ANHANG WISSENSCHAFTLICHE SCHLUSSFOLGERUNGEN UND BEGRÜNDUNG DER EMEA FÜR DIE VERSAGUNG DER GENEHMIGUNG FÜR DAS INVERKEHRBRINGEN 1 WISSENSCHAFTLICHE SCHLUSSFOLGERUNGEN KOMPLETTE ZUSAMMENFASSUNG DER WISSENSCHAFTLICHEN BEURTEILUNG VON YONDELIS Qualität Die Qualität des Arzneimittels gilt als annehmbar, wenn die Anwendung gemäß den in der SPC beschriebenen Bedingungen erfolgt. Physikalisch-chemische und biologische Aspekte, die für die gleichmäßige klinische Leistung des Präparates von Relevanz sind, wurden untersucht und werden hinreichend kontrolliert. Es gibt keine ungelösten Qualitätsaspekte, die sich negativ auf das NutzenRisiko-Verhältnis des Präparates auswirken. Präklinische Pharmakologie und Toxikologie Nicht klinische Studien belegen in gewissem Umfang die Wirksamkeit von Trabectedin zur Behandlung von Weichteilsarkomen (STS). Die Wirkung von Trabectedin kann jedoch ein breiteres Zielspektrum betreffen als zuvor angenommen. Bei der maximal verträglichen Dosis, bei der schwere Toxizität beobachtet wurde, war die Exposition ähnlich der klinischen Exposition bei therapeutischen Dosierungsniveaus bzw. lag darunter. Es liegen nur unzureichende Daten über kumulative Toxizität und Regeneration vor. Die allgemeine Toxizität der Zielorgane (einschließlich Toxizität des Knochenmarks, Immunotoxizität, Hepatotoxizität und Toxizität des Magen-Darm-Trakts) scheint der Wirkung eines zytotoxischen Wirkstoffs zu entsprechen. Die schwere Hepatotoxizität ergibt sich jedoch nicht automatisch durch ein zytotoxisches Arzneimittel und der Mechanismus der Hepatotoxizität wurde nicht geklärt. Die Pharmakokinetik ist durch interindividuelle Variabilität, niedrige Clearance und eine große Volumenverteilung gekennzeichnet. Der Antragsteller hat sich verpflichtet, zusätzlich Toxizitätsstudien durchzuführen. Wirksamkeit Fünf Phase-II-Studien wurden an vorbehandelten Patienten mit metastasiertem STS nach drei Prüfplänen durchgeführt, in die insgesamt 189 Patienten einbezogen waren. Diese Studien erfolgten nach herkömmlichem Design, bei dem die Ansprechrate (RR) die primäre Wirksamkeitsvariable bildete. Die gepoolte (aus mehreren Einzelproben zusammengefasste) Gesamt-Ansprechrate betrug 7,4 % (95 % KI 4,5; 12,0 %). Dies kann mit den für die einzelnen Studien zuvor als Ziel festgelegten Ansprechraten verglichen werden, die entsprechend den Prüfplänen und Änderungen zwischen 10 und 20 % schwankten. 63 Patienten, die nicht auf Anthracycline und Ifosfamid ansprachen und eine dokumentierte Progression der Krankheit vor Einschluss in die Trabectedin-Studien aufwiesen, wurden retrospektiv identifiziert. In ähnlicher Weise legte der Sponsor auf der Grundlage der aus der Studien-Datenbank EORTC abgeleiteten Daten eine historische Kontrollgruppe fest. Dabei wurden insgesamt 62 Patienten identifiziert, die nicht auf Anthracycline ansprachen und mit Ifosfamid behandelt wurden. Um weitere Vergleichsdaten zu erhalten, wurde ein Vergleich des individuellen Ansprechens des Patienten auf die Behandlung (within-patient-Vergleich) angestellt. Somit wurde die Zeit bis zur Progression der Krankheit (TTP) unter der letzten vorherigen Therapie vor Einschluss in die Trabectedin-Studien mit der TTP unter der Trabectedin-Therapie verglichen. Diese retrospektive, nicht vordefinierte Herangehensweise dieser zusätzlichen Versuche zum Nachweis des Studienergebnisses ist aus methodischer Sicht scharf zu kritisieren, aber die vorgelegten Analysen werden nichtsdestoweniger für die Bewertung der Wirksamkeit als nützlich erachtet, und die Datenerfassung sowie die Analysen scheinen sorgfältig durchgeführt worden zu sein. Die Ansprechdaten sind ‚peer-reviewed‘, d. h. von Ärzten kontrolliert. Einige Schlüsselelemente dieser Analysen können wie folgt zusammengefasst und diskutiert werden: Trabectedin, Ansprechrate der Zielpopulation: 6/63 (95 %; KI 4; 20 %), PFS ≥ 6 Monate 12/63 (95 % KI 10; 30 %) Mittleres TTP-Verhältnis, Trabectedin/letzte vorherige Therapie: 0,5. 2 Ein TTP-Verhältnis von 0,5 zeigt eindeutig reduzierte Antitumoraktivität im Vergleich zu der letzten vorherigen Therapie. Bei dem historischen Vergleich mit Ifosfamid waren jedoch die Daten der progressionsfreien Überlebenszeit (PFS) sehr ähnlich, während die Gesamtüberlebenszeit bei Trabectedin einen Nutzen für das Überleben zu einem späteren Zeitpunkt zeigte. Hier ist bemerkenswert, dass sich die Überlebenskurven nach ca. 4 Monaten kreuzten, d. h. zu einem Zeitpunkt, an dem für rund 75 % der Patienten der Stopp ihrer Studientherapie erfolgte. Der größte Unterschied war ebenfalls nach ca. zwei Jahren zu beobachten. Insgesamt zeigen diese Daten, dass der Vergleich mit Ifosfamid durch Imbalanzen der Prognosefaktoren, die für PFS und das Überleben (und möglicherweise die Ansprechrate) von Bedeutung sind, gestört wird. Zu den beobachteten Baseline-Imbalanzen, die möglicherweise bei dem Vergleich mit Ifosfamid von Bedeutung sind, gehören ein günstigerer Leistungsstatus, ein längerer Zeitabstand seit der Diagnose usw. Nach Bereinigung der Imbalanzen unter den Kovariaten verschwand auch der signifikante Nutzen für das Überleben auf der Ebene von 5 %. Weit entscheidender ist jedoch, dass die Diskrepanzen zwischen dem Vergleich des individuellen Ansprechens des Patienten auf die Behandlung (within-patient-Vergleich) und dem historischen Vergleich sowie die im Rahmen des historischen Vergleichs bestehende offensichtliche Diskrepanz zwischen PFS und Überlebensrate insgesamt das Vorhandensein einer großen Verzerrung erkennen lassen, die sich zugunsten von Trabectedin auswirkt. Tendenzen zu einer niedrigeren RR- und PFS-Rate nach 6 Monaten bei der Population mit Doppelresistenz (n = 58) im Rahmen des Compassionate-Use-Programms ATU (franz. Programm für Versuche mit nicht zugelassenen Arzneimitteln) sind mit dieser Auffassung vereinbar, insbesondere da diese Ansprechdaten nicht ‚peer-reviewed‘, d. h. nicht von Ärzten kontrolliert werden. Es ist eine wohlbekannte Tatsache, dass die Patientenauswahl für das Ergebnis von Phase-II-Studien von ausschlaggebender Bedeutung ist. Es ist ebenfalls nahezu unmöglich, eine Studie vor nicht repräsentativer Patientenrekrutierung zu schützen, selbst bei Anwendung strengster Einschlusskriterien. Dies ist auch der Hauptgrund, weshalb in der Antikrebs-Leitlinie die Forderung erhoben wird, „hervorragende“ Antitumoraktivität nachzuweisen, wenn sich die Zulassung nur auf nicht randomisierte Studiendaten stützen soll. Die Leitlinie schreibt ebenfalls vor, dass die Ansprechrate (oder PFS) ein gerechtfertigtes Surrogat für Patientennutzen sein sollte. Hier muss angemerkt werden, dass bei STS-Studien trotz signifikanter Differenzen in der Ansprechrate oder PFS nie nachgewiesen wurde, dass diese Differenzen in der Firstline- oder in der Secondline-Therapie durch Differenzen in der Überlebenszeit erhärtet werden. Der Antragsteller hat weder durch Daten belegt, dass eine Differenz in der Ansprechrate (oder PFS nach 6 Monaten) mit einer besseren Symptombeherrschung verbunden ist, noch die Zeit bis zur Progression des Symptoms verlängert. Der CPMP verlangt keine formelle Validierung der Ansprechrate als Surrogat für Patientennutzen, da dies in den meisten Fällen unmöglich ist. Es sollte jedoch zumindest ein gewisser Nachweis für die Auffassung erbracht werden, dass die Ansprechrate – wie in diesem Falle etwa 10 % und darunter - für den Patienten günstig ist. Bei der Anhörung vor dem CPMP am 25. Juni 2003 vertrat der Antragsteller die Ansichten, dass die Erfahrung mit Trabectedin bei Weichteilsarkomen vor dem Hintergrund gesehen werden müsse, dass der CPMP-Sachverständige nicht vollständig die Seltenheit von Weichteilsarkomen berücksichtigt habe. Im Zusammenhang mit der Erfahrung der EORTC Soft Tissue and Bone Sarcoma Group argumentierte der Antragsteller, dass Trabectedin nach Versagen von Doxorubicin und Ifosfamid eine klinisch bedeutende Aktivität habe, dass es eine ausgezeichnete subjektive Verträglichkeit besitze und dass es das einzige Medikament sei, dass dieses Risiko-Nutzen-Verhältnis bei STS gezeigt habe. Des Weiteren legte der Antragsteller die Ansichten der EORTC Soft Tissue and Bone Sarcoma Group dar, die im weitgehenden Widerspruch mit den Schlussfolgerungen der CPMP-Sachverständigengruppe stehen. Insbesondere wurde unter Hinweis darauf, dass die Definition von „hervorragend“ stets im Bezug zur behandelten Krankheit gesehen werden sollte, argumentiert, dass die bisher durchgeführten Phase-IIStudien zweifelsfrei gezeigt hätten, dass Trabectedin in diesem Zusammenhang eine hervorragende Aktivität bei resistenten STS, einer schwer zu behandelnden Gruppe von Erkrankungen, besitze. 3 Patienten mit eindeutigem Nachweis einer Progression der Krankheit vor Behandlungsbeginn zeigten ein Anhalten der Progression oder ein deutlich langsameres Wachstum beim Erhalt von Trabectedin. Die Veränderung der Tumorwachstumsgeschwindigkeit werde eindeutig von Trabectedin hervorgerufen und die Gruppe sei nicht der Auffassung, dass der offensichtliche Nutzen die Folge von Baseline-Imbalanzen sei. Es wurde außerdem argumentiert, dass die angegebene Rate für das progressionsfreie Überleben (PFS) nach 6 Monaten und das PFS-Verhältnis für Trabectedin einen weiteren Nachweis für dessen hervorragende Aktivität bei STS liefern. Des Weiteren deute die Toxizität von Trabectedin laut der dem Antragsteller verfügbaren Datenbank darauf hin, dass die Substanz wesentlich einfacher zu handhaben ist als zum Beispiel hochdosiertes Ifosfamid und auch weniger Nebenwirkungen als Doxorubin als Einzeltherapie habe. Schließlich wurde im Hinblick auf das Design von zulassungsrelevanten Studien oder allen zukünftigen Studien argumentiert, dass die Durchführung von randomisierten Studien bei STS extrem schwierig ist, wie auch die EORTC STS-Gruppe erfahren musste. Der Antragsteller schloss, dass Trabectedin einen neuartigen Wirkmechanismus hat und eine relevante Wirksamkeit in einem Kollektiv zeigte, das keine anderen Therapieoptionen hatte: eine Ansprechrate von 9,7% % mit langer Dauer, 19% % PFS > 6 Monate, ein PFS-Verhältnis > 2 bei 19% % der Patienten, einen bemerkenswerten Anteil an Patienten (26% %), die nach 24 Monaten noch lebten (die der sich nicht durch „Next-line-Therapie“ erklären lässt und ohne Imbalanz bei bekannten prognostischen Faktoren zustande kam), eine handhabbare Toxizität und eine akzeptable interindividuelle pharmakokinetische Schwankung (jeweils geringer als mit den beiden Standardtherapien für STS). Außerdem sei Trabectedin der einzige Wirkstoff mit Aktivität als Thirdline-Therapie bei STS, einem Szenario, bei dem randomisierte Studien nicht durchführbar sind. Trotz dieser Argumentation deckte sich die Ansicht des CPMP mehrheitlich weiterhin mit den Schlussfolgerungen der Sachverständigengruppe, dass der klinische Nutzen von Trabectedin bei der Behandlung von doppelresistenten STS, wie derzeit dokumentiert, mit einer objektiven Tumoransprechrate von ca. 10% % und einem progressionsfreien Überleben nach 6 Monaten von ca. 20% % laut Studien nicht als hervorragend anzusehen ist und dass beim Nichtvorliegen von hervorragender Aktivität der klinische Nutzen ohne einen randomisierten Vergleich aus der Perspektive des Nutzens für den Patienten nicht zu beurteilen ist. Die Heterogenität von STS im Allgemeinen und die schwer kontrollierbaren Selektionsmechanismen bei der Rekrutierung von Patienten für klinische Studien mit späteren Therapielinien trugen zu dieser Einschätzung bei. Insgesamt kam man daher zu dem Schluss, dass der Nutzen nicht nachgewiesen war. Sicherheit Das Sicherheitsprofil von ET-743 unterscheidet sich von den zugelassenen Antikrebs-Kombinationen im Hinblick auf eine hohe Inzidenz von Transaminitis, eine hohe Inzidenz reversibler, aber milder Nierenkrankheit und eine niedrige Inzidenz von Mukositis/Alopezie. Rhabdomyolyse wurde ebenfalls festgestellt (ca. 1 %). Neutropenie ist jedoch dosisbegrenzende Toxizität. Die subjektive Verträglichkeit nach Prämedikation mit Dexamethason und 5HT-3-Antagonisten ist akzeptabel. Die mit dem Arzneimittel verbundene geschätzte Todesrate beträgt etwa 1 % (95 % KI 0,2; 3 %), und die Inzidenz febriler Neutropenie im ersten Zyklus beträgt ca. 2 %. Bisher wurde z. B. im Hinblick auf die Nierenfunktion nicht über kumulative Toxizität berichtet, aber die Erfahrung mit mehrfachen Zyklen ist begrenzt. Die Arzneimittel-Clearance reagiert empfindlich auf Lebererkrankung, einschließlich Trabectedininduzierte Transaminitis. Überwachung und sorgfältige Dosisanpassungen zur Reduzierung der Indizidenz schwerer und sogar tödlicher unerwünschter Wirkungen sind notwendig. Diese Maßnahmen wurden während des Entwicklungsprogramms eingeführt und senkten die mit dem Arzneimittel verbundene geschätzte Fatalitätsrate von 4/120 auf 3/266. Die Daten sind zwar in sich noch nicht schlüssig, aber offensichtlich erhöht die Anwendung von Steroiden die Arzneimittel-Clearance, und zwar möglicherweise durch den „Schutz der Leber“. Wenn 4 dies der Fall ist, könnte dies nicht nur zu einer reduzierten, expositionsbedingten Toxizität, sondern auch zu einer reduzierten Wirksamkeit führen. Insgesamt legen die verfügbaren Sicherheitsdaten nahe, dass die Toxizität von Trabectedin trotz ihrer Regulierbarkeit zweifellos signifikant ist. Wissenschaftliche Schlussfolgerungen Auf der Grundlage der eingereichten Daten, der Erörterungen in der Sitzung der Sachverständigengruppe am 19. Mai 2003 und der Anhörung des Antragstellers in der Sitzung des CPMP am 25. Juni 2003 kam der CPMP in seinem Gutachten vom 24. Juli 2003 zu folgenden Schlussfolgerungen: • Die Antitumoraktivität von Trabectedin bei der Behandlung der durch Doppelresistenz gekennzeichneten STS konnte nicht als hervorragend bezeichnet werden [objektive Tumoransprechrate (RR) 10 %, (95 % KI 4; 20 %); progressionsfreie Überlebenszeit (PFS) nach 6 Monaten 20 %, (95 % KI 10; 30 %)]. Angesichts fehlender hervorragender Aktivität kann die Wirksamkeit außerhalb randomisierter Studien nicht bestätigt werden. • Die Subpopulation für die Wirksamkeitsbewertung und die historische Kontrollgruppe wurden retrospektiv identifiziert. Die Tatsache, dass die Festlegung der Schlüsselparameter und Vergleiche nicht im Voraus erfolgte, verstößt gegen grundlegende methodische Prinzipien und kann zu einer Verzerrung bei der Bewertung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses führen. • Es wurde festgestellt, dass die Zeit bis zur Progression der Krankheit (TTP) unter der letzten vorherigen Therapie vor der Einbeziehung in die Trabectedin-Studien doppelt so lang war wie die TTP unter der Trabectedin-Therapie. Im Gegensatz dazu wurde festgestellt, dass die PFS unter Trabectedin und die PFS unter Ifosfamid bei der Secondline-Therapie im historischen Vergleich weitgehend gleich war. Trotz der weitgehenden Übereinstimmung der PFS im historischen Vergleich schienen die Gesamtüberlebensdaten an späteren Zeitpunkten zugunsten von Trabectedin zu sprechen. Insgesamt zeigen diese teilweise widersprüchlichen Befunde, dass der historische Vergleich mit Ifosfamid durch Verzerrungen gestört ist. • Die Breite der Vertrauensintervalle um die Punktschätzungen für RR (Ansprechrate) und PFS nach 6 Monaten, die in dem französischen Compassionate-Use-Programm zu verzeichnenden Tendenzen zu einer sogar niedrigeren Antitumoraktivität und die Tatsache, dass die in die retrospektive Wirksamkeitsbewertung einbezogenen Patienten nicht repräsentativ sein könnten, lassen insgesamt die Möglichkeit stark bezweifeln, mit hinreichender Sicherheit die Antitumoraktivität von Trabectedin für Patienten in der klinischen Praxis bewerten zu können. • Die Wirksamkeit lässt sich nicht ermitteln anhand einer bescheidenen und derzeit eher schlecht definierten Antitumoraktivität für eine Krankheit, bei der der prädiktive Wert dieser Parameter (RR und PFS) für Endpunkte, die für den Patienten von unmittelbarer Relevanz sind, in Frage gestellt werden kann. • Angesichts der nicht eindeutig nachgewiesenen Wirksamkeit ist das regulierbare, aber signifikante Toxizitätsprofil von Trabectedin ein Grund zur Sorge. In Erwägung dieser Gründe hat der CPMP am 24. Juli 2003 die Versagung der Genehmigung für das Inverkehrbringen für Serostim empfohlen und für Yondelis ein negatives Gutachten angenommen. Am 12. August 2003 wurde der CPMP über die Absicht des Antragstellers informiert, gegen das negative CPMP-Gutachten Einspruch einzulegen. Die detaillierte Begründung für den Einspruch ging am 26. September 2003 ein. Der CPMP bewertete die Begründung für den Einspruch und stellte nach den Empfehlungen des Berichterstatters und Mitberichterstatters die Notwendigkeit fest, eine Sitzung der EMEA/CPMP-Therapieberatungsgruppe (TAG) am 17. November 2003 einzuberufen, um eine Antwort und Kommentare auf folgende Fragen zu finden: 1. Wurden bei der Antitumoraktivität mit Trabectedin in dem beanspruchten Anwendungsgebiet Aspekte festgestellt, die als hervorragend angesehen werden können? Inwiefern unterscheidet 5 sich die mit Trabectedin beobachtete Antitumoraktivität in dem Anwendungsgebiet von der mit anderen Salvage-Therapien beobachteten? beanspruchten Die Antwort der TAG lautete, dass es keine einheitliche Definition dessen gebe, was als ‘hervorragende’ Aktivität zu betrachten ist und dass es schwierig sei, Weichteilsarkome mit anderen Krankheitsbildern zu vergleichen, bei denen dieses Konzept verwendet wurde. Es herrschte Einigkeit über die Tatsache, dass eine Antitumorwirkung für Trabectedin bei Weichteilsarkomen nachgewiesen wurde und dass die Substanz weiter untersucht werden sollte, z. B. in einer Phase-III-Studie als Secondline-Therapie vs. Ifosfamid. In Bezug auf die beanspruchte Aktivität als Thirdline-Therapie war eine vorherrschende Ansicht, dass die bekannten angetroffenen methodologischen Schwierigkeiten (Variabilität der Tumorverdopplungszeit, retrospektive Auswertung von kleinen Fallzahlen, Patientenauswahl, historische Vergleiche, Subgruppenauswertung von gepoolten Phase-II-Daten, Confounder usw., und Zufälle) und die daraus resultierende mögliche Verzerrung jeden Versuch die Aktivität von Trabectedin zu quantifizieren, auch in dieser Konstellation verhindern. Die mäßige festgestellte Ansprechrate unterscheidet sich nicht wesentlich von derjenigen anderer Wirkstoffe, die in diesem Szenario untersucht wurden (z. B. Docetaxel und Gemcitabin). Ähnlich unmöglich ist es, einen aussagekräftigen historischen Vergleich anzustellen, auch wenn für Trabectedin ein längeres progressionsfreies Überleben festgestellt wurde als das für andere Substanzen berichtete. Daher war es nicht möglich zu schlussfolgern, dass die mit Trabectedin beobachtete Antitumoraktivität hervorragend ist. Allerdings waren einige TAG-Mitglieder nicht einverstanden und der Ansicht, dass methodologische Mängel bei dieser Konstellation unvermeidbar seien, da randomisierte kontrollierte Studien aus verschiedenen Gründen wie dem Mangel an etablierten Therapien, der Seltenheit von Patienten mit Thirdline-Therapieindikation bei einer ohnehin schon seltenen Erkrankung nicht machbar seien. Des Weiteren ist die bereitgestellte Datenbank die größte für diese Konstellation zusammengestellte, und trotz aller genannten Schwierigkeiten sei die beobachtete 6-monatige progressionsfreie Überlebensrate und das Gesamtüberleben im Verhältnis zur Zahl der Patienten ‘hervorragend’ oder ‘sehr zufriedenstellend’, da die lange Kontrolle der Erkrankung von Bedeutung sei, und die vorgelegten Daten seien ausreichend um die Wirksamkeit von Trabectedin als Thirdline-Therapie zu belegen. 2. Kann bei den vorgelegten Daten eine beobachtete Ansprechrate von 10% % (95% % KI: 4% %; 20% %) und ein 6-monatiges progressionsfreies Überleben von 20% % (95% % KI: 10% %; 30% %) im beanspruchten Anwendungsgebiet als ausreichend angesehen werden, um die hervorragende Aktivität von Trabectedin nachzuweisen? Welche Argumente bestehen für bzw. gegen diese Überlegung? Die Antwort der TAG war, dass als Argumente für die Einstufung der Aktivität als ‘hervorragend’ das berichtete 6-monatige progressionsfreie Überleben und das Überleben in einem Kollektiv mit progressiver Erkrankung als ‘sehr zufriedenstellend’ oder ‘hervorragend’ eingeschätzt werden. Methodologische Probleme sind bei der Konstellation der ThirdlineTherapie, wo randomisierte Studien aufgrund des Mangels an etablierten Therapien und der Seltenheit der Erkrankung nicht durchführbar sind, unvermeidbar. Trotz der genannten Schwierigkeiten ist die vorgestellte Datenbank die umfangreichste Sammlung bei dieser Konstellation. Außerdem wurde angemerkt, dass das Toxizitätsproblem handhabbar ist. Die Argumente gegen die Einstufung der Aktivität als ‘hervorragend’ seien die festgestellte mäßige Ansprechrate und das mäßige progressionsfreie Überleben, die methodologischen Mängel und die möglichen Quellen für Verzerrungen, das Fehlen eines zuverlässigen Vergleichs, die fortbestehende weitgehende Ungewissheit über das Maß der Aktivität von Trabectedin im Sinne der Ansprechrate und des progressionsfreien Überlebens. Weiterhin sei die klinische Relevanz des beobachteten partiellen Ansprechens, z. B. in Bezug auf Operabilität oder “Qualität” des Ansprechens, nicht zu interpretieren. Im Hinblick auf die Endpunkte der Aktivität wurde festgestellt, dass die Daten aus dem Compassionate-Use-Programm keine zusätzlichen quantitativen Informationen ergaben, sondern die mäßige Aktivität in dieser Konstellation bestätigten. Man kann nicht davon ausgehen, dass die Aktivität von Trabectedin sich von 6 derjenigen anderer zytostatischer Arzneimittel unterscheidet, deren Wirksamkeit in dieser Konstellation nicht nachgewiesen wurde. Insgesamt herrschte Einigkeit darüber, dass ein Bedarf an ausgedehnteren und insbesondere randomisierten Studien (Phase III) besteht, um den Wert von Trabectedin bei der Behandlung von Weichteilsarkomen nachzuweisen. Unter Berücksichtigung und Bewertung der Gründe für die den Einspruch, der am 26. September 2003 einging, unter Berücksichtigung der Anhörung des Antragstellers und der Antworten und Kommentare der onkologischen EMEA/CPMP Therapieberatungsgruppe in der Sitzung vom 17. November 2003 erörterte der CPMP die verschiedenen Argumente für und gegen den Anspruch, dass für das beantragte Anwendungsgebiet die Wirksamkeit hinreichend nachgewiesen wurde. Zusammenfassend argumentierte der Antragsteller, dass bei der Beurteilung des Nachweises der Wirksamkeit von Trabectedin bei der Behandlung von fortgeschrittenem und/oder metastasiertem STS mit Doppelresistenz an die Seltenheit dieser Patientenpopulation erinnert werden müsse und daran, dass randomisierte kontrollierte Studien in dieser Population weder durchführbar noch aussagekräftig seien. Der Antragsteller argumentierte, dass bei dieser Konstellation der Nachweis einer klinisch signifikanten Antitumoraktivität auf der Basis von Phase-II-Studien einen ausreichenden Nachweis der Wirksamkeit biete. Der Antragsteller erklärte, dass auf der Grundlage der vorgelegten Ergebnisse die Wirksamkeit von Trabectedin für die beantragten Anwendungsgebiete nachgewiesen sei. Außerdem hob der Antragsteller hervor, dass, auch wenn das bei der Wirksamkeitsbewertung von Trabectedin bei STS mit Doppelresistenz verwendete Subkollektiv in der Tat retrospektiv identifiziert wurde, diese Auswahl nicht datengesteuert war und dass sie mit konservativen Methoden erfolgte und dass die Ansprechrate ein prospektiv definierter Endpunkt war. Das 6-monatige PFS wurde auf der Grundlage der EORTC-Empfehlungen gewählt, die erst nach Beginn der Trabectedin-Studien verfügbar wurden und mit zuvor definierten Beurteilungsmethoden gemessen wurden. Was die Breite der geschätzten Intervalle anbelangt, argumentierte der Antragsteller, dass dies aufgrund der Seltenheit dieser Population unvermeidbar sei und dass dies die genauesten je berichteten Schätzungen seien. Außerdem wurde argumentiert, dass eine Verzerrung bei den beobachteten Ergebnissen in Bezug auf zeitbezogene Wirksamkeitsendpunkte unwahrscheinlich sei. Schließlich unterstrich der Antragsteller die Tatsache, dass das Toxizitätsprofil von Trabectedin handhabbar war und günstiger als das von Doxorubicin und Ifosfamid, mit einer geringeren Inzidenz von schwerer hämatologischer Toxizität und von für die Lebensqualität nachteiligen toxischen Wirkungen wie Stomatitis, Diarrhöe, Alopezie, Neurotoxizität und Kardiotoxizität. Der CPMP erkannte an, dass die Durchführung klinischer Studien bei Weichteilsarkomen allgemein aufgrund der Seltenheit der Erkrankung und insbesondere bei der Anwendung als Thirdline-Therapie schwierig ist. Daher wurde die Möglichkeit in Betracht gezogen, die Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen unter besonderen Bedingungen zu empfehlen. Es herrschte Einigkeit darüber, dass in dieser Situation vom Antragsteller nicht erwartet werden kann, dass er einen umfassenden Nachweis in Form von randomisierten, kontrollierten (Phase-III-) Studien für das Anwendungsgebiet einer Thirdline-Therapie erbringt. In dieser Situation sind im Einklang mit der CPMP-AntikrebsLeitlinie nicht randomisierte (Phase-II-) Studien, die einen überzeugenden Nachweis einer signifikanten Antitumoraktivität (“hervorragende Aktivität”) liefern, möglicherweise grundsätzlich für die Empfehlung der Erteilung einer Genehmigung für das Invehrkehrbringen unter besonderen Bedingungen ausreichend, wobei das Nutzen-Risiko-Verhältnis auf der Grundlage von Studien nach der Zulassung neu beurteilt wird. In dieser Hinsicht stellten die vorgelegten Daten eine umfangreiche Erhebung für diese seltene Erkrankung dar, und der Antragsteller hat zugesagt, weitere randomisierte klinische Studien zur Secondline-Therapie von Weichteilsarkomen als Verpflichtung nach der Zulassung durchzuführen. Jedoch konnte der CPMP anhand der vorgelegten explorativen Analysen nicht auf das Maß der Antitumoraktivität von Trabectedin in der Zielpopulation schließen. Es blieben kritische Bedenken wegen der verwendeten Methodik und der sich daraus ergebenden potenziellen Verzerrung, und die erhebliche Ungewissheit über die tatsächliche Ansprechrate und die tatsächlichen Raten im Hinblick auf progressionsfreies Überleben und Gesamtüberleben von Trabectedin in der beantragten Indikation bestanden fort. Des Weiteren wurde die berichtete Ansprechrate von 10% % (95% % KI: 4% %; 20% %) und das 6-monatige progressionsfreie Überleben von 20% % (95% % KI: 10% %; 30% %) nicht als „hervorragend“ angesehen. Diese Parameter lagen eher im Bereich dessen, 7 was für nicht randomisierte Serien mit anderen Substanzen, die als nicht wirksam in dieser Konstellation angesehen werden, berichtet wurde. Daher argumentierte der CPMP, dass die Antitumoraktivität nicht ausreichend war um festzustellen, dass Trabectedin für das beantragte Anwendungsgebiet eine wirksame Behandlung ist und schloss, dass die Wirksamkeit von Trabectedin für das beantragte Anwendungsgebiet nicht nachgewiesen wurde. 8 BEGRÜNDUNG FÜR INVERKEHRBRINGEN DIE VERSAGUNG DER GENEHMIGUNG FÜR DAS Nach Bewertung der Gründe des am 26. September 2003 eingegangenen Einspruchs, nach Bewertung der Anhörung des Antragsteller und der Antworten und Kommentare der onkologischen EMEA/CPMP Therapieberatungsgruppe bei der Sitzung vom 17. November 2003 empfahl der CPMP in Erwägung folgender Gründe: • Zwar ist die Durchführung klinischer Studien bei Weichteilsarkomen anerkanntermaßen schwierig und die vorgelegten Daten stellen angesichts der Seltenheit der Erkrankung große Serien dar, und der Antragsteller hat zugesagt, als Verpflichtung nach einer Genehmigung weitere randomisierte Studien zu Weichteilsarkomen als Secondline-Behandlung durchzuführen; • jedoch blieben die kritischen Bedenken hinsichtlich der verwendeten Methodik und der möglichen potenziellen Verzerrung bestehen und es bleibt eine erhebliche Ungewissheit über die Höhe der Ansprechrate und des progressionsfreien Überlebens und der Gesamtüberlebensrate von Trabectedin für das beantragte Anwendungsgebiet, so dass die Wirksamkeit von Trabectedin im vorgeschlagenen Anwendungsgebiet nicht festgestellt werden konnte, sein früheres Gutachten vom 24. Juli 2003, in dem die Versagung der Genehmigung für das Inverkehrbringen für Yondelis empfohlen wurde, nicht zu ändern. 9