Pharma Report 49th ASCO, Chicago, IL/USA, 31.05.–04.06.2013 © herbap / shutterstock.com Erweiterte Therapieansätze mit Trabectedin bei Ovarialkarzinom und Leiomyosarkom Trabectedin hat sich als Monotherapie bei der Rezidivbehandlung des Weichteilsarkoms und in Kombination mit pegyliertem liposomalem Doxorubicin bei der Therapie des platinsensiblen Ovarialkarzinomrezidivs seit Jahren als gut wirksam und verträglich erwiesen. Mit Trabectedin plus Doxorubicin konnten nun in der First-lineTherapie von Patientinnen mit fortgeschrittenem uterinem Leiomyosarkom Ansprechraten von 57 % erzielt werden. Platinresistente Ovarialkarzinom-Patientinnen sprachen nach Trabectedin zu 54 % wieder auf Platin an. „Erweiterte Therapieansätze mit Trabectedin bei Ovarialkarzinom und Leiomyosarkom“ Literaturarbeit „Tumorumgebung wird für die Therapie immer wichtiger“ Interview Berichterstattung: Dr. Susanne Heinzl, Reutlingen Corporate Publishing (verantwortlich): Ulrike Hafner, Dr. Michael Brysch, Dr. Katharina Finis, Dr. Friederike Holthausen, Sabine Jost, Ann Köbler, Dr. Claudia Krekeler, Inge Kunzenbacher, Dr. Christine Leist, Dr. Sabine Lohrengel, Dr. Ulrike Maronde, Dr. Annemarie Musch, Dr. Monika Prinoth, Yvonne Schönfelder, Dr. Petra Stawinski, François Werner, Teresa Windelen Report in „Der Gynäkologe“ Band 46, Heft 9, September 2013 Mit freundlicher Unterstützung der PharmaMar GmbH, Berlin Die Herausgeber der Zeitschrift übernehmen keine Verantwortung für diese Rubrik. Springer Medizin Springer-Verlag GmbH Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science + Business Media © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in dieser Zeitschrift berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Trabectedin (Yondelis®), ursprünglich aus der karibischen Seescheide Ecteinascidia turbinata gewonnen, bindet an die kleinere Furche der DNA und krümmt damit die DNA in Richtung der großen Furche. Diese Bindung triggert eine Kaskade von Ereignissen, die Transkriptionsfaktoren, DNA-Bindungsproteine und DNA-Reparatur-Reaktionswege betreffen und zu einer Zellzyklus-Störung führt [1]. Zugelassen ist Trabectedin für die Therapie von Patienten mit fortgeschrittenem Weichteilsarkom nach Versagen oder Nichteignung von Anthrazyklinen und Ifosfamid sowie in Kombination mit pegyliertem liposomalem Doxorubicin (PLD) für die Behandlung von Patientinnen mit einem platinsensiblen Ovarialkarzinomrezidiv [1]. Ovarialkarzinom: Verlängerung des platinfreien Intervalls Die Verlängerung des platinfreien Intervalls bei Frauen mit Platinrefraktärem rezidiviertem Ovarialkarzinom kann möglicherweise ein Wiederansprechen auf Platin positiv beeinflussen. In einer Analyse von 27 Patienten, die im Median 4,9 Zyklen Trabectedin erhalten hatten, konnten 13 erneut mit einem Platinderivat behandelt werden, 54 % erreichten ein objektives Ansprechen und 8 % eine stabile Erkrankung [2]. Dieser Therapieansatz wird auch in der Phase-III-Studie INOVATYON (INternational OVArian Cancer Patients Trial With YONdelis) untersucht: Frauen mit Ovarialkarzinom, das innerhalb von sechs bis zwölf Monaten nach der letzten Platinbehandlung fortgeschritten ist, erhalten entweder Trabectedin plus PLD oder Carboplatin plus Abb. 1 LMS-02-Studie: progressionsfreies Überleben der Patienten, die first line Trabectedin plus Doxorubicin erhielten 100 medianer Follow-up: 8,3 Monate (1,5–26,5) 84 % 80 Patienten (%) Impressum 73 % 60 40 20 0 8,1 0 Patienten unter Risiko 44 3 6 Zeit (Monate) 9 12 35 22 6 2 nach [6] PLD [3]. Diese Studie soll aufzeigen, ob eine Verlängerung des progressionsfreien Intervalls mit einer platinfreien Kombination das Überleben der Frauen mit einem teilweise platinsensitiven Ovarialkarzinomrezidiv verlängert. Die Zulassung von Trabectedin beim Ovarialkarzinom basiert vor allem auf den Ergebnissen der Phase-III-Studie OVA-301, in der bei Frauen mit fortgeschrittenem rezidiviertem Ovarialkarzinom die Kombination mit Trabectedin plus PLD mit einer PLD-Monotherapie verglichen wurde. Bei platinsensitiven Rezidiven verlängerte die Kombination das progressionsfreie Überleben (PFS) signifikant von 7,5 auf 9,7 Monate (p=0,017) [4]. In einer explorativen Analyse der Daten wurde die Rolle von Nibrin als Biomarker untersucht. Das Protein Nibrin hat bei der Reparatur von DNA-Doppelstrangbrüchen eine wichtige Funktion. Bei Frauen mit starker Nibrin-Expression waren das PFS und das Gesamtüberleben kürzer. Diese Korrelation war bei platinsensitiven Tumoren stark ausgeprägt [5]. First-line-Therapie bei uterinem Leiomyosarkom? Erste Daten der LMS-02-Studie zeigen, dass Trabectedin plus Doxorubicin in der Therapie von Frauen mit fortgeschrittenem uterinem Leiomyosarkom einen klinischen Nutzen hat. 44 Frauen erhielten sechs Zyklen der Kombination. 25 Frauen erreichten ein partielles Ansprechen, somit ergibt sich eine Ansprechrate von 57 %. Bei 13 Patientinnen stabilisierte sich die Erkrankung. Das Ansprechen dauerte im Median 5,5 Monate. Nach 12 Wochen lag das PFS im Median bei 84 % (Abb. 1) [6]. Literatur 1. EMA Epar Yondelis. Zugriff am 17. Juli 2013 2. Herraez AC et al., J Clin Oncol 2013, 31: (Suppl) Abstract e16543 3. ClinicalTrials INOVATYON STUDY. http:// clinicaltrials.gov/show/NCT01379989. Zugriff am 18. Juli 2013 4. Monk BJ et al., J Clin Oncol 2010, 28: 3107–3114 5. Avila MA et al., J Clin Oncol 2013, 31 (Suppl): Abstract 5566 6. Pautier P et al., J Clin Oncol 2013, 31 (Suppl): Abstract 10505 Pharma Report „Tumorumgebung wird für die Therapie immer wichtiger“ Interview mit Prof. Dr. Uwe Wagner, Klinik für Gynäkologie, Gynäkologische Endokrinologie und Onkologie, Universitätsklinikum Gießen und Marburg Mit Trabectedin und pegyliertem liposomalem Doxorubicin (PLD) wurde als Ergebnis der Phase-III-Studie OVA-301 ein platinfreies Kombinationstherapiekonzept für Patientinnen mit einem platinsensiblen Ovarialkarzinomrezidiv in das therapeutische Arsenal übernommen. Auf den ersten Blick scheint dies ein Widerspruch zu sein. Können Sie dieses Konzept näher kommentieren? Wagner: Das ist aus meiner Sicht kein Widerspruch. Zur Rezidivtherapie gibt es eindeutige Formulierungen zum Vorgehen bei Platinresistenz und Platinsensitivität. Platinsensitive Frauen mit Rezidiv sollen als Standard mit einer platinhaltigen Kombination behandelt werden. Das ist zunächst die Therapie der Wahl, denn es ist die effektivste Therapie und damit ist dieses Vorgehen internationaler Standard. In den Erläuterungen der Leitlinie wird im Kontext mit der Standardtherapie formuliert: „Des Weiteren konnte ein Vorteil im progressionsfreien und Gesamtüberleben bei Patientinnen, die mit der Kombination aus Trabectedin und pegyliertem liposomalem Doxorubicin behandelt wurden, im Vergleich zu einer Monotherapie aus pegyliertem liposomalem Doxorubicin beobachtet werden; wobei dieser Effekt nur in der Subgruppe der partiell platinsensitiven Rezidive beobachtet wurde [1].“ Das ist meines Erachtens eine wichtige Aussage, die es zuvor in keiner Empfehlung so gegeben hat. Daher ist es auch entscheidend, die Langversion der Leitlinie zu lesen, denn die Erläuterungen findet man in der Kurzversion nicht. Das Verträglichkeitsprofil der Kombinationstherapie aus Trabectedin und Doxorubicin zeichnet sich vor allem durch reversible und nicht kumulative Nebenwirkungen aus. Wie sind Ihre eigenen Erfahrungen und welche Maßnahmen empfehlen Sie bei Unverträglichkeiten? Wagner: Bei Unverträglichkeiten kann man immer mit einer Monotherapie weiterbehandeln. Aber die Kombination ist so gut verträglich, dass es selten Schwierigkeiten gibt. Welche klinischen Endpunkte sind aus Ihrer Sicht geeignet, um die Wirksamkeit und den Langzeiteffekt einer Therapie beim Ovarialkarzinom festzustellen? Wagner: International akzeptierter klinischer Endpunkt ist das Gesamtüberleben, weil das der härteste patientenrelevante Endpunkt ist. Meines Erachtens ist aber das krankheitsfreie Überleben auch ein wich- tiger Endpunkt. Wir sehen dies z. B. in Rezidivstudien, vor allem bei platinresistenten Rezidiven, denn hier korreliert das krankheitsfreie Überleben eindeutig mit Lebensqualität. Krankheitsfreies oder symptomfreies Überleben bedeutet hier unter anderem mehr Lebenszeit ohne gastrointestinale Problematik. Das ist anders als das progressionsfreie Überleben bei Mammakarzinom, bei dem progressionsfrei heißt, dass der Tumor in der Bildgebung nicht von 3 cm auf 4 cm gewachsen ist. Beim Ovarialkarzinom hingegen bedeutet progressionsfrei „kein Ileus“. Deshalb ist aus meiner Sicht das progressionsfreie Überleben oder symptomfreie Intervall ein für die Patienten wichtiger prognostischer Endpunkt. Welche Rolle spielt das platinfreie Intervall für die Prognose des Krankheitsverlaufs? Wagner: Durch das platinfreie Intervall wird die Response des Tumors auf die Therapie besser, die dann möglicherweise wieder eine Progression verhindert. Neuere Erkenntnisse zum Wirkungsmechanismus zeigen, dass die Wirkung von Trabectedin sowohl auf direkten als auch auf indirekten Effekten beruht. Experten sprechen auch vom sogenannten MakrophagenTargeting oder auch von Einflüssen auf das „Tumor Microenvironment“. Wie bewerten Sie diese Ergebnisse? Wagner: Dies ist ein extrem interessantes und spannendes Feld, allerdings handelt es sich um neue Beobachtungen. Zur Rolle der Makrophagen in der Progression des Ovarialkarzinoms gibt es im Moment nur wenige Veröffentlichungen. Generell wurde beobachtet, dass Makrophagen bei vielen Tumorentitäten eine Rolle spielen: insbesondere die Makrophagenpolarität, die sowohl hemmende als auch aktivierende Einflüsse hat. Wir selbst arbeiten sehr intensiv an der Charakterisierung von Tumorassoziierten Makrophagen und sehen, dass dort bestimmte Aktivierungsmuster existieren. Wir konnten in einer prospektiven Studie zeigen, dass M2-Makrophagenmarker und die Expression bestimmter Zytokine (Interleukin 6 und Interleukin 10) mit einer schlechteren Prognose einhergehen. Demzufolge korrelieren Makrophagen mit einer ganz bestimmten PolariMakrophage: Welche Beziehung besteht tät mit einer Verschlechtezwischen Tumor-assoziierten Makrorung der Prognose. phagen und der Prognose der Patientin? Spannend ist diese Beobachtung, wenn man mit einem Medikament wie Trabectedin auf das M1/M2-Verhältnis oder generell auf die Population der Makrophagen Einfluss nehmen kann. Dies eröffnet eine neue Denkweise: Während wir bisher immer den Tumor im Fokus hatten, richten wir nun auch den Blick auf die Tumorumgebung. © STEVE GSCHMEISSNER / SPL / Agentur Focus Wie bewerten Sie die Tatsache, dass es erstmals eine S3-Leitlinie für die Therapie des Ovarialkarzinoms gibt? Wagner: Die Tatsache, dass wir nun eine S3-Leitlinie haben, ist ganz wichtig, um im Bereich der Onkologie auch wahrgenommen zu werden. Im Rahmen des Leitlinienprogramms Onkologie wird versucht, für verschiedene Entitäten S3-Leitlinien zu entwickeln. Die Leitlinie für das Ovarialkarzinom ist nun die zweite S3-Leitlinie nach dem Mammakarzinom, die für eine gynäkologische Entität fertiggestellt worden ist. Eine S3-Leitlinie beinhaltet einen sehr hohen methodischen Aufwand und wird auch viel stärker wahrgenommen. Sie wird mit allen Fachgesellschaften abgestimmt und sie wird von der AWMF, der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V., ganz anders akzeptiert. In die Diskussion sind Selbsthilfegruppen und der Medizinische Dienst der Krankenkassen einbezogen. Insgesamt ist das Niveau der S3-Leitlinie sehr hoch. Dies fördert ihre Akzeptanz und Verbreitung. Literatur 1. S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge maligner Ovarialtumoren. http://leitlinienprogramm-onkologie.de/Leitlinien.7.0.html. Zugriff am 18. Juli 2013