Fallbuch Pädiatrie - Beck-Shop

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REIHE, Fallbuch
Fallbuch Pädiatrie
85 Fälle aktiv bearbeiten
Bearbeitet von
Michaela Kreckmann
1. Auflage 2008. Taschenbuch. 328 S. Paperback
ISBN 978 3 13 136362 6
Format (B x L): 17 x 24 cm
Weitere Fachgebiete > Medizin > Klinische und Innere Medizin > Pädiatrie,
Neonatologie
Zu Inhaltsverzeichnis
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beginnend mit der kleinstmöglichen Dosis
ermittelt (Tagesdosis in der Regel ⬍ 1 mg/kg
KG). Zu den wichtigsten Nebenwirkungen
gehören Einschlafstörungen, Appetitlosigkeit und Tics. Es besteht keine Gefahr der
Suchtentwicklung. Im Gegenteil: das Suchtrisiko unbehandelter Patienten wird durch
die Stimulanzientherapie gesenkt. Als Alternative zu Methylphenidat kann Atomoxetin
eingesetzt werden, ein Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer. Das Wirkungs- und
Nebenwirkungsprofil entspricht dem des
Methylphenidats. Da Atomoxetin kein Stimulanz ist, unterliegt es nicht dem Betäubungsmittelgesetz. Andere Medikamente, die bei
Kontraindikationen bzw. abhängig von der
Symptomatik auch primär eingesetzt werden
können, sind Antidepressiva (z. B. Imipramin,
Desimipramin, Bupropion), Carbamazepin
und Clonidin.
nicht hinreichend, ist eine medikamentöse
Therapie indiziert. Psychostimulanzien (Methylphenidat, Amphetamin, Fenityllin u. a.)
werden am häufigsten eingesetzt. Durch Blockade des präsynaptischen Dopamin-Transporters steht wieder ausreichend Dopamin
zur Informationsübertragung zur Verfügung.
Methylphenidat ist das Medikament der 1.
Wahl, es unterliegt den BetäubungsmittelRichtlinien und darf nur auf BTM-Rezept verordnet werden (Methylphenidat hat dabei
kein eigenes Suchtpotential, wirkt aber in
Kombination mit „harten Drogen“ stimulierend). Kontraindikationen sind u. a. manifeste Psychosen, Herzrhythmusstörungen, Epilepsie, arterielle Hypertonie. Die Dosierung
und die Anzahl der täglichen Gaben richten
sich nach dem Behandlungsziel (Verminderung hyperkinetischer Symptome nur in der
Schule oder auch im familiären Umfeld?), die
individuelle Dosierung wird durch Titration
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Fall
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Akute, hämatogene Osteomyelitis
85.1 Ein Trauma schließt der Junge aus. Was
könnte sonst die Ursache der Beschwerden
sein? Wie gehen Sie nun weiter vor?
쐍 Mögliche Ursachen:
– phlegmonöse Hautinfektion; Begründung:
Rötung, Schwellung, Schmerzen, leichtes
Fieber
– Osteomyelitis; Begründung: Schmerzen, Fieber, fehlendes Trauma
– Arthritis; Begründung: Bewegungseinschränkung, Schmerzen, Schwellung, Fieber,
fehlendes Trauma
– Gut- oder bösartiger Knochentumor; Begründung: Schwellung, Schmerzen, fehlendes Trauma
– Leukämie; Begründung: Fieber, Schmerzen,
fehlendes Trauma
쐍 Weiteres Vorgehen:
– Stationäre Aufnahme des Patienten zur weiteren Abklärung
– Blutuntersuchung: Blutbild mit Differenzierung, CRP, BSG, LDH, Alkalische Phosphatase
– Röntgenbild des Fußes in 2 Ebenen
85.2 Ist die Angst der Mutter berechtigt? Geben Sie bitte einen kurzen Überblick über die
beiden häufigsten bösartigen Knochentumoren.
Differenzialdiagnostisch muss auch ein Knochentumor ausgeschlossen werden (s. Tab.). Allerdings
sind bösartige Knochentumoren sehr selten. Häufigere Ursachen wie z. B. Arthritis oder Osteo-
myelitis (Häufigkeit 3 bis 20/100 000 Einwohner/
Jahr) sind daher wahrscheinlicher.
85.3 Bitte beschreiben und deuten Sie die
Auffälligkeiten des Befundes! Welche Diagnose
stellen Sie nun? Müssen noch weitere Untersuchungen durchgeführt werden?
쐍 MRT-Befund: Im gesamten Tuber calcani fällt
eine starke Signalanhebung auf, die durch ein
Ödem des Knochenmarkes entsteht. Dieser Befund deutet auf eine beginnende Osteomyelitis
hin. Neben Anamnese (Schmerzen, akuter Beginn, fehlender Auslöser) und klinischem Untersuchungsbefund (leichtes Fieber, starke
Schmerzhaftigkeit schon bei Berührung,
Schwellung, Bewegungseinschränkung) sprechen auch die erhöhten Entzündungsparameter (Leukozytose, BSG- und CRP-Erhöhung) für
eine infektiöse Genese der Beschwerden. Eine
Raumforderung sowie eine Fraktur konnte im
Röntgenbild zuverlässig ausgeschlossen werden. Eine Osteomyelitis kann durch das unauffällige Röntgenbild allerdings nicht ausgeschlossen werden, da die typischen Veränderungen (gleichzeitiges Vorkommen von Osteolysen und Sklerosierungen, periostale Knochenneubildungen, Defekte in Spongiosa und
Kortikalis) bei dieser Erkrankung erst frühestens ab dem 5. Krankheitstag radiologisch
nachweisbar sind.
쐍 Weitere Untersuchungen: 2, besser 3 Blutkulturen vor Beginn der Therapie; bei Nachweis
von Eiter Aspiration
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Kreckmann, Fallbuch Pädiatrie (ISBN 9783131363626), 䊚 2008 Georg Thieme Verlag KG
Osteosarkom
Ewing-Sarkom
Definition
hochmaligner, spindelzelliger Tumor der knochenbilden- kleinzelliger, maligner Knochentumor
den Matrix
Epidemiologie
5/1 000 000 Kinder/Jahr; Altersgipfel 13,5 – 14,5 Jahre;
m⬎w
2/1 000 000 Kinder/Jahr; Altersgipfel
10 – 14 Jahre; m ⬎ w
Lokalisation
in 85% der Fälle Metaphysen der langen Röhrenknochen, meist Knieregion (distaler Femur, proximale Tibia), proximaler Humerus, Os ilium, selten Befall des
Stamms
I. d. R. von Diaphyse und Stammskelett
ausgehend; häufigste Primärlokalisationen sind Becken, Femur und Thoraxwand
Symptome
intermittierende Schmerzen und Schwellung, evtl. Rötung und Überwärmung, Funktionseinschränkungen
Schwellung, Schmerzen, lokale Entzündungszeichen, evtl. Leukozytose,
Anämie, Fieber, LDH-Erhöhung
Metastasierung
früh hämatogen in Lunge, Skelett
früh hämatogen in Lunge, Skelett, Knochenmark
Primärdiagnostik
Röntgenbild:
앫 Osteosarkom: Destruktionen, unregelmäßige Knochenneubildung, Spiculae (Infiltration der
umgebenden Weichteile), Codman-Dreieck (Periostabhebung)
앫 Ewing-Sarkom: mottenfraßähnliche Knochennekrosen, zwiebelschalenartige Verkalkungen
MRT: Tumorausdehnung
Labor: Erhöhung der LDH und AP (씮 Hinweis auf schlechte Prognose)
Knochenbiopsie: Diagnosesicherung
Staging
앫
앫
앫
앫
Thorax-Röntgen
Spiral-CT (Thorax)
Skelettszintigrafie
Ewing-Sarkom zusätzlich: Knochenmarkspunktion an 2 Stellen
außerhalb des Primärtumors mit Histologie, Zytologie und Molekularbiologie
Therapie
Kombination aus neoadjuvanter Chemotherapie, lokalchirurgischer Therapie und adjuvanter Polychemotherapie; Radiatio ohne Erfolg, da Osteosarkome nicht strahlensensibel sind
Kombination aus Chemotherapie, Radiatio und/oder chirurgischer Therapie
Prognose
5-Jahres-Überlebensraten 60%, schlechter bei Metastasierung
5-Jahres-Überlebensraten 60 – 70%,
schlechter bei disseminierter Erkrankung
85.4 Wie wird die Erkrankung behandelt?
쐍 intravenöse Antibiotikatherapie: Beginn als
kalkulierte Antibiotikatherapie mit einer gut
knochengängigen Antibiotika-Kombination
(z. B. Clindamycin), später Umstellung nach
Antibiogramm über 2 bis 4 Wochen
쐍 ggf. chirurgische Interventionen: Drainage,
Herdsanierung, Nekrosektomie
쐍 unterstützend Entlastung und Hochlagerung
der Extremität
쐍 Schmerztherapie
Kommentar
Definition: Unter einer Osteomyelitis versteht
man eine Infektion des Knochenmarkes und des
umgebenden Knochengewebes durch Bakterien oder seltener Pilze. Man unterscheidet dabei die akute (Krankheitsdauer ⬍ 14 Tage) von
der chronischen Verlaufsform (Krankheitsdauer ⬎ 14 Tage).
Ätiologie: Die Erregerinvasion in das Knochenmark erfolgt meist hämatogen, ausgehend von
z. B. Entzündungen im Nasen-Rachen-Raum,
Pneumonien oder Hautinfektionen, im Neugeborenenalter auch Nabelinfektionen. Eine Osteomyelitis kann auch posttraumatisch, z. B.
nach (offenen) Frakturen, Operationen oder
eingebrachten Fremdkörpern auftreten. Der
Hauptmanifestationsort ist die Metaphyse der
langen Röhrenknochen (v. a. Femur und Tibia),
seltener sind die Phalangen (3% der Fälle) betroffen. Auch an den Wirbelkörpern kann sich
eine Osteomyelitis manifestieren. Bis zum 2. Lebensjahr ist eine Osteomyelitis aufgrund beson-
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derer anatomischer Verhältnisse sehr häufig
mit einer eitrigen Arthritis vergesellschaftet. In
diesem Lebensalter hat die Epiphyse noch keine
Barrierefunktion, da sie von den gleichen Gefäßen versorgt wird wie die Metaphyse. Folge ist
die direkte Ausbreitung der Infektion von der
Metaphyse ins Gelenk.
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Das Erregerspektrum ist altersabhängig. Jenseits des Säuglingsalters werden Osteomyelitiden überwiegend durch Staphylokokken verursacht, gefolgt von Streptokokken Pneumokokken und Kingella kingae. Auch Pilze oder spezifische Erreger wie Mycobacterium tuberculosis
(v. a. bei Wirbelkörper-Osteomyelitiden) können gelegentlich als Verursacher identifiziert
werden. Hämophilus influenzae spielt seit Einführung der Hib-Impfung nur noch im Säuglingsalter eine Rolle. Bei Neugeborenen finden
sich zusätzlich auch die typischen Erreger der
Neugeborenensepsis (B-Streptokokken, E. coli),
bei Frühgeborenen lassen sich auch Koagulasenegative Staphylokokken, Pilze und gramnegative Erreger nachweisen.
Symptomatik: Lokale Entzündungszeichen wie
Rötung, Schwellung, Überwärmung mit Funktionseinschränkungen und Schmerzen müssen
an eine Osteomyelitis denken lassen. Begleitend können ein reduzierter Allgemeinzustand
und Fieber bis hin zur Sepsis-ähnlicher Symptomatik auftreten. Bei fortgeschrittenen oder
chronischen Verläufen mit periostalem Abszess
können auch Fistelbildungen zur Hautoberfläche beobachtet werden.
Im Neugeborenen- und Säuglingsalter ist die
Symptomatik oft weniger charakteristisch,
eventuell kann man eine Bewegungsarmut der
betroffenen Extremität beobachten, insbesondere bei begleitender septischer Arthritis. Passive Bewegungen bereiten Schmerzen. In 50%
der Fälle tritt die Osteomyelitis im Säuglingsalter multifokal auf.
Diagnostik:
쐍 Labor: CRP und BSG sind in der Regel deutlich
erhöht, eine Leukozytose findet sich nur in
etwa der Hälfte der Fälle, eine Linksverschiebung ist im Blutbild aber fast immer nachweisbar.
쐍 Keimnachweis: vor Beginn einer antibiotischen Therapie! Er gelingt in der Hälfte der
Fälle aus (2 – 3) Blutkulturen, höhere Erfolgsquoten verspricht der Erregernachweis aus
Punktionsmaterial. Eine Punktion sollte bei
Nachweis von Eiter, in jedem Fall bei Nichtansprechen der Therapie oder chronischen
Verläufen erfolgen.
쐍 Röntgenbild (obligat): zur Abgrenzung von
malignen Prozessen und Fraktur sowie zur
Verlaufskontrolle. In der Frühphase der In-
fektion kann das Röntgenbild aber oftmals
noch unauffällig sein, Veränderungen sind
frühestens nach etwa 5 Tagen sichtbar (bei
suffizienter und frühzeitiger Therapie können Veränderungen im Röntgenbild evtl. sogar ganz fehlen!).
쐍 Sonographie: besonders geeignet zur Frühdiagnose. Weichteilödem, subperiostale
Abszessbildung und eine ggf. begleitende
septische Arthritis sind damit gut darstellbar.
쐍 MRT: wegen hoher Sensitivität und Spezifität
Mittel der 1. Wahl zur Frühdiagnose. Das
Marködem der Frühphase und die Verdrängung des markhaltigen Knochenmarkes
durch entzündliches Exsudat sind zuverlässig darstellbar.
쐍 99mTc-Szintigraphie (fakultativ): Geeignet ist
sie aber besonders zum Nachweis multilokaler Herde.
Differenzialdiagnosen: Neben Trauma, (nichtseptischer und septischer) Arthritis, phlegmonöser Hautinfektionen müssen v. a. benigne
und maligne Knochentumoren ausgeschlossen
werden. Zu den häufigsten Knochentumoren
im Kindes- und Adoleszentenalter zählen das
Osteosarkom und Ewing-Sarkom (s. Tab.).
Therapie der akuten hämatogenen Osteomyelitis: Die Diagnose muss so früh wie möglich gestellt werden, um rasch mit einer suffizienten
Antibiotikatherapie beginnen zu können. Verzögerungen können den Übergang in eine chronische Osteomyelitis bedeuten und chirurgische Interventionen notwendig machen. Die
antibiotische Therapie gestaltet sich schwieriger und langwieriger als bei vielen anderen Infektionen, da nur wenige Antibiotika in den
Knochen penetrieren und dort ausreichende
Wirkspiegel erreichen können. Mittel der 1.
Wahl ist Clindamycin (40 mg/kg KG in 3 ED)
über 2 bis 4 Wochen. Wegen zunehmender Resistenz von Staphylococcus aureus kann Clindamycin mit Rifampicin (10 – 15 mg/kg KG in 1 ED)
oder Fosfomycin (3 ⫻ 50 – 80 mg/kg KG/d) kombiniert werden.
Als Alternative können Staphylokokken-wirksame Cephalosporine hochdosiert (z. B. Cefuroxim 150 – 200 mg/kg KG/d in 3 ED) als Monotherapie angewendet werden.
Im Säuglingsalter reicht Clindamycin wegen der
unzureichenden Wirksamkeit gegen Hämophilus influenzae und andere gramnegative Keime
nicht aus. Hier sind Kombinationen mit Cefotaxim oder Aminoglykosiden sinnvoll. Im Neugeborenenalter sollte wie bei einem Amnioninfektionssyndrom (s. Fall 69) behandelt werden.
Dabei muss die Knochengängigkeit der Medikamente mitbedacht und eine entsprechende Antibiotika-Kombination ausgewählt werden.
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Sollte ein Erregernachweis gelingen, muss die
antibiotische Behandlung entsprechend der Resistenzbestimmungen angepasst werden.
Je nach Verlauf kann auch eine chirurgische Intervention notwendig werden, um osteomyelitische Herde zu entlasten oder nekrotisches
Material zu entfernen. V. a. bei chronischen Verläufen muss eventuell eine Spüldrainage angelegt werden. Nicht selten sind mehrere Revisionen notwendig. Bei septischer Gelenkbeteiligung muss primär chirurgisch interveniert werden, um eine Entlastung des Gelenkes zu erreichen und bleibende Gelenkschäden zu verhindern. Unterstützend werden lokal kühlende
Maßnahmen, Entlastung bzw. Ruhigstellung
und Hochlagerung der betroffenen Extremität
sowie Analgetika angewendet.
Prognose: Die Prognose der akuten hämatogenen Osteomyelitis ist in der Regel gut, 80% der
Fälle heilen unter konsequenter antibiotischer
Therapie folgenlos aus. Bei Befall der Wachstumsfugen können Wachstumsstörungen der
betroffenen Extremität die Folge sein. Bei unzureichender antibiotischer Therapie ist ein Übergang in eine chronische Osteomyelitis mit Sequesterbildung und Fistelungen möglich.
ZUSATZTHEMEN FÜR LERNGRUPPEN
쐍 Osteomyelitis durch spezifische Erreger
쐍 Gutartige Knochentumoren
쐍 Chronisch rezidivierende multifokale
Osteomyelitis (CRMO)
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