die anderen o. g. Farbstoffe fehlt dieser Beweis. Aufgrund der strukturellen chemischen Ähnlichkeiten ist aber anzunehmen, dass auch Sudan IV und Pararot gleich einzustufen sind. Für Orange II ist eine erbgutschädigende Wirkung nicht auszuschließen, die vorliegenden Daten zur Kanzerogenität von Orange II lassen keine Schlüsse zu. Insgesamt liegen nach der Beurteilung der EFSA nicht genug Daten für eine vollständige Risikoabschätzung vor. Auch wenn die Verzehrsmengen an den Gewürzen insgesamt gering sind, kann die Verfälschung mit sehr wahrscheinlich gesundheitsschädlichen Farbstoffen jedoch nicht toleriert werden. Daher wurden alle Proben, in denen verbotene Farbstoffe nachgewiesen wurden, wegen Verwendung eines nicht zugelassenen Zusatzstoffes beanstandet. Die Befunde wurden zudem über das europaweite Schnellwarnsystem (RASFF) verbreitet. Nach den Entscheidungen Ergebnisse der Untersuchungen Auch im Jahr 2005 wurden wieder Gewürze, Würzmischungen und Würzsoßen, die Paprika, Chili oder Kurkuma enthielten, auf künstliche Farbstoffe untersucht. Kurkuma ist ein wesentlicher Bestanteil von Currypulvern. Die Belastungsquote ist im Vergleich zum Vorjahr nochmals deut- der Europäischen Kommission von 2003 bis 2005 über Dringlichkeitsmaßnahmen hinsichtlich Chili, Chilierzeugnissen und Kurkuma sind die betroffenen Produkte EU-weit zu vernichten. Schöne bunte Welt? lich gesunken. Insgesamt konnten nur noch in 11 der 248 Die gefärbten Gewürze wurden von außerhalb der EU (z. B. untersuchten Gewürze und Würzmischungen verbotene Indien, Türkei, Pakistan, Ägypten) importiert. Nach Literatur- Farbstoffe nachgewiesen werden. Dies entspricht einer angaben, z. B. indischer Wissenschaftler, gibt es eine große Quote von 4,4 % (2004: 13 %). Von den 62 untersuchten Zahl an Farbstoffen die außerhalb der EU zur Verfälschung Würzsoßen war sogar keine einzige mit verbotenen Farb- oder zum Schönen von Gewürzen verwendet werden. Eine stoffen belastet (2004: 8 %). Reihe der in der Literatur genannten Farbstoffe wurden Auffällig ist jedoch, dass sich die Palette der zur Verfälschung eingesetzten verbotenen Farbstoffe erweitert hat. Außer den bisher gefundenen Farbstoffen Sudan I und Sudan IV wurden im Jahr 2005 auch noch Pararot, Rhodamin B und Orange II entdeckt. Die mit Pararot gefärbten Produkte enthielten zudem noch geringe Mengen an Toluidinrot. In einer Probe, die mit Sudan I gefärbt war, wurden zudem noch geringe Mengen an Sudan IV und Buttergelb nachgewiesen. inzwischen in die Screening-Methode des CVUA Karlsruhe (Lebensmittelchemie 2003, S. 44 – 45) aufgenommen. Aufgrund einer Literaturangabe über die mögliche Verwendung von giftigem Blei-Chromat, zum Glätten und Färben von Kurkuma, wurden zudem 10 Kurkumaproben auf ihre Bleigehalte untersucht. Erhöhte Bleigehalte wurden jedoch in keiner Probe gefunden. 41 42 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel Alkoholfreie Getränke Fruchtsäfte, Fruchtnektare und alkoholfreie Erfrischungsgetränke Im Berichtsjahr wurden 306 von 2 226 untersuchten Proben beanstandet. Dauerbrenner Aloe Vera und Noni Ungenießbar Aloe-Vera-Getränke wurden mehrfach mit unzulässig hohen Im Berichtsjahr mussten mehrere Fruchtsäfte und Erfri- Aloingehalten in Verkehr gebracht. Aloin ist ein natürlicher schungsgetränke, vorwiegend Verbraucherbeschwerden, Inhaltsstoff in den äußeren Blattschichten der Aloe-Vera- als wertgemindert, verdorben oder sogar gesundheits- Pflanze, der abführend wirkt und in Verdacht steht, Krebs zu erzeugen. Bei nicht sorgfältigem Entfernen dieser Blattanteile vor der Saftgewinnung, gelangt Aloin in erhöhten Gehalten (> 0,1 mg / l) in das Endprodukt. Derartige Erzeugnisse sind nicht verkehrsfähig. Darüber hinaus wurden Aloe-Vera- sowie Noni-Getränke aufgrund von irreführenden oder krankheitsbezogenen Werbebehauptungen beanstandet. Auch seriöse Hersteller profitieren inzwischen davon, dass die Verkehrsauffassung von Aloe-Vera- und Noni-Getränken als „heilkräftige Wundermittel“ durch Internetwerbung, dubiose Vermarktungsstrategien, private Verkaufsveranstaltungen, Buchbewerbungen etc. geprägt ist. Auf Werbefahrten werden beispielsweise Kartons mit drei 1-Liter-Flaschen Aloe-Vera-Saft zu 800 1, also völlig überteuert im Vergleich zum üblichen Literhöchstpreis von 30 1, angeboten. Getränke aus Schankanlagen Bei zahlreichen offen an den Verbraucher abgegebenen Getränken war die Kenntlichmachung der enthaltenen schädlich beanstandet werden: • In den Packungen verschiedener Fruchtsäfte und Fruchtsaftgetränke waren Pilzmycele enthalten. Als Ursache für derartige Abweichungen kommt eine fehlerhafte Abfüllung oder ein undichter Verschluss, der das Eindringen von Luftkeimen ermöglicht, in Betracht. • Mehrere Flaschen Orangensaft eines Herstellers rochen Ekel erregend nach faulen Eiern. Zudem wurden erhöhte Gehalte an Milchsäurebakterien und ungewöhnlich hohe Milchsäuregehalte festgestellt. Die eigentliche Ursache bzw. die für den abweichenden Geruch verantwortlichen Keime konnten auch nach einer Betriebskontrolle inklusive Überprüfung der betriebseigenen Kontrollmaßnahmen nicht festgestellt werden. • Einige Apfel- bzw. Traubensäfte wiesen erhöhte Gehalte an Hydroxymethylfurfural (HMF) und damit verbundene sensorische Abweichungen („Brotton“, „Kochton“) auf. Erhöhte HMF-Gehalte zeigen eine vermeidbare Wärmebelastung bei der Herstellung, Abfüllung oder Lagerung der Fruchtsäfte an. Zusatzstoffe, wie Farbstoffe, Konservierungsstoffe, An- • Ein Fruchtsaftgetränk in einer Mehrwegflasche war stark tioxidationsmittel, Süßungsmittel, Koffein oder Chinin, in alkalisch (pH 11,9) und enthielt einen rechnerischen An- Speise- oder Getränkekarten noch immer fehlerhaft oder teil an Reinigungslauge von 12 %. Offensichtlich hatte fehlte ganz. Mikrobiologisch beanstandet wurden offene die Leerflaschenkontrolle nicht funktioniert. Getränke vorwiegend wegen hoher Keimzahlen in Bezug • Zwei Flaschen eines Erfrischungsgetränkes wurden auf Enterobakterien, coliforme Keime und Escherichia coli, wegen eines lösemittelartigen Geruchs und weißen, Pseudomonaden, Hefen und Laktobazillen. Die Befunde flockenartigen Gebilden, die als Grünschimmel identifi- ließen entweder auf mangelnde Hygiene im Betrieb (z. B. ziert wurden, beanstandet. Die chemische Untersuchung durch den Nachweis von Pseudomonaden und / oder coli- ergab als Hauptkomponente trans-1,3-Pentadien. Nach formen Keimen) oder auf einen mikrobiellen Verderb der Literaturangaben sind u. a. Schimmelpilze der Gattung Getränke (durch den Nachweis von Hefen, Laktobazillen, Penicillium in der Lage, Sorbinsäure zu 1,3-Pentadien Schimmelpilzen) schließen. Trotz der mikrobiologischen abzubauen. Da das Getränk zulässigerweise mit Sor- Ergebnisse waren die Getränke oft sensorisch unauffällig. binsäure konserviert war, könnte so das Vorhandensein Vermutlich wurden eventuelle sensorische Mängel durch den vorhandenen Zucker und die Aromen überdeckt. von 1,3-Pentadien erklärt werden. • In einem koffeinhaltigen Erfrischungsgetränk, das wegen eines stark „chemischen“ Geruchs als Beschwerdeprobe überbracht wurde, waren das Desinfektions- bzw. Konservierungsmittel 4-Chlor-3-methylphenol (Chlorkresol) sowie das Fungizid 2-Phenylphenol nachweisbar. Da die Innenseite der Kunststoffflasche am Boden Ätzspuren aufwies, ist zu vermuten, dass der Hinweis auf dem Etikett „Flasche nur für Getränke verwenden“ nicht beachtet wurde und in die Pfandflasche zeitweise Chemikalien eingefüllt waren. Alkoholfreie Getränke Jahresbericht 2005 Exotisch Obwohl der Erfrischungsgetränkebereich nicht arm an Innovationen ist, führte das Erzeugnis „bird’s nest drink“ dennoch zu Erstaunen. Das aus Asien stammende Getränk von zähflüssiger Konsistenz mit gallertartigen, weit gehend geschmacksneutralen Klumpen beeindruckte die Prüfer mit dem Zutatenverzeichnis „Wasser, Zucker, Schwalbennest“. Da die letztere Zutat in der Europäischen Union nicht auf dem Speisezettel der Verbraucher steht, wurde das Getränk als nicht verkehrsfähig beurteilt. Mineralwasser, Quellwasser, Tafelwasser, abgepacktes Trinkwasser Im Berichtsjahr wurden 1 409 Proben untersucht, beanstandet wurden 210. Fluorid: Entfernung möglich, aber genehmigt. Um Mineralwasser mit terschiedliche Daten angegeben. Die nicht zulässig niedrigem Fluoridgehalt zumischen zu Werbung mit einem besonderen Mag- können, wurde sogar eine Leitung mit nesiumgehalt wurde beanstandet, über 14 km Länge gebaut. Stand kein wenn die vorliegende Konzentration fluoridarmes Mineralwasser zur Mi- mit keiner ernährungsphysiologischen schung zur Verfügung, so musste die Wirkung verbunden war. Bei natürlichen Mineralwässern ist die Kennzeichnung von Fluoridgehalten über 1,5 mg / l vorgeschrieben. Zum Schutz von Säuglingen und Kleinkindern muss die folgende Angabe auf dem Etikett in unmittelbarer Nähe zur Verkehrsbezeichnung angebracht sein: „Enthält mehr als 1,5 mg / l Fluorid: Für Säuglinge und Kleinkinder unter 7 Jahren nicht zum regelmäßigen Verzehr geeignet“. Insgesamt wurden über 300 natürliche Mineral- oben angegebene Kennzeichnung auf dem Etikett erfolgen. Die Kontrollen Flaschenreinigung: Entfernung führten dazu, dass alle Fluoridgehal- von Verunreinigungen misslungen te über 1,5 mg / l inzwischen entsprechend gekennzeichnet werden. Neue EU-Mitgliedsländer: Entfernung überwunden 56 Verbraucherbeschwerden konnten durch sensorische und soweit möglich auch chemische Untersuchungen bestätigt werden. Kunststoff-Flaschen aus PET waren dabei besonders an- wässer und Rohwässer auf ihren Fluo- Aus den neuen EU-Mitgliedsländern fällig für Fremdgeruch und Fremd- ridgehalt untersucht. Zudem wurden fanden hauptsächlich Quellwässer geschmack. Werden diese Flaschen die Brunnenbetriebe, die fluoridhaltige und Tafelwässer ihren Weg nach zweckentfremdet verwendet, z. B. Mineralwässer gewinnen und in den Deutschland. Neben wenigen Bean- zur Lagerung von Reinigungs- oder Verkehr bringen, kontrolliert, beprobt standungen der chemischen Zusam- Lösungsmitteln, so sind die Flaschen, und die Etikettierungen auf vorge- mensetzung (z. B. erhöhter Gehalt an im Gegensatz zu Glasflaschen, nicht schriebene Angaben überprüft.Bei den organischem Kohlenstoff) und des mehr zur Wiederbefüllung mit Mine- durchgeführten Kontrollen wurden teil- mikrobiologischen Status (Nachweis ralwasser geeignet. In Mehrwegfla- weise Filter zur Fluoridentfernung vor- von Pseudomonas aeruginosa und schen war es meist der Schimmelpilz gefunden. Ausnahmegenehmigungen coliformen Keimen als Indikatoren des Vorgängers, der noch in der Fla- zum Einsatz derartiger Verfahren wur- einer Kontamination) betrafen die Be- sche klebte und durch die Flaschen- den von einigen Herstellern beantragt, anstandungen eine weite Palette an reinigung nicht entfernt wurde. Auch bisher vom zuständigen Bundesminis- Kennzeichnungsmängeln: Zum Teil rotbraune Rückstände an Eisenhydro- terium jedoch abgelehnt. Auch vonsei- fehlte eine deutsche Kennzeichnung xid führten wieder zu Beanstandun- ten der EU-Kommission wurden diese vollständig, sodass die Proben keiner gen. Eine besonders ausgefallene Verfahren noch nicht zur Anwendung Produktgruppe zugeordnet werden Erklärung gab es für „dunkle Punk- freigegeben. Die Entfluoridierung na- konnten. Wurde deutsch gekennzeich- te“ in einem Mineralwasser. Sie ent- türlicher Mineralwässer stellt daher net, so wurde mehrfach die Bezeich- puppten sich als Schneeflöhe, die sich ein unzulässiges Herstellungsverfah- nung „natürliches Quellwasser“ als massenhaft zwischen Flaschengewin- ren dar. Um den Fluoridgehalt unter Verkehrsbezeichnung gewählt. Dies de und Schraubverschluss aufhielten die Deklarationsgrenze zu senken, ist aufgrund der Verwechslungsmög- und beim Einschenken ihren Weg ins wurden Anträge auf Mischungen mit lichkeit mit natürlichem Mineralwas- Trinkglas fanden. fluoridarmen Rohwässern zur amtli- ser nicht zulässig. Als Mindesthaltbar- chen Anerkennung eingereicht und keitsdatum waren wiederholt zwei un- 43 44 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel Wein, Erzeugnisse aus Wein Schillerwein mit Blausäure Mehrere Teilfüllungen eines Schiller- Nicht handelsübliche Beschaffenheit und önologische Verfahren Weinbezeichnungsrecht: Die äußere Beschaffenheit ist für die Kaufentscheidung mit- weines, die durch einen Geruch nach Ein als Verbraucherbeschwerde abge- Blausäure auffielen, wurden aufgrund gebener Wein war mit Mineralöl ver- von Restgehalten an Cyanid von bis unreinigt. Eine Tankprobe Tafelwein Der Kaufwert einer Flasche Wein be- zu 3 mg / l beanstandet. Die Ursache fiel durch einen deutlichen Styrolton misst sich stark nach ihrer Aufmachung bestimmend lag in einer zulässigen, aber unsachge- auf. Monostyrol („Styrol“) ist häufig und Ausstattung. Die Überprüfung der mäß durchgeführten Blauschönung, Bestandteil des Kunststoffmaterials, Weinbezeichnungen liegt deshalb so- die z. B. zur Verhinderung von Eisen- aus dem Gär- und Lagertanks gefertigt wohl im Interesse der Verbraucher als trübungen oder zur Entfernung von sind. So kommt bei der Herstellung auch der redlichen Erzeuger. Kupfersulfat durchgeführt wird, das von GFK-Tanks u. a. Styrol als Aushär- Zahlreiche Verstöße gegen das Wein- Wein zur Vermeidung eines „böck- temittel zum Einsatz. Behandlungs- bezeichnungsrecht wurden festge- serartigen“ Fehltones zugesetzt wird. fehler, insbesondere Verletzungen stellt. Typische Beanstandungsgründe Einige dieser blaugeschönten Weine der glatten Innenbeschichtung, aber betrafen Mängel bei der Abfüller- und wurden zudem ohne zugeteilte Amt- auch alterungsbedingte Risse können Alkoholgehaltsangabe, unzutreffen- liche Prüfnummer als Qualitätswein in Styrol freisetzen. de Hinweise auf die Herstellungsart den Verkehr gebracht, da sie nach die- Zahlreiche Weine fielen wegen über oder die unzulässige Verwendung ge- ser önologischen Behandlung erneut das tolerierbare Maß hinausgehen- schützter Herkunftsbezeichnungen. bei der Prüfungsbehörde hätten an- der sensorischer Fehlern auf („UTA“ , Ein großer Teil der Mängel entfiel auf gestellt werden müssen. Die Öffent- Oxidation, Trübung, Böckser, Schim- teilweise oder gänzlich fehlende bzw. lichkeit wurde, nachdem der Verstoß melmuff, Mäuseln, Essigstich u. a.). fehlerhafte oder auch schlecht lesbare behördlicherseits aufgedeckt wurde, Nach wie vor problematisch ist die so Pflichtangaben. Ein deutscher Quali- durch den Erzeugerbetrieb über den genannte untypische Alterungsnote tätswein b. A. war mit der nur für be- fehlerhaften und fälschlicherweise als (UTA). Diese Weine präsentieren sich stimmte französische Weine zugelas- „Qualitätswein“ bezeichneten Wein mit zunehmendem Alter durch einen senen traditionellen Angabe „sur lie“ informiert. Die betroffenen Chargen Geruch nach Naphthalin, Mottenku- versehen. Es handelt sich hierbei um (ca. 42 000 l) wurden zu Alkohol des- geln oder Geruchsteinen einer Wirts- die Angabe einer Ausbaumethode, bei tilliert. haustoilette. Die Ursache ist der Ge- der Wein bis zur Füllung auf der Hefe ruchsstoff 2- Aminoacetophenon mit verbleibt, um insbesondere im Holz- einer Wahrnehmungsschwelle ab 0,5 fass ausgebauten Weißweinen mehr Isotopenanalytik entlarvt Osteuropaweine Mittels Isotopenanalytik kann festgestellt werden, ob der Alkohol im Wein tatsächlich aus Trauben stammt oder aus anderen natürlichen Zuckerquellen wie Rüben- oder Rohrzucker. Bei einem Likörwein aus Moldawien konnte nachgewiesen werden, dass der Alkohol des Weines zu mehr als 90 % aus Rübenzuckeralkohol bestand. Zwei weitere Rotweine ebenfalls aus Moldawien waren ebenfalls mit Rübenzucker gesüßt worden, in einem Fall mindestens mit 80 % Rübenzucker im anderen Fall mit mindestens 50 % Rübenzucker in den vorhandenen Zuckern des Weines. Eine derartige Süßung von Wein ist nach den EUweinrechtlichen Bestimmungen nicht zulässig. µg / l, das aus pflanzeneigenen Hor- Extrakt und Komplexität zu verleihen. monen infolge Trockenstress, hohem Deutscher Qualitätswein darf nur nach Ertrag und schlechter Stickstoffversor- Erteilung einer amtlichen Prüfungs- gung der Pflanze gebildet wird. nummer (A.P-Nr.) in den Verkehr ge- Ein „Perlwein mit zugesetzter Kohlen- bracht werden. Der Antragsteller muss säure“ war mit synthetischem Pfir- bei der zuständigen Prüfungsbehörde sicharoma aromatisiert. Bei einem als mit dem zur Qualitätsweinprüfung an- „Spätburgunder Rosé“ bezeichneten gestellten Wein die zugehörigen, von Wein hatte der Erzeuger unzulässiger- einem Handelslabor erstellten Analy- weise Müller-Thurgau-Süßreserve zur senzahlen vorlegen. Durch Vergleich Süßung verwendet. Vier Weine fielen mit diesen hinterlegten Analysenzah- durch Überschreitungen der Grenzwer- len konnte im Berichtsjahr nachgewie- te für die Gehalte an flüchtiger Säure sen werden, dass 40 Weine mit der bzw. Gesamt-Schwefeldioxid auf. Bei Bezeichnung „Qualitätswein“ stofflich drei Perlweinen mit zugesetzter Koh- nicht identisch mit der zur amtlichen lensäure lag der Überdruck mehr oder Prüfung angestellten Probe waren. weniger deutlich über dem Grenzwert In der Mehrzahl erfolgte hierbei die von 2,5 bar. Bei einem kalifornischen Vermarktung, obwohl erst gar keine Roséwein war der Grenzwert für zu- A.P-Nr. beantragt worden oder der gesetzte Zitronensäure mit 1,35 g / l Antrag auf Erteilung der A.P-Nr. abge- deutlich überschritten. lehnt worden war. Die Angabe „Qualitätswein“ steht derartigen Weinen Wein und Weinerzeugnisse Jahresbericht 2005 nicht zu. Ein Landwein war ebenfalls Ein Getränkehändler wollte den Absatz mit der hier nicht zulässigen amtlichen eines Schaumweins ankurbeln. Hierzu Prüfnummer versehen. Bei mehreren hatte er den Namen seiner Gemeinde Weinen wichen die festgestellten Al- wie auch einen bekannten Einzellage- koholgehalte über die vorgegebene namen als „Marke“ blickfangartig auf Toleranz hinaus von den Angaben auf den selbst gestalteten Etiketten an- dem Etikett ab. gebracht. Bei dem Schaumwein han- Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure delte es sich jedoch um ein Erzeugnis aus einem badischen Erzeugerbetrieb aus einfachen italienischen und spani- trug die Rebsortenbezeichnung „Pro- schen Grundweinen. Den Vorhalt der secco“, eine im Veneto (Italien) vorkom- Irreführung wollte der Händler aller- mende Rebsorte, die in Baden weder dings nicht gelten lassen. Obwohl er klassifiziert noch auf den Rebflächen zugab, dass der Absatz dieses Erzeug- des Erzeugers beheimatet ist. nisses vor allem wegen des Bezugs Mehrere Proben fielen auf durch un- zur badischen Heimat florierte (eine zulässige Erzeugerangaben wie „Win- nahe gelegene Burgruine wurde eben- zer“, „Schlossabfüllung“ sowie nicht falls abgebildet), hat er der Weinkon- zutreffende Herkunftsangaben. Zwei trolle „kleinliches und geschäftsschä- Qualitätsweine b. A. mit angeblicher digendes“ Verhalten vorgeworfen. Herkunft aus dem Anbaugebiet Baden waren mit großformatigen Abbildun- Aus der Arbeit der Weinkontrolle Den Umsatzverlust und das Bußgeld wird er dennoch tragen müssen. gen der Altstadt und des Schlosses Im Berichtszeitraum mussten wie- Der Betreiber einer Straußwirtschaft von Heidelberg versehen, obwohl derum zahlreiche Belehrungen und hatte dem Weinkontrolleur sein neu- der Wein aus dem Anbaugebiet Pfalz Beanstandungen wegen Verstößen estes Erzeugnis ganz stolz vorgestellt. stammte. gegen die Buchführungspflichten Es handelte sich um einen Perlwein ausgesprochen werden. Um Manipu- mit zugesetzter Kohlensäure, der im Straßenfeste unter der Lupe oder lationen vorzubeugen, hat der Gesetz- Lohnverfahren bereitet worden war. Wertsteigerung durch Umetiket- geber bestimmt, dass zur Lesezeit die Als jedoch beim Öffnen der Flasche tierung Eintragungen über Herkunft, Menge, der Verschluss gegen die Kellerdecke Mostgewicht und Sorte der Trauben knallte, kamen dem Kontrolleur erste noch am Tag der Ernte im Herbstbuch Zweifel hinsichtlich der für Perlwein Die geografische Herkunft prägt den Charakter des Weines und gibt dem Verbraucher einen Hinweis auf das zu erwartende Geschmackserlebnis. So zeigen Weine aus Baden, Württemberg, Pfalz, Mosel u. a. jeweils spezifischen eigenen Charakter. Diese Wertigkeit ist mit dem Schutz der geographischen Herkunft im Weingesetz verankert. Auf einer Weinkerwe wurden durch die Weinkontrolle bei einer Besenwirtschaft Weine im Ausschank festgestellt, die nicht aus eigener Erzeugung und Herkunft stammen konnten. Der Verantwortliche räumte ein, Pfälzer Weine umetikettiert zu haben und als badische Lagenweine verkauft zu haben. vorzunehmen sind. Ebenso müssen festgelegten Obergrenze des Kohlen- bestimmte Schritte der Weinberei- säureüberdrucks. Für Perlwein dürfen tung im Weinbuch erfasst werden. 2,5 bar nicht überschritten werden, Gegen Hilfsaufzeichnungen während wobei der Druck bei einer Tempera- der Weinbereitung ist nichts einzu- tur von exakt 20 ° C ermittelt werden wenden. Diese allein sind aber nicht muss. Die Überprüfung im Labor er- ausreichend, weil die gesetzlich ge- gab jedoch einen Überdruck von 3,7 forderten Angaben nicht (nur) auf Zet- bar. Der Abfüller hatte zwar die techni- tel oder in Schmierhefte, sondern in schen Voraussetzungen zum Abfüllen gebundene Bücher einzutragen sind. von Perlwein geschaffen, die Zusam- Der Eigentümer eines kleinen Wein- menhänge zwischen Temperatur und guts hatte sogar vier Jahre lang kei- Überdruck jedoch nicht beachtet. Wird ne Eintragungen in der Buchführung beispielsweise bei einer Temperatur vorgenommen und zudem 16 amtli- von 10 ° C der Überdruck eines Perl- che Prüfungsnummern frei erfunden. weins auf 2,5 bar eingestellt, steigt Da der Verantwortliche erkennbar mit dieser bei 20 ° C bereits auf 3,6 bar. In „dem Schriftkram“ überfordert war, einigen Fällen mussten die Flaschen hat der Sohn die Buchführung über- geöffnet und der Überdruck neu ein- nommen. Hätte dieser bereits früher gestellt werden. nach dem Rechten gesehen, wäre es wahrscheinlich nicht zur förmlichen Beanstandung gekommen. 45 Lebensmittelüberwachung BW 46 Teil III: Produktgruppe Lebensmittel Alkoholische Getränke (außer Wein) Spirituosen In Baden-Württemberg sind mit ca. 22 500 Betrieben fast Die Auswertung von 180 Fragebögen ergab nun, auf wel- 80 % aller deutschen Kleinbrennereien gemeldet, die in che brennereitechnischen Parameter zur EC-Vermeidung der Regel pro Brennrecht jeweils 300 l Alkohol erzeugen. besonders zu achten ist. Die Ergebnisse stimmen im We- Auch bei den industriell produzierenden Obstverschluss- sentlichen mit bereits bestehenden Empfehlungen zur Re- brennereien befindet sich der überwiegende Anteil in Ba- duzierung des Ethylcarbamatgehaltes in Steinobstbränden den-Württemberg, wobei der Spitzenreiter jährlich über überein. Zur Minimierung des Ethylcarbamatgehaltes in 200 000 l Alkohol produziert. Steinobstbränden haben sich folgende Parameter bei der Herstellung besonders bewährt: Ethylcarbamat: Auswertung von Fragebögen zur Erhebung von Steinobstbränden bei Kleinbrennereien Ethylcarbamat (EC) kommt bei mangelhafter Herstellungsweise in Steinobstdestillaten vor. Es bildet sich unter ande- • die Verwendung automatischer Spülvorrichtungen für das Brenngerät, • eine Destillation unter Verwendung eines Kupfer-Katalysators, rem aus Blausäure, die beim Brennvorgang in das Destillat • die Nachlaufabtrennung bei über 50 % vol. und übergehen kann und zuvor aus natürlichen Vorläufersub- • der Verzicht der Verwendung älterer Nachläufe. stanzen freigesetzt wird, die besonders in Obststeinen vorkommen. Ethylcarbamat besitzt erbgutschädigende und krebserregende Eigenschaften. Der Gehalt dieser Substanz in Steinobstbränden ist daher unbedingt zu minimieren. Vom ehemaligen Bundesgesundheitsamt (BGA) wurde bereits 1986 ein Richtwert von 0,4 mg / l für trinkfertige Spirituosen festgelegt, bei dessen Überschreitung um das Doppelte (0,8 mg / l) Maßnahmen zu ergreifen sind. Als Hilfe zur praktischen Umsetzung der relevanten Parameter ist ein neu herausgegebenes Merkblatt für Kleinbrenner auf der Internetseite der Untersuchungsämter abrufbar www.untersuchungsaemter-bw.de Bei jüngeren Brennanlagen (etwa ab Baujahr 1980) sind geringere EC-Gehalte der Brände zu erkennen. Neuere Anlagen sind häufiger mit automatischen Spülvorrichtungen und einem Kupfer-Katalysator ausgestattet, beide Komponenten Zur praxisbezogenen Ermittlung von Einflussfaktoren auf haben einen entscheidenden Einfluss auf die EC-Gehalte die Ethylcarbamatgehalte in Steinobstbränden werden in der Brände. Sowohl die Destillation mit Kupfer-Katalysator Baden-Württemberg seit 2001 bei der Probenahme von (21 % der Brände) als auch die Reinigung über eine auto- Steinobstbränden in Kleinbrennereien anhand spezieller matische Spülvorrichtung (24 % der Brände) haben einen Fragebögen diverse brennereitechnische Parameter abge- positiven Einfluss auf die Minimierung der EC-Gehalte in fragt. In den Fragebögen sind u. a. Angaben zu der Obst- Steinobstbränden. Bei Bränden, bei denen der Nachlauf sorte der Brände, dem Baujahr der Destillationsanlage, der eines älteren Brandes mitverwendet wurde, sind die er- Reinigung der Anlage, Verwendung eines Kupferkatalysa- mittelten EC-Gehalte höher als bei Bränden, bei denen kein tors bei der Destillation, dem Zeitpunkt der Nachlaufab- Nachlauf mitverwendet wurde. Bei einer Abtrennung des trennung, der Verwendung des Nachlaufs eines älteren Nachlaufes über 45 % vol. sind die ermittelten EC-Gehalte Brandes und den Lagerbedingungen zu machen. niedriger als bei einer Abtrennung unter 45 Vol.-%. * r. A. = reiner Alkohol Tabelle: Untersuchungs- Produkt Probenzahl Untersuchungsparameter Grenz- / Richtwert schwerpunkte bei Spirituosen Grenzwert- Anteil überschrei- in % tungen Steinobstbrände 308 Ethylcarbamat 0,8 mg / l (Maßnahmewert) Obstbrände 487 Methanol 1 200 – 1 350 g / hl r. A.* Liköre Alkopops 229 98 68 22 2 0,4 Angabe des Alkoholgehaltes ± 0,3 Vol.-% 72 15 erhöhte Anteile an Gärungs- (Vorlauf, Nachlauf unsauber 22 5 nebenprodukten abgetrennt, Maische verdorben) Angabe des Alkoholgehaltes ± 0,3 Vol.-% 18 8 Lebensmittelrechtliche Mängel z. B. irreführende Angaben 11 11 Jugendschutzrechtliche Mängel z. B. fehlende oder fehlerhafte 11 11 Angabe: „Abgabe an Personen unter 18 Jahren verboten, § 9 Jugendschutzgesetz“ Alkoholische Getränke Art der Untersuchung Chemie, Kennzeichnung Jahresbericht 2005 Probenzahl 1 036 Beurteilungsgrundlage z. B. Angabe des Alkoholgehaltes, Beanstandungen Anteil in % 96 9 77 26 Stammwürze, Kennzeichnungsmängel Mikrobiologie 294 z. B. Hygiene-Indikatoren (E. coli), Bierverderbende Keime Ethylcarbamat ist eine auf natürliche Weise lichtinduziert gebildete Substanz. Ein entscheidender Faktor ist demnach auch die Lagerung. Die ermittelten EC-Gehalte bestätigen, dass bei dunkler Lagerung von Destillat und Enderzeugnis Bier Häufige Hygienemängel bei Bier aus Hausbrauereien und Schankanlagen von Gaststätten im Mittel niedrigere EC-Gehalte in den Bränden vorhanden Aufgrund der bereits in den Vorjahren bei Bier beschriebe- sind. Da die Bildung des Ethylcarbamats nach einmaliger nen Hygienemängel wurde die Probenahme für die mikro- Initialisierung durch Lichteinfluss auch bei anschließend biologische Untersuchung risikoorientiert auf die kritischen dunkler Lagerung nicht mehr gestoppt werden kann, müss- Produktgruppen „Bier aus Schankanlagen“ und „Bier aus ten sowohl das Destillat als auch das Enderzeugnis bis Gaststättenbrauereien“ konzentriert. Dies erklärt den star- zum Endverbraucher immer dunkel gelagert werden. Eine ken Anstieg der Beanstandungsquote von 9 % (2004) auf durchweg dunkle Lagerung ist allerdings in der Praxis kaum 26 % (2005). Nach dem Wegfall der Schankanlagenverord- realisierbar. nung Mitte des Jahres wurden die Proben nach der Lebensmittelhygieneverordnung (LMHV) beurteilt. Sparmaßnahmen bei hochwertigen Produkten der Die untersuchten offenen Biere wiesen dabei zum Teil er- Obstbrennerei hebliche Keimgehalte auf, z. B. von coliformen Keimen oder Hochwertige Obstgeiste wie z. B. der beliebte Himbeergeist werden durch Kaltauszug der Früchte mit Neutralalkohol („Monopolsprit“) und anschließender Destillation hergestellt. In Einzelfällen waren die Kleinbrenner bei der Wahl der Rohstoffe jedoch etwas sparsam und „entsorgten“ unerlaubterweise eigenen Obst- oder Kornbrand, indem sie ihn statt des teureren Neutralalkohols verwendeten. Obst- und Kornbrand weist natürlicherweise höhere Gehalte von Gärungsnebenprodukten („Fuselöle“) auf, sodass diese Sparmaßnahme durch chemische Analyse eindeutig nachgewiesen werden kann. Bei 5 % der untersuchten Obstbrände waren sensorische Abweichungen zu bemängeln, die auf eine unsaubere Maischegärung zurückzuführen waren (z. B. Fuselnote, Klebstoffgeschmack). Ursächlich hierfür ist überwiegend die Verwendung von schmutzbehafteten, angefaulten oder verschimmelten Früchten. Die dadurch eingebrachten unerwünschten Mikroorganismen können zu Fehlgärungen in der Maische und somit zu sensorisch unbefriedigenden Destillaten führen. Als weitere Ursache kommt eine unzureichende Abtrennung des Vor- und / oder Nachlaufs in Betracht. Die typischen sensorischen Abweichungen konnten gaschromatografisch durch erhöhte Gehalte an Propanol-1, Butanol-2, Essigsäureethylester, Milchsäureethylester und anderen Gärungsnebenprodukten objektiviert werden. Milchsäurebakterien. Die Ursache der Keimbelastungen war immer eine Kontamination des Bieres durch mangelhafte Reinigung der Zapfhähne und Schlauchverbindungen. Eine Vermehrung im Bier selbst ist auszuschließen. In Kleinund Gaststättenbrauereien konnte häufig eine Rekontamination des Bieres im Bereich der Plattenkühler festgestellt werden. In einzelnen Fällen konnten klassische Bierschädlinge, z. B. Pectinatus oder Megasphaera, nachgewiesen werden. Nur durch regelmäßige Reinigung aller mit Bier in Berührung kommender Teile ist es möglich, Probleme dieser Art zu vermeiden. In den Anforderungen an Reinigung und Desinfektion von Getränkeschankanlagen (DIN 6650-105) ist für Bier ein 7-tägiges Reinigungs- und Desinfektionsintervall angegeben. Das Intervall ist beispielsweise bei geringem Ausstoß, längeren Schankpausen, höheren Lagertemperaturen oder großer Leitungslänge zu verkürzen. 47 Tabelle: Untersuchungsschwerpunkte bei Bier 48 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel Eis und Desserts Eis Bei den insgesamt 1 856 untersuchten Eisproben aus 15 Proben „ACE-Eis“ wurden beanstandet. ACE steht für überwiegend handwerklicher Herstellung lag die Bean- die Vitamine A, C und E und ist als Hinweis auf diese Vitami- standungsquote bei 19 %. Davon waren 12 % wegen einer ne zu sehen. Ein Teil der Proben wurde wegen irreführender mangelhaften mikrobiologisch-hygienischen Beschaffen- Bezeichnung beanstandet: es handelte sich um Eis, das im heit zu beanstanden. In der Milchverordnung werden für Geschmack den ACE-Getränken nachempfunden wurde, Speiseeis mit Milchanteil besondere Anforderungen an den ohne nennenswerte Mengen an Vitaminen zu enthalten. mikrobiellen Hygienestatus gestellt. Eine Überschreitung Manche „ACE-Eise“ enthielten zwar die Vitamine A, C und der Schwellen- und Höchstwerte für den Keimgehalt be- E, mussten jedoch nach der Vitaminverordnung als nicht stimmter Keimarten ist als Hinweis für eine mangelhafte verkehrsfähig beurteilt werden. Vitaminisierte Lebensmittel Hygiene bei der Herstellung und Behandlung zu werten. dürfen mit einem Hinweis auf ihren Vitamingehalt nicht als Am häufigsten wurden bei den untersuchten Speiseeispro- offene Ware in den Verkehr gebracht werden. Da „ACE“ ben die Schwellen- und Höchstwerte für coliforme Keime als Hinweis auf die Vitamine A, C und E bewertet werden überschritten. In keiner der untersuchten Speiseeisproben muss, ist die Bezeichnung ACE-Eis bei offener Abgabe für waren Krankheitserreger nachzuweisen. vitaminisiertes Speiseeis nicht zulässig. Zitroneneis heißt oft nur so: in 11 von 22 untersuchten Beanstandet wurde auch Milcheis, das zu wenig Milchfett Proben Zitroneneis lag der Anteil an Zitronensaft deutlich aufwies, sowie Speiseeis, bei dem die verwendeten Farb- unter den in den Leitsätzen für Speiseeis geforderten 10 %. stoffe nicht kenntlich gemacht waren. Ein solches Eis darf nicht als Fruchteis sondern nur als Wassereis mit Zitronengeschmack in den Verkehr gebracht werden. Zuckerwaren, Schokolade, Kakao, Brotaufstriche, Kaffee, Tee Honig Hohe Beanstandungsquote aufgrund neuer Kennzeichnungsvorschriften Mit Inkrafttreten der neuen Honigverordnung Bei Erzeugnissen, im Januar 2004 wurden auch Änderungen in die als Wald- bzw. der Kennzeichnung von Honig festgeschrieben. Tannenhonig in den Im Jahr 2005 nach Ablauf der Übergangsfristen Verkehr gebracht waren nun im Vergleich zu den Vorjahren deutlich worden waren, wurde mehr Honige aufgrund fehlender bzw. fehlerhafter ein tracht-untypischer Kennzeichnungselemente zu beanstanden. So waren keine Angaben über den Ursprung des Honigs vorhan- Geruch und Geschmack sowie eine elektrische Leit- den, bzw. nicht in der vom Gesetzgeber vorgegebenen fähigkeit von deutlich unter Art und Weise. Ebenso verhielt es sich bei dem nun an- 0,8 ms / cm (der kleinste Wert lag bei etwa 0,4 ms / cm) zubringenden Mindesthaltbarkeitsdatum. Auffallend war, festgestellt. Es handelte sich eindeutig um Blütenhonige. dass nicht nur kleine regionale Imkereien sondern auch Löst man eine definierte Honigmenge in destilliertem Was- bedeutende Honigabfüllbetriebe betroffen waren. ser, so kann in dieser Lösung die elektrische Leitfähigkeit Hohe HMF-Gehalte (Hydroxymethylfurfural) bis zu gemessen werden. Diese wiederum ist abhängig von der 240 mg / kg in deutschen und ausländischen Honigen führ- Menge an Mineralstoffen im Honig. Waldhonige haben hö- ten ebenfalls zu Beanstandungen. Nach der Honigverord- here Mineralstoffgehalte und damit auch eine signifikant nung sind maximal 40 mg / kg für Honige mit nicht tropi- höhere elektrische Leitfähigkeit als Blütenhonige. schem Ursprung zulässig. Erhöhte HMF-Gehalte deuten auf eine Schädigung des Honigs durch Erwärmen oder eine zu lange Lagerung hin. Eis und Desserts / Zuckerwaren, Schokolade, Kakao … Jahresbericht 2005 Konfitüren, Gelees, Fruchtaufstriche Süßwaren Glassplitter in Konfitüre „Gesunde“ Süßwaren? Auch die Süßwarenbranche will sich zunehmend das lukrative Geschäft mit gesunder, leichter und bewusster Ernährung nicht entgehen lassen. Bei immer mehr Produkten wird dem Verbraucher durch Austausch bestimmter Inhaltsstoffe und / oder Anreicherung mit Vitaminen, Mineralstoffen, Ballaststoffen oder anderen ernährungsphysiologisch günstigen Inhaltsstoffen und entsprechender Werbung suggeriert, es handele sich um einen besonders „gesunden“ Vertreter einer eher „ungesunden“ Produktgruppe. Obwohl die Überwachung dieser Entwicklung eher kritisch gegenübersteht, kann sie bislang aufgrund fehlender rechtlicher Regelungen wenig dagegen tun. Im Berichtsjahr wurden in 23 vitaminisierten Süßwaren die Gehalte an den Vitaminen B1, C und E unter die Lupe genommen. Bei den untersuchten Vitaminen wurden sowohl Unter- als auch Überschreitungen der angegebenen Werte festgestellt. Insgesamt ist jedoch eine eindeutige Tendenz zur Überdosierung festzustellen, da die Hersteller die angegebenen Gehalte bis zum Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums garantieren müssen. Nur bei deutlicher Über- oder Unterschreitung (> ± 20 % bis 30 %) der angegebenen Gehalte wurden diese Angaben als irreführend Zwei Beschwerdeproben Erdbeer- bzw. Schwarzkirsch- beurteilt. konfitüre wurden wegen Glassplittern als gesundheits- Mit Magnesium angereicherte Fitnessbonbons wurden als schädlich beurteilt. irreführend bezeichnet und beworben beurteilt. Die Bon- Hauptbeanstandungsgründe bei dieser Warengruppe wa- bons konnten bei einer üblichen Verzehrsmenge von ca. ren wie schon in den vergangenen Jahren die fehlende 5 Bonbons pro Tag (viel mehr lässt schon der verwende- Kenntlichmachung von Konservierungsstoffen und gene- te Zuckeraustauschstoff Isomalt wegen der Gefahr einer relle Kennzeichnungsmängel bei Erzeugnissen aus der Di- abführenden Wirkung nicht zu!) keinen nennenswerten rektvermarktung. Beitrag zur Deckung des Tagesbedarfs leisten. Im Rahmen eines bundesweiten Überwachungsplans wur- Bei Halva handelt es ich um eine Süßwarenspezialität aus den 17 Proben Aprikosenkonfitüre auf Schwefeldioxid un- dem vorderasiatischen Raum. Die sesamhaltige Schaum- tersucht. Schwefeldioxid wird vielfach bei der Obst- und zuckerware wird dort traditionell mit dem saponinhaltigen Gemüseverarbeitung zur Farberhaltung und Verhinderung Aufschlagmittel Seifenkrautextrakt hergestellt, welches in von Bräunungsreaktionen eingesetzt. Aufgrund seines ho- Europa nicht zugelassen ist. Seifenkrauthaltige Halvapro- hen allergenen Potenzials muss es jedoch bei Gehalten von ben werden deshalb bereits seit Jahren von den Untersu- mehr als 10 mg / kg im Zutatenverzeichnis angegeben wer- chungsämtern beanstandet. Daraufhin gingen die über- den. Schwefeldioxid war in keiner Probe nachweisbar. wiegend türkischen Hersteller dazu über, Seifenkrautex- HMF (Hydroxymethylfurfural), welches vor allem beim trakt im deutschen Zutatenverzeichnis (im türkischen und Erhitzen stark zuckerhaltiger Lebensmittel gebildet wird, englischen war es teilweise noch vorhanden!) nicht mehr steht bereits seit Jahren im Verdacht, gentoxische Wirkung anzugeben, da sich die Beanstandungen nur auf die bloße zu haben. Als unerwünschter Bestandteil sollte HMF in Le- Angabe im Zutatenverzeichnis stützten. In 12 Proben Halva bensmitteln nur in technologisch unvermeidbaren Mengen konnten im Berichtsjahr charakteristische Inhaltsstoffe des enthalten sein. Da die toxikologische Bewertung noch nicht Seifenkrautextraktes mittels Dünnschichtchromatografie abgeschlossen ist, wurde bisher kein Grenzwert festgelegt. nachgewiesen werden. Diese Proben wurden wegen des Ein Wert von 1 500 mg / kg Trockenmasse (TM) ist jedoch nicht zugelassenen Zusatzstoffes Seifenkrautextrakt als in der Diskussion. Herstellungsbedingt fallen Pflaumen- nicht verkehrsfähig beanstandet. muse immer wieder durch hohe HMF-Gehalte auf. In einer Probe Pflaumenmus wurde ein sehr hoher Gehalt von 2 811 mg / kg TM ermittelt. Dem Hersteller wurde empfohlen, Rezeptur und Verfahren zu überarbeiten, um so eine Reduzierung des HMF-Gehaltes zu erzielen. 49 50 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel Schokolade Eine Schokolade enthielt einen Fremdkörper aus Kunststoff-Fasern, der möglicherweise aus einem Transportband stammte, drei Schokoladen wiesen Ungeziefer auf und ei- Versteckte Allergene in Schokolade ne Schokolade zeigte zahlreiche Bissspuren von Nagern. Seit dem 25.11.2005 sind bei der Herstellung und Diese Proben waren nicht zum Verzehr geeignet. Bei den Etikettierung von Lebensmitteln die neuen Kenn- Untersuchungen auf wertgebende Bestandteile wie Ge- zeichnungsvorschriften für allergene Lebensmittel- samtkakaogehalt, Kakaobutter und Milchbestandteile er- bestandteile anzuwenden. Bestimmte allergieaus- gaben sich keine Beanstandungen. Schwerpunktmäßig lösende Zutaten müssen nun ausnahmslos im Zu- wurden im Berichtsjahr Kuvertüren aus Bäckereien und tatenverzeichnis angegeben werden. Spurenanteile Konditoreien untersucht. Auch hier ergaben sich keine Be- allergener Stoffe, die durch unvermeidbare herstel- anstandungen. Bei 48 mikrobiologisch untersuchten Scho- lungsbedingte Verunreinigungen im Lebensmittel koladen waren die Befunde unauffällig. enthalten sein können, bleiben dagegen von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen. Auf solche „Fremdfett“ in Schokolade Insgesamt wurden 104 Kakaoerzeugnisse auf die Verwendung von Kakaobutterersatzfetten untersucht. Weder in den 26 Kakaomassen und Kakaobutterproben der im Untersuchungsgebiet ansässigen Hersteller noch in den schwerpunktmäßig untersuchten Kuvertüren konnten Kakaobutterersatzfette nachgewiesen werden. In zwei Vollmilchschokoladen wurden knapp 5 % Fremdfett ermittelt, welches ordnungsgemäß kenntlich gemacht war. Cadmium in Bitterschokolade Kontaminationen wird von der überwiegenden Anzahl der Schokoladenhersteller aber hingewiesen, und zwar oft unabhängig von der tatsächlichen Anwesenheit des Allergens, z. B. „Kann Spuren von Haselnüssen, Erdnüssen, anderen Nüssen, Milchbestandteilen, Ei und / oder Gluten, Soja, enthalten“. Die rechtliche Bewertung wird dadurch erschwert, dass es bisher keine Schwellenwerte für die einzelnen Allergene gibt, ab denen eine Kennzeichnungspflicht besteht. In jedem Einzelfall ist bei einem analytisch festgestellten Wert durch weitere Untersuchungen zu ergründen, ob es sich um eine 33 Schokoladen, hauptsächlich Proben mit hohem Kakao- kennzeichnungspflichtige Zutat handelt oder aber anteil, 6 Kakaomassen und 15 Kakaopulver wurden auf die um eine technologisch unvermeidbare Kontamina- Schwermetalle Cadmium, Kupfer und Blei untersucht. tion, für die keine Kennzeichnungspflicht besteht. Seit dem Trend zu Bitterschokoladen rückt das Problem Hersteller, deren Schokoladen Erdnuss- oder Ha- Cadmium in Schokoladen wieder stärker in den Blick- selnussanteile über 100 mg / kg aufweisen, werden punkt. Seit vielen Jahren ist bekannt, dass insbesonde- auf diesen Sachverhalt hingewiesen mit der Auffor- re Edelkakao (Criollo) aus südamerikanischen Gebieten derung, nach der Ursache zu forschen und im Falle (vulkanische Böden) naturbedingt hohe Cadmiumgehalte von Kontaminationen diese zu minimieren (siehe aufweisen kann. auch Kapitel „Lebensmittelallergene“). Als Beurteilungsgrundlage für Cadmium in Schokoladen können zwar die Richtwerte der Zentralen Erfassungs- und Bewertungsstelle für Umweltchemikalien (ZEBS) herangezogen werden, rechtlich verbindliche Grenzwerte gibt es derzeit jedoch nicht. Für Schokoladen liegt der Richtwert bei 0,30 mg / kg Cadmium. 8 Proben lagen zwischen 0,30 und 0,39 mg / kg, eine Probe lag mit 0,52 mg / kg Cadmium deutlich über diesem Richtwert. Diese 9 Proben wurden lt. Etikett-Angaben aus südamerikanischem Edelkakao hergestellt. Der ADI-Wert für Cadmium liegt bei 1 ug / kg Körpergewicht /Tag. Durch den Konsum einer Tafel Bitterschokolade (100 g) mit einem Cadmiumgehalt von 0,5 mg / kg wird der ADI-Wert zu 71 % ausgeschöpft. Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse und -Erzeugnisse Jahresbericht 2005 Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse und -Erzeugnisse Salmonellen in nicht erhitzter Sesamsaat Risikobasierte Importkontrolle bei der Einfuhr von Sesamerzeugnissen Sesamerzeugnisse bilden – wie seit führen, dass die Virulenz der Keime einigen Jahren bekannt – ein Risiko- ansteigt und schon eine geringe Do- potenzial, was die Gefahr einer Auf- sis für eine Infektion ausreicht. nahme von Salmonellen betrifft. Da- Wenn also belastete Sesamsaat ohne bei ist nicht die Untersuchung von mit weitere Erhitzung verarbeitet oder Le- Sesamsaat hergestellten Backwaren bensmitteln zugesetzt wird, besteht vorrangig zu betreiben, sondern die eine unmittelbare Gesundheitsge- Untersuchung derjenigen Erzeugnis- fahr. se, deren Herstellung ohne keimabtötende Verfahren erfolgt. Als Beispiele sind zu nennen: „Helva“ (auch „Halva“ genannt) und Brotaufstriche wie Mohn – Drogen aus dem Supermarkt Sesammus oder „Tahini“. Aus diesem Ein Rausch durch Mohnkuchen ist nicht zu erwarten. Vom Verzehr roher Grunde wurde das Ausgangsprodukt unbehandelter Mohnsaat in großen Mengen ist jedoch abzuraten. Sesamsaat untersucht, dessen Bestimmungszweck für die Beurteilung maßgebend war. Im Jahre 2005 wurden insgesamt 119 Proben Sesamsaat, die als Stichproben (jeweils aus 5 Säcken pro Charge) bei der Einfuhr erhoben wurden auf Salmonellen untersucht. Herkunft war vorwiegend Indien. Von den untersuchten Proben waren 9 positiv (≅ 7,5 %), was als eine für trockene Lebensmittel nicht ungewöhnli- Mohnsaat oder auch Backmohn kann Hinzu kommt, dass Morphin bei Ge- gewinnungsbedingt gewisse Mengen nuss z. B. in Form von Mohnkuchen an Alkaloiden wie Morphin und Code- durch die orale Aufnahme zusammen in (Opiate) als natürliche Begleitstoffe mit den gehaltvollen Kuchenzutaten enthalten. Obwohl Mohnsaat von Na- nur sehr langsam im Blut an den ent- tur aus keine Opiate enthält, kann sie sprechenden Rezeptoren anflutet bei der Ernte über die übrigen Teile der und nebenher auch noch im Körper Pflanze mit Morphin und anderen Al- verstoffwechselt wird. Dies bedeu- kaloiden verunreinigt werden. Dies ist tet, dass auch bei erhöhten Mengen dann problematisch, wenn keine mor- an Morphin in Mohnsaat, die zur Her- phinarmen Sorten für die Gewinnung stellung von Mohngebäck verwendet von Mohnsaat eingesetzt werden. wird, mit Rauscheffekten kaum zu che, aber insgesamt dennoch hohe In- Aufgrund der üblicherweise gerin- zidenz eingestuft werden muss. Zum gen Verzehrsmengen (3 g auf ei- Vergleich: Im Jahre 2004 stellten Ge- nem Mohnbrötchen, 20 g in einem würze mit einer Salmonelleninzidenz Stück Mohnkuchen) wurden bisher von 7 % diejenige Lebensmittelgruppe mögliche Gesundheitsgefahren oder dar, in der am zweithäufigsten Salmo- gar Rauscheffekte durch Morphin in nellen nachgewiesen werden konnten. Mohn nicht in Betracht gezogen. Hin- Nur in rohem Geflügelfleisch waren zu kommt, dass der Morphingehalt die Keime noch öfter zu finden. im Mohn durch die Zubereitung reduziert wird. Bei der Herstellung von Salmonellen-Ausbrüche waren in den Mohnkuchen wird durch die küchen- vergangenen Jahren immer wieder technische Aufbereitung (Mahlen und auch auf trockene Lebensmittel zu- Erhitzen) etwa 80 % des vorhandenen rückführbar. Dabei spielte häufig eine Morphins zerstört. Dies haben Back- sehr niedrige infektiöse Dosis eine versuche am CVUA Karlsruhe gezeigt. Rolle. Die Keime können sich an die Auch bei der trockenen Erhitzung von Milieubedingungen in trockenen Le- Mohn im Backofen wird Morphin zu ei- bensmitteln anpassen und über einen nem großen Teil zerstört, wie Röstver- beträchtlichen Zeitraum überleben. suche gezeigt haben. Dies ist relevant Gerade der Wassermangel in solchen für die Herstellung von z. B. Mohnbröt- Lebensmitteln wie Gewürzen oder chen in Bäckereien. Siehe auch www. auch z. B. Schokolade scheint dazu zu cvua-karlsruhe.de . rechnen ist. Überhöhte Mengen an Morphin in Mohn sind dennoch generell unerwünscht, da auch mit nicht bestimmungsgemäßem Gebrauch von Mohnsaat, erhöhtem Verzehr oder weniger häufigen Verzehrsarten zu rechnen ist. Ein Beispiel hierfür ist die Verabreichung von Mohnmilch als Schlafmittel an einen Säugling, was Anfang des Jahres 2005 zu einem Vergiftungsfall führte. Der hier verwendete Mohn enthielt 1 000 mg Morphin / kg. Siehe auch www.bfr.bund.de/cms5w/sixcms/detail.php/6279 . Als weiteres Beispiel ist eine Verbraucherbeschwerde in Baden-Württemberg zu nennen. Eine Verbraucherin hatte 80 g Mohn gemahlen über ein Nudelgericht gestreut verzehrt und nachfolgend über Übelkeit geklagt. Untersuchungen ergaben, dass der verzehrte Mohn 230 mg Morphin / kg enthielt. 51 52 Lebensmittelüberwachung BW In üblichen Handelsproben, wie sie im Einzelhandel erhältlich sind, wurden bei den Untersuchungen im Jahr 2005 deutlich niedrigere Gehalte gefunden. In Einzelfällen traten jedoch auch Morphingehalte bis 200 mg / kg auf. Es handelte sich dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit um australische Mohnsaat aus der Rohopiumproduk- Teil III: Produktgruppe Lebensmittel Fertiggerichte Auch im Jahre 2005 wurden wieder einige Lebensmittel von den Verbrauchern bei den Veterinärämtern als Verbraucherbeschwerde abgegeben. tion, die in den Handel gelangt war. Ware mit derart Bei Lagerversuchen wurden bei SB-verpackten Maulta- überhöhten Morphingehalten wurde mittlerweile in schen zum Zeitpunkt des angegebenen Mindesthaltbar- Deutschland vom Markt genommen. Vorsorglich wur- keitsdatums bereits hohe Keimbelastungen, verbunden de vom Bundesinstitut für Risikoabschätzung (BfR) mit saurem und abweichendem Geruch und Geschmack in einem Gutachten zur gesundheitlichen Bewertung festgestellt. Das Mindesthaltbarkeitsdatum wurde als zu von Mohnsaat eine vorläufige maximale tägliche Auf- lang bemessen und damit als irreführend für den Verbrau- nahmemenge von 0,38 mg Morphin für einen 60 kg cher beurteilt. schweren Erwachsenen genannt. Dieser Wert ist unter Bei fischhaltigen, SB-verpackten Tiefkühlfertiggerichten Berücksichtigung üblicher Verzehrsmengen, des Ver- zeigte sich, dass das empfindliche Fischfett im Fischanteil wendungszwecks (Dekormohn auf Backwaren, Mohn- bereits ranzig war. Dies ist darauf zurückzuführen, dass kuchen, Mohngerichte) und der Vorbehandlung (Abwa- die Packungen beschädigt waren, sodass Luftsauerstoff schen, Erhitzen) auf Mohnsaat anzuwenden. Als einfache Vorsichtsmaßnahme im Haushalt zur Beseitigung von möglicherweise vorhandenen Opiaten und zur Verbesserung des Geschmacks von Mohnsaat ist das Abwaschen z. B. in einem feinmaschigen Küchensieb unter fließendem warmem Wasser empfehlenswert. Dies haben Versuchsreihen am CVUA Stuttgart bestätigt. Morphin und andere Opiate lassen sich als Oberflächenkontamination so sehr gut entfernen. diesen Fettverderb hervorrief. Ähnliches wurde bei Tiefkühlfertiggerichten mit gebratenem bzw. frittiertem Schweinefleisch beobachtet, auch hier waren die Fleischanteile bereits ranzig. Sehr häufig werden SB-verpackte Fertiggerichte mit Nährwertangaben in den Verkehr gebracht. Auffällig ist, dass bei vielen Erzeugnissen eine Nährwertangabe nicht notwendig wäre, da in der Kennzeichnung des Erzeugnisses keinerlei Auslobung über einen bestimmten Nährwert (z. B. fettarm, eiweißreich etc.) vorhanden ist. Bei der Überprüfung der Vom Verzehr unerhitzter und nicht abgewaschener Richtigkeit dieser Nährwertangaben wurde wiederholt fest- Mohnsaat ist vor allem bei Kindern aus Gründen der gestellt, dass die Angaben außerhalb der Toleranzen lie- Vorsicht abzuraten. gen. Bei Nährstoffen wie Eiweiß, Kohlenhydraten, Zucker, Stärke, Ballaststoffen, Fett, gesättigten Fettsäuren, einfach ungesättigten Fettsäuren, mehrfach ungesättigten Fettsäuren sollte bei Gehalten unter 10 g / 100 g die Schwankungsbreite maximal ± 1,5 g betragen, bei Gehalten zwischen 10 – 40 g / 100 g sollte die Schwankungsbreite maximal ± 15 % betragen. Bei Nährstoffgehalten über 40 g / 100 g sollte die Angabe nur in einem Bereich zwischen ± 6 g schwanken. Diese Toleranzen sind gerade bei grobstückigen Erzeugnissen in Dosen (z. B. Kohlrouladen, gefüllten Paprika etc.) sehr schwer einzuhalten, da diese Erzeugnisse sehr oft mit einem öligen Aufguss versehen werden und dieser Aufguss aufgrund der unterschiedlichen Größe der gefüllten Paprika und Kohlrouladen in der Menge schwanken kann. Bei solchen technologisch nur sehr schwer zu beherrschenden Erzeugnissen sollte auf Nährwertangaben verzichtet werden. Sehr viele Proben von Heimservicefirmen (Pizzaservice etc.) waren wegen Kennzeichnungsmängeln zu beanstanden. Verzehrsfertige Lebensmittel, die in der Verkehrsbezeichnung das Wort „Schinken“ enthalten (Pizza mit Schinken, Schinkencroissant etc.) bereiten besondere Schwierigkeiten. Mit wenigen Ausnahmen werden diese Erzeugnisse nicht unter Verwendung von „Schinken“ hergestellt, sondern unter Einsatz von minderwertigen Imitaten. Fertiggerichte Jahresbericht 2005 Im Großhandel sind diese Erzeugnisse ordnungsgemäß ge- Der überwiegende Teil der Be- kennzeichnet (im Verkehr z. B. „Formfleisch-Vorderschinken anstandungen betraf wie jedes mit 70 % Fleischanteil“ bis hin zu „Pizzabelag“). Jahr die fehlerhafte Kennzeich- Die Probleme fangen in der Pizzeria oder Bäckerei an, hier nung von Lebensmitteln, vor verwandeln sich die billigen Imitate in hochwertigen Schin- allem von Erzeugnissen, die ken. Ein Croissant, das mit „Formfleisch-Vorderschinken aus Osteuropa oder aus asiati- mit 70 % Fleischanteil“ gefüllt wurde, darf nicht als Schin- schen oder arabischen Staaten kenhörnchen angeboten werden. Die Verarbeitung von min- nach Deutschland eingeführt derwertigem „Pizzabelag“ anstelle von „Schinken“ bedarf wurden. einer umfassenden Angabe im Zusammenhang mit der Verkehrsbezeichnung. Der Salamibelag von Pizzen wurde des Öfteren unter Mitverwendung von Farbstoffen hergestellt, eine Kenntlichmachung dieser Farbstoffe war nicht vorhanden. Ebenfalls aus Pizzerien wurden Pizzen mit Thunfischauflage überprüft. In früheren Jahren fielen diese oft durch hohe Gehalte an Histamin auf. Histamin entsteht beim mikrobiellen Verderb aus der im Thunfisch reichlich vorhandenen Aminosäure Histidin. Von hohen Histamingehalten können Abb. 1: beim Menschen sehr starke Gesundheitsbeeinträchtigun- Eine Probe eines Reisge- gen (Kreislaufbeschwerden) hervorgerufen werden. Erfreu- richtes aus einer Gaststätte lich war, dass in keiner der untersuchten Thunfischpizzen wies scharfkantige Glas- auffällige Gehalte an Histamin vorhanden waren. Dies ist splitter auf. darauf zurückzuführen, dass mittlerweile in den Pizzerien der Thunfisch unter hygienisch einwandfreien Aufbewah- Abb. 2: rungsbedingungen (z. B. Kühlung) gelagert wird. In einem Kotelett wurden Die Untersuchungen einer „Platte für zwei Personen“ (mit Reste einer Injektionsnadel Hähnchenbrust, Putenschnitzel, Rumpsteak, Schweine- festgestellt. schnitzel, Kroketten, Spätzle und gemischtem Salat) aufgrund von zwei Erkrankungsfällen ergaben überraschen- Abb. 3: derweise positive Salmonellennachweise nicht nur in den In einer Probe Mischsalat Spätzle, sondern auch in den Kroketten, im gemischten Sa- wurde beim Verzehr eine lat und in der Hähnchenbrust. Dies weist auf eine Kontami- Wanze festgestellt. Da die- nation der Speisen durch mangelhafte Betriebs- und / oder se Wanze ausschließlich im Personalhygiene nach Abschluss des Koch- / Bratvorganges Mittelmeerraum vorkommt, hin. war davon auszugehen, Ein weiterer Schwerpunkt der Untersuchungen war die dass sie über einen der Bestimmung des Gehaltes an dem Geschmacksverstär- verwendeten Salate nach ker Glutaminsäure in Gerichten aus Chinarestaurants. Ein einer langen Reise über die Großteil der Proben war zu beanstanden, weil die erfor- Alpen in den Schwarzwald derliche Kenntlichmachung „mit Geschmacksverstärker“ gelangte. in der Speisekarte fehlte. Nach der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung ist eine Höchstmenge an Glutaminsäure von Abb. 4: 10 g / kg Lebensmittel zulässig. Bei einigen Gerichten war In einer Originalpackung dieser Gehalt überschritten. Bei manchen Personen tre- befanden sich bereits ver- ten nach dem Verzehr von Speisen aus Chinarestaurants schimmelte Tortellini. Dies Symptome wie Atembeschwerden, Kribbeln der Haut oder ist auf beschädigte Packun- Einschlafen der Arme auf. Dies sind typische Anzeichen gen zurückzuführen. Oft für das so genannte „Chinarestaurant-Syndrom“. Es wird genügt eine kleine Undich- vermutet, dass diese Unverträglichkeitsreaktionen in Zu- tigkeit der Packung, dass sammenhang mit einem erhöhten Glutaminsäuregehalt die Ware verschimmelt. der Speisen bestehen. 53 Lebensmittelüberwachung BW 54 Teil III: Produktgruppe Lebensmittel Diätetische Lebensmittel und Sportlernahrung Vorbeugung oder und eine günstige Beeinflussung bestehender ernährungsbedingter Erkrankungen durch eine diätetische Behandlung ist vielfach möglich, ob jedoch einzelne Stoffe bzw. Stoffgemische wie „Zimt“ bei Diabetes oder „Rotwein-Extrakt“ bei Arteriosklerose hilfreich sind, ist mehr als fraglich … Diabetes mellitus – eine Volkskrankheit? Diabetes mellitus Typ 2 (= „Alterszuckerkrankheit“) wird in Deutschland immer häufiger; derzeit sind ca. 6 Millionen Menschen hier zu Lande betroffen. Oft ist – bei entsprechender Bilanzierte Diäten: „Rotwein-Extrakt bei Arteriosklerose und HerzKreislauf-Erkrankungen“ genetischer Veranlagung – eine Adipositas (Fettsucht) die Ursache, d. h. eine falsche Ernährung Im Jahr 2005 wurde beim Bundesamt in Verbindung mit Bewegungsmangel. Grundsätzlich wird eine ballaststoff- und vitaminreiche für Verbraucherschutz und Lebens- Vollwertkost für den Diabetiker empfohlen. Hinweise und Hilfestellungen für die Betroffenen mittelsicherheit wieder eine Vielzahl sind auf den Internetseiten der Deutschen Diabetes-Gesellschaft unter www.deutsche-dia- von Erzeugnissen als Lebensmittel für und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) unter www. besondere medizinische Zwecke (bi- betes-gesellschaft.de dge.de zu finden. Offen angebotene Diabetiker-Lebensmittel wie Speiseeis, Desserts und feine Backwaren waren häufig nicht korrekt gekennzeichnet. lanzierte Diäten) angezeigt. Eine Gruppe dieser Produkte ist für den Bereich „Arteriosklerose“,„Herz-Kreislauf-Störungen “ oder „Koronare Herzkrank- „Zimt gegen Zucker“ Diese Sensationsmeldung lässt Diabetiker derzeit hoffen, ihren Zucker- Gemeinschaftsverpflegung bei heit“ gedacht. Diese Erzeugnisse Diabetes in Krankenhäusern und enthalten als Zutaten unter anderem Seniorenheimen „Rotwein-Extrakt“, „Rote-Trauben-Extrakt“ oder „Traubenkernextrakt“. und Lipidspiegel im Blut durch die Ein- Die gesamte Tageskost für Diabetiker nahme von Zimt auf natürliche Weise wurde schwerpunktmäßig in Senio- Von Arteriosklerose wird bei einer regulieren zu können. Nach einer in renheimen überprüft. Da alte und ins- krankhaften Veränderung der Gefäß- Pakistan durchgeführten Studie sollen besondere bettlägerige Menschen nur wände der Arterien mit Verhärtungen im Zimt vorkommende Polyphenole einen geringen Energieumsatz haben, und Verdickungen gesprochen. Die insulinähnliche Wirkung aufweisen. müssen die lebensnotwenigen Nähr- Entstehung der Arteriosklerose ist ein Da diese Studie aufgrund von gra- stoffe auch bei geringem Gesamt- jahrzehntelanger, langsam fortschrei- vierenden Mängeln nicht als ausrei- Kaloriengehalt der Tagesverpflegung tender Prozess. chender wissenschaftlicher Beleg für aufgenommen werden. Praktisch ist Die Koronare Herzkrankheit (KHK) ist die therapeutische Wirksamkeit von dies nur möglich, wenn eine sorgfäl- gekennzeichnet durch die Einengung Zimt bei Diabetes mellitus angesehen tige Nährwert-Berechnung den Kost- oder den Verschluss einzelner oder werden kann, rät z. B. die Deutsche plänen zugrunde liegt. Das gilt für die mehrerer Herzkranzgefäße, was zu Diabetes Gesellschaft von der Selbst- Diabetiker-Verpflegung genauso wie einer ungenügenden Blut-, bzw. Sau- medikation mit Zimt ab. Zudem wird für die von Nicht-Diabetikern. Häufig erstoffversorgung des Herzmuskels auf das allergene Potenzial von Zimt wird dies v. a. im Bereich der Senioren- führt. Ursache ist meist die Arteri- hingewiesen. ernährung nur ansatzweise durchge- osklerose. Für die KHK wurden ver- führt, in einzelnen Fällen fehlte sogar schiedene Risikofaktoren festgestellt, jegliches diätetisch geschulte Perso- z. B. Alter, genetische Veranlagung, nal. Die überwiegende Anzahl der 50 Bluthochdruck, Rauchen, Diabetes untersuchten diätetischen Tagesver- mellitus oder Übergewicht sowie ver- pflegungen waren zu fett, enthielten änderte Blutfettwerte. einen zu hohen Anteil an gesättigten In zahlreichen Untersuchungen wur- Fettsäuren aus tierischen Lebensmit- de nachgewiesen, dass die Ernährung teln, häufig bei zu geringer Zufuhr neben einer notwendigen ärztlichen an Ballaststoffen und zu hohem Therapie der wichtigste beeinfluss- Kochsalzgehalt. Bei einigen Mikro- bare Faktor ist. Auch bei bereits be- nährstoffen wie z. B. Calcium, Eisen, stehender KHK bzw. Arteriosklerose Folsäure und Vitamin D enthielten die ist die Ernährungsumstellung eine Verpflegungen weit geringere Gehalte grundlegende therapeutische Maß- als durch die DGE empfohlen. Den Kü- nahme. Als Empfehlungen für eine chenleitungen wurden konkrete Ver- Ernährungstherapie werden interna- besserungsvorschläge gemacht. tional gleichlautende Empfehlungen, Diätetische Lebensmittel und Sportlernahrung Jahresbericht 2005 mung mit einer Bewertung durch das Bundesinstitut für Risikobewertung werden derartige Erzeugnisse daher aus ernährungsphysiologischer Sicht für die ausgelobten Zwecke als nicht geeignet beurteilt. Sportlernahrung Lebensmittel für Sportler können diätetische Lebensmittel sein, sofern sie alle Kriterien für die Einstufung als diätetische Lebensmittel erfüllen. Dazu gehört u. a., dass sie sich in ihrer Zusammensetzung maßgeblich von „normalen“ Lebensmitteln unterscheiden und dass der Personenkreis, der einen besonderen Nutzen aus dem Verzehr des Lebensmittels ziehen soll, ausreichend genau beschrieben ist. Nicht jede Sportlernahrung ist für jeden Sportler nützlich. Nahrungsergänzungsmittel sind zur Ergänzung der allgemeinen Ernährung bestimmt und werden in dosierter Form zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen angeboten. Für Nahrungsergänzungsmittel und diätetische Lebensmittel gibt es z.T. unterschiedliche Regelungen für „Zusatzstoffe zu ernährungsphysiologischen Zwecken“ z. B. Aminosäuren sowie verschiedene Anforderungen an die Kennzeichnung der Produkte. Daher empfiehlt sich eine Angebotsform, die eine eindeutige Zuordnung dieser Produkte für eine der beiden Kategorien ermöglicht – sonst sind Probleme durch widersprüchliche Regelungen vorprogrammiert. die auch bei Fettstoffwechselstörun- gelten, decken sich die Ernährungs- gen anwendbar sind, ausgesprochen. empfehlungen zu deren Therapie im Es wird eine generelle Umstellung in Wesentlichen mit den Empfehlungen Richtung einer fettarmen Ernährung, bei KHK und Arteriosklerose. eines erhöhten Verzehrs von pflanzli- Eine Empfehlung zur isolierten Auf- chen Lebensmitteln und pflanzlichen nahme von hoch dosierten Vitamin-, Ölen anstelle tierischer Fette, Ome- mineralstoff- oder pflanzenextrakthal- ga-3-fettsäurereichen Fischsorten, die tigen Präparaten, von isolierten mo- Verringerung des Verzehrs tierischer nomeren bis polymeren Polyphenolen Lebensmittel sowie Verringerung des in Form des Traubenkernextraktes, Alkoholkonsums empfohlen. Im Sinne gibt es derzeit nicht. Es liegen keine einer umfassenden Umstellung des ausreichenden klinischen Unterlagen Lebensstils wird zu einer Steigerung darüber vor, ob eine diätetische Be- der körperlichen Aktivität, Gewichts- handlung der genannten Störungen reduktion und Aufgabe des Rauchens mit isolierter Zufuhr von z. B. „Rote geraten. Da Fettstoffwechselstörun- Trauben-Extrakt“, „ Rotwein-Extrakt“ gen (Hyperlipidämien) als wichtiger Ri- oder „Traubenkernextrakt“ sicher und sikofaktor für die Entstehung von arte- nutzbringend ist und welche Dosen riosklerotischen Gefäßerkrankungen dabei einzusetzen wären. In Abstim- 55 Lebensmittelüberwachung BW 56 Teil III: Produktgruppe Lebensmittel Nahrungsergänzungsmittel Von 350 Proben waren 182 zu beanstanden (52 %). Wie schon im Vorjahr betrafen die meisten Beanstandungen irreführende Angaben und Kennzeichnungsmängel. Verhältnismäßig oft wurde auch festgestellt, dass nicht zugelassene Zusatzstoffe wie z. B. stark angereicherte sekundäre Pflanzenstoffe verwendet wurden. Produkte, bei denen es sich aufgrund der Zusammensetzung oder Aufmachung nicht um Nahrungsergänzungsmittel, sondern um Arzneimittel handelte, sind in diesem Bericht nicht erfasst. Mogelpackungen bei Kaffeefahrten Cadmium in SpirulinaAlgen Lachsölpräparate Abb.: Schon seit Jahren werden auf Kaffee- Im Rahmen des bundesweiten Moni- säuren: Docosahexaensäure (DHA) Mogelpackung fahrten Nahrungsergänzungsmittel torings zur Belastung von Nahrungser- und Eicosapentaensäure (EPA) durch verkauft. Da die Produkte in der Regel gänzungsmitteln mit Schwermetallen Nahrungsergänzungsmittel kann bei sehr teuer sind, legen die Verkäufer fiel ein Spirulina-Präparat durch hohe einer seefischarmen Ernährung sinn- Wert auf repräsentative, große Ver- Cadmiumgehalte in der Größenord- voll sein, da diese Fettsäuren funktio- packungen, die den geforderten Preis nung von 20 mg / kg auf. Daher wurden nelle Wirkungen auf das Herz- Kreis- angemessen erscheinen lassen. insgesamt 27 Folgeproben von weite- lauf-System ausüben. Auf dem Markt Inzwischen stellen wir immer häufiger ren Chargen des gleichen Erzeugnis- befindet sich eine breite Produktpa- fest, dass solche Packungen zu Mogel- ses und Algenprodukten anderer Her- lette von Fischölkapseln mit entspre- packungen vergrößert werden. Zum steller untersucht. Bei zwei weiteren chender Auslobung. Beispiel durch zwei 4 bis 5 cm dicke Chargen des gleichen Herstellers und 29 Proben Lachsölkapseln (13 Herstel- Styropor-Formeinlagen, zwischen de- zwei Nahrungsergänzungsmitteln an- ler, 25 Chargen), und 1 Probe Fischöl- nen sich nur eine einzige Schicht von derer Hersteller ergaben sich ebenfalls kapseln wurden auf ihren Gehalt an Trinkfläschchen befindet. So lässt sich Cadmiumaufnahmen von über 100 µg ω-3-Fettsäuren untersucht. Keine der das Packungsvolumen leicht verviel- pro Tag bei den angegebenen Verzehr- Proben war bezüglich der Angaben fachen. Oder durch doppelte Böden: empfehlungen. zum Fettsäuregehalt zu beanstan- Unter einer Lage Trinkfläschchen wird Cadmium weist ein krebserzeugendes den, auch der Vitamin-E-Gehalt lag ein Zwischenboden eingezogen, unter Potenzial auf. Da derartige Nahrungs- innerhalb der Toleranzen. Aufgrund dem sich nur noch leere Hohlkörper ergänzungsmittel im Regelfall über der Fettsäuremuster war jedoch fest- befinden. Dadurch besteht gut ¾ der längere Zeiträume eingenommen wer- zustellen, dass keine der Proben aus Packung nur aus Luft. den, wurden die Erzeugnisse als „ge- reinem Lachsöl bestand. Alle Proben sundheitsschädlich“ beurteilt. Für die enthielten auch andere Fischöle, ob- toxikologische Beurteilung wurde der wohl auf den Verpackungen als Zuta- von der WHO festgelegte PTWI-Wert ten stets nur „Lachsöl“-Erzeugnisse (Provisional Tolerable Weekly Intake) genannt und sehr häufig springende von 7 µg / kg Körpergewicht / Woche Lachse abgebildet waren. Die Proben herangezogen. Hieraus errechnet sich wurden wegen der irreführenden Ver- für einen Erwachsenen von 70 kg eine kehrsbezeichnung und Aufmachung tolerierbare wöchentliche Aufnahme- sowie der unvollständigen Angaben menge von 490 µg Cadmium. in der Zutatenliste beanstandet. Als Ursache für die Belastung von Spi- Im Einklang mit Literaturangaben rulina mit Cadmium wurde behördli- ergaben eigene Untersuchungen cherseits die Aufzucht der Spirulina-Al- von 43 Proben Öl aus Wildlachs und gen in Becken aus cadmiumlässigem Zuchtlachs bei allen ein Verhältnis von Beton ermittelt. DHA / EPA über 1,2 und einen Eicosen- Bei allen Mogelpackungen konnte man ohne Öffnen der Packung, u. U. auch Auspacken des Inhalts, nicht feststellen, wie gering die Befüllung im Vergleich zur Packungsgröße war. Deshalb wurden sie von uns als irreführend aufgemacht beanstandet. Die Zufuhr der langkettigen ω-3-Fett- säuregehalt über 2,5 %. Bei allen untersuchten Lachsölkapseln dagegen lag das DHA / EPA-Verhältnis unter 1,2. 24 Proben wiesen Eicosensäuregehalte unter 2,5 % und 6 Proben über 2,5 % auf. Nahrungsergänzungsmittel Jahresbericht 2005 Tabelle: Sagredos, A. N.: eigene Untersuchungen Fat Sci. Technol. Nr. 5, (Angaben in Flächen % Methylester) Identitätsprüfung von Lachsöl- S. 184 ff. (1991) Fettsäuren Eicosensäure DHA EPA Summe Omega3 Lachsöl (n = 6) kapseln Lachsöle (n = 43) Lachsölkapseln (n = 30) Fischölkapseln (n = 1) 14,07 7,14 2,20 2,12 9,02 10,99 12,75 16,81 5,12 6,48 17,90 12,02 14,63 18,88 31,72 29,90 DHA / EPA 1,86 1,75 0,73 0,70 Linolensäure 0,50 1,41 1,07 1,07 Irreführung durch Nahrungsergänzungsmittel: „A – Z, … mit 27 Vitaminen und Mineralstoffen“ Nahrungsergänzungsmittel mit Grüntee Multipräparate „A – Z Nahrungsergän- die Versorgungslage nennenswert zu In Grüntee enthaltene Catechine gel- zungsmittel mit 27 Vitaminen und Mi- verbessern. Daher beanstanden wir ten als antioxidativ wirksame Substan- neralstoffen“ werden gerne gekauft, es als irreführend, wenn in der Nähr- zen, die schädliche Sauerstoffradikale glauben die Kunden doch, so eine werttabelle zwar auf diese Stoffe hin- abfangen. Die Werbung für NEM nutzt Rundum-Versorgung mit insgesamt gewiesen wird, der Verbraucher aber dies insbesondere für Hinweise auf 27 Vitaminen und Mineralstoffen (in- nicht gleichzeitig informiert wird, wie die Prävention von Herz- Kreislauf-Er- klusive Spurenelementen) zu erhalten. gering der zugeführte Anteil am Tages- krankungen. Allerdings stellen wir regelmäßig fest, bedarf ist. Ebenso beanstanden wir In 10 Proben wurden Gehalt und Ver- dass die Produkte nur 24 Vitamine und Werbeaussagen wie „mit 27 Vitami- teilung der Catechine einschließlich Mineralstoffe (inkl. Spurenelemente) nen und Mineralstoffen“, wenn nicht Coffein überprüft. Eine Probe wies ei- in einer tatsächlich zur Nahrungs- 27 Stoffe in einer ausreichenden Men- nen erheblich höheren Catechingehalt ergänzung geeigneten Menge von ge zugeführt werden. auf als deklariert; bei einer weiteren mindestens 15 % des Tagesbedarfs Leider wurden vom Gesetzgeber ergab sich der Verdacht auf einen nicht zuführen. noch keine Mindestmengen für den deklarierten Coffeinzusatz. Auf den ersten Blick fällt aber selbst durch das Nahrungsergänzungsmittel Das Datenmaterial reicht gegenwär- dem Fachmann nicht auf, dass nur 24 abzudeckenden Anteil des täglichen tig für eine abschließende Bewertung Vitamine und Mineralstoffe in relevan- Bedarfs festgelegt. Dies soll erst zu zwar noch nicht aus, die Ergebnisse ten Mengen zugeführt werden, wer- einem späteren Zeitpunkt erfolgen. deuten aber darauf hin, dass es sich den doch in der Nährstofftabelle 27 Das internationale Gremium, die Co- bei den verwendeten Grundstoffen Stoffe aufgelistet. Bei einigen Mine- dex Alimentarius Kommission, hat nicht um „Teeextrakte“ (diese Lebens- ralstoffen fehlt regelmäßig die Angabe aber in einer kürzlich verabschiede- mittel sind per Definition wässrige Ex- des prozentualen Anteils am täglichen ten Richtlinie festgelegt, dass bei trakte), sondern um mit anderen Ver- Bedarf, der mit dem Nahrungsergän- Nahrungsergänzungen mit Vitaminen fahren gewonnene Extrakte mit selek- zungsmittel gedeckt wird, da diese und Mineralstoffen jedes enthaltene tiv angereicherten Catechinen handelt, Angabe bei einigen Mineralstoffen Vitamin / jeder enthaltene Mineralstoff die möglicherweise einer Zulassung noch nicht vorgeschrieben ist. Nur bei Einhaltung der angegebenen Ver- nach der Novel-Food-Verordnung be- durch diese Prozentangabe kann ein zehrsempfehlung mindestens 15 % dürfen. Verbraucher aber eindeutig erkennen, zum jeweiligen Tagesbedarf beitra- ob eine nennenswerte Zufuhr erfolgt gen soll. oder nur eine minimale. Regelmäßig ergibt bei Kalium, Chlorid und Silicium der Vergleich der angegebenen Gehalte mit den Zufuhrempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung oder mit der Zufuhr durch die normale Ernährung, dass ihre Mengen in den Nahrungsergänzungsmitteln viel zu gering sind, um 57 58 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel Funktionelle Lebensmittel (Functional Food) Funktionelle Lebensmittel sollen neben ihrem Zweck zu Ernährung oder Genuss zusätzlich eine präventiv gesundheitsfördernde Wirkung aufweisen, die auf den Erzeugnissen entsprechend beworben wird. Probiotische Lebensmittel Probiotische Lebensmittel werden ACE-Getränke mit und ohne Ballaststoffe Carnitin – der Fettkiller ? Das Bedürfnis, überflüssige Pfunde meist in Form von Milcherzeugnissen Unter ACE-Getränken werden Erfri- möglichst „wie von selbst“ loszuwer- angeboten und enthalten spezifische schungsgetränke auf Basis von Mehr- den, ist weit verbreitet. Da kommt so Mikroorganismen, die einen günsti- fruchtsäften verstanden, die mit den ein „Fettkiller“-Stoff gerade recht. In gen Einfluss auf die Darmflora haben Vitaminen A (in Form des Provitamins Lebensmittel eingearbeitet, die oh- sollen. Ein solcher probiotischer Effekt β-Carotin), C und E angereichert wer- nehin ein sportliches oder Wellness- ist nur dann zu erwarten, wenn die den. Dieser Mix aus den antioxidativ Image haben, ist Carnitin eine be- Erzeugnisse regelmäßig – möglichst wirkenden Vitaminen ist ebenfalls zur liebte Zutat in süßungsmittelhaltigen täglich – verzehrt werden. Ein solcher Unterstützung der Abwehrkräfte ge- Getränken, Nahrungsergänzungsmit- Hinweis auf den „regelmäßigen Ver- dacht. Auch bei dieser Produktgruppe teln, Sportlernahrung, Reduktionsdi- zehr“ findet sich mittlerweile auf fast ist festzustellen, dass sie fast keine äten sowie pulvrigen Erzeugnissen allen Produkten. Werbeaussagen mehr aufweist. Die auf Eiweißbasis zur Herstellung eines Auffällig ist, dass die Werbeaussagen Vitamingehalte waren in den meisten Eiweißdrinks. Dem Verbraucher wird von Jahr zu Jahr moderater werden Fällen korrekt deklariert, die β-Caro- versprochen, dass das enthaltene Car- z. B. „kann bei regelmäßigem Verzehr tin-Gehalte der untersuchten Proben nitin den „Body formt“,„den Fettstoff- die natürlichen Abwehrkräfte unter- lagen zwischen 0,3 und 2,9 mg / 100 wechsel anheizt“, etwas moderater, stützen“ bis dahin, dass gar keine ml und lagen durchschnittlich bei 1,4 dass Carnitin „zur Fettverbrennung Werbeaussagen mehr gemacht wer- mg / 100 ml. Die Gehalte sind gegen- beiträgt“ oder eine „Fat Loss Support den und nur noch auf einen „probi- über den Vorjahren unverändert. ACE- Formula“ wird in Aussicht gestellt. otischen“ Mikroorganismus hinge- Getränke können somit einen bedeut- Leider sehen die Tatsachen etwas wiesen wird. Gelegentlich werden samen Anteil an der Gesamt-Aufnah- anders aus: Beim Gesunden kann L - auch die verwendeten probiotischen me an β-Carotin liefern, bei Verzehr Carnitin in ausreichenden Mengen in Stämme gar nicht mehr genannt. Of- von 500 ml pro Tag bis zu 12 mg. Leber, Niere und Gehirn hergestellt fensichtlich sind die „Probiotika“ beim Bei mit Ballaststoffen angereicherten werden und ist somit für den Men- Verbraucher mittlerweile so gut etab- Getränken sind gelegentlich die Nähr- schen kein lebensnotwendiger Nähr- liert, dass die Hersteller die Wirkungen wertangaben ein Problem: Die Menge stoff. In der Natur kommt L -Carnitin in gar nicht mehr ausloben müssen – die an Ballaststoffen, die in der üblichen pflanzlichen und tierischen Lebensmit- Produkte werden trotzdem gekauft! Verzehrsportion oder der empfohlenen teln vor, wobei die tierischen Lebens- Tagesverzehrsmenge des Getränks mittel deutlich höhere Mengen enthal- enthalten ist, sollte einen wesent- ten. Die Hauptaufgabe von L -Carnitin lichen Beitrag (mindestens 3 g) zur im Stoffwechsel ist die Funktion als empfohlenen Gesamt-Ballaststoffzu- „Biocarrier“, d. h. nur mithilfe von L - fuhr (30 g) leisten. Die Kennzeichnung Carnitin können langkettige Fettsäuren und Werbung sollte so erfolgen, dass Membranen passieren und dann ab- Pflanzenextrakte – Sekundäre Pflanzeninhaltstoffe (SPS) Die Lebensmittelchemische Gesellschaft hat einen Leitfaden zur Beurteilung von Pflanzenextrakten (am Beispiel SPS) veröffentlicht (Lebensmittelchemie 59, 107 – 110, 2005), in dem zur korrekten Verkehrsbezeichnung, Aspekten der Lebensmittelsicherheit, zur wissenschaftlichen Absicherung von Wirkungsaussagen und zur rechtlichen Einstufung von Extrakten oder Lebensmitteln mit Extrakten, Stellung genommen wird. der Verbraucher den Beitrag eindeutig gebaut werden. Hierbei wird L -Carni- erkennen kann. tin jedoch nicht „verbraucht“, sondern regeneriert. Also leider ist weder eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit bei sportlichen Belastungen noch ein Einfluss auf die Gewichtsabnahme zu erwarten – wieder eine geplatzte Seifenblase. Funktionelle Lebensmittel / Neuartige Lebensmittel Jahresbericht 2005 Neuartige Lebensmittel (Novel Food) Erweiterung der Palette der zugelassenen neuartigen Lebensmittel Im Jahr 2005 sind wieder zahlreiche Lebensmittel in den Verkehr gebracht worden, die selbst oder ihre Zutaten als neuartige Lebensmittel im Sinne der Verordnung über neuartige Lebensmittel einzustufen sind. Bei der Verdauung wird Isomaltulose in seine Bestandteile Glucose und Fructose zerlegt. Daher ist für die Kennzeichnung der Lebensmittel mit Isomaltulose der Hinweis „Isomaltulose ist eine Glucose- und Fructosequelle“ vorgeschrieben. Es soll als Zutat für Getränke, Getreideprodukte und Süßwaren Verwendung finden. Tagatose ist ein Fruktoseisomer, das aus Lactose gewon- Wie bereits im Jahresbericht 2004 ausführlich darge- nen wird. stellt wurde, dürfen Lebensmittel, die bisher noch nicht In dem vereinfachten Zulassungsverfahren für neuartige in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr Produkte, für die die Gleichwertigkeit mit einem bereits zu- verwendet wurden, nicht ohne die Zulassung durch die gelassenen neuartigen Lebensmittel belegt werden konn- Europäische Union verkauft werden. Neuartige Lebensmittel müssen ein Zulassungsverfahren durchlaufen, das ihre gesundheitliche Un- te, wurden 18 verschiedene Lebensmittel mit Zusatz von Phytosterolen, zehn Nonisäfte und drei Arganöle zugelassen. bedenklichkeit sicherstellt. Das Zulassungsverfahren ist auf- Nonisaft grund der umfangreichen Prüfungen, insbesondere auch hinsicht- Immer wieder tauchen Studien lich des notwendigen Nachweises auf, die eine Leberschädigung der gesundheitlichen Unbedenk- mit dem Verzehr von Nonisäf- lichkeit, langwierig und aufwändig. ten in Zusammenhang bringen. Wenn ein Lebensmittel zum ersten Bisher konnten solche Studien Mal in einem EU-Land einem Bewertungsverfahren unterworfen wird, wird der Vorgang auch allen Mitgliedsländern zwecks Überprüfung vorgelegt. Die Prüfung von neuartigen Lebensmitteln durch zahlreiche nicht bestätigt werden. Die europäische Sicherheitsbehörde prüft diesen Verdacht derzeit. Erzeugnisse mit Nonisaft geben jedoch immer unabhängige Instanzen ist die beste Garantie für Qualität wieder Anlass zur Beanstandung. Eine dieser Proben wur- und Sicherheit der neuartigen Lebensmittel. de aufgrund der zugesetzten Vitaminmischung („ACE“) als Im Jahr 2005 wurde der Zulassungsantrag für Betain ab- Nahrungsergänzungsmittel bezeichnet und wurde auf einer schließend entschieden. Betain, das aus Zuckerrüben iso- Messeveranstaltung zusammen mit einer Werbebroschüre liert werden kann, sollte Lebensmitteln zur Senkung des in Verkehr gebracht. Homocystein-Spiegels im Blut zugesetzt werden. Erhöhte Eine Vielzahl von Kennzeichnungsmängeln und eine er- Homocystein-Spiegel im Blut werden als Risikofaktor für hebliche Unterschreitung des Vitamin-A-Gehaltes zeigt die Herz-Kreislauf-Erkrankungen diskutiert. Der Zusammen- mangelhafte Qualitätssicherung durch den Hersteller an. hang zwischen einer Erniedrigung des Homocystein-Spie- Außerdem war die Gestaltung des verteilten Faltblattes in gels und einem dadurch verringerten Risiko für Herz-Kreis- hohem Maße zur Verbrauchertäuschung geeignet, da mit lauf-Erkrankungen konnte jedoch wissenschaftlich noch Wirkungen und Funktionen eines Arzneimittels geworben nicht gesichert nachgewiesen werden. Weitere Studien wurden. Wissenschaftlich betrachtet, bietet Nonisaft ge- dazu sind notwendig. genüber anderen Fruchtsäften keine ernährungsphysiologi- Weiterhin kann ein unerwünschter, kumulierter Verzehr schen Vorteile. Dies wurde bereits 2002 bei der Zulassung von mit Betain angereicherten Lebensmitteln nicht ausge- als Neuartiges Lebensmittel durch das wissenschaftliche schlossen werden. Aus diesem Grund konnte die Sicherheit Komitee der EU (SCF) ausdrücklich festgestellt. dieses Zusatzes nicht ausreichend belegt werden. Daher Auch seriöse Hersteller profitieren davon, dass die Ver- wurde Betain aus Zuckerrüben die Zulassung als neuartiges kehrsauffassung von Nonisaft als „heilkräftiges Wunder- Lebensmittel verweigert. mittel“ durch Internetwerbung, dubiose Vermarktungs- Genehmigt wurden die Zulassungsanträge für Isomaltu- strategien wie private Verkaufsveranstaltungen, Buchbe- lose und Tagatose. Bei Isomaltulose handelt es sich um werbungen etc. geprägt ist. Das CVUA Stuttgart beurteilte ein Isomeres der Saccharose. Seine Süßkraft beträgt nur deshalb auch noch allgemein gehaltene Werbeaussagen ca. 40 % der von Saccharose, es wird langsamer verstoff- als irreführend, wenn ihr Ziel eindeutig auf entsprechende wechselt und verhält sich im Gegensatz zu Saccharose Verbrauchererwartungen gerichtet war. nicht zahnschädigend. 59 60 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel Zusatzstoffe und Aromastoffe Aromastoffe Ob Lebensmittel oder Kosmetika: Aromastoffe betreffen uns alle. Auch Aber auch wenn beispielsweise Him- 2005 betraf das Untersuchungsspektrum auf Aromastoffe nahezu sämt- beergeisten mit dem typisch intensi- liche Produktbereiche. Stellvertretend sollen hier nur einige „highlights“ ven Aromastoff Himbeerketon nach- herausgegriffen werden. geholfen wurde, lässt sich dies mit GC / MS nachweisen. 2005 wurden Natürlich oder naturidentisch – das ist hier die Frage Für den Verbraucher ist es oft kaufentscheidend, ob für die Herstellung des Produktes natürliche oder naturidentische Aromastoffe verwendet wurden. Um den Verbraucher vor Irreführung zu schützen, werden ständig Aromen und verzehrsfertige Lebensmittel daraufhin untersucht. So zeigten 26 Proben auf Himbeerketon untersucht: Der Aromastoff, der bei der Destillation im Rückstand verbleibt und daher im fertigen Produkt nicht zu finden ist, wurde in zwei Proben gefunden. Die betroffenen Hersteller gaben die unzulässige Aromatisierung jeweils bei einer daraufhin durchgeführten Lebensmittelkontrolle zu. 2005 ein Mirabellenbrand, eine als natürlich aufgemachte Aprikosenspirituose, ein Prosecco und ein WaldbeerenFruchtsaftgetränk chemisch-synthetische naturidentische Aromastoffe aus den Substanzklassen der 2-Methylbuttersäureethylester, gamma- und delta-Lactone und wurden als irreführend beanstandet. Was tun, wenn etwas nicht riecht wie es soll? – Analytik von Fehlaromen Parfümstoffe in Kosmetika Im Rahmen des bundesweiten Überwachungsprogramms wurden Parfüms bzw. Eau de Toilette auf geruchsaktive Substanzen, welche als Auslöser von Hautallergien (Kontaktdermatitis) in Rede stehen, untersucht. Als „mit Rosenöl“ ausgelobte Kosmetika wurden auf den Aromastoff Methyleugenol untersucht. Abhängig von der Angebotsform des kos- Viele Verbraucherbeschwerden beziehen sich auf diese metischen Mittels (Parfüm, Eau de Toilette, Creme Fragestellung. Geruchsstoffe sind flüchtige Verbindungen etc.) sind unterschiedlich hohe Konzentrationen an und meist tragen eine große Anzahl von Einzelstoffen zum Methyleugenol (2 bis 100 mg / kg) statthaft. Verein- typischen Aroma eines Lebensmittels bei. Zur näheren zelt wurden Grenzwert-Überschreitungen festge- Charakterisierung von abweichenden Aromaeigenschaften stellt. Siehe hierzu Kapitel „Kosmetische Mittel“. sind Untersuchungen mittels Gaschromatografie-Massenspektrometer-Kopplung (GC / MS) hervorragend geeignet. Das Gemisch der flüchtigen Einzelstoffe wird in seine Bestandteile zerlegt und identifiziert. Dadurch ist es vielfach möglich, der Ursache von sensorisch wahrnehmbaren Kontaminationen auf die Spur zu kommen. Die oftmals nur mühsam objektivierbare sensorische Bewertung wird also um einen eindeutig messbaren Aspekt erweitert. Ob Zitronenlimonade mit trans-1,3-Pentadien (unangenehmen medizinisch-lösungsmittelartiger Geruch), Cola-Mix mit Chlorkresol und o-Phenylphenol (starke Desinfektionsmittel), Mineralwasser mit Kohlenwasserstoffen (Geruch nach Pinselreiniger) oder Tomatenketchup mit flüchtigen Stoffwechselprodukten von Verderbniserregern, mithilfe Prüfung auf Kontaminanten der GC / MS wurden 2005 mehrere Verbraucherbeschwer- Nachdem 2004 in naturidentischem Bittermandelaroma den aufgeklärt. Ähnliches zeigte sich auch bei einem Bier- hohe Mengen an Benzol nachgewiesen wurden, wurden brand, zwei Zwetschgenwässern und drei Kirschwässern, 2005 verstärkt Mandelaromen und Amarettoliköre auf die- die 2005 sensorisch durch ein Fremdaroma auffielen, das se Kontaminante untersucht. Die Untersuchungen zeigten an Williamsbirne erinnerte. In der chemischen Analyse lie- Wirkung: Bis auf eine Probe lagen die Benzolgehalte der ßen sich Williamsester nachweisen, die typischerweise nur untersuchten Proben so niedrig, dass bei bestimmungs- in Williams-Christ-Birnenbränden vorkommen. Die Bezeich- gemäßer Verwendung der Aromen der Grenzwert der nung der Brände wurde wegen des artfremden Aromas als Trinkwasserverordnung (0,001 mg / l) nicht überschritten irreführend beanstandet. wurde. Zusatzstoffe und Aromastoffe Jahresbericht 2005 Auch der mikrobiologische Zustand von Aromazubereitungen ist interessant Im Berichtsjahr wurden 13 offene Aromazubereitungen aus Untersuchung ergab, handelte es sich um Pflanzenteile, Backstuben, Konditoreien und Eisdielen mikrobiologisch vermutlich um Obststücke. Anscheinend hatte der Bäcker untersucht. Mittlerweile sind die Rezepturen durch die Her- regelmäßig eine Masse aus Obststücken und Rumaroma steller derart optimiert, dass ein bakterieller Befall kaum angerührt und das überschüssige Aroma wieder in den mehr möglich ist. Dies zeigte sich besonders drastisch im Behälter zurückgeschüttet – mitsamt einiger Obststücke, Fall eines Rumaromas, das als Verdachtsprobe angeliefert die sich im Laufe der Zeit zersetzten, aber dank des ho- wurde: Beim Öffnen der beiden verklebten und äußerlich hen Alkoholgehaltes frei von schädlichen Keimen blieben. beschädigten Behälter waren etliche erbsgroße, teilwei- Die Probe wurde wegen der unhygienischen Verpackung se noch schnittfeste und teilweise schleimig erweichte, beanstandet, eine Betriebsschließung war auch aufgrund beige, opak-trübe Teile erkennbar. Wie die mikroskopische anderer Hygienemängel unvermeidbar. Zusatzstoffe und Behandlung von Lebensmitteln Lösungsmittel in Carotin Lebensmittelfarben / färbende Lebensmittel Carotin wird in sehr vielen Lebensmitteln aus ernährungs- Die Abgrenzung von Lebensmittelfarben (Zusatzstoff) physiologischen Zwecken (z. B. Nahrungsergänzungsmit- gegenüber färbenden Lebensmitteln (zulassungsfreie tel, Säfte) oder zur Färbung (z. B. Margarine) eingesetzt. Lebensmittelzutat) rückt wieder in den Blickwinkel der Da immer wieder Probleme durch Kontaminanten bei im- Überwachung, da inzwischen wieder verstärkt weit gehend portierten Produkten berichtet werden, wurden Carotine geschmack- und geruchlose aber sehr farbstabile Produkte und Carotinzubereitungen auf Lösungsmittelrückstände angeboten wurden. Soweit eine selektive Anreicherung von untersucht. In Baden-Württemberg wird wie die einge- Pigmenten bei deren Herstellung erfolgt, handelt es sich gangen Proben zeigen, in den meisten Fällen Carotin in nach der Farbstoff RL 94 / 36 / EG um zulassungspflichtige so genannten Premixen (konfektionierte Vormischungen) Zusatzstoffe. Die Überwachung dieses Bereichs gestaltet eingesetzt. Bei den wenigen Proben, die als Reincarotin sich recht schwierig, weil zur Beurteilung i.d.R. auch der erhoben wurden, konnten keine unzulässigen Rückstän- Herstellungsprozess mit zu betrachten ist, auf den meist de an Lösungsmitteln oder Schwermetallen festgestellt kein einfacher Zugriff möglich ist. Die in diesem Zusam- werden. Parallel wurden auch Margarinen auf mögliche menhang geprüften färbenden Lebensmittel waren nicht Rückstände an Dichlormethan und Benzol untersucht, die zu beanstanden. aber ebenfalls keine auffälligen Befunde zeigten. Zu chinesischen Produkten, die nach unseren Recherchen über eine Firma in Nordrhein-Westfalen importiert werden, wurde die zuständige Untersuchungseinrichtung informiert, Produkte waren jedoch aktuell nicht auf Lager. Kutterhilfsmittel mit unzulässigen Zusätzen Nachdem bekannt wurde, dass der Farbstoff E 110 Gelborange S unter bestimmten Herstellungsbedingungen den nicht zugelassenen Farbstoff Sudan I enthalten kann und Sudan I zu den unerwünschten Substanzen gehört, wurden die Reinheitskriterien in der Richtlinie 95 / 45 / EG für Gelborange S (E 110) diesbezüglich angepasst. Für Sudan I wurde in E 110 eine Höchstmenge von 0,5 mg / kg fest- Im Rahmen der KÜP-Untersuchungen auf Zusätze, die gelegt. Die Einhaltung dieser Anforderung wird verstärkt eine unzulässige Wasserbindung in Fleischerzeugnissen überprüft insbesondere auch bei importierter Ware. bewirken, wurden auch Kutterhilfsmittel untersucht, die als Zutaten unzulässige Proteinteilhydrolysate enthielten, die in Deutschland nicht zugelassen sind. Damit hergestellte Erzeugnisse wurden als nicht verkehrsfähig beurteilt. Bei anderen Produkten führten in einigen Fällen nicht eingehaltene Kennzeichnungsvorgaben nach der Zusatzstoffverkehrsverordnung zu Mängeln. 61 Lebensmittelüberwachung BW 62 Teil III: Produktgruppe Lebensmittel Trinkwasser Auswirkungen der geänderten Überwachungsstrategie von Trinkwasser Nach der seit dem 01.01.2003 geltenden Trinkwasserver- Inwieweit das Trinkwasserverteilungsnetz tatsächlich zu ei- ordnung müssen die gesetzlichen Grenzwerte für Trink- ner relevanten Erhöhung der Konzentrationen dieser Stoffe wasser am Austritt aus den Entnahmezapfstellen (also in beiträgt, kann durch Vergleich der Untersuchungsergebnis- der Regel am Wasserhahn) eingehalten sein. Die Betreiber se vor und nach Umstellung der Entnahmestrategie auf- von öffentlichen Wasserversorgungsanlagen müssen da- gezeigt werden. her Untersuchungen durchführen oder durchführen lassen, Nachfolgend werden exemplarisch vergleichende Untersu- um sicherzustellen, dass das Trinkwasser an dieser Stelle chungsstatistiken zu den Parametern Trihalogenmethane den Anforderungen der Verordnung entspricht. Hierzu wird (THM) und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe das Wasser häufig an der Stelle, an der das Wasser in die (PAK) dargestellt. Die Konzentrationen dieser Stoffe können Hausinstallation übergeben wird, untersucht. Stichproben- aus unterschiedlichen Gründen zwischen Brunnen oder artig werden ergänzend Trinkwasserproben aus Hausin- Wasserwerk und dem Abnehmer ansteigen. stallationen (also vom Zapfhahn) auf die Einhaltung der Belastungen des Trinkwassers durch polyzyklische aroma- Grenzwerte überprüft. tische Kohlenwasserstoffe haben meist ihre Ursache in Die Anzahl der zu untersuchenden Trinkwasserproben ist Trinkwasserleitungen, die zum Schutz vor Korrosion mit abhängig von der in einem Versorgungsgebiet abgegebe- einer Schutzschicht aus Teer versehen wurden. Derartig nen Wassermenge, wobei ein Versorgungsgebiet ein geo- geschützte Rohre fanden bis Anfang der 1970er-Jahre grafisch definiertes Gebiet ist, in dem die Wasserqualität Verwendung als Leitungsrohre in der öffentlichen Trink- aufgrund der Herkunft des Wassers als nahezu einheitlich wasserversorgung. Die im Teer enthaltenen PAK können, angesehen werden kann. Grafik links: Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe in Trinkwasser abhängig von verschiedenen Faktoren wie z. B. dem Al- Diese Vorgabe der neuen Trinkwasserverordnung führte ter der Leitungen und den Betriebsbedingungen, in das auch zu einer geänderten Probenahmestrategie der amtli- Wasser übergehen. Sie sind aufgrund der genotoxischen chen Trinkwasserüberwachung. Während bis einschließlich und krebserzeugenden Eigenschaften im Trinkwasser un- 2002 amtliche Proben meist in Brunnen, Hochbehältern erwünscht. Für die Summe der Einzelkonzentrationen von oder Wasserwerken entnommen wurden, werden seit In- Benzo-(b)-fluoranthen, Benzo-(k)-fluoranthen, Benzo-(ghi)- krafttreten der Verordnung gemeinsam mit dem für den perylen und Indeno-(1,2,3-cd)-pyren wurde in der Trinkwas- jeweiligen Stadt- oder Landkreis zuständigen Gesundheits- serverordnung 2001 ein Summengrenzwert in Höhe von amt für das Versorgungsgebiet repräsentative amtliche Ent- 0,000 1 mg / l (das entspricht 0,1 µg / l) gebildet. Für Benzo- nahmestellen in den Ortsnetzen eingerichtet. (a)-pyren wurde aufgrund seines höheren kanzerogenen Grafik rechts: Grenzwerte für chemische Parameter, deren Konzentration Trihalogen- sich im Verteilungsnetz oder in der Hausinstallation erhöhen methane in können, sind in der neuen Trinkwasserverordnung 2001 Trinkwasser Potenzials mit 0,000 01 mg / l (das entspricht 0,01 µg / l) ein eigenständiger und besonders niedriger Grenzwert festgelegt. Der Vergleich der Ergebnisse beider Entnahmestrategien gesondert aufgeführt. ergibt für diesen Parameter keinen Unterschied und zeigt, dass unter normalen Betriebsbedingungen, soweit diese alte Entnahmestrategie Leitungen überhaupt noch vorhanden sind, keine Kontamination des Trinkwassers durch diese Stoffe erfolgt. Prozent neue Entnahmestrategie 100 100 90 90 100 80 80 70 70 80 60 60 50 50 60 40 40 30 30 40 20 20 10 10 20 90 70 50 30 10 00 0 < 0,05 0,05 – 0,1 > 0,1 µg / l < 0,005 0,005 – 0,01 > 0,01 – 0,05 > 0,05 mg / l Trinkwasser PAK 2005 Trinkw. Trihalogen 2005 Trinkwasser Jahresbericht 2005 „Brunnenvergifter“ bedroht die Bodensee-Wasserversorgung Trihalogenmethane (THM, Haloforme) sind wie die PAK Ein bis heute Unbekannter hat im Okto- im Rohwasser nicht oder höchstens in geringsten Spuren ber 2005 in einem anonymen Schreiben enthalten. Sie entstehen als Nebenreaktionsprodukte aus an die Bodensee-Wasserversorgung natürlichen organischen Inhaltsstoffen des Wassers, wie (BWV) angedroht, das Wasser des z. B. Huminstoffen, durch das für die Desinfektion einge- Bodensees mit Pflanzenschutzmit- setzte Chlor. Die entstehende Haloformkonzentration wird teln zu vergiften. Tatsächlich wurden näherungsweise durch die im Wasser enthaltene Menge daraufhin am Grund des Bodensees an organischen Inhaltsstoffen, der Chlorkonzentration und in der Umgebung der Entnahmestelle der Einwirkungszeit des Chlors bestimmt. Der Grenzwert mehrere Behältnisse mit Pflanzenschutz- in Höhe von 0,05 mg / l gilt für die Summe der Einzelkon- mittelresten entdeckt. zentrationen von Trichlormethan (Chloroform), Bromdichlor- Die BWV ist die größte Fernwasserversorgung methan, Dibromchlormethan und Tribrommethan (Bromo- in Baden-Württemberg, sie versorgt knapp vier form). Da die Bildung dieser Nebenreaktionsprodukte erst Millionen Menschen mit Trinkwasser. Die Rohwasserent- dann zum Stillstand kommt, wenn ein Reaktionspartner nahmestelle liegt bei Sipplingen am Bodensee. Mehrere (Chlor oder die organischen Wasserinhaltsstoffe) verbraucht Städte und Gemeinden des Landes beziehen das Trink- ist, ist zu erwarten, dass sich deren Konzentration zwi- wasser ausschließlich oder teilweise, d. h. als Mischung schen Zugabe von Chlor im Wasserwerk und der Probe- mit Wasser aus einer örtlichen Eigenwasserversorgung, nahmestelle im Ortsnetz erhöhen kann. Dies erklärt den von der BWV. prozentual höheren Anteil an Trinkwasserproben mit THM- Mehrfach wurden im Zusammenhang mit dem Drohbrief Gehalten im Konzentrationsbereich zwischen 0,005 und sowohl vom Rohwasser direkt aus den Entnahmeleitungen 0,01 mg / l bei Entnahme im Ortsnetz im Vergleich zu den vom Bodensee als auch vom Trinkwasser unmittelbar nach Ergebnissen der früheren Entnahme im Hochbehälter oder der Aufbereitung im Wasserwerk Sipplinger Berg Proben im Wasserwerk. entnommen und analysiert. Das Untersuchungsspektrum Gleichzeitig wird aus der vergleichenden Darstellung auch ersichtlich, dass beim Verbraucher nicht nur keine Grenzwertüberschreitungen, sondern ganz überwiegend Gehalte deutlich unter Grenzwertniveau festgestellt werden. In Baden-Württemberg wird überwiegend organisch gering belastetes Grundwasser zur Trinkwassergewinnung genutzt, bzw. durch Aufbereitung des Rohwassers vor Chlorzugabe das „Haloformbildungspotenzial“ so weit reduziert, dass Gehalte über dem Grenzwert praktisch nicht vorkommen. erstreckte sich insbesondere auf diejenigen Pflanzenschutzmittelwirkstoffe, die in den gefundenen Behältnissen nachgewiesen worden waren. Weitere Proben wurden aus dem Trinkwassernetz der BWV sowie aus Ortsnetzen, die ausschließlich mit Trinkwasser der BWV versorgt werden, entnommen. In allen Fällen lagen die gemessenen Gehalte der Pflanzenschutzmittel im aufbereiteten Trinkwasser deutlich unter den gesetzlichen Grenzwerten von 0,0001 mg / l für einzelne Pflanzenschutzmittel und 0,000 5 mg / l für die Summe aus allen nachgewiesenen Pflanzenschutzmitteln. Aus Vorsorgegründen wurden auch aus allen anderen baden-württembergischen Bodensee-Wasserwerken Trinkwasserproben überprüft. Auch in diesen Trinkwässern wurden keine Verunreinigungen durch Pflanzenschutzmittel festgestellt. 63