Prof. R. Pandharipande C. Schießl J. Schmitt Funktionentheorie 19. September 17 HS 2017 Musterlösung zu Übungsblatt 0 Aufgabe 1. (i) Berechne in der Form a + bi: √ (1 + i 3)3 1+i 1−i (1 + i)5 (1 − i)5 (1 + i)4 (1 + i)n + (1 − i)n (ii) Stelle diese komplexen Zahlen in der Form re2πit dar: −3 √ 1+ 3 4i 1+i (iii) Finde alle Lösungen der Gleichungen in der Form a + bi: x3 = 1 x4 = −2 Lösung. (i) Allgemein gilt für z ∈ C r {0} dass 1/z = z/|z|2 . Folglich gilt: 1 − (−i) 1 1+i = (1 + i) 2 = ((1 − 1) + i(1 + 1)) = i. 1−i 1 + 12 2 Analog kann man (1+i)5 (1−i)5 = i erhalten. Einfacher geht es folgendermassen: (1 + i)5 1+i = 5 (1 − i) 1−i 5 = i5 = i2 i2 i = (−1) · (−1) · i = i. Auch in den komplexen Zahlen können wir wie gewohnt die Binomischen Formeln anwenden: √ √ √ √ (1 + i 3)3 = 13 + 3 · 12 · ( 3i) + 3 · 1( 3i)2 + ( 3i)3 √ = (1 − 9) + i(3 − 3) 3 = −8, (1 + i)4 = 14 + 4 · 13 i + 6 · 12 i2 + 4 · 1i3 + i4 = (1 − 6 + 1) + i(4 − 4) = −4. Für die letzte Formel ist es prinzipiell auch möglich sie durch eine solche Binomische √ Formel zu bestimmen. Einfacher wird es durch folgende Beobachtung: 1+i = 2eiπ/4 und 1 − i = 1 + i. Da z folgt z multiplikativ ist, gilt auch (1 − i)n = (1 + i)n . Also √ n+2 √ n n cos( π). (1 + i)n + (1 − i)n = 2Re((1 + i)n ) = 2Re( 2 einπ/4 ) = 2 4 Durch Fallunterscheidung nach dem Rest, den n bei Division durch 8 lässt, kann der Wert des Cosinus explizit bestimmt werden. Die Darstellung in komplexen Polarkoordinaten kann auch bei den anderen Formeln dieses Aufgabenteils angewendet werden und vereinfacht dort die Rechnung teilweise deutlich. (ii) Es gilt r = |z| und t ist das Argument von z (für Polarkoordinaten). 4i = 4eiπ/2 −3 = 3eiπ √ 1 + i = 2eiπ/4 √ √ 1 + 3 = (1 + 3)e0 √ (iii) Die Gleichung z n = reit hat in C exakt die Lösungen zk = n rei(t+k2π)/n für k = 0, . . . , n − 1. Damit ergeben sich für die Gleichung x3 = 1 = 1e0 die Lösungen √ √ 4π 2π 2π 2π 1 1 3 3 i, x2 = e 3 i = − − i x0 = 1, x1 = e 3 i = cos( ) + i sin( ) = − + 3 3 2 2 2 2 Analog finden wir für die Gleichung x4 = −2 = 2eπi die Lösungen √ 1/4 1 1 4 2e π i = √ +√ i, 4 4 2 2 √ 3/4 1 1 4 x1 = 2e π i = − √ +√ i, 4 4 2 2 √ 5/4 1 1 4 x2 = 2e π i = − √ −√ i, 4 4 2 2 √ 7/4 1 1 4 x3 = 2e π i = √ −√ i. 4 4 2 2 x0 = Aufgabe 2. Zeige für z1 , z2 ∈ C: (i) |z1 − z2 | ≥ ||z1 | − |z2 || (ii) |z1 + z2 |2 + |z1 − z2 |2 = 2(|z1 |2 + |z2 |2 ) Lösung. (i) Sei ohne Beschränkung der Allgemeinheit |z1 | ≥ |z2 | (Formel ist symmetrisch unter Vertauschung von z1 und z2 ). Dann gilt: ||z1 | − |z2 || = |z1 − z2 + z2 | − |z2 | ≤ |z1 − z2 | + |z2 | − |z2 | = |z1 − z2 | Diese Formel verwendet nur den Betrag auf C, der mit der euklidischen Norm auf R2 übereinstimmt und ist auch als umgekehrte Dreiecksungleichung bekannt. 2 (ii) Wir verwenden die Formel |u|2 = uu sowie die Additivität z + w = z + w der komplexen Konjugation: |z1 + z2 |2 + |z1 − z2 |2 = (z1 + z2 )(z1 + z2 ) + (z1 − z2 )(z1 − z2 ) = z1 z1 + z1 z2 + z2 z1 + z2 z2 + z1 z1 − z1 z2 − z2 z1 + z2 z2 = 2(z1 z1 + z2 z2 ) = 2(|z1 |2 + |z2 |2 ) Aufgabe 3. (i) Beschreibe die Teilmenge der komplexen Zahlen z, die jeweils die folgenden Bedingungen erfüllen: a) 1 < |3z + 4| < 2 b) |z − 1| < |z| c) Re(iz + 2) ≥ 0 d) |Re z| < |z| e) |z − 1| + |z + 1| = 3 f) |z| = Rez + 1 g) Im z − z1 = 0 (z 6= z2 ) z − z2 h) z − z1 = 0 (z 6= z2 ) z − z2 In den letzten beiden Teilaufgaben sind z1 , z2 ∈ C zwei feste, voneinander verschiedene komplexe Zahlen. (ii) Zeige, dass z1 , z2 , z3 ∈ C die Ecken eines gleichseitigen Dreiecks bilden, falls z1 + z2 + z3 = 0 und |z1 | = |z2 | = |z3 |. Re Lösung. (i) Im Folgenden wird die gesuchte Menge der Einfachheit halber als M bezeichnet. a) M ist ein offener Annulus um (−4/3, 0) mit innerem Radius 1/3 und äusserem Radius 2/3. 3 3 Im(z) 2 1 Re(z) -3 -2 -1 1 2 3 -1 -2 -3 b) M die offene rechte Halbebene M = {z : Re(z) > 1/2}. 3 Im(z) 2 1 Re(z) -3 -2 -1 1 2 3 -1 -2 -3 c) M die abgeschlossene untere Halbebene M = {z : Im(z) ≤ 2}. 4 3 Im(z) 2 1 Re(z) -3 -2 -1 1 2 3 2 3 -1 -2 -3 d) M = C r R. 3 Im(z) 2 1 -3 -2 -1 1 -1 -2 -3 e) M √ ist eine Ellipse mit horizontaler Halbachse 3/2 und vertikaler Halbachse 5/2 zentriert um den Ursprung 0. 5 3 Im(z) 2 1 Re(z) -3 -2 -1 1 2 3 -1 -2 -3 √ f) Für x = Re(z), y = Im(z) ist die gegebene Gleichung äquivalent zu x2 + y 2 = 2 x + 1. Durch Quadrieren erhält man die Gleichung y 2 = 2x + 1 bzw. x = y 2−1 . Beachte, dass dieses x für alle Wahlen von y grösser gleich −1 ist. Daraus folgt, dass auch die Gleichung vor dem Quadrieren schon gilt. 3 Im(z) 2 1 Re(z) -3 -2 -1 1 2 3 -1 -2 -3 g) Die Bedingung ist gerade äquivalent zu (z −z1 )/(z −z2 ) = α für ein α ∈ R, also α z −z1 = α(z −z2 ). Da z1 = 6 z2 folgt α = 6 1 und man erhält z = z1 + 1−α (z1 −z2 ). Dies ist gerade die Parametrisierung einer Geraden durch z1 und z2 ohne den Punkt z2 . 6 3 Im(z) 2 z1 1 Re(z) -3 -2 -1 1 2 -1 3 z1 -2 -3 h) Diesmal erhalten wir z − z1 = αi(z − z2 ) für ein α ∈ R. Da die Multiplikation mit i gerade die Drehung der komplexen Ebene um 90 Grad induziert, ist dies äquivalent dazu, dass die Vektoren z − z1 , z − z2 orthogonal zueinander sind (aufgefasst als Elemente von R2 ∼ = C mit dem üblichen Skalarprodukt). Nach dem Satz von Thales ist dies genau erfüllt für alle Punkte auf dem Kreis um den Mittelpunkt der Strecke von z1 nach z2 , der durch die beiden Punkte z1 , z2 geht. Wiederum muss der Punkt z2 selbst ausgenommen werden. 3 Im(z) 2 z1 -3 -2 1 -1 1 -1 2 3 z1 -2 -3 (ii) Sei ohne Einschränkung |z1 | = 1. Die Bedingung |z1 | = |z2 | = |z3 | impliziert, dass zi = eiθi für θi ∈ R. Durch Multiplikation der gesamten Ebene mit e−iθ1 können wir annehmen, dass z1 = 1. Da z1 + z2 + z3 = 0 ist, muss Im(z2√ ) = −Im(z3 ) = λ gelten. Für gegebenes λ wissen wir, dass |Re(z2 )| = |Re(z3 )| = 1 − λ2 gilt und gleichzeitig Re(z2 ) + Re(z3 ) = −1. Dies impliziert, dass beide Realteile negativ und deshalb identisch sein müssen. Es folgt sofort Re(z2 ) = Re(z3 ) = −1/2. Damit sind alle zi eindeutig bestimmt und liegen auf einem gleichseitigen Dreieck. 7