Die Emotionalisierung von F&E-Mitarbeitern in der Innovationsfrühphase DISSERTATION der Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften sowie Internationale Beziehungen (HSG) zur Erlangung der Würde eines Doktors der Wirtschaftswissenschaften vorgelegt von Christoph Meister von Schaffhausen und Zürich Genehmigt auf Antrag der Herren Prof. Dr. Oliver Gassmann und Prof. Dr. Torsten Tomczak Dissertation Nr. 3971 Difo-Druck GmbH, Bamberg 2012 Die Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften sowie Internationale Beziehungen (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung der vorliegenden Dissertation, ohne damit zu den darin ausgesprochenen Anschauungen Stellung zu nehmen. St. Gallen, den 26. Oktober 2011 Der Rektor: Prof. Dr. Thomas Bieger Emotional Empathic Event Based on much of the folklore and applied literature, one often gets the impression that inventors or innovators have super-human creative heuristics or abilities to "walk on water" (Van de Ven and Hudson, 1985) I II Danksagung Die vorliegende Dissertation ist das Ergebnis meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Technologiemanagement der Universität St. Gallen (ITEMHSG). Diese intensive Zeit ermöglichte mir tiefe Einblicke, sowohl theoretisch wie auch praktisch, in das Thema des Innovationsmanagements. Die praxisorientierte Ausrichtung des ITEM-HSG förderte zahlreiche Projekte und Kontakte mit Partnern aus unterschiedlichen Industrien. Die Arbeit an der Schnittstelle zwischen Forschung und Praxis, bot ein fruchtbares Umfeld für die theoretische Auseinandersetzung mit relevanten wirtschaftlichen Problemstellungen. Meinem Doktorvater Prof. Dr. Oliver Gassmann bin ich für seine vorbehaltlose Unterstützung und Förderung zu tiefstem Dank verpflichtet. Durch seine Expertise, Diskussionen, Freiräume sowie seine Geduld, schuf er ein Umfeld welches es mir ermöglichte meine Dissertation erfolgreich zu verfassen. Ein spezieller Dank geht auch an Prof. Dr. Torsten Tomczak für die Übernahme des Koreferats sowie seine Unterstützung während meiner Zeit am Center for Innovation. Während meinen Jahren am ITEM-HSG durfte ich zahlreiche Kolleginnen und Kollegen kennenlernen, die mit ihren konstruktiven Diskussionen stets gewinnbringende Impulse für meine Arbeit lieferten. Ein spezieller Dank geht an Frau Marion Wolff und Frau Dr. Angela Beckenbauer, die mit ihren Ideen und intensiven Diskussionen die Grundlage für die vorliegende Arbeit schufen. Mein Kollege Peter Hürzeler begleitete mich während meiner gesamten Zeit in St. Gallen und war sowohl fachlich wie auch persönlich eine grosse Bereicherung. Meinen CFI-Kolleginnen Michaela Csik und Nadin Dörner danke ich für ihre Unterstützung in der schwierigen Schlussphase und Etienne Prodolliet für die Übernahme des Lektorats. Für die administrative und moralische Unterstützung geht ein besonderer Dank an Frau Ursula Elsässer, die stets einen reibungslosen Ablauf des Arbeitsalltags sicherstellte. Für ihren vorbehaltlosen Rückhalt und die lebenslange Unterstützung möchte ich mich auch bei meinen Eltern zu tiefst bedanken. Sie haben mir diese Entwicklung erst ermöglicht. Schliesslich danke ich auch Frau Katja Meister, ohne die ich diesen Weg nicht gegangen wäre. Christoph Meister Emotional Empathic Event III Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht ............................................................................................................. III Inhaltsverzeichnis .......................................................................................................... V Abbildungsverzeichnis ............................................................................................... VIII Tabellenverzeichnis ...................................................................................................... IX Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................. IX Zusammenfassung.......................................................................................................... X Management Summary ................................................................................................. XI 1 Einführung ................................................................................................................ 1 1.1 1.2 1.3 1.4 2 Theoretische Grundlagen ........................................................................................ 20 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 3 Selektion der Regisseure und Datensammlung........................................................... 88 Film-Crew als Innovationsteam .................................................................................. 91 Film als emotionale Sphäre......................................................................................... 91 Emotionalität am Beispiel der Filmproduktion .......................................................... 94 Zusammenfassung ...................................................................................................... 96 Determinanten der Emotionalisierung .................................................................... 98 5.1 5.2 5.3 5.4 6 Automobil AG: Projekt Inventionsgenerierung .......................................................... 61 VW: Projekt Moonraker ............................................................................................. 72 CEWE Color: Projekt CeWe-Fotobuch Software 4.6 ................................................ 81 Emotionalisierung in der Filmindustrie .................................................................. 88 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 5 Neuproduktentwicklung.............................................................................................. 20 Marktorientierung: Schnittstelle Marketing und F&E ................................................ 34 Emotionen im Neuproduktentwicklungsprozess ........................................................ 44 Kreativität und Crossvergenz im Neuproduktentwicklungsprozess ........................... 53 Referenzmodell für die Fallstudienanalyse................................................................. 57 Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen in der Industrie .............................. 60 3.1 3.2 3.3 4 Motivation ..................................................................................................................... 1 Forschungsdefizit .......................................................................................................... 3 Forschungsfrage und -design ........................................................................................ 8 Aufbau der Arbeit ....................................................................................................... 18 Faktorenspezifischer Fallstudienvergleich ................................................................. 98 Erfolgsfaktoren des Emotionalisierungsprozesses.................................................... 111 Adaption des Referenzmodells ................................................................................. 124 Zusammenfassung .................................................................................................... 126 Auslöser der Emotionalisierung ........................................................................... 127 IV 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 7 Gestaltungsmodell für Emotional Empathic Events ............................................. 137 7.1 7.2 8 Typologisierung von Emotionalisierungsprozessen ................................................. 127 Emotionalisierung durch Schock .............................................................................. 130 Emotionalisierung durch Verführung ....................................................................... 131 Emotionalisierung durch Durchdringung ................................................................. 133 Emotionalisierung durch Transformation ................................................................. 134 Zusammenfassung .................................................................................................... 136 Phasen der Emotionalisierung .................................................................................. 139 Propositionen für ein ganzheitliches Konzept .......................................................... 147 Implikationen ........................................................................................................ 161 8.1 8.2 8.3 8.4 Implikationen für die Management Theorie ............................................................. 161 Implikationen für die Management Praxis................................................................ 165 Grenzen der Arbeit.................................................................................................... 168 Ausblick .................................................................................................................... 169 9 Literaturverzeichnis .............................................................................................. 172 Anhang ........................................................................................................................ 185 Emotional Empathic Event V Inhaltsverzeichnis Inhaltsübersicht ............................................................................................................. III Inhaltsverzeichnis .......................................................................................................... V Abbildungsverzeichnis ............................................................................................... VIII Tabellenverzeichnis ...................................................................................................... IX Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................. IX Zusammenfassung.......................................................................................................... X Management Summary ................................................................................................. XI 1 Einführung ................................................................................................................ 1 1.1 1.2 1.3 Motivation ..................................................................................................................... 1 Forschungsdefizit .......................................................................................................... 3 Forschungsfrage und -design ........................................................................................ 8 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.4 2 Aufbau der Arbeit ....................................................................................................... 18 Theoretische Grundlagen ........................................................................................ 20 2.1 Neuproduktentwicklung.............................................................................................. 20 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.2 2.3 Marktorientierung im Neuproduktentwicklungsprozess ................................................. 34 Kundenorientierung und Kundenintegration im NPD-Prozess ....................................... 39 Emotionen im Neuproduktentwicklungsprozess ........................................................ 44 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.4 2.5 Innovationsprozess .......................................................................................................... 21 Frühe Innovationsphase ................................................................................................... 23 Inkrementelle vs. radikale Innovation ............................................................................. 26 Marktorientierung: Schnittstelle Marketing und F&E ................................................ 34 2.2.1 2.2.2 3 Forschungsziel ................................................................................................................... 8 Forschungsgegenstand ....................................................................................................... 9 Forschungskonzeption ..................................................................................................... 11 Forschungsmethodik........................................................................................................ 12 Definition der Emotion für die vorliegende Arbeit ......................................................... 45 Emotionen und Kundennutzen von Produkten und Innovation ....................................... 46 Emotionen und Kreativität .............................................................................................. 50 Emotionen und Leadership .............................................................................................. 52 Kreativität und Crossvergenz im Neuproduktentwicklungsprozess ........................... 53 Referenzmodell für die Fallstudienanalyse................................................................. 57 Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen in der Industrie .............................. 60 3.1 Automobil AG: Projekt Inventionsgenerierung .......................................................... 61 3.1.1 3.1.2 3.1.3 Projektumfeld .................................................................................................................. 61 F&E-Mitarbeiter .............................................................................................................. 64 Emotionale Kundenwelt .................................................................................................. 65 VI 3.1.4 3.1.5 3.2 VW: Projekt Moonraker ............................................................................................. 72 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5 3.3 Selektion der Regisseure und Datensammlung........................................................... 88 Film-Crew als Innovationsteam .................................................................................. 91 Film als emotionale Sphäre......................................................................................... 91 Emotionalität am Beispiel der Filmproduktion .......................................................... 94 Zusammenfassung ...................................................................................................... 96 Determinanten der Emotionalisierung .................................................................... 98 5.1 Faktorenspezifischer Fallstudienvergleich ................................................................. 98 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.1.4 5.1.5 5.2 5.3 5.4 Strategische Faktoren von Emotionalisierungsprojekten ................................................ 99 Prozessuale Faktoren von Emotionalisierungsprojekten ............................................... 100 Organisatorische Faktoren von Emotionalisierungsprojekten ....................................... 104 Personelle Faktoren von Emotionalisierungsprojekten ................................................. 105 Konklusion der vergleichenden Fallstudienanalyse ...................................................... 107 Erfolgsfaktoren des Emotionalisierungsprozesses.................................................... 111 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.5 6 Projektumfeld .................................................................................................................. 81 F&E-Mitarbeiter .............................................................................................................. 86 Emotionale Kundenwelt .................................................................................................. 86 Prozess der Emotionalisierung ........................................................................................ 87 Zusammenfassung ........................................................................................................... 87 Emotionalisierung in der Filmindustrie .................................................................. 88 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 5 Projektumfeld .................................................................................................................. 72 F&E-Mitarbeiter .............................................................................................................. 73 Prozess der Emotionalisierung ........................................................................................ 74 Emotionale Kundenwelt .................................................................................................. 76 Zusammenfassung ........................................................................................................... 79 CEWE Color: Projekt CeWe-Fotobuch Software 4.6 ................................................ 81 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4 3.3.5 4 Prozess der Emotionalisierung ........................................................................................ 67 Zusammenfassung ........................................................................................................... 70 Klare Strategie ............................................................................................................... 111 Enger Fokus ................................................................................................................... 114 Innovations-Akteure ...................................................................................................... 116 Emotionale Kundenwelt ................................................................................................ 120 Vermittlung der Emotionalen Kundenwelt.................................................................... 121 Adaption des Referenzmodells ................................................................................. 124 Zusammenfassung .................................................................................................... 126 Auslöser der Emotionalisierung ........................................................................... 127 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 Typologisierung von Emotionalisierungsprozessen ................................................. 127 Emotionalisierung durch Schock .............................................................................. 130 Emotionalisierung durch Verführung ....................................................................... 131 Emotionalisierung durch Durchdringung ................................................................. 133 Emotionalisierung durch Transformation ................................................................. 134 Emotional Empathic Event 6.6 7 Zusammenfassung .................................................................................................... 136 Gestaltungsmodell für Emotional Empathic Events ............................................. 137 7.1 Phasen der Emotionalisierung .................................................................................. 139 7.1.1 7.1.2 7.1.3 7.1.4 7.2 Initiierungsphase ........................................................................................................... 140 Vorbereitungsphase ....................................................................................................... 142 Umsetzungsphase .......................................................................................................... 144 Diffusionsphase ............................................................................................................. 146 Propositionen für ein ganzheitliches Konzept .......................................................... 147 7.2.1 7.2.2 8 VII Gestaltungsfaktoren für Emotional Empathic Events ................................................... 147 Zusammenfassung ......................................................................................................... 159 Implikationen ........................................................................................................ 161 8.1 8.2 8.3 8.4 Implikationen für die Management Theorie ............................................................. 161 Implikationen für die Management Praxis................................................................ 165 Grenzen der Arbeit.................................................................................................... 168 Ausblick .................................................................................................................... 169 9 Literaturverzeichnis .............................................................................................. 172 Anhang ........................................................................................................................ 185 VIII Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Relevante Literaturströmungen ................................................................ 4 Abbildung 2: Auswahl des Untersuchungsgegenstandes dieser Arbeit ....................... 10 Abbildung 3: Forschungskonzeption ............................................................................ 14 Abbildung 4: Aufbau der Arbeit ................................................................................... 19 Abbildung 5: Neuproduktentwicklungsprozess ............................................................ 23 Abbildung 6: Innovationsarten ..................................................................................... 28 Abbildung 7: Modell der Produktemotionalität ............................................................ 47 Abbildung 8: Klassifikation von Produktemotionen .................................................... 49 Abbildung 9: Der kreative Problemlösungszyklus ....................................................... 55 Abbildung 10: Referenzmodell der Emotionalisierung ................................................ 58 Abbildung 11: Innovationsprozess Zukunftsforschung ................................................ 63 Abbildung 12: Metatrends und Trendausprägungen .................................................... 66 Abbildung 13: Emotionale Zukunftswelten .................................................................. 67 Abbildung 14: Workshop Konzept ............................................................................... 70 Abbildung 15: Future Life Settings .............................................................................. 77 Abbildung 16: Konzeptstudie GX3 .............................................................................. 78 Abbildung 17: Quellen für Ideen bei CeWe Color ....................................................... 85 Abbildung 18: Selektion der relevanten Filmregisseure .............................................. 90 Abbildung 19: Adaptiertes Referenzmodell ................................................................. 97 Abbildung 20: Referenzmodell mit Gestaltungsdimensionen .................................... 110 Abbildung 21: Abschliessendes Referenzmodell ....................................................... 125 Abbildung 22: Typologien der Emotionalisierung ..................................................... 129 Abbildung 23: Phasen der Emotionalisierung ............................................................ 140 Abbildung 24: Auszug der Bewertungsmatrix Filmindustrie ..................................... 193 Emotional Empathic Event IX Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Erfolgsfaktoren radikaler Innovationen im Unternehmenskontext ............. 33 Tabelle 2: Methoden der Kundenintegration ................................................................ 42 Tabelle 3: Prozessuale Faktoren von Emotionalisierungsprozessen .......................... 103 Tabelle 4: Organisationale Faktoren von Emotionalisierungsprozessen .................... 106 Tabelle 5: Determinanten und Propositionen ............................................................. 160 Tabelle 6: Ausgewählte Regisseure ............................................................................ 193 Tabelle 7: Filmliste nach Box Office Sales ................................................................ 194 Tabelle 8: Filmliste nach gewichtetem Award Ratio.................................................. 195 Tabelle 9: Filmliste nach innovativer Technologie & Technik .................................. 196 Abkürzungsverzeichnis bzw. beziehungsweise F&E Forschung und Entwicklung FFE Fuzzy Front End HR Human Resource NIH Not Invented Here NPD Neuproduktentwicklung TFA Technologiefrühaufklärung v.a. vor allem z.T. zum Teil X Zusammenfassung Zusammenfassung Während die Emotionalisierung von Produkten in den Disziplinen Marketing und Design eine immer stärkere Bedeutung erfährt, bleibt die Produktentwicklung selbst weitgehend emotionsfrei. Gleichzeitig zwingen beschränkte Ressourcen Unternehmen immer mehr dazu, auch radikale Innovationen ausgerichtet auf den zukünftigen Kundennutzen zu entwickeln. Während bei inkrementellen Innovationen eine frühzeitige Kundenintegration in die F&E möglich ist, erschien dies in Bezug auf radikale Innovationen bisher als nicht geeignet. Durch die Reduktion auf seine Emotionen lässt sich der Kunde der Zukunft jedoch auf abstrakte Art und Weise abbilden. Es stellt sich daher die Frage, wie Emotionen in der frühen Phase radikaler Innovationsprojekte dazu beitragen können, effizient und effektiv neue Produktideen zu generieren. Aufgrund der mangelnden theoretischen Erkenntnisse untersucht die vorliegende Arbeit diese Frage anhand einer qualitativen Fallstudienanalyse aus der Automobil-, Film- und Fotoindustrie. Die Analyse konkreter Innovationsprojekte hat gezeigt, dass Unternehmen aus den genannten Industrien Möglichkeiten gefunden haben, emotionale Konzepte erfolgreich einzusetzen. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen auf, dass es mittels sogenannten "Emotional Empathic Events" gelingt, den Kunden der Zukunft in den Köpfen der F&E-Mitarbeiter zu konstruieren und zu verankern. Dabei werden vier unterschiedliche Emotionalisierungstypen unterschieden, die alle einem vierphasigen Emotionalisierungsprozess folgen. Es sind dies der "Schocker", der "Verführer", der "Durchdringer" und der "Transformator". Kern des Emotional Empathic Events stellt neben der eigentlichen Emotionalisierung, die zukünftige emotionale Kundenwelt dar. Indem die F&E-Mitarbeiter in die konstruierte Welt des Kunden hineinversetzt werden, wird die Identifikation mit dem Kunden der Zukunft ermöglicht. Durch die gezielte Nutzung des emotionalen Zustandes gelingt es, kundenfokussierte Ideen zu generieren. Die Arbeit relativiert die bisherige Annahme, dass eine Ausrichtung am zukünftigen Kundennutzen in radikalen und technologiegetriebenen Innovationsprojekten nicht möglich sei und gibt konkrete Handlungsempfehlungen, wie "Emotional Empathic Events" zu planen und umzusetzen sind. Emotional Empathic Event XI Management Summary While adding emotions to products is becoming ever more important in the field of marketing and design, emotions play no role in product development itself. Limited resources force companies to apply a clear focus on customer value even in radical innovation projects. As it is well known how customers can be integrated into the processes of incremental innovations, customer integration into radical innovation processes is not seen as an appropriate option. By reducing the future customer to his emotions, he can be described in an abstract manner. This is why the contribution of emotions in the early phase of innovation is a relevant field of enquiry. How can they help to develop radically new products in an efficient and effective way? Given scarce scientific and practical insights, this thesis applies a qualitative case study approach. Based on cases from the automotive, photo and movie industries the contribution of emotions is analyzed. The analysis of empirically observed innovation projects revealed that companies have found ways to successfully implement emotional concepts into radical R&D projects. The results show that by accomplishing so called "Emotional Empathic Events", future customers can be transferred into the heads of the R&D personnel. Thereby four distinctive types of emotionalization are discovered which all follow a four-phase process. The types are the "Shocker", the "Seducer", the "Penetrator" and the "Transformer". The Core of the "Emotional Empathic Event" is the emotional process itself as well as the customers emotional future life settings. By transferring R&D personnel into constructed emotional future life settings, they are able to identify themselves with the future customer. Making use of the emotional situation allows them to generate and develop customer oriented ideas. The present thesis puts existing assumptions into perspective that customer orientation is not appropriate in technologically driven radical innovation projects. The thesis gives concrete advice on how "Emotional Empathic Events" have to be planned and implemented. Emotional Empathic Event 1 1 Einführung 1.1 Motivation Unternehmen stehen den Herausforderungen von immer kürzeren Produktlebenszyklen, einer schnelleren Substituierbarkeit von neuen Produkten, einem stetig zunehmenden Wettbewerbs- und Kostendruck sowie der Konvergenz von zuvor unabhängigen Branchen und Industrien gegenüber. Dies führte in der Vergangenheit zur Erkenntnis, dass die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit sowie der wirtschaftliche Erfolg - insbesondere westeuropäischer Unternehmen - massgeblich von deren Innovationsfähigkeit abhängig sein wird. Aktuelle Studien zeigen klar auf, dass Innovation eine hohe Priorität in Bezug auf die strategischen Ziele einnimmt. Die jährlich durchgeführte Studie der Boston Consulting Group (BCG) zum Thema Innovation 2010 zeigt, dass eine Mehrheit der befragten Firmen (72%) das Thema Innovation als eine der Top 3-Strategieprioritäten sieht. Während kurz vor und auch während der Krise 2007 - 2009 die strategische Relevanz von Innovationen zurückging, zeigt der Trend nun wieder klar, Innovation ist ein massgeblicher Differenzierungsfaktor im Kampf um Marktanteile und die Eroberung neuer Märkte (BCG, 2010). Innovation ist zentral für die Sicherung des nachhaltigen Erfolges. Auch wenn die aktuelle BCG-Studie aufzeigt, dass Firmen nach der Krise vor allem inkrementelle Innovationen an bestehenden Produkten und Services favorisieren, haben andere Studien gezeigt, dass nicht inkrementelle, sondern radikale Innovationen (Kim und Mauborgne, 1997; Gassmann und Zeschky, 2007) zu überdurchschnittlichen Erträgen und hohen Gewinnmargen führen. Die Fokussierung auf inkrementelle Innovationen in den vergangenen Jahren ist im Zusammenhang mit der vorausgegangenen Wirtschaftskrise und den bestehenden Unsicherheiten in Bezug auf die nachhaltige Erholung der Weltwirtschaft zu sehen. Für Unternehmen stehen in Zeiten einer Krise oft eher die kurzfristige Gewinnsicherung und Risikominimierung im Vordergrund. Es zeigt sich jedoch, dass radikale Innovationen einen besseren Schutz durch gewerbliche Schutzrechte bieten als inkrementelle Weiterentwicklungen und somit den langfristigen Erfolg von Unternehmen durch eine temporäre quasi Monopolstellung sichern können. Daher hat die Aussicht auf höhere Erträge und besseren Schutz vor Wettbewerbern das Phänomen radikaler Innovation in den letzten zwei Jahrzehnten immer stärker in den Fokus der Wissenschaft gerückt. Obschon intensiv im Bereich radikaler Innovationen geforscht wurde, gibt es noch immer zahlreiche und teilweise auch unterschiedliche Definitionen oder Terminologien für 2 Einführung diese Art der Innovation. Auch ihre Entstehung wurde bisher noch nicht ausreichend erforscht. Radikale Innovationen stellen Unternehmen noch immer vor enorme Herausforderungen in den Bereichen Struktur, Kultur, Finanzierung sowie Organisation. Die zunehmende Verkürzung der Innovations- und Produktlebenszyklen sowie die Tatsache, dass Produkte heute sehr viel stärker als noch vor zehn Jahren mit branchenfremden Produkten in Konkurrenz stehen, erfordern eine konsequente Ausrichtung am zukünftigen Kundennutzen, um langfristig erfolgreich zu sein (Gassmann und Zeschky, 2007). Gerade der Kundennutzen ist jedoch bei radikalen Innovationen oft noch nicht oder nur schwer quantifizier- und identifizierbar. Erschwerend kommt hinzu, dass die F&E, als vielzitierte Quelle radikaler Innovationen, nicht über die geeigneten Kompetenzen und Ressourcen verfügt, um den Kundennutzen gezielt und adäquat zu identifizieren. Radikale Produktinnovationen gelten deshalb nach wie vor als stark technologiegetrieben. Bower & Christensen (1995) konnten an diversen Beispielen aufzeigen, dass radikale Produktinnovationen oftmals zuerst in Märkten Eingang finden, welche vom Unternehmen zuvor nicht beachtet und in den seltensten Fällen intensiv bearbeitet wurden. Zudem scheinen Funktionalitäten und Produkteigenschaften radikaler Produkte gegenüber expliziten Anforderungen bestehender Kunden und Märkte oftmals diametral verschieden zu sein. In der Vergangenheit waren radikale Innovationen für gewöhnlich stark technologiegetrieben (Bower und Christensen, 1995), da es vonseiten Marketing und Vertrieb oft an der notwendigen Weitsicht und Risikobereitschaft fehlte, um radikale Innovationen anzustossen. Dieses grundlegende Spannungsfeld zwischen Marketing und F&E scheint auch heute noch in einer Vielzahl westeuropäischer Firmen zu bestehen. Zu stark sind die historisch gewachsene Aufgabenteilung und das Rollenverständnis dieser beiden Gruppen. Dennoch ist gerade in Bezug auf die Entwicklung radikaler Produkt- und Serviceinnovationen sowie der Etablierung und Eroberung neuer Märkte ein aktives Zusammenspiel der verschiedenen Disziplinen ein zentraler Erfolgsfaktor. Erfolgreichen Firmen gelingt es, radikale Innovationen hervorzubringen durch das Etablieren von formalen und gelebten Prozessen zur Integration von Wissen über zukünftige Märkte und Kunden in die frühe Phase des F&E Prozesses. Die reine Etablierung formaler Prozesse ist jedoch noch keine Garantie für erfolgreiche Innovationsprojekte, wenn es nicht gelingt, dass diese Prozesse ihre notwendige Wirkung im Unternehmen entfalten können (O'Connor, 1998). Emotional Empathic Event 3 Es ist deshalb eine zentrale Herausforderung für Unternehmen, Prozesse zu etablieren, welche einen optimalen Wissenstransfer zwischen Marktforschung und F&E in der Frühphase radikaler Innovationen sicherstellen. Denn der Prozess der Ideengenerierung von alternativen, möglicherweise unvertrauten Produkt- und Applikationsideen, deren Vertiefung und letztendlich deren Evaluierung ist absolut erfolgskritisch (Van de Ven, 1986; O'Connor, 1998). Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich daher mit der Organisation und Gestaltung des frühen Innovationsprozesses für radikal neue Produkte sowie der dazu notwendigen prozessualen Konvergenz zwischen der emotionalen Marketingperspektive und rationalen F&E-Perspektive. Die konsequente Ausrichtung am Kundennutzen wird anhand des Zusammenspiels von Marktforschung, Marketing und F&E mittels des Konzepts der Emotionalisierung untersucht. Dabei wird berücksichtigt, dass zukünftige Kaufentscheidungen in allen Märkten entscheidend von Emotionen beeinflusst werden (Sweeney und Soutar, 2001). In dieser Arbeit wird aufgezeigt, dass es entscheidend ist, emotionale Konzepte bereits in die technologiedominierte Frühphase der Neuproduktentwicklung zu integrieren, um radikale Innovation effizient und effektiv zu entwickeln. 1.2 Forschungsdefizit Die vorliegende Arbeit ist innerhalb des strategischen Innovationsmanagements positioniert und beschäftigt sich im speziellen mit den Forschungsfeldern Innovationsmanagement, Neuproduktentwicklung (Innovationsfrühphase, radikale Innovation), Marktorientierung (Kundenorientierung, Kundenwert, wahrgenommener Nutzen), Emotionalität (Kundenemotionen, emotionales Produktdesign) sowie Kreativität (Ideengenerierung, konvergentes/divergentes Denken). 4 Einführung Emotionen Emotionalisierte Produktentwicklung Neuproduktentwicklung Kundenintegration Marktorientierung Abbildung 1: Relevante Literaturströmungen Eine besondere Beachtung findet dabei der Prozess der Diffusion von Wissen aus Marketing/Marktforschungswissen in die frühe Phase radikaler Innovationsprozesse sowie die Entwicklung emotionaler Produkte. Dabei handelt es sich nicht um ein eigenständiges oder geschlossenes Forschungsfeld, sondern um einen Schnittmengenbereich von Neuproduktentwicklung, Marktorientierung und Emotionalität. Vertreter aus jedem der zuvor genannten Bereiche beschäftigen sich mit der Thematik. Betrachtet man den Bereich der Diffusion von marktrelevantem Wissen zwischen Marketing und F&E, lassen sich verschiedene Defizite feststellen, die im Folgenden kurz skizziert werden. Obwohl die Unterschiede zwischen F&E und Marketing seit den 60er Jahren bekannt sind (Sherman, Berkowitz et al., 2005), lässt sich feststellen, dass sie grundsätzlich auch heute noch bestehen. Zahlreiche Studien zur Zusammenarbeit von Marketing und F&E wurden in den letzten 40 Jahren verfasst, wobei sich die Mehrzahl davon auf die funktionale Ebene der Zusammenarbeit bezieht. Die Literaturanalyse hat gezeigt, dass sich vorwiegend Vertreter aus der Marketingdisziplin mit der Thematik der Marktorientierung innerhalb der Neuproduktentwicklung beschäftigen. Ein Grossteil dieser Arbeiten behandelt Ansätze für eine stärkere Kundenorientierung durch Emotional Empathic Event 5 Methoden und Werkzeuge, Ansätze, um Bedürfnisse besser zu erheben oder mit der direkten Einbindung des Kunden in den NPD-Prozess. Die detaillierte Erhebung von Kundenbedürfnissen oder die direkte Einbindung von Kunden in radikale Innovationsprozesse wurde jedoch von verschiedenen Autoren als nicht sinnvoll bezeichnet. Eisert (2006) zeigt auf, dass gerade radikale Innovationen immer noch stark von Technologie und F&E getrieben sind. Marketing und Kunden werden jedoch bei inkrementellen Innovationen stark in die frühe Innovationsphase eingebunden (Souder, 1981). Im Forschungsfeld für radikale Innovationen gehen diverse Studien davon aus, dass auch die klassischen Marktforschungsmethoden nur beschränkt anwendbar sind, da sie Informationen erheben, welche von F&E-Mitarbeitern oftmals als unbrauchbar bewertet werden (Brockhoff, 1989). Dies deshalb, da für radikale Innovationen zuerst ein Markt aufgebaut werden muss und Kunden oft noch nicht bekannt sind. Konkrete Lösungsbeiträge werden jedoch keine aufgezeigt. Es wird akzeptiert, dass man für radikale Innovationen andere Prozesse, Strukturen und Informationen benötigt und dass eine Kundenintegration nur beschränkt möglich ist. Bestehende Ansätze zur Kundenorientierung in radikalen Innovationsprojekten bedingen ein erhebliches Mass an Ressourcen und erfordern von den Beteiligten ein hohes Fachwissen. Diese Ressourcen stehen in heutigen NPD-Projekten immer weniger zur Verfügung und die Möglichkeit, sich neben dem technologischen Fachwissen auch noch die notwendige Fachkompetenz zur Kundenorientierung anzueignen, fehlt zunehmend. Zusätzlich sind diese Kompetenzen in Unternehmen oftmals getrennt voneinander organisiert und die Schnittstellen und Interaktionen zwischen Marketing und F&E sind nicht systematisch im NPD-Prozess abgebildet. In den letzten Jahren wurden vermehrt wissenschaftliche Beiträge über die Vergeistigung und Emotionalisierung technischer Produkte publiziert, die sich jedoch zu einem Grossteil auf den Bereich des Produktdesigns beziehen und mehrheitlich innerhalb der Konsumgüterindustrie verankert sind. Innerhalb des klassischen Innovationsmanagements werden Designaspekte selten bereits in der frühen Phase berücksichtigt. Es stellt sich deshalb die Frage, wie emotionale Konzepte sowie hedonistische Aspekte bereits in die frühe Innovationsphase integriert werden können. Die Frage nach Ansätzen, die es F&E-Mitarbeitern ermöglichen, ohne den aufwändigen und langwierigen Prozess der direkten Kundeninteraktion deren langfristigen und latenten Bedürfnisse zu identifizieren. Solche werden bisweilen nur ansatzweise beschrieben. In Zukunft wird die konsequente Ausrichtung am Kundennutzen jedoch vermehrt von zentraler Bedeutung für den langfristigen Erfolg sein (Gassmann und Zeschky, 2007). Weiter besteht die Schwierigkeit, dass Kundenbefragungen in der Regel nur kurz- und mittelfristige Bedürfnisse 6 Einführung wiederspiegeln. Die Befragung über zukünftige, langfristige Bedürfnisse funktioniert daher zur Identifizierung von langfristigen Innovationspotentialen nicht. Unternehmen müssen sich deshalb den Fragen stellen, welchen Zweck sie mit ihren Produkten erfüllen wollen, welcher Mehrwert dadurch beim Kunden generiert werden soll und wie der relevante Kundennutzen adressiert werden kann. In Arbeiten zu Erfolgsfaktoren radikaler Innovationen finden sich verschiedene Ausprägungen in den Bereichen Kultur, Strategie und Struktur, welche nachweisen, dass Unternehmen einen starken Fokus auf zukünftige Märkte legen sollten und sich dabei der Differenzen zwischen Marketing und F&E bewusst sein müssen. Viele Erfolgsfaktoren wurden in der näheren Vergangenheit empirisch nachgewiesen (Chandy und Tellis, 2000; Christensen und Overdorf, 2000; Hermann, Tomczak et al., 2006; Hermann, Gassmann et al., 2007; Tellis, Prabhu et al., 2009), beziehen sich jedoch mehrheitlich auf eine funktionale oder individuelle Ebene. In der bestehenden Literatur fehlt ein Prozessbeschrieb, wie es Unternehmen gelingen kann, klassische und oft teuer erhobene Marktforschungsinformationen in die Frühphase radikaler Innovationsprojekte einfliessen zu lassen, um gezielt radikale Innovationen hervorzubringen. Dieses Forschungsdefizit wird im vorliegenden Dissertationsprojekt adressiert und geschlossen. 1998 hielt O'Connor, nach dem Studium radikaler Innovationsprojekte fest: "First there is a need to develop a tool to help R&D managers describe to senior management the benefits to the market of an innovation that does not depend on fabricated values of market potential." F&E Manager benötigen daher entweder eine verlässliche Methode, um den zukünftigen Kundennutzen bestimmen zu können, oder aber einen breit abgestützten systematischen Prozess, der die Wahrscheinlichkeit der Identifikation und Berücksichtigung von echtem Kundennutzen erhöht. Beschreibungen von Methoden und Prozessen für kundenorientierte radikale Innovationen fehlen bisher in der Literatur. Auch andere Beiträge weisen darauf hin, dass in zukünftigen Forschungsprojekten untersucht werden sollte, inwiefern Unternehmen mittels Kundenintegration erfolgreich radikale Produkte entwickeln können (Danneels, 2004). Emotional Empathic Event 7 Inputs aus der Praxis Der Impuls für die vorliegende Dissertation kam aus einem Praxisprojekt mit einem namhaften europäischen Automobilhersteller. Dabei stellte sich das praktische Problem der zielgerichteten Ideengenerierung für Produktideen 2020+. Ausgangslage war die Erkenntnis des Kooperationspartners, dass in vergangenen Projekten die Zusammenarbeit zwischen den im Unternehmen vorhandenen Bereichen wie Zukunftsforschung, Trendscouts, Vorentwicklung, Design und Marketing nicht effizient gestaltet war. Es stellte sich die Frage, wie es gelingen könnte, möglichst effizient langfristige und radikale Produktideen für Features im Automobilbereich zu generieren. Weitere Anhaltspunkte für die praktische Relevanz des vorliegenden Dissertationsvorhabens wurden in verschiedenen Interviews mit Technologie-, Marketing- und Businessdevelopment-Managern identifiziert. Es zeigte sich das Bedürfnis nach einer Neugestaltung der vorhandenen Schnittstellen zwischen Marketing und F&E, bedingt durch sinkende F&E Budgets, die fortschreitende Öffnung der Innovationsprozesse, immer kürzeren Innovationszyklen sowie der immer stärkeren Bedrohung durch Wettbewerber aus Fernost. Benötigt wird eine kundenorientierte Entwicklung von Produkt- und Serviceinnovationen, um sich langfristig vom Wettbewerb differenzieren zu können. Denn in Zukunft wird es nicht mehr ausreichen, sich über blosse Funktionalitäten, Preis und Leistung zu differenzieren. Daraus resultiert das Bedürfnis nach Prozessen, welche diese bisher oft getrennten Bereiche effektiv und effizient verbinden. Es stellen sich daher Fragen zur Rolle der beteiligten Bereiche, der Ausgestaltung zukünftiger Prozesse sowie des dafür notwendigen Kultur- und Selbstverständnisses. 8 Einführung 1.3 Forschungsfrage und -design 1.3.1 Forschungsziel Im Mittelpunkt der Dissertation stehen Überlegungen zur Initiierung, Planung sowie der Durchführung von Prozessen zur Emotionalisierung von F&E-Mitarbeiter in der Innovationsfrühphase von Projekten mit mittlerem oder radikalem Innovationsgrad. Ziel der Arbeit ist die Entwicklung eines konkreten Gestaltungsmodells, um emotionale Konzepte systematisch in die frühe Phase radikaler Innovationsprojekte zu integrieren. Es soll aufgezeigt werden, wie die frühe Innovationsphase ausgestaltet sein muss, um von Beginn an Ideen und Produkte zu entwickeln, die spezifisch auf die emotionalen Bedürfnisse der zukünftigen Kunden ausgerichtet sind. Die bisherige punktuelle Konvergenz von Marketing und F&E ist dazu nicht ausreichend. Daher soll zwischen der emotionalen (Marketing) und rationalen (F&E) Perspektive ein crossvergenter Zustand nach Kohli und Jaworski (1990) entwickelt werden. Die Arbeit will verantwortliche Projektleiter in die Lage versetzen, effektivere und effizientere Prozesse für die Generierung radikaler Ideen zu planen und durchzuführen. Gleichzeitig soll durch das zu entwickelnde Gestaltungsmodell ein Beitrag zur Erhöhung der Erfolgsrate bei der Ideengenerierung und -selektion, geleistet werden. Die Arbeit basiert auf der Annahme, dass Individuen in gewisser Weise strategische Vorgaben benötigen, um ihre kreativen Energien an den Unternehmenszielen ausrichten zu können. Dazu muss es gelingen Mitarbeiter zu inspirieren, zu ermutigen und nicht zuletzt auch zu führen, ohne dabei das Entstehen von radikalen Ideen zu unterdrücken (Mascitelli, 2000). Basierend auf der empirischen Untersuchung von drei Fallbeispielen aus der Praxis, sowie einer Studie über kreative Persönlichkeiten, werden die relevanten Parameter eines crossvergenten Emotionalisierungsprozesses identifiziert und beschrieben. Durch den Abgleich mit einem auf der relevanten Literatur basierenden Referenzmodell, werden Gestaltungs- und Handlungsfelder identifiziert, um in ein konkretes Gestaltungsmodell überführt zu werden. Dieses soll konkrete Handlungsempfehlungen für das Management solcher Prozesse liefern. Eine besondere Beachtung findet dabei die Dissemination von Marktinformationen in die F&E Abteilungen (Kohli und Jaworski, 1990). Ausgehend von der praxisrelevanten Suche nach Konzepten zur Generierung und Selektion der "richtigen" Ideen sowie der Forderung nach einer Entwicklung theoretischer Modelle für die führungsbezogene Unterstützung kognitiv-emotionaler Emotional Empathic Event 9 Prozesse bei betrieblichen Innovationen (Sternberg, 1999; Krause, 2004)1, richten sich die Forschungsaktivitäten an der folgenden zentralen Forschungsfrage aus: Wie trägt die Konvergenz der emotionalen und rationalen Perspektive in der Innovationsfrühphase zur Entstehung erfolgreicher Innovationen bei? Um sowohl den empirischen als auch den gestalterischen Teil dieser Arbeit an der übergeordneten Forschungsfrage auszurichten, wurden weitere Unterfragen definiert. Diese bilden die Basis für den Aufbau und die Gestaltung der einzelnen Teile dieser Arbeit. • Welche Formen der Konvergenz können in der frühen Phase des Innovationsprozesses identifiziert werden? Wie definiert sich das Konstrukt der Crossvergenz in diesem Zusammenhang? • Wie wird dabei die Verknüpfung der rationalen mit der emotionalen Perspektive von F&E gestaltet? • Welche Elemente sind für das Management der Frühphase crossvergenter Innovationsprojekte relevant? 1.3.2 Forschungsgegenstand Ausgerichtet auf die Umsetzbarkeit des Forschungsvorhabens sowie die formulierte Zielsetzung werden verschiedene Eingrenzungen vorgenommen. Damit wird sichergestellt, dass bei einer überschaubaren Anzahl von untersuchten Einflussfaktoren möglichst konkrete Gestaltungs- und Handlungsempfehlungen gemacht werden können. Bezogen auf den gesamten Innovationsprozess konzentriert sich die Arbeit auf die Aktivitäten ganz zu Beginn des Prozesses, die frühe Innovationsphase. Dabei wird die frühe Innovationsphase als ein klar abgrenzbarer Teil des gesamten Innovationsprozesses verstanden, welcher sich in verschiedenen Punkten von den 1 "Create a Modus Operandi for creative productivity as the main task/ challenge in the 21'st Century" (Sternberg,1999, S.50) "Darüber hinaus ist die Entwicklung theoretischer Modelle zu der Frage nötig, durch welche führungsbezogenen Massnahmen die kognitiv-emotionalen Prozesse der Beteiligten bei betrieblichen Innovationen unterstützt werden können". (Krause, 2004, S .77) 10 Einführung nachfolgenden Phasen unterscheidet. Die frühe Phase hat einen entscheidenden Einfluss auf den jeweiligen Erfolg eines Innovationsvorhabens. Bezug nehmend auf die verschiedenen Arten von Innovationen liegt der Fokus auf Produktinnovationen im B-to-C-Bereich. Die Aussagen sind somit nur begrenzt gültig für Prozess-, Serviceoder Geschäftsmodellinnovationen. Innerhalb des Feldes der Produktinnovationen wird die Forschungstätigkeit auf Innovationen mit mittlerem oder radikalem Neuheitsgrad eingeschränkt. Diese weisen sich durch signifikante Verbesserungen funktionaler Produkteigenschaften aus. Kontinuierliche Produktverbesserungen und weiterentwicklungen (sog. inkrementelle Produktinnovationen) liegen daher nicht im primären Fokus dieser Arbeit. Die Untersuchungsebene dieser Dissertation stellt der Ideengenerierungsprozess (das konkret durchgeführte Projekt) dar. Das Untersuchungsobjekt bezieht sich auf Produktinnovationen, das Untersuchungssubjekt ist der Produkthersteller. Somit sind Analyse und Handlungsempfehlungen immer aus Sicht des produzierenden Unternehmens oder Einheit zu verstehen. Eine Spezifizierung hinsichtlich einer bestimmten Branche ist aufgrund der Fokussierung auf den Ideengenerierungsprozess nicht zwingend, jedoch für die Vergleichbarkeit sinnvoll. Innerhalb des empirischen Teils wird deshalb ein Branchenschwerpunkt auf die Automobilindustrie gelegt. Ergänzend dazu folgen Beispiele aus der Foto- und Filmindustrie. Eine Eingrenzung aufgrund von Branchenspezifika hinsichtlich Dauer, Phasen, regulatorischen Eigenheiten oder Produktcharakteristika wird nicht vorgenommen. Dimension Ausprägungen Phase Innovationsprozesse Frühphase Entwicklung Test Kommerzialisierung Untersuchungsobjekt Produktinnovation Prozess Geschäftsmodell Sozial Innovationshöhe Inkrementell Markt Technologie Radikal Untersuchungsebene Produkt Prozess Projekt Unternehmen Untersuchungssubjekt Hersteller Zulieferer Wissenschaft Anwender Markt B2C Abbildung 2: Auswahl des Untersuchungsgegenstandes dieser Arbeit B2B Emotional Empathic Event 11 1.3.3 Forschungskonzeption Der vorliegenden Arbeit liegt das Verständnis der Betriebswirtschaft im Sinne einer angewandten Sozialwissenschaft zugrunde (Ulrich und Hill, 1976). Die Betriebswirtschaftslehre wird in diesem Zusammenhang als Führungs- und Managementlehre verstanden, welche sich mit den Problemen der Gestaltung, Lenkung und Entwicklung zweckgerichteter sozialer Systeme befasst (Ulrich, 1984). Die Komplexität des sozialen Systems „Unternehmung“ wird dabei anerkannt und der Standpunkt einer totalen Beherrschbarkeit aufgegeben. Denn als komplexes soziales System wird ein Unternehmen nicht nur durch Entscheidungen seiner Organe beeinflusst, sondern auch durch Veränderungen innerhalb der verschiedenen Umweltsphären (Dubs, Euler et al., 2004) und nicht zuletzt durch die einzelnen Individuen selbst, welche in die Unternehmensprozesse integriert sind. Als angewandte Sozialwissenschaft ist es für Forschungsvorhaben innerhalb der Managementlehre zentral, einen engen Kontakt mit der Praxis zu gewährleisten und einen Beitrag für die Lösung konkreter Probleme zu leisten. Die Problemstellung der Integration von zukünftigen Kundenbedürfnissen in die Ideengenerierungsphase radikaler Innovationsprozesse wurde bisher in der Literatur noch nicht ausreichend beschrieben. Aufgrund der Eigenheiten dieses Phänomens wird ein explorativer Forschungsansatz gewählt. Dadurch wird, basierend auf den Ergebnissen aus der Feldforschung, eine induktive Theoriebildung erlaubt. Der Fokus liegt dabei auf der Entdeckung von Korrelationen und Interrelationen beobachtbarer Phänomene im Kontext der zu erforschenden Situation. Dabei werden relevante Fragen aufgeworfen und Lösungsansätze erarbeitet, um das erforschte Phänomen zu beschreiben (Kromery, 1995). Neue Erkenntnisse werden somit aus der zugrunde liegenden Literatur gewonnen wie auch durch die Analyse der Daten aus der Feldforschung. Durch den steten Prozess des Verbindens und Trennens von Daten und Literatur findet Theoriebildung statt, um einen Beitrag an die existierende Literatur zu leisten. Dieser Arbeit liegt das Verständnis eines iterativen Lernprozesses zugrunde. Ausgehend von einem ersten theoretischen Verständnis werden Fragen an die Realität gestellt, die gemeinsam mit den Phänomenen und Problemen der Praxis die Basis der empirischen Datensammlung bilden. Aufbauend auf den empirischen Erkenntnissen kommt es zu einer kritischen Reflexion des gewonnenen Realitätsbildes und letztlich theorieseitig zu einer Differenzierung, Abstraktion und möglicherweise einem Perspektivenwechsel. All diese Schritte beeinflussen zusammen mit der Literaturanalyse das theoretische Verständnis und werden in einem iterativen Sinne 12 Einführung mehrmals durchlaufen (Kubicek, 1977; Tomczak, 1992; Gassmann, 1997; Van de Ven, 2007). Das leitende Motiv dieser Arbeit ist die Generierung und Vermittlung von praxisorientiertem Wissen. Der oben beschriebene iterative Prozess wird zur Ermittlung der Definition sowie eines Gestaltungsmodells für die Implementierung und Führung crossvergenter Prozesse in der frühen Innovationsphase radikaler Innovationsprozesse angewendet. 1.3.4 Forschungsmethodik Das Ziel ist die Beantwortung von Fragen bezüglich der Gründe für (wieso?) sowie der Gestaltung und Führung von (wie?) crossvergenten Prozessen innerhalb der frühen Innovationsphase. Ebenso ist es eine Zielsetzung, zentrale Elemente eines solchen Prozesses zu identifizieren (welche?), um letztendlich konkrete Handlungsempfehlungen daraus abzuleiten. Da der Bereich crossvergenter Prozesse bisher in der Literatur noch nicht ausreichend analysiert und betrachtet wurde, ist eine quantitative Überprüfung existierender Daten kein praktikabler Ansatz für die Beantwortung der Forschungsfrage. Eine Datenerhebung durch standardisierte Fragebögen ist aufgrund des interaktiven und auf verschiedenen Ebenen stattfindenden Prozesses ebenfalls nicht zielführend. Da die zu untersuchenden Prozesse einen aktuellen und gegenwärtig ablaufenden Untersuchungsgegenstand darstellen und durch den Forscher nicht oder nur bedingt beeinflusst werden können, wird die Fallstudienanalyse (Yin, 2009) als Forschungsmethode verwendet. Durchführung Die empirische Forschung wurde in den Jahren 2007 bis 2010 durchgeführt und gliedert sich in drei Phasen. Die erste Phase widmete sich der Identifikation der relevanten Problemstellung in der Praxis. Dazu wurde ein Arbeitskreis mit fünf produzierenden Firmen aus den Branchen Maschinenbau, Lichttechnologie und Messtechnik durchgeführt, der wertvolle Einblicke in die Organisation der Schnittstelle Marketing und F&E lieferte. Dabei zeigten sich auch konkrete Problemfelder, die neuer Lösungsansätze bedürfen. Die Unternehmen kamen alle aus dem deutschsprachigen Raum und gelten in ihrer jeweiligen Branche als führend im Bereich der Innovation. Innerhalb des Arbeitskreises wurden erste Lösungsansätze für konkrete Teilprobleme des in dieser Arbeit untersuchten Phänomens erarbeitet. Die Ergebnisse des Arbeitskreises sowie die darin geführten vertiefenden Gespräche mit Emotional Empathic Event 13 Vertretern des Management (Leiter der F&E-Abteilung sowie Business Units) führten zur Formulierung der Forschungsfrage und der Suche nach konkreten Fallbeispielen in der Praxis. In der zweiten Phase wurden drei relevante Branchen identifiziert, die sich aufgrund ihrer Charakteristika besonders stark auf den Kunden ausrichten und gleichzeitig ein hohes Mass an Emotionalität in ihren Produkten aufweisen. Innerhalb dieser Branchen wurde mittels verschiedener Ansätze untersucht wie F&E-Mitarbeiter während des Ideengenerierungsprozesses mit zukünftigen Kundenbedürfnissen in Kontakt gebracht werden. Identifiziert wurden die Automobilindustrie sowie die Fotoindustrie. Datenerhebungsmethoden waren Interviews, die Durchführung eines konkreten Praxisprojektes sowie die Untersuchung von Sekundärquellen. In einer dritten Phase erfolgte die Untersuchung von innovativen, kreativen und professionellen Filmregisseuren. Hollywood gilt als die westliche Filmstätte per se. Betrachtet man den Bereich von Emotionen muss man die visuellen Industrien zwingend berücksichtigen. In Kombination mit Musik bietet der Film als audiovisuelles Medium ein exemplarisches Beispiel dafür, wie Emotionen beim Betrachter konserviert und geweckt werden können. Die Filmindustrie ist daher geeignet, um Erkenntnisse über die Emotionalisierung von Mitarbeitern und Kunden zu gewinnen. In der zweiten Jahreshälfte von 2009 wurde diese Industrie tiefgehend untersucht, um daraus Erkenntnisse für die Managementpraxis ableiten zu können. Die ausgewählten Regisseure zeichneten bzw. zeichnen sich sowohl durch ihren kreativen und wirtschaftlichen Erfolg wie auch durch ihren Beitrag zur Entwicklung des Filmemachens aus. Regisseure wurden als Untersuchungsobjekt gewählt, weil sie die zentrale Rolle in Bezug auf Kreativität in der Filmindustrie spielen (Simonton, 2004). 14 Einführung Forschungsdesign Theoriebildung Entwicklung eines Prozessmodells ,um die Theorie zu studieren Entwicklung , Verfeinerung & Rechtfertigung der Theorie durch Abduktion, Deduktion und Induktion Kontaktiere Experten und Leute, die Zugang zu Informationen haben Modell Kontaktiere Experten in den relevanten Wissenschaftsdisziplinen und Funktionen Phasen 1+2 Kriterium - Wahrheit Kriterium - Validität 3 Fallstudien aus Industrie Lösung Impulse Adaption ProblemTransfer Theorie 1 Studie aus Filmbranche Problemlösung Kommunizieren, Interpretieren und Verhandeln der Ergebnisse mit dem Zielpublikum Kontaktiere Zielpublikum, um Bedeutung und Einsatzmöglichkeiten zu interpretieren Phase 3 Realität Problemformulierung Bestimmung, Ergründung, Diagnose und Bezug des Problems aus verschiedenen Perspektiven Kontaktiere Experten, die das Problem erlebt haben und kennen Kriterium - Relevanz Kriterium - Wirkung Quelle: in Anlehnung an Van de Ven (2007) Abbildung 3: Forschungskonzeption Datenerhebung und -auswertung: Phase 1 und 2 Die Methodik der Fallstudienanalyse erlaubt eine tiefgreifende Analyse aktueller Ereignisse aus einer ganzheitlichen und realitätsnahen Perspektive. Ausgehend von der Fallstudienanalyse wird in dieser Dissertation nicht nur ein Einzelfall betrachtet, sondern der Ansatz eines multiplen Case Designs verwendet. Mittels einer CrossCase-Analyse von drei Tiefenfallstudien werden Erkenntnisse und Muster eines erfolgreichen crossvergenten Innovationsprozesses identifiziert (Eisenhardt, 1989). Zusätzlich zu den drei Tiefenfallstudien werden in einer Studie zehn Filmregisseure vertiefend auf den Einsatz von Emotionalisierungsprozessen hin untersucht. Die daraus resultierenden Erkenntnisse werden in Form von Kurzfallstudien aufbereitet, welche unterschiedliche Aspekte des crossvergenten Prozesses hervorheben und damit das Verständnis der Thematik vertiefen. Kurzfallstudien, erhöhen durch ihre Nähe zur Praxis die Akzeptanz von Praxisvertretern und erleichtern die Memorisierung für den Leser (Tsoukas, 1994). In qualitativen Forschungsprojekten wird der analytische Prozess bestimmt durch einen ständigen Wechsel zwischen Datenerhebung und Datenanalyse. Die Emotional Empathic Event 15 Datenanalyse in den ersten beiden Phasen dieser Arbeit orientiert sich an den Richtlinien zur Theoriebildung mittels Fallstudien von Eisenhardt (1989). Auf Basis einer Literaturanalyse wird zuerst ein Referenzframework erstellt, anhand dessen die Untersuchung des vorliegenden Phänomens gestaltet wird (Eisenhardt, 1989; Miles und Huberman, 1994). Das Framework bildet die ausgewählten Hauptaspekte ab, welche innerhalb der Fallstudien untersucht werden sollen (Voss, Tsikriktsis et al., 2002). Das Framework beinhaltet sowohl prozessuale wie auch situative Elemente, welche für die Integration emotionaler Konzepte vorhanden sein sollten. Es dient damit als Grundlage für die Gestaltung und Auswertung der in den Fallstudien gesammelten Daten und richtet den Fokus auf die Hauptelemente der Gestaltung und Führung des Innovationssubprozesses. Gleichzeitig zeichnet das Referenzframework auch eine Struktur vor, anhand derer die Fallstudien vergleichbar gemacht werden. Für die qualitative Forschungsmethodik gelten Reliabilität und Validität als die Hauptkriterien für die Gültigkeit der Ergebnisse. Grundsätzlich existieren drei Hauptkriterien, anhand derer die Validität gemessen wird: (1) Konstruktvalidität, (2) interne Validität und (3) die externe Validität. Nach Yin (2009) kann die Konstruktvalidität erhöht werden, indem mehrere Quellen bei der Datenerhebung genutzt werden. Weiter sollten Beweisketten zwischen den gestellten Fragen, den gesammelten Daten sowie den daraus gezogenen Schlussfolgerungen und Entwurfsversionen der Fallstudien durch Schlüsselpersonen/ Informanten gebildet, überprüft und abgesegnet werden. Um die interne Validität von kausalen Zusammenhängen sicherzustellen, bedarf es eines seriösen (reliable) Prozesses für die Datenanalyse sowie ein ständiges Abgleichen der entstehenden Konzepte und Theorien mit der existierenden Literatur. Dadurch wird die Generalisierbarkeit der Ergebnisse gewährleistet. Zusätzlich wirkt sich die Methodentriangulation positiv auf das Konstrukt der internen Validität aus (Yin, 2009). Das Kriterium der externen Validität fordert eine Generalisierbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse. Einzelfallstudien können dennoch von erkenntnistheoretischem Mehrwert sein. Das dritte Kriterium fordert ebenfalls die Nachvollziehbarkeit und Wiederholung durch andere Wissenschaftler (Eisenhardt, 1989). Um die Validität der empirischen Untersuchung in den ersten beiden Phasen sicherzustellen, wurden verschiedene Informationserhebungsmethoden verwendet und verschiedene Informationsquellen genutzt (Methodentriangulation). Quellen empirischer Daten sind dabei; ausgewertete Projektunterlagen, durchgeführte mündliche Interviews, Datenbankrecherchen, die Analyse unternehmensinterner und externer Informationen (Projektunterlagen, Memos, Präsentationen) sowie 16 Einführung Presseberichte. Die Interpretation der Daten wurde durch nachträglich geführte Interviews sowie Expertengespräche überprüft. Um abzusichern, dass die grundlegenden Schritte des iterativen Forschungsvorgehens adressiert und durchgeführt werden, orientiert sich diese Arbeit an Van de Ven's Modell of "Engaged Scholarship" (2007). Das Modell bildet den zentralen Teil des Forschungsprozesses ab und bezieht sich auf die Konstrukte der Relevanz, Reliabilität, Validität, Wirkung und Kohärenz. Datenerhebung und -auswertung: Phase 3 Das Vorgehen der Untersuchung der Filmindustrie war wiederum in zwei Phasen gegliedert. In einer ersten Phase wurden die zu untersuchenden Objekte, sprich Regisseure, bestimmt. In einer zweiten Phase erfolgten die Datensammlung sowie deren Auswertung. Für die Studie wurden über 130 Interviews (schriftlich, audio und video) von ausgewählten Regisseuren ausgewertet. Bei diesen Interviews handelt es sich um Daten aus bereits vorhandenen Quellen und somit um eine reine Analyse von Sekundärquellen. Die Rohdaten für die Selektion der zehn erfolgreichsten und kreativsten Regisseure stammen mehrheitlich aus elektronischen Quellen wie Internetdatenbanken und offiziellen Homepages. Für die Bestimmung der Umsatzzahlen, den so genannten Box-Office-Sales (BOS), wurde die Datenbank von The Movie Times unter http://www.the-movie-times.com als Grundlage genommen, für nominierte und gewonnene Awards, diejenige der Internet Movie Database unter http://www.imd.com. Um die Korrektheit der Daten sicherzustellen, wurden stichprobenweise Abgleiche mit anderen Internetdatenbanken sowie den offiziellen Homepages der Auszeichnungsinstitutionen vorgenommen. Die anschliessende Auswertung der gesammelten Daten wurde anhand des Grounded Theory Approach nach Strauss und Corbin (Strauss und Corbin, 1998) ausgewertet. Der angewendete Ansatz erfordert eine simultane Auswertung und Sammlung der Daten. Durch das Auswerten von Beginn weg gewinnt der Forschende erste Erkenntnisse, welche ihn bei der weiteren Datenerhebung leiten. Durch das konstante und systematische Vergleichen der Daten mit der sich herauskristallisierenden Theorie wird sichergestellt, dass alle relevanten Aspekte des Untersuchungsthemas berücksichtigt werden (Corbin und Strauss, 1990). Die durchgeführte Studie basiert auf einer Analyse von ausschliesslich sekundären Quellen. Da die Interviews nicht selbständig durchgeführt wurden, besteht das Problem, dass weder die Köpersprache noch Reaktionen auf das jeweilige Umfeld beobachtet werden konnten. Um dieses Emotional Empathic Event 17 Problem zu adressieren, wurden mindestens zehn verschiedene Interviews pro Regisseur gesammelt und analysiert. Dabei wurde darauf geachtet, dass diese über einen längeren Zeitraum und verschiedene Interviewer verteilt waren. Der Prozess der Theoriebildung begann bereits vor der konkreten Datensammlung. Mit dem in den ersten beiden Phasen gewonnenen Wissen, dass Kreativität einen zentralen Stellenwert innerhalb des Innovationsmanagements hat, wurde bereits mit einer ersten Literaturanalyse begonnen. Basierend auf dieser wurde eine Industrie bestimmt, welche sowohl ein hohes Mass an Kreativität als auch an Emotionalität aufweist. Die Filmindustrie erfüllt beide Kriterien massgeblich. Als Untersuchungsobjekt wurden Regisseure gewählt, um einen optimalen Transfer der Erkenntnisse in die Unternehmenspraxis gewährleisten zu können. Somit entspricht die Forschungsmethodik nicht dem reinen Grounded Theory Approach, sondern wurde aufgrund der Integration in ein bestehendes Forschungsvorhaben adaptiert. Nachdem die ersten Interviews gesammelt worden waren, wurde eine Line-by-LineAnalyse durchgeführt. Den Regeln des Open Coding (Corbin und Strauss, 1990) folgend, wurde jedes Interview analysiert und auf Hinweise für Kreativität und Emotionen innerhalb des Entstehungsprozesses von Filmen untersucht. Erkenntnisse wurden umgehend in Memos und Interviewausschnitten festgehalten und erste Kategorien gebildet. Das folgende Interview wurde dann wiederum auf dieselbe Art und Weise analysiert, wobei die bereits gebildeten Kategorien bestätigt, ergänzt oder verworfen wurden. Insgesamt wurden über 800 Statements als relevant befunden und konnten während des Analyseprozesses auf 10 Haupt- und 30 Subkategorien verdichtet werden. Um die Glaubwürdigkeit der Ergebnisse zu erhöhen, wurden die Interviews durch einen zweiten Reviewer2 im selben Verfahren noch einmal analysiert. Die zweite unabhängige Analyse resultierte in 23 Kategorien, welche allesamt durch die Ergebnisse der ersten Analyse bestätigt werden konnten. Das entspricht einer Übereinstimmung von 57%. 2 BA-Student ohne thematische Vorkenntnisse 18 Einführung 1.4 Aufbau der Arbeit Die Arbeit gliedert sich wie folgt: Kapitel 2 illustriert die theoretischen Grundlagen für die Etablierung von Emotionalisierungsprozessen im Unternehmenskontext. Dabei wird das Thema Emotionalisierung aus den Perspektiven der Neuproduktentwicklung, des Marketings sowie der Psychologie betrachtet und in ein Referenzmodell überführt. Emotionen betreffen alle Bereiche menschlicher Interaktionen und somit auch diverse Strömungen der Managementliteratur. Deshalb wird in diesem Kapitel die Eingrenzung der Thematik auf die frühe Innovationsphase vorgenommen. Kapitel 3 gibt Einblick in das Phänomen der Emotionalisierung aus der Perspektive der Praxis. Dazu werden drei Tiefenfallstudien von Emotionalisierungsprozessen in ausgewählten Industrieunternehmen präsentiert. Die gewonnenen Erkenntnisse aus dem Prozess der Referenzmodellerstellung sowie den Fallstudien werden in Kapitel 4 durch "Lessons learned" aus der vertieften Analyse von professionellen Kreativen der Filmbranche angereichert und verglichen. Kapitel 5 illustriert die Analyse sowie die Erkenntnisse der Fallstudien. Dabei werden generelle Rahmenbedingungen und Determinanten von Emotionalisierungsprozessen identifiziert und vorgestellt. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse führen letztlich zu einer Adaption des ursprünglichen Referenzmodells. Aufbauend auf der Fallstudienanalyse werden in Kapitel 6 vier verschiedene Typen von Emotionalisierungsprozessen identifiziert und beschrieben und in Kapitel 7 ein Gestaltungsmodell mit konkreten Handlungsempfehlungen für das Management von Emotionalisierungsprozessen präsentiert. Dabei werden Propositionen zu konkreten Gestaltungsfaktoren abgeleitet, um ein ganzheitliches Konzept der Emotionalisierung zu entwickeln. In Kapitel 8 werden theoretische und praxisrelevante Implikationen für die Etablierung und Führung von Emotionalisierungsprozessen im betrieblichen Umfeld abgeleitet. Abschliessend erfolgt eine kritische Würdigung der vorliegenden Forschungsarbeit, gefolgt von einem Ausblick auf relevante Trends innerhalb des Feldes der Emotionalisierung. 19 1 Motivation und Forschungsziel Forschungsdefizit Forschungsfrage und -design Aufbau der Arbeit Emotionen im NPD-Prozess Referenzmodell Theoretische Grundlagen 2 Neuproduktentwicklung Marktorientierung Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen in der Industrie 3 Automobil AG VW CeWe Color Erfolgsfaktoren des Emotionalisierungsprozesses Adaptiertes Referenzmodell 4 Empirische Analyse Emotionalisierung in der Filmindustrie Referenz-modell Einführung Theoretische Grundlagen Emotional Empathic Event Filmregisseure 5 Fallstudienvergleich Auslöser und Gestaltungsmodell der Emotionalisierung 6 Typen der Emotionalisierung Emotional Empathic Event Propositionen Kritische Würdigung Ausblick Zusammenfassung 7 Implikationen Abbildung 4: Aufbau der Arbeit Implikationen und Lösungsvorschläge Determinanten der Emotionalisierung 20 Theoretische Grundlagen 2 Theoretische Grundlagen Aufgrund der unter Kapitel 5 beschriebenen Forschungsziele werden die folgenden Forschungsfelder (inkl. ihrer Teilgebiete) als relevant erachtet: (1) Neuproduktentwicklung mit einem Fokus auf den Prozess und die Erfolgsfaktoren der Innovationsfrühphase (Fuzzy Front End) von radikalen Innovationen. (2) Marktorientierung mit einem Fokus auf den Einfluss des vom Kunden wahrgenommenen Mehrwerts. Ausgehend von Marktorientierung als Makroebene werden Kundenorientierung und Kundenintegration im Speziellen betrachtet. Insbesondere wird das Zusammenspiel von Marketing und F&E im Neuproduktentwicklungsprozess betrachtet. Dabei liegt der Fokus auf der Identifikation bestehender Problemfelder und deren Lösungsansätzen, um im Unternehmen oder Markt vorhandene Daten in den NPD-Prozess einzubinden. (3) Emotionalität mit Fokus auf den Einfluss von Emotionen im Entscheidungsverhalten des Kunden sowie bei der Generierung radikaler Produktideen. Im Zentrum steht dabei die Konvergenz der rationalen mit der emotionalen Perspektive und deren Bezug zu weiteren Themenbereichen. Die Aufarbeitung der bestehenden Literatur dient dazu, die für diese Arbeit relevanten Strömungen und Forschungsfelder zu durchleuchten und den theoretischen Bezugsrahmen zu bilden. Dabei werden auch der Arbeit zugrundeliegende Definitionen entwickelt. 2.1 Neuproduktentwicklung Unter dem Forschungsfeld Neuproduktentwicklung (NPD) verstehen sich jegliche Fragestellungen zu den Gebieten Strategie, Eigenheiten, Prozess und Aktivitäten bei der Erstellung und erstmaligen Vermarktung neuer Produkte, Services oder Dienstleistungen. Es umfasst sämtliche Themengebiete von der Strategie über die Forschung und Entwicklung, die Vermarktung bis hin zu Organisation, Finanzierung und Controlling der relevanten Aktivitäten (Albers und Gassmann, 2005). Im Allgemeinen ist die Neuproduktentwicklung die zentrale Aktivität, um sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz zu erarbeiten. Sie stellt daher das Mittel dar, um mittels Diversifikation, Adaption und Neuerfindung bestehende oder latente Marktbedürfnisse und technische Anforderungen zu erfüllen (Zeschky, 2009). Emotional Empathic Event 21 2.1.1 Innovationsprozess Sowohl in der Theorie als auch in der Praxis nimmt der Innovationsprozess eine dominante Stellung innerhalb des Innovationsmanagements ein, da er alle Aufgaben umfasst, die der Führung, Planung und der Kontrolle dienen (Trommsdorff 1990; in Eisert, 2006). Als Prozess wird hierbei verstanden: die inhaltliche und sachlogische Folge von Funktionen und Tätigkeiten welche darauf abzielen ein bestimmtes Objekt oder Produkt mit bestimmten Spezifikationen und Ausprägungen zu erschaffen. Innovationsprozesse sind Problemlösungsprozesse, in deren Verlauf verschiedene Entscheidungen getroffen werden müssen. Sie haben deshalb grundsätzlich die Form einer räumlichen und zeitlichen Aufgabenabfolge (Tatarczyk, 2009). Obschon die grundsätzliche Phasensegmentierung des Innovationsprozesses spätestens seit der Etablierung des "Stage-Gate Prozesses" durch Cooper (1990) mit dem Prozessdenken der Managementlehre in Übereinstimmung gebracht wurde, ist ein solches Denken nicht ganz unproblematisch. Verschiedene Autoren aus der Problemlösungs-, Kreativitäts- und Innovationsforschung weisen darauf hin, dass ein striktes Phasendenken dem Innovationsprojekt seinen iterativen Charakter abspricht. Die strikte und formalisierte Trennung von räumlichen und zeitlichen Aufgabenabfolgen ist deshalb stets situativ und in Abhängigkeit des jeweiligen Kontextes zu sehen. Dennoch ist eine Phasenbetrachtung sinnvoll, da sie durchaus hilfreich für die Darlegung und das theoretische Verständnis sein kann (Neubauer, 2000). Im Gegensatz zu verschiedensten Definitionen des Innovationsprozesses herrscht eine grundlegende Übereinstimmung darin, welche generellen Inhalte und Prozessschritte einen Innovationsprozess definieren. Es findet sich aber weder in der Praxis noch in der Literatur ein einheitlicher oder „richtiger“ Ablauf. Die vorhandenen Ansätze unterscheiden sich vor allem in Bezug auf die Dauer oder die verschiedenen Phasen, welche den Innovationsprozess definieren. Albach (1994) unterteilt den Innovationsprozess in 12 Phasen, Gruner (1997) in sechs Phasen und Herstatt und Verworn (2003) unterteilen ihn in fünf3. Allen den genannten Ansätzen gleich ist die Zeitspanne innerhalb des Produktlebenszyklus, welche als Innovationsprozess gilt. Demnach wird der Prozess von der Ideenfindung über die Entwicklung bis zur Markteinführung und dem erfolgreichen Bestehen des Produktes im Markt als Produktinnovationprozess verstanden. Die zentralen und übergreifend akzeptierten 3 Albach (1994) unterteilt in; Umfeldanalyse, Ideensuche, Invention, technische Machbarkeit, Entwicklung, Prototypen-Test, ökonomische Rahmenbedingungen, Prozessplanung, Fertigungstest 1, Bewilligung, Lancierung im Markt. Gruner (1997) unterteilt in: Ideenfindung, Produktkonzept, Projektdefinition, Konstruktionsentwurf, Prototypenerstellung, Markteinführung. Herstatt (2003) unterteilt in: Ideenphase, Konzeptphase, Entwicklungsphase, Testphase, Vermarktungsphase. 22 Theoretische Grundlagen Phasen des Innovationsprozesses sind: die frühe Innovationsphase, die eigentliche Entwicklung sowie die Markteinführung. Als Hauptphasen werden dabei die frühe und späte Phase verstanden, wobei die frühe Phase vor allem die Entwicklung von der Idee zum Konzept beinhaltet und die späte Phase die effektive Umsetzung und Materialisierung des Konzeptes zum Ziel hat. Die dritte Phase beinhaltet die Einführung und Durchsetzung der Innovation am Markt. Bezugnehmend auf den Innovationsprozess als Problemlösungsprozess entsprechen die drei zuvor genannten Phasen den Prozessschritten, Problemerkenntnis (unbefriedigende Situation) / Problemklärung / Lösungssuche / Lösungsselektion / Umsetzung und Nutzung der Lösung (Geschka und Lantelme, 2005; Tatarczyk, 2009). Jede dieser Phasen kann sich, je nach Branche und unternehmensspezifischen Gegebenheiten, in eine Vielzahl von weiteren Unterphasen aufteilen. Gleichzeitig ist der Phasenverlauf nicht zwingend sequentiell gebunden, sondern kann je nach Erkenntnisstand diverse Rückkoppelungen beinhalten oder das Auslassen bestimmter Prozessschritte erlauben. Vahs und Burmester (1999) verweisen darauf, dass eine zu starke Ausdifferenzierung des Innovationsprozesses in den meisten wissenschaftlichen Beiträgen bewusst ausgeblendet wird, um eine Generalisierbarkeit der Erkenntnisse sowie die Flexibilität im Innovationsprozess gewährleisten zu können. Zur Visualisierung des grundsätzlichen Innovationsprozesses wird oft das so genannte Trichtermodell (vgl. Abbildung 5) verwendet, welches die Eigenheiten der drei Hauptphasen graphisch abbildet. Während die frühe Innovationsphase offen, locker oder chaotisch (Cheng und Ven, 1996) gestaltet ist, nimmt der Strukturierungsgrad entlang der Zeitachse stetig zu. Sowohl in der Literatur wie auch in der Praxis herrscht Einigkeit darüber, dass zwischen den verschiedenen Phasen adäquate Filter oder Gates eingeschoben werden müssen. Diese dienen der Steuerung des Prozesses, da sie klare Entscheidungssituationen repräsentieren. Dazu gehören Tätigkeiten wie Ideenselektion, Projektreview, Investitionsentscheidungen oder die Definition von Produkteigenschaften. Emotional Empathic Event 23 Suchfeldanalyse Früh aufklärung / Filter & Gates Out-side In Produkt Inside-out Frühe Innovationsphase Entwicklung Markt Unterstützende Tätigkeiten (Controlling, Marketing, Qualitätsmanagement) Quelle: in Anlehnung an Gassmann & Kobe 2001 Abbildung 5: Neuproduktentwicklungsprozess 2.1.2 Frühe Innovationsphase Obwohl über die Aktivitäten innerhalb der frühen Innovationsphase seit einigen Jahrzehnten in generischer Art und Weise geforscht wurde, rückte die frühe Phase erst in den 90'er Jahren in den Fokus der Wissenschaft und Praxis. Populär wurde der Begriff Fuzzy Front End (FFE) durch den Beitrag von Smith und Reinertsen 1991 (Reid und Brentani, 2004). Weitere Bezeichnungen, welche man in der einschlägigen Literatur findet, sind "Projektvorphase", "Vorentwicklungsprojekte", "predevelopment", "pre-project activities", "Front End Innovation Process" oder "prephase 0" (Koen, Ajamian et al., 2001; Tatarczyk, 2009). Letztere Bezeichnung weist darauf hin, dass konkrete Projekte oft erst als solche wahrgenommen werden, wenn zuvor ein formeller Entscheid zur Durchführung getroffen wurde und ein entsprechender Projektrahmen vorhanden ist. Ist dies nicht der Fall, werden wohl Themen als interessant erachtet, jedoch nicht weiterverfolgt. Ohne klaren Projektauftrag und zugesprochene Ressourcen gehen sie im Alltagsgeschäft unter. Den Bezug zu formellen Entscheiden als Abgrenzungskriterium nimmt in der Literatur die Grosszahl der Beiträge auf, um die frühe Phase zu markieren. Während der Beginn der frühen Phase sehr viel schwieriger abzugrenzen ist (Verworn, 2005), bildet der Entscheid über die Weiterentwicklung des vorhandenen Konzeptes (in einem konkreten Neuproduktentwicklungsprojekt) normalerweise das Ende der frühen Phase. 24 Theoretische Grundlagen Die in dieser Arbeit verwendete Abgrenzung der frühen Phase orientiert sich an den in der Literatur beschriebenen Elementen und definiert sich wie folgt: Die frühe Phase des (Produkt-) Innovationsprozesses umfasst alle Aktivitäten, die von sich ergebenden Opportunitäten bzw. der Generierung erster Ideen bis zur Definition eines neuen Produktkonzeptes reichen. Die Go / No Go Entscheidung zur Umsetzung des Konzeptes und somit der Aufnahme in den eigentlichen Neuproduktentwicklungsprozess stellt ihren Abschluss dar. Die Aktivitäten in der frühen Phase können verschiedene Teilprozesse umfassen, die nicht zwingend in einer sequentiellen und räumlichen Abfolge zu einander stehen müssen. Es wird deshalb in der deutschsprachigen Literatur teilweise auch von den "frühen Phasen" gesprochen (Herstatt und Verworn, 2003; Verworn, 2005). Der Begriff frühe Phase wird in dieser Arbeit demjenigen der frühen Phasen gleichgestellt. Der im angelsächsischen oft verwendete Begriff des Fuzzy Front End (FFE) wird im Sinne von Koen et. al. (2001) verwendet. Koen et al. verweisen darauf, dass das Fuzzy oft den Charakter von etwas Mystischem vermittelt, das weder plan- noch steuerbar wäre. Da dies jedoch nicht generell so ist und sich auch die frühe Phase durchaus steuern lässt, verwenden sie den Begriff des Front End of Innovation (FEI). Der Begriff des FFE ist jedoch sehr viel weiter verbreitet als jener des FEI. Daher wird in dieser Arbeit FFE als Abkürzung für die frühe Innovationsphase verwendet. Typische Aktivitäten wie die Ideengenerierung, Ideenaufbereitung und die Ideenauswahl stehen in der frühen Innovationsphase im Vordergrund (Wahren, 2004). Dabei geht es um Aufgaben der Eingrenzung des Suchraums (Identifikation, Beschreibung, Bewertung und Auswahl von Feldern, in denen Produktideen identifiziert werden sollen), der Identifikation von Ideen (Identifikation von Eigenschaftskriterien für Ideen, Finden und Generieren von Ideen und erste Auswahl) sowie der Ideengestaltung und -auswahl (Ausarbeitung der Idee zum Konzept, dessen Bewertung und endgültige Auswahl) (Meyer, 2001). Weitere Charakteristika des FFE ergeben sich faktisch daraus, dass die frühe Phase der Entwicklung von Neuprodukten üblicherweise mit einem hohen Neuigkeitsgehalt bezüglich des zu entwickelnden Produktes als auch des bestehenden Know-how in einem Unternehmen einhergeht. Daraus ergibt sich, dass die Aktivitäten oftmals einen eher chaotischen und experimentellen Charakter aufweisen und sich die eigentlichen Erkenntnisgewinne und Inventionen nicht oder nur schwer steuern lassen. Es wird in der Literatur davon ausgegangen, dass es als positiv zu bewerten ist, wenn die frühe Phase ein hohes Mass an Interdisziplinarität aufweist. Eine solche wiederum führt dazu, dass Verantwortlichkeiten und Vorgaben oft unklar sind und sich durch individuelle Emotional Empathic Event 25 Zielsetzungen der Beteiligten, Interessenskonflikte ergeben können. Die frühe Innovationsphase ist hoch dynamisch, zeichnet sich durch häufig zu fällende Ad-hocEntscheide aus und weist üblicherweise kaum definierte Prozesse auf. Kennzeichnend ist zudem ein hoher Grad an Unsicherheit in Bezug auf Technologien, Märkte, Ressourcenbedarf, Strategiekonformität (Company fit) und die internen Fähigkeiten (Kim und Wilemon, 2002). Bedeutung der frühen Innovationsphase Der frühen Innovationsphase kommt insofern eine hohe Bedeutung zu, als Entscheide und Aktivitäten in dieser Phase einen wesentlichen Einfluss auf den gesamten folgenden Innovationsprozess und das Produktportfolio haben. Denn in dieser Phase wird die Richtung eines jedes neuen Produktpfades vorgegeben (Reid und Brentani, 2004). Je besser die ausgeführten Suchaktivitäten und gewonnen Informationen verstanden werden, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, daraus einen strategischen Wettbewerbsvorteil generieren zu können. Reid und Brentani zitieren Smith und Reinertsen (1991) mit der Aussage: "Of all actions firms can take to improve their NPD process, those taken at the fuzzy front end give the greatest time savings for the least expense". Die Aussage wird von diversen Studien untermauert, welche eine Verbindung zwischen der Performance eines Neuproduktes und der investierten Zeit für die Aktivitäten in der frühen Phase nachweisen konnten (Cooper und Kleinschmidt, 1995; Reid und Brentani, 2004). Andere Studien zeigen auf, dass vor allem der Kostenfaktor im Zusammenhang mit der frühen Innovationsphase nicht zu unterschätzen ist. So wird davon ausgegangen, dass 75-85% der Gesamtprojektkosten in dieser Phase festgelegt werden, während lediglich 5-7% der Kosten anfallen (Simth und Reinertsen, 1991; Bürgel und Zeller, 1997; Reinertsen, 1999). Fehlentscheide und mögliche Unterlassungen in Bezug auf Informationsbeschaffung und konkrete Problemlösungen innerhalb der frühen Innovationsphase können im späteren Projektverlauf gravierende Nach- und Auswirkungen (zeitlich und finanziell) haben. Es ist deshalb für die erfolgreiche Neuproduktentwicklung von entscheidender Bedeutung, die Prozesse und Abläufe innerhalb der frühen Innovationsphase zu verstehen und Methoden zu entwickeln, um diese zu steuern. Die Ergebnisse der frühen Innovationsphase lassen sich auf drei Ebenen zusammenfassen (Tatarczyk, 2009). Auf der ersten Ebene befinden sich ausgereiftes Wissen über zukünftige Opportunitäten, identifizierte Such- und Handlungsfelder sowie ein erstes Verständnis über mögliche Probleme einzelner Opportunitäten. Die entsprechende Grundlage der ersten Ebene bilden identifizierte zukünftige Bedürfnisse 26 Theoretische Grundlagen und Erwartungen der Kunden, Erkenntnisse über technologische Potentiale sowie das Wissen über die Leistungsfähigkeit und Potentiale des Unternehmens. Der zweiten Ebene ordnet die Autorin identifizierte Produktideen, Prozessvorschläge, Technologieanwendungen oder Geschäftsansätze zu, die sich im Zuge der aktiven Suche und Inkubation bereits bewährt haben. Diese Ansätze stellen erste Lösungsvorschläge für die auf Ebene eins identifizierten ökonomischen und technologischen Opportunitäten dar. Auf der dritten Ebene befinden sich ausgereifte und umsetzbare Konzepte, welche in allen Dimensionen dazu beitragen, die Unsicherheit der Innovation zu reduzieren. Als Konzepte werden Prototypen, schriftliche Spezifikationen, Skizzen, physische Modelle inklusive einer Beschreibung der gewünschten und notwendigen Produkteigenschaften verstanden. Es kann zwischen Markt-, Technik- und Geschäftsmodellkonzepten sowie eigentlichen Projektplänen für die Entwicklung unterschieden werden (Tatarczyk, 2009). Die reine Erzeugung und Erforschung technologischen Wissens, Grundlagenforschung, Technologieentwicklung oder das generelle Formulieren von Strategien gehört jedoch nicht in die frühe Phase. Eine Marktorientierung ist bei den erwähnten Aktivitäten nach allgemeiner Ansicht nicht sinnvoll, weshalb diese für die vorliegende Arbeit nicht näher betrachtet werden. 2.1.3 Inkrementelle vs. radikale Innovation Innovationsprozesse bestehen wie oben dargelegt im Wesentlichen aus drei Phasen, wobei ihre konkrete Ausgestaltung massgeblich von der Art der zu erzeugenden Innovation bestimmt wird. So fordern Innovationsprojekte mit unterschiedlichen Innovationsgraden (Höhe/Neuheit) unterschiedliche Prozesse. In Bezug auf den Innovationsgrad gibt es verschiedene Ansätze und Messkriterien. Als grundsätzliche Fragen bei der Einordnung von Innovationen anhand ihres Innovationsgrades stellen sich jene über das Mass der Neuheit; konkret "Was ist neu?", "Wie neu?" und "Neu für wen?" (Johannessen, Olsen et al., 2001). Die relevanten Dimensionen in welchen sich diese Fragen stellen sind Markt und Technologie (Chandy und Tellis, 1998; Lynn und Akgun, 1998; Gassmann, Kobe et al., 2001; Reid und Brentani, 2004; Eisert, 2006), die um die Dimensionen Umwelt und Unternehmen/Organisation (Salomo, Steinhoff et al., 2003; Tatarczyk, 2009) ergänzt werden können. Die Dimension der Technologie legt fest in welchem Ausmass sich eine neue, für das Unternehmen relevante Technologie von den bisherigen unterscheidet. Handelt es sich dabei um ein neues technisches Prinzip, sind es neue Verfahren, wurden Leistungssprünge erzielt oder Emotional Empathic Event 27 wird durch den Einsatz der neuen Technologie, die bisher dominante obsolet? Die Dimension des Marktes beschreibt das Ausmass, inwiefern das neue Produkt neue Kundenbedürfnisse oder neue Märkte bedient. Auch in Bezug auf die Kunden können verschiedene Abstufungen vorgenommen werden. So müssen nicht unbedingt komplett neue Kunden angesprochen werden, sondern es kann sich um das Bedienen neuer Kundenbedürfnisse (von bestehenden Kunden) oder um das Anbieten eines neuen Kundennutzens handeln. Bezüglich Markt handelt es sich um Ausprägungen wie geographische Märkte, neue Marktsegmente oder auch Marktpositionen. Die Dimension der Umwelt umfasst Ausprägungen wie Infrastruktur, Politik oder Wettbewerbsregulierungen (Tatarczyk, 2009). Die Dimension des Unternehmens umfasst Ausprägungen wie Struktur, Prozesse, Strategien oder Geschäftsmodelle, die durch die Innovation betroffen sind. Mittels der Einstufung "hoch" oder "tief" auf den Achsen "Markt" und "Technologie" ergibt sich für die Kategorisierung von Innovationen eine Matrix mit vier Quadranten (Lynn und Akgun, 1998; Gassmann und Zeschky, 2008). Dabei werden vier Arten von Innovationen unterschieden: die "Inkrementelle Innovation", die "Evolutionäre Technologieinnovation", die "Evolutionäre Marktinnovation" sowie die "Radikale Innovation". Ergänzt man das ursprüngliche Modell durch die Dimensionen Umwelt und Unternehmen, spannen sich Felder auf mit unterschiedlicher Ausrichtung. Ist eine Innovation in allen vier Dimensionen "hoch" ausgeprägt, spricht man von einer radikalen Innovation. Zugleich existieren verschiedene Beiträge, in denen noch weitere Innovationsarten unterschieden werden, wie beispielsweise die Scheininnovation oder die Imitation (Vhas und Burmester, 1999). In der Literaturströmung des Innovationsmanagements hat sich die grundsätzliche Differenzierung zwischen inkrementellen Innovationen und radikalen Innovationen durchgesetzt. Beide Innovationsarten repräsentieren eine Extremposition innerhalb des Innovationskontinuums. Diese Arbeit orientiert sich an der Kategorisierung entlang der zwei Dimensionen "Technologie" und "Markt", welche auch in der gängigen Literatur mehrheitlich verwendet werden. 28 Theoretische Grundlagen Neuigkeitsgrad des Produktes für das Unternehmen hoch tief Neugikeitsgrad der Technologie für das Unternehmen tief Inkrementelle Innovation Markt Innovation Technologie Innovation Radikale Innovation hoch Quelle: Chandy & Tellis (1998) Abbildung 6: Innovationsarten Inkrementelle Innovationen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie sowohl in technologischer Hinsicht wie auch aus Anwendersicht einen tiefen Neuheitsgrad aufweisen (Christensen und Overdorf, 2000). Typischerweise handelt es sich dabei um das Fortschreiben bereits bekannter Trends oder das kontinuierliche Steigern bekannter Leistungsparameter. Ein typisches Beispiel ist die stetige Zunahme der Speicherkapazität im Computermarkt bei gleichbleibendem oder sogar abnehmendem Platzbedarf (Bower, Christensen et al., 1999). Als inkrementell werden demnach minimale Veränderungen an der technologischen Basis verstanden, welche einhergehen mit einer minimalen Erhöhung des Kundennutzens (Hermann, Tomczak et al., 2006). Firmen begegnen dieser Art der Innovation typischerweise mit kontinuierlichen Optimierungsprozessen, der Offenheit mögliche Alternativen einzubeziehen sowie etablierten Lernprozessen. Bezogen auf den Innovationsprozess liegen klar strukturierte Projekt und Prozessabläufe vor, findet man etablierte Rollenverständnisse und können Ressourcen effizient und effektiv eingesetzt werden. Vorhandene Unsicherheiten können in einem solchen Umfeld auf ein Minimum reduziert werden. Dieses hohe Mass an Sicherheit innerhalb des Innovationsprozesses geht jedoch einher mit der Gefahr plötzlich von der Konkurrenz vom Markt verdrängt zu werden (Bower, Christensen et al., 1999) oder strategische und wirtschaftliche Potentiale nicht auszunutzen. So zeigen Kim und Mauborgne (1997) in ihrer Studie auf, dass obwohl 86% aller Innovationen inkrementeller Art waren, diese nur einen Anteil von 39% an den Unternehmensgewinn beisteuerten. Im Gegensatz dazu steuerten 14% als radikal (true value innovations) eingestufte Innovationen 61% zum Unternehmensgewinn bei. Emotional Empathic Event 29 Radikale Innovationen zeichnen sich im Gegensatz zu inkrementellen durch ein extrem hohes Mass an Veränderung in Bezug auf den technologischen aber auch den marktseitigen Ist-Zustand aus. In der Literatur bestehen verschiedene Ansätze und Definitionen bezüglich radikaler Innovationen. Auch die Namensgebung ist bei weitem nicht einheitlich, so dass die Begriffe Disruptiv (Bower und Christensen, 1995; Danneels, 2004; Danneels, 2006; Schmidt und Druehl, 2008) Breakthrough (Coyne, Clifford et al., 2007) und Radikal (Chandy und Tellis, 1998; Hermann, Tomczak et al., 2006; Hermann, Gassmann et al., 2007; Aboulnasr, Narasimhan et al., 2008) mehr oder weniger synonym für dasselbe Phänomen verwendet werden. Diesen Ansätzen gemein ist, dass es sich jeweils um die extremste Form der Innovation handelt, die die höchsten Anforderungen an die Beteiligten stellt, gleichzeitig aber auch die grössten Potentiale birgt. Extrem ist die Innovation vor allem deshalb, da radikale Innovationen oft das Potential haben, existierende Technologien oder Konzepte obsolet werden zu lassen. Das bekannteste Beispiel ist vielleicht die Ablösung der Schreibmaschine durch den Personal Computer (Bower und Christensen, 1995; Bower, Christensen et al., 1999). Gleichzeitig stellen radikale Innovationen enorme Ansprüche an die Organisation selbst, denn üblicherweise sind zu Beginn des Projektes weder der Markt noch die konkreten Kundenbedürfnisse vollständig bekannt (Lynn und Akgun, 1998; O'Connor, 1998). Die Ausrichtung auf den wahrgenommenen Kundennutzen erscheint deshalb in Bezug auf radikale Innovationen geradezu als Widerspruch. Dies, da radikale Innovationsprojekte auf Grund ihrer disruptiven Art in bestehenden Märkten auf Unverständnis und Ablehnung stossen. Oft entsprechen sie zu Beginn nicht der im Markt etablierten, dominanten Logik und sind in einer oder sogar mehreren relevanten Nutzendimensionen den etablierten Produkten und Technologien unterlegen (Bower und Christensen, 1995). Definition von "Radikal" für diese Arbeit: Während Eisert (2006) in seiner Arbeit radikale Innovationen in Bezug auf die Makroebene definiert, liegt dieser Arbeit die Definition in Bezug auf die Mikroebene (Unternehmenssicht) zu Grunde. Die Makroebene beschreibt Radikalität in Bezug auf die Wissensbasis einer Industrie, eines Staates oder im Vergleich mit der weltweiten Wissensbasis. Die Mikroebene dagegen setzt die Radikalität einer Innovation in Bezug zum einzelnen Unternehmen. Als radikal gilt in dieser Arbeit eine Innovation, wenn sie für das jeweilige Unternehmen sowohl durch eine Diskontinuität auf Seiten der Technologiebasis als auch des relevanten Marktes gekennzeichnet ist. 30 Theoretische Grundlagen Radikale Innovationen werden demnach nicht als "New to the world"-Produkte verstanden, wie dies aus einer naturwissenschaftlichen Perspektive in der Praxis oft gefordert und interpretiert wird. Charakteristika radikaler Innovationsprozesse Konkrete Prozessbeschreibungen für radikale Produktentwicklungen finden bisher keinen oder nur sehr spärlich Eingang in die Grundlagenwerke zu Innovationsprozessen (Eisert, 2006). Dennoch lassen sich in den letzten Jahren, einhergehend mit diversen Initiativen zur Förderungen radikaler Innovationen, vermehrt Beiträge finden, welche die Unterschiede zwischen radikalen und inkrementellen Innovationen hervorheben. Dabei stehen mehrheitlich Projekteigenschaften wie die höhere Unsicherheit bezüglich technologischer Umsetzbarkeit und Absatzmarkt, der erhöhte und oft nicht genau planbare Zeitaufwand sowie das höhere finanzielle Risiko im Vordergrund. Weniger Beachtung finden Unterschiede betreffend der Prozessstrukturen (O'Connor, 1998; Rice, O'Connor et al., 1998; McDermott und Handfield, 2000; Gassmann, Kobe et al., 2001). Neben den eigentlichen Unterschieden bezüglich Projekteigenschaften setzen sich verschiedene Beiträge vor allem mit der organisatorischen und kulturellen Perspektive radikaler Innovationen auseinander. Dabei werden in der Mehrzahl Gestaltungsalternativen diskutiert, die sich über ein breites Spektrum von zentral vs. dezentral (von Zedtwitz und Gassmann, 2002) über intern vs. extern bis hin zur Etablierung verschiedener Kulturen (O'Reilly und Tushman, 2004) erstrecken. "Das Bewusstsein für die Spezifika radikaler Innovationen" (Eisert, 2006) führte bei verschiedenen Autoren zur Einsicht, dass der oftmals sequentiell gestaltete und einem klaren zeitlichen Ablauf folgende Innovationsprozess nicht adäquat auf radikale Innovationen anzuwenden ist. Auch der vielbeschriebene und in Bezug auf inkrementelle Innovationen bewährte Stage-Gate-Prozess nach Cooper (1990) scheint auf Grund seiner eher starren Struktur und im Voraus klar definierten Gates nicht auf radikale Innovationen anwendbar zu sein. In Bezug auf radikale Innovationsprozesse wird deshalb mehrheitlich eine iterative Vorgehensweise beschrieben, welche sich vor allem in der frühen Innovationsphase durch eine Vielzahl von Feedbackschlaufen auszeichnet, innerhalb derer die frühen Ideen und Prototypen immer wieder adaptiert werden. Der wohl bekannteste iterative Ansatz wurde von Lynn et al. (1996) als probe and learn process beschrieben. Weitere Ansätze sind market learning (O'Connor, 1998), prototype construction (Veryzer, 1998), market experiments (Narver und Slater, 1990) oder expeditionary marketing (Hamel und Prahalad, 1994). Emotional Empathic Event 31 Erfolgsfaktoren radikaler Innovation Bezugnehmend auf die vorangegangenen Ausführungen zur frühen Innovationsphase und den Spezifika radikaler Innovationen sollen im Folgenden kurz die als relevant erachteten Erfolgsfaktoren beschrieben werden. Die Erfolgsfaktorenforschung, welche innerhalb der Organisationstheorie und des strategischen Managements einzuordnen ist, besteht seit den Anfängen der Betriebswirtschaftslehre, wurde aber seit den 80er Jahren stark intensiviert. Zu Beginn stand vor allem das Produkt im Vordergrund, erst später wurden dann auch die Prozesse auf Erfolgsfaktoren hin untersucht (Cooper und Kleinschmidt, 1995). Bei der Erfolgsfaktorenforschung wird versucht, mittels empirischer Untersuchungen und Erhebungen herauszufinden, wie eingetretener Erfolg auf das komplexe Verhalten von Organisation, Mitarbeiter und Kunden zurückzuführen ist. Mittels statistischer Methoden wird versucht, bestimmte Massnahmen auf ihre Effektivität bei der Leistungserstellung zu identifizieren und zu verifizieren. Auf Grund der Komplexität betriebswirtschaftlicher Abläufe sind die dabei generierten Resultate nie als isolierte und generell gültige Einzelfaktoren zu betrachten, sondern immer als Bestandteile eines interdependenten Netzwerkes zu verstehen. Eine umfassende Studie der Harvard Business School unter dem Namen PIMS (Profit Impact of Market Strategies) hat in regelmässigen Abständen über 50 verschiedene Indikatoren erhoben. Das Projekt wurde in den 90er Jahren eingestellt, da es, trotz nachweisbaren Erfolgsfaktoren, eine Unzahl an firmenspezifischen Einflussgrössen gibt, die zwar nicht konkret beobachtbar sind, aber dennoch einen Einfluss auf den Erfolg haben (Albers und Hildebrandt, 2006). Die Erfolgsfaktorenforschung wurde jedoch nicht komplett eingestellt, sondern wird heute mit verschiedenen Ansätzen aus der Verhaltensforschung fortgesetzt, um sogenannte "weiche Faktoren" zu identifizieren. Oft werden dabei Verfahren aus der Konsumentenverhaltensforschung verwendet, um das Verhalten sozialer Einheiten und deren Einfluss auf andere Einheiten zu beschreiben. In Bezug auf radikale Innovationen kann man Erfolgsfaktoren auf zwei verschiedenen Ebenen unterscheiden. Einerseits befassen sich Studien mit der Makroebene, wo versucht wird zu erforschen, welche Voraussetzungen eine geopolitische Einheit (Staat) schaffen oder besitzen muss, um radikale Innovationen zu ermöglichen. Andererseits stellen sich diese Fragen auch auf einer Mikroebene, zu Erfolgsfaktoren, die es innerhalb eines Unternehmens benötigt, um radikale Innovationen zu ermöglichen. Bevor auf ausgewählte Erfolgsfaktoren näher eingegangen wird, folgt eine Übersicht aktueller Studien über Erfolgsfaktoren radikaler Innovationen. Es gibt keine global anerkannte und konkrete Definition von radikalen Innovationen, weshalb 32 Theoretische Grundlagen Studien aus den Bereichen des Technologie- und Produktmanagements, des Marketings und der Kreativität als Grundlage dienten. Auf Makroebene haben sich in der aktuelleren Vergangenheit vor allem Tellis et al. (2009) und Hofstede (2003) mit den Erfolgsfaktoren für die Entstehung radikaler Innovationen beschäftigt. Dabei zeigen sie auf, dass die historisch gefestigten Faktoren wie Arbeit, Kapital, Staat und Kultur durch die fortschreitende Globalisierung nahezu egalisiert werden. Die grundlegenden ökonomischen Faktoren sind weiterhin von Bedeutung, gelten jedoch nicht als Schlüsselfaktoren, wenn es darum geht zu unterscheiden, wo radikale Innovationen in Firmen entstehen. Dennoch sind bestimmte Ausprägungen der vier Makrofaktoren als erfolgsrelevant anzusehen. Tellis et. al. (2009) nennen in Bezug auf den Faktor Arbeit folgende Ausprägungen: die Verfügbarkeit von Wissenschaftlern und Ingenieuren, die Qualität der wissenschaftlichen Forschungsinstitute sowie die staatlichen Ausgaben für Bildung. In Bezug auf den Faktor Kapital ist die Verfügbarkeit von Venture Capital sowie die allgemeine Kreditwürdigkeit der Banken von entscheidender Bedeutung. Von Seiten des Staates hat die Rechtssicherheit, der Schutz von geistigem Eigentum im Speziellen, einen Einfluss auf das Entstehen von radikalen Innovationen. Neben diesen eher harten Faktoren wurde auch nachgewiesen, dass kulturelle Ausprägungen ebenfalls die Entstehung von radikalen Innovationen beeinflussen. Speziell aufgezeigt wurde dieser Zusammenhang in Bezug auf die vorherrschende Religionszugehörigkeit sowie die gelebten Werte einer Gesellschaft. Die weitaus grössere Zahl an Studien zu Erfolgsfaktoren für radikale Innovationen wurde in einem firmenspezifischen Kontext durchgeführt. Dabei lassen sich die gefundenen Faktoren in fünf Hauptkategorien mit mehreren Unterkategorien unterteilen. Als zentrale firmenspezifische Kategorien wurden Arbeit, Kultur, Strategie, Struktur und Weitere identifiziert. Die folgende Tabelle fasst diese Faktoren zusammen. Emotional Empathic Event 33 Tabelle 1: Erfolgsfaktoren radikaler Innovationen im Unternehmenskontext Faktoren Autoren Strategie: • Orientierung an Zukunftsmärkten (Fokus auf neue Kunden) • Unternehmensalter und -grösse • Etablierte Firmen müssen den richtigen Zeitpunkt wählen für den Einstieg • Top-Management muss über Ressourcen entscheiden • Integration externer Experten • Orientierung an technologischen Innovationen • Marktfokus und Kernkompetenzen (Christensen und Overdorf, 2000; Danneels, 2004; Hermann, Tomczak et al., 2006; Markides, 2006; Hermann, Gassmann et al., 2007; Tellis, Prabhu et al., 2009) Struktur: • Schaffung passender Strukturen • Spin-offs wenn die Schlüsselfaktoren keine Ressourcen darstellen • Unabhängige Geschäftseinheiten und interne Marktplätze • Clusterbildung (Lieferanten , Hersteller, Kunden) (Bower und Christensen, 1995; Chandy und Tellis, 1998; Christensen und Overdorf, 2000; Hermann, Tomczak et al., 2006; Hermann, Gassmann et al., 2007; Tellis, Prabhu et al., 2009) Fähigkeiten: • Wissen über den Kunden • Marketingkompetenzen • Individuelle Rolle des Managements • Bereitschaft und Fähigkeit radikale Projekte Geschäftseinheiten zu überführen • F&E-Mitarbeiter in % der gesamten Mitarbeiter (O'Connor, 1998; Chandy und Tellis, 2000; McDermott und O'Connor, 2002; Danneels, 2004; Tellis, Prabhu et al., 2009) in die Kultur: • Bereitschaft getätigte Investments selbst zu kannibalisieren • Risikotoleranz / Risikobereitschaft • Klare Produktchampions • Heavy weight Teams • Iterative Lernansätze • Lebenslanges Lernen verankert • Wissen über Differenzen zwischen Marketing/Technology • Dynamisches Organisationsklima (Bower und Christensen, 1995; Chandy und Tellis, 2000; Christensen und Overdorf, 2000; Hermann, Tomczak et al., 2006; Hermann, Gassmann et al., 2007; Tellis, Prabhu et al., 2009) Neben Faktoren, die sich positiv auf die Entstehung von radikalen Innovationen auswirken, zeigen verschiedene Studien auch Barrieren und Hindernisse auf, die sich negativ auswirken (Bower und Christensen, 1995; Chandy und Tellis, 2000; Christensen und Overdorf, 2000; Lettice und Thomond, 2003; Thomond, Herzberg et al., 2003; Hermann, Gassmann et al., 2007). Grösstenteils stellen diese Faktoren lediglich die negative Ausprägung der oben erwähnten Erfolgsfaktoren dar. Es finden sich aber auch Beiträge, die aufzeigen, dass beispielsweise eine zu starke Fokussierung 34 Theoretische Grundlagen auf Erfolgsfaktoren negative Auswirkungen haben kann. Als Barrieren für die Entstehung von radikalen Innovationen werden die folgenden gesehen: ein mangelndes Bewusstsein für die strategische Bedeutung radikaler Innovationen und damit einhergehend eine Unfähigkeit radikale Ideen zuzulassen und zu finanzieren; starre Prozesse und interne Denkmuster, die auf Gewinne und Kostenstrukturen ausgerichtet sind und so die Schaffung von kreativen Opportunitäten verhindern; eine Fokussierung auf existierende "Lead-Kunden"; eine Langzeitorientierung, welche die kurzfristige Transformation von Kompetenzen verhindert; Stage-Gate-Prozesse sowie eine allgemeine Bürokratie und Trägheit. 2.2 Marktorientierung: Schnittstelle Marketing und F&E 2.2.1 Marktorientierung im Neuproduktentwicklungsprozess Der Kontext und die handlungsweisenden Grundsätze innerhalb bestehender F&EAbteilungen sind auch heute noch von einer starken Produktorientierung gekennzeichnet. Organisation, Prozesse und Ressourcen konzentrieren sich (auch aufgrund des Auftrages) auf die Entwicklung, Verbesserung oder Weiterentwicklung von Produkten. Demgegenüber steht das Konzept der Marktorientierung, welches nicht auf Produkte, sondern auf Kundenbedürfnisse fokussiert. Dabei zeigt sich Marktorientierung als Reaktion auf die Verschiebung von Herstellermärkten hin zu Käufermärkten. Massgeblich in den 80'er Jahren (Kuss und Tomczak, 2002) wurde erkannt, dass Produkte nach einer bestimmten Lebensdauer verschwinden, während Kundenbedürfnisse, welche damit befriedigt wurden, weiterhin bestehen bleiben. Hauptaufgabe eines Unternehmens ist es deshalb, Kundenbedürfnisse zu befriedigen und nicht primär Produkte zu erzeugen. Als Beispiel nennen Kuss und Tomczak (2002) die Pferdekutsche, welche nahezu vom Markt verschwand, während das grundlegende Kundenbedürfnis nach individueller Mobilität weiterhin vorhanden ist und derzeit durch das Automobil befriedigt wird. Mc Namara (1972, S. 51) in (Kohli und Jaworski, 1990) geht sogar soweit, Marktorientierung als eigentliche Führungsphilosophie zu bezeichnen. Er definiert das Konzept der Marktorientierung als "a philosophy of business management, based upon a company-wide acceptance of the need for customer orientation, profit orientation, and recognition of the important role of marketing in communicating the needs of the market to all major corporate departments." Kohli und Jaworski (1990) identifizierten drei Kernthemen innerhalb des Feldes der Marktorientierung: (1) Kundenorientierung, (2) koordiniertes Marketing und (3) Profitabilität. Die beiden Kernthemen Marketing und Profitabilität Emotional Empathic Event 35 sind für diese Arbeit nur von marginaler Bedeutung, da die Frage nach einer möglichen Integration von zukünftigen Kunden in den Entstehungsprozess radikaler Innovationen im Mittelpunkt steht. Zusammenspiel von F&E und Marketing Die Erkenntnis, dass Wissen über bestehende und zukünftige Kundenbedürfnisse in alle relevanten Unternehmensbereiche verteilt werden muss, ist eine zentrale Eigenschaft eines marktorientierten Unternehmens. In Bezug auf die Kommunikation von Kundenbedürfnissen in die F&E Abteilungen wurde in der relevanten Literatur auf einer organisationalen wie auch auf der funktional operativen Ebene geforscht. Die organisationale Ebene nimmt Bezug auf Organisationsformen (Hausschildt, 1997; Gassmann und von Zedtwitz, 2003), Kooperationsformen, Schnittstellenmanagement bis hin zu Finanzierung oder Führungsstrukturen. Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der organisationalen Ebene, wobei vor allem das unternehmensinterne Schnittstellenmanagement zwischen Marketing und F&E berücksichtigt wird. Hausschildt (1997) bezeichnet diese Schnittstelle als die bedeutsamste, da es betriebswirtschaftlich gegeben ist, dass erfolgreiche neue Produkte immer auch einen Markt benötigen. Dieser muss im Falle radikaler Innovationen oftmals erst aufgebaut werden. Neben Hausschildt verweisen auch weitere Studien auf die Wichtigkeit, die ein funktionierendes Zusammenspiel zwischen Marketing und F&E innerhalb der Neuproduktentwicklung besitzt (Souder, 1988; Song, Montoya-Weiss et al., 1997; Jassawalla und Sashittal, 1998; Souder und Song, 1998; Norrgren und Schaller, 1999; Kahn, 2001; Olson, Walker et al., 2001). Im Allgemeinen konnten diese empirischen Studien einen positiven Einfluss funktionsübergreifender Zusammenarbeit auf das neu entwickelte Produkt nachweisen. Vor allem von Seiten der Marktforschung wurde in den letzten Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass eine Zusammenarbeit dieser zwei Bereiche in Bezug auf radikale Produktinnovationen einen starken und positiven Einfluss hat. Es ist daher aus Sicht der Marketingforschung naheliegend, dass der komplexe Abgleichungsprozess am besten durch interdisziplinäre Teams gewährleistet werden kann (Souder, 1988; O'Connor, 1998; Sherman, Berkowitz et al., 2005). Die Mehrzahl wissenschaftlicher Beiträge bezieht sich auf die Zusammenarbeit von Marketing und F&E auf einer funktional operativen Ebene. Studien zu erfolgreichen internen Kooperationen fokussierten sich auf interdisziplinäre Teams, interdisziplinäre Teammitglieder (Job Rotation) und interdisziplinäre Steuerungskomitees. Voraussetzungen für erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen verschiedenen funktionalen Einheiten sind eine positive und offene Einstellung der Teilnehmer 36 Theoretische Grundlagen gegenüber Kommunikation, Vertrauen, Koordination und Kooperation sowie ein Verständnis der unterschiedlichen Rahmenbedingungen beider Bereiche (Jassawalla und Sashittal, 1998). Neben der Neuproduktentwicklungsliteratur finden sich in der marktorientierten Forschung quantitative Studien, die aufzeigen, dass ein Informationsaustausch und -abgleich zwischen den Produktentwicklungsabteilungen, dem Marketing, dem Verkauf sowie dem Design positive Auswirkungen auf die Projekt- und Produktperformance hat (Jaworski und Kohli, 1993; Rein, 2004; Veryzer, 2005). Das Konstrukt der Marktorientierung basiert dabei mehrheitlich auf den von Kohli und Jaworski (1990) definierten zentralen Aktivitäten der "generation of market intelligence", der "dissemination of the intelligence across departments" und der "organisationwide responsiveness". Marktorientierung bedeutet also nicht nur die Durchführung von Marktstudien oder das Sammeln von marktrelevanten Daten, sondern auch die anschliessende Diffusion und die Zurverfügungstellung dieses Wissens für alle relevanten Stellen innerhalb eines Unternehmens. Die dritte Aktivität "organisationwide responsiveness" beziehen Kohli und Jaworski (1990) auf die Tatsache, dass sich keine erfolgreiche Marktorientierung einstellen kann, solange die gesammelten und verteilten Informationen nicht auch in konkrete Projekte integriert werden, um somit das neue Produkt an den Marktbedürfnissen auszurichten. Neben dem blossen Einfluss auf das zu entwickelnde Neuprodukt beinhaltet Responsiveness auch die Selektion neuer Märkte oder Marktsegmente, das fällen von Entscheiden betreffend Design und Distribution sowie die aktive Promotion des Neuproduktes (intern und extern). Marktorientierung wird sowohl von Jaworski und Kohli (1993) als auch von Narver und Slater (1990) als das ganzheitliche und übergeordnete Konzept verstanden, welches alle relevanten Marktteilnehmer betrachtet, neben Kunden also auch Wettbewerber und weitere Anspruchsgruppen. Eine der wesentlichsten Komponenten von Marktorientierung stellt das Konzept der Kundenorientierung dar. Salomo et. al (2003) definieren für ihre Studien die Kundenorientierung als gleichbedeutend mit Marktorientierung mit der Begründung "…the customer still constitutes the focal point of all market related activities." (S. 444). Auch wenn der Kunde als Dreh- und Angelpunkt der Marktorientierung gesehen wird, so bedeutet Kundenorientierung durchaus nicht nur Kundenintegration (z.B. durch Befragungen), sondern jegliche Marktforschung über gegenwärtige und zukünftige Bedürfnisse existierender und potentieller Kunden. Weiter müssen zwingend auch externe Variablen wie beispielsweise Wettbewerber oder politische Veränderungen und Regulierungen mit einbezogen werden, da auch diese einen erheblichen Einfluss auf existierende und latente Kundenbedürfnisse haben können (Kohli und Jaworski, 1990). Emotional Empathic Event 37 Bezogen auf die frühe Innovationsphase radikaler Innovationsprojekte ist festzuhalten, dass oft nur vage, diffuse und möglicherweise keine Vorstellungen über den potentiellen Kunden vorhanden sind. Entsprechend wird versucht mittels abstrakten und kreativen Methoden, analytische, logische und vor allem konsistente Erkenntnisse über die Zukunft zu generieren. Dies geschieht mittels Kreativitätsmethoden, Mustererkennung, Analogiebildungen, Synthesen bestehender Wissens- und Praxisbereiche sowie unterschiedlichen Ansätzen aus der empirischen Trendforschung. Üblicherweise basiert die Suche in diesem frühen Stadium auf Annahmen zu Ausgangsvariablen welche im Verlauf des Projektes immer wieder in einem iterativen Prozess überprüft und mit gehaltvolleren Informationen angereichert werden müssen (Tatarczyk, 2009). Die verwendeten Ansätze unterscheiden sich in Bezug auf ihren Fokus (Technologie oder Wissensgenerierung), ihre Dauer (lang oder kurzfristig) sowie die verwendete Forschungsmethodik (quantitativ oder qualitativ) (Gassmann, Kobe et al., 2001; Tatarczyk, 2009). Zu jedem der verschiedenen Ansätze gehören verschiedene Methoden und Vorgehensweisen, um die für die Innovationsprojekte relevanten Informationen zu generieren. Ein vertieftes Eingehen auf die einzelnen Ansätze würde den Rahmen dieser Arbeit übersteigen, weshalb im Folgenden lediglich ein kurzer Überblick über die für diese Arbeit relevanten Ansätze gegeben wird. Zukunftsforschung Unter dem Ansatz der Zukunftsforschung versteht sich ein umfassendes Konzept welches auf einen sehr langen Zeithorizont ausgerichtet ist. Es dient dem Zweck mittels einer umfassenden und vorausschauenden Suche und Analyse von Informationen über gesellschaftliche, technologische und politische Trends, die Planung und Strategiebildung eines Unternehmens zu unterstützen. Dabei dienen die gewonnenen Erkenntnisse auch als Frühwarnung, Planung, Krisenbewältigung und Krisenprävention, der Qualifikation von Entscheidungsprozessen sowie der Initiierung strategischer Innovationsprojekte (Tatarczyk, 2009). Aufgrund der hohen Unsicherheit über zukünftige Verläufe heutiger Trends wird die Methode der Szenariotechnik eingesetzt. Dabei steht das Denken in verschiedenen, alternativen Entwicklungsverläufen im Mittelpunkt, die sich aufgrund unterschiedlicher Annahmen und erwarteten Veränderungen von Systemvariablen ergeben. Inputs für die Zukunftsforschung stammen aus den verschiedensten Arten der Marktforschung. Typischerweise werden Umwelt- und Gesellschaftsanalysen gemacht, Interviews geführt, Filme, Storys und Studien analysiert und 360 Grad Analysen inkl. Feedbacks integriert. Aufgrund des erheblichen Aufwandes und des spezifischen Know-hows sind eigene Zukunftsforschungsabteilungen überwiegend in grossen multinationalen 38 Theoretische Grundlagen Konzernstrukturen zu finden. Unternehmen, welche über keine eigene Zukunftsforschung verfügen, beziehen diese Informationen über spezialisierte externe Institutionen. Während Zukunftsforschung ein sehr weit gefasster Begriff ist, der verschiedenste Bereiche und Methoden in sich vereint, stellt die Technologiefrühaufklärung (TFA) eine spezifische Form der Aufklärung dar. Sie wird, wie der Name bereits impliziert, im technologieorientierten Umfeld durchgeführt. Technologiefrühaufklärung Technologiefrühaufklärung, auch bekannt als Technologiefrüherkennung, Technologie Scouting oder Forcasting, widmet sich speziell der Erkennung und Abschätzung von langfristigen Technologietrends. Das Verständnis der TFA hat sich im Laufe der Zeit jedoch stark verändert (Gassmann, Kobe et al., 2001). Während es zu Beginn noch als " das systematische Beobachten bestehender und das Erkennen neuer Technologien, die sich häufig in Form schwacher Signale ankündigen" (S. 252) verstanden wurde, näherte es sich immer mehr der Definition der allgemeinen Zukunftsforschung an. Heute wird unter TFA "der systematische Versuch verstanden, die langfristige Zukunft von Wissenschaft, Technologie, Ökonomie, Umwelt und Gesellschaft abzuschätzen". Ziel dieser Abschätzung mit Fokus auf Wissenschaft und Technologie ist die Identifizierung strategischer Forschungs- und Innovationsvorhaben und das Erkennen von Technologien, die den grösstmöglichen ökonomischen und sozialen Nutzen versprechen (S. 252). Vier Hauptelemente werden dabei unterschieden. Die Technologie-Analyse für die Identifikation der wettbewerbsrelevanten Technologiebereiche, das Technologie-Monitoring als sorgfältige Beobachtung und Informationsgewinnung von erforschten Technologien, das Technologie-Scanning als Suche nach Potentialen ausserhalb bestehender Technologiebereiche sowie die Technologie-Prognose als Verdichtung der Informationen zu Aussagen über die zukünftige Entwicklung. Die Elemente der TFA werden auf allen Ebnen des Unternehmens ausgeführt und unterscheiden sich vor allem in Bezug auf ihren Zeithorizont. Während in einzelnen Geschäftsbereichen üblicherweise nicht weiter als 3 Jahre in die Zukunft "gesehen" wird, kann sich dieser Zeitraum auf Konzernebene auf bis zu 30 Jahre ausdehnen. Die Ebene der virtuellen Organisationsformen und vor allem die der externen Partner gewinnen vermehrt an Stellenwert. So schliessen sich teilweise gegenwärtige, direkte Konkurrenten zusammen, wenn es darum geht, ein gemeinsames Zukunftsbild zu erstellen, ganz nach dem Motto von "der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist sie zu gestalten" (Willy Brandt). Ein Beispiel dafür bietet das Siemens eigene Magazin Emotional Empathic Event 39 Picture of the Future das gemeinsam mit Konkurrenten erstellt wird und wesentliche Technologietrends schildert sowie einzelne Zukunftsszenarien entwirft (Siemens, 2010). Je nach Definition und Klassifizierung werden noch weitere Früherkennungskonzepte unterschieden oder den beiden zuvor beschriebenen zugeordnet. Als eigenständige Konzepte zu erwähnen sind beispielsweise die Umweltanalyse, Business Intelligence sowie die Wettbewerbs- und Konkurrenzanalyse (Tatarczyk, 2009). Andere Autoren fassen diese Tätigkeiten als Methoden unter den Konzepten der Zukunftsforschung und Technologiefrühaufklärung zusammen. Allen Ansätzen gemeinsam ist jedoch das Ziel, mittels verschiedenartiger Methoden in allen Bereichen der Unternehmensumwelt Bruchstücke über das Wissen der Zukunft zu generieren und diese anschliessend zu einem in sich konsistenten Bild zusammenzufügen. Dieses Bild oder Szenario, dient dann der Entscheidungsfindung und der Strategiebildung, der Projektlancierung sowie auch den Kommunikations- und Lobbyingaktivitäten. Die Menge an verschiedenen quantitativen und qualitativen Ansätzen der Informationsgenerierung ist gross. Beispielhaft zu nennen sind Methoden wie Delphi, Roadmaps, Patentanalysen, Trendextrapolation, Empathic Design, Cross Industry Innovation, Analogieverfahren und Kreativitätstechniken. Ein spezielles und für diese Arbeit relevantes Feld sind Methoden der direkten Kundenintegration oder Kundenorientierung. Bei der Kundenorientierung wird versucht zukünftige Kundenbedürfnisse zu erkennen, zu bewerten und in Anforderungen an Produkte und Services zu übersetzen. Wo der Kunde noch nicht bekannt ist, wird versucht, Bedürfnisse durch Ableitung aus anderen Informationsquellen zu antizipieren. Im Folgenden wird Kundenintegration als spezifisches Unterthema der Marktorientierung vertieft behandelt, da es in dieser Arbeit eine zentrale Fragestellung ist, wie eine solche Integration bei radikalen Innovationen stattfinden könnte. 2.2.2 Kundenorientierung und Kundenintegration im NPD-Prozess Kunden gelten innerhalb der Unternehmensumwelt als die zentralste Anspruchsgruppe und finden daher auch in der Literatur die entsprechende Aufmerksamkeit. Kunden üben mit dem Kauf oder Nicht-Kauf von Produkten einen ganz erheblichen Einfluss auf den Fortbestand eines Unternehmens aus. Es ist daher nicht überraschend, dass Informationen über die Bedürfnisse des Kunden, eine zentrale Ressource in der Neuproduktentwicklung darstellen. Salomo et. al. (2003) sehen in der Kundenorientierung eine Strategie um einerseits an die kritische Ressource 40 Theoretische Grundlagen "Kundenbedürfnisse" zu gelangen und andererseits die bestehende Informationsasymmetrie zwischen Kunden und Unternehmen zu überwinden. Dabei wird der Tatsache Rechnung getragen, dass der Kunde ein besseres Verständnis über seine aktuellen und zukünftigen Bedürfnisse sowie über die relevanten Produktanforderungen hat. Gerade im NPD-Prozess ist diese Brückenfunktion entscheidend, um auf Kundenbedürfnisse ausgerichtete Produkte zu entwickeln. In Bezug auf radikale Innovationsprojekte trifft dies jedoch nicht oder nur partiell zu, da der potentielle Kunde entweder noch gar nicht bekannt ist oder bestehende Kunden mit zunehmendem Innovationsgrad und Zeithorizont typischerweise nicht mehr in der Lage sind, ihre zukünftigen (latenten) Bedürfnisse zu artikulieren (Trommsdorff und Binsack, 1999; Leonard-Barton, 2002). Dennoch wird die Kundenorientierung generell für beide Innovationsarten als ein Schlüsselelement erachtet und in diversen Studien als Erfolgsfaktor nachgewiesen. Dass Kundenorientierung in radikalen Innovationsprojekten dabei über die traditionellen quantitativen Marktstudien hinaus gehen muss, ergibt sich daraus, dass die generierten Informationen von F&EMitarbeitern oft als zu wenig detailliert angesehen werden, da latente Bedürfnisse nur sehr schwer über standardisierte Interviews und Befragungen erfassbar sind. Gemünden und Melheritz (1998) zeigen, dass Informationen, welche durch die Marktforschung bezüglich NPD generiert wurden, von F&E-Mitarbeitern als ungenügend bewertet und deshalb auch nur ungenügend genutzt werden. Deshalb müssen neben der klassischen Marktforschung und der Bildung interdisziplinärer Teams, weitere Methoden verwendet werden, um die Kundenperspektive erfolgreich in den Innovationsprozess zu integrieren. Ergänzend zu den quantitativen Methoden benötigt es auch qualitative Ansätze, die ein besseres und tieferes Verständnis über den Kunden ermöglichen. Die höchste Ausprägung an Kundennähe wird durch eine qualitative und direkte Integration des Kunden in den NPD-Prozess erreicht (Salomo, Steinhoff et al., 2003). Salomo et al. führen diesbezüglich aus: "The most customer oriented market research is achieved by using qualitative, interactive, dialogueoriented activities and intensive informal interaction." Es ist demzufolge nur durch eine solch starke Interaktion möglich, ein tiefes Verständnis für den Kunden zu entwickeln und zu erkennen, wie und warum Kunden Produkte verwenden und welche Verhaltensweisen und Schwierigkeiten damit verbunden sind. Weiter gelingt es dadurch besser, die Wünsche, Bedürfnisse und Anforderungen (auch latente) des Kunden zu erheben. Die direkte Interaktion mit dem Kunden wird in der Literatur vor allem innerhalb der Kundenintegrationsforschung behandelt. In Bezug auf die Neuproduktentwicklung sind vor allem die Arbeiten von Eric von Hippel in den späten 70er Jahren wegweisend für die Integration von Kunden. Emotional Empathic Event 41 Basierend darauf entstand, vorwiegend in den letzten 25-30 Jahren, eine erhebliche Anzahl an Forschungsarbeiten, welche über die blosse Integration im Ideengenerierungsprozess hinausgehen und Kundenintegration für den Zeitraum des gesamten Innovationsprozesses betrachten. Kundenintegration betrifft nicht nur den Austausch von Informationen, sondern auch verschiedenste angrenzende Bereiche der Betriebswirtschaftslehre, und zwar sowohl auf Hersteller- wie auch auf Kundenseite. Beispielsweise beschäftigen sich zahlreiche Arbeiten mit der Übereinstimmung zwischen Unternehmensund Kundenintegrationsstrategie sowie der Fähigkeit den Kunden zu verstehen und die gewonnen Informationen in den Innovationsprozess einfliessen zu lassen (Absorptive Capacity). Wecht (2006) gliedert deshalb die relevanten wissenschaftlichen Publikationen in drei grundsätzliche Themenfelder: die Herstellerseite, die Kundenseite und den dazwischenliegenden eigentlichen Integrationsprozess. Alle drei Themenfelder befinden sich innerhalb des Spannungsfeldes Marketing und F&E. Das Spannungsfeld umfasst dabei Fragen bezüglich Strategiefit, Kulturfit, Strukturfit, Rollenverständnis sowie die Art und Weise der Integration ausgewählter Kunden. Neben strategisch organisationalen Ansätzen wurden zahlreiche konkrete Methoden entwickelt, um bestehende oder mögliche Kunden erfolgreich in die Produktentwicklung zu integrieren. Die bekannteste ist die von Eric v. Hippel (1986) entwickelte Lead-User Methode. Weitere Methoden, die entwickelt und adaptiert wurden, sind: 42 Theoretische Grundlagen Tabelle 2: Methoden der Kundenintegration Methode Studien Anthropologische Expedition (verschiedene (Leonard-Barton, 1995; Gassmann und Sutter, 2008) Methoden der Ethnographie), Behavioral Mapping (Larson, Bradlow et al., 2005) Benutzerorientierte Produktentwicklung (Rosenblad-Wallin, 1985; Dahlmann, 1986) Betatest (Dolan und Matthews, 1993; Nielsen, 1994) Consumer idealized design (Ciccantelli und Magidson, 1993) Empathic Design (Leonard-Barton und Rayport, 1997) Experiential Interviews (Griffin und Hauser, 1993; Leonard-Barton und Deepak, 1993; Hepner-Brodie, 2000; Burchill und Hepner-Brodie, 2005) Face of the Customer (FOC) Methode (Dahan und Hauser, 2002) Fokusgruppen (Calder, 1977; Fern, 1982) Interviews und Befragungen (Dahan und Hauser, 2002) Kano Modell (Matzler und Hinterhuber, 1998; Tan und Xie, 1999; Dahan und Hauser, 2002) Konzepttest (Acito und Hustad, 1981; Moore, 1982; Page und Rosenbaum, 1992) Laddering /Means-End-Chain / Five Why's (Young und Feigin, 1975; Asselbergs, 1989; Grunert und Grunert, 1995) Lead-User Methode (Urban und von Hippel, 1988; Herstatt und vonHippel, 1992; Lilien, Morrison et al., 2002) Participatory ergonomics (Noro und Imada, 1991) Quality Function Deployment (QFD) (Hauser und Clausing, 1988; Akao, 1990; Eureka und Ryan, 1994; Pullman, Moore et al., 2002; Ullmann, 2002) Strategyn's 5-Schritt Methode (Ullwick, 2002) Virtual Customer Methoden (Paustian, 2001; Dahan und Hauser, 2002; Nambisan, 2002; von Hippel und Katz, 2002) Voice-of-the-customer Analyse (Hauser und Clausing, 1988; Griffin und Hauser, 1993) Quelle: in Anlehnung an Wecht (2003) Emotional Empathic Event 43 In den vergangenen fünf bis zehn Jahren wurde die Kundenintegration in verschiedenen Studien kritisch beleuchtet. Hinterfragt wurde vor allem die Fähigkeit des Kunden, die Anforderungen an neue Produkte stets zu kennen, die Annahme, dass es für Unternehmen von Vorteil wäre, ihn immer so früh als möglich in den Innovationsprozess mit einzubeziehen, seine Rolle sowie der Zeitpunkt der Kundenintegration. Ebenfalls wurde die Kundenintegration in Relation zur jeweiligen Innovationshöhe des neuen Produktes kritisch betrachtet. Bei radikalen Innovationsvorhaben stellt die Integration von Kunden eine besondere Herausforderung dar. Während bei inkrementellen Entwicklungsprojekten die Integrationsschritte und -phasen relativ gut dokumentiert sind, liefern bei radikal neuen Technologien und Produkten Kundenbeiträge oft nur einen beschränkten Mehrwert. Lösungen für dieses Problem sind, (1.) ein divergentes Denken zu betonen, (2.) das Verständnis von Benutzungssituationen (gegenwärtig als auch zukünftig) aufzubauen sowie (3.) den Zeitpunkt der Kundenintegration vorzuverlegen (O'Connor, 1998). Ausserdem wird empfohlen einen Katalysator zwischen Markt und Technologie zu installieren. Als Katalysator ist in diesem Zusammenhang ein verantwortlicher Mitarbeiter aus dem Bereich Business Development zu verstehen, der direkt innerhalb der F&E-Abteilung verortet ist. Solange die Person projektunabhängig und, basierend auf einer starken informellen internen Vernetzung, marktrelevante Daten sammeln, verdichten und an die F&E weiterleiten kann, werden nach O'Connor (1998) die Informationen von den F&E-Mitarbeitern akzeptiert. Geschieht die Erhebung von markt- und kundenrelevanten Daten jedoch auf klassische Art und Weise, stossen die Informationen F&E intern auf Ablehnung und werden als nicht geeignet angesehen, um radikale Innovation zu fördern (O'Connor, 1998). Ebenfalls akzeptanzfördernd wirkt sich ein Mitspracherecht der F&E bei der Auswahl der Marktforschungsmethoden aus. Bezogen auf radikale Innovationen werden im Vergleich zu inkrementellen Innovationsprozessen klar unterschiedliche Markforschungsmethoden benötigt. Diese müssen sehr viel kreativer und proaktiver sein als klassische Marktforschungsmethoden wie beispielsweise Quality Function Deployment oder die Conjoint Analyse. Basierend auf einem Vergleich von acht radikalen Innovationsprojekten zeigt O'Connor (1998) auf, dass sich neben den Methoden, auch die Inhalte zwischen inkrementellen und radikalen Innovationsprozessen unterscheiden. Fragen bezüglich Marktgrösse und Kundenakzeptanz spielen bei radikalen Projekten typischerweise erst in einer späteren Phase eine Rolle, wenn die technologische Machbarkeit (Feasibility) bereits nachgewiesen werden konnte. 44 Theoretische Grundlagen Obschon die Integration von Kunden in radikale Innovationsprojekte umstritten ist, sind Unternehmen weiterhin stark daran interessiert, um Unsicherheiten und mögliche Verluste durch nicht akzeptierte Produkte zu vermeiden. Es werden Lösungen gefordert, welche es erlauben, einen heute noch nicht existierenden potentiellen Kunden bereits in die Frühphase radikaler Innovationen zu integrieren, um somit zielgerichtete Ideen und Produktkonzepte zu generieren. 2.3 Emotionen im Neuproduktentwicklungsprozess Die traditionelle ökonomische Sichtweise auf den Kunden (Menschen) betrachtet diesen als ausgewiesenen Homo oeconomicus, der seine Entscheidungen immer perfekt rational trifft und sich durch konsistente Präferenzen auszeichnet, die sich nur an der Maximierung des individuellen Nutzens/Gewinns ausrichten (Kirchgässner, 2000; Grichnik, Smeja et al., 2010). Auswirkungen kognitiver Verzerrungen sowie der Einfluss von Emotionen wurden zu Beginn vor allem innerhalb der Nationalökonometrie, und der Mikroökonomie im Speziellen, als praktisch inexistent angesehen. Das Konzept des völlig rational agierenden Kunden oder auch Produzenten, wurde jedoch von diversen Seiten kritisiert. Schon früh wurden die Verhaltenseigenschaften des Homo oeconomicus durch verschiedene Ansätze erweitert, beispielsweise dem Ansatz der Bounded Rationality (Grichnik, Smeja et al., 2010). Der heutige Homo oeconomicus unterscheidet sich ganz erheblich von seinem traditionellen Vorgänger und wurde in der näheren Vergangenheit unter Einbezug von robusten psychologischen Erkenntnissen noch einmal massgeblich erweitert. Beeinflusst durch die Verschiebung von den klassischen Verkäufermärkten hin zu Käufermärkten begann man, den Kunden immer differenzierter wahrzunehmen und anzusprechen. Schlagworte wie Customizing und Segment of One-Marketing sind heute keine Fremdwörter mehr. Wird die Differenzierung durch blosse Funktionalitäten und objektiv wahrnehmbare Produkteigenschaften schwieriger, treten Individualisierung und damit emotionale Aspekte in den Vordergrund von Verkaufsbotschaften. Während sich zu Beginn vor allem die betriebswirtschaftliche Disziplin des Marketings die Erkenntnisse aus der Psychologie und Verhaltensforschung angeeignet hat (Bagozzi, Gopinath et al., 1999), befassen sich aktuell praktisch alle betriebswirtschaftlichen Disziplinen mit dem Thema Emotionen und deren Auswirkungen. Zu den wichtigsten von Emotionen beeinflussten Bereichen zählen neben dem klassischen Marketing auch Kreativität (Amabile, Barsade et al., 2005), Leadership (Amabile, Schatzel et al., 2004) und Entrepreneurship (Grichnik, Smeja et al., 2010). Es gilt als anerkannt, dass heute neben den genannten Bereichen jegliche Interaktion eines Unternehmens mit seiner Emotional Empathic Event 45 Umwelt von Emotionen beeinflusst ist. Der in dieser Arbeit verfolgte Ansatz orientiert sich grundsätzlich an den Bereichen des Marketings und der Kreativitätsforschung. 2.3.1 Definition der Emotion für die vorliegende Arbeit In dieser Arbeit werden Emotionen gemäss der psychologischen Perspektive von Frijda (1986) als Veränderungen von Zuständen der Aktionsbereitschaft verstanden. Frijda führt dazu vertiefend aus: "Emotions are changes in readiness for action as such, or changes in cognitive readiness, or changes in readiness for modifying or establishing relationships with the environment, or changes in readiness for specific concernsatisfying activities" (S. 466). Bagozzi et al. (1999) fassen diese ausführliche Defintion vereinfachend zusammen in dem sie Emotionen definieren als "mental states of readiness that arise from appraisals of events or one's own thoughts". Beiden Ansätzen ist inhärent, dass Emotionen, neben einer mentalen Aktionsbereitschaft, auch physiologische Prozesse beinhalten. Diese äussern sich oft durch physikalische Merkmale (z.B. Gestikulieren, Muskelanspannungen, Veränderung der Gesichtszüge) und manifestieren sich in konkreten Aktionen (emotionalen Erlebnissen), um die ausgelöste Emotion zu bewältigen. Emotionen beziehen sich aber immer auf die Bedeutung (Werte, Normen Ziele) sowie die individuellen, kognitiven Fähigkeiten der jeweiligen Personen (Bagozzi, Gopinath et al., 1999). Die Unterscheidung von Emotionen und Stimmungen (Moods) ist nicht immer ganz klar vorzunehmen. In der Literatur wird dazu grundsätzlich der Zeitfaktor als Abgrenzungsmerkmal verwendet. Emotionen sind nur von zeitlich begrenzter Dauer, während Stimmungen (Moods) über einen längeren Zeitraum bestehen können (Bagozzi, Gopinath et al., 1999). Als zusätzliches Unterscheidungsmerkmal wird auch der Auslöser (Stimulus) angeführt, welcher bei Emotionen zwingend, bei Stimmungen jedoch nicht notwendigerweise vorhanden sein muss (Frijda, 1986). Emotionen nehmen einen immer wichtigeren Stellenwert innerhalb der Betriebswirtschaft ein. In Bereichen, die sich bereits seit längerem mit dem Thema Emotionalität im Produktumfeld befassen (siehe oben), stand vor allem die Fragestellung der Beeinflussbarkeit emotionaler Zustände im Vordergrund, um das Verhalten in der Kaufsituation aktiv zugunsten des Unternehmens zu beeinflussen. Das vorrangige Gebiet für Emotionalität im Produktumfeld ist das Produktdesign sowie das Marketing. Beide Bereiche werden im folgenden Abschnitt, aufgrund der Relevanz für diese Arbeit, ausführlich behandelt. 46 Theoretische Grundlagen 2.3.2 Emotionen und Kundennutzen von Produkten und Innovation In Bezug auf Produkte spielen Emotionen sowohl beim Kauf als auch für die Befriedigung bei der Nutzung des Produktes nach dem Kauf (Desmet, Overbeeke et al., 2001) eine entscheidende Rolle. Dhar und Wertenbroch (2000) zeigen auf, dass die Produktauswahl und Kaufentscheidungen von Kunden nicht nur von rein rational utilitaristischen Bedürfnissen getrieben werden, sondern immer auch bestimmte hedonistische Komponenten beinhalten. Dabei ist festzuhalten, dass hedonistische Güter bei der Konsumation aufgrund einer stärkeren Interaktion und intensiveren Produkterfahrung (Spass und Freude) eine grössere Befriedigung hervorrufen, als dies utilitaristische Güter tun. Letztere sind eher instrumentell und funktional in ihrer Benutzung. Als hedonistische Güter nennen Dhar und Wertenbroch (2000) exemplarisch Designerkleider, Sportwagen, und Luxusuhren, als utilitaristische Güter Mikrowellenherde, Minivans und Personal Computer. In ihrer Studie zeigen sie auf, dass bei der Entscheidung des Kunden, je nach Situation, die utilitaristischen oder aber die hedonistischen Werte überwiegen. Bei Entscheiden über eine erstmalige Beschaffung, die zwangsläufig mit grossen Unsicherheiten bezüglich dem wirklichen Wert und der Performance einhergehen, überwiegen klar definierbare und erkennbare utilitaristische Werte. Bei Entscheidungen mit einem klaren Referenzpunkt hingegen überwiegen oft hedonistische Werte. Vor allem in Situationen, in denen sich der Kunde zwischen Alternativen entscheiden muss, die einen Verlust/Abnahme von aktuell vorhandenen Produktausprägungen beinhalten, konnten sie nachweisen, dass hedonistische Werte überwiegen. Hedonistische Werte werden stärker mit Emotionen in Verbindung gebracht, während utilitaristische Werte für rationale Aspekte stehen. Hedonistische Werte sind jedoch nicht mit Emotionen gleichzusetzen. Denn Emotionen sind ein sehr individuelles Phänomen und es ist sehr schwer, ein Produkt zu entwickeln, das die Emotionen einer grossen Anzahl Menschen auf die gleiche Art und Weise positiv beeinflusst. Jede Person wird andere Emotionen zum selben Produkt entwickeln. Desmet und Hekkert in (2001) gehen jedoch davon aus, dass obwohl jeder Mensch individuelle emotionale Reaktionen zeigt, nur eine beschränkte Anzahl Parameter für die Entstehung von Emotionen verantwortlich sind. Sie entwickelten ein Model für Produktemotionalität, das auf einer kognitiv-funktionalistischen Perspektive basiert (Desmet, Overbeeke et al., 2001). Funktionalistisch betrachtet definiert sich eine Emotion nach (Desmet, Overbeeke et al., 2001) wie folgt: "the felt tendency toward anything intuitively appraised as beneficial, or away from anything intuitively appraised as harmful". Die von ihnen eingenommene Sichtweise ordnet Emotionen eine Funktion zu, die das menschliche Verhalten in einer positiven Art und Weise steuert. Emotional Empathic Event 47 Desmet und Overbeeke (2001) fassen zusammen: "in short, emotions will pull us towards 'good' stimuli and push us away from 'bad' stimuli." Was das Individuum als "gut" oder "schlecht" empfindet, trifft dabei auf eine grössere Anzahl von Individuen zu, als dies in Bezug auf die individuelle emotionale Reaktion der Fall ist. Frijda (1986) verweist diesbezüglich darauf, dass Wertvorstellungen jeweils für einzelne Staaten gelten können und gleichzeitig persönliche (konstante) Lebensmotive darstellen. Initiator für die Auslösung bestimmter Emotionen ist ein gewisser Stimulus, welcher als positiv oder negativ empfunden wird, je nach dem, ob er dazu beiträgt, einen gewünschten Zustand zu erreichen oder einen daran hindert. Es ist davon auszugehen, dass grundlegende Wertvorstellungen über "gut" und "schlecht" nicht nur für bestimmte Kulturen, sondern letztendlich auch für einzelne Kundensegmente übereinstimmen. Emotionen werden aufgrund bestimmter Stimuli ausgelöst. Ob diese Stimuli physischer Natur oder blosse mentale Konstrukte sind, ist dabei unbedeutend. Ein Stimulus per se löst jedoch noch keine Emotionen aus. Erst die individuelle Bedeutung durch den Abgleich mit persönlichen Lebensmotiven entscheidet darüber ob, und wenn ja, welche Emotionen durch den Stimulus ausgelöst werden. Emotion Produkt Person Ziele Standards Wertschätzung Stimulus Einstellungen Quelle: Desmet & Hekkert (2000) Abbildung 7: Modell der Produktemotionalität 48 Theoretische Grundlagen Bezogen auf Produkte bilden sowohl konkrete Produkteigenschaften wie auch damit verbundene Assoziationen den Stimulus. Als Lebensmotive oder Interessen unterscheiden Desmet und Overbeeke grundsätzlich drei Typen: (1.) Ziele (Goals), welche sie als Interessen bezeichnen, die das Individuum unbedingt erreichen will. Diese Ziele wiederum können utilitaristischer, sozialer oder hedonistischer Ausprägung sein. Produkte werden als positiv wahrgenommen, wenn sie zur Erreichung dieser Ziele beitragen. Stehen sie jedoch in Konflikt mit den jeweiligen Zielen, wirkt sich dies negativ auf die Wahrnehmung aus. (2.) Standards, die sich in Glaubensgrundsätzen, Normen und Konventionen wiederspiegeln, mittels derer das Individuum definiert, wie "Etwas" sein sollte. Korrelieren Produkteigenschaften mit diesen Vorstellungen, wird es als positiv (wünschenswert) betrachtet, konfligieren sie mit diesen, wirkt sich dies negativ auf die Wahrnehmung aus. (3.) Einstellungen (Attitudes) als persönliche Neigungen bezüglich "liking" und "disliking" von bestimmten Produkteigenschaften oder Produktkategorien. In der Realität wirken sich Stimuli nicht eindimensional auf einen der drei Interessenstypen aus, sondern wirken auf Interesse als ein komplexes Konstrukt. Dabei können alle drei Typen gleichzeitig und in verschiedener Ausprägung untereinander interagieren. Eine Person kann ein Produkt sehr schön finden, es als absolut wünschenswert erachten und dennoch davon enttäuscht sein, da es nicht alle Funktionen besitzt, die aus einer utilitaristischen Perspektive gefordert werden. Ein neues Auto, das dem Kunden gefällt, könnte beispielsweise über nur zwei Plätze verfügen, wohingegen der Kunde eine Familie mit drei Kindern hat. Bezogen auf die Entwicklung von Produkten, die dem Kunden einen emotionalen Mehrwert liefern sollen, nennen Desmet & Overbeeke (2001) vor allem das Design, als zentrales Trägerelement von Emotionen. Dies bestätigen auch Experimente von Page und Herr (2002), die aufzeigen, dass Design und Ästhetik einen direkten und signifikanten Einfluss auf das "liking" eines Produktes haben. Aber nicht nur Design und Ästhetik beeinflussen Emotionen, sondern auch andere Aspekte des Produktes wie beispielsweise seine Funktionalitäten, Markenname, Produktverhalten oder mit dem Produkt assoziierte Werte und Vorstellungen. Trotz des vermehrt geforderten Konzepts des "design for emotions" (Desmet, 2003) gilt dieses Unterfangen als äusserst schwierig. Desmet (2003) versucht dieser Komplexität ansatzweise gerecht zu werden, in dem er Produktemotionen aufgrund des jeweiligen Bewertungskonzeptes zu klassifizieren versucht. In Anlehnung an diverse wissenschaftliche Beiträge und Studien unterscheidet er fünf unterschiedliche Produktemotionsklassen mit den dazugehörigen Bewertungskonzepten und Lebensmotiven. Emotional Empathic Event Anliegen 49 Beurteilung Neuheit Ziel Motivbefolgung Einstellung Intrinsische Freude Standard Legitimität Herausforderung & Versprechen Emotion Überraschungsemotionen (z.B. Überraschung, Verblüffung) Instrumentelle Emotionen (z.B. Enttäuschung, Befriedigung) Ästhetische Emotionen (z.B. Ekel, Anziehung) Soziale Emotionen (z.B. Empörung, Verehrung) Interessens Emotionen (z.B. Langeweile, Faszination) Quelle: Desmet (2003) Abbildung 8: Klassifikation von Produktemotionen Überraschungsemotionen entstehen durch den Abgleich mit allen drei Arten der relevanten Lebensmotive anhand des Bewertungskriteriums Neuheit. Sie sind demnach nicht an einen bestimmten Lebensmotivtyp gebunden. Instrumentelle Emotionen entstehen, wenn Produkte helfen, ein individuelles Ziel zu erreichen. Dieser Klasse liegt die Annahme zu Grunde, dass jeder Produktkauf mit einer bestimmten Absicht, einem bestimmten Motiv, geschieht, da nicht unendlich viele Ressourcen vorhanden sind. Das Produkt wird dadurch zum Instrument, welches den Kunden hilft oder sie daran hindert, ihre Ziele zu erreichen. Ästhetische Emotionen entstehen auf Grund der Tatsache, dass Produkte physikalische Objekte sind, welche ein individuelles Aussehen besitzen, einen eigenen Geschmack haben, riechen und auch individuell klingen. Da jedes dieser Charakteristika durch die Sinne positiv oder negativ wahrgenommen werden kann, setzt ihnen Desmet das Bewertungskriterium des intrinsischen Gefallens gegenüber. Auf Seiten der Lebensmotive korreliert "gefallen" mit dem Typus Einstellungen, da diese die Basis dafür bilden, was wir mögen oder eben nicht mögen. Einstellungen können dabei angeboren oder erlernt sein. Soziale Produktemotionen korrelieren mit dem dritten Lebensmotivtyp, den Glaubensgrundsätzen, aufgrund derer Menschen definieren, was wünschenswert ist (wie die Dinge sein sollten) und was nicht. Da die meisten dieser Grundsätze sozial erlernt und geprägt sind, berücksichtigen sie im speziellen Masse das Umfeld, in welches Produkte und ihre Benutzung eingebettet sind. Soziale Werte und Normen werden normalerweise mittels des Kriteriums der Legitimität bewertet. 50 Theoretische Grundlagen Interessensbasierte Emotionen stellen auf Grund der Tatsache, dass ihnen kein spezifischer Lebensmotivtyp gegenübergestellt wird, eine spezielle Art der Produktemotionen dar. Desmet definiert sie als Emotionen, die eine Neigung zur Herausforderung darstellen, welche kombiniert ist mit einer Art Versprechen. Dabei spielt auch der Aspekt der Stimulation eine wichtige Rolle. Seine Aussage basiert auf der psychologischen Annahme, dass Menschen intrinsisch motiviert sind, einen optimalen Grad an Erregung (State of arousal) zu erreichen. Jede Abweichung davon wird grundsätzlich als negativ wahrgenommen und löst einen bestimmten Handlungsdrang aus, den optimalen Zustand wieder zu erlangen. Interessensbasierte Emotionen sind den ästhetischen sehr ähnlich. Die Klassifizierung in fünf Emotionsarten zeigt die Komplexität des Konstrukts Produktemotion und die Schwierigkeit mittels Produktausprägungen, gezielt Emotionen beim Kunden auszulösen. Grund dafür sind Interaktionen, die es zwischen den Emotionsklassen, deren Bewertungskriterien und den zu Grunde liegenden Lebensmotiven gibt. Will ein Designer Produkte emotional aufladen, so benötigt er ganz konkretes Wissen über die Ziele, die Standards sowie die Einstellungen der möglichen Kunden oder Kundensegmente. Dabei halten die beiden Autoren fest, dass der direkte Kontakt mit potentiellen Kunden der indirekten Kommunikation über Marktforschungseinheiten vorzuziehen ist. Zur Erhebung des benötigten Kundenwissens gibt es eine grosse Anzahl an Methoden aus den Bereichen der Psychologie, Soziologie, Design und dem Marketing. Desmet und Overbeeke (2001) heben speziell die "Means-End-Analyse" hervor, um festzustellen, wie Produkte bei der Erreichung von persönlichen Zielen helfen. Weiter nennen sie das "Laddering" als eine Tiefeninterview-Technik oder das Semantische Differenzial, um herauszufinden, welche Vorstellungen Personen mit bestimmten Begriffen, Funktionalitäten oder Produkten verbinden. All diesen Methoden gemeinsam ist, dass sie oft sehr spezifische Fähigkeiten und viel Zeit benötigen. 2.3.3 Emotionen und Kreativität Kreativität ist gemäss Sternberg (1999) definiert durch die Fähigkeit, Werke zu schaffen, welche gleicherweise neu (z.B. originell, unerwartet) und angemessen sind (z.B. nützlich, den Umständen entsprechend angepasst) (S. 3). Werke können dabei physische Produkte, Lösungsansätze, Modelle, Ideen oder auch Kunstwerke sein. Neben den individuellen Voraussetzungen ist auch das organisationale sowie das gesellschaftliche Umfeld von grosser Relevanz, um kreative Leistungen erbringen zu können. Aus emotionaler oder affektorientierter Sicht ist vor allem das organisationale Emotional Empathic Event 51 Umfeld relevant. Organisationen gelten als affektiv aufgeladene Zonen (Amabile, Barsade et al., 2005). Unter dem Konstrukt Affekt werden die beiden Konzepte Emotionen und Stimmungen (Moods) verstanden. Beide Konzepte haben einen nachgewiesenen Einfluss auf die Leistungsbereitschaft, die Leistungsqualität sowie die Produktivität und Effizienz von Individuen. Kreativität ist ein Ansatz, um den in den vorhergehenden Kapiteln beschriebenen Herausforderungen zur Generierung von neuen und frischen Lösungsansätzen für Produkte gerecht zu werden. Der kreative Prozess benötigt bestimmte kognitive Fähigkeiten und wird von Amabile (2005) als affektiv aufgeladener Event bezeichnet (S. 367). Während innerhalb des Marketings und des Produktdesigns Emotionen im Zentrum stehen, sind es in Bezug auf den kreativen Prozess vor allem die Stimmungen (Moods). Bisher konnte nicht klar aufgezeigt werden, dass der kreative Einfall oder Prozess konkrete Emotionen auslöst (Amabile, Barsade et al., 2005). Was jedoch verschiedene Studien und autobiographische Reports aufzeigen, ist, dass der allgemeine Stimmungszustand durchaus einen Einfluss auf den kognitiven Prozess und die Motivation für eine kreative Problemlösung haben. In ihrer Studie zeigen Amabile et al. (2005) auf, dass innerhalb eines Unternehmenskontextes grundsätzlich gilt: Je positiver ein Mitarbeiter gestimmt ist, umso kreativer ist er oder sie (S. 391). Daneben fanden sich vier markant unterschiedliche Muster, wie Emotionen oder Stimmungen innerhalb des kreativen Prozesses auftreten können. Erstens als Ursache oder Auslöser von Kreativität, zweitens als direkte oder drittens indirekte Konsequenz von Kreativität und viertens können Affekte simultan mit der kreativen Aktivität auftreten. Obschon empirisch noch nicht eindeutig bewiesen ist, wie genau Affekte auf Kreativität wirken, zeigen die Ergebnisse von Amabile et. al. (2005), dass Emotionen und kreative Prozesse auf verschiedenste Art und Weise miteinander verbunden sind. Sehr viel klarer als in Bezug auf den kreativen Prozess selbst ist der Einfluss des emotionalen Umfelds auf die individuelle Fähigkeit, kreativ zu sein. Innerhalb eines Unternehmens wird dieses Umfeld massgeblich durch die entsprechenden Kollegen und Führungskräfte gestaltet. Der folgende Absatz befasst sich daher mit den Einflussfaktoren und Auswirkungen von Leadership auf das Arbeitsumfeld und auf den Mitarbeiter selbst. 52 Theoretische Grundlagen 2.3.4 Emotionen und Leadership Kreative Prozesse hängen, neben einer Vielzahl anderer Faktoren, vom Zustand des Umfeldes ab, in dem sie stattfinden. Dieses wird im betriebswirtschaftlichen Umfeld durch die Organisation, sprich seine Organe sowie die Mitarbeitenden gestaltet und gepflegt. Neben Strukturen, Prozessen und Strategien gehören vor allem die Kultur und die damit verbundenen Wertvorstellungen zu den wichtigsten Einflussgrössen auf den Stimmungszustand der Mitarbeiter. Noch entscheidender ist der Einfluss der jeweiligen Führungskräfte. Amabile et al. (Amabile, Conti et al., 1996; Amabile, Schatzel et al., 2004; 2005) konnten aufzeigen, dass es Führungskräfte benötigt, welche motivierend wirken, Freiräume schaffen und auf Mitarbeiter zugeschnittene, herausfordernde Aufgaben verteilen. Es wurde aufgezeigt, dass beispielsweise positives Feedback auch einen positiven Einfluss auf die kreative Leistung eines Mitarbeiters hat. Weiter wurde aufgezeigt, dass der emotionale Zustand der Führungskraft selbst einen unmittelbaren Effekt auf das Innovationsverhalten von Mitarbeitern haben kann (Krause, 2004). Es zeigte sich ebenfalls, dass organisationale Events den Gemütszustand von Mitarbeitenden beeinflussen können und somit entweder förderlich oder hinderlich sind für kreatives Arbeiten. Daraus zu schliessen, dass nur in einem fröhlichen, entspannten und lockeren Umfeld kreative Ideen entstehen können, wäre jedoch falsch. Es braucht durchaus einen gewissen äusserlichen Druck damit Mitarbeiter überhaupt beginnen, aktiv und kreativ Probleme zu lösen. Ist dieser Druck oder Missstand ungenügend hoch, so besteht für das Individuum kein Grund, etwas an der bestehenden Situation zu verändern. Ist der Druck hingegen zu hoch, so sind Personen zwar motiviert, den Zustand zu verändern, können jedoch nicht mehr ihr volles kognitives Potential abrufen. Dieses ist für das Generieren von neuen und nützlichen Lösungen jedoch unablässig (Sternberg, 1999; Krause, 2004). Ist für den Designer für emotionales Produktdesign das Wissen über die Kunden wichtig, so ist es für die Führungskraft zentral, ihre Mitarbeiter zu kennen, um sie mit den entsprechenden Mitteln in einen optimalen kreativen Zustand versetzen zu können. Ausgerichtet auf den Fokus dieser Arbeit wird im folgenden Abschnitt vertieft auf die Stellung von Kreativität in der frühen Innovationsphase eingegangen. Denn Kreativität ist ein zentraler Bestandteil der Ideengenerierung innerhalb von Innovations- und Problemlösungsprozessen. Emotional Empathic Event 53 2.4 Kreativität und Crossvergenz im Neuproduktentwicklungsprozess Bezogen auf die Frühphase der Entwicklung von radikal neuen Produkten lässt sich feststellen, dass neben der Generierung des notwendigen Wissens über mögliche zukünftige Märkte und deren Kunden vor allem auch die Ideengenerierung eine zentrale Rolle spielt. Dabei wird von mehreren Autoren aufgezeigt, dass sich nicht nur der Innovationsprozess an sich (Lynn et al., 1996), sondern auch der Prozess der Ideengenerierung grundlegend von demjenigen inkrementeller Innovationen unterscheidet. Dies vor allem auf Grund der Tatsache, dass das Ziel eines solchen Ideengenerierungsprozesses in der Entwicklung von alternativen und völlig neuartigen Anwendungen liegt. Er steht daher im Gegensatz zur täglichen Routine und dem vorhandenen Wissen in etablierten Unternehmen und ist somit für das Unternehmen (und die Projektteams im Speziellen) ungewohnt. Das Aneignen von Wissen über Alternativen und die Fähigkeit, diese zu evaluieren, sind dabei kritische Erfolgsfaktoren (O'Connor, 1998). Radikale Prozesse und Ideen stossen in etablierten Unternehmen oft auf verschiedenste Hindernisse. Das gewachsene Unternehmensgedächtnis sowie etablierte Routinen und Standards gelten als vorrangige Hürden. Während erstere das unternehmerische Improvisieren und das Vorstossen in neue Märkte und Anwendungsfelder verhindern, behindern letztere die Möglichkeiten, sich ausserhalb der existierenden Muster zu bewegen (O'Connor, 1998). Gerade für die Entstehung von radikalen Innovationen ist jedoch das Ausbrechen aus dem gewohnten Umfeld (Komfortzone) eine Grundvoraussetzung. Es ist deshalb nachvollziehbar, dass Kreativitäts- und Ideengenerierungsprozesse für radikale Innovationen anders gestaltet sein müssen, als dies für inkrementelle Innovationen der Fall ist. Betrachtet man die Kreativitätsliteratur, stellt man fest, dass zwei grundlegende Arten des kreativen Denkens unterschieden werden. Es sind dies das divergente Denken und das konvergente Denken. Im Bereich der Kreativität wurde vor allem seit den Arbeiten von Guilford (1949 / 1950, in Cropley 2006) das divergente Denken in den Fokus verschiedenster Beiträge gestellt. Cropley (2006) stellt fest, dass divergentes Denken anschliessend sehr schnell als Synonym für Kreativität verwendet und konvergentem Denken ein zeitweise sogar negativer Touch angehaftet wurde. In den letzten Jahren wurde jedoch von mehreren Autoren darauf hingewiesen, dass Kreativität sowohl die divergente als auch die konvergente Komponente benötigt, um erfolgreich neue und umsetzbare Ideen zu generieren. 54 Theoretische Grundlagen Cropley (2006, S. 391) beschreibt divergentes Denken wie folgt: "Divergent thinking,…, involves producing multiple or alternative answers from available information. It requires making unexpected combinations, recognizing links among remote associates, transforming information into unexpected forms, and the like." Der Prozess der Divergenz beinhaltet dementsprechend zwangsläufig eine gewisse Offenheit gegenüber andersartigen und unbekannten Einflüssen, Informationen und Wissensgebieten, mit anderen Worten: ein Ausbrechen aus bekannten Routinen und Mustern. Basierend auf der Erkenntnis, dass durch die Kombination von komplett verschiedenartigen Bereichen echte Innovationen entstehen können, sind in der näheren Vergangenheit auch neue Ansätze innerhalb des Innovationsmanagements aufgekommen, die eine solche Kombination des Unerwarteten erlauben. Das bekannteste Beispiel ist der Open-Innovation-Ansatz von Chesbrough (2003). Auch andere Autoren verweisen auf die vermehrte Verflechtung von zuvor komplett unterschiedlichen Branchen (Bröring, 2007 / Gassmann & Enkel 2004). Bezogen auf radikale Innovationen ist deshalb ein mehrheitlich divergentes Denken zu erwarten (O'Connor, 1998), da solche Innovationen definitionsgemäss eine hohe Anzahl Ideen mit einem grossen Spannungsfeld und einem hohen Mass an Neuigkeit und Ungewöhnlichkeit bedingen (Stevens & Burley, 2003). Konvergentes Denken hingegen führt nicht zu einer Vielzahl an Lösungen, sondern die gesammelten Informationen werden in Bezug auf die einzig richtige Antwort ausgewertet. Cropley (2006, S. 391) beschreibt dies wie folgt: "Convergent thinking is oriented toward deriving the single best (or correct) answer to a clearly defined question. It emphasizes speed, accuracy, logic, and the like and focuses on recognizing the familiar, reapplying set techniques, and accumulating information…it leads to a single best answer and thus, leaves no room for ambiguity." Konvergentes Denken scheint deshalb vor allem in Situationen geeignet, in denen die eigentliche Antwort auf eine klare Frage oder Problemstellung bereits vorhanden ist und eigentlich nur noch aus den vorhandenen Informationen extrahiert werden muss. Dies geschieht durch den Einsatz bekannter und konventioneller Such-, Verarbeitungsund Entscheidungsstrategien. Im Kontext radikaler und inkrementeller Innovationen erscheint es daher plausibel, dass konvergentes Denken vor allem im Zusammenhang mit Selektionsprozessen sinnvoll ist. Die nach Cropley oft verbreitete Meinung, dass allein divergentes Denken radikale Innovationen hervorbringen kann, erscheint oberflächlich einleuchtend, erweist sich jedoch bei genauerer Betrachtung als Trugschluss. Sowohl Geschka (2005) als auch Cropley (2006) zeigen auf, dass der kreative Prozess beide Denkarten beinhalten muss, Emotional Empathic Event 55 um nicht Gefahr zu laufen, blosses Wunschdenken und Utopien zu produzieren. Eine Bewertung und Selektion der generierten Ideen ist deshalb zwingend. Dies ist umso wichtiger, als gerade im betriebswirtschaftlichen Umfeld erfolgreiche Ideen zwingend eine praktische Umsetzung bedingen. Während Geschka (2005) konvergentes Denken vor allem in der Phase der Ideenauswahl beschreibt, zeigt Cropley (2006), dass konvergentes Denken bereits vor der eigentlichen Ideengenerierung eine zentrale Rolle spielt. Er bezeichnet konvergentes Denken dabei als die Basis, auf welcher kreatives und divergentes Denken erst ermöglicht wird und sich in Form von Wissen konstitutionalisiert. Mit anderen Worten, Ideen tauchen nicht einfach plötzlich aus dem Nichts auf, sondern basieren immer auf dem vorhandenen impliziten oder taciten Wissen des Individuums. Diesen Umstand gibt ein Zitat von Louis Pasteur (1854) sehr treffend wieder: "Chance favors only the prepared mind". Divergentes Denken 2. Ideenfindung 1. Problemklärung Ideen, Lösungsansätze • viele Ideen • offen • alles ist zugelassen •Thema wird ausgelotet Konvergentes Denken 3. Ideenauswahl Auswahl, Fokussierung • wenige Vorschläge • machbar • wirkungsvoll • effizient • wirtschaftlich 4. Umsetzungsentscheidung Quelle: Geschka (2006) Abbildung 9: Der kreative Problemlösungszyklus Konvergenz und Divergenz spielen nicht nur bei Kreativität eine zentrale Rolle, sondern zeigen sich innerhalb des Innovationsmanagements auch an verschiedenen weiteren Stellen. Wie bereits erwähnt hat sich, ausgehend vom Open-InnovationParadigma (Chesbrough, 2003), die Erkenntnis durchgesetzt, dass Unternehmen in der heutigen Zeit nicht mehr alles intern "erfinden und entwickeln" können, sondern ihren Innovationsprozess vermehrt öffnen müssen. Ausgehend von der Öffnung des Innovationsprozesses haben sich weitere Subströmungen ausgebildet, wie beispielsweise der Bereich der Cross-Industry-Innovation (Gassmann & Enkel 2004) oder die Beiträge von Bröring (2007) zum Phänomen der zunehmenden Industriekonvergenz und deren Auswirkungen auf die frühe Phase des 56 Theoretische Grundlagen Innovationsmanagements. Diesen Ansätzen gemeinsam ist die Idee, dass radikale Innovationen durch eine Kooperation komplett unterschiedlicher Partner aus z.T. unterschiedlichen Branchen und Industrien gefördert werden. Dadurch wird vermehrt fremdes Denken im Innovationsprozess zugelassen und Divergenz gefördert. Wie bereits im Abschnitt zu radikale vs. inkrementelle Innovationen behandelt, zeigt sich auch in Bezug auf Divergenz und Konvergenz, dass beide Formen unterschiedliche Ansprüche an die Organisation und Gestaltung der benötigten Prozesse und Strukturen stellen. Ein weiterer Bereich, in welchem Konvergenz und Divergenz eine wichtige Rolle spielen, bildet das Internationale Management. Dabei wird vor allem im Bezug auf Hofstede (1980) die Frage diskutiert, ob die Globalisierung der Wirtschaftsaktivitäten und der zunehmende Austausch an Humanressourcen zwangsläufig einen einzigartigen Managementtypen erfordern. Im Sinne der Konvergenz würde dieser Typ Manager in allen globalen Unternehmen einheitliche Ausprägungen aufweisen. Dem gegenübergestellt würde der Aspekt der Divergenz bedeuten, dass sich die Typologien verstärkt an ihren nationalen Kulturen und Ideologien ausrichten. Kultur (Western/Eastern) und Ideologie (Capitalism/Socialism) spannen als unabhängige Variablen eine Matrix auf, in der sich vier idealtypische Zustände abbilden lassen. Ralston et al. (1993) stellen fest, dass sowohl Konvergenz als auch Divergenz Extrempositionen abbilden und argumentieren, dass weder der eine noch der andere Zustand die Praxis adäquat abbildet. Sie entwickeln deshalb das Konzept der Crossvergenz, das sie als Zustand zwischen den idealtypischen Werten von Kultur und Ideologie beschreiben. Dabei verstehen sie Crossvergenz nicht als einen statischen, sondern als einen dynamischen, zeitlich beschränkten, aber dennoch eigenständigen Zustand. Sie definieren Crossvergenz wie folgt: "Crossvergence occurs when an individual incorporates both national culture influences and economic ideology influences synergistically to form a unique value system that is different from the value set supported by either national culture or economic ideology". Das Konzept der Crossvergenz ist für diese Arbeit von Bedeutung, weil die Anwendung von emotionalen Konzepten über die blosse punktuelle Konvergenz zwischen Marketing und F&E hinausgehen muss. Emotional Empathic Event 57 2.5 Referenzmodell für die Fallstudienanalyse Das Ziel dieser Forschungsarbeit ist es, neben der Beantwortung der eigentlichen Forschungsfrage, auch einen Beitrag zur bestehenden Managementliteratur und Managementheorie zu leisten. Um einen solchen Beitrag leisten zu können und gleichzeitig die Datenerhebung und Auswertung unterstützend zu vereinfachen, hilft die Entwicklung eines Referenzmodells (Miles und Huberman, 1994). Ein solches Referenzmodell hilft den Prozess der Datenerhebung zu strukturieren und fördert ein besseres Verständnis der Thematik. Zudem erweitert es die Perspektive mittels derer die relevanten Daten aus den Fallstudien aufbereitet und ausgewertet werden. Das Referenzmodell basiert auf einer extensiven Analyse der relevanten Literatur und dient als Ausgangspunkt für die Bildung von Arbeitshypothesen. Das Referenzmodell ist das Ergebnis aus verschiedenen Literaturströmen der Managementliteratur wie der Innovationsforschung, der Marktforschung, der Psychologie und der Kreativität (vgl. Abbildung 1). Entsprechend der Forschungsfrage liegt ein besonderer Fokus auf dem Bereich der Emotionalisierung von F&EMitarbeitern, um die Entstehung erfolgreicher Innovationen zu fördern. Basierend auf der vorangegangenen Literaturanalyse wird die Annahme getroffen, dass emotionale Zustände latente zukünftige Kundenbedürfnisse repräsentieren können. Ein zentrales Element dieser Arbeit sind die F&E-Mitarbeiter als Individuen, welche das Subjekt für den betrieblichen Ideengenerierungsprozess verkörpern. Jeder einzelne F&EMitarbeiter vereint in sich berufliche wie auch persönliche Ziele, Standards und Einstellungen, nach denen er handelt und urteilt. Um ein Individuum in einen emotionalen Zustand zu versetzen, wird ein Stimulus benötigt. Für diese Forschungsarbeit wird angenommen, dass es sich bei diesem Stimulus um spezifisch aufbereitete Informationen über die Zukunft (z.B. latente Kundenbedürfnisse) handelt. Wie Erkenntnisse aus der Emotionsforschung zeigen, entstehen Emotionen nur dann, wenn dieser Stimulus eine entsprechende Resonanz auf Seiten der individuellen Ziele, Standards und Einstellungen auslöst. Die Reaktion kann sowohl positiv wie auch negativ sein. Ist sie jedoch neutral, entstehen keine Emotionen. Durch eine Identifikation mit dem entsprechenden Stimulus erfolgt eine Transformation des rationalen F&E-Mitarbeiters zum emotionalisierten F&E-Mitarbeiter. 58 Theoretische Grundlagen Ein wichtiger Bestandteil des Innovationsprozesses stellt die Kreativität dar. Kreativität, als Prozess und Methodik bestimmt massgeblich die Menge und Qualität der generierten Ideen. Dem Referenzmodell implizit ist die Annahme, dass der emotionalisierte F&E-Mitarbeiter in Bezug auf radikale Innovationen Ideen generiert, die kreativer und fokussierter und somit von höherer Qualität sind. Zusammenfassung der Arbeitshypothesen: 1. Emotionale Zustände repräsentieren zukünftige Kundenbedürfnisse. 2. Stimulus der Emotionalisierung sind verdichtete Informationen über die Zukunft. 3. Emotionen entstehen nur wenn die Stimuli relevant sind für individuelle Ziele, Einstellungen und Standards. 4. Gelingt die Emotionalisierung, werden rationale F&E-Mitarbeiter in emotional aufgeladene F&E-Mitarbeiter transformiert. 5. Emotionalisierte F&E-Mitarbeiter generieren zielgerichteter Ideen. F&E Mitarbeiter Nicht fokussierte Kreativität Informationen über die Zukunft Emotionalisierter F&E Mitarbeiter Ziele Standards Einstellungen Identifikation / Transformation Fokussierte Kreativität Stimulus Abbildung 10: Referenzmodell der Emotionalisierung Das Modell stellt somit nicht nur die abstrakte Darstellung theoretischer Forschungsergebnisse dar, sondern auch einen Prozess, wie Unternehmen das Konstrukt der Emotionalisierung innerhalb ihrer Ideengenerierungsprozesse umsetzen können. Durch die Ausrichtung der Forschungsaktivitäten an diesem Framework Emotional Empathic Event 59 ergibt sich das Potential, konkrete Ergebnisse zu erzielen und dadurch einen Beitrag zur bestehenden Innovationsforschung zu leisten. Da es sich beim hier gewählten Forschungsvorgehen um ein iteratives Verfahren handelt, wird das vorgestellte Referenzmodell nicht als unumstösslich betrachtet, sondern soll es ermöglichen, im Zuge neuer Erkenntnisse entsprechend adaptiert zu werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die in dieser Forschungsarbeit beobachteten realen Prozesse und Gegebenheiten so exakt wie möglich dargestellt und reflektiert werden. Zudem erlaubt der Prozess der Adaption das Formulieren entsprechender Hypothesen, durch deren Bestätigung oder Falsifikation die bestehende Literatur ergänzt werden kann. 60 Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen 3 Fallstudien Industrie von Emotionalisierungsprozessen in der Die Datenerhebung und -aufbereitung orientierte sich gundsätzlich am entwickelten Referenzmodell. Um die einzelnen Fallstudien vergleichbar zu machen, orientiert sich auch deren Struktur an den Bestandteilen des Referenzmodells. Die Grundstruktur für die Fallstudien ist die folgende: Kurzvorstellung des Unternehmens oder Industrie: Zu jedem Unternehmen werden die wichtigsten Daten zum wirtschaftlichen Umfeld sowie zu den relevanten Märkten und Kunden präsentiert. Projektumfeld: Die für das untersuchte Projekt relevanten Parameter bezüglich organisationaler Bezugsrahmen, Ressourcen und Managementsupport werden beschrieben. F&E-Mitarbeiter: Informationen über die beteiligten und ausgewählten Prozessteilnehmer werden präsentiert sowie Angaben über zentrale Rollen und involvierte Stellen (bspw. Top-Management) gemacht. Emotionale Kundenwelt: Der Prozess der Generierung und Ausgestaltung emotionaler Kundenwelten wird aufgezeigt. Ansätze, Methoden und Vorgehensweisen erläutert. Prozess der Emotionalisierung: Die Vorgehensweise, wie die involierten Teilnehmer in die emotionale Kundenwelt integriert werden, wird erläutert. Angaben über Methoden und Prozesse der emotionalen Stimulierung werden gemacht. Zusammenfassung: Der letzte Absatz gibt in einer kurzen Zusammenfassung die fallspezifischen Erfolgsfaktoren und Erkentnisse wieder. Emotional Empathic Event 61 3.1 Automobil AG: Projekt Inventionsgenerierung Die Automobil AG ist ein globaler Automobilkonzern, unter dessen Dach verschiedene Marken aus verschiedenen europäischen Ländern vereint sind. 2009 setzte der Automobil AG-Konzern weit mehr als 5 Mio. Fahrzeuge ab und generierte einen Umsatz im dreistelligen Milliarden Euro-Bereich. In zahlreichen Fertigungsstätten arbeiten weltweit mehrere hunderttausend Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Im selben Jahr befanden sich die konzernweiten F&E-Ausgaben im mittleren einstelligen Mrd. Euro Bereich, was einer F&E-Quote von ca. 6 % entspricht. Insgesamt arbeiteten konzernweit mehrere zehntausend Mitarbeitende im Bereich Forschung und Entwicklung. 2008 wurde eine strategische Initiative zur Integration der konzernweiten F&EAnstrengungen lanciert, um diese voranzutreiben und damit einen integrativen Gesamtprozess des Innovationsmanagements zu etablieren. Dieser Gesamtprozess umfasst neben dem Geschäftsbereich Forschung und Entwicklung auch die Bereiche Beschaffung, Produktion, Vertrieb und Komponenten und betrifft alle eigenständigen Marken. Dem Risiko, die Kundenbedürfnisse bei der Entwicklung unzureichend zu berücksichtigen, begegnet die Automobil AG auf Konzernebene mit umfangreichen Trendanalysen, Kundenbefragungen und Scouting-Aktivitäten. Dadurch wird versucht, Trends frühzeitig zu erkennen und ihre Relevanz für bestehende und zukünftige Kunden zu überprüfen. Dazu hat die Automobil AG die Abteilung Zukunftsforschung und Trendtransfer ins Leben gerufen. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf diese spezielle Abteilung. 3.1.1 Projektumfeld Die Abteilung Zukunftsforschung und Trendtransfer umfasst 13 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und analysiert gesellschaftliche und technologische Entwicklungen. Die Aufgaben umfassen die vier Hauptfelder Gesellschaftliche Frühaufklärung, Politische Frühaufklärung und Technologische Frühaufklärung sowie die Forschungsförderung. Inputs für die Gesellschafts- und Umweltanalysen stammen aus Interviews, Filmen, Texten, Szenarien, Studien und 360 Grad Analysen sowie Feedbacks. Outputs sind Forschungsscreenings, Forschungsprojektvorschläge, einzelne Business Pläne sowie Kommunikationskonzepte. Der Bereich schliesst mit seinen Aktivitäten den Gap zwischen den Bedürfnissen der Nutzer auf Basis zukünftiger gesellschaftlicher Entwicklungen und Trends und den notwendigen 62 Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen Features der Zukunft, die diese Bedürfnisse im Fahrzeug befriedigen können. Der Bereich bildet somit die Brücke zwischen extrahierten Themenfeldern der Zukunft und der heutigen, durch die Ingenieure umgesetzten Entwicklung von Features für das Zukunftsauto. Die internen Kooperationen sind vielfältig und eine absolute Notwendigkeit für diese Art Abteilung. Ein Beispiel: Gemeinsam mit existierenden Marktforschungs- und Marktanalyseeinheiten werden zukünftige Kundenbedürfnisse generiert und beschrieben. Eine Hauptschwierigkeit des Bereichs ist die zielführende und nachhaltige Kommunikation der Ergebnisse innerhalb und ausserhalb des Konzerns und seiner Marken. Innovationsprozess bei Zukunftsforschung und Trendtransfer Die frühe Phase des integrierten Innovationsprozesses beginnt mit der Bestandesaufnahme (Trends, Analysen etc.) und führt über sieben Stufen zur Empfehlung von Innovationsprojekten für den Konzern oder seine Marken. Mit fortschreitendem Zeitfaktor nimmt die Einbindung der eigenständigen Marken zu. Auslöser und Initiativen für den Prozess können sowohl von Konzern- wie auch von Markenbereichen kommen. Während die ersten beiden Phasen eher visionär und analytisch geprägt sind, ist vor allem Phase sechs strategisch geprägt und ausgerichtet auf die Ausarbeitung von konkreten Empfehlungen. Ausgehend von Informationen über die Zukunft werden Inhalte gebündelt und in, für das Unternehmen relevante, Zukunftsbilder transferiert. Auf der Grundlage dieser Zukunftsbilder werden anschliessend in Schritt drei und vier konkrete Kundenbedürfnisse abgeleitet und dazu Ideen für Funktionen generiert. In Schritt fünf folgt die Priorisierung der Funktionsideen durch Experten des Konzerns. Aus den priorisierten Funktionen und Anforderungen werden in Schritt sechs konkrete strategische Projekte formuliert, welche letztendlich in Empfehlungen für Konzernprojekte resultieren. Emotional Empathic Event 63 Interne & Externe Quellen analytisch / visionär strategisch Zukunftstransfer / Verdichtung Kunde Gesellschaft zukünftige Kundenbedürfnisse Ideengenerierung Mögliche Funktionen Priorisierung Funktionen im Konzern Ableitung von Projekten aus Funktionen Empfehlung von Konzern Innovationsprojekten Design Technik Marktstruktur Konzern Marken Abbildung 11: Innovationsprozess Zukunftsforschung Die erste Phase der Bestandsaufnahme dient dem Zusammentragen von Informationen über Trends, Entwicklungen und Ausprägungen in den Bereichen Kunde, Gesellschaft, Design, Technologie und Technik sowie Markt und dessen Struktur. Als Informationsquellen dienen dabei die verschiedenen auf die Zukunft ausgerichteten Stellen innerhalb des Konzerns, aber auch der Marken. Inputs stammen aus Quellen wie Zukunftsforschung, Szenarioanalysen, Trendscouts, Marktforschung, Delphistudien sowie externen Instituten. Zusätzlich werden auch Ergebnisse von Kundenbefragungen und -analysen mit einbezogen. Ein grundlegendes Mittel der Auswertung und Gewichtung der einzelnen Informationen und Aussagen bildet die Stärken/Schwächen-Analyse. Im hier beschriebenen Projekt war der Bereich Zukunftsforschung und Trendtransfer für das Zusammentragen und das Erstellen der, für das Projekt relevanten, Informationen zuständig. Während die erste Phase durchaus durch autonome Einheiten innerhalb des Konzerns bestritten werden kann, liegt die Verantwortlichkeit bei Schritt zwei klar bei der Abteilung Zukunftsforschung und Trendtransfer. Ausgehend von den relevanten Trends und Zukunftsszenarios, werden anschliessend zukünftige Kundenbedürfnisse abgeleitet. Das Erstellen von Kundenbedürfnissen ist deshalb relevant, weil der Kunde der Zukunft noch nicht in der Lage ist, seine Wünsche direkt auszusprechen. Zudem erlauben Bedürfnisstrukturen mehr Raum für die folgenden Phasen der Ideengenerierung, weil sie auf einer abstrakteren Ebene sind als konkrete Kundenanforderungen, welche üblicherweise aus der Marktforschung an die Entwicklung herangetragen werden. Die vierte Phase dient der Generierung von Ideen zu Funktionen und Features, welche die erarbeiteten Bedürfnisstrukturen befriedigen könnten. Wie bereits die Kundenbedürfnisse auch, bietet die Fokussierung auf Funktionen und Features ein 64 Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen abstrakteres Niveau als der oft verwendete Ansatz, zuerst Technologien zu entwickeln und erst danach zu sehen, welche Funktionen damit umgesetzt werden können. Das Ableiten von Funktionen aus Kundenbedürfnissen entspricht dabei einem eher deduktiven oder Top-down-Vorgehen im Gegensatz zum Bottom-up-Ansatz bei Konzentration auf Technologien. Die vielversprechendsten Ideen werden in Schritt fünf durch ausgewählte Konzernexperten evaluiert, vertieft und letztendlich auch priorisiert. Resultat dieser Phase ist eine sogenannte Funktionsroadmap. Kriterien sind dabei zum Beispiel klare Alleinstellungsmerkmale sowie klar erkennbare Einsatzszenarios. Ausgehend von den priorisierten Funktionen erfolgt in Schritt sechs die Ableitung konkreter Projektvorschläge für den Konzern oder geeignete Marken. Auf der Grundlage dieser Projektvorschläge entscheidet der Konzernarbeitskreis Innovation über konkrete Projektlancierungen und entsprechend freizusetzende Ressourcen. Resultat der frühen Innovationsphase ist die so genannte Innovationsroadmap. 2007 startete der Bereich Zukunftsforschung und Trendtransfer ein Projekt, welches auf der Grundlage von erarbeiteten Metatrends Grob- und Feinideen für das Automobil der Zukunft generieren sollte. Dabei wurden in fünf zweitägigen Workshops, zu jeweils fünf verschiedenen Metatrends, Ideen für innovative Technologien, Funktionen und einzelne Features generiert. Ausgangslage dafür bildeten von der Zukunftsforschungsabteilung interdisziplinär erarbeitete Kundenbedürfnisse. Diese wurden aus den unternehmensweit verfügbaren Zukunftsinformationen extrahiert. 3.1.2 F&E-Mitarbeiter Um einerseits die Diffusion der Themenfelder und Ideen zu gewährleisten, das bestehende Expertenwissen zu nutzen sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit innerhalb der Konzernmarken und -bereiche sicherzustellen, bestand das Teilnehmerfeld aus Vertretern verschiedenster Bereiche. In dieses Projekt integriert waren Mitarbeiter aus den Bereichen Nutzfahrzeuge, Elektronik, Strategie, Innovation, Umwelt, Werkstoffe, Patentmanagement, Design, Konzeptentwicklung und Vorentwicklung. Die Auswahl und Rekrutierung der Teilnehmer erfolgte hauptsächlich über die jeweiligen Führungskräfte der involvierten Bereiche. Ihnen wurden durch die Projektleitung die benötigten Informationen zugestellt. Diese beinhalteten die Gründe sowie die Ziele des Projektes wie auch gewisse Grundanforderungen an mögliche Teilnehmer aus den jeweiligen Bereichen. Eine Emotional Empathic Event 65 wichtige Grundvoraussetzung, welche die Teilnehmer mitbringen sollten, war Offenheit gegenüber neuen Methoden. Die Teilnehmer wurden entweder direkt durch die vorgesetzten Stellen selektiert oder konnten sich freiwillig auf entsprechende Ausschreibungen melden. Um den Prozess der Emotionalisierung sowie die Konstruktion der emotionalen Kundenwelten optimal auf die Teilnehmer abzustimmen, wurden im Vorfeld, mit durch die Projektleitung ausgewählten Mitarbeitern, 45 minütige Einzelinterviews durchgeführt. Dabei ging es darum, die involvierten Arbeitsbereiche vertieft kennen zu lernen. Gleichzeitig wurden vorhandene Erwartungen eruiert und Fragen zu Erfahrungen mit anderen Innovationsprojekten und Methoden gestellt. Rollen und Support durch das Top-Management: Die Initiierung des Projektes fand auf Konzernebene statt und wurde durch den Leiter Innovation unterstützt. Um die Relevanz sowie die Interdisziplinarität sicherzustellen wurde, noch bevor das eigentliche Projekt gestartet wurde, ein Meeting mit den Führungskräften aus den für relevant erachteten Konzernbereichen, der Projektleitung sowie den externen Moderatoren der einzelnen Workshops abgehalten. Dabei nahm der Leiter Innovation die Rolle des Machtpromotors (Hausschildt, 1997) wahr, die Bereichsleiter die des Fachpromotors und der externe Moderator diejenige des Prozesspromotors. Durch die frühe Einbindung der relevanten Führungskräfte wurde sichergestellt, dass einerseits die vorhandenen Erwartungen und Ziele gemeinsam abgesichert und andererseits auch die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung gestellt wurden. Ebenfalls wurde vereinbart, dass am Ende des Prozesses die von den Teilnehmern als die vielversprechendsten gewählten Ideen demselben Gremium präsentiert werden sollen. 3.1.3 Emotionale Kundenwelt Bereits vorgängig wurden in Schritt eins und zwei des Innovationsprozesses Ergebnisse aus Marktanalysen und Trendstudien zu relevanten Zukunftsszenarios zusammengefasst und in Metatrends übersetzt. Für jeden einzelnen Metatrend wurden in einem interdisziplinären Prozess zwischen 4-6 Trendausprägungen erstellt. Diese Trendausprägungen wurden mittels verschiedenen Konzepten visualisiert und verdeutlicht. Es wurden Key-Words generiert und ein übergeordnetes Ziel formuliert. Die Key-Words brachten dabei die wichtigsten Adjektive, Nomen und auch Emotionen zum Ausdruck, welche die beschriebenen Zielgruppen kennzeichneten. In einem weiteren Schritt wurden zu den einzelnen Trendausprägungen kurze Stories verfasst, welche dem Leser einen Augenblick im Leben eines Individuums dieser zukünftigen Zielgruppe aufzeigt. Zudem wurden die Key-Words mit einigen 66 Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen prägnanten Punkten ergänzt, an welche man in Bezug auf diese Zielgruppe denken sollte. Anschliessend folgte eine kurze Beschreibung der den Trendausprägungen zugrundeliegenden Indikatoren. Dabei wurden festgestellte Entwicklungen und Ereignisse beschrieben, welche zur Formulierung des Metatrends und seiner Trendausprägungen geführt haben. Somit wurden die Key-Words und Stories in einen Gesamtkontext integriert. Die beschriebenen Indikatoren kamen dabei aus Bereichen wie Technologie, Mode, Design, Gesellschaft, Politik usw. Zusätzlich wurden den Trendausprägungen auch Bilder und sogar spezifische Farben und Farbkonzepte zugeordnet. Nachdem die Fragen nach dem "Was es ist", "Wofür es steht", "Woher es kommt" und "Wohin es führt" geklärt waren, folgte der nächste Schritt. Dabei wurden aus den einzelnen Metatrends abstrakte Bedürfnisse und Anforderungen an das Auto der Zukunft abgeleitet. Diese Bedürfnisse bzw. Anforderungen wurden sehr allgemein und teilweise emotional formuliert und manifestierten sich in Aussagen die klar wiedergaben, was das Auto können sollte oder müsste, um der Trendausprägung gerecht zu werden. Metatrend Trendausprägung 1 Bedürfnisanforderung Fzg. Trendausprägung 2 Bedürfnisanforderung Fzg. Trendausprägung 3 Trendausprägung 4 Trendausprägung 5 Bedürfnisanforderung Fzg. Bedürfnisanforderung Fzg. Bedürfnisanforderung Fzg. Bedürfnisanforderung Fzg. Bedürfnisanforderung Fzg. Bedürfnisanforderung Fzg. Bedürfnisanforderung Fzg. Abbildung 12: Metatrends und Trendausprägungen Nach Abschluss der Schritte eins, zwei und drei sowie dem Vorliegen der Trendausprägungen und deren Bedürfnisstrukturen und Anforderungen erfolgte im Schritt vier die konkrete Inventionsgenerierung in Bezug auf Funktionen, Features, Konzepte und Design des Autos der Zukunft. Dies sollte in mehreren interaktiven und interdisziplinären Workshops geschehen. Die Umsetzung, Durchführung und Emotional E Empathic Event 67 Moderaation dieseer Inventionsworkshoops führte Automobill AG gemeeinsam miit einem externeen Partner durch. d Erfahruungswerte bei der Au utomobil A AG und dem m involvieerten externnen Partneer haben gezeigtt, dass die Verrmittlung von Zu ukunftsszenarios uund emottionalen Bedürfn fnisstrukturren nicht nu ur durch frrontal abgeehaltene Vo orträge sichhergestellt werden kann. Deshalb wurden für jedee Trendausprägung spezifiscche "emo otionale g . Basis fürr diese Kun ndenwelten n waren diie Unterlag gen und Kundennwelten" geschaffen. Informaationen auus den voraangegangennen Prozessphasen. Es wurdenn konkrete Stories zu den einzelnen Trendausp prägungen erstellt, diee beispielsw weise einen en bestimm mten Tag ppe erzählteen. Dabei wurden w nebben Inform mationen aus Siccht einer Peerson dieseer Zielgrupp zum U Umfeld aucch ganz peersönliche Sichtweiseen und Em motionen vverarbeitet. Weiter ermöglichten diee klaren un nd präziseen Informaationen derr Vorbereiitungsphassen eine R zepte. Gem meinsam miit einem Umsetzzung der Trendauspräägungen inn konkrete Raumkonz externeen Team von In nnendekoraateuren wurden w trendausprä t rägungsspezifische Raumkkonzepte geplant g und d umgesetzzt. Es wu urden autheentische M Möbel, Bild der und Farbkonzepte verrwendet un nd, wo mö glich, auch h entsprech hend musik ikalisch hin nterlegt. nehmern errmöglicht sich als diee Person inn der entwickelten Dadurcch wurde es den Teiln Story zzu fühlen unnd sich mit ihr zu ideentifizieren n. Abbildunng 13: Emotionnale Zukunftsswelten 3.1.4 P Prozess deer Emotion nalisierun ng Da es sich bei diesem d Prrojekt um die Inven ntionsgenerrierung fürr die überrnächste A (spriich 2020+) handelte, bestand die d Schwieerigkeit vo or allem Generaation von Autos darin, dden involviierten Teilnehmern ((Ingenieuree, Entwickller, Designner, Scoutss…) den Kundenn der Zukuunft verstän ndlich vorzzustellen und u vertrau ut zu macheen. Da neb ben dem langen Zeithorizzont auch der Ansspruch beestand, du urchaus raadikale Id deen zu kte Kundennintegratio on nicht siinnvoll. D Die vorbereeitenden generieeren, war eine direk Arbeiteen, welchhe zu den d bereeits besch hriebenen Trendauusprägungen und 68 Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen Bedürfnisstrukturen führten, haben gezeigt, dass die Emotionalisierung von Produkten in Zukunft eine immer stärkere Rolle spielen wird. Dies nicht nur im Sinne einer emotionalen Marken- oder Werbebotschaft, sondern durch einen klar definierbaren aktiven Einfluss bestimmter Fahrzeugkomponenten auf die emotionalen Zustände des Kunden. Ziel war es deshalb, die Teilnehmer durch verschiedene Massnahmen in den Kunden der Zukunft hineinzuversetzen und sie erst dann Ideen für die einzelnen Trendausprägungen und Bedürfnisse generieren zu lassen. Grundsätzlich sollte der Teilnehmer also zuerst die Zukunft erleben, eigene Emotionen fühlen und dann, noch während er sich in diesem Zustand befand, Ideen generieren. Als Zeitfaktor standen den Veranstaltern zwei Tage zur Verfügung; jeweils ein Metatrend inkl. fünf Trendausprägungen wurden behandelt. Das konkrete Vorgehen bestand aus vier zentralen Phasen: Get it all out, Impulsvortrag, Ideengenerierung, Ideenvertiefung. Get it all out: In einer ersten Phase wurden die bereits vorhandenen Ideen von den Teilnehmern abgefragt. Bereits bestehende Ideen für Innovationen, Verbesserungen und Anpassungen von Fahrzeugen sollten für alle verständlich geäussert werden. Dabei spielte es keine Rolle, welcher Natur diese Ideen waren (technisch, konzeptionell, design) oder welchen Zeithorizont sie betrafen (kurz, mittel, lang). Ziel dieser Phase war es, dass die Teilnehmer sich anschliessend vollständig auf die Generierung von neuen Ideen einlassen konnten und nicht stets ihren schon längst vorhanden Ideen nachgehen und versuchen, den Rest der Gruppe davon zu überzeugen. Die geäusserten Ideen wurden im Plenum diskutiert und bewertet. Kombiniert mit der Frage, welches denn die grössten Innovationen innerhalb der Fahrzeugindustrie der letzten Jahre waren, ergab sich ein erster gruppenspezifischer Massstab für die Einordnung zukünftiger Ideen aufgrund ihres Innovationsgrades. Gleichzeitig wurden die Ideen durch einen anwesenden Graphical Recorder (Industriedesigner) visualisiert. Impulsvortrag: Mittels eines Impulsvortrages wurde den Teilnehmern durch die Projektleitung und Teammitglieder die Ergebnisse der Zukunftsforschung aus den ersten drei Phasen, das erstellte Zukunftsbild, die daraus resultierenden Metatrends und die relevanten Trendausprägungen erläutert. Dabei ging es einerseits darum, eine bestimmte Awareness der Teilnehmer zu schaffen und gleichzeitig ein konsistentes und für alle verbindliches Automobil-AG-Zukunftsbild zu vermitteln. Durch die Teilnahme verschiedenster Bereiche wurde auch die Diffusion der Szenarien, des Wordings und der Inhalte sichergestellt. Emotional Empathic Event 69 Ideengenerierung: Für eine zielgerichtete Ideengenerierung wurden die Teilnehmer in die generierten "emotionalen Kundenwelten" hineinversetzt. Jeder Trendausprägung wurde vorgängig eine spezifische Kreativitätstechnik zugewiesen, welche die methodische Grundlage der Ideengenerierung bildete und zugleich den Rahmen für die Formulierung und Speicherung der Ideen vorgab. Um eine zielführende Durchführung der Workshops sicherzustellen, wurden Dreierteams gebildet, die jeweils drei verschiedene Trendausprägungen gemeinsam durchschritten und durchlebten. Die Ideen der einzelnen Gruppen blieben jeweils im Raum zurück, dienten den folgenden Gruppen als Anregung und halfen dabei Wiederholungen zu vermeiden. Die Ideen von Vorgängergruppen durften jederzeit verändert, ausgebaut oder ergänzt werden. Anschliessend an die kreative Phase wurden die Ideen im Plenum vorgestellt und diskutiert. Wiederum visualisierte der anwesende Graphical Recorder die generierten Ideen. Ideenvertiefung: Am zweiten Tag wurden die generierten Ideen in neu zusammengestellten Teams vertieft und konkretisiert. Jedes Team konnte dazu drei Ideen auswählen, welche mittels einer systematischen Kreativitätstechnik (z.B. Osborn) vertieft werden sollten. Dabei ging es stärker als noch am Vortag um die Beschreibung und Visualisierung von konkreten Features und den dazu notwendigen Technologien. Ziel war es neben den Features auch gleich die konzerninternen Experten dazu zu nutzen, ihr Wissen für die generierten Ideen zu explizieren. Dieses beinhaltete Informationen über bereits bestehende Patente, bekannte Experten und Abteilungen innerhalb des Konzerns, vergangene und laufende Forschungsprojekte in diesem oder einem angrenzenden Themenbereich sowie Informationen über mögliche Konkurrenzprodukte. Anschliessend wurden die vertieften Ideen dem Plenum vorgestellt und von diesem bewertet. Die besten drei Ideen wurden gemeinsam mit der Gruppe durch den Graphical Recorder sauber und ausführlich visualisiert. Die Visualisierung nach Standards des Industriedesigns diente einerseits der Gruppe, um ihre Idee für Externe verständlicher zu machen und andererseits ermöglichte sie die problemlose Diffusion in einzelne Technologiebereiche, welche sich solche Skizzen gewohnt sind. 70 Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen Ideenverwertung: Insgesamt wurden in den fünf Inventionsgenerierungs Workshops 376 Ideen generiert, expliziert und visualisiert. Den Abschluss der Inventionsgenerierung bildete die Vorstellung aller 25 Top Ideen vor dem Management, welches sich für einzelne Ideen committen musste. Somit wurde nicht nur sichergestellt, dass die Prozesse der Ideengenerierung auch zu einem nützlichen Output führten, sondern auch dass die Diffusion der Informationen bezüglich Metatrends und deren Ausprägungen aus dem Bereich Zukunftsforschung und Trendtransfer gewährleistet wurde. Anzahl Workshoptag 2 Schritt 3 58 Workshoptag 1 Ideen Schritt 4 Schritt 2 194 Schritt 1 184 25 5 vertiefte Rohideen Ideenvertiefung (mit Osborn Ideen vertiefen) Ideengenerierung basierend auf den Trendausprägungen Get it all out. Was ist schon in den Köpfen? Abbildung 14: Workshop Konzept 3.1.5 Zusammenfassung Mit dem integrativen Inventionsgenerierungsprojekt des Bereichs Zukunftsforschung und Trendtransfer gelang es der Automobil AG ihre Ressourcen optimal zu bündeln und auf ein gemeinsames Ziel auszurichten. Während Marktinformationen in verschiedensten Bereichen, auf verschiedensten Ebenen und auch für unterschiedliche Zeitintervalle erhoben werden, werden diese Informationen oft nicht gewinnbringend eingesetzt und nur sehr selten zu einem kohärenten Zukunftsbild zusammengefasst. Dieser Mangel wurde im vorliegenden Projekt gezielt behoben. Durch das Erstellen von, für das Unternehmen relevanten, Metatrends deren Konkretisierung mittels Trendausprägungen und dem letztendlichen Ableiten von abstrakten Bedürfnissen und Anforderungen gelang es der Automobil AG eine optimale Grundlage für das konzerninterne Generieren von Ideen zu schaffen. Emotional Empathic Event 71 Wie der Name des verantwortlichen Bereichs bereits aussagt, handelt es sich um Projekte, welche die entferntere Zukunft betreffen und weniger die aktuellen Märkte ansprechen. Deshalb ist eine direkte Integration des Kunden, wie sie innerhalb des Innovationsmanagements bekannt ist (Lead User, Empathic Design, Toolboxes usw.), nicht oder nur sehr beschränkt möglich. Zudem hat sich eine direkte Interaktion zwischen Kunde/Verbraucher und Entwickler als sehr schwierig herausgestellt. Dennoch stellte sich die Automobil AG die Frage, wie Entwicklungsprojekte zielgerichtet am zukünftigen Kunden ausgerichtet werden können. Die Lösung wurde nicht darin gesehen, den Entwickler zum Kunden, sondern den Kunden in den Kopf des Entwicklers zu bringen. Durch die Kreation von "emotionalen Kundenwelten" wurde sichergestellt, dass einerseits die abstrakten Informationen aus Wettbewerbsund Marktanalyse greifbar gemacht wurden und andererseits eine Identifikation des Entwicklers mit dem zukünftigen Kunden ermöglicht wurde. Dadurch konnte einerseits die zielgerichtete Ideengenerierung sichergestellt und andererseits die viel zitierte Lücke zwischen Marketing/Marktforschung und F&E überwunden werden. Gleichzeitig wurden die Ergebnisse durch die hohe Interdisziplinarität der Teilnehmer optimal in die Konzernbereiche diffundiert und die konzerninterne Vernetzung, gemäss dem integrativen Innovationsprozess, bei der Automobil AG gestärkt. 72 Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen 3.2 VW: Projekt Moonraker 3.2.1 Projektumfeld In der Nachkriegszeit und speziell in den 60er und 70er Jahren waren Autos aus der Wolfsburger Autoschmiede in Amerika gefragt wie nie. Vor allem der VW Käfer, der Jetta und der legendäre VW Bus waren die umsatzstärksten Modelle und machten VW zu einem der grössten Fahrzeugimporteure auf dem US Markt. Während zu Spitzenzeiten über 600'000 VWs verkauft wurden, sank der Absatz bis ins Jahr 1993 auf lediglich 49'000 Stück. Immer wieder mussten Modelle nach einem misslungenen Verkaufsstart in Nord Amerika aus dem Sortiment gestrichen werden. Die Gründe für den starken und im Vergleich zur Konkurrenz überdurchschnittlichen Marktanteilsverlust waren vielfältig. Neben historisch bedingt hohen Herstellungsund Lohnkosten sowie schlechten Services und Qualitätsproblemen lag der Hauptgrund vor allem in der Unzufriedenheit der Kunden mit den angebotenen Produkten. Obwohl mit der Wiederbelebung des Käfers durch das Modell "New Beetle" und einer starken Werbekampagne 2001 ein gelungenes Comeback gefeiert werden konnte (356'000 verkaufte Fzg.), waren die Verkaufszahlen bis 2004 erneut rückläufig (257'000). Studien und Umfragen zur Kundenzufriedenheit zeigten auf, dass Volkswagen den Bezug zu den nordamerikanischen Kunden praktisch vollständig verloren hatte. Das sich dynamisch entwickelnde Marktumfeld und die sich ändernden Kundenbedürfnisse verunmöglichten es, weiterhin weltweit ein und dasselbe Auto zu verkaufen. Zu unterschiedlich hatten sich die Lebensweisen der Amerikaner im Vergleich zu den Europäern entwickelt, als dass man weiterhin mit einem für den europäischen (den deutschen im speziellen) Markt entwickelten Auto Marktanteile in Nordamerika hätte gewinnen können. Diverse strategische Initiativen in den Bereichen Qualität, Produktion und Vertrieb wurden gestartet, um die Marke VW wieder zu stärken mit dem Ziel, den Gesamtfahrzeugabsatz bis 2015 auf einen Marktanteil von 12 Prozent zu steigern. Im Bereich Entwicklung und Marktforschung wurde neben den existierenden Initiativen das Projekt Moonraker ins Leben gerufen. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf das Projekt Moonraker, welches seinen Namen dem NASA Mondlandeprojekt (bevor es in Apollo 11 umbenannt wurde) verdankt. Das Projekt Moonraker wurde Ende 2004 durch die Konzernleitung initiiert und am 25. Januar 2005 ins Leben gerufen. Moonraker hatte mehrere Ziele. Kurzfristig sollte das Team ein tiefes und qualifiziertes Markt- und Kundenverständnis in den USA erlangen und dieses dann in einem ersten Fahrzeugkonzept umsetzen. Dadurch sollte Emotional Empathic Event 73 das Image, sprich die Marke Volkswagen, positiv belebt werden. Mittelfristiges Ziel war die Entwicklung eines volumenstarken und landesspezifischen Fahrzeugkonzepts für den nordamerikanischen Markt. Dieses sollte den allgemeinen Kundenbedürfnissen entsprechen, als auch abgestimmt auf die VW Markenwerte sein. Langfristig sollten Marken- und Portfoliostrategien entwickelt werden und die Vision einer neuen Innovationskultur für die Volkswagengruppe in die Realität umgesetzt werden. Personelle Wechsel des Top-Managements führten dazu, dass sich auch die Projektziele veränderten. Neben den langfristigen Zielen ging es darum, die gewonnenen Erkenntnisse möglichst gezielt in aktuelle Entwicklungsprojekte von VW zu integrieren. Letztlich wurden während des Projektes Moonraker 42 Einzelprojekte abgearbeitet. Ein zentrales Projekt stellte die Erstellung der geplanten Fahrzeugkonzeptstudie dar. Jedes Einzelprojekt wies individuelle Ausprägungen und Abläufe auf. Um die Lesbarkeit der Fallstudie zu erhöhen, wurden die einzelnen Projekte in einem Metaprozess zusammengefasst. Obschon einzelne Schritte immer wieder iterativ durchlaufen wurden, wird Moonraker hier als linearer Prozess beschrieben. 3.2.2 F&E-Mitarbeiter Um die vorgegebenen Ziele zu erreichen, wurden 23 VW-Mitarbeiter aus allen Bereichen der internen Wertschöpfungskette selektiert und für eine Dauer von 16 Monaten nach Malibu, Kalifornien, entsandt. Die Teammitglieder kamen neben den F&E-Bereichen auch aus den Bereichen Marketing, Produktion, Logistik und Kundendienst. Dabei wurde bei den einzelnen Bereichen wiederum darauf geachtet, dass die Vertreter alle relevanten Fahrzeugkomponenten repräsentierten. Das Team lebte und arbeitete mehrheitlich im eigens dafür angemieteten 1100 m2 Anwesen in den Hügeln von Malibu. Das Projekt wurde in enger Kooperation mit VW of America, dem VW-DesignStudio in LA, Technical Service Center sowie lokalen Händlern, Familien und weiteren externen Partnern durchgeführt. Neben den externen Partnern waren auch die internen Netzwerke von Bedeutung für die erfolgreiche Durchführung des Projektes. Eine wichtige Rolle spielten dabei die internen Promotoren, speziell die Machtpromotoren aus dem Top-Management. Diese waren vor allem in Hinsicht auf die Ressourcenzuweisung vor und während des Projektes von zentraler Bedeutung. 74 Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen 3.2.3 Prozess der Emotionalisierung Vorbereitung: Onboarding für die 23 "Astronauten" des Moonraker Projektes war am 25 Januar 2005 mit der Einrichtung und dem Bezug des Büros in Berlin. Ziel der ersten Phase war das Teambuilding sowie die Vorbereitung und Schulung im Hinblick auf den erhaltenen Auftrag in Amerika. Dies bedeutete vor allem eine intensive Schulung der Mitarbeiter in Methoden der ethnographischen Beobachtung und des Durchführens von Interviews. Durch die Interdisziplinarität des Teams brachten nicht alle Teammitglieder das entsprechende Wissen aus Marktforschung und Psychologie mit. Durch spezifische Trainer, Workshops und real life Experimente wurden die notwendigen Fähigkeiten aufgebaut. Beispielsweise wurde das Verhalten von Personen im U-Bahn Verkehr beobachtet oder das Verhalten, die Schwierigkeiten und die Gefühle von Blinden am eigenen Leib erfahren. Neben der Vermittlung des Wissens über die Anwendung und Auswertung von Markt-, Kreativitäts- und Trendforschungsmethoden galt es auch die relevanten Informationen über Volkswagen und seine US-Geschichte zu erhalten. Da es unter anderem eine Aufgabe war auch eine Marken- & Portfoliostrategie zu entwickeln, war es absolut notwendig, dass jeder Einzelne die bestehenden Werte und Strategien verinnerlichte. Deshalb wurde das Team ausführlich über die aktuelle Marktsituation in den USA in Kenntnis gesetzt und bekam die Markenwerte noch einmal speziell vermittelt. In dieser Zeit wurde den einzelnen Mitgliedern auch ihre spezifische Rolle zugewiesen, welche sie innerhalb des Teams und gegenüber Aussen einnehmen sollten. Beispielsweise wurde ein Teamsprecher gewählt. Den Abschluss der ersten Phase bildeten Präsentationen vor dem Top-Management, in denen über das bereits Erreichte informiert und die weiteren Schritte erläutert wurden. Scouting Trip: Direkt im Anschluss an das Onboarding in Berlin (Vorbereitungszeit) folgte die Infiltrierung des amerikanischen Marktes. Mit der Verlegung des Projektteams nach Amerika begann die Phase der Informationsbeschaffung vor Ort. Ziel dieser Phase war es, den amerikanischen Kunden bis ins Detail kennen zu lernen und zu verstehen sowie Grundlagen für die Erstellung von verlässlichen Aussagen über zukünftige Kundenbedürfnisse sowie Zukunftsszenarien zu erarbeiten. Gestartet wurde mit einem Roadtrip durch 24 Staaten, im Zuge dessen das Projektteam verschiedenste Interviews und Meetings abhielt. Städteführungen und erste ethnographische Beobachtungen fanden ebenfalls statt. Dabei ging es aber nicht nur um das Beobachten des Nutzungsverhaltens von Kunden, sondern auch darum die emotionalen Befindlichkeiten, Neigungen und Welten, in denen sich die Kunden Emotional Empathic Event 75 bewegen, selbst zu erleben. Das Eintauchen in die Welt des Kunden war grundsätzlich in fünf Blöcke unterteilt. Jedem dieser Blöcke waren spezifische Methoden zugeordnet, um die gewünschten Informationen zielgerichtet zu generieren. Der erste Block stand unter dem Motto "Talk". In diesem Block wurden verschiedene Interviewtechniken eingesetzt, wie beispielsweise Spontaninterviews auf der Strasse oder gezielte schriftliche Befragungen mit ausgewählten Teilnehmern. Der zweite Block stand unter dem Motto "Observe". Dabei wurden verschiedene Methoden verwendet, mittels derer die Teilnehmer ausgewählte Anwender in ihrem täglichen Leben beobachteten. Es wurden nicht nur die direkten Interaktionen mit dem Fahrzeug beobachtet, sondern der gesamte Tagesablauf wurde analysiert. Zu diesem Zwecke kamen Methoden wie ethnographische Ride-along's, Shadowing oder Homestay's zum Einsatz. Beispielsweise fügten sich Moonraker-Mitarbeiter als Beobachter in sorgfältig ausgewählte Familien ein, um tiefe Einblicke in die alltäglichen Abläufe im Leben eines typischen Amerikaners zu bekommen. Sie verbrachten beispielsweise Zeit mit den Familien zu Hause, feierten gemeinsam Thanksgiving, gingen mit zum Einkaufen oder waren dabei, wenn die Mütter ihre Kinder zur Schule und zum Fussball fuhren. Dabei wurden unter anderem Erkenntnisse gewonnen, wie und wann der Kunde bestimmte Features im Auto gebraucht oder wo er sie nicht so verwendet, wie sie ursprünglich vom Hersteller angedacht waren. Dadurch, dass das Team physisch in Malibu stationiert war, wurde die Welt des Kunden nicht nur beobachtet, sondern rund um die Uhr auch selbst erlebt. Der dritte Block war dem Motto "Experience" gewidmet. Die Teammitglieder sollten selber erfahren, was Mobilität in Amerika bedeutet. Beispielsweise wurden mit den verschiedensten Automobilmodellen Testfahrten durchgeführt. Auch zwei Trips mit dem legendären Greyhound fanden statt von Seattle nach Portland und von St. Paul nach Mineapolis, um die Vor- und Nachteile des öffentlichen Verkehrs kennen zu lernen. Ein weiteres prägendes Erlebnis war der "Walk of Pain" - ein zweitägiger Marsch von Long Beach nach Hollywood wo das Team am eigenen Leib erfuhr, was Mobilität bedeutet, und die Zeit dazu nutzte, um öffentliche Parkplätze sehr genau zu beobachten. Es fanden auch architektonische Führungen durch Amerikas Grossstädte statt. Unter anderem verbrachte das Team jeweils eine Woche in New York, Las Vegas und sogar in Tokyo. Im vierten Block "Learn" stand neben dem Austausch mit verschiedenen Universitäten und weltbekannten Marktgiganten wie 3M, Starbucks, Apple, Nike oder Quicksilver vor allem die Segmentierung und Bildung von Kundentypen im Fokus. Dazu wurden acht konkrete Charaktere selektiert und visualisiert. Die Charaktere wurden nicht nur beschrieben, sondern mittels Pappkartonfiguren, Filmen, Stories und Gegenständen visualisiert und "erlebbar" gemacht und in Wolfsburg gezeigt. Im fünften Block 76 Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen "Inspire" ging es zusätzlich darum, auch ausserhalb der Automobilindustrie Inspirationen zu holen und gleichzeitig auch zu inspirieren. Deshalb wurde beispielsweise die Computerspielemesse E3 besucht, um herauszufinden, was die junge Generation antreibt und beschäftigt. Dann arbeiteten die Teammitglieder auch an Autoshows am VW-Stand, wo sie persönliche Gespräche und Interviews mit Interessierten durchführen konnten. Inspire beinhaltete aber auch die Diskussion mit eigentlichen Automobilenthusiasten auf Tuningmessen, wofür beispielsweise extra ein entsprechendes Fahrzeugmodell aus Deutschland eingeflogen wurde. Die fünf Scoutingblöcke "Talk", "Observe", "Experience", "Learn" und "Inspire" wurden während der gesamten Projektdauer immer wieder durchlaufen und vertieft, um die gefundenen Ergebnisse zu reflektieren und auf neue Fragestellungen auszuweiten. 3.2.4 Emotionale Kundenwelt Durch das Leben vor Ort und die intensive Einbindung der Teammitglieder in die amerikanische Kultur bildete das eigentliche Lebensumfeld die emotionale Kundenwelt. Dennoch wurden während des Projektes auch künstliche und spezifisch auf den Kunden der Zukunft ausgerichtete Welten erstellt, um die gesammelten Daten zu plausiblen Zukunftsszenarien, Kundensegmenten, Charakteren und Trends zu verdichten und zu visualisieren. Ein Beispiel dafür sind die sogenannten Future-Life-Settings. Zusammen mit externen Spezialisten für architektonisches Design sowie spezialisierten Partnern aus den Bereichen Material und Lichttechnik wurden zukünftige Lebensräume erstellt, die ausgewählte Kundensegmente aus dem Jahre 2020 repräsentierten. Sie ermöglichten es, die abstrakten Informationen in eine erlebbare Realität zu transformieren. Konkret repräsentierten die verwendeten Materialien, Designkonzepte und Lichteffekte zukünftige Kundenbedürfnisse und -wünsche sowie Themen, welche in den nächsten Jahren eine zunehmende Wichtigkeit erfahren sollten. Die konkrete Umsetzung in einer Industriehalle ermöglichte es, angemessene zukünftige Technologien, Marken und teilweise sogar Produkte fass- und erlebbar zu machen. Als Nebeneffekt ergab die Umsetzung mit externen Partnern einen tiefen Einblick in andere Industrien und deren Einschätzung über zukünftige Entwicklungen. Die Partner hatten bei der Umsetzung der Lebensräume freie Hand. Durch die Umsetzung wurden nachhaltige Beziehungen zwischen den Partnern und VW of America geschaffen. Emotional E Empathic Event 77 Abbildunng 15: Future Life L Settings Evaluaation Tren nd Trip: Ergebnisse E welche wäährend derr Scouting Phase gessammelt und veerdichtet wurden, w sind anschlieessend in mehreren m iterativen S Schritten evaluiert e w Man M suchtee Gespräch he mit Veertretern aaus Univerrsitäten, und übberprüft worden. Autohäändlern, besuchte Messen und fü führte Interrviews an diversen d alss kulturell wichtig angesehhenen Anllässen durrch, da dieese den American A Way W of Liife besond ders gut wiederggaben. Zu erwähnen ist beispieelsweise daas Oldtimertreffen in Daytona oder o die NASCA AR-Rennen in Atlaanta und L Los Angelles. Die ausgearbeit a teten Tren nds und Bedürfn fnisse konnnten so eineerseits besttätigt und falls f notweendig nochh einmal an ngepasst werdenn. Konzep pt Car GX X3: Neben n dem Ersteellen einer Markenstrrategie für Nordamerrika und der Erhhebung voon aussageekräftigen Bedürfnisssen der US U Bevölkkerung sollte das Projektt Moonrakeer auch mithelfen, daas Image vo on VW in Amerika zzu verbesseern. Um die Maarke wiedeer ins Gesp präch zu brringen, entschied maan sich fürr die Entw wicklung eines vvöllig neuuen Fahrzeeugkonzepttes, welch hes spezielll auf die Bedürfnissse und Anfordderungen des d kaliforn nischen M Malibus und d dessen Lifestyle L zu zugeschnittten war. Konkreete Bedürffnisse warren einerseeits eine erhöhte e Umweltfreun undlichkeit,, sprich geringeer Verbrauuch bei gleeichzeitigeem Fahrspass und hoher Leisttung. Gleichzeitig sollten Bedürfnissse wie Neu uheit und IInnovation konkret an ngesprocheen werden.. Da das men den Au utofahrern in i Form voon täglicheen Staus hohe kaalifornischhe Verkehrsaufkomm das Leeben schweer macht, sollte dass neue Fah hrzeug aucch für dieeses Probleem eine Lösungg anbieten. Bezüglich h Lifestyle sollte nich ht ein Famiilienauto eentwickelt werden, w sondernn ein Fahrrzeug, welches ganzz entsprechend der vorherrschhenden Su urfkultur Spass uund Freiheiit vermittelln sollte. A Als einer deer führendeen Automoobilhersteller stand für VW W Sicherhheit immerr an ersterr Stelle. Auch A sonst musstenn die besteehenden zentraleen Markennwerte durrch das M Moonraker-T Team berü ücksichtigt werden. Resultat R dieses Subprojekkts war diie Konzepptstudie GX3, G einess umweltfr freundlicheen High mance Vehhicles, wellches mit zzwei Rädeern vorne und u einem m Rad hintten eine Perform Mischuung aus Motorrad M und u Auto war. Der Name beeinhaltet aalle Attribute des 78 Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen Fahrzeuges. Das G steht für G-Forces, welche das Fahrzeug in den Kurven absorbieren kann, das X für Crossover (Sportwagen/Motorrad) und das 3 steht für die Anzahl Räder. Die sehr minimale Ausstattung bestand aus hochwertigen Materialien und war gleichzeitig auch wasserresistent. Der Top Speed betrug 200 km/h und da das Fahrzeug als Motorrad klassifiziert wurde, konnte man es in Kalifornien auf den speziell eingerichteten Carpool lanes fahren. Durch seine minimale Ausstattung und seine Kompaktheit war das Fahrzeug zugleich eine Antwort auf den Trend der Miniaturisierung auf dem Fahrzeugmarkt. Die Konzeptstudie wurde mit ausgewählten externen Partnern realisiert und auf der Los Angeles Auto Show 2006 zum ersten Mal vorgestellt. Die Konzeptstudie erregte weltweit das Aufsehen des Publikums sowie der Fachpresse. Obwohl das Fahrzeug vergleichsweise kostengünstig hätte hergestellt werden können und eine klare Nachfrage bestand, wurde es aus rechtlichen Gründen nie in Serie produziert. Dennoch halfen die Publicity und der offensichtliche Bruch mit allem, womit man VW of Amerika in Verbindung brachte, das Image der Marke VW positiv zu beeinflussen. Abbildung 16: Konzeptstudie GX3 Emotional Empathic Event 79 Diffusion des Wissens in die Konzernzentrale: Während der gesamten Projektdauer wurden regelmässige Meilensteinpräsentationen gehalten und wöchentliche Updates zurück in die Konzernzentrale gesendet. Die Informationen wurden dabei in verschiedenster Art und Weise aufbereitet. Neben schriftlichen Berichten beinhaltete der Wissenstransfer auch Skizzen, Videos, Podcasts und persönliche Meetings. Neben der Konzernzentrale wurde auch sehr stark mit den lokalen Niederlassungen von VW of America und dem vor Ort ansässigen Designstudio zusammen gearbeitet. Es wurden spezielle Brand- oder Produktkostenworkshops mit der Zentrale in Detroit abgehalten, wo das gesammelte Wissen an die verantwortlichen Stellen weitergegeben wurde. Dieser Transfer gestaltete sich an einigen Stellen schwierig, da das gewonnene Wissen und dessen Grundlagen nicht immer mit jenem in den Bereichen übereinstimmten. Es musste deshalb teilweise sehr viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Nicht zuletzt um Kommunikationsbarrieren zu überwinden, wurden die vom Team erstellten Charaktere als möglichst echte Persönlichkeiten dargestellt. Dazu dienten Filme, Gegenstände und bekannte Namen wie bspw. Lara Croft. Ein sehr ausführlicher Transfer des erworbenen Wissens fand an speziell organisierten Events namentlich den "Voice of America Days" statt. Dort wurden die gewonnen Erkenntnisse direkt der Konzernleitung vorgestellt und ausführlich erläutert. Obwohl das Projekt die volle Unterstützung des Top-Managements hatte, wurde es für das Moonraker Team kein Leichtes, die gewonnenen Informationen dem Rest des Konzerns zugänglich und vor allem verständlich zu machen. 3.2.5 Zusammenfassung Aufgrund des verlorenen Wissens über die Bedürfnisse und Ansprüche der amerikanischen Kunden war VW gezwungen zu handeln. Neben den üblichen Marktforschungsansätzen wurde deshalb entschieden, ein Team zusammenzustellen, welches aus Personen aus allen relevanten Konzernbereichen bestand. Auftrag war ein tiefes Eintauchen in die amerikanische Kultur, ja den Amerikaner selbst. Durch eine intensive Schulung in Teamwork und Marktforschungsmethoden sowie deren Auswertung wurde die Grundlage für die Mission geschaffen. Das Leben um und mit dem potentiellen Kunden der Zukunft emotionalisierte die Teilnehmer tiefgehend und förderte das Marktverständnis der beteiligten Entwickler nachhaltig. Durch die Vermittlung der VW-spezifischen Marken und Kulturwerte wurde erreicht, dass die gewonnenen Erkenntnisse auch entsprechend zielgerichtet verknüpft wurden und somit in konkrete Strategien, Fahrzeugkonzepte und Features übersetzt werden 80 Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen konnten. Selbst längere Zeit nach Abschluss des Projektes hilft das gewonnene Marktverständnis bei der Entwicklung von Ideen zu einzelnen Fahrzeugkomponenten. Schwierigkeiten bereitete die Vermittlung von Informationen vom völlig losgelösten Moonraker-Team zu Konzernstellen und in die eigenständigen Marken. Auch wenn die aus dem Projekt hervorgegangene Konzeptstudie GX3 nie in Produktion ging, sind die positiven Effekte des Projekts bis heute spürbar. Diverse Informationen wurden zur Entwicklung einzelner Features und speziellen Anpassungen von Fahrzeugen für den amerikanischen Nutzer genutzt. Auch das Image und bestehende Brandattribute wurden nachhaltig positiv beeinflusst. Die mit dem Pilotprojekt gemachten Erfahrungen flossen auch in ähnliche Projekte für die Märkte in China, Indien und sogar Deutschland ein. Auch einzelne Marken wie Audi haben eigene Projektteams lanciert. Zusätzlich wurde aus den gesammelten Erfahrungen und eingesetzten Methoden ein eigenes Scouting-Handbuch durch die Marktforschung verfasst. Ebenfalls als schwierig stellte sich die Reintegration (Resozialisierung) der Teammitglieder dar. Da es keine konkreten Stellen für Mitarbeiter dieser Art in den angestammten Konzernbereichen gab, mussten sich diese wieder in "normale" Positionen einfügen. Da dies nicht für alle Teammitglieder die Art und Weise war, wie sie nach einer solchen Erfahrung weiterarbeiten wollten, verliessen einzelne nach Abschluss des Projektes das Unternehmen. Emotional Empathic Event 81 3.3 CEWE Color: Projekt CeWe-Fotobuch Software 4.6 3.3.1 Projektumfeld CeWe Color ist in 24 europäischen Staaten präsent und damit der führende Fotofinishing-Servicepartner für Premium-Handelsmarken im europäischen Fotomarkt. Mit über 2700 Mitarbeitern in 12 Produktionsstätten bedient CeWe sowohl das Geschäft für Fotos und andere digitale Produkte mit dem stationären Handel wie auch über das Internet. Die ausschlaggebenden Wettbewerbsvorteile sind die Kernkompetenzen im Bereich des digitalen Druckens und die hoch effiziente industrielle Fertigung von Fotos und ähnlichen digitalen Produkten. Kombiniert mit einem riesigen Distributionsnetzwerk von über 45'000 Fach- und Grosshändlern sowie dem Internet als wachsendem Vertriebskanal ergibt sich die Marktführerschaft von CeWe Color. Zu den Fach- und Grosshändlern kommen weitere 191 Fachgeschäfte, welche durch insgesamt 1300 externe Fahrer beliefert werden. Im Jahre 2009 entwickelte das Unternehmen 2.6 Milliarden Bilder, über 3.6 Millionen CeWeFotobücher sowie andere Fotogeschenke und erzielte einen Umsatz von 410 Mio. Euro. Seit seiner Gründung im Jahre 1961 hat CeWe Color diverse einschneidende Veränderungen der angestammten Industrie überlebt und dabei die Fähigkeit bewiesen, sich immer wieder selbst neu zu erfinden. Erwähnenswert sind an dieser Stelle beispielsweise der Wechsel von der schwarz/weiss Fotografie zur Farbfotografie sowie die Verdrängung der analogen Kameras durch ihre digitalen Nachfolger. Beide Entwicklungen hatten sowohl Auswirkungen auf das eigentliche Kerngeschäft, das Entwickeln von Fotos, als auch die Vertriebstätigkeit und letztendlich auch auf das Kundenverhalten. In den späten 90er Jahren erkannte die Unternehmensleitung, dass die rasch fortschreitenden Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnologien nicht nur eine Gefahr für das analoge Kerngeschäft darstellen, sondern im Hinblick auf das Gesamtunternehmen auch eine Chance sein können. Gemeinsam mit dem Technologievorstand beschloss der damalige Vorstandsvorsitzende 1997 eine Einheit ins Leben zu rufen, welche sich komplett auf die digitale Fotografie spezialisieren sollte und den Auftrag hatte, das neue Geschäftsfeld für CeWe Color zu erschliessen. Dazu gehörten die Entwicklung neuer Prozesse und Produktionsabläufe genauso wie diejenige von neuen Dienstleistungsangeboten und Vertriebsmöglichkeiten. Um das hoch effiziente Kerngeschäft des analogen Fotofinishings nicht zu beeinträchtigen, wurde entschieden, die Einheit in eine eigenständige Tochtergesellschaft auszugliedern. Dadurch sollte verhindert werden, dass interne Konflikte entstehen, da 82 Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen sich die beiden Geschäftseinheiten mit ihren Produkten grundsätzlich konkurrierten. Gleichzeitig ermöglichte die komplette Ausgliederung aber auch, die neue CeWe Digital GmbH mit komplett neuem Personal ausstatten zu können. Einerseits war dies unumgänglich, um die notwendigen Kompetenzen für dieses neue Geschäftsfeld ins Unternehmen zu holen, und andererseits konnten die langjährig intern aufgebauten Spezialisten für das analoge Business weiterhin das angestammte Kerngeschäft entwickeln. Der Prozess der Digitalisierung war, wie dies bei CeWe Color schon immer der Fall war, stark technologiegetrieben. Geschützt durch den entsprechenden TopManagement Support konnte sich CeWe Digital ganz auf seine Aufgaben konzentrieren und das Potential der neuen Technologien vollständig ausschöpfen. Bereits im ersten Jahr entwickelte das junge Spin-off den weltweit ersten digitalen Photo-Terminal. Weitere Entwicklungen und ausgewählte Partnerschaften mit anderen Technologieführern führten dazu, dass bereits 5 Jahre später über 2400 Terminals in Fachgeschäften aufgestellt waren. Höhere Bandbreiten, Entwicklungen in der Kameraherstellung und vor allem den Speichermedien bedeuteten den Siegeszug der digitalen Fotografie. Wiederum stark technologiegetrieben entwickelte CeWe seine erste Bildbearbeitungssoftware. All dies war jedoch nicht genug, um die dramatisch sinkenden Entwicklungsvolumen im analogen Markt zu egalisieren. Der analoge Markt verlor von 2000 bis 2008 88% seines Volumens. Obwohl das schnell wachsende digitale Geschäft die Verluste auf der analogen Seite teilweise auffangen konnten, erkannte CeWe Color, dass es weitere Angebote brauchte um auch in Zukunft noch wachsen zu können. Die Digitalisierung von Bildern bot die benötigten Chancen, neue Produkte zu kreieren. So wurde es beispielsweise möglich, ebenfalls hoch automatisiert Kalender, T-Shirts, Rucksäcke, Tassen, Mousepads und viele weitere personalisierte Geschenkartikel zu erstellen. Die wohl wichtigste Innovation aber stellte das CeWe-Fotobuch dar. Mit der eigens dafür entwickelten Software wird es dem Kunden computerunterstützt ermöglicht seine digitalen Bilder in einem graphisch hochstehenden Album darzustellen und es 3-4 Tage später als echtes Fotoalbum in Händen zu halten. Der Erfolg des CeWe-Fotobuches basiert auf einem sehr tiefen Kundenverständnis, entsprechenden Entwicklungen in der digitalen Bildindustrie sowie der langjährigen Kompetenz im Bereich des digitalen Druckens. Emotional Empathic Event 83 Innovationsprozess bei CeWe Color Aufgrund seiner Historie als klassisches Produktionsunternehmen, welches Maschinen zukaufte, sie teilweise adaptierte oder weiterentwickelte, existieren erst seit einigen Jahren klare F&E-Strukturen. Der eigentliche Beginn der eigenen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten stellt die Gründung der bereits beschriebenen CeWe Digital dar. Innerhalb dieser eigenständigen Tochtergesellschaft bestand die explizite Aufgabe der Mitarbeiter darin, die Potentiale bestehender Technologien nutzbar zu machen und gleichzeitig diese innerhalb der eigenen Industrie weiterzuentwickeln. Produktionskapazitäten mussten erst entwickelt und aufgebaut werden, da diese noch nicht bestanden. Auch das Marketing und der Vertrieb wurden für die digitalen Produkte eigenständig entwickelt und erst mit der Wiedereingliederung der CeWe Digital in die Muttergesellschaft zusammengelegt. Aus dieser Zeit stammt auch die Einrichtung der Digital- und Marketingrunde, in welcher sich leitende Mitarbeiter aus allen relevanten Bereichen wöchentlich treffen, um sich über relevante Trends und neue Ideen auszutauschen. Grundsätzlich sind in dieser Runde die Bereiche F&E, Produktion, Produktmanagement, Vertrieb, Marketing, Kundendienst sowie Teile des Vorstandes vertreten. Durch diese Interdisziplinarität wird sichergestellt, dass die Ideen von verschiedenen Blickpunkten aus betrachtet werden und die einzelnen Fachbereiche Ergänzungen einbringen können. Für sinnvoll erachtete Ideen und Ansätze werden dann in jeglicher Art und Weise (Rohdaten oder bereits ausformulierte Ideen) an das sogenannte Release Control Board (RCB) weitergeleitet. Das RCB ist ebenfalls ein interdisziplinär besetztes Board der Vorstandsmitglieder, in welchem der Vorsitzende die letztendliche Entscheidungsbefugnis hat. Dieses RCBBoard sichtet und berät die aus den verschiedensten Quellen stammenden Ideen, priorisiert diese und entscheidet, welche Ideen in der Entwicklung weiterverfolgt werden sollen und welche aus dem Prozess ausscheiden. Wird entschieden, dass man eine bestimmte Idee weiterverfolgen will, wird diese an die dafür geeignete Abteilung weitergleitet und entwickelt. Anschliessend folgen ausführliche Usability- und Kundentests, bevor das endgültige Produkt gelaunched wird. Open Innovation bei CeWe Obwohl CeWe Color eine starke interne F&E-Abteilung hat, besitzt das Unternehmen eine ausgesprochen offene Kultur. Einerseits basiert dies auf dem historisch mit den Partnern gewachsenen Geschäftserfolg, auf der anderen Seite hat man durch die Erfahrungen bei cewe digital gelernt, dass eine intensive Vernetzung in und ausserhalb der eigenen Industrie und über alle Wertschöpfungsstufen hinweg absolut zentral ist 84 Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen für den nachhaltigen Erfolg. Ideen werden deshalb nicht nur in den internen Meetings der Digital-Marketing-Runde oder innerhalb des RCB generiert, sondern stammen aus einer Vielzahl von Quellen. Auf technologischer Seite steht vor allem die Vernetzung innerhalb der eigenen Industrie im Vordergrund. So sind Vertreter von CeWe jeweils auf allen relevanten Messen, Konferenzen und Tagungen vertreten und engagieren sich in einschlägigen Gremien und Kommissionen, bspw. wenn es um das Setzen von neuen Industriestandards geht. Üblicherweise sind es leitende Mitarbeiter, die diese Netzwerke über Jahre aufgebaut haben, welche sich in solchen Gremien engagieren. Die dort erhaltenen Informationen und möglicherweise auch generierten Ideen werden anschliessend beispielsweise in Form von Besuchsberichten in das Unternehmen zurückgespielt. Je nach Information geschieht dies bilateral oder aber in entsprechenden Teammeetings. Aufgrund der Markt- und Technologieführerschaft von CeWe Color sowie der Tatsache, dass das Unternehmen die Entwicklung des digitalen Fotogeschäfts in Europa massgeblich geprägt hat, sind gute Beziehungen zu Partnern auf allen Wertschöpfungsstufen unerlässlich. Diese Beziehungen sind multilateral, da es aufgrund der unterschiedlichen Plattformen nicht sinnvoll wäre, sich nur auf einen Partner zu konzentrieren. So wird beispielsweise sowohl mit Apple als auch mit Microsoft zusammengearbeitet. Microsoft beispielsweise hat in seinem Betriebssystem Windows 7 die CeWe-Fotobuch-Software als Standardkomponente integriert. Auf der anderen Seite arbeitet CeWe Color jedoch auch mit Nokia zusammen, um die Dienstleistung XpressPrint auf allen N-Series Handys zu ermöglichen. Weiter bestehen technologieseitig enge Beziehungen zu den Druckerherstellern, wobei CeWe oft erste Tests für neue Technologien und Verfahren durchführt. Gleichzeitig werden neue Ideen auf Herstellerseite immer wieder auch mit CeWe diskutiert, um Potentiale oder mögliche Schwierigkeiten zu erkennen. In Bezug auf die Entwicklung des kommerziellen Digitaldrucks wurde beispielsweise wiederum eine eigenständige Tochtergesellschaft gegründet, welche dieses Thema vorantreiben soll. Daneben unterhält das Unternehmen auch enge Beziehungen zu Universitäten und anderen Wissenseinrichtungen, um auch im Bereich der Grundlagenforschung Fortschritte zu machen. Mittel für solche Partnerschaften sind Stipendien für Forschungsarbeiten oder Preisausschreiben für Entwicklungen in zuvor festgelegten Bereichen. In den vergangenen Jahren lag der Fokus für solches Zusammenarbeiten auf Entwicklungen im Zusammenhang mit dem CeWe-Fotobuch und der zugehörigen Software. Neben den diversen eher technologiegetriebenen Partnerschaften weist CeWe auch einen starken Kundenfokus auf. So betreibt das Unternehmen regelmässig Markforschungen und Konsumentenbefragungen, unterhält seine eigenen Foren und führt Usability Tests mit ausgewählten Handelspartnern und Kunden durch. Die Emotional Empathic Event 85 dadurch generierten Informationen werden analysiert, erkennbare Trends abgeleitet und Szenarien generiert. Gleichzeitig werden über diese Kanäle auch immer wieder spezifische Ideen an das Unternehmen herangetragen. Diese liegen vor allem im Bereich der Bedien- und Nutzerfreundlichkeit. Vielversprechende Ideen werden wiederum entweder direkt an die entsprechenden Stellen weitergeleitet oder in den vorhandenen Gremien behandelt. Die auf den vorhandenen Kanälen generierten Einblicke, Ausblicke und Ideen sind nach Aussagen des Managements so gut, dass es CeWe Color als ausreichend empfindet, alle zwei bis drei Jahre einen gross angelegten Ideengenerierungsworkshop mit externen Dienstleistern und ausgewählten Drittpersonen durchzuführen. Erfahrungen haben gezeigt, dass die Ideen welche aus diesen Workshops hervorgehen, typischerweise nicht komplett neu sind für das Unternehmen, jedoch hervorragend dazu geeignet sind, mögliche Trends und Bedürfnisse zu bestätigen. Grundsätzlich lässt sich für CeWe Color sagen, dass radikale Innovationen weiterhin eher technologiegetrieben sind während Produktevaluationen und Weiterentwicklungen mehrheitlich marktgetrieben sind. Strategieworkshops Vorstand CEO Lean Innovation Fast Innovation Produktion Produktmarketing Vertrieb Kundendienst Digitalund Marketingrunde F&E R C B Forum Kundendienst Usability Tests Eye Tracking Produkt-DBR Kunden Konsumenten Mafo VV Mitarbeiter PR / IR Controlling Workshops und Open Innovation Quelle: CTO Dr. R. Faghet (2010) Abbildung 17: Quellen für Ideen bei CeWe Color 86 Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen 3.3.2 F&E-Mitarbeiter Die für das hier beschriebene Projekt ausgewählten Mitarbeiter waren sämtliche Produktmanager sowie drei Personen aus der F&E. Bei den aus der F&E entsandten Personen handelte es sich um die Abteilungsleiterin Software, den verantwortlichen Entwickler Software sowie den zuständigen Entwickler für die graphische Umsetzung. Da es das Ziel war, sich in Kundenwelten, sprich von Kunden kreierte Welten hineinzuversetzen, um daraus Erkenntnisse für das eigene Produkt abzuleiten, war es aus Sicht des Managements absolut zentral, alle involvierten Stellen miteinander zu vernetzen sowie die entsprechenden Entscheidungsträger schon früh zu integrieren. Aus Sicht der F&E war deshalb die verantwortliche Person für die Steuerung des Prozesses diejenige, welche die Anforderungen konkret umsetzen musste, sowie die für das finale Erscheinungsbild zuständige Person involviert. Damit wurde verhindert, dass es anschliessend zu Diskussionen über die vom Projektteam erarbeiteten Ergebnisse kam und bereits von Beginn weg die Objektivität sichergestellt werden konnte. Zudem war sich das Management bewusst, dass in dieser Branche Geschwindigkeit ein zentrales Element für den Erfolg ist. Ein ebenfalls zentrales Element im Innovationsprozess von CeWe Color ist die Digital- und Marketingrunde, welche aus den leitenden Angestellten aller Bereiche besteht. Die Runde stammt eigentlich aus der Anfangszeit der Digitalisierung von CeWe Color, wurde aber auch nach der Reintegration der cewe digital GmbH beibehalten. Weiterhin trifft sich das interdisziplinäre Team jeweils am Montag, um über Rückmeldungen aus den Bereichen zu diskutieren und Projekte zu priorisieren und freizugeben. Die Argumente für die interdisziplinäre Ausrichtung sind Objektivität, Know-how und Geschwindigkeit. Zudem wird das gegenseitige Verständnis unternehmensweit gefördert. 3.3.3 Emotionale Kundenwelt In Bezug auf die Entwicklung von emotionalen Kundenwelten weist CeWe Color einige Eigenheiten auf, welche im Folgenden näher erläutert werden sollen. Als Dienstleister in der Fotoindustrie versteht sich das Unternehmen weniger in der Position, aktiv Emotionen kreieren zu müssen, sondern sieht seine Hauptaufgabe darin, Emotionen zu konservieren und wiederherzustellen. Hauptprodukt für diese Aufgabe sind die Bilder selbst. Diese sind in sich bereits hochgradig emotional und dienen den Kunden dazu, sich an die bereits durchlebten Emotionen zu erinnern oder sie mit Drittpersonen zu teilen. Bei CeWe Color werden durch Design und Produktfeatures nicht vordergründig Emotionen geschaffen, sondern die Emotional Empathic Event 87 Rahmenbedingungen kreiert, um Emotionen zu konservieren. Die emotionalen Kundenwelten werden in diesem Sinne nicht durch CeWe kreiert, sondern durch die Kunden selbst. Indem sie ihre Geschichten durch das Erstellen eines CeWe-Fotobuchs erzählen, geben sie einen tiefen Einblick in ihr Leben. Dieses Fenster nutzte CeWe Color in seinem Projekt, um die Mitarbeiter tief in diese persönlichen Kundenwelten einzutauchen. 3.3.4 Prozess der Emotionalisierung Der Prozess der Emotionalisierung der F&E-Mitarbeiter geschieht, indem real erstellte Fotobücher betrachtet werden, um daraus Ideen für Innovation im Software- oder Hardwarebereich zu generieren. Dabei steht immer im Vordergrund, wie man den Kunden beim Erzählen seiner Geschichte noch besser unterstützen könnte. Allein die lange und intensive Betrachtung bestimmter Fotobücher löst bei den Mitarbeitern Emotionen aus. Beispielsweise wenn sie spüren, mit welchem Aufwand und mit wie viel Gefühl diese erstellt wurden. Die Bilder und Stimmungen dienen als Stimuli, um sich an ähnliche Situationen aus dem eigenen Leben zu erinnern und lösen dadurch die damals gefühlten Emotionen aus. In einem zweiten Schritt versetzen sich die Mitarbeiter in die Situation solcher Kunden, um zu überlegen, was den Prozess der Erstellung im Kern vereinfachen würde. Gleichzeitig überlegen sie sich auch, wie das gesamte Umfeld von Fotos noch verstärkt durch neue Angebote durchdrungen werden könnte. Dieses Vorgehen resultierte beispielsweise in Investitionen im Millionenbereich für ganze Designwelten, die es den Kunden ermöglichen, einen Event wie eine Hochzeit noch einfacher und in sich stimmig zu gestalten. So ist es heute möglich von der Einladungskarte über die Tischkarten bis hin zum Menü und letztendlich den Dankeskarten und dem Fotoalbum mittels CeWe Software zu designen. 3.3.5 Zusammenfassung Aufgrund spezifischer Rahmenbedingungen und Eigenheiten der Industrie ist CeWe Color in der einmaligen Lage, direkt von den Kunden selbst einen Einblick in deren emotionale Welten zu bekommen. Durch die Identifikation der eigenen Mitarbeiter mit den Situationen und Geschichten, die in den Fotobüchern erzählt werden, wurden diese emotionalisiert. Im Zusammenspiel mit den starken multilateralen Netzwerken mit diversen externen Partnern gelang es, zielgerichtete Ideen zu generieren, welche einen echten Mehrwert für die Kunden, aber auch das Unternehmen selbst generieren. 88 Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen 4 Emotionalisierung in der Filmindustrie Hollywood gilt als die westliche Filmstätte per se. Betrachtet man den Bereich von Emotionen, so muss man die visuellen Industrien zwingend berücksichtigen. Kombiniert mit Musik bietet der Film als audiovisuelles Medium ein exemplarisches Beispiel dafür, wie Emotionen beim Betrachter konserviert und geweckt werden können. Daher stellt die Filmindustrie eine geeignete Analogie dar, um Erkenntnisse über die Emotionalisierung von Mitarbeitern und Kunden zu gewinnen. In 2009 wurde diese Industrie daher tiefgehend untersucht, um daraus Erkenntnisse für die Managementpraxis ableiten zu können. Als Untersuchungsobjekt diente eine sorgfältig ausgewählte Anzahl von Regisseuren, die sich sowohl durch ihren kreativen und wirtschaftlichen Erfolg wie auch durch ihren Beitrag zur Entwicklung des Filmemachens auszeichneten bzw. immer noch auszeichnen. Regisseure wurden deshalb als Untersuchungsobjekt gewählt, weil sie die zentrale Rolle in Bezug auf Kreativität in der Filmindustrie spielen (Simonton, 2004). 4.1 Selektion der Regisseure und Datensammlung Die Grundmenge für die Selektion der Forschungsobjekte bildete eine Liste aus 158 Filmen4. Diese setzte sich zusammen aus den Top 100 Filmen geordnet nach Umsatz, sowie 70 weiteren Filmen, die aufgrund innovativer Technologien und Techniken ausgewählt wurden. Nach dem Eliminieren von Doppelnennungen blieben 158 Filme übrig, welche als Grundlage für die folgenden Untersuchungen dienten. Die Auswahl der erfolgreichsten und kreativsten Regisseure erfolgte auf Grund erfolgreicher Filme oder ihrem Beitrag zur Entwicklung der Filmindustrie. Der wirtschaftliche Erfolg der Filme stand genauso im Vordergrund wie deren Kreativität oder der Einsatz von neuen Technologien und Techniken (bspw. Green Screen, CGI, Storyline, Schnitt). Da Kreativität definiert ist als etwas das "appropriate observers independently agree it is creative" (Amabile, 1982), kann der Umsatz (BOS-Box Office Sales) als Vergleichsgrösse herangezogen werden. Die angemessenen Beobachter sind die Zuschauer, welche bereit sind, für das Konsumieren des Filmes Geld auszugeben (Boor, 1992; Vany de und Walls, 1999; Plucker, Kaufman et al., 2009). Gleichzeitig liegt dieser Annahme zu Grunde, dass Personen eher bereit sind Geld für etwas Neuartiges, Überraschendes oder besonders Gutes auszugeben, was wiederum für die Kreativität eines Filmes spricht. Sehen sich also besonders viele 4 Für Angaben zur verwendeten Forschungsmethodik und der Auswertung der Daten siehe Kapitel 1.3.4 (Forschungsmethodik) Emotional Empathic Event 89 Menschen einen Film an, so ist das ein Hinweis darauf, dass er sich durch bestimmte positive Merkmale von den übrigen und bisher dagewesenen unterscheidet. Basierend auf den BOS in US Dollar wurde eine Liste mit den Top 20 Filmen5 erstellt. Der Umsatz als einzige Kennziffer für die Kreativität eines Filmes zu verwenden ist nicht ausreichend, da sich Zuschauer nicht nur auf Grund der Neuheit, sprich seines kreativen Inhalts einen Film ansehen. In verschiedenen Studien wurden denn auch Korrelationen zwischen dem Produktionsbudget (inkl. Werbeetat) und dem Umsatz eines Filmes nachgewiesen (Simonton, 2005). Weitere Aspekte, welche den Umsatz ebenfalls beeinflussen können, sind eine bekannte Geschichte als Grundlage (vgl. Harry Potter), der Starfaktor von engagierten Schauspielern oder einfach der Zeitgeist, welcher mit dem Film getroffen wird. Aus diesem Grund wurde der Umsatz nicht als alleinige Variable gewählt, sondern durch weitere ergänzt. Eine sehr gut dokumentierte und auch anerkannte Kennziffer für Erfolg und Kreativität ist die Anzahl an gewonnen Auszeichnungen sowie erhaltene Filmkritiken. Bevor die Anzahl der gewonnen Auszeichnungen bestimmt werden konnte, mussten die relevanten Auszeichnungsorganisationen definiert werden. Auf Grund ihres Einflusses wurden die folgenden Organisationen als relevant erachtet: The Academy of Motion Picture Arts and Sciences (Oscars), Hollywood Foreign Press Association (Golden Globes), British Academy of Film and Television Arts (BAFTA) sowie das Festival De Cannes (Palme d'Or) (Simonton, 2004). Da die definierten Auszeichnungen unterschiedlich starken Einfluss innerhalb der Branche aufweisen, wurde die Anzahl erhaltener Auszeichnungen mit einem Gewichtungsfaktor multipliziert. Dieser Gewichtungsfaktor ergab sich auf Grund der Anzahl Google Hits. Suchbegriffe waren "Academy Awards", "Golden Globes", "BAFTA Film Awards" sowie "Cannes Awards" (Resultat der Abfrage (19.02.2010) war: Academy Awards 44.2 Mio (0.21 sek) / Golden Globes 38.8 Mio (0.17 sek) / BAFTA Film Awards 0.89 Mio und Cannes Awards 6.7 Mio (0.29 sek). Die Resultate der Google Hits wiederspiegelte auch das Ranking von Simonton (2004) bis auf den Unterschied, dass die Goldene Palme von Cannes mehr Gewicht hat als die BAFTA Film Awards. Um die Gewichtungsfaktoren zu bestimmen, wurde die Anzahl der Academy Awards Hits mit dem Maximum auf einer 10 Punkte Skala gleichgesetzt. Die übrigen Gewichtungsfaktoren ergaben demnach 8.78 für die Golden Globes, 1.52 für die Goldene Palme von Cannes und 0.2 für die BAFTA Film Awards. Das Produkt des 5 Aufgrund des Zeitraumes sind die in der Zwischenzeit zu den erfolgreichsten Filmen aufgestiegenen Filme AVATAR oder Alice im Wunderland nicht beinhaltet. 90 Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen Gewichtungsfaktors mit der Anzahl gewonnener Awards ergibt den gewichteten Award Ratio pro Film. Jeder Ansatz in sich weist gewisse Mängel auf. Deshalb wurden die beiden Ansätze noch um einen dritten ergänzt. Neben der Bewertung des Umsatzes erfolgte wie aufgezeigt eine Bewertung anhand der gewonnenen Auszeichnungen und als drittes Kriterium wurde eine Liste zusammengestellt, die Filme beinhaltete, die aufgrund ihrer speziellen Technologien oder Techniken durch Kritiker, in Zeitschriften sowie in der Community als sehr kreativ bewertet wurden. Um einen gewissen Aktualitätsgrad herzustellen beinhaltet die dritte Liste vor allem Filme, welche innerhalb der letzten 30 Jahre hergestellt wurden. Aus jeder der drei Listen wurden die 20 Top Filme bestimmt. Die zu untersuchenden Regisseure wurden aufgrund der Anzahl Nennungen in diesen drei Listen bestimmt. Insgesamt ergaben sich sieben Regisseure, welche mehr als einmal genannt wurden. Um eine Untersuchungsmenge von 10 Regisseuren zu erhalten wurden aus den übrigen mit nur einer Nennung zwei weitere ausgesucht und eine Wild Card an einen Regisseur vergeben, welcher als sehr kreativ gilt, aber nicht in den Listen erscheint. Er ist jedoch in der Grundmenge der Top 100 Filme überdurchschnittlich vertreten. Kreative Filme Datenbasis: Top 100 BOS 70 Kreativität Box Office Sales Awards Kritiken / Experten (Amabile, '82) (Simonton, '04) (Besemer & O'Quin, '86) Top 20 Filme Top 20 Filme Top 20 Filme Top 10 kreative Filmregisseure Top 7 Regisseure 2 Regisseure mit nur einer Nennung 1 Regisseur mit Wild Card Abbildung 18: Selektion der relevanten Filmregisseure Emotional Empathic Event 91 Auf Grund des beschriebenen Prozesses wurden die folgenden Regisseure als Untersuchungsobjekte definiert (mittels Anzahl Filme in den drei Listen): Steven Spielberg (6), Peter Jackson (6), James Cameron (5), Robert Zemeckis (4), George Lucas (3), David Yates (2) and Gore Verbinski (2). Aus den Regisseuren mit nur einer Nennung wurden Stanley Kubrick (1) und Quentin Tarantino (1) ausgewählt. Die Wildcard ging an Robert Rodriguez. 4.2 Film-Crew als Innovationsteam Den F&E-Mitarbeiter, wie er in etablierten Grossunternehmen besteht, findet man in der Filmindustrie so nicht. Die Industrie ist gekennzeichnet durch eine Vielzahl von spezialisierten Playern, welche in einem hoch komplexen Netzwerk zusammenarbeiten. Im Gegensatz zu organisatorischen Strukturen aus dem Unternehmenskontext muss jeder dieser Player auf seinem Fachgebiet eine hohe Innovationskraft aufweisen. Sei dies nun die Crew, welche für die Spezialeffekte zuständig ist, die Crew für das Set oder die Näherinnen, welche die Kleidungsstücke für die Schauspieler produzieren. Daneben sind natürlich auch noch die ganzen vorgelagerten Stufen zu erwähnen wie etwa Spezialisten für die Herstellung von 3D-Kamerasystemen. Auch wenn in neueren Filmen der Anteil an Computer generierten Inhalten (CGI) massiv zugenommen hat, so bleiben die Schauspieler und Schauspielerinnen nach wie vor eine der zentralsten Mitarbeiterkategorien für einen Regisseur. Komplett animierte Filme bilden hier selbstverständlich eine Ausnahme. Auch wenn Animationsfilme heute noch nicht zu den ganz grossen Blockbustern gehören ist es in Zukunft durchaus denkbar, dass es für gewisse Projekte gar keine Schauspieler mehr braucht. Ein Regisseur stellt sich in der Regel für jedes neue Filmprojekt seine passende Film Crew zusammen, so dass er kein konstantes Team führt. Für die weiteren Ausführungen sind unter dem Begriff Mitarbeiter jeweils alle involvierten Netzwerkpartner zu verstehen, da alle in gewisser Weise abhängig vom Regisseur sind und massgeblich von diesem geführt werden. 4.3 Film als emotionale Sphäre Die emotionale Sphäre ist in Bezug auf das Untersuchungsobjekt Regisseur eine zweifache. Einerseits stehen natürlich die Zuschauer im Vordergrund, welche letztendlich durch den Film, seine Musik und seine Bilder in einen emotionalen Zustand versetzt werden sollen. Denn Ziel des Mediums Film ist es, die Zuschauer zu erreichen und in seinen Bann zu ziehen. Es ist also zentral für einen Regisseur sein 92 Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen Publikum zu kennen, um die ihm zur Verfügung stehenden Mittel so einzusetzen, dass er die gewünschten Reaktionen während des Konsumierens des Filmes im Zuschauer auslösen kann. Auf der anderen Seite besteht neben dem Publikum auch die Sphäre der Geschichte oder des Protagonisten selbst, welcher als eine Art virtueller Kunde verstanden werden muss. Auch dessen Ansprüche gilt es mit dem Film gerecht zu werden. Denn bei einem Film dreht sich letztendlich alles nur um die zu Grunde liegende Geschichte, welche erzählt wird. Im Falle eines noch lebenden Autoren oder einer reellen Person (falls die Story auf einer wahren Begebenheit basiert) sind selbstverständlich auch diese als Kunde zu betrachten. Deren Welt stellt gleichzeitig die emotionale Sphäre dar, in die sich die Mitarbeiter, die Schauspieler im Speziellen, hineinversetzen müssen. Denn nur wenn ein Schauspieler die Person, welche er oder sie spielen soll, wirklich versteht und deren emotionale Zustände förmlich spürt oder selbst durchlebt, wird es gelingen, die Rolle glaubwürdig zu spielen. Für beide der genannten emotionalen Sphären betreiben die untersuchten Regisseure einen enormen Aufwand. Um die Welt des Zuschauers zu verstehen, werden verschiedene Methoden eingesetzt. Manche Regisseure setzen sich bei ausgewählten Vorführungen unauffällig ins Publikum, um die Reaktionen auf bestimmte Events live beobachten zu können. Damit stellen Sie auch fest, ob das Publikum an der vorgesehenen Stelle lacht oder nicht oder welche Art von Bildern und Musik besonders gut ankommen und welche nicht. Weiter beschäftigen sich Regisseure, wie James Cameron auch intensiv mit dem Thema Psychologie und sogar der Gehirnforschung, um mit ihren Filmen einen optimalen Impact beim Publikum zu erzielen. Gerade in Bezug auf den Einsatz neuer Technologien ist dies wichtig. James Cameron beispielsweise hat sich vor der Produktion seines Blockbusters "AVATAR: Aufbruch nach Pandora" intensiv mit der 3D-Technologie beschäftigt. Einerseits hat er mit seiner eigens dafür gegründeten Firma die heutigen 3D-Kamerasysteme massgeblich entwickelt, auf der anderen Seite hat er sich aber auch immer gefragt, wie viel 3D der Zuschauer überhaupt verarbeiten kann. Um eine Antwort auf diese Frage zu erhalten, hat er sich damit vertraut gemacht wie die Informationsprozesse im Gehirn ablaufen, welche Informationsflut das Auge an das Gehirn weiterleiten kann, ohne überlastet zu werden und, ganz wichtig, ohne zu schnell zu ermüden. Aufgrund dieser Zuschauerforschung hat er sich für einen sehr dezenten Einsatz von 3D-Effekten entschieden, um zu verhindern, dass die Zuschauer es als einmalige Attraktion wahrnehmen, im Weiteren aber gerne darauf verzichten können. Bezüglich psychologischer Aspekte geht es unter anderem darum Emotional Empathic Event 93 herauszufinden, was den menschlichen Geist anregt und was abstossend wirkt. Dies spielt im konkreten Fall dann eine Rolle, wenn es darum geht, wie viel Information das Publikum erhalten soll und wie viel es selbst mitdenken muss oder darf. Gibt man zu viel, wird es langweilig, gibt man zu wenig, verliert man den Zusammenhang. Es stellen sich also Fragen nach dem "Wie?" es gelingt, zwischen dem Publikum und der Geschichte eine emotionale Bindung aufzubauen und für die notwendigen Überraschungsmomente zu sorgen, die das Publikum erleben möchte. Weiter gehört auch das intensive Studium des jeweiligen Genres dazu, um zu erkennen, was denn die relevanten Werte und Markenzeichen für die jeweilige Art Film sind. Wie ist das Genre entstanden, wer hat es massgeblich geprägt, welche Art Schnitt wird verwendet und welche Zielgruppe wird damit bedient, sind Fragen, welche an dieser Stelle gestellt werden müssen. Um dem Zielpublikum noch näher zu kommen, begeben sich die meisten der untersuchten Regisseure auf Tuchfühlung mit eingefleischten Fans. Sie führen persönliche Gespräche, um zu erfahren, was sich ein echter Fan wünschen würde, und lesen Foren, um Anregungen und Kritik der Fans zu erhalten. Die emotionale Sphäre für das konkrete Filmprojekt selbst bildet die Geschichte, kurz die Story. Nach Aussage aller untersuchten Filmregisseure bildet die Story das zentrale Element, an welchem alle Aktivitäten ausgerichtet werden müssen. Damit dies möglich ist, müssen alle Beteiligten die Geschichte verinnerlicht und verstanden haben. Deshalb ist bereits die Auswahl der Geschichte eine zentrale Aufgabe für die Regisseure. Nur eine Story, welche es erlaubt, eine emotionale Bindung zwischen dem Thema oder den darin vorkommenden Charakteren aufzubauen, verspricht erfolgreich zu werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Geschichte selbst geschrieben oder durch eine Drittperson verfasst wurde. Das Konzept der Empathie ist in diesem Zusammenhang das Schlüsselelement und findet auf drei verschiedenen Ebenen statt. Auf der ersten Ebene steht die Empathie für den Autor, um sicherzustellen, dass wirklich verstanden wurde, was jener dem Leser mitteilen wollte. Ist dies geschehen, folgt auf der zweiten Ebene die Empathie mit der Geschichte als Ganzes und auf der letzten Ebene Empathie für die Charaktere, die dargestellt werden sollen. Um einen erfolgreichen Film produzieren zu können, benötigt es ein tiefes Verständnis auf allen drei Ebenen. Ist beispielsweise nur die Empathie für die Protagonisten vorhanden, kann es sein, dass zwar die Schauspieler für ihre Rolle perfekt vorbereitet sind, aber der Film insgesamt im falschen Kontext und mit der falschen Technologie umgesetzt wird. 94 Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen Auch wenn Filmemachen in vielen Fällen bedeutet, virtuelle Welten zu erschaffen und zu zeigen, so ist es aus psychologischer Sicht wichtig, dass die Geschichten so real wie möglich dargestellt werden. Das Publikum muss glauben können, dass die gezeigten Elemente real sind, selbst wenn es genau weiss, dass diese computeranimiert sind. Um realistische Spezialeffekte oder auch zukünftige Technologien im Film darstellen zu können, unternehmen die untersuchten Filmemacher jeweils eine ausgiebige Suche nach bereits heute bestehenden Fakten. Es werden Interviews mit Forschern durchgeführt, welche sich derzeit bereits mit der Materie befassen, es werden aktuell bestehende Systeme genauestens studiert und Studien zu zukünftigen Trends gesucht oder selbst erstellt. In bestimmten Fällen wie beispielsweise dem komplett computergenerierten Gorilla "King Kong" von Peter Jackson, wurden echte Berggorillas im Zoo sowie der freien Wildbahn genauestens beobachtet, um ihren virtuellen Artgenossen so real wie möglich darstellen zu können. Ist der Film eine Dokumentation, gleichen die Vorbereitungen oft jenen des investigativen Journalismus. Akten werden gelesen, Gespräche mit Zeitzeugen geführt, Fotos und Bilder gesichtet sowie mit Historikern zusammengearbeitet. In bestimmten Fällen wird sogar mit heute bestehenden Organisationen, wie beispielsweise der NASA, zusammengearbeitet, um einen noch tieferen Einblick in Prozesse und Abläufe zu erhalten. Selbst wenn gewisse Filmemacher die existierenden Pfade verlassen möchten, um etwas ganz Neues zu kreieren, so müssen sie sehr genau wissen, was heute bereits alles existiert. Aussagen verschiedener Regisseure bestätigen, dass es in jedem Fall gewisse Anknüpfungspunkte für das breite Publikum braucht, damit dieses nicht "abgehängt" wird. Erst wenn das Projekt auf allen Ebenen der Empathie verstanden wurde und auch der notwendige theoretische und praktische Tiefgang bezüglich der Materie vorhanden ist, können in sich konsistente emotionale Sphären erstellt werden, die es der Crew erlauben, sich in die für sie relevanten Zustände zu versetzen. Als Sphären dienen dabei meist reale Sets und Umgebungen, Bilder, Comics, Visualisierungen durch Designer, Storyboards, Storytelling und Musik. 4.4 Emotionalität am Beispiel der Filmproduktion Die Initiierung von Emotionalität findet auf zwei Ebenen statt. Einerseits müssen zuerst die Crew und vor allem die Schauspieler in die entsprechenden Zustände versetzt werden, um ihre Rollen glaubwürdig spielen oder darstellen zu können und andererseits soll das Endprodukt Film die Zuschauer emotional berühren und in den Emotional Empathic Event 95 Bann ziehen. Während für letztere nur das Medium Film inkl. Musik zur Verfügung steht, ist es für die Crew die gesamte Bandbreite an Instrumenten, die genutzt werden können, um Emotionen zu fördern. Die untersuchten Beispiele haben denn auch gezeigt, dass Regisseure alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um die gewünschte emotionale Bindung herzustellen. Zu Beginn des Prozesses steht die Auswahl oder das Schreiben der Geschichte, welche verfilmt werden soll. Bereits hier gibt es unter den Filmemachern verschiedene Ansätze, wie die Story gefunden oder geschrieben wird. Zum einen sind da die Leser, welche sich grundsätzlich durch eine Vielzahl von verschiedenen Geschichten durchlesen, bis sie auf eine stossen, die sie während dem Lesen fasziniert, berührt und inspiriert. Bereits in jenem Moment startet der Prozess der Emotionalisierung. Fortan werden Notizen gemacht, um festzuhalten, welche Emotionen, Erinnerungen und Gefühle während dem ersten Lesen aufkamen. Diese Notizen helfen dem Regisseur während des ganzen Prozesses dabei, die Perspektive des Zuschauers zu behalten, selbst nachdem er sich Monate lang intensiv mit der Thematik beschäftigt hat. Filmemacher, welche ihre Geschichten selbst schreiben, begeben sich oftmals in verschiedene Situationen, um neue Ideen zu erhalten. Beim einen sind dies Alltagssituationen, in denen er gezielt den Kontakt zu seinen Kindern und der Familie sucht, um zu erleben, was denn die Personen beschäftigt, beim anderen ist es der Rückzug in sein Arbeitszimmer, um sich bei ausgewählter Musik in die Stimmung der Geschichte versetzen zu lassen. Ist die Story ausgesucht, beginnt für den Regisseur durch die tiefe Einarbeitung in das Thema der Aufbau einer emotionalen Bindung. Steven Spielberg beispielsweise berichtet von geradezu spirituellen Erlebnissen, als er bei den Vorbereitungen von Schindlers Liste die Orte des Geschehens besucht hat. Der nächste grosse Schritt der Emotionalisierung folgt während den Dreharbeiten mit den Schauspielern. Denn egal welche Story man erzählt, das Publikum muss sie als glaubwürdig empfinden. Das heisst nicht im Sinne von, Magie gibt es oder gibt es nicht, sondern der Kontext, in dem der Film spielt muss glaubwürdig sein. Dazu David Yates: "I believe once you get the script right, the next biggest challenge is to make sure that you really feel there’s an emotional truth and an emotional reality to it. You could be defending some great kingdom from whoever, but you’ve got to believe it matters to that person you’re seeing on the screen." Damit diese Art der Glaubwürdigkeit entstehen kann, müssen die Schauspieler mit dem Charakter, den sie darstellen, praktisch verschmelzen. Um dies zu erreichen, helfen beispielsweise emotionale Sets. Emotionale Sets sind dabei so zu verstehen, dass mit verschiedenen Mitteln versucht wird, die Schauspieler in die richtige Stimmung zu versetzen die sie 96 Fallstudien von Emotionalisierungsprozessen für die nächste Szene benötigen. Dies fängt damit an, innerhalb der Crew beispielsweise eine gute Stimmung "Happy Sets" zu generieren, geht über speziell kreierte Kulissen und reale Drehorte, zu individueller Musik in der Kabine bis hin zu Aktionen wo die Schauspieler tatsächlich in den Zustand versetzt werden, in dem sich ihr dargestellter Charakter befindet. Im Fall des Untergangs der Titanic berichtet James Cameron von einer Szene mit der Protagonistin Rose: "[On the set of Titanic] we simply let Kate [Winslet] think she was nearly drowning. A little sputtering and coughing does not count in my book, because I have almost drowned several times!" Sehr oft wird auch das Phänomen beschrieben, dass wenn es gelingt, das richtige Umfeld zu schaffen, und man den Schauspielern eine gewisse Freiheit lässt, sich magische Momente einstellen, die nie in einem Drehbuch hätten niedergeschrieben werden können. Um das Publikum emotional zu berühren, ist es sehr wichtig, sogenannte emotionale Anknüpfungspunkte zu kreieren, bei denen der Zuschauer Zeit hat sich mit dem Filmcharakter zu identifizieren oder ihm nachzufühlen. Solche Anknüpfungspunkte werden oftmals unterstrichen durch eine spezifische Wahl der Kameraperspektive, dem Ort des Geschehens, einer bestimmten Hintergrundmusik, einem ausgeklügelten Lichtkonzept oder eines speziellen Schnitts. 4.5 Zusammenfassung Die Filmindustrie an sich und Hollywood im Speziellen gelten als eine der kreativsten und emotionalsten Industrien überhaupt. Doch wie die durchgeführte Untersuchung gezeigt hat, verdient das Filmbusiness nicht nur Geld mit Emotionen, sondern nutzt diese zielgerichtet und erfolgreich auch für sich selbst. Von Beginn eines Filmprojektes an haben Emotionen einen zentralen Stellenwert sowohl im Hinblick auf die späteren Zuschauer als auch auf den Prozess des Filmemachens selbst. Ausgehend von einem sehr tiefen und weitreichenden Verständnis für das, was der Autor mit der Geschichte bewirken wollte, für die Geschichte selbst aber auch für die Charaktere, die darin vorkommen, gelingt es den erfolgreichsten Regisseuren sogenannte emotionale Sets zu kreieren. Dadurch sind sie in der Lage, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich die gesamte Crew mit der Story identifizieren und emotional binden kann. Neben einer tiefen Empathie für die Geschichte braucht es jedoch auch eine gewisse theoretische und praktische Expertise in der Thematik, in welcher der Film spielt. Wird beispielsweise ein Unterwasserfilm gedreht, ist es absolut zentral, dass man sich mit der Materie Wasser und Tauchen intensiv auseinandersetzt. Denn nur wenn die Geschichten glaubwürdig wirken, gelingt es, die gewünschten emotionalen Reaktionen Emotional Empathic Event 97 beim Publikum auszulösen. Dabei machen sich die untersuchten Regisseure nicht nur filmspezifisches Wissen zu Nutze, sondern auch Erkenntnisse aus der Psychologie und der Gehirnforschung. Durch eine gezielte Kombination dieser Erkenntnisse gelingt es die notwendigen Stimuli für die Crew zu initiieren, damit diese konkrete Ideen und Lösungen generiert, um die gewünschten Reaktionen beim Publikum auszulösen. Sehr stark wird das Konzept emotionaler Sets in der Zusammenarbeit mit Schauspielern eingesetzt. Es dient aber auch Komponisten, Designern, Graphikern, Konstrukteuren und vielen mehr als Ausganspunkt für die Umsetzung ihrer spezifischen Aufgaben. Der Regisseur selbst spielt dabei die Rolle des Kommunikators und Koordinators, welcher die emotionalen Welten der Crew immer und immer wieder vermittelt. Die Erhebung und Aufbereitung der Fallstudien sowie die Analyse am Beispiel der Filmindustrie lieferten Erkenntnisse, die eine erste Adaption des anfänglichen Referenzmodells bedingen. Als Stimulus wurden in den Fallstudien nicht blosse Informationen über die Zukunft verwendet, sondern darauf basierende virtuell erstellte Kunden. Das heisst die vorhandenen Informationen wurden in Form von abstrakten Kunden und deren Bedürfnissen aufbereitet. Weiter zeigen die einzelnen Fallstudien und die Betrachtung der Filmindustrie, dass die Stimulierung der Prozessbeteiligten innerhalb künstlich geschaffener "Emotionalen Kundenwelten" stattfand. Die Emotionalisierung geschah dabei nicht zufallsbasiert, sondern bedingte einen Emotionalisierungsprozess. Für die detaillierte und zielgerichtete Auswertung der Fallstudien werden diese Dimensionen deshalb im Referenzmodell adaptiert (Eisenhardt, 1989). F&E Mitarbeiter Nicht fokussierte Kreativität Virtueller Kunde der Zukunft Emotionalisierter F&E Mitarbeiter Fokussierte Kreativität Emotionale Kundenwelt Ziele Standards Einstellungen Identifikation / Transformation Stimulus Prozess der Emotionalisierung Abbildung 19: Adaptiertes Referenzmodell 98 Determinanten der Emotionalisierung 5 Determinanten der Emotionalisierung In diesem Kapitel wird, aufbauend auf einer Zusammenfassung der Einzelfallstudien, das ursprüngliche Referenzmodell weiter adaptiert und die Determinanten für erfolgreiche Emotionalisierungsprozesse innerhalb der F&E herausgearbeitet. Da die Gefahr besteht, dass Ergebnisse aus den Einzelfallauswertungen auf vorschnell gefassten Meinungen basieren, ist es von zentraler Bedeutung, dass sich der Forschende dieser Probleme bewusst ist und sie versucht zu verhindern (Eisenhardt, 1989). Um mögliche Unzulänglichkeiten zu vermeiden, ist die sorgfältige Betrachtung der Daten aus verschiedenen Perspektiven und mit unterschiedlichen Methoden unabdingbar. Im Gegensatz zu den Einzelfallstudien zwingt das strukturierte Vergleichen aus unterschiedlichen Perspektiven den Betrachter dazu, vordergründig gewonnene Eindrücke zu hinterfragen und zu verwerfen. Gleichzeitig wird die Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit der entwickelten Theorie gesteigert. Das strukturierte Vergleichen erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, neue Erkenntnisse zu finden, die möglicherweise in den erhobenen Daten verborgen sind (Eisenhardt, 1989), und somit einen Beitrag zur Erweiterung der bestehenden Wissensbasis zu liefern. Um die Qualität sowie die Konstruktvalidität zu erhöhen, erfolgt die vergleichende Fallstudienanalyse mit einem steten Abgleich zwischen den erhobenen Daten und der existierenden Theorie der Emotionalisierung. Wo notwendig werden auch ergänzende Quellen mit einbezogen (Gibbert und Ruigrok, 2010). 5.1 Faktorenspezifischer Fallstudienvergleich Um die anschliessende Fallstudienanalyse vorzubereiten und die Lesbarkeit und Vergleichbarkeit der Fallstudien zu erhöhen, werden die wichtigsten Faktoren der Einzelfallstudien im folgenden Abschnitt zusammengefasst und veranschaulicht. Dabei werden jeweils die vorhandenen Gemeinsamkeiten und Unterschiede hervorgehoben. Die Aufbereitung der Einzelfallstudiengegenüberstellung orientiert sich an den folgenden Fragestellungen: • Durchführung der Emotionalisierung o Was sind die Hauptziele hinter der Durchführung Emotionalisierungsprojekten? o Wie ist die Emotionalisierung auf Prozessebene strukturiert? von Emotional Empathic Event 99 • Organisation der Emotionalisierung o Welche Arten der Emotionalisierung werden verwendet? o Wer ist in Emotionalisierungsprozesse involviert? • Was sind die Rahmenbedingungen für Emotionalisierungsprozesse? o Welche Stellung nehmen solche Prozesse innerhalb der F&E ein? o Was sind Treiber und Erfolgsfaktoren für Emotionalisierungsprozesse? 5.1.1 Strategische Faktoren von Emotionalisierungsprojekten Die Initiierung des Projektes, welches die Kundenbedürfnisse der Zukunft in den Vordergrund stellte und gleichzeitig alle involvierten Stellen und Kompetenzbereiche integrierte, ging bei der Automobil AG klar vom Topmanagement aus. Dabei war das Projekt in eine konzernweite Initiative zur Etablierung eines integrativen Innovationsprozesses eingebettet. Der Zeithorizont, für welchen die Ergebnisse des Projektes Gültigkeit haben sollten, war auf 10-15 Jahre festgelegt. Die dadurch bestehende Topmanagementunterstützung gab der Projektleitung den notwendigen Rückhalt, um gegenüber den Linienvorgesetzen die Forderung nach den besten und geeignetsten Mitarbeitern vorzubringen und auch durchzusetzen. Ziel des Projektes war, neben der konkreten Ideengenerierung, auch die Verbreitung der zentral entwickelten Zukunftsbilder und Trends innerhalb des Konzerns und seiner Bereiche. VW-Moonraker wurde explizit vom Topmanagement als strategische Initiative ins Leben gerufen, um den amerikanischen Markt zu erforschen und daraus Anforderungen an zukünftige Fahrzeugmodelle abzuleiten. Der Zeithorizont, für welchen das Projekt Ergebnisse generieren sollte, war auf 10 Jahre festgelegt. Das Projekt war eine Initiative des damaligen Vorstandsvorsitzenden und wurde explizit ausserhalb der bestehenden Strukturen aufgesetzt und durchgeführt. Die dazu gesprochenen Ressourcen und Freiheitsgrade ermöglichten es dem Projektteam, völlig unbelastet und mit neuen Ansätzen an die Problemstellung heranzugehen. Gleichzeitig wurde auch die Sichtbarkeit innerhalb des Konzerns erhöht und die Ergebnisse für andere Bereiche nutzbar gemacht. Sowohl der Entscheid, die Digitalisierung des Geschäftes von CeWe Color wie auch jener ein Projektteam in die Kundenwelten eintauchen zu lassen, waren strategischer Natur und vom Topmanagement initiiert. Beide Initiativen verfolgten das Ziel, ein tiefes Verständnis für neue Bereiche aufzubauen und daraus Ideen für neue Produkte und Services zu generieren. Während es in Bezug auf die Digitalisierung vor allem um neue Technologien und deren Potential ging, war es im hier beschriebenen Projekt das Ziel, ein tiefes Verständnis für die emotionale Welt des Kunden zu entwickeln, um 100 Determinanten der Emotionalisierung daraus Anforderungen für zukünftige Produkte zu generieren. Der Zeithorizont für die Ergebnisse aus dem Kundenweltenprojekt lag zwischen sofort umsetzbar und fünf Jahren. Prozesse zur Emotionalisierung der Schauspieler, des Publikums und sich selbst sind für erfolgreiche Filmregisseure ein strategisches Ziel, um ihre Visionen konkret umzusetzen. Projekte zur Emotionalisierung der Crew werden stets durch den verantwortlichen Regisseur initiiert und umgesetzt. Dabei geniest der Filmemacher in der Mehrheit der Fälle auch den Support von den verantwortlichen Investoren und Produzenten. Emotionalisierung ist in Bezug auf den Erfolg des Produktes Film eine strategische Zielgrösse, weshalb solche Prozesse im ganzen Planungsprozess eine prominente Stellung einnehmen und entsprechend Ressourcen zugesprochen erhalten. 5.1.2 Prozessuale Faktoren von Emotionalisierungsprojekten Der Prozess der Emotionalisierung von F&E-Mitarbeitern findet bei der Automobil AG nicht zu Beginn des allgemeinen Innovationsprozesses statt. Die eigentliche Ideengenerierung ist damit nicht Startpunkt des Innovationsprozesses, sondern wird erst nach diversen Vorbereitungsschritten durchgeführt. Dennoch findet die Emotionalisierung innerhalb der Innovationsfrühphase statt. Erst nachdem die zukünftigen Kundenbedürfnisse definiert und konkret ausformuliert wurden, beginnt der Prozessschritt Ideengenerierung. Dieser Schritt selbst ist wiederum in diverse Subprozessschritte unterteilt. Basierend auf den Ergebnissen der vorgelagerten Aktivitäten wurden in der Phase 0 die Rahmenbedingungen festgelegt, Entscheide betreffend dem zu involvierenden Teilnehmerfeld getroffen und die abstrakten zukünftigen Kundenbedürfnisse in physisch erlebbare Kundenwelten transformiert. Erst danach wurden die F&E-Mitarbeiter in vier entscheidenden Phasen in den Prozess integriert. Zuerst wurden vorhandene Ideen und Konzepte von den F&E-Mitarbeitern abgefragt, um einen möglichst unvoreingenommenes Generieren von Ideen zu gewährleisten. Anschliessend folgte eine mündliche Einführung in die emotionalen Zukunftswelten, um die F&E-Mitarbeiter auf die erlebbaren Kundenwelten vorzubereiten. Erst im dritten Schritt erfolgte die eigentliche Emotionalisierung der F&E-Mitarbeiter durch erlebbare Raumkonzepte und Kurzgeschichten, bei gleichzeitiger Ideengenerierung. Dieser Schritt wurde von den Teilnehmern selbständig durchlaufen. In einem letzten Subprozessschritt wurden die generierten und selektierten Ideen unter Anleitung von Experten vertieft. Emotional Empathic Event 101 "Lebe in der Welt des Kunden, um ihn zu verstehen" könnte man als Motto dem Prozess von VW-Moonraker geben. Das Projekt, und somit auch der Prozess, fanden vollkommen ausserhalb der Standardinnovationsprozesse bei VW statt. Nur systematisch durchgeführte Meetings gewährleisteten den Transfer der gewonnen Erkenntnisse in die Standardabläufe des Konzerns. Phase 0 des Projektes diente der Projektleitung für die Vorbereitung sowie der Auswahl des Projektteams. Der Prozess der Emotionalisierung begann für das Team mit einer Vorbereitungsphase, in welcher die einzelnen Teammitglieder sich gegenseitig kennen lernten, mit Hintergrundinformationen versorgt und in diversen Methoden geschult wurden. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase in Amerika folgte die eigentliche Emotionalisierung durch die aktive Interaktion mit Land und Menschen. Erkenntnisse wurden zusammengetragen verdichtet und als zukünftige Lebenswelten in physische Raumkonzepte transformiert. Die Generierung von Ideen war nicht eine separate und in sich abgeschlossene Phase, sondern fand während der gesamten Phase der Emotionalisierung statt. Dies war auch so von der Projektleitung erwünscht. In einer dritten Phase wurden die generierten Ideen und Konzepte durch eine Evaluation in der Realität mit ausgewählten Communities überprüft und anschliessend adaptiert. Im Falle des Moonraker-Projektes wurden einzelne Ideen ganz konkret im Konzept Car GX3 umgesetzt. Die letzte Phase bildete die Kommunikation der Ergebnisse zurück in den Konzern. Bei CeWe Color ist der Prozess der Emotionalisierung der F&E-Mitarbeiter zur Generierung von Ideen, eingebunden in den allgemeinen Innovationsprozess und grundsätzlich fester Bestandteil davon. Phase 0 beinhaltete die Auswahl der Beteiligten durch das Topmanagement. Danach wurden bestehende von Kunden produzierte "emotionale" Fotowelten betrachtet, um daraus in einer zweiten Phase Ideen für neue oder verbesserte Produkte und Services zu generieren. In der Filmindustrie spielt Emotionalität während des gesamten Filmerstellungsprozesses eine wichtige Rolle. Dabei werden Ideen nicht in einer einzelnen zentralen Phase des Erstellungsprozesses generiert, sondern an verschiedenen Stellen sporadisch erzeugt. Grundsätzlich orientiert sich die Emotionalisierung der Crew an einigen markanten Projektschritten. Bereits in der Phase 0 spielt die Emotionalisierung des Regisseurs selbst eine wichtige Rolle. Dabei versetzt sich der Regisseur durch verschiedene Ansätze und Methoden in einen Zustand, in dem er emotional auf die zu erzählende Geschichte eingestimmt ist. Bereits die Auswahl des Projektes ist ein emotionaler Prozess. Anschliessend folgt eine Phase der Vertiefung mit der Materie, der Geschichte sowie den Beteiligten, um 102 Determinanten der Emotionalisierung während der Phase der Filmerzeugung die geeigneten Massnahmen treffen zu können. Dies geschieht ebenfalls, um punktuelle emotionale Welten zu kreieren, die es der Crew erlauben Ideen für konkrete Problemstellungen zu entwickeln. Eine Vertiefung und Vorbereitung findet aber nicht nur in Bezug auf die Crew statt, sondern auch in Bezug auf den späteren Betrachter, das Publikum. Denn Ziel eines Regisseurs ist es den Kunden emotional an die verfilmte Geschichte zu binden. Aufgrund der Vertiefung und der daraus gewonnen Erkenntnisse werden am Set emotionale Welten geschaffen, die sowohl die Schauspieler als auch die Crew in die emotionale Welt der Charaktere einbinden. Eine eigentliche Phase der Ideengenerierung gibt es nicht. Während des gesamten Erstellungsprozesses werden an verschiedenen Stellen und auf verschiedenen Ebenen Ideen für konkrete Problemstellungen generiert. Die folgende Tabelle fasst die prozessualen Faktoren von Emotionalisierungsprozessen fallstudienweise zusammen und stellt sie einander gegenüber. Emotional Empathic Event 103 Tabelle 3: Prozessuale Faktoren von Emotionalisierungsprozessen Automobil AG VW-Moonraker CeWe Color Filmindustrie Ebene • Strat. Konzerninitiative • Strat. Konzerninitiative • Strat. Produktentwicklung sinitiative • Projektspezifisch Ort der Initiierung • Konzernbereich Zukunftsforschung • Initiierung durch Vorstand • Top-Management • Regisseur (Projektleiter) Support • Top-Management • Top-Management • Top-Management • "TopManagement" Fokus des Projektes • Inventionsgenerier ung Produkt- und Featureideen • Marktverständnis und Konzeptideen • Produkt- und Featureideen • Performancesteigerung, Ideengenerierung Integration • Standardprozess • Stand alone • Standardprozess • Stand alone / punktuell Prozessschritte • Vorbereitung • Vorbereitung • Emotionalisierung • Vorbereitung • Emotionalisierung • Emotionalisierung • Ideengenerierung • Emotionalisierung • Ideengenerierung • Konzeptentwicklung • Kommunikation • Umsetzung • Kommunikation • Kommunikation Art und Weise • Workshopkonzept • Projekt • Projekt • Event Zeitfaktor • 5 mal 2 Tage • 16 Monate • n.a. • Minuten bist Tage Zeithorizont Projekt • 10-15 Jahre • 10 Jahre • bis 5 Jahre • aktuell Diffusion • • • • • Präsentation vor Top-Management • Präsentationen, Studien, Konzeptstudien, Filme • Eingabe in Standardprozess, Präsentation vor Top-Management • "Storytelling" Strategie Prozess 104 Determinanten der Emotionalisierung 5.1.3 Organisatorische Faktoren von Emotionalisierungsprojekten Die Automobil AG emotionalisierte ihre F&E-Mitarbeiter in mehreren Schritten, mittels unterschiedlicher Methoden und auf verschiedenen Ebenen. In einem ersten Schritt wurden die Teilnehmer durch die entsprechenden Führungskräfte selektiert. Dabei kann bereits die Auswahl bei den Betroffenen Emotionen auslösen. Der gesamte Workshop wurde an einem atypischen Ort ausserhalb der gewohnten Automobil AG Umgebung durchgeführt, was die F&E-Mitarbeiter auf einer persönlichen Ebene beeinflusste. Innerhalb des eigentlichen Ideengenerierungsprozesses wurden drei Arten der Emotionalisierung verwendet. Zuerst wurden die F&E-Mitarbeiter durch mündliche Stimulation und Schilderungen mit den Konzepten und Trends der Zukunft vertraut gemacht. Die Emotionale Zukunftswelt wurde anschliessend mittels schriftlicher Stories aus dem Leben eines zukünftigen Kunden sowie durch sinnlich wahrnehmbare und konkret erlebbare Raum und Erlebniskonzepte umgesetzt. Eine starke, auf einer persönlichen Ebene stattfindende Emotionalisierung war das Ziel des Projektes Moonraker. Die Teilnehmer sollten sich selbst als Kunden fühlen, indem sie sich wie (potentielle) Kunden verhielten oder aktiv an deren Leben teilnahmen. Dabei wurden Methoden eingesetzt, die sowohl geistig als auch physisch stimulierend waren. Die Dauer des Projektes sowie die physische Dislokation der Projektmitglieder in die Welt des amerikanischen Kunden ermöglichte eine sehr ausgeprägte und starke Emotionalisierung auf einer persönlichen Ebene. Bei CeWe Color fand die Emotionalisierung hauptsächlich auf einer intellektuell abstrakten Ebene statt. Die F&E-Mitarbeiter versuchten durch das intensive Studium von Werken, die durch bestehende Kunden selbst erstellt wurden, sich in diese hineinzuversetzen. Allein durch das Betrachten von Bildergeschichten wurde ein Kundenverständnis aufgebaut, welches zu Ideen für neue Produkte und Dienstleistungen führte. In der Filmindustrie findet die Emotionalisierung der Crew jeweils auf der persönlichen wie auch auf der beruflichen Ebene statt. Auf der beruflichen Ebene steht die sorgfältige Selektion der Filmcrew im Vordergrund. Die hier untersuchten Regisseure ordnen der Zusammenstellung der Crew einen besonderen Stellenwert zu. Auf persönlicher Ebene werden vielfältige Methoden und Instrumente eingesetzt, um während des gesamten Prozesses die einzelnen Akteure gezielt in emotionale Zustände zu versetzen. Neben kognitiven Methoden wie Storytelling und Musik werden auch physisch erlebbare Instrumente wie "Happy Sets", Raum- und Lichtkonzepte, Experimente und konkrete Erlebnisse genutzt. Emotional Empathic Event 105 5.1.4 Personelle Faktoren von Emotionalisierungsprojekten Im Sinne des integrierten Innovationsprozesses bei der Automobil AG wurde aus allen betroffenen Konzernbereichen und Tochtergesellschaften Mitarbeiter für dieses Projekt ausgewählt. Es waren Personen aus den Bereichen Nutzfahrzeuge, Elektronik, Strategie, Innovation, Umwelt, Werkstoffe, Patentmanagement, Design, Konzeptentwicklung und Vorentwicklung involviert. Für die Durchführung und Moderation des Prozesses war ein externer Partner zuständig. Auch für die Umsetzung der Raumkonzepte der emotionalen Zukunftswelten waren externe Akteure verantwortlich. Das Topmanagement war vor allem zu Beginn sowie am Ende des Prozesses stark involviert und fungierte in verschiedenen Promotorenrollen. Das Moonraker Projekt wurde grundsätzlich während der gesamten Dauer nur von einem kleinen Kernteam durchgeführt. Dieses setzte sich aus Vertretern der verschiedensten Bereiche zusammen. So waren Personen aus dem Interieur, Exterieur, Elektronik, Konstruktion, Design und Marketing involviert. Geführt wurde das Team durch einen Projektleiter, welcher zuvor bei einer Konkurrenzfirma tätig war. Initiiert wurde das Projekt direkt durch das Topmanagement. Neben dem Kernteam wurden punktuell auch andere Akteure einbezogen. Insbesondere die Umsetzung zukünftiger Lebensräume wurde durch externe Partnerfirmen durchgeführt, welche bei der Umsetzung sehr grosse Freiheiten hatten. Daneben wurden verschiedene Experten zu Spezialthemen integriert oder befragt. Eine zentrale Rolle spielten firmeneigene Einrichtungen vor Ort, wie das lokale Designstudio. Das Projektteam bei CeWe setzte sich grundsätzlich aus einem Kern von Produktmanagern und drei F&E-Mitarbeitern zusammen. Initiiert wurde das Projekt von einem interdisziplinär besetzten Entscheidungsgremium auf Topmanagementebene, dem so genannten Release Control Board. Im Falle der Filmindustrie ist einzig der Regisseur eine konstante Grösse innerhalb des Emotionalisierungsprozesses. Er wirkt dabei im Sinne eines Topmanagers als Initiator, Projektleiter, Experte sowie Berater, wenn es darum geht, einzelne Crewmitglieder oder ganze Gruppen emotional zu beeinflussen. Neben der eigentlichen Crew werden auch diverse externe Experten punktuell beigezogen oder wo notwendig befragt. Die folgende Tabelle fasst die organisationalen Faktoren von Emotionalisierungsprozessen zusammen und stellt die Fallstudien einander gegenüber. 106 Determinanten der Emotionalisierung Tabelle 4: Organisationale Faktoren von Emotionalisierungsprozessen Automobil AG VW-Moonraker CeWe Color Filmindustrie Ausgestaltung • Raumkonzept, Stories, Licht- und Farbkonzepte, Event • Event, Raumkonzepte • Kundenkreationen • Raum-, Lichtkonzepte, Story, Musik Vermittlung • Audio, Visuell, Erlebnis • Audio, Visuell, Erlebnis, Real Life • Visuell • Audio, Visuell, Erlebnis Verarbeitung • intellektuell / virtuell • physisch / erlebbar & intellektuell / virtuell • intellektuell / virtuell • physisch / erlebbar & intellektuell / virtuell Emotionale Ebene • beruflich und persönlich • beruflich und persönlich • persönlich • persönlich Kundenwelt • Akteure Zusammensetzung • interdisziplinär • inter-disziplinär • inter-disziplinär • bilateral Bereiche • F&E • Interieur • Produktmanager • Regisseur • Strategie • Exterieur • F&E • gesamte Crew • Elektronik • Elektronik • Design • Design • Konstruktion • Umwelt • Design • Konzeptentwicklung • Marketing • Vorentwicklung • • Patentmanagement • Werkstoffe • Nutzfahrzeuge • Hauptkonzernmarken • Externer Moderator Projektleitung • Bereich Zukunftsforschung • Projektleiter • n.a. • Regisseur Selektion Akteure • freiwillig und durch Bereichsleitung • freiwillig und durch Projektleitung • durch RCB Board • durch Regisseur Emotional Empathic Event 107 5.1.5 Konklusion der vergleichenden Fallstudienanalyse Durch die strategische Stellung war die Abteilung Zukunftsforschung und Trendtransfer geeignet, um ein Emotionalisierungsprojekt zu initiieren. Als Konzernbereich verfügte sie über die notwendige Vernetzung innerhalb des Konzerns und hatte den notwendigen Topmanagement-Support, um ein interdisziplinäres und markenübergreifendes Projekt durchzuführen. Die strategische Initiative zur Integration der konzernweiten F&E-Aktivitäten bildete den Rahmen und war gleichzeitig auch Legitimation für einen solchen Prozess. Das Projekt war in den F&EProzess der Abteilung integriert und diente den teilnehmenden Bereichen sowie der Abteilung Zukunftsforschung als konkreter Ideengenerierungsprozess. Dieser Prozess fand ausserhalb der bereichsinternen F&E-Prozesse statt. Da die Abteilung "Zukunftsforschung" nicht mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet wurde, um die Ideen konkret umzusetzen, wurden die teilnehmenden Bereiche verpflichtet, sich am Ende des Projektes für eine konkrete Idee zu entscheiden. Deshalb wurden die entwickelten Top-Ideen soweit detailliert und konkretisiert, dass sie von den umsetzenden Bereichen problemlos übernommen werden konnten. Für diesen Prozess erfolgsrelevant war die spezifische Aufbereitung von Informationen über Zukunftstrends und -bedürfnisse. Daraus konnte der virtuelle Kunde der Zukunft und anschliessend dessen emotionale Zukunftswelten generiert werden. Ebenfalls erfolgsrelevant war der Prozess der Emotionalisierung durch die Umsetzung der abstrakten Kundenwelten in konkrete Raumkonzepte sowie die zur Verfügung gestellten personellen, zeitlichen und finanziellen Ressourcen. Das Projekt Moonraker fand komplett losgelöst von den übrigen Innovationsprozessen innerhalb des Konzerns und dessen Marken statt. Die teilnehmenden Mitarbeiter wurden für dieses Projekt komplett von ihren bisherigen Funktionen freigestellt. Den Rahmen für das Projekt bildete die strategische Initiative, um den amerikanischen Markt besser zu verstehen, um dadurch eine erhebliche Absatzsteigerung zu erzielen. Die Ergebnisse und Einsichten die während des Projektes erarbeitet wurden, dienten den übrigen Konzernbereichen und Marken als Informations- und Ideenplattform. Punktuell gab es konkrete Ideen- und Umsetzungsprojekte mit anderen Innovationsabteilungen. Die interdisziplinäre Zusammensetzung des Teams, die spezifische Vorbereitungsphase, die zur Verfügung gestellten personellen, finanziellen und zeitlichen Ressourcen sowie die Kommunikation der Ergebnisse waren entscheidende Erfolgsfaktoren. Das Projekt bei CeWe Color wurde auf Initiative des Top-Managements ausgelöst und hatte einen strategischen Hintergrund. Es wurde als Ideengenerierungsprozess 108 Determinanten der Emotionalisierung aufgesetzt, dessen Ergebnisse anschliessend in den Standardprozess eingespeist werden sollten. Aufgrund der engen Zusammenarbeit von F&E, Produktion und Produktmanagement sowie der Grösse von CeWe war gewährleistet, dass die Ideengeber anschliessend auch an der Umsetzung beteiligt waren. Zentraler Erfolgsfaktor war der intensive Prozess zur Auswertung der Kundenbilder. Dieser ermöglichte den Projektbeteiligten tief in den virtuellen Kunden einzudringen. Als weitere Erfolgsfaktoren sind die Interdisziplinarität, die systematische Herangehensweise sowie die schnelle Umsetzung zu sehen. Emotionalisierungsprozesse in der Filmproduktion sind immer Teil eines konkreten Filmprojekts. Durch die intensive Beschäftigung mit der zu erzählenden Geschichte gelingt es in verschiedensten Situationen und auf verschiedenen Ebenen, konkrete Emotionen zu erzeugen, welche dem Gesamtprojekt dienlich sind. Zentraler Erfolgsfaktor ist die Erstellung von emotionalen Welten, in welche sich Schauspieler und Crew hineinbegeben. Die grosse Interdisziplinarität, die Einbindung diverser Experten, die finanziellen Mittel sowie die Erfahrungen des Regisseurs und der Crewmitglieder werden als relevante Erfolgsfaktoren betrachtet. Die genaue Betrachtung der Einzelfallstudien führte zu Erkenntnissen über Gestaltungselemente, welche für die betrachteten Emotionalisierungsprozesse relevant sind, da sie als generell (in verschiedenen Kontexten) auftretende Merkmale bezeichnet werden können. Allen untersuchten Fallstudien ist gemeinsam, dass sie im Rahmen von strategischen Initiativen stattgefunden haben. Dabei wurden die Ziele und Entscheidungen jeweils durch das Top-Management vorgegeben und getroffen6. Gleichzeitig wurde in allen Beispielen auch der Support durch das Top-Management sichergestellt. Dieser war wichtig, um die notwendigen Ressourcen zu erhalten. Die Resultate des Prozesses oder Projektes mussten in allen Fallbeispielen dem Top-Management vorgestellt werden. Bei Automobil AG beispielsweise mussten sich entsprechende Kader dazu verpflichten eine, für ihren Bereich relevante, Topidee im Anschluss an das Projekt umzusetzen. Neben der strategischen Verankerung ist auch die Verortung und Ausgestaltung des Emotionalisierungsprozesses eine relevante Dimension. Während sich der Zeithorizont für die erwarteten Resultate der Prozesse und Projekte deutlich unterscheidet, ist allen Prozessen gleich, dass ihnen eine Phase der Vorbereitung vorausging. Dies auch dann, wenn der Emotionalisierungsprozess die Startphase des Standardinnovationsprozesses 6 In Bezug auf die Filmindustrie wird der Regisseur mit dem Top-Management gleichgesetzt, da er je nach Produktionskonzept die Hauptverantwortung für den Film trägt. Emotional Empathic Event 109 bildete. Die Ausgestaltung der einzelnen Vorbereitungsphasen weist jedoch grosse Unterschiede auf. Im Fokus aller Prozesse stand eine effektivere Ideengenerierung im Hinblick auf den Kunden der Zukunft. Es wurde in allen Fällen bewusst keine direkte Interaktion mit bestehenden Kunden im klassischen Sinne durchgeführt, da davon ausgegangen wurde, dass heutige Kunden nur einen beschränkten Mehrwert in Bezug auf zukünftige Bedürfnisse beitragen können. Dennoch wurde erkannt, dass der Kunde und dessen emotionale Einbindung in die eigene Produktwelt für den zukünftigen Erfolg von entscheidender Bedeutung sein werden. Dies führte dazu, dass der virtuelle Kunde der Zukunft durch verschiedene Konzepte abgebildet und den jeweiligen Teilnehmern vermittelt wurde. Bei der Automobil AG beispielsweise wurde dies durch konkrete Raum-, Licht- und Farbkonzepte gemacht. Der Kunde der Zukunft wurde jedoch nicht als menschliches Wesen abgebildet, sondern abstrakt durch seine emotionalen Zustände dargestellt. In Bezug auf die Ausgestaltung und Durchführung des Emotionalisierungsprozesses sind ebenfalls Unterschiede feststellbar. Als weitere zentrale Dimension für die erfolgreiche Durchführung von Emotionalisierungsprozessen wurden die teilnehmenden Akteure erkannt. In drei der vier Fallstudien wurden ausschliesslich interdisziplinäre Teams gebildet, welche sowohl Vertreter aus der F&E wie auch aus dem Marketing oder Design beinhalteten. Im Filmindustrie-Case wurden neben interdisziplinären Teams auch noch konkrete bilaterale und sogar individuelle Emotionalisierungsprozesse durchgeführt. Neben den notwendigen Rahmenbedingungen stellt der Emotionalisierungsprozess den eigentlichen Kern dar. Die Ergebnisse zeigen zwei prozessspezifische Gestaltungsdimensionen. Diese Dimensionen sind die Emotionale Kundenwelt sowie die Art der Vermittlung (Stimulus) dieser Kundenwelt an die involvierten Akteure. In jeder Fallstudie wurden Kundenwelten dazu verwendet, eine emotionale Identifikation zwischen den Akteuren und dem Kunden der Zukunft herzustellen. Die Aufbereitung und Ausgestaltung dieser Welten unterscheidet sich teilweise deutlich. Dennoch waren es Kundenwelten, welche in allen vier Beispielen als Stimulus genutzt wurden. Auch bei der Art des Stimulus, sprich wie die Kundenwelten den Akteuren vermittelt wurden, gibt es entscheidende Unterschiede. Während im einen Fall abstrakt konstruierte Raumkonzepte verwendet wurden, war es in der Filmindustrie das praktische Erleben der identischen Situation des zu spielenden Charakters. Ein weiterer Unterschied wurde in Bezug auf die Prozessschritte, sprich die Dauer der Stimuli festgestellt. Sind bei Automobil AG mehrere Prozessschritte über verschiedene mehrtägige Workshops verteilt, so sind es in der Filmindustrie punktuelle Events. 110 Determinanten der Emotionalisierung Alle Fallstudien zeigen auf, dass die Diffusion der Ergebnisse des Emotionalisierungsprozesses von entscheidender Bedeutung ist. Dies nicht nur gegenüber dem verantwortlichen Top-Management, welches auf Grund der strategischen Bedeutung an den Resultaten interessiert ist, sondern auch gegenüber den umsetzenden Geschäftseinheiten und Abteilungen. Strategie Virtueller Kunde der Zukunft Emotionale Kundenwelt Diffusion F&E Mitarbeiter Emotionalisierter F&E Mitarbeiter Ziele Standards Einstellungen Identifikation / Transformation Stimulus Emotionalisierung Abbildung 20: Referenzmodell mit Gestaltungsdimensionen Im Folgenden werden die in der vergleichenden Fallstudienanalyse herausgearbeiteten Gestaltungsdimensionen vertieft und mit der relevanten Literatur verglichen. Entsprechend dem Forschungsziel dieser Arbeit werden diejenigen Determinanten für die Emotionalisierung der F&E-Mitarbeiter identifiziert und entwickelt, welche im Unternehmenskontext gestaltet und beeinflusst werden können. Emotional Empathic Event 111 5.2 Erfolgsfaktoren des Emotionalisierungsprozesses Die vergleichende Fallstudienanalyse hat gezeigt, dass es neben dem eigentlichen Emotionalisierungsprozess auch eine Anzahl konkreter Rahmenbedingungen braucht, um solche Prozesse erfolgreich durchführen zu können. Dies wird auch in verschiedenen Beiträgen bestätigt. Es wurde aufgezeigt, dass ein erfolgreiches Innovationsmanagement nicht nur den eigentlichen Ideengenerierungs- und Ideenumsetzungsprozess betrifft, sondern alle Aktivitäten in Bezug auf die Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle der betrieblichen F&E-Aktivitäten beinhaltet (Albers und Gassmann, 2005). Die beiden Elemente Planung und Organisation beinhalten die Gestaltungselemente der Innovationsstrategie, der strukturellen Ausgestaltung und Integration einzelner Innovationsprozesse sowie Human Ressource Management (HR)-Aufgaben. Diese drei Elemente haben auf den Erfolg konkreter Emotionalisierungsprozesse einen entscheidenden Einfluss, weshalb sie im Folgenden vertieft betrachtet werden. Basierend auf den Erkenntnissen aus der Fallstudienanalyse werden im Folgenden zuerst die relevanten Gestaltungselemente beschrieben, die es als Rahmenbedingungen für solche Prozesse benötigt. Anschliessend werden die prozessspezifischen Gestaltungselemente näher betrachtet. 5.2.1 Klare Strategie Eine spezifische Innovationsstrategie gilt als Erfolgsfaktor für eine effiziente und effektive betriebliche Innovationsaktivität. Dabei ist es notwendig, dass die Innovationsstrategie, auch F&E-Strategie genannt, nicht komplett losgelöst vom restlichen Unternehmenskontext gefasst wird. Als eigentliche Funktionsbereichsstrategie muss die Innovationsstrategie in die Strategien des übergeordneten Bereiches sowie die Unternehmensstrategie integriert und aus ihnen abgeleitet werden. Gleichzeitig muss die Innovationsstrategie auch mit einer möglicherweise bestehenden Technologiestrategie abgestimmt werden, um einen entsprechenden Fokus bilden zu können. Bullinger und Renz in (Albers und Gassmann, 2005) ordnen der Innovationsstrategie vier Substrategien zu, welche sich gegenseitig beeinflussen und somit voneinander abhängig sind. Die Substrategien sind: Eigenerstellungs- oder Akquisitionsstrategie (Make-or-Buy), Eigennutzung- oder Vermarktungsstrategie (Keep-or-Sell), technologische Führer- oder Folgerstrategie (Leader-or-Follower) sowie die sequentielle oder parallele Problemlösungsstrategie. 112 Determinanten der Emotionalisierung Im Fokus dieser Arbeit liegt ein besonderes Gewicht auf der Substrategie Make-orBuy. Ein wichtiges Gestaltungselement ist das Woher die Ideen- und Innovationen stammen sollen. "Make" und "Buy" sind dabei als Eckpunkte auf einem Kontinuum zu verstehen. Durch den Paradigmenwechsel von Closed-Innovation zu Open-Innovation (Chesbrough, 2003) hat sich das Gewicht in der wissenschaftlichen Betrachtung stark in Richtung "Buy" verschoben. Dabei stellen aktuelle Beiträge grossteils Kooperationsformen mit Externen in den Vordergrund. Ob eine Öffnung des Innovationsprozesses eine Chance oder Gefahr darstellt, muss im Einzelfall durch ein entsprechendes Gremium entschieden werden. Bezogen auf Technologien muss unterschieden werden, ob es sich dabei um eine Schlüssel- oder Basistechnologie handelt. Grundsätzlich gilt die Annahme, dass eine Öffnung im Bereich von Basistechnologien sinnvoller ist, da sie weniger Gefahren birgt. Eine solche Unterscheidung kann auch in Bezug auf die Innovationshöhe gemacht werden. Dabei wird unterschieden zwischen radikalen und inkrementellen Innovationen. Es gilt auch hier die Annahme, dass eine Öffnung in inkrementellen Innovationsprojekten weniger komplex und mit geringeren Gefahren verbunden ist. Die Harmonisierung der Innovationsstrategie mit der Bereichsstrategie sowie der Unternehmensstrategie ist wichtig, um die notwendige Unterstützung des Top-Managements zu sichern. Beide Automobil-Fallstudienprojekte waren direkt in der Konzernstrategie verankert und durch Gremien aus dem Top-Management initiiert und abgesegnet worden. Dadurch war es den Projektteams möglich, ihre Ressourcenansprüche gegen konkurrierende Projekte durchzusetzen. Gleichzeitig wurde dadurch auch die Unterstützung der teilnehmenden Bereiche gesichert. Auch bei CeWe Color wurde das Projekt durch das Top-Management initiiert und das Projektteam musste seine Resultate vor diesem Gremium präsentieren und rechtfertigen. In der Filmindustrie war es der Regisseur, welcher die jeweiligen Prozesse initiierte und kontrollierte. In allen untersuchten Fallstudien wurde explizit die Strategie gewählt, die gewünschten Innovationen mit internen Ressourcen zu entwickeln. Dies obschon alle untersuchten Firmen (teilweise extensiv) den Ansatz eines offenen Innovationsparadigmas verfolgten und noch immer verfolgen. Neben der beschriebenen Integration in die übergeordnete Firmen- oder Konzernstrategie und die Top-Management-Unterstützung stehen hinter Emotionalisierungsprozessen zwei grundlegende strategische Ziele. Einerseits soll mittels Emotionalisierungsprozessen die Effektivität und andererseits die Effizienz der internen Ideengenerierungsprozesse gesteigert werden. Im Folgenden werden deshalb Emotional Empathic Event die beiden Perspektiven Effektivität und Emotionalisierungsprozesse vertiefend behandelt. 113 Effizienz in Bezug auf Effektivität (Die richtigen Ideen finden): Die Durchführung von Emotionalisierungsprozessen ist, aus einer Effektivitätsperspektive betrachtet, auf das Generieren der "richtigen" Ideen ausgerichtet. Der Prozess wird dazu genutzt, bereits in der Innovationsfrühphase die richtigen Ideen zu finden und zu selektieren. Dadurch, dass die Mitarbeiter in eine emotionale Kundenwelt versetzt werden, wird ein gewisser Marktfokus induziert. Im Prinzip findet eine virtuelle Art der Kundenintegration statt. Die Marktorientierung dient dabei als Instrument zur Risikoreduktion, da die Erfolgswahrscheinlichkeit der umzusetzenden Ideen gesteigert werden soll. Die Effektivitätsperspektive richtet sich deshalb nicht an den bestehenden technologischen Kompetenzen aus, sondern an neuen, für das Unternehmen interessanten Anwendungsfeldern. Durch die sehr gezielte Teamzusammensetzung wird die Effektivität in Bezug auf die Auswahl der richtigen Ideen gesteigert. Diese werden anschliessend zu Konzepten weiterentwickelt. Durch die vorhandenen Kompetenzen und die Integration der verschiedenen am Prozess beteiligten Abteilungen wird sichergestellt, dass anschliessend an die Ideengenerierung auch die richtigen Ideen ausgewählt werden. Die Intention dahinter ist, dass die dadurch ausgewählten Ideen durch ihre breite Abstützung nicht nur Marktbedürfnisse besser treffen, sondern in der unternehmensinternen Umsetzung auch auf weniger Wiederstand stossen. Effizienz (Wissen aktiv verbreiten und nutzen): Im Zentrum der Effizienzperspektive stehen die Kompetenzen und das Netzwerk der involvierten Bereiche, Abteilungen und Mitarbeiter. Eine Effizienzsteigerung wird dabei auf mehreren Ebenen angestrebt. Durch das Erstellen von emotionalen Kundenwelten werden in einer ersten Phase die im Unternehmen vorhandenen Marktdaten zusammengetragen und mit der Strategie abgeglichen. Dabei wird aufgedeckt, welche Stellen sich im Unternehmen mit den relevanten Zukunftsthemen befassen und ob dieselben Themen mehrfach bearbeitet werden. Mögliche Redundanzen werden aufgedeckt. Durch das anschliessende Erstellen der emotionalen Zukunftswelten werden die zusammengetragenen Informationen in einer Form aufbereitet, welche die zielgerichtete und effiziente Vermittlung erlaubt. Dadurch kann der Wissenstransfer der marktbeobachtenden Elemente in die F&E reibungsloser gestaltet werden als durch den üblichen Abgleich von Lasten-/Pflichtenheft. Dieser viel beschriebene Transferprozess zwischen Marketing und F&E ist sehr anfällig für Reibungsverluste, weshalb neben Job Rotation oft auch die Schaffung einer speziellen Stelle für diesen Wissenstransfer gefordert wird (Rice, O'Connor et al., 1998). Neben einer effizienten 114 Determinanten der Emotionalisierung Informationsnutzung von im Unternehmen vorhandenen Informationen über die Zukunft und potentielle Kunden wird durch die interdisziplinäre Teamzusammensetzung auch deren Nutzung effizienter gestaltet. Denn durch die persönliche Identifizierung mit den erstellten emotionalen Zukunftswelten des Kunden werden die oft abstrakten und sehr marketinglastig aufbereiteten Marktinformationen für alle Beteiligten verständlicher. Dies ermöglicht die spätere Weiterverbreitung der relevanten Informationen in den verschiedenen Abteilungen. Die Teilnehmer werden zu Wissensträgern und Ambassadors der generierten Konzepte und deren zugrundeliegenden Kundenwelten. Neben der effizienten Informationsnutzung und verbreitung werden Emotionalisierungsprozesse auch aufgrund der erhofften Effizienzsteigerung in Bezug auf den Umsetzungsprozess initiiert. Denn durch die interdisziplinäre Teamzusammensetzung können relevante Informationen bereits in einer Ideenvertiefungsphase zusammengetragen werden. Als relevante Informationen gelten Angaben zu möglichen Kompetenzträgern (intern/extern), bereits laufenden Initiativen zu gleichen Themen, Informationen zu Patenten, Stand der Technik etc. Anhand dieser Informationen können generierte Ideen schneller und bereits in einem frühen Stadium fundiert bewertet werden. Dies ermöglicht die gezieltere Platzierung der Ideen in den für die Umsetzung verantwortlichen Bereichen und verkürzt die Time-to-Market. Die Einbindung wirkt sich effizienzsteigernd aus, wenn sie relevanten Entscheidungsträgern dabei hilft, langwierige administrative Hürden abzubauen. 5.2.2 Enger Fokus Fokussierung auf die Ideengenerierung: Alle hier untersuchten Projekte fanden ausserhalb der standardisierten Innovationsprozesse statt, waren aber durch verschiedene strukturelle Massnahmen mit diesen verknüpft. Bei der Automobil AG sowie im Projekt Moonraker waren die ausführenden Projektteams nicht mit den notwendigen Ressourcen und Kompetenzen ausgestattet, um die entwickelten Ideen in eigener Regie umzusetzen. Die Ideen mussten deshalb über verschiedene Schnittstellen in die betroffenen operativen Bereiche eingespeist werden. Dies wurde durch Massnahmen wie Roadshows, Präsentationen vor Entscheidungsgremien oder die Entwicklung erster Prototypen sichergestellt. Bei CeWe Color wurde die Verknüpfung durch die direkte Einbindung des für die spätere Umsetzung verantwortlichen Projektleiters sichergestellt. In der Filmindustrie wurde die Verknüpfung mit dem Gesamtprozess durch die direkte Einbindung des Regisseurs sichergestellt. Da der Fokus bei allen Emotionalisierungsprojekten vorwiegend auf der Emotional Empathic Event 115 Generierung neuer Ideen lag, mussten die erarbeiteten Ergebnisse anschliessend an die operativen Einheiten "verkauft" werden. Das Management von Ideen innerhalb des unternehmerischen Kontextes ist nicht nur auf die Generierung von Ideen beschränkt, sondern auch auf deren Anerkennung, Evaluation und Selektion (Vandenbosch, Saaticioglu et al., 2006). Diverse wissenschaftliche und praxisbezogene Beiträge betonen die Wichtigkeit der prozessualen als auch der kulturellen Komponente, die für ein erfolgreiches Ideenmanagement wichtig sind. Aus der prozessualen Sicht ist auffallend, dass entwickelte Ideen in sehr zeitaufwändigen Prozessen auf verschiedenen Ebenen vorgestellt werden müssen und eingehend überprüft werden. Amabile (1998) nennt diesen Umstand explizit als Faktor, der sich negativ auf die Kreativität auswirkt, da er das Level der intrinsischen Motivation der Teilnehmer senkt. Teammitglieder die bereits zu Beginn des Kreativitätsprozesses wissen, dass die Ideen anschliessend während Monaten oder Jahren im System verschwinden und von Personen evaluiert werden, die nicht über das entsprechende Wissen und Verständnis verfügen, werden nicht bereit sein, sich mit grossem Enthusiasmus am Prozess zu beteiligen. Ideengenerierungsprozesse müssen deshalb von Beginn an auf die Verwertung der zu entwickelnden Ideen ausgerichtet werden und gleichzeitig für alle Beteiligten transparent sein. In kultureller Hinsicht benötigt ein erfolgreiches Ideenmanagement ein Umfeld, welches offen ist für neue Ideen, egal ob sie von einem selbst oder von ausserhalb stammen. Um das sogenannte Not-Invented-Here-Syndrom (NIH) zu überwinden, werden in der Literatur neben einer Kultur der Offenheit und des Vertrauens auch die Rolle von Promotoren oder Sponsoren sowie die Bedeutung von angemessenen Anreizsystemen und Kommunikationsstrukturen beschrieben (Nonaka und Takeuchi, 1995; Amabile, 1998; Jassawalla und Sashittal, 1998; Lapierre und Giroux, 2003). Nach Amabile et al. (1996) ist das Arbeitsumfeld ebenso wichtig für Kreativität wie die individuellen Fähigkeiten und Prädispositionen der Akteure. Denn nur durch ein günstiges Arbeitsumfeld kann die Anschlussfähigkeit von Ideen sichergestellt werden, um letztendlich innovative Lösungsansätze in konkrete Produktkonzepte zu überführen. Fokussierung auf Features und Applikationen: Bei der Automobil AG, CeWe Color und Moonraker stand explizit das Generieren von Ideen zu neuen Produktfeatures und Applikationen im Fokus, in der Filmindustrie überwiegte der Bezug auf die Performancesteigerung der jeweiligen Prozessergebnisse. Dabei ist auffallend, dass in keinem der betrachteten Projekte der Fokus auf eine konkrete Technologie gelegt wurde, sondern auf abstrakte Konstrukte wie Applikationen oder Funktionalitäten. 116 Determinanten der Emotionalisierung CeWe Color beispielsweise beschäftigte sich seit Jahren mit den Auswirkungen, die eine fortschreitende Digitalisierung auf das Kerngeschäft hat und in Zukunft noch haben wird. Obwohl die digitalen Technologien heute zu CeWe Colors Kernkompetenzen zählen, ist die Ideengenerierung nicht auf diese Technologien beschränkt. Im Zentrum steht nicht die Technologie an sich, sondern das Ergebnis, sprich der konkrete Kundennutzen der damit erzeugt wird. Generiert eine neue oder andere Technologie denselben Nutzen und ist sie der bestehenden in den relevanten Dimensionen überlegen, zögert CeWe Color nicht, auf eine neue Technologie umzuschwenken. Der Fokus auf das Resultat rührt bei CeWe Color daher, dass die Industrie, in der sich das Unternehmen befindet, seit Bestehen bereits mehrere tiefgreifende Veränderungen auf Grund des technologischen Wandels erlebt hat. Obwohl Technologieführerschaft immer schon ein Merkmal des Unternehmens war, wird nach der Devise gehandelt, den Kunden zu befähigen, Emotionen und Geschichten in Form von Bildern zu erzählen und zu konservieren. Erst danach wird nach Technologien gesucht, die bei der Umsetzung dieser Aufgabe helfen. Auch in der Filmindustrie liegt der Fokus nicht auf der eingesetzten Technologiebasis, sondern auf der Wirkung, welche dadurch bei den Zuschauern erzielt werden kann. Die Fokussierung auf Ergebnisse, Nutzen, Applikationen und Funktionen kann Unternehmen dazu befähigen, den Wert ihrer Produkte zu steigern. Es ist deshalb sinnvoller, sich auf vorhandene Kompetenzen mit Bezug auf Applikationen und Funktionen zu beziehen, als auf technologische Kompetenzen, die möglicherweise für den wirtschaftlichen Erfolg der letzten Jahre verantwortlich waren (Zeschky, 2009). Der Fokus auf die Wirkung, sprich den Nutzen von Produkten bedeutet gleichzeitig auch eine Ausrichtung der Innovationsaktivitäten am Kunden. Unternehmen lösen sich dadurch von ihrer produktzentrierten Sichtweise und konzentrieren sich auf die Fähigkeiten, welche für die Entwicklung dieser Produkte notwendig waren (Hamel und Prahalad, 1994). 5.2.3 Innovations-Akteure Die Entscheidung, die Projekte und Prozesse mit internen Ressourcen durchzuführen, führt zur Frage der vorhandenen Ressourcen. Die untersuchten Firmen haben sich allesamt für interdisziplinäre Teams entschieden, welche für die Zeitspanne des Ideengenerierungsprozesses zusammengeführt wurden (physisch und teilweise auch organisatorisch). Anschliessend sollten alle wieder in ihre angestammten Bereiche zurückkehren. Im Projekt Featuregenerierung der Automobil AG sowie bei CeWe Color kehrten alle Mitarbeiter wieder in ihre angestammten Bereiche zurück. Emotional Empathic Event 117 Dies war beim Projekt Moonraker nicht der Fall. Verschiedene Mitarbeiter verliessen nach dem Projekt das Unternehmen und machten sich unter anderem selbständig, da sich eine Reintegration auf Grund der Dauer des Projektes als sehr schwierig herausstellte. Da Filmprojekte immer von zeitlich begrenzter Dauer sind, wurde lediglich das Verweilen in der Crew während dem restlichen Verlauf des Projektes betrachtet. Aufgrund der Spezifika sehr kurzer, punktueller und bilateraler Emotionalisierungsprozesse war die Ausprägung der Interdisziplinarität relativ gering, jedoch in vielen Fällen vorhanden. Beispielsweise benötigt es zur Erzeugung einer speziellen Atmosphäre am Filmset, neben Bühnenbildnern auch Ton- und Lichtdesigner. Die Entscheidung, interdisziplinäre Teams zu bilden, wurde in den drei Fallstudien mit Unternehmenskontext getroffen, obwohl alle drei Firmen über eigene, spezialisierte F&E-Einheiten verfügten. Bei der Automobil AG wurde diese Entscheidung im Zuge der konzernweiten Bestrebungen getroffen, die F&EAktivitäten der einzelnen Bereiche und Marken stärker in jene der zentralen F&E zu integrieren. Als weiteren Grund nannten alle drei Unternehmen die Ziele, die mit dem Projekt verfolgt wurden. Sowohl bei der Automobil AG als auch bei Moonraker war dies das Generieren von Ideen zum Gesamtfahrzeug, respektive die Entwicklung eines Gesamtfahrzeugkonzeptes. Bei CeWe Color war das Ziel die Weiter- oder Neuentwicklung der bestehenden Software. CeWe Color nannte als Grund für die Interdisziplinarität explizit die direkte Beteiligung aller möglicherweise betroffenen Bereiche. Damit sollte eine breitere Sichtweise auf die Problemstellung gewährleistet werden. Gleichzeitig wurden spätere Kommunikationsprobleme zwischen den beteiligten Bereichen minimiert. Bei den Projekten im Automobilbereich wurden explizit verschiedene Funktionsbereiche und Personen mit verschiedenen Fachkompetenzen eingebunden. Die Führung und Moderation der Projekte bei CeWe Color, Moonraker und in der Filmindustrie wurde mehrheitlich durch unternehmensinterne Kräfte sichergestellt. Bei der Automobil AG-Featuregenerierung wurden zusätzlich noch externe Fachkräfte für die Ausgestaltung und Moderation der Ideengenerierungsprozesse beigezogen. Das Topmanagement war in allen Fallbeispielen von Anfang an involviert und in wichtige Entscheidungen eingebunden. Die Intensität der Einbindung des Topmanagements war jeweils zu Beginn und Ende der Projekte am grössten. Der Einsatz von interdisziplinären, auch multidisziplinär genannten, Teams innerhalb der Neuproduktentwicklung wird in diversen wissenschaftlichen Beiträgen beschrieben und befürwortet (McDonough 2000; Vissers und Dankbaar, 2002). Unter interdisziplinären Teams werden dabei Personengruppen verstanden, welche aus verschiedenen funktionalen Bereichen stammen, wie beispielsweise dem Marketing, 118 Determinanten der Emotionalisierung Engineering oder der Produktion. Solche Teams sind in der Regel zeitlich von beschränkter Dauer und oftmals projektspezifisch zusammengestellt. Neben der besseren interfunktionalen Integration werden die Vorteile von interdisziplinären Teams in den folgenden Gebieten gesehen: Sie unterstützen eine bessere externe Kommunikation (sprich Verbreitung der Ideen innerhalb des Unternehmens); sie machen den NPD-Prozess responsiver für externe Informationen; sie erhöhen die Anzahl und Vielfalt der generierten Ideen; sie garantieren eine grössere Informationsvielfalt für die involvierten Mitarbeiter und sie verhindern Probleme bei der späteren Umsetzung (Vissers und Dankbaar, 2002). Das Gegenteil von interdisziplinären Teams sind die reinen F&E-Teams, deren Dauer üblicherweise nicht zeitlich begrenzt ist. Vor allem innerhalb der letzten zwei Dekaden haben Untersuchungen zu interdisziplinären Teams stark zugenommen. Verschiedene Beiträge stellen dabei die Effizienz und Effektivität von interdisziplinären Teams in Frage, da es neben der besseren internen Vernetzung verschiedener Funktionsbereiche, noch eine Reihe weiterer Perspektiven gibt, aus welcher diese Teams betrachtet werden können. In Einklang mit dem Fokus dieser Arbeit ist dabei die Kreativitätsperspektive von besonderer Bedeutung. Kreativität wird weitgehend als ein persönliches Phänomen verstanden (Sternberg, 1999), das zur Generierung von Ideen, sogenannten Inventionen oder Gelegenheiten (Wecht, 2006) führt. Die in der Definition enthaltenen Bestandteile "neu" und "brauchbar" (Amabile, 1982) weisen jedoch auf den sozialen Charakter der Kreativität hin. Während der kreative Prozess weitestgehend intrapersonell abläuft, findet die Bewertung des Ergebnisses immer in einem sozialen Umfeld statt. Es stellen sich daher die Fragen nach dem Grad der Neuigkeit (wie neu) und dem Publikum, für welches es neu ist (für Wen neu) (Johannessen, Olsen et al., 2001). Dadurch, dass in einem interdisziplinären Team Personen mit verschiedenen Hintergründen und unterschiedlicher Fachkompetenz aufeinandertreffen, stellt sich ebenfalls die Frage nach der Innovationshöhe, die durch solche Teams erreicht werden kann. Denn werden die Teams mehr aus unternehmenspolitischer Sichtweise zusammengesetzt kann es sein, dass gewisse Teammitglieder lediglich als Repräsentanten ihrer Bereiche fungieren. Teammitglieder multifunktionaler Teams haben oft konkurrierende soziale Identitäten und Loyalitäten, da sie dazu tendieren, sich sowohl sozial als auch psychologisch mehr mit ihrer Funktion, als mit dem Unternehmen zu identifizieren (Holland, Gaston et al., 2000). Zusätzlich wird durch eine hohe Interdisziplinarität die Kommunikation unter den Teilnehmern erschwert, weshalb Verständigungsprobleme als Problembereich bekannt sind. Bezogen auf die Beurteilung der Neuheit der Ideen Emotional Empathic Event ist Interdisziplinarität ebenfalls problematisch, da die übrigen möglicherweise nicht über das notwendige Fachwissen verfügen. 119 Teilnehmer Weitere Hindernisse für interdisziplinäre Teams sind: widersprüchliche organisationale Zielvorgaben, der Kampf um Ressourcen, überlappende Verantwortlichkeiten, widersprüchliche persönliche Ziele, mangelnde Kooperation und keine klaren Richtungsvorgaben oder Prioritäten (Holland, Gaston et al., 2000). 80 % der von Holland et al. befragten Personen gaben an, dass Konflikte zwischen den Zielen des Teams und den funktionalen Vorgaben das grösste Hindernis darstellen würden. Grösstenteils fehlt es an der notwendigen Zeit oder den notwendigen Ressourcen, um sich erfolgreich in ein interdisziplinäres Team einzubringen. Der Faktor Zeit ist jedoch zentral, da er nicht nur für die Ausführung bestimmter Aufgaben wichtig ist, sondern auch für die Identifizierung mit dem Team. Eine Identifikation geschieht in der Regel nur dann, wenn das Team lange genug besteht. Mit dem Zeitfaktor einher geht der Aufbau einer gewissen Absorptive Capacity (Vissers und Dankbaar, 2002), welche benötigt wird, um auf Ideen eingehen zu können, die nicht von einem selbst stammen. Das Teammitglied muss also bereit sein, eine gewisse Zeit der "Untätigkeit" zu opfern, um währenddessen Inputs von anderen Teammitgliedern zu erhalten. Als Erfolgsfaktoren für interdisziplinäre Teams identifizieren Holland et al. (2000) 13 Faktoren, welche in sechs unterschiedliche Bereiche aufgeteilt sind. Die sechs Bereiche sind Aufgabenstellung, Teamzusammensetzung, Unternehmenskontext, interne Prozesse, externe Prozesse und gruppenpsychologische Aspekte. Die wichtigsten Erfolgsfaktoren sind Team Empowerment ( und damit kein Mikromanagement durch die vorgesetzte Stelle), Kundenfokus, der richtige funktionale Mix, strategische Ausrichtung der beteiligten Bereiche, Ressourcen und Übergeordnete Ziele für das Gesamtteam. Kern der hier untersuchten Fallbeispiele ist der eigentliche Prozess der Emotionalisierung und Ideengenerierung. Während die Ideengenerierung in den Fallbeispielen grösstenteils durch bekannte Kreativitätsmethoden unterstützt wurde, stellt der Prozess der Emotionalisierung den Kern dieser Forschungsarbeit dar. Denn in der bisherigen Literatur spielten Emotionen in Bezug auf die F&E-Mitarbeiter eine marginale Rolle und stellen daher ein neues Phänomen dar. Die folgenden Ausführungen beziehen sich deshalb auf die Kernelemente des Emotionalisierungsprozesses. Diese sind einerseits die Erstellung einer Emotionalen Kundenwelt als Grundlage der Emotionalisierung, und andererseits die Vermittlung dieser Welt an die F&E-Mitarbeiter. 120 Determinanten der Emotionalisierung 5.2.4 Emotionale Kundenwelt Allen Fallbeispielen ist gemeinsam, dass sie als Ausgangspunkt ihrer Ideengenerierungsprozesse den zukünftigen Kunden und seine Bedürfnisse definieren. Sie tun dies jedoch nicht gemäss dem vorherrschenden Stage-Gate-Prozess, in welchem die Marktforschung Kundenbedürfnisse erhebt und dann in Form eines Pflichtenheftes der F&E vorstellt. Die untersuchten Firmen und Projekte verwendeten einen Ansatz, welcher über die bekannte interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Marketing und F&E hinausgeht. Durch Introspektion und Empathie wurden vor allem die technischen Entwickler direkt in den zukünftigen Kunden hineinversetzt, um dadurch sequentielle Schnittstellen zu überbrücken. Dies geschah durch die Konstruktion von emotionalen Kundenwelten. Durchgeführte Studien und Arbeiten der verschiedensten Marktforschungsabteilungen wurden zu abstrakten, aber dennoch erlebbaren Szenarien zusammengefasst oder die F&E-Mitarbeiter direkt in die reale Welt der Kunden entsandt. Bei der Automobil AG wurden Informationen aus der Trendforschung, den Marktforschungsabteilungen sowie externen Quellen in der Abteilung Zukunftsforschung gesammelt und zu Szenarien, Stories, Farbkonzepten und Wortkreationen zusammengefasst. Das zentrale Sammeln und Verdichten der Informationen garantierte die Ausrichtung an den strategischen Vorgaben des Konzerns. Die verdichteten Informationen waren so detailliert, dass konkrete Lebensläufe und Bedürfnisstrukturen für virtuelle Kunden erstellt werden konnten. Sie ermöglichten es einem Team von Innendekorateuren konkrete Raumkonzepte zu erstellen. Während des Projektes Moonraker wurden ebenfalls solche Räume erstellt. Der Schwerpunkt des Projektes lag jedoch darauf, die eigenen Entwickler direkt in die Welt von bestehenden und latenten Kunden hineinzuversetzen. Die Entwickler sollten sehen, erleben und fühlen, wie es der Kunde tut. Ebensolche Konzepte wurden auch in der Filmindustrie eingesetzt. Mit intensiver Lektüre, individuellem Coaching, realen Drehorten, Lichtkonzepten sowie Musikeinsatz wurden die Schauspieler und Mitarbeiter in die richtige emotionale Stimmung versetzt, um ihre Charaktere entsprechend verkörpern zu können. Die Intention hinter diesen Ansätzen war es, den Kunden direkt in die Köpfe der F&EMitarbeiter zu implementieren, um ein grösstmögliches Kundenverständnis durch eine persönliche Identifikation von Seiten F&E-Mitarbeiter zu gewährleisten. Emotional Empathic Event 121 5.2.5 Vermittlung der Emotionalen Kundenwelt Die Schaffung und Kreation von emotionalen Kundenwelten alleine genügte nicht, um Mitarbeiter zielführend durch den Ideengenerierungsprozess zu steuern. Die konstruierten Welten mussten deshalb kontextspezifisch und ausgerichtet auf das Ziel des Ideengenerierungsprozesses vermittelt werden. Diese Vermittlung fand bei allen untersuchten Fallstudien in einem mehr oder weniger strukturierten Prozess statt. Die Ausgestaltung des Prozesses variierte in verschiedenen Dimensionen. Grundsätzlich lassen sich die Emotionalisierungsprozesse in vier zentrale Phasen unterteilen. In einer ersten Phase wurde in allen Fallbeispielen die emotionale Kundenwelt erstellt. Bei der Automobil AG wurden dazu sämtliche verfügbaren Informationen bezüglich Marktforschung, Zukunftsforschung und gesellschaftlicher Trends gesammelt, ausgewertet und verdichtet. Ergebnis dieser Phase waren einzelne Metatrends, aus denen wiederum Trendausprägungen und Bedürfnisanforderungen an das Fahrzeug abgeleitet wurden. Der Fall Moonraker weist bei der Erstellung der emotionalen Zukunftswelten weniger klare Abgrenzungsmerkmale auf wie die Automobil AG. Dennoch lässt sich festhalten, dass den verschiedenen Ideengenerierungsphasen immer eine tiefgehende Vorbereitung vorausging, welche zur Erstellung von Filmen, Bedürfnisanforderungen oder auch Raumkonzepten führte. Speziell erwähnenswert sind dabei der direkte Kontakt mit bestehenden und potentiellen Kunden sowie das Eintauchen der Projektmitglieder in die private Welt von ausgewählten Amerikanern. Bei CeWe Color fand vor der eigentlichen Ideengenerierung eine tiefgehende Analyse einer Vielzahl von Kunden hergestellten Fotobüchern statt. Die Integration von Kunden in den Innovationsprozess gilt als positiv und wird in diversen wissenschaftlichen Beiträgen auch nachgewiesen (von Hippel, 1986; Gruner und Homburg, 1999; Gassmann, Enkel et al., 2005; Wecht, 2006). Dennoch gilt eine allgemeine und uneingeschränkte Einbindung nicht als empfehlenswert. Deshalb wurden die ursprünglichen Erkenntnisse und Gedanken zu sogenannten Lead-Usern in verschiedensten Beiträgen analysiert und spezifiziert. Neben spezifischen Kundenrollen wurden auch Kundenintgrationsmethoden entwickelt, die aufzeigen, wann welche Art der Kundenintegration sinnvoll ist und wann nicht. Diese Vertiefungen des Lead-User-Ansatzes nach von Hippel (1986) führten zur Erkenntnis, dass sich die Integration von Kunden in radikale Innovationsprojekte sehr viel schwieriger gestaltet, als dies bei inkrementellen Innovationen der Fall ist. Grund dafür ist die Tatsache, dass es für radikale Ideen oft noch gar keine Kunden gibt, da Märkte oder Anwendungsmöglichkeiten noch nicht vollständig spezifizierbar sind. 122 Determinanten der Emotionalisierung Um den Kundenfokus dennoch sicherzustellen, nutzen Unternehmen verschiedenste Informationsquellen zur Antizipation der zukünftigen Bedürfnisse. Emotionen sind Bedürfnis und Bedürfnissauslöser zugleich. Emotionen, verstanden als Handlungstendenz (Frijda, 1986) in Richtung eines gewünschten Zielzustandes, wirkt als Auslöser für konkrete Bedürfnisse, um dieses Ziel zu erreichen. Gleichzeitig kann der gewünschte emotionale Zielzustand als Bedürfnis verstanden werden. Eine Integration des zukünftigen Kunden in Form emotionaler Zustände erscheint deshalb sinnvoll. Gelingt es dem Entwicklungsteam sich mit den emotionalen Zuständen zu identifizieren, werden sie selbst zum Kunden der Zukunft. Durch die Vermittlung der emotionalen Zustände des zukünftigen Kunden werden diese Emotionen in den Entwicklern selbst ausgelöst. Emotionen sind ein sehr vielschichtiges, individuelles und zu einem grossen Teil auch kulturell geprägtes Phänomen. Basierend auf dem Konzept der emotionalen Erfahrung und dem emotionalen Erlebnis werden drei grundlegende Komponenten unterschieden, welche bestimmend sind für die situative Emotionalität. Es sind dies die "Kernkomponenten", die "Kontextkomponenten" und die "Objektkomponenten" (Frijda, 1986). Die Kernkomponenten sind diejenigen, welche einer Situation ihren emotionalen Charakter verleihen, da sie die emotionale Relevanz betreffen und das emotionale Erlebnis per se konstituieren. Sie werden in dieser Arbeit durch die Emotionalen Kundenwelten verkörpert. Die Kontextkomponenten definieren die Art der Emotion und wirken sich auf das Gefühl aus, welche Reaktionen in einer bestimmten Situation angebracht sind und welche nicht. Es sind somit handlungsrelevante Komponenten. Die Kontextkomponenten können mit den Rahmenbedingungen des Emotionalisierungsprozesses gleichgesetzt werden. Die Kernkomponenten werden zu einem gewissen Teil durch die Kontextkomponenten definiert, da die identische Situation nicht in jedem Kontext gleich relevant wahrgenommen wird. Die Objektkomponenten beziehen sich auf die Natur des emotionalen Objektes und die dadurch ausgelösten Reaktionen. In Bezug auf Innovation beeinflussen Emotionen vor allem die Motivation von Führungskräften und Mitarbeitern. Dabei sind zwei Faktoren von besonderer Bedeutung. Die Situation muss von den Beteiligten einerseits als veränderungsbedürftig, und andererseits als veränderungsfähig betrachtet werden (Krause, 2004). Es ist davon auszugehen, dass Innovationsverhalten nur dann ausgelöst wird, wenn eine ausreichende Situationskontrolle wahrgenommen wird bei gleichzeitiger Wahrnehmung einer Veränderungsbedürftigkeit. In betrieblichen Innovationsprozessen ist dem Faktor der Veränderungsfähigkeit eine hohe Bedeutung zuzuordnen. Um die Erfolgswahrscheinlichkeit von Innovationen zu erhöhen, sollten Emotional Empathic Event 123 die Ausprägungen Veränderungsbedürftigkeit und Veränderungsfähigkeit hoch sein. Dies löst positive Emotionen aus, was wiederum das individuelle Innovationsverhalten steigert. Die Veränderungsbedürftigkeit einer Situation korreliert dabei mit der Komponente der Wichtigkeit/Relevanz von Frijda (1986). Diese besagt, dass eine Situation nur dann emotional sein kann, wenn sie für das Individuum von Interesse ist und somit dessen Aufmerksamkeit verlangt. Ist eine Situation von Interesse, steigt auch die Motivation sich mit dieser Situation auseinanderzusetzen. Es ist deshalb wichtig für Emotionalisierungsprozesse, dass Teammitglieder selektioniert werden, welche motiviert und offen sind für die Situation und deren Stimuli. Ursprung von Emotionen sind immer bestimmte stimulierende Events. Diese Events und Vorkommnisse wirken jedoch nur dann als Auslöser für emotionale Zustände, wenn sie relevant sind in Bezug auf individuelle Ziele, Standards und Einstellungen und wenn sie eine Übereinstimmung oder Nicht-Übereinstimmung mit der Befriedigung dieser Ziele, Standards und Einstellungen signalisieren. Kommt eine Übereinstimmung zu Stande, so resultiert daraus eine Veränderung der Handlungsbereitschaft. Handlungsbereitschaft umfasst sowohl die Tendenz für eine bestimmte Handlung wie auch die blosse Veränderung des sogenannten Aktivierungsstatus. Die Veränderung der Handlungsbereitschaft beinhaltet nicht nur die aktive Veränderung, sondern auch das nicht Vorhandensein einer Handlungsbereitschaft in einem sogenannten Deactivation Mode (Frijda, 1986). Der Zusammenhang von Stimuli und der darauffolgenden Reaktion ist der zentrale Punkt in der Emotionstheorie. Beide Komponenten definieren sich nicht nur durch eine einzige spezifische Ausprägung, sondern sind abhängig von einer Vielzahl von Einflüssen und Rahmenbedingungen. Als Stimuli im eigentlichen Sinne darf deshalb nicht ein einzelner Event verstanden werden, sondern immer eine Konstellation von verschiedenen Signalen. 124 Determinanten der Emotionalisierung 5.3 Adaption des Referenzmodells Die vertiefende Fallstudienanalyse hat gezeigt, dass Emotionalisierungsprozesse dann erfolgreich sind, wenn sowohl die strukturellen als auch die prozessualen Faktoren aufeinander abgestimmt sind und ineinandergreifen. Nur wenn die organisationalen Umstände passen und auch die individuellen Eigenschaften der Teilnehmer vorhanden sind, gelingt es, emotionale Zustände zu generieren und für die Ideengenerierung zu nutzen. Aus einer betrieblichen Sicht sorgt die strategische Verankerung dafür, dass solche Prozesse einerseits durchgeführt werden dürfen, und andererseits mit den notwendigen Ressourcen und Informationen ausgestattet werden. Gleichzeitig erwies sich eine temporäre Abgrenzung gegenüber dem Tagesgeschäft als sinnvoll, um die Kompetenzen der interdisziplinären Teams vollständig nutzen zu können. Aus individueller Sicht sind Emotionalisierungsprozesse im Unternehmenskontext nur dann erfolgreich, wenn die Selektion der Teammitglieder spezifisch auf diese ausgerichtet ist. Teammitglieder sollten nicht aus unternehmenspolitischen Gründen für solche Projekte nominiert werden. Es sollten Mitarbeiter sein, welche eine gewisse Offenheit gegenüber Neuem aufweisen. Zudem sollte bei der Selektion der Teammitglieder vermehrt auf deren Ziele, Standards und Einstellungen geachtet werden. Eine erfolgreiche Emotionalisierung bedingt dass die verwendeten Kundenwelten für die Teammitglieder eine gewisse Relevanz aufweisen. Die Fallstudien haben weiter gezeigt, dass die organisationalen Faktoren erfüllt sein müssen, jedoch nicht ausreichend sind. Die zentralen Elemente der Emotionalisierung stellen die eigentliche emotionale Kundenwelt sowie die Art und Weise der Vermittlung dieser Welt an die Teilnehmer dar. Die hier untersuchten Beispiele haben gezeigt, dass durchaus verschiedene Arten von Kundenwelten erstellt werden können, diese jedoch eine Auswirkung auf die Projektdauer und die Vermittlungsart haben. Es ist deshalb unerlässlich, die Art der Kundenwelt auf die Projektziele und Teammitglieder abzustimmen, um ein optimales Resultat zu erzielen. Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen aus den Fallstudien erfolgt an dieser Stelle eine entsprechende Verfeinerung des ursprünglichen Referenzmodells. Dies aufgrund der Tatsache, dass verschiedenste Rahmenbedingungen nicht nur erfüllt sein müssen, sondern auch vorgeben, wie der konkrete Emotionalisierungsprozess ausgestaltet ist und durchgeführt wird. Emotionalisierungsprozesse werden als relevant erachtet, um Innovationen hervorzubringen, die radikaler und für den Kunden von höherem Nutzen sind und somit den langfristigen Erfolg sichern. Emotionalisierungsprozesse sind deshalb von strategischer Bedeutung und müssen durch das Top-Management initiiert werden. Emotional Empathic Event 125 Abbildung 22 fasst die Erkenntnisse aus den Fallstudien zusammen und definiert das abschliessende Referenzmodell erfolgreicher Emotionalisierungsprozesse im betrieblichen Umfeld. Auswahl Emotionalisierungstyp F&E Mitarbeiter Virtueller Kunde der Zukunft Teamselektion Diffusion Business Unit Strategische Entscheidung Ziele Standards Einstellungen Identifikation / Transformation Stimulus Emotionalisierung Abbildung 21: Abschliessendes Referenzmodell Emotionale Zukunftswelt Diffusion Top Mgt Emotionalisierter F&E Mitarbeiter 126 Determinanten der Emotionalisierung 5.4 Zusammenfassung Die Fallstudien aus Kapitel vier wurden in einem zweistufigen Prozess analysiert. Anhand des Referenzmodells erfolgte zuerst eine Einzelfallaufarbeitung und anschliessend eine vergleichende Analyse, basierend auf den relevanten Kriterien aus Literatur und Praxis. Ziel dieser Analyse war es, diejenigen Faktoren zu identifizieren, welche einen entscheidenden Einfluss auf die Erfolgswahrscheinlichkeit von Emotionalisierungsprozessen haben. Gleichzeitig wurden auch konkrete Hinweise auf die Ausprägungen der jeweiligen Gestaltungsebenen und Gestaltungsfaktoren gewonnen. Basierend auf diesen Erkenntnissen wurde das ursprüngliche Referenzmodell adaptiert und die Dimensionen durch ihre relevanten Gestaltungsfaktoren ergänzt. Somit wurde ein konkretes Gestaltungsmodell für Emotionalisierungsprozesse im Innovationskontext entwickelt. Basierend auf der Analyse der Fallstudien wurden zwei Dimensionen identifiziert, welche eine Unterteilung von Emotionalisierungsprozessen in vier verschiedene Typen erlaubt. Zunächst werden deshalb im nachfolgenden Abschnitt vier spezifische Emotionalisierungstypen entwickelt und beschrieben, bevor intensiver auf den Prozess der Emotionalisierung und damit auf das umfassende Gestaltungsmodell eingegangen wird. Emotional Empathic Event 127 6 Auslöser der Emotionalisierung 6.1 Typologisierung von Emotionalisierungsprozessen In dieser Arbeit wird ein besonderer Fokus auf die Art und Weise gelegt, wie die rationale und emotionale Perspektive in F&E-Projekten miteinander verknüpft werden müssen, um einen crossvergenten Zustand zu bilden. Es geht um die Fragen, wie diese Crossvergenz entsteht und ob es dazu verschiedene Ansätze gibt. Die Analyse der Fallstudien hat gezeigt, dass es in der Praxis durchaus unterschiedliche Ansätze gibt, wie Firmen solche Emotionalisierungsprozesse umsetzen. Durch die Ausrichtung an zwei Dimensionen lassen sich vier unterschiedliche Typen von Emotionalisierungsprozessen identifizieren. Die Dimensionen sind die Art der Emotionalisierung auf persönlicher Ebene sowie die Anzahl der Stimuli. Bevor die vier Typen spezifisch beschrieben werden, sind zuerst die beiden Dimension zu erläutern und mit der relevanten Literatur abzugleichen. Art der Emotionalisierung: Emotionen werden dann ausgelöst, wenn gewisse Konstellationen an situationsbezogenen Stimuli einen Einfluss auf individuelle Anliegen aufweisen. Es muss daher grundsätzlich eine Situation bestehen, derer sich das Individuum bewusst ist und die als relevant empfunden wird. Stimuli sind deshalb eher im Sinne von Events zu verstehen. Solche Events können in Gestalt von sensorisch wahrnehmbaren physischen Ereignissen auftreten, die jedoch nur dann Emotionen auslösen, wenn die Ereignisse entweder in einem räumlichen oder zeitlichen Kontext stehen oder aber in einen Bedeutungskontext gestellt werden können (Frijda, 1986). Beispielsweise wird "alleine sein" anders empfunden, als alleine zu sein, nachdem der Partner einen verlassen hat oder gar gestorben ist. Keine Schmerzen zu haben wird anders wahrgenommen, als keine Schmerzen zu haben nach dem einem Schmerzen zugefügt worden sind. Ereignis oder Event ist deshalb zutreffend, weil es sehr oft die Veränderung ist, welche die Aufmerksamkeit verlangt. Nur was sich verändert, zählt. Situationen als Stimulus sind von Bedeutung, weil oft erst der situative Kontext entscheidend ist. Es kommt darauf an, ob Möglichkeiten bestehen, mit der Situation umgehen zu können oder sie komplett zu vermeiden. Oft spielt auch die Gesamtheit der bisherigen Interaktionen mit einem bestimmten Objekt eine entscheidende Rolle (Frijda, 1986). Es ist deshalb entscheidend, was das Ereignis dem Subjekt tun kann und was das Subjekt mit dem Ereignis tun kann und will. 128 Auslöser der Emotionalisierung Ereignisse und Situationen müssen nicht zwingend real existieren, um emotionale Reaktionen auslösen zu können. Es reicht bereits die blosse Vorstellung, das Denken, wie eine bestimmte Situation sein könnte oder gewesen ist, um emotionale Reaktionen auszulösen. Allein der Gedanke, dass es einem geliebten Menschen schlecht gehen könnte, reicht aus, um traurig zu machen. Bereits der Gedanke, dass unter dem Stein eine Spinne sein könnte, lässt Personen mit einer Spinnenphobie davor zurückschrecken den Stein aufzuheben. Die blosse Vorstellung der Spinne erzeugt denselben Angstzustand, als ob die Spinne wirklich gesehen wird. Emotionen können demnach entweder durch physisch wahrnehmbare und real existierende Ereignisse ausgelöst werden oder durch die blosse Vorstellungskraft. In Bezug auf die folgenden Typologien werden deshalb praktisch/existente und virtuell/imaginäre Arten der Emotionalisierung unterschieden. Anzahl der Stimuli: Die emotionale Intensität ist kein eindimensionales Konzept, sondern hängt von einer Vielzahl von Faktoren und Rahmenbedingungen ab. Dennoch ist die Anzahl der Stimuli, denen ein Individuum ausgesetzt ist, relevant für die Nachhaltigkeit emotionaler Zustände. Neben der Anzahl wird angenommen, dass auch die Intensität der Stimuli einen Einfluss auf die Intensität der ausgelösten Emotionen hat. Obschon die Intensität der Stimuli in gewissen Situationen zu intensiveren Emotionen führt, ist dies nicht grundsätzlich der Fall. Ein solcher Zusammenhang wurde vor allem in Bezug auf Events und Stimuli, die aversive Reaktionen auslösen, festgestellt. So korreliert die Intensität von Elektroschocks oder Lärm positiv mit der Intensität der physiologischen Reaktion (Tursky, 1974). In Bezug auf die Anzahl oder Dauer eingesetzter Stimuli wurde festgestellt, dass diese ebenfalls positiv mit langanhaltenden psychologischen Symptomen korreliert. Dies vor allem im Zusammenhang mit negativen Erlebnissen, wie beispielsweise der Anzahl von wirklichen Kampfeinsätzen von Soldaten. Die dadurch verursachten Angstzustände traten auch noch lange nach den Einsätzen auf. Durch langanhaltendes Stimulieren sowie eine hohe Anzahl von Stimulationen können nachhaltige Veränderungen in den betroffenen Individuen ausgelöst werden. Diese Annahme gilt grundsätzlich auch für positive Emotionen. Handelt es sich jedoch immer um den identischen Stimulus, so nimmt die Intensität der Reaktion stetig ab. Die ausgelösten Emotionen werden schwächer. Dies wird in der Psychologie auf die Erwartungshaltung zurückgeführt. Je nachdem ob der Stimulus oder Reiz stärker oder schwächer ist als erwartet, fällt die emotionale Reaktion darauf stärker oder schwächer aus. Wichtiger noch als die Emotional Empathic Event 129 Erwartungshaltung ist die Bedeutung des Reizes in Bezug auf die relevanten Einstellungen und Ziele (Frijda, 1986). Wirklich gravierende Events sind oft nur deshalb gravierend, weil sie mehr als eine relevante Einstellung oder mehrere Ziele beeinflussen. Im betrieblichen Umfeld hat die Anzahl der Emotionalisierungen mittels Stimuli noch eine andere Dimension, nämlich die der Dauer des Projektes. Je nach dem, wie viel Zeit und Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, ist die Dauer, für welche die Teilnehmer emotionalisiert werden können, kürzer oder länger. In Bezug auf die verschieden Emotionalisierungstypen werden deshalb kurze und lange Projektdauer mit einer tiefen oder hohen Anzahl Stimuli gleichgesetzt. Diese Arbeit betrachtet Emotionalisierungsprozesse aus einer betriebswirtschaftlichen Perspektive, weshalb sich die Typologien nicht ausschliesslich an den Emotionsaktivierungsmodellen der Psychologie und Neurologie orientieren (Izard, 1993). Dennoch werden diese Theorien, wo für diese Arbeit als sinnvoll erachtet, in die folgenden Ausführungen mit einbezogen. Die vergleichende Analyse der Fallstudien hat ergeben, dass sich grundsätzlich vier Typen von Emotionalisierungsprozessen unterscheiden lassen. Es sind dies der "Schocker" der "Verführer", der "Transformator" und der "Durchdringer". Diese vier Typen werden im Folgenden beschrieben und auf ihren Einfluss auf die Ziele dieser Arbeit hin analysiert. Generell lässt sich für alle Typen feststellen, dass ihr Erfolg, und damit die Wirksamkeit, stark von verschiedenen Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren bestimmt wird. Diese können Eigenschaften der Teammitglieder, der allgemeine Innovationsprozess, die zur Verfügung gestellten Ressourcen sowie die vorherrschende Unternehmenskultur sein. Art der Emotionalisierung praktisch/ existent Schocker Transformator virtuell/ imaginär Verführer Durchdringer tief Abbildung 22: Typologien der Emotionalisierung hoch Anzahl Stimuli 130 Auslöser der Emotionalisierung 6.2 Emotionalisierung durch Schock Eine in der Psychologie ausführlich beschriebene Art, Emotionen auszulösen, ist diejenige durch Schock. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf negativen Emotionen wie Angst oder Schmerz, weil sich diese besonders gut und zuweilen auch einfach auslösen lassen. Zu diesem Zweck werden in der Psychologie oft Experimente mit Elektroschocks, plötzlichen Attacken oder unentrinnbarem Lärm beschrieben (Polivy, 1981; Frijda, 1986). Schocks treten unerwartet und plötzlich auf und sind normalerweise von kurzer Dauer. Emotionalisierungsprozesse des Typs "Schocker" sind deshalb von kurzer Dauer und für die teilnehmenden Akteure durch real erlebbare Stimuli gekennzeichnet. Generell steht sowohl für die Vorbereitung als auch für die Durchführung des Prozesses wenig Zeit zur Verfügung. Es werden Stimuli verwendet, die nur von kurzer Dauer sind und die Beteiligten sehr direkt und situativ betreffen. Dadurch wird eine direkte Reaktion und Verhaltensänderung in den Akteuren ausgelöst. Schocks sind vor allem dann geeignet, wenn man unmittelbare Resultate, beispielsweise in Form einer Performancesteigerung, benötigt oder das Verhalten der beteiligten Akteure nur für kurze Zeit verändern will. Aufgrund der möglichen intensiven Reaktion auf Schocks sollten solche Prozesse nur sehr sparsam und wohlüberlegt eingesetzt werden. Als sehr anschauliches Beispiel für die Emotionalisierung durch Schock kann eine Szene aus der Produktion des Filmes Titanic von James Cameron angeführt werden. Die Hauptdarstellerin Kate Winslet sollte das beinahe Ertrinken ihres Charakters Rose spielen. Damit dies möglichst realitätsnah aussah, liess der Regisseur die Schauspielerin spüren, wie sich dies anfühlt. Gedreht wurde im Wasser. Dazu der Regisseur: [On the set of Titanic] we simply let Kate [Winslet] think she was nearly drowning. A little sputtering and coughing does not count in my book, because I have almost drowned several times. "Schocks" sind dann wirkungsvoll, wenn es darum geht, sehr schnell eine Idee zu kreieren, welche man für das Weiterführen des Prozesses benötigt. In der Filmindustrie werden durch "Schocks" induzierte Verhaltensänderungen oft als "Magic Moments" bezeichnet. Die Nutzung im allgemeinen Ideengenerierungsprozess ist eher schwierig und erfordert spezifische Kompetenzen sowohl von Seiten der Beteiligten als auch der Projektleitung. Emotional Empathic Event 131 Anforderungen an die Beteiligten "Schocks" stellen für die Beteiligten, zumindest kurzzeitig, eine enorme Belastung dar. Oftmals nicht nur psychisch, sondern auch physisch. Werden Emotionalisierungen durch Schock zu oft und über eine lange Zeit durchgeführt, kann das zu anhaltenden Veränderungen in der Persönlichkeitsstruktur der Betroffenen führen. Die beteiligten Akteure in solchen Prozessen sollten deshalb über eine starke Persönlichkeit verfügen und bereits im Voraus über mögliche Auswirkungen des Prozesses informiert werden. Grundsätzlich sollten in solchen Prozessen nur Mitarbeiter involviert sein, welche sich freiwillig dazu bereit erklärt haben. Anforderungen an die Projektleitung Eine Emotionalisierung durch "Schock" bedingt eine sehr tiefgehende Kenntnis der Persönlichkeitsstrukturen der Beteiligten, um zu wissen, wem welche Belastung zugemutet werden kann. Es müssen Vorkehrungen getroffen werden, um mögliche negative Auswirkungen zu verhindern oder zumindest abzufangen. Dies ist dann entscheidend, wenn mit negativen Emotionen gearbeitet wird. Will man die durch Schock induzierten Emotionen über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten, um sie für eine weitere Ideengenerierung zu nutzen, bedingt dies eine hohe Kompetenz im Bereich der Moderation und dem Einsatz von Kreativitätstechniken. 6.3 Emotionalisierung durch Verführung Emotionalisierungsprozesse des Typs "Verführer" zeichnen sich ebenfalls durch eine relativ kurze Dauer aus. Im Gegensatz zum Typus "Schocker" können die verwendeten Stimuli nur begrenzt real erlebt werden und müssen von den Beteiligten in einem kognitiven Prozess virtuell verarbeitet werden. Virtuell bezieht sich dabei auf die emotionale Kundenwelt, in welche die Beteiligten versetzt werden sollen. Da diese Zukunftswelt nicht 1:1 erlebt werden kann, muss sie durch die Beteiligten mittels eigener Vorstellungskraft erschaffen werden. Die gewünschten Emotionen und Gefühle werden durch einen Akt der Überzeugung und des Verarbeitens induziert. Sie werden durch den Prozess erlernt. Ein solches Erlernen von Emotionen, die über einen längeren Zeitraum anhalten oder wieder aufgefrischt werden sollen, benötigt Stunden bis Tage. Damit die Emotionalisierung in dieser relativ kurzen Zeitdauer durchgeführt werden kann, benötigt dieser Emotionalisierungstyp gezielt aufeinander abgestimmte Stimulierungskonzepte. Diese sind in der Regel mehrschichtig und können auf eine abstrakte Art und Weise auch erlebbar gemacht werden. Die Mehrzahl der Stimuli 132 Auslöser der Emotionalisierung zielt jedoch darauf ab, die Beteiligten darin zu unterstützen, sich in die Welt des Kunden hineinversetzen zu können. Dieser Prozess durchläuft mehrere Phasen, wobei von Beginn an gewisse Trigger verwendet werden, die eine einfachere "ReEmotionalisierung" zu einem späteren Zeitpunkt ermöglichen. Solche Trigger, können Stichworte, Farben oder auch Musik und Düfte sein. Ein durchgängiges Verwenden dieser Trigger über alle Phasen erlaubt die "erlernte Emotion" zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb des Ideengenerierungsprozesses wieder vereinfacht zu induzieren. Dadurch, dass sich die Beteiligten sehr viel intensiver mit der emotionalen Welt des Kunden auseinandersetzen und die ausgelösten Emotionen mit Hilfe von bestimmten Triggern erlernt werden, ist dieser Typ gut für die konkrete Ideengenerierung geeignet. Während beim Typ "Schocker" die sofortige Reaktion auf den Stimulus gewünscht wird, ist es beim Typ "Verführer" der kurzfristig anhaltende emotionale Zustand. Um diesen jedoch im betrieblichen Umfeld für die Ideengenerierung nutzen zu können, bedarf es zusätzlich den Einsatz von ausgewählten Kreativitätsmethoden. Durch die Identifizierung mit dem zukünftigen Kunden auf einer persönlichen Ebene gelingt es fach- oder funktionsspezifische Kommunikationsbarrieren zu überbrücken. Dazu müssen die Beteiligten jedoch aus den betroffenen Bereichen rekrutiert werden. Der Emotionalisierungstyp "Verführer" eignet sich besonders gut für Prozesse, in denen grosse Mengen von Daten über zukünftige Trends und Kundensegmente zur Verfügung stehen. Diese werden benötigt, um die entsprechenden Emotionalisierungstrigger sowie die verschiedenen Stimuli zu kreieren. Gleichzeitig erfordert dieser Typ ausreichend Ressourcen, um einerseits ein schlagkräftiges Team für die Ideengenerierung zusammenzusetzen, und andererseits die virtuellen Kundenwelten zu erschaffen. Aufgrund der virtuell imaginativen Verortung des Kunden im Kopf des Entwicklers eignet sich dieser Typ für das Generieren von langfristigen Ideen. Anforderungen an die Akteure Durch eine gut vorbereitete und dosierte Emotionalisierung der Beteiligten sind negative Effekte, wie jene beim "Schocker", nicht zu erwarten. Die beteiligten Mitarbeiter benötigen eine grosse Offenheit gegenüber neuen Methoden und müssen die Grundbereitschaft aufweisen, sich in andere Personen hineinversetzen zu lassen. Aus diesem Grund sollten die Beteiligten für diesen Typ der Emotionalisierung sehr gezielt ausgewählt werden. Zusätzlich ist es für die Phase der Ideengenerierung von Vorteil, wenn die entsandten Mitarbeiter über eine gewisse Erfahrung in ihrem Funktionsbereich verfügen und im Unternehmen gut vernetzt sind. Emotional Empathic Event 133 Anforderungen an die Projektleitung Um Emotionalisierungsprozesse des Typs "Verführer" durchführen zu können, muss die Projektleitung über die notwendige Kompetenz verfügen, Informationen über die Zukunft (intern/extern) so zu verdichten, dass Kundenwelten daraus generiert werden können. Zusätzlich benötigen solche Prozesse die Unterstützung durch Machtpromotoren, um die notwendigen Ressourcen zu erhalten. Gerade in Bezug auf strategische Initiativen ist eine Unterstützung durch das Top-Management von Bedeutung. Denn nur dadurch gelingt es, die Beteiligten von den Zukunftswelten und der Notwendigkeit solcher Prozesse zu überzeugen. Bezogen auf den Ideengenerierungsprozess ist vonseiten der Projektleitung zudem ein tiefes Verständnis für Kreativitätsprozesse erforderlich, um die emotionalisierten Mitarbeiter effektiv zu nutzen. 6.4 Emotionalisierung durch Durchdringung Der Typ "Durchdringer" zeichnet sich, im Gegensatz zum "Verführer", durch einen noch stärkeren Fokus auf die Emotionalisierung durch Imagination aus. Die Welt des Kunden muss bei diesem Typ praktisch ausschliesslich durch die Vorstellungskraft der beteiligten Akteure erschaffen werden. Deshalb müssen die beteiligten Akteure sich intensiv mit dem vorhandenen Material auseinandersetzen und es tiefgehend analysieren. Dadurch werden mögliche Emotionen des Kunden bewusst identifiziert und verinnerlicht. Durch den Prozess der Analyse und die intellektuelle Verarbeitung der gewonnenen Erkenntnisse werden die Teilnehmer emotional durchdrungen und berührt. Der Emotionalisierungsprozess durch Analyse und wenig erlebbare Stimuli benötigt sehr viel mehr Zeit als die zwei zuvor beschriebenen Typen. Anforderungen an die Akteure Bei diesem Typ der Emotionalisierung benötigen die involvierten Mitarbeiter eine besonders ausgeprägte Kompetenz der Empathie. Da die Mitarbeiter die Analyse und Verarbeitung der Stimuli zu einem hohen Grad eigenständig bewältigen müssen, benötigen sie zusätzlich ein hohes Mass an Eigenmotivation. Um die Ausrichtung an der Vision und Strategie des Unternehmens zu gewährleisten, sollten die selektionierten Mitarbeiter diese kennen. Eine gute persönliche Vernetzung ist ebenfalls ein Erfolgsfaktor für diesen Typen der Emotionalisierung. 134 Auslöser der Emotionalisierung Anforderungen an die Projektleitung Die Projektleitung muss bei diesem Typ vor allem die Ressourcen zur Verfügung stellen, welche die Akteure benötigen. Dies sind in erster Linie Zeit für die tiefgreifende Durchdringung sowie der Zugang zu den benötigten Informationen. Zudem sollte die Projektleitung die Unterstützung des Top-Managements sichern, um zu gewährleisten, dass die Ergebnisse mit den Richtungsvorgaben des Unternehmens übereinstimmen. Ebenfalls kommt der Projektleitung bei der Verbreitung und Kommunikation der generierten Ideen eine entscheidende Rolle zu. 6.5 Emotionalisierung durch Transformation Der vierte Typ der Emotionalisierung ist der "Transformator". Er zeichnet sich durch eine lange Emotionalisierungsdauer und real erlebbare Stimuli aus. Die Akteure werden bei diesem Typus nicht nur virtuell, sondern auch real in die Welt des Kunden hineinversetzt. Die lange Dauer während derer die Akteure immer wieder realen Stimuli ausgesetzt werden, führt zu einer besonders nachhaltigen Veränderung der Persönlichkeitsstrukturen. Dazu werden die Akteure vollständig aus ihrem bisherigen Umfeld herausgelöst und komplett in die Welt des zukünftigen Kunden versetzt. Diese Welt kann aufgrund ihres Bestehens in der Zukunft nicht als Ganzes erlebt werden, denn der Kunde der Zukunft ist ja heute noch nicht existent. Deshalb nimmt der "Transformator" auch Elemente aus dem "Verführer" auf, indem er vor allem zu Beginn des Emotionalisierungsprozesses mit Stimuli arbeitet, welche die Akteure intellektuell anregen. Damit dies möglich ist, müssen grosse Mengen an Daten über mögliche Trends, Zukunftsszenarios, Märkte und Kunden sowohl von internen wie auch von externen Quellen vorhanden sein. Durch die sorgefältige Auswertung und Verdichtung dieser Daten werden dann die relevanten Trends identifiziert und die potentiellen Kunden der Zukunft definiert. Auf Grund der abstrakten Eigenschaften sucht der Transformator anschliessend nach heute bestehenden Segmenten und Kundengruppierungen, welche zumindest Teile der definierten Zukunftswelt repräsentieren. In diese partiellen Kundenwelten werden die Akteure anschliessend für einen gewissen Zeitraum entsandt. Dadurch werden sie mittels realen Stimuli emotionalisiert. Anschliessend gilt es diese Gesamtheit der gefühlten Emotionen im Einzelnen zu reflektieren und nur die für die Zukunftswelt relevanten Teile zu extrahieren. Dieses Vorgehen wird beim Transformator in mehreren Iterationen wiederholt und mit verschiedenen virtuell imaginativen Emotionalisierungsmethoden ergänzt. Resultat des Prozesses ist, dass die Akteure am Ende selbst zum Kunden der Zukunft werden. Um die gewonnenen Erkenntnisse für die Ideengenerierung und Emotional Empathic Event 135 Informationsgewinnung nutzen zu können, müssen die involvierten Akteure immer wieder an verschiedenen Kreativitätssessions teilnehmen, um im emotionalisierten Zustand Ideen zu generieren. Der Transformator bildet die stärkste Form der Emotionalisierung und stellt besonders hohe Anforderungen an die beteiligten Mitarbeiter sowie die Projektleitung. Anforderungen an die Akteure Dadurch, dass Transformationsprozesse zu besonders tiefgreifenden Veränderungen der eigenen Persönlichkeitsstruktur führen können, ist die Selektion der entsprechenden Mitarbeiter noch entscheidender als bei den drei übrigen Typen. Die möglichen Kandidaten müssen sich bereits im Voraus im Klaren sein, dass die Teilnahme an einem solchen Prozess ihr berufliches wie auch privates Leben grundlegend verändern kann. Dazu müssen sowohl sie selbst als auch ihr Umfeld bereit sein. Die Teilnahme ist nur auf freiwilliger Basis zu gestalten. Unternehmenspolitische oder prestigegetriebene Beweggründe sind zu vermeiden. Weiter bedingt ein solcher Prozess eine grosse Offenheit der Beteiligten für neue Erfahrungen und Einsichten sowie eine hohe Lernbereitschaft für neue Methoden der Kreativität und Marktforschung. Um die Schnittstelle zum restlichen Unternehmen sicherzustellen, sollte darauf geachtet werden, dass die Akteure ausgeprägte Kommunikationskompetenzen aufweisen und gut im Unternehmen vernetzt sind (fachlich wie politisch). Dabei sollten sie noch nicht zu stark vom Unternehmen geprägt sein, da sonst die notwendige Flexibilität für Neues verloren geht. Anforderungen an die Projektleitung Transformationsprozesse müssen aufgrund ihrer möglichen Tragweite in jedem Fall durch das Top-Management unterstützt werden. Gleichzeitig ist die strategische Verankerung ein zentraler Erfolgsfaktor, um die gewonnen Erkenntnisse und Ideen in die bestehende Organisation zurückzuspielen. Neben den enormen Ressourcen welche dieser Typ der Emotionalisierung benötigt, ist durch das Top-Management ebenfalls sicherzustellen, dass involvierte Mitarbeiter nach dem Ende des Projektes das Unternehmen nicht verlassen. Der Transformationsprozess benötigt die intensivste Vorbereitungszeit aller vier Typen, was bei der Initiierung eines solchen Prozesses berücksichtigt werden muss. Weiter stellt die Projektleitung bei diesem Typus die wichtigste Schnittstelle zur restlichen Organisation dar. Die Akteure selbst agieren grundsätzlich losgelöst von den bestehenden Strukturen. 136 Auslöser der Emotionalisierung 6.6 Zusammenfassung Die Auswertung der gesammelten Fallstudieninformationen und der anschliessende Abgleich mit den erhobenen Daten aus der Filmindustrie zeigte, dass sich vier Grundtypen von Emotionalisierungsprozessen unterscheiden lassen. Aufgrund der Art der Emotionalisierung sowie der Anzahl der Stimuli mittels derer Personen emotionalisiert werden lassen sich der Verführer, der Durchdringer, der Schocker und der Transformator unterscheiden. Jeder dieser Typen stellt spezifische Anforderungen an die Projektleitung und die jeweiligen Innovations-Akteure. Basierend auf den jeweiligen Ausprägungen der in diesem Kapitel vorgestellten Typologien eignen sich diese als Hilfestellung bei der Auswahl und Definition von beabsichtigten Emotionalisierungsprozessen. Sie zeigen, welche Eigenschaften die zu selektionierenden Mitarbeiter aufweisen sollten und geben bis zu einem gewissen Grad auch die Struktur für den eigentlichen Emotionalisierungsprozess vor. Deshalb sollte bereits in der Vorbereitungsphase von Emotionalisierungsprozessen eine Entscheidung bezüglich der Emotionalisierungstypologie getroffen werden. Emotional Empathic Event 137 7 Gestaltungsmodell für Emotional Empathic Events Die bisherigen Erkenntnisse haben gezeigt, dass verschiedene Ansätze bestehen, wie F&E-Mitarbeiter in der Innovationsfrühphase emotionalisiert werden können. Im Zentrum aller hier beschriebenen Ansätze steht der Moment, in dem die verschiedenen Emotionen konkret ausgelöst werden. Moment deshalb, da es sich bei der eigentlichen Emotionalisierung um keinen Prozess handelt. Denn Emotionen entstehen in jenem Moment, in dem die entsprechenden Stimuli auf die relevanten Ziele, Standards und Einstellungen der einzelnen Mitarbeiter treffen. In Bezug auf den Fokus dieser Arbeit wird der Moment der Emotionalisierung im Folgenden als Emotional Empathic Event bezeichnet. "Emotional" weil es das Ziel ist möglichst gezielt Emotionen in den Mitarbeitern auszulösen; "Empathic" weil die gewünschten Emotionen nur dann aufkommen, wenn sich die Mitarbeiter komplett in den Kunden der Zukunft hineindenken und hineinversetzen können; und letztlich "Event", da diese Emotionalisierung als ein zeitlich klar begrenztes Ereignis stattfindet. Bis es jedoch zum entscheidenden Emotional Empathic Event kommt, bedarf es zwingend einer Reihe von weiteren Gestaltungsfaktoren und Prozessschritten. Nach der grundsätzlichen Entscheidung einen Emotional Empathic Event durchzuführen, muss sich das Top-Management, unter Berücksichtigung der Unternehmensstrategie und der zur Verfügung stehenden Ressourcen, auf einen bestimmten Emotionalisierungstypen festlegen. Die Teamzusammensetzung ergibt sich dann aufgrund der Anforderungen an die Effizienz- und die Effektivitätsziele des Prozesses sowie der getroffenen Typenwahl. Mit der Erstellung der emotionalen Zukunftswelt werden die festgelegten Emotionalisierungstypen operativ umgesetzt. Durch den gezielten Einsatz von auf den Prozess zugeschnittenen Kreativitätsmethoden sowie der anschliessenden Diffusion der generierten Ideen in das Unternehmen kann der Emotional Empathic Event seine Wirkung vollständig entfalten. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die Rahmenfaktoren Unternehmens-, Bereichs- und Innovationskultur, Technologiestrategie und Marktumfeld den Erfolg von Emotionalisierungsprozessen entscheidend beeinflussen können. Es zeigte sich, dass die Diffusion von Wissen über langfristige Markt- und Kundentrends zwischen den Marktforschungs- und F&E-Abteilungen durch den Einsatz von Emotional Empathic Events effizienter und effektiver gestaltet werden kann. Die Durchführung solcher Events bedingt jedoch eine sorgfältige Gestaltung des Prozessaufbaus sowie einer geführten und strukturierten operativen Durchführung. Die konkreten Schritte, die dazu notwendig sind, werden im folgenden Abschnitt ausführlich erläutert. 138 Gestaltungsmodell Prozess der Emotionalisierung Nach der Betrachtung der verschiedenen Gestaltungsfaktoren folgt nun eine Betrachtung des zeitlichen Ablaufs und somit des Prozesses, der zum Emotional Empathic Event führt. Die bisherigen Betrachtungen konzentrierten sich auf einzelne Prozesselemente im Sinne von Emotional-Empathic-Event-spezifischen Gestaltungsfaktoren. Wie die Analyse der erhobenen Fallstudien ergeben hat, sind diese Elemente immer in einen strukturierten Prozessablauf integriert, welcher mehrere Phasen und Prozessschritte umfasst. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die notwendigen Prozessphasen sowie deren zugehörigen Prozessschritte und bringen sie in eine zeitliche Abfolge. Basis für diese Überlegungen sind die theoretischen Grundlagen aus der Kundenintegrationsliteratur (Wecht, 2006) sowie die empirischen Daten, welche in dieser Arbeit erhoben wurden. Dies geschieht im Hinblick auf die anschliessenden Handlungs- und Gestaltungsempfehlungen. Für die Einordnung sowie die Ausgestaltung des Emotionalisierungsprozesses dient die allgemeine Innovations-, Kooperations- und Kreativitätsliteratur als Grundlage. Verschiedene Arbeiten in diesen Bereichen, beschäftigen sich mit der Analyse sowie der organisationalen Ausgestaltung von Prozessen. Aufgrund der starken Kundenorientierung, welche Emotionalisierungsprozesse aufweisen, orientiert sich diese Arbeit an den grundlegenden Phasen der Kundenintegration, welche durch Phasen aus der Kreativitätsforschung ergänzt werden. Während die übergeordneten Phasen der Kooperationsliteratur zur allgemeinen Prozessgliederung herbeigezogen werden können, sind die einzelnen Prozessschritte für Emotionalisierungsprozesse sehr spezifisch. Emotional Empathic Event 139 7.1 Phasen der Emotionalisierung In der Literatur existieren zahlreiche Phasenmodelle für Innovations- und Kooperationsprozesse (Wecht, 2006). Grundsätzlich lassen sich drei Phasen identifizieren, wie auch bereits zu Beginn dieser Arbeit ausgeführt wurde. Neben der Dimension der Zeit (frühe Innovationsphase, Entwicklungsphase und Lancierung am Markt) werden die Phasen auch aus einer auf die Handlung bezogenen Dimension betrachtet. Wecht (2006) spricht in diesem Zusammenhang von Gestaltungs-, Lenkungs- und Entwicklungsphase. Diese Phasen können wiederum in diverse Teilprozesse unterteilt werden, die sich jeweils an der vorherrschenden Organisationsund Projektstruktur ausrichten. Für den hier beschriebenen Prozess der Emotionalisierung mit dem Emotional Empathic Event als Kern bietet sich die Unterteilung in vier grundlegende Phasen an. Die ersten drei Phasen richten sich nach jenen des Kundenintegrationsprozesses und konnten in allen vier Fallstudien nachgewiesen werden. ¾ Initiierungsphase ¾ Vorbereitungsphase ¾ Umsetzungsphase (Realisierungsphase) In Bezug auf die Ideengenerierung mittels Emotionalisierungsprozessen bedingt es noch eines vierten Prozessschrittes, um die in den Schritten 1-3 erarbeiteten Resultate in die entsprechenden Abteilungen und Entscheidungsgremien zu transferieren (Kohli und Jaworski, 1990). ¾ Diffusionsphase Jede dieser vier Prozessphasen beinhaltet eine unterschiedliche Anzahl Teilprozesse, die für einen erfolgreichen Emotionalisierungsprozess konstituierend sind. Dennoch sind nicht alle Teilprozesse spezifisch für den Emotional Empathic Event, weshalb sie nachfolgend lediglich kurz beschrieben werden, aber keinen Einzug in das generische Gestaltungsmodell gefunden haben. Das in dieser Arbeit entwickelte Gestaltungsmodell folgt einem situativen Ansatz. Der situative Gestaltungsansatz geht davon aus, dass bei jeder Anwendung (Gestaltung) die individuellen Gegebenheiten und Erfordernisse berücksichtigt werden müssen. Rahmenbedingungen, Ziele, Inhalte und Vorgehen, müssen deshalb immer situativ festgelegt werden (Wojda, Herfort et al., 2006). Gestaltungsmodell Initiierung 140 Entscheidung zur Durchführung Fokus und Ergebniserwartung Auswahl Emotionalisierungstyp Diffusion Business Unit Vorbereitung Virtueller Kunde der Zukunft Methodenauswahl Emotionalisierter F&E Mitarbeiter Ideengenerierung Ideenselektion Diffusion Top Mgt Umsetzung Emotionalisierung Ziele Standards Einstellungen Identifikation / Transformation Stimulus Emotionale Zukunftswelt Emotionalisierungsprozess F&E Mitarbeiter Teamselektion Datensammlung Emotionale Zukunftswelt Auswahl Emotionalisierungstyp Strategische Entscheidung Teamselektion Ideenvertiefung Diffusion Emotionalisierung Diffusion Top Mgt Diffusion in BU Initiierung der Umsetzung Abbildung 23: Phasen der Emotionalisierung 7.1.1 Initiierungsphase Die erste Phase steht im Zeichen der Initiierung von Emotionalisierungsprozessen. Zumeist ausgehend von Einzelpersonen oder kleinen Gruppen entsteht die Idee oder Vision für ein Emotionalisierungsvorhaben. Diese Idee geht üblicherweise einher mit der Erkenntnis über die Notwendigkeit eines solchen Vorhabens. Über den Prozess der gemeinsamen Willensbildung wird aus dieser Vision ein erstes strategisches Konzept entwickelt, welches die Absicht zum Einsatz von Emotionalisierungsprozessen konkretisiert. Gleichzeitig werden erhoffte Ziele und Nutzen spezifiziert. Um der Idee den gewünschten Schub zu verleihen, ist es oft notwendig, geeignete Partner mit Entscheidungskompetenz zu gewinnen (Wojda, Herfort et al., 2006), es sein denn bei der kleinen Gruppe handle es sich bereits um konkrete Entscheidungsträger. Um die notwendige interne Unterstützung zu erhalten, ist oft ein nicht zu unterschätzender Aufwand zur Bewusstseinsbildung und zur Steigerung der Akzeptanz bei den beteiligten Interessensgruppen notwendig. Insbesondere im spezifischen Umfeld der technikgetriebenen F&E-Abteilungen ist mit Widerständen zu rechnen, wenn es darum geht, sich verstärkt durch Emotionen inspirieren und leiten zu lassen. Da bei Emotionalisierungsprozessen einerseits verschiedene Bereiche und Abteilungen Emotional Empathic Event 141 involviert sind, und andererseits in die Persönlichkeitsstruktur der beteiligten Mitarbeiter eingegriffen wird, ist es notwendig, bereits vorgängig erste Abschätzungen über Chancen und Risiken solcher Prozesse zu treffen. Diese ersten Abklärungen liefern Argumente, welche bei der Gewinnung der verschiedenen Interessensgruppen von Vorteil sein können. Aufgrund der im Fokus dieser Arbeit liegenden Entwicklung von Ideen, die sich an langfristigen Trends orientieren, ist eine konkrete Entscheidung für die Durchführung von Emotionalisierungsprozessen stets im Einklang mit der bestehenden Unternehmens- und Technologiestrategie zu fällen. Der Bezug zu vorhandenen Visionen und Strategien ist nicht nur wichtig für die Gewinnung der internen Interessensgruppen, sondern gibt auch den Rahmen vor, in welchem die Prozesse stattfinden. Zudem gibt die Ausrichtung an der Unternehmens- und Technologiestrategie eine Hilfestellung bei der Definition der Ergebniserwartungen und der Auswahl des dafür geeigneten Emotionalisierungstypen. Den Abschluss des ersten Schrittes bildet der konkrete Entscheid zur Durchführung von Emotionalisierungsprozessen, welche auf den allgemeinen Innovationsprozess abgestimmt sind. Dieser Entscheid sollte vom Top-Management und der Projektleitung gemeinsam gefällt werden. Der nächste Schritt stellt die Definition des konkreten Fokus sowie die Konkretisierung der Ergebniserwartungen dar. Ergebniserwartungen lassen sich grundsätzlich in Ergebnis-, Aufwands- und Zeitziele unterteilen (Wecht, 2006). In dieser Phase stehen die Ergebnis- und Zeitziele im Vordergrund, da der entsprechende Emotionalisierungstyp stark von diesen abhängig ist. Die definierten Ziele dienen gleichzeitig auch als Orientierungsgrösse für die Auswahl und Bewertung der involvierten Unternehmensbereiche und Mitarbeiter sowie den Massstab für die Bewertung des Prozesses am Projektende. Bezogen auf den Fokus des Emotionalisierungsprozesses gilt es festzulegen, auf welcher Ebene Ideen und Informationen generiert werden sollen. Handelt es sich um Ideen zu komplett neuen Produktkategorien, zu bestehenden Produktkategorien, zu einzelnen Produkten oder gar zu konkreten Produktfeatures. Die Ergebnisziele definieren die Form und den Konkretisierungsgrad der generierten Ideen. In Ergänzung dazu ergeben sich daraus diejenigen Unternehmensbereiche, die in den konkreten Emotionalisierungsprozess eingebunden werden müssen. Aufgrund der definierten Ziele sowie den strategischen Rahmenbedingungen gilt es im nächsten Schritt, einen der vier Emotionalisierungstypen (siehe Kapitel 6) zu wählen. Diese Entscheidung bedingt zwingend die Einbindung des Top-Managements, da sie 142 Gestaltungsmodell bestimmend ist für den gesamten weiteren Prozessverlauf und einen erheblichen Einfluss hat auf die benötigten Ressourcen. Nach der gemeinsamen Willensbildung, dem Entscheid, Emotionalisierungsprozesse durchzuführen, der übergeordneten Definition der Ergebniserwartung sowie der Auswahl des geeigneten Prozesstypen erfolgt im nächsten Prozessschritt die Auswahl und Selektion der beteiligten Bereiche sowie der einzelnen Innovations-Akteure. 7.1.2 Vorbereitungsphase Anschliessend an die Initiierungsphase gilt es für die Projektleitung die geeigneten Prozessteilnehmer zu identifizieren und für das initiierte Vorhaben zu gewinnen. Die Zusammensetzung der Akteure stellt einen zentralen Erfolgsfaktor für Emotionalisierungsprojekte dar (vgl. Kapitel 5.1). Potentielle Teilnehmer müssen sowohl intern als auch extern gesucht werden und unter Berücksichtigung der definierten Ergebnisziele sowie des gewählten Emotionalisierungstypen auf ihre Eignung überprüft werden. Dabei ist einerseits zu überprüfen, welchen Beitrag mögliche Teilnehmer zur Erfolgswahrscheinlichkeit der definierten Ziele leisten können, und andererseits deren Eignung aufgrund der notwendigen Persönlichkeitsmerkmale. Unter Berücksichtigung des gewählten Emotionalisierungstypen ist bereits in dieser Phase zu beachten, eine Strategie für die spätere Verwendung der Projektteilnehmer zu formulieren, um spätere Abgänge von Mitarbeitern zu verhindern. In Bezug mit den definierten Zielen steht auch die Auswahl der involvierten Bereiche und Abteilungen im Hinblick auf die spätere Diffusion der erarbeiteten Ergebnisse. Ebenfalls in die Phase der Vorbereitung einzuordnen ist das Zusammentragen der inund ausserhalb des Unternehmens vorhandenen Daten über die Trends und Märkte der Zukunft. Dieser Schritt kann parallel zur Teamselektion stattfinden. Aufgrund der strategischen Relevanz der hier beschriebenen Emotionalisierungsprozesse ist es zentral, dass die gesammelten Daten von hoher Qualität sind. Sie können von internen Abteilungen, aber auch von externen Institutionen stammen. Neben Informationen über die zukünftige Marktentwicklung sollten auch Technologietrends und allgemeine Informationen aus dem Bereich der Zukunftsforschung (Politik, Demographie, Umwelt etc.) berücksichtigt werden. Da die Informationsqualität ein zentraler Erfolgsfaktor für die Erstellung der jeweiligen emotionalen Zukunftswelten darstellt, muss die Erhebung und Auswertung in enger Abstimmung mit der Projektleitung und durch eine entsprechend qualifizierte Abteilung vorgenommen werden. Gerade in Grossunternehmen sind die relevanten Daten in verschiedensten Abteilungen Emotional Empathic Event 143 vorhanden, jedoch oftmals nur schwer aufzuspüren und zugänglich. Deshalb ist es wichtig, dass solche Prozesse durch das Top-Management entsprechend unterstützt werden. Der Datensammlung ist, je nach gewähltem Typ, genügend Raum zu geben, sowie die notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, um fehlende Informationen möglicherweise selbständig zu erheben. Nach Abschluss der Informationsbeschaffung sind die Daten durch die Projektleitung zu bewerten und auf ihre Vollständigkeit hin zu überprüfen. Ist die Datensammlung abgeschlossen, folgt die Auswertung und Verdichtung der Informationen zu Emotionalen Zukunftswelten. Diese sind auf die formulierten Strategien abzustimmen. Dieser Prozessschritt ist, neben der eigentlichen Emotionalisierung, der zentralste innerhallb des Emotionalisierungsprozesses. Die Qualität und Ausgestaltung der emotionalen Kundenwelt (vgl. Kapitel 5.2) ist erfolgsentscheidend für den späteren Ideengenerierungsprozess. Da der Kunde der Zukunft in der Regel nicht fassbar ist, wird er auf abstrakte emotionale Wunschzustände aggregiert, sprich auf die emotionale Kundenwelt. Dazu werden mittels Deduktion aus den vorhandenen Informationen verschiedene, das Unternehmen betreffende Szenarien erstellt. Diese Szenarien umfassen Themenfelder, Kundensegmente, Lebensformen, Farbkonzepte, Lebensstile, Bilder etc. Es ist darauf zu achten, dass die Szenarien von strategischer Relevanz sind, um die Verankerung im Top-Management sicherzustellen. Das blosse Generieren der abstrakten emotionalen Kundenwelten genügt jedoch nicht, um als Stimulus für den in der Umsetzungsphase folgenden Emotional Empathic Event zu dienen. Dazu müssen die generierten Szenarien und Konzepte "erlebbar" gemacht werden. Sei dies praktisch oder virtuell. "Erlebbar machen" bedeutet, dass die Akteure die abstrakten Zukunftswerte- und bedürfnisse nicht nur verstehen, sondern auch verinnerlichen, selber erfahren und fühlen können. Dabei ist darauf zu achten, dass die jeweiligen Welten möglichst überschneidungsfrei formuliert sind. Die Akteure werden sonst während der Emotionalisierung durch Interferenzen gestört und damit die Ergebnisse des Prozesses möglicherweise verzerrt. Das konkrete Erleben einer Zukunftswelt kann beispielsweise in Form von erlebbaren Räumen (Raumkonzepte), realen Erlebnissen oder starken virtuellen Stimulierungen erfolgen. Sind erste Konzepte für erlebbare Kundenwelten vorhanden, folgt die Auswahl geeigneter Methoden und Kreativitätstechniken. Diese müssen auf die jeweiligen Erlebniskonzepte abgestimmt sein sowie eine Ideengenerierung im Sinne der formulierten Ergebnisziele ermöglichen. In diesem Schritt muss auch entschieden werden, inwieweit externe Akteure bei der Umsetzung mit einbezogen werden sollen. 144 Gestaltungsmodell Sei dies als Prozesscoach oder bei der Implementierung der Erlebniskonzepte. Ebenfalls muss sich die Projektleitung Gedanken zu den dafür geeigneten Örtlichkeiten machen. Der Durchführungsort ist in Bezug auf die optimale Unterstützung bei der Emotionalisierung zu wählen, muss jedoch in Abhängigkeit der zugesprochenen Ressourcen geschehen. Am Ende der Vorbereitungsphase sind die relevanten Akteure bestimmt und selektiert, die emotionalen Zukunftswelten erstellt und in ein erlebbares Konzept übertragen. Die Örtlichkeiten und Methoden für die Umsetzung sind definiert. Diese Phase bedarf auf Grund der gesteigerten Erwartungshaltung einer erhöhten Aufmerksamkeit. Denn in dieser Phase werden die Grundlagen für die weitere Entwicklung von Emotionalisierungsprozessen erarbeitet. Je nach Typenwahl ist auf Grund der Komplexität bei der Erstellung von erlebbaren emotionalen Kundenwelten mit einem erheblichen Zeitaufwand zu rechnen. Dies gilt es bei der Planung zu berücksichtigen. 7.1.3 Umsetzungsphase In der Umsetzungsphase geschieht die eigentliche Emotionalisierung der Akteure sowie die Ideengenerierung und -vertiefung. Nachdem die Vorarbeiten abgeschlossen sind, beginnt die eigentliche Kernaktivität des Emotionalisierungsprozesses, deren Zentrum der Emotional Empathic Event darstellt. Abgestimmt auf den übergeordneten Innovationsprozess sowie den entsprechenden Emotionalisierungstypen und die beteiligten Akteure wird die Emotionalisierung mit anschliessender Ideengenerierung operativ umgesetzt. Vor dem eigentlichen Emotional Empathic Event ist es, je nach gewähltem Typ, sinnvoll, einen geeigneten Einstieg zu wählen. Dieser sollte hauptsächlich darauf ausgerichtet sein, die Teilnehmer aus ihrem Alltag zu lösen, das gemeinsame Kennenlernen zu ermöglichen und die Offenheit und das Vertrauen innerhalb der Gruppe zu stärken. Gleichzeitig kann durch ein gemeinsames Erlebnis (Spiel oder Event) das "Out of the Box"-Denken der Teilnehmer gefördert werden. Ebenso müssen im Rahmen des Einstiegs die Rahmenbedingungen sowie die Regeln erläutert und festgelegt werden. Ein solcher Einstieg entspricht dem State-of-the-Art bei der Durchführung von Kreativitätsprojekten oder Kreativitätsworkshops, weshalb er nicht als spezifische Phase im Gestaltungsmodell enthalten ist. Zudem ist der Einstieg nicht für alle Typen gleich relevant. Der Schocker beispielsweise ist weit weniger darauf angewiesen als der Verführer. Der eigentliche Kern des Emotionalisierungsprozesses bildet der einzelne Emotional Empathic Event, sprich der Moment der Emotionalisierung. Ein Emotionalisierungsprozess kann dabei durchaus mehrere solcher Momente beinhalten. Emotional Empathic Event 145 Die Emotionalisierung geschieht, wenn die Teilnehmer in die vorbereiteten emotionalen Zukunftswelten versetzt werden. Diese abstrakten Welten des Kunden der Zukunft dienen als Stimulus oder Impuls für die Teilnehmer, um sich mit diesen zu identifizieren. Eine Identifikation und letztlich emotionale Transformation zum Kunden der Zukunft erfolgt jedoch nur, wenn der Stimulus die bestehenden Ziele, Standards und Einstellungen der jeweiligen Akteure trifft. Es ist davon auszugehen, dass nicht jeder Teilnehmer die genau gleichen Emotionen entwickelt, da die persönlichen Merkmale bei jedem Teilnehmer verschieden sind. Durch die Identifikation und den anschliessenden Transformationsprozess werden die Teilnehmer "emotional aufgeladen" und dadurch ein Stück weit selbst zum Kunden der Zukunft. Dieser Zustand muss für den nachfolgenden Prozessschritt der Ideengenerierung zwingend aufrecht erhalten werden. Nachdem die Teilnehmer sich über ihre Emotionen bewusst geworden sind und sich in einem emotionalisierten Zustand befinden, folgt die Ideengenerierung mittels ausgesuchten Kreativitätsmethoden. In diesem Prozessschritt generieren die Teilnehmer entweder alleine oder in Kleingruppen Ideen. Dabei steht die Frage im Zentrum, wie die erlebten Emotionen durch entsprechende Produkte, Features oder Technologien hervorgerufen oder unterstützt werden können. Es ist wichtig, dass die Ideen festgehalten und wenn möglich direkt visualisiert werden. Dabei ist durch die Projektleitung sicherzustellen, dass die ausgewählten Methoden zu einer möglichst hohen Anzahl an Ideen führen. Diese Phase kann auch durch externe Moderatoren unterstützt werden. Nach der Ideengenerierung folgt die Ideenselektion durch das Vorstellen der Ideen vor der Gesamtgruppe. Dabei können Ideen noch weiter ergänzt oder vertieft und die Kompetenzen der ausgesuchten Akteure optimal genutzt werden. Anschliessend erfolgt ein mehrstufiges Priorisieren der Ideen durch die Akteure aufgrund der in der Vorbereitungsphase definierten Bewertungskriterien. Am Ende dieses Prozessschrittes ist die Grundlage für die Vertiefung der priorisierten Ideen geschaffen. Im Prozessschritt der Ideenvertiefung wird noch einmal speziell auf die Kompetenz der ausgewählten Akteure zurückgegriffen, indem die Ideen soweit vertieft und ergänzt werden, dass sie in die jeweiligen Ideenmanagementsysteme gelangen können. Dabei sollten die Ideen in einer Art und Weise festgehalten werden, dass sie als Entscheidungsgrundlage für die entsprechenden Gremien dienen können. Am Ende der Umsetzungsphase sollten die generierten Ideen soweit ausgearbeitet sein, dass sie einerseits dem involvierten Topmanagement vorgestellt und "verkauft", 146 Gestaltungsmodell und andererseits in die übrige Organisation hineingetragen werden können. Damit ist die Grundlage für die Diffusion der Ergebnisse geschaffen. 7.1.4 Diffusionsphase Das Generieren von Informationen über den Kunden der Zukunft, die Ausgestaltung und Vermittlung von emotionalen Zukunftswelten sowie das Generieren von Ideen reicht nicht aus, um Innovationen hervorzubringen. Denn die Kommunikation der Ergebnisse und Erkenntnisse in die relevanten Business Units und die entsprechenden Entscheidungsgremien ist Grundvoraussetzung für die spätere Umsetzung (Kohli und Jaworski, 1990; Sternberg, 1999). Die Sicherstellung der Diffusion der Ergebnisse ist noch höher zu gewichten, wenn es sich um Informationen handelt, welche ausserhalb der eigentlichen Standardprozesse generiert wurden, da sie sonst dem Not-InventedHere-Syndrom anheimfallen können. Da es sich bei den hier beschriebenen Emotionalisierungsprozessen immer um solche Prozesse handelt, die nicht dem Standard entsprechen und Informationen in einer Art und Weise aufbereiten, die für Aussenstehende schwer verständlich sind, kommt der Diffusionsphase eine besondere Bedeutung zu. Die Diffusion erfolgt dabei in zwei Prozessschritten und auf mehreren Ebenen. In einem ersten Prozessschritt der Diffusionsphase werden die ausgearbeiteten und vertieften Ideen dem für den Prozess verantwortlichen Top-Management vorgestellt. Die Art und Weise wie dies gemacht wird, hängt von den produzierten Ergebnissen ab. Die Ergebnispräsentation dient einerseits zur Überprüfung der im Vorfeld festgelegten Ziele durch das Top-Management und gleichzeitig, um dieses von den Ideen zu überzeugen und den notwendigen Support für die Implementierungsphase zu erhalten. Die Präsentation vor dem Management signalisiert den involvierten Akteuren, dass ihre geleistete Arbeit als wichtig erachtet wird, und das Management hat zusätzlich die Möglichkeit, gegebenenfalls noch offene Punkte direkt zu klären oder eigene Ergänzungen einzubringen. Neben dem Top-Management sollten zwingend auch die relevanten Schnittstellenpartner involviert sein, welche die operative Implementierung der Ideen letztendlich durchführen müssen. Die gemeinsame Diskussion mit den Ideengebern ermöglicht eine weitere Vertiefung und die anschliessende Selektion der Ideen für die Implementierung. Danach folgt die Diffusion der Ergebnisse und des Wissens über den zukünftigen Kunden in die restliche Organisation. Diese sollte durch eine entsprechende Kommunikationsstrategie sichergestellt werden und kann durch die Beteiligten geschehen, die wieder in ihre Stammfunktionen zurückkehren. Möglichkeiten sind Emotional Empathic Event 147 beispielsweise interne Roadshows, Informationsveranstaltungen, interne und externe Presseberichte oder der Einsatz von beteiligten Akteuren als Ambassadors. Speziell zu beachten gilt es, dass die Bereiche, welche die Ideen umsetzen, sehr viel stärker bearbeitet werden müssen, um ein möglicherweise auftretendes NIH zu verhindern. Sind die Ideen selektiert und die umsetzenden Unternehmensbereiche bestimmt, beginnt die operative Implementierung. Dabei gilt es, die verschiedenen Aspekte der Organisation, des Innovations-, Personal-und Finanzmanagements zu berücksichtigen. Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Innovationsfrühphase, weshalb die Implementierung hier nicht weiter vertieft wird. 7.2 Propositionen für ein ganzheitliches Konzept Der folgende Abschnitt befasst sich mit der Bildung von Propositionen zur Entwicklung eines ganzheitlichen Konzepts. Diese basieren auf den Fallstudiendaten sowie dem daraus abgeleiteten Gestaltungsmodell. Dabei wird nach den Empfehlungen von Eisenhardt (1989) und Yin (2009) vorgegangen, die aufzeigen, dass Theoriebildung nur dadurch geschehen kann, als dass die bestehenden Konstrukte vertieft und verbessert werden. Dies geschieht durch die Verfeinerung von bestehenden Definitionen und das Sammeln von konkreten Daten, welche durch Messung des Konstrukts in spezifischen Fällen entstehen. Die folgenden Propositionen basieren auf der vertieften Auseinandersetzung mit den vorhandenen Daten der daraus abgeleiteten Konstrukte sowie den gebildeten Modellen und deren Beziehungen untereinander. Dies führt zu Propositionen, die eine Theoriebildung erlauben in Bezug auf die Art und Weise, wie der Kunde der Zukunft mittels Emotionalisierungsprozessen in den Ideengenerierungsprozess der F&E-Abteilung integriert werden kann. 7.2.1 Gestaltungsfaktoren für Emotional Empathic Events Die vergleichende Fallstudienanalyse hat gezeigt, dass für die erfolgreiche Durchführung nicht nur die entsprechenden Prozessschritte durchlaufen werden müssen, sondern dass Emotional Empathic Events nur in einem dafür förderlichen Umfeld stattfinden können. Die relevanten Faktoren für ein solches Umfeld sind klassischerweise eine entsprechende Kultur sowie die damit verknüpfte Strategie (Chesbrough, 2003; Wecht, 2006). Der dritte Faktor, die Struktur, wird in Bezug auf Emotional Empathic Events nicht so stark gewichtet, wie das in der 148 Kundenintegrationsliteratur normalerweise der Fall ist. Denn Emotionalisierungstyp spielt sie eine stärkere oder schwächere Rolle. Gestaltungsmodell je nach Die Thesen und Aussagen beziehen sich auf die Analyse der spezifischen Fallstudienprojekte und haben keine Gültigkeit für Innovationsprojekte der untersuchten Firmen im Allgemeinen. Propositionen zu Kultur Die Organisations- oder Unternehmenskultur besteht aus der Gesamtheit aller in einem Unternehmen entstandenen und zu einem bestimmten Zeitpunkt wirksamen Wertvorstellungen, Verhaltensvorschriften und Einstellungen, sprich den wirksamen Werten und Normen (Vahs und Trautwein, 1999). Durch die kollektive Verankerung im Denken und Handeln aller Mitglieder einer Organisation bestimmt die Unternehmenskultur nach innen gerichtet das Verhalten und nach aussen hin die Art und Weise, wie das Unternehmen mit seiner Umwelt interagiert. Auch wenn in Bezug auf die Unternehmenskultur oft von einem einheitlichen "Phänomen" gesprochen wird, das im Sinne des Unternehmensgeistes das kollektive Handeln bestimmt (Vahs und Trautwein, 1999; Wecht, 2006), so bestehen in einem Unternehmen eine Reihe von Bereichs- oder Querschnittskulturen, welche in Wechselwirkung zur übergeordneten Unternehmenskultur stehen. Im Fokus dieser Arbeit stehen vor allem die Werte und Normen in Bezug auf Innovation, die sogenannte Innovationskultur. Vahs und Trautwein (1999) definieren in ihrem Beitrag Innovationskultur wie folgt: "Unter Innovationskultur sind alle Normen, Wertvorstellungen und Denkhaltungen zu verstehen, die das Verhalten der am Neuerungsprozess beteiligten Personen prägen." Da Innovationsprozesse üblicherweise nicht nur von einem einzigen Bereich, sondern in interdisziplinären Teams durchgeführt werden, ist es entscheidend, dass alle Beteiligten dieselbe Kultur verinnerlicht haben und diese auch leben. Ist das der Fall, kann eine Innovationskultur dabei helfen, die Strategien und Pläne für Neuentwicklungsprojekte einfacher und schneller zu implementieren (Pervaiz, 1998). Eine Innovationskultur kann demnach die Effektivität innerhalb des Innovationsprozesses steigern. Im Folgenden wird in Bezug auf Innovationskultur davon ausgegangen, dass es sich um eine in sich geschlossene Kultur handelt, welche die Grundeinstellung des gesamten Unternehmens bezüglich Kreativität, Innovation und Neuproduktentwicklung wiederspiegelt. Die erfolgreiche Durchführung eines Emotional Empathic Events, wie er in dieser Arbeit entwickelt und beschrieben wurde, bedingt eine Unternehmenskultur im Emotional Empathic Event 149 Allgemeinen und einer Innovationskultur im Speziellen, welche eine interdisziplinäre Zusammenarbeit erlaubt und fördert. Sie muss es zudem erlauben, externe Anreize als wünschenswert zu betrachten und diese in den internen Innovationsprozess mit ein zu beziehen. Nur wenn sowohl das Unternehmen selbst als auch die individuellen Mitarbeiter offen sind für externe Ideen, Anregungen und Bedürfnisse, kann ein Emotional Empathic Event dazu genutzt werden, zielgerichtete Ideen für Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln. Um eine solche Innovationskultur und Offenheit zu erreichen, bedarf es diversen Faktoren auf betrieblicher und individueller Ebene. Auf individueller Ebene sind dies Faktoren der individuellen Persönlichkeitsstruktur sowie der kognitiven Fähigkeiten und auf Unternehmensebene die notwendige Struktur sowie eine entsprechend innovationsfördernde Kultur (Pervaiz, 1998). Gerade die kulturellen Ausprägungen wie Vertrauen, Freiheit des Handelns und Risikobereitschaft oder Zukunftsorientierung werden besonders hervorgehoben. Ebenfalls nicht zu vernachlässigen ist die Vorbildfunktion des Managements bei der Bildung von Innovationskulturen. Gelingt es, eine gemeinsame Vision sowie eine klare Mission aufzubauen, können die Projektbeteiligten ihre Aktivitäten, selbst in Abwesenheit von Führungspersonen, in deren Sinne koordinieren. Um die benötigte Offenheit und Freiheit des Handelns zu gewährleisten, setzte Moonraker einerseits auf die strukturelle Komponente und andererseits die Teamzusammensetzung. Strukturell wurde dem Projektteam durch die komplette Loslösung aus den operativen Tätigkeiten sowie der Installation der Projektbasis in einem eigens dafür angemieteten Haus in Kalifornien der notwendige Freiraum geboten, um "Out-of-the-Box" zu denken. Diese Thinking-Out-of-the-BoxKomponente wurde auch bei der Zusammensetzung des Projektteams gezielt gesteuert, als man sich für einen Projektleiter entschied, welcher zuvor unter anderem bei einem Konkurrenzunternehmen tätig war. Er war also noch nicht so stark von der VWeigenen Kultur geprägt und deshalb eher bereit, Bestehendes zu hinterfragen. Eine zu starke kulturelle Prägung kann in solchen Projekten durchaus eine Gefahr darstellen, wenn zu wenig Bereitschaft besteht, die Dinge (auch gut Funktionierendes) zu hinterfragen und auf ihre Zukunftstauglichkeit hin zu überprüfen (Pervaiz, 1998). Die Vertrauenskomponente wurde in allen Fallbeispielen zu einem grossen Teil durch den jeweiligen Topmanagement-Support sichergestellt. Dadurch dass die Projekte und Prozesse jeweils zumindest durch Teile der Unternehmensführung initialisiert, gefördert und überwacht wurden, wurde den Teilnehmern signalisiert, dass ihre Tätigkeit ein entsprechendes Gewicht hat. Im Beispiel der Filmindustrie ist es der 150 Gestaltungsmodell jeweilige Regisseur, welcher die am Set vorherrschende Kultur massgeblich vorgibt. Die Schauspieler und Techniker, welche sich für ein entsprechendes Filmprojekt verpflichten, wissen deshalb bereits im Voraus, auf welche Arbeitsweise und Arbeitskultur sie sich einstellen müssen. Ein solches Vorwissen ist im betrieblichen Umfeld sehr viel schwieriger zu erreichen, da die Strukturen und Anstellungsverhältnisse oft komplexer und weniger projektorientiert sind. Speziell in interdisziplinären Teams und wenn Externe in den Innovationsprozess eingebunden werden, ist es wichtig, dass diese ernstgenommen und durch die unternehmenseigenen Teammitglieder akzeptiert werden. Die untersuchten Unternehmen stellten dies sicher durch eine vorgängig sorgfältig durchgeführte Auswahl sowie den klaren Support durch das Management. Dies wirkte auch als Signal gegenüber den übrigen Unternehmensbereichen. Die eigenen Untersuchungen sowie diverse wissenschaftliche Beiträge haben klar gezeigt, dass die Etablierung und nachhaltige Implementierung einer offenen Innovationskultur nur durch ein aktives Vorleben sowie den Einsatz normativer Instrumente möglich ist (Pervaiz, 1998; Wecht, 2006). Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für den Einsatz von Emotional Empathic Events ist deshalb die Etablierung einer offenen und vertrauensvollen Innovationskultur. P 1: Den Grundstein für die erfolgreiche Durchführung von Emotional Empathic Events, bildet eine durch das Top-Management vorgelebte, offene Innovationskultur, die den Mitarbeitenden dazu befähigt, den Kunden der Zukunft mittels emotionaler Empathie in den Ideengenerierungsprozess zu integrieren. Propositionen zur Strategie Wie bereits im Kapitel 5 gezeigt, ist die strategische Verankerung von Emotional Empathic Events zentral für deren Erfolg. Strategische Entscheidungen sind per Definition solche, die für das Überleben einer Organisation wichtig sind (MüllerStewens und Lechner, 2003). Überlebenswichtige Entscheidungen können dabei auf verschiedenen Ebenen gefällt werden. Die Ebene selbst hat dabei nur eine beschränkte Aussagekraft in Bezug auf die Relevanz der Entscheidung. Strukturell und hierarchisch betrachtet, unterscheidet man Unternehmensstrategien und Geschäftseinheitsstrategien (Müller-Stewens und Lechner, 2003). Diese beiden grundlegenden Ebenen werden zuweilen noch durch Strategien auf Bereichsebene oder durch Funktionsstrategien mit Querschnittcharakter ergänzt (Albers und Emotional Empathic Event 151 Gassmann, 2005). Bezogen auf die Unternehmens- und Geschäftseinheitsstrategie ist festzuhalten, dass die Unternehmensstrategie immer eine koordinierende und steuernde Wirkung auf die einzelnen Geschäftseinheitsstrategien haben sollte. Je nach Geschäftseinheit mit dem dazugehörigen Geschäftsfeld gibt es unterschiedliche strategische Ausprägungen, wie der Markt bearbeitet werden kann. Bezogen auf den Fokus dieser Arbeit steht vor allem die sogenannte Differenzierungsstrategie im Vordergrund. Diese sollte bereits auf der Ebene des Gesamtunternehmens definiert werden und den Geschäftseinheiten vorgeben, dass Initiativen unterstützt werden sollen, die dazu beitragen, Marktanteile durch markante Unterschiede in den für den Kunden relevanten Leistungs- und Nutzendimensionen zu gewinnen. Ausgehend von der Vorgabe, sich durch Veränderungen in den relevanten Nutzendimensionen von der Konkurrenz zu unterscheiden, müssen die dafür relevanten Suchfelder definiert werden. Diese wiederum dienen den Geschäftseinheiten und Funktionsbereichen als Ausgangspunkt für ihre Forschungsund Entwicklungsaktivitäten. Die Suchfelder helfen ebenfalls dabei die durch die Marktforschung gesammelten Informationen zu Szenarien und emotionalen Zukunftswelten zu kondensieren, die für das Unternehmen relevant sind. Der Grundsatz der Differenzierung sollte neben den Suchfeldern auch in den einzelnen Funktionsstrategien berücksichtig werden. Für die Funktionsstrategien zu Technologie und Innovation ist es wichtig, dass Differenzierung nicht nur auf den Einsatz neuer Technologien bezogen wird, sondern sich ebenso stark auf den Kundennutzen fokussiert. Eine Ausrichtung am Kundennutzen impliziert bis zu einem gewissen Grad die Öffnung der Innovationsprozesse im Sinne der Kundenintegration nach Wecht (2006). Weder eine Differenzierungsstrategie noch eine Öffnung des Innovationsprozesses bedeutet, dass alle Entwicklungstätigkeiten externe Experten integrieren oder sich nur am Kundennutzen ausrichten müssen. Grundsätzlich ist projekt- und situationsspezifisch zu entscheiden, welches die angemessenste Strategie ist, um die vorgegebenen Ziele zu erreichen. Eine erfolgreiche Umsetzung von Emotional Empathic Events bedingt eine Unternehmensstrategie, die Mehrwert durch Differenzierung schaffen will und eine Öffnung der betrieblichen Prozesse fördert. Zusätzlich benötigen solche Events auch eine Innovationsstrategie, die sich konsequent am erwarteten Kundennutzen ausrichtet und die betriebsinterne Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Geschäftsbereichen und Geschäftseinheiten fördert. Dies wirkt sich auf die im Unternehmen vorherrschende Kultur aus. Bei der Automobil AG waren die Events direkt in die konzernstrategische Initiative zur Integration der konzernweiten F&E-Aktivitäten 152 Gestaltungsmodell integriert. CeWe stellte mit der Mission "Wir müssen Geschichtenerzählen ermöglichen und vereinfachen" (CTO, 1997) den Kundennutzen explizit in den Vordergrund und verlieh dem Projekt durch die Initiierung im entsprechenden Gremium die notwendige strategische Relevanz. Die Initiierung des Projektes Moonraker fand durch den Vorstandsvorsitzenden persönlich statt und war somit direkt in den konzernstrategischen Initiativen verankert. P 2: Die explizite Verankerung in einer kundenorientierten, offenen und an der Konzernstrategie ausgerichteten Innovationsstrategie ist eine notwendige Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung von Emotional Empathic Events. P 3: Emotional Empathic Events müssen direkt durch das Top-Management initiiert oder diesem direkt unterstellt sein, um ihr gesamtes Potential entfalten zu können. Propositionen zu den Emotionalisierungstypen Basierend auf den grundsätzlichen Vorgaben der verschiedenen strategischen Komponenten sowie den daraus abgeleiteten Zielen und Ergebniserwartungen müssen die Entscheidungen für den adäquaten Emotionalisierungstypen getroffen werden. Kultur, Strategie und Ergebniserwartung sind die Grundlage für die Durchführung von Emotional Empathic Events. Sie geben jedoch noch nicht konkret vor, wie deren Ausgestaltung sein soll. Dazu benötigt es die Entscheidung bezüglich eines der vier Emotionalisierungstypen. Eine Entscheidung bedeutet nicht, dass nicht auch Teilaspekte der übrigen drei Typen eingesetzt werden können. Die Auswahl eines bestimmten Haupttypen ist jedoch bestimmend für die Ausführungen der weiteren Prozessschritte und die einzusetzenden Ressourcen. Zudem ist die Typenwahl richtungsweisend für die Suche und Selektion der Teammitglieder sowie die Konstruktion der emotionalen Zukunftswelten. Die Auswertung der Fallstudienbeispiele hat gezeigt, dass die Entscheidung für einen bestimmten Emotionalisierungstypen immer auch in Abhängigkeit der unternehmensinternen Fähigkeiten und Kernkompetenzen sowie dem jeweiligen Projektumfeld getroffen werden muss. Besonders im Hinblick auf die zeitliche Dimension von Emotional Empathic Events ist die Marktsituation sowie das Wettbewerbsumfeld von nicht zu unterschätzender Bedeutung. So wurde beispielsweise beim Projekt Moonraker Emotional Empathic Event 153 aufgrund des mangelnden Wissens über den amerikanischen Markt sowie der stark deutsch geprägten Kultur bewusst entschieden, ein Projekt im Sinne des Transformators zu lancieren. CeWe wiederum hat sich mit Blick auf die eigenen Kernfähigkeiten die starke Vernetzung mit externen Know-how-Trägern sowie aufgrund der intern vorhandenen Daten für den Typen des Durchdringers entschieden. Ebenfalls auf Grund der Ressourcen und vor allem weil die Resultate relativ zeitnah erzielt werden mussten, entschied man sich in der Filmindustrie oft für den Typen des Schockers. P 4: Der Emotionalisierungstyp ist für die spätere Teamselektion sowie die Ausarbeitung der Emotionalen Zukunftswelten zentral und gibt den Prozess der operativen Umsetzung weitgehend vor. Propositionen zur Teamselektion Nach dem Abgleich der Projektziele mit den übergeordneten Strategien, der Festlegung der Projektziele sowie der Auswahl des geeigneten Emotionalisierungstypen beginnt die Suche und Auswahl der geeignetsten Teammitglieder sowie der weiteren Akteure. Der ausgewählte Emotionalisierungstyp gibt dabei die grundsätzlichen Selektionskriterien für die Akteure vor. Dennoch ist jeweils fallspezifisch eine eigene Suchstrategie zu entwickeln, um sicherzustellen, dass diejenigen Mitarbeitenden identifiziert werden können, die für den Prozess am besten geeignet sind. Die Kriterien müssen nicht nur die Anforderungen berücksichtigen, die der Emotional Empathic Event an die Akteure stellt, sondern auch jene in Bezug auf die unterschiedlichen Rollen, welche die Akteure innerhalb des Teams einnehmen. Wie die Analyse der Fallstudien gezeigt hat, bedingt eine erfolgreiche Durchführung ein interdisziplinäres Team, das die benötigten Kompetenzen vereint, um die vorgegebenen Ziele zu erreichen. Kompetenzen beziehen sich dabei nicht nur auf das fachliche Know-how, sondern auch auf die sozialen Fähigkeiten, sich in ein Team einzubringen, sowie die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse anschliessend in die Funktionsbereiche hineinzutragen. Dabei ist zu beachten, dass interdisziplinäre Teams neben den anerkannten Vorteilen auch Nachteile aufweisen, die es von Anfang an zu berücksichtigen gilt. Neben persönlichen und geschäftlichen Zielkonflikten sind dies konfligierende Loyalitäten und soziale Identitäten sowie Ressourcenkonflikte (Holland, Gaston et al., 2000). Sowohl in der Suchphase wie auch in der Selektionsphase der Akteure müssen neben dem Konfliktpotential auch die Vorteile 154 Gestaltungsmodell der funktionalen und persönlichen Unterschiede von interdisziplinären Teams berücksichtigt werden. Speziell die Überwindung von Funktions- und Bereichsbarrieren ist ein zentrales Ziel von Emotional Empathic Events. Explizit zu beachten gilt es bei der Selektion der Akteure deshalb auch deren unternehmensinterne Vernetzung sowie die Fähigkeit, die Ergebnisse anschliessend im restlichen Unternehmen zu verbreiten. Dies gilt vor allem in Bezug auf die Schnittstelle zwischen den F&E-Abteilungen und jenen des Marketings (Souder, 1988). Bei CeWe erfolgte die Auswahl und Selektion der Akteure vor allem im Hinblick auf die spätere Umsetzung der Ergebnisse. So wurden neben den involvierten Abteilungen auch die für die Umsetzung verantwortlichen Mitarbeitenden integriert. In der Filmindustrie werden die interdisziplinären Teams vor allem auf Grund ihrer fachlichen Fähigkeiten ausgesucht, um sicherzustellen, dass die Vorgaben des Regisseurs bestmöglich umgesetzt werden können. P 5: Je gezielter die Akteure in Bezug auf den jeweiligen Emotionalisierungstypen und ihre vorgesehene Rolle ausgewählt werden, desto höher ist die Erfolgswahrscheinlichkeit von Emotional Empathic Events. Propositionen zu Emotionalen Zukunftswelten Die Schnittstelle zwischen F&E-Einheiten und dem Marketing gilt schon seit mehreren Jahrzehnten als entscheidender Erfolgsfaktor für die Entwicklung von neuen Produkten und Dienstleistungen (Souder, 1988; Brockhoff, 1989; O'Connor, 1998; Holland, Gaston et al., 2000). Während sich unzählige wissenschaftliche Beiträge damit auseinandersetzen, wie Informationen über den Markt gewinnbringend in den Innovationsprozess einbezogen werden können, geschieht dies in der Praxis mehrheitlich noch immer über den Abgleich zwischen Lasten- und Pflichtenheft. Ansätze, den beschriebenen Graben zu überwinden, sind interdisziplinäre Teams und Entscheidungsgremien , interdisziplinäre Personen (Rice, Kelly et al., 2001) sowie diverse Methoden der Kundenintegration. Einer der Hauptvorteile, welcher in der Berücksichtigung von Marktinformationen bereits in der frühen Innovationsphase gesehen wird, ist die Steigerung der Effizienz, aber auch der Effektivität des gesamten Innovationsprozesses. Wie die erhobenen Fallstudien eindrücklich zeigen, ist es heute nicht mehr ausreichend nur die bekannten Methoden und Instrumente einzusetzen. Es braucht neue Ansätze, welche über die bekannte interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Markforschung, F&E und Marketing hinausgehen. Vor allem dann, wenn Emotional Empathic Event 155 auch in Zukunft auf den Markt ausgerichtete Ideen generiert werden sollen. Treiber für die Notwendigkeit von neuen Ansätzen ist unter anderem die steigende Bedeutung von Emotionen. Dass Emotionen bei der Produktnutzung und -kauf eine wichtige Rolle spielen, ist im Marketing und Design weitgehend bekannt und auch erforscht. Was jedoch bisher sowohl in der Wissenschaft wie auch in der Praxis weitgehend unbeachtet blieb, ist welche Rolle Emotionen in F&E-Prozessen zur Entstehung radikaler Produktideen spielen. Die tiefgehende Fallstudienanalyse hat gezeigt, dass die Unternehmen mittels verschiedenen Ansätzen versuchen, den Kunden der Zukunft in den Entwicklungsprozess einzubinden. Diese Ansätze sind unter dem Konstrukt "Emotionale Zukunftswelten" zusammengefasst. Der Kunde wurde nicht wie in klassischen Kundenintegrationsprozessen direkt befragt, sondern über seine emotionalen Zustände abgebildet. Emotionale Zustände sind deshalb sinnvoll, da in Bezug auf radikale Innovationen der Kunde entweder noch nicht bekannt ist oder noch gar nicht existiert. Obschon Emotionen an sich nur von sehr kurzer Dauer sind, so bestimmen sie bereits seit jeher das menschliche Handeln und das gesellschaftliche Zusammenleben. Emotionen sind in ihren Merkmalen grundsätzlich universell gleich (Frijda, 1986). Die Situationen, in welchen Emotionen auftreten, sind jedoch ein weitgehend kulturell geprägtes und individuelles Phänomen. Aufgrund ihrer dauerhaften Existenz eignen sich Emotionen gut, um einen heute noch nicht existierenden Kunden abzubilden. Denn es ist davon auszugehen, dass sich heute existierende Emotionen auch in Zukunft in derselben Art und Weise manifestieren werden. In den Fallstudien wurden heute existierende Informationen über latente Bedürfnisse sowie kulturelle, ökonomische, soziale und technische Entwicklungen so verarbeitet, dass sie Situationen wiedergeben, in denen ein bestimmtes Subjekt klar definierte Emotionen erleben möchte. Solche Situationen werden in dieser Arbeit als Emotionale Zukunftswelten bezeichnet. Die Erstellung Emotionaler Zukunftswelten geschieht dabei mittels Deduktion, wobei aus den verschiedenen Informationen über die Zukunft (Trendstudien, Extrapolationen, Technologieroadmaps und Megatrends) verschiedene Szenarien erstellt werden. Diese wiederum werden in Verbindung mit Bedürfnisstrukturen zu bestimmten Themenfeldern, Kundensegmenten, Lebensformen, Farbkonzepten oder Anforderungen verdichtet. Anschliessend werden Emotionen abgeleitet, welche in diesen Situationen grundsätzlich als wünschenswert wahrgenommen werden. Abschliessend werden für die Teilnehmer real erlebbare Situationen geschaffen, in denen die zuvor definierten Emotionen ausgelöst werden. Somit werden die 156 Gestaltungsmodell emotionalisierten Akteure selbst zum Kunden der Zukunft. Der Kunde der Zukunft gelangt in die Köpfe der F&E Mitarbeitenden. Die konkrete Umsetzung und Gestaltung der hier beschriebenen Emotionalen Zukunftswelten benötigt, je nach Emotionalisierungstyp, einen unterschiedlichen Aufwand und gegebenenfalls auch das Beiziehen von externen Experten (bspw. Dekorateure, Designer, Architekten, Soziologen etc.). Die Konstruktionsphase der Emotionalen Zukunftswelten ist entscheidend für den Erfolg des eigentlichen Emotional Empathic Events. Deshalb ist dieser Phase innerhalb des Gesamtprozesses auch die entsprechende Priorität und, je nach Emotionalisierungstyp, der entsprechende zeitliche Rahmen einzuräumen. P 6: Nur wenn die den Bedürfnissen zugrunde liegenden Emotionen identifiziert und verstanden werden, können Emotionale Zukunftswelten erfolgreich konstruiert werden. Je gezielter und tiefgreifender Emotionale Zukunftswelten konstruiert sind, desto erfolgreicher ist die Emotionalisierung der Akteure. Propositionen zur Emotionalisierung Das aus der Literatur abgeleitete Referenzmodell zeigt, dass Emotionen nur dann entstehen, wenn ein bestimmter Stimulus relevant ist in Bezug auf die Ziele, Standards und Einstellungen der beteiligten Akteure. Der Moment, in dem der Abgleich und die Identifikation zwischen dem Stimulus und den Zielen, Standards und Einstellungen stattfindet, ist der Kern der hier beschriebenen Methodik, der sogenannte Emotional Empathic Event. Den Stimulus stellen die Emotionalen Zukunftswelten dar. Die individuellen Ziele, Standards und Einstellungen repräsentieren sowohl die persönliche Prägung der Mitarbeiter, werden aber gleichzeitig stark durch das Arbeitsumfeld beeinflusst. So übt die Unternehmens- und Bereichskultur einen erheblichen Einfluss darauf aus, was die Mitarbeiter betrieblich als wünschenswert oder gut empfinden und was nicht. Dies muss bereits bei der Erstellung der Emotionalen Zukunftswelten berücksichtigt werden, um später den richtigen Stimulus einsetzen zu können. Während es sehr schwierig ist, genaue Angaben zu den persönlichen Einstellungen von Mitarbeitenden zu machen, ist das Identifizieren von vorherrschenden Unternehmens- und Bereichskulturen gut möglich. Voraussetzung ist eine entsprechende informelle Vernetzung innerhalb des Unternehmens, so dass auch nicht explizierte, aber gelebte Subkulturen identifiziert werden können. Gelingt dies, kann der Emotional Empathic Event gezielt initiiert werden. Die Akteure können sich Emotional Empathic Event 157 mit dem Stimulus identifizieren, Emotionen werden ausgelöst und real erlebt. Auf individueller Ebene werden die F&E Mitarbeitenden durch die Berührung mit dem abstrakten Kunden der Zukunft zu "Emotionalisierten F&E Mitarbeitenden". Findet diese Transformation nicht statt, so sind die nachfolgenden Phasen sehr viel weniger zielgerichtet und nicht in der Lage, den gewünschten Mehrwert zu liefern. P 7: Die Erfolgswahrscheinlichkeit von Emotional Empathic Events ist höher, wenn die Emotionale Zukunftswelt sowohl für die individuellen als auch die unternehmerischen Ziele, Standards und Einstellungen relevant ist. Für die auf den Kunden der Zukunft ausgerichteten Ideengenerierungsprozesse ist die Emotionalisierung von zentraler Bedeutung und bestimmt massgeblich den Erfolg der nachfolgenden Prozessschritte. Im Gegensatz zu den eher praktisch erlebbaren Zukunftswelten, wie sie bei den Typen Schocker und Transformator eingesetzt werden, ist das Wissen über die zentralen Ziele und Einstellungen beim Verführer und Durchdringer sehr viel wichtiger. Dies, da die Zukunftswelten künstlich und auf abstrakte Art und Weise erstellt werden müssen. So ist es beispielsweise einfacher, Akteure auf ein Pferd zu setzen und zu sagen, sie mögen sich jetzt als Reiter fühlen, als diese Emotionen durch abstrakte und künstlich geschaffene Raum- und Farbkonzepte auszulösen. P 8: Die Qualität der generierten Ideen hängt massgeblich von der Transformation vom F&E-Mitarbeitenden zum "Emotionalisierten F&E-Mitarbeitenden" ab. Nur wenn sich die Akteure mit den Emotionalen Zukunftswelten identifizieren können, findet eine Transformation statt. Propositionen zur Diffusion Emotionalisierung und Ideengenerierung alleine sind nicht ausreichend für das Hervorbringen von neuen Produkten oder Dienstleistungen. Denn zumeist sind die Ideenteams nicht gleichzeitig auch die Umsetzungsteams. Die in der Umsetzungsphase generierten und vertieft ausgearbeiteten Ideen müssen anschliessend in den dafür verantwortlichen Bereichen umgesetzt und zur Marktreife gebracht werden. Damit die Realisierung von Ideen stattfinden kann, benötigt es klare Verantwortlichkeiten sowie die notwendigen Ressourcen. Diese können im Unternehmenskontext üblicherweise nicht durch die Ideenteams selbst zugeteilt werden. Die Diffusion der erarbeiteten 158 Gestaltungsmodell Ergebnisse ist deshalb bereits in den vorangehenden Phasen entsprechend vorzubereiten. Die Analyse der Fallstudien sowie der einschlägigen Literatur hat gezeigt, dass die Diffusion in zweierlei Hinsicht von Bedeutung ist. Einerseits müssen die Ergebnisse den relevanten Entscheidungsgremien, und andererseits den letztendlich umsetzenden Unternehmensbereichen präsentiert werden. Neben den Ergebnissen müssen aber auch die marktrelevanten Informationen über den Kunden der Zukunft in das restliche Unternehmen diffundieren (Jaworski und Kohli, 2001). Die Präsentation vor den relevanten Entscheidungsgremien kann dabei auf unterschiedliche Art und Weise stattfinden. Sie sollte jedoch nicht über die üblichen Ideenmanagementsysteme geschehen. Auf Grund der Radikalität und der strategischen Bedeutung der hier beschriebenen Prozesse sollte die Vorstellung persönlich und durch die Prozessbeteiligten selbst vorgenommen werden. Zusätzlich kann eine Eingabe der Ideen in ein bestehendes Ideenmanagementsystem stattfinden. Die Art und Weise, wie die Ideen anschliessend an den Ideenmanagementprozess verbreitet und kommuniziert werden sollen, ist bereits in der Initiierungsphase festzulegen. Damit wird es dem Projektteam ermöglicht, den gesamten Prozess entsprechend auf diese Ziele auszurichten. Bei den Präsentationen sollte, wenn nicht bereits aufgrund der Gremienzusammensetzung vorgegeben, zwingend das Top-Management integriert werden. Die Diffusion der Ergebnisse und des Wissens über den Kunden der Zukunft und dessen Emotionale Welten in die einzelnen Geschäftseinheiten und Geschäftsbereiche sollte durch die jeweiligen Projektbeteiligten stattfinden. P 9: Die Diffusion der Ergebnisse aus dem Emotional Empathic Event Prozess muss in zweierlei Hinsicht geschehen. Einerseits zu den Entscheidungsgremien und andererseits in die für die Umsetzung zuständigen Geschäftseinheiten. Eine erfolgreiche Diffusion erfordert in beiden Fällen eine persönliche Kommunikation als Hauptelement. Weitere Kommunikationsmittel müssen ergänzend hinzugezogen werden. Emotional Empathic Event 159 7.2.2 Zusammenfassung Das Kapitel 7 beinhaltet das Herleiten eines konkreten Gestaltungsmodells auf Grund der zuvor durchgeführten vergleichenden Fallstudienanalyse. Dabei werden vier konstituierende Phasen identifiziert, die für die Durchführung von Emotional Empathic Events durchlaufen werden müssen. Die Phasen wiederum sind gegliedert in verschiedene Prozessschritte von denen Einzelne allgemein bekannt sind, jedoch spezifisch für den hier beschriebenen Ansatz adaptiert werden müssen. Die zu adaptierenden Prozessschritte, sind somit Emotional-Empathic-Event-spezifisch und finden deshalb Einzug in das entwickelte Gestaltungsmodell. Basierend auf der Verfeinerung der im Gestaltungsmodell entwickelten Konstrukte werden verschiedene Propositionen entwickelt, die der Theoriebildung zu Emotionalisierungsprozessen dienen. Tabelle 4. fasst die entwickelten Propositionen noch einmal zusammen. 160 Gestaltungsmodell Tabelle 5: Determinanten und Propositionen Gestaltungsfaktoren No. Propositionen P1. Den Grundstein für die erfolgreiche Durchführung von Emotional Empathic Events bildet eine durch das Top-Management vorgelebte, offene Innovationskultur, die den Mitarbeitenden dazu befähigt, den Kunden der Zukunft mittels emotionaler Empathie in den Ideengenerierungsprozess zu integrieren. P2. Die explizite Verankerung in einer kundenorientierten, offenen und an der Konzernstrategie ausgerichteten Innovationsstrategie ist eine notwendige Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung von Emotional Empathic Events. P3. Emotional Empathic Events müssen direkt durch das Top-Management initiiert oder diesem direkt unterstellt sein, um ihr gesamtes Potential entfalten zu können. P4. Der Emotionalisierungstyp ist für die spätere Teamselektion sowie die Ausarbeitung der Emotionalen Zukunftswelten zentral und gibt den Prozess der operativen Umsetzung weitgehend vor. P5. Je gezielter die Akteure in Bezug auf den jeweiligen Emotionalisierungstypen und ihre vorgesehene Rolle ausgewählt werden, desto höher ist die Erfolgswahrscheinlichkeit von Emotional Empathic Events. P6. Nur wenn die den Bedürfnissen zugrunde liegenden Emotionen identifiziert und verstanden werden, können Emotionale Zukunftswelten erfolgreich konstruiert werden. Je gezielter und tiefgreifender Emotionale Zukunftswelten konstruiert werden, desto erfolgreicher ist die Emotionalisierung der Akteure P7. Die Erfolgswahrscheinlichkeit von Emotional Empathic Events ist höher, wenn die Emotionale Zukunftswelt sowohl für die individuellen als auch die unternehmerischen Ziele, Standards und Einstellungen relevant ist. P8. Die Qualität der generierten Ideen hängt massgeblich von der Transformation vom F&E-Mitarbeitenden zum "Emotionalisierten F&E Mitarbeitenden" ab. Nur wenn sich die Akteure mit den Emotionalen Zukunftswelten identifizieren können, findet eine Transformation statt. P9. Die Diffusion der Ergebnisse aus dem Emotional Empathic Event-Prozess muss in zweierlei Hinsicht geschehen. Einerseits zu den Entscheidungsgremien, und andererseits in die für die Umsetzung zuständigen Geschäftseinheiten. Eine erfolgreiche Diffusion erfordert in beiden Fällen eine persönliche Kommunikation als Hauptelement. Weitere Kommunikationsmittel müssen ergänzend hinzugezogen werden. Kultur Strategie Emotionalisierungstypen Teamselektion Emotionale Zukunftswelten Emotionalisierung Diffusion Emotional Empathic Event 161 8 Implikationen 8.1 Implikationen für die Management Theorie Der Beitrag dieser Arbeit zur bestehenden Management Theorie erfolgt in zweifacher Hinsicht. Der Hauptteil besteht darin, die identifizierte wissenschaftliche Lücke zu schliessen. Basierend auf den daraus gewonnenen Erkenntnissen werden neue Fragen aufgeworfen, die es in zukünftigen Forschungsvorhaben zu untersuchen gilt. Konkret liefert diese Arbeit einen theoretischen Beitrag im Bereich des Innovationsmanagements und dem Management von radikalen Produktinnovationen im Speziellen. Sie umfasst die folgenden Themengebiete: Crossvergente Innovationskultur Die vieler Orts beschriebenen unterschiedlichen Kulturen und Denkweisen von Marketing und F&E-Abteilungen haben dazu geführt, dass die Schnittestelle zwischen diesen beiden Unternehmensbereichen eine erhöhte Aufmerksamkeit erfahren hat. Die bis anhin verwendeten Ansätze liegen dabei mehrheitlich auf den beiden Extrempositionen des Kontinuums zwischen Divergenz und Konvergenz. Vertreter, welche vor allem die Divergenz ins Zentrum stellen, argumentieren, dass die unterschiedlichen Denkweisen und Kulturen zentral sind für die Entwicklung von Innovationen. Speziell im Bezug auf die F&E zeigt sich, dass der Ingenieursperspektive und Technologieorientierung eine zentrale Bedeutung zugeschrieben wird. Die Schnittstelle zwischen Marketing und F&E wird folglich nur durch sporadische Berührungspunkte sichergestellt, an denen formal über bestimmte Kriterien, Anforderungen und Ziele verhandelt wird. Bekanntestes Beispiel dafür ist der Prozess zur Definition des Pflichtenheftes. Konvergenz auf der anderen Seite würde bedeuten, dass innerhalb eines Unternehmens entweder die eine oder andere Perspektive dominant ist. Also eine typischerweise entweder markt- oder technologiegetriebene Kultur. Die Ergebnisse der vorliegenden Forschungsarbeit zeigen nun jedoch auf, dass es durch den gezielten Einsatz von Emotionalisierungsprozessen, sprich Emotional Empathic Events, gelingt, zumindest punktuell eine Innovationskultur zu etablieren, welche zwischen diesen beiden Extrempositionen liegt. Je nach Dauer und Intensität des Einsatzes von Emotionalisierungsprozessen entwickelt sich eine Innovationskultur, welche nicht nur punktuell die Marketingperspektive einnimmt oder akzeptiert. Speziell beim Typ "Transformator" hat sich gezeigt, dass sich durch die Emotionalisierung auf einer 162 Implikationen individuellen Ebene beide Perspektiven synergetisch verbinden. Dadurch entsteht eine einzigartige Kultur, welche sich von den radikalen Grundsätzen der beiden Ursprungsperspektiven grundlegend unterscheidet. Dieser Zustand kann auf individueller Ebene auch noch Jahre nach dem eigentlichen Emotional Empathic Event anhalten. Das Phänomen einer crossvergenten Innovationskultur erweitert die bisherigen Betrachtungsperspektiven und leistet somit einen Beitrag zur Entwicklung dieses Forschungsfeldes. Kundenintegration in radikale Innovationsprojekte Die Integration von Kunden in den Innovationsprozess wird seit den 70er Jahren als Instrument beschrieben, um Produktinnovationen schneller und gezielter umzusetzen. Dabei wird der Kunde auch als wichtiger Ideengeber beschrieben, der im Sinne eines Lead-Users sowohl allgemeine Trends früh erkennt, und andererseits bereits eine eigene Lösung oder Lösungsidee dazu entwickelt hat. Eine Integration von Kunden wird vor allem dann als sinnvoll erachtet, wenn es sich um die Weiterentwicklung von bestehenden Produkten handelt oder neue Produkte möglichst zeitnah entwickelt werden sollen. Die Kundenintegration ist daher charakteristisch für den Bereich inkrementeller Innovationen sowie für Märkte, die durch eine hohe Innovationsgeschwindigkeit gekennzeichnet sind. In Bezug auf radikale Innovationen und damit langfristige Produktentwicklungsprozesse wurde der Einbezug von Kunden bisher als nicht sinnvoll erachtet. Ein Hauptgrund dafür ist, dass der Kunde von radikalen Produktentwicklungsprojekten oft noch gar nicht existiert, da die Umsetzung der entwickelten Ideen Jahre bis Jahrzehnte in Anspruch nehmen kann. Ein weiterer Grund ist die starke Technologieorientierung, die solche Projekte aufweisen. Radikale Ideen stammen bisher üblicherweise aus den Forschungsabteilungen der Unternehmen und sind dermassen stark technologiegetrieben, dass Märkte erst im Nachhinein identifiziert und entwickelt werden können und müssen. Eine zu stark technologiegetriebene Entwicklung birgt jedoch unternehmerische Risiken, da grosse Mengen an Ressourcen und Kapital über eine lange Zeitspanne gebunden werden und der Erfolg ungewiss ist. Die relevante Literatur zeigt auf, dass Ergebnisse aus den verschiedenen Marktforschungsbereichen und -einheiten stärker berücksichtigt und in den Entwicklungsprozess mit einbezogen werden müssen, um diese Risiken zu minimieren. Stark ausgeprägte Kulturunterschiede zwischen Marktforschung und der F&E behindern jedoch bis heute den reibungslosen Transfer von Marktforschungsergebnissen in die frühe Innovationsphase radikaler F&E-Projekte. Emotional Empathic Event 163 Die Dissemination von Marktinformationen in F&E-Abteilungen fand deshalb eine besondere Beachtung in dieser Arbeit. Unter anderem war es ein Ziel dieser Arbeit, einen Lösungsansatz zu finden, wie dieser Prozess zielgerichtet und effizient durchgeführt werden kann. Dabei wurde eine Methode entwickelt, welche über die bekannten Lösungsansätze der bestehenden Literatur hinausgeht. Um den bekannten Graben zwischen Marktforschungseinheiten und der F&E zu überbrücken oder zu schliessen, finden sich in der einschlägigen Literatur mehrheitlich Ansätze zu interdisziplinären Teams oder interdisziplinären Personen (Rice, Kelly et al., 2001). Dadurch soll eine Übersetzungsleistung zwischen den beiden unterschiedlichen Disziplinen gewährleistet werden. Interdisziplinäre Entscheidungsgremien sollen gewährleisten, dass die Ideen bei ihrer Selektion aus verschiedenen Perspektiven beurteilt werden. Interdisziplinäre Personen dienen als Verbindung und Vermittler zwischen den beiden Welten. Was bisher jedoch nur wenig berücksichtigt wurde, sind Ansätze, wie die mehrheitlich technologiegetriebenen F&EMitarbeiter direkt in Kontakt mit zukünftigen Kunden kommen können. Die Literatur bietet hierzu nur beschränkte Lösungsansätze im Kontext radikaler Produktinnovationen. Durch die Übertragung des Konzeptes der Emotionen aus Psychologie, Marketing und Design konnte aufgezeigt werden, dass Emotionen ein passendes Instrument darstellen, um den zukünftigen Kunden direkt in die F&E zu integrieren. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen auf, wie die Phasen der Suche, Verbreitung und Verarbeitung von Informationen über den zukünftigen Kunden miteinander verbunden werden können, um eine gezielte Initiierung von radikalen Produktinnnovationen zu gewährleisten. Die existierende Literatur und Forschung im Bereich der Kundenintegration fokussiert sich vor allem auf die Identifikation von möglichen Kunden und die Bewertung des Mehrwerts, den diese Kunden innerhalb des Produktentwicklungsprozesses liefern können. Dabei werden die zu integrierenden Kunden in verschiedene Typen unterteilt, denen innerhalb des Innovationsprozesses verschiedene Rollen zugeteilt sind (Sandmeier, 2006; Wecht, 2006). Diese Arbeit liefert einen Beitrag im Bereich der Kundenintegration, indem die entwickelte Methode eine abstrakte Integration des Kunden auch in die frühe Innovationsphase radikaler Produktentwicklungsprozesse ermöglicht. Dies ist kontraintuitiv, da bisherige Forschungsergebnisse eine Kundenintegration in solche Prozesse verneinen. 164 Implikationen Gestaltungsmodell für die Emotionalisierung von F&E-Mitarbeitern Als Ansatz für die Dissemination von Marktforschungsergebnissen in die F&E wurde das Konzept der Emotionalisierung aus dem Bereich des Marketing und Designs identifiziert und in den Neuproduktentwicklungsprozess übertragen. Dabei dienen emotionale Zustände als abstraktes Abbild des zukünftigen Kunden. Emotionale Zustände haben sich als geeignetes Konzept erwiesen, da sie einerseits sehr beständig sind und andererseits sehr vielseitig eingesetzt werden können. Obwohl im Einzelfall immer nur von kurzer Dauer, sind Emotionen und deren Ausprägungen seit Bestehen der Menschheit relativ konstant. Es kann daher angenommen werden, dass sich beispielsweise die Emotion Angst auch noch in fünfzig Jahren anfühlt und äussert, wie sie es heute tut. Einschränkungen für deren Einsatz geben Emotionen keine vor, da sie nichts über die Art und Weise aussagen, wie sie hervorgerufen werden. Dies kann durch rein technologische Aspekte geschehen, durch Designaspekte oder durch eine entsprechende Kommunikation. Somit wird keiner der am Prozess beteiligten Parteien die Brille der anderen aufgezwungen. Der Ansatz der Emotionalisierung bietet neue Einblicke in die Art und Weise, wie Kunden in radikale Innovationsprojekte eingebunden werden können, um dadurch die Effizienz und Effektivität zu steigern. Die Adaption der Produktemotionalisierung auf den Produktentwicklungsprozess ermöglichte die Entwicklung eines konkreten Gestaltungsmodells, des sogenannten Emotional Empathic Events. Das Modell des Emotional Empathic Events zeigt konkret auf, wie Marktforschungsergebnisse aufbereitet werden müssen, um erfolgreich in die Frühphase von Innovationen eingebunden zu werden, ohne dass sie in den F&E-Abteilungen auf Widerstand im Sinne des NIH-Syndroms stossen. Die Integration des Kunden auf diese Weise ermöglicht die zielgerichtete und an der langfristigen Unternehmensstrategie ausgerichtete Ideengenerierung zu Beginn von radikalen Innovationsprojekten. Der entwickelte Ansatz eröffnet neue Potentiale durch die effektivere Nutzung von im Unternehmen vorhandenen Informationen über die Zukunft. Diese Arbeit ist eine der ersten, welche sich mit der Thematik der Emotionalisierung von F&E-Teams im Kontext radikaler Innovationen beschäftigt und ein konkretes Gestaltungsmodell dafür entwickelt. Die untersuchten Daten erweitern nicht nur die Theorie der Kundenintegration, sondern liefern auch im Bereich des Innovationsprozesses und der Marktorientierung neue Erkenntnisse. Emotional Empathic Events sind in der Lage, bisher bestehende Medienbrüche und potentielle Schnittstellenprobleme innerhalb des klassischen Innovationsprozesses zu überbrücken. In Bezug auf Marktorientierung liefert die Emotional Empathic Event 165 Methode des Emotional Empathic Events einen Ansatz, wie im Unternehmen und dessen Umwelt vorhandene Informationen zielgerichtet in den Innovationsprozess einbezogen werden können, ohne dabei auf einzelne Personen als Schnittstellenmanager zurückgreifen zu müssen. Der Ansatz des Emotional Empathic Events basiert auf einem Konzept, das aus dem Marketing und dem Produktdesign auf den F&E Prozess adaptiert wurde. Dadurch werden die bisherigen F&E-bezogenen Betrachtungsperspektiven erweitert. 8.2 Implikationen für die Management Praxis Neben den theoretischen Erkenntnissen geben die Daten auch verschiedene Einsichten für das konkrete Management von Emotionalisierungsprozessen. Das folgende Kapitel fasst die zentralen Aussagen und Gestaltungsempfehlungen noch einmal zusammen7. In dieser Arbeit wurde untersucht, wie es erfolgreichen Firmen gelingt, ausgewählte F&E-Mitarbeiter zu emotionalisieren, um dadurch die Effizienz und Effektivität ihrer Ideengenerierungsprozesse zu erhöhen. Untersucht wurden dabei lediglich Projekte, welche bezogen auf die jeweiligen Firmen zu radikalen Ergebnissen führten und über die normale Innovationstätigkeit der inkrementellen Weiterentwicklung hinausgingen. Betrachtet wurde dabei ausschliesslich die Frühphase des Innovationsprozesses, sprich jene der Ideengenerierung. Das Praxisphänomen, dass man zu viele Ideen hat, jedoch nicht die richtige, diente als Ausgangslage. Zusätzlich zu den Firmen wurden erfolgreiche Regisseure untersucht, da es sich bei der Filmindustrie um eine ausgesprochen kreative Industrie handelt, in der Emotionen eine entscheidende Rolle spielen. Dies gilt es bei den folgenden Ausführungen zu beachten. Zentrale Aussagen und Erkenntnisse Emotionalisierungsprozesse benötigen die uneingeschränkte Unterstützung des Topmanagements. Dies bedeutet, dass noch bevor solche Prozesse initiiert werden, eine grundsätzlich positive Einstellung zur Marktorientierung innerhalb der Unternehmensführung vorhanden sein muss. Es muss durch das Management erkannt worden sein, dass Emotionen, sprich die Vergeistigung von Produkten, in Zukunft eine immer wichtigere Rolle spielen werden, um sich von der Konkurrenz zu differenzieren. Eine marktorientierte Unternehmenskultur, welche offen ist für Einflüsse und Ideen von aussen, bildet die Basis. Ist eine solche Kultur etabliert, 7 Im Anhang findet sich zusätzlich eine Emotional Empathic Event -Checkliste für Manager 166 Implikationen bedeutet dies implizit auch, dass die Mitarbeiter entsprechend angehalten und befähigt werden, sich nach den Kundenbedürfnissen auszurichten und Lösungen nicht nur aus einer rationalen, technologiegetriebenen Perspektive zu entwickeln. Dennoch fördert die Methode des Emotional Empathic Events technologiegetriebene Innovationen, da Marktinformationen in den Prozess integriert werden, ohne dabei die Quelle der Innovation in die Marketingabteilungen zu verschieben. In jedem Fall aber müssen die Mitarbeiter eine Situation vorfinden, welche sowohl veränderungsbedürftig wie auch veränderungsfähig ist. Der Einsatz von Emotional Empathic Events muss mit der Unternehmensstrategie abgeglichen werden und bedarf einer strategischen Entscheidung durch das TopManagement. Die Verknüpfung mit der langfristigen strategischen Ausrichtung ist wichtig, weil dadurch die relevanten Informationen in den Prozess integriert werden und eine spätere Verwertung der entwickelten Ideen einfacher umzusetzen ist. Da Emotional Empathic Events oft ausserhalb der gewachsenen Strukturen stattfinden und einen Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung der beteiligten Mitarbeiter ausüben, ist ein strategischer Entscheid notwendig. Die Entscheidung für einen bestimmten Emotionalisierungstypen beeinflusst sowohl die Selektion der Akteure als auch das Prozessergebnis. Basierend auf der strategischen Ausrichtung und dem vorgegebenen Projektziel sollte der passende Emotionalisierungstyp ausgewählt und umgesetzt werden. Ein Mix einzelner Elemente verschiedener Typen ist denkbar, muss jedoch immer auf die Akteure abgestimmt sein. Die Typenwahl ist im Hinblick auf die vorhandenen oder einzusetzenden Ressourcen ausschlaggebend. Die Wahl des Typen gibt auch vor, welche Massnahmen für die Reintegration der Mitarbeiter in die Linienfunktionen zu treffen sind. Eine Reintegration der Mitarbeiter ist zwingend, um die Erfahrungen auch weiterhin für das Unternehmen nutzen zu können. Die Massnahmen sind zwingend bereits vor dem Start des eigentlichen Projektes einzuleiten. Die Selektion der Akteure muss aufgrund ihrer Eignung für den Prozess geschehen und nicht aus unternehmenspolitischen Gründen. Die richtige Mischung aus Fachkompetenz, Offenheit für Neues und Vernetzung im Unternehmen ist entscheidend. Da diese Prozesse ausserhalb des Alltagsgeschäftes ablaufen und teilweise tief in die Persönlichkeitsstruktur der Akteure eingreifen, ist es wichtig, dass Mitarbeiter selektiert werden, die eine hohe Veränderungsbereitschaft aufweisen. Die Qualität der Emotionalen Zukunftswelten ist abhängig von den vorhandenen Daten über zukünftige Trends in Märkten, Gesellschaft, Umwelt und Politik. Vom Einsatz von Emotional Empathic Events im Sinne einer reinen Kreativitätsmethode ist deshalb abzuraten. Nur bei ausreichender Vorbereitung ist deren Einsatz sinnvoll. Die Emotional Empathic Event 167 Emotionalisierung der Akteure und die Nutzung des dadurch freigesetzten Potentials, ist das zentrale Element von Emotional Empathic Events. Der Erfolg ist abhängig von einem tiefen Verständnis der Projektleitung für die Ziele, Standards und Einstellungen der Mitarbeiter sowie den vorhandenen Moderationskompetenzen. Aus diesem Grund muss die Projektleitung entsprechend auf ihre Aufgaben vorbereitet und möglicherweise durch externe Fachkräfte ergänzt werden. Die Emotionalisierung selbst hat keinen Mehrwert, wenn dieser Zustand anschliessend nicht aktiv genutzt wird, um zielgerichtete Ideen zu generieren. Durch die aktive Konstruktion von Kundenwelten im Kopf der Entwickler, werden diese befähigt, Ideen zu Funktionen und Features zu entwickeln, für deren Umsetzung sie anschliessend die entsprechenden Technologien definieren. Um die Ideengenerierung gezielt zu unterstützen, sollten bekannte Kreativitätsmethoden verwendet werden. Emotionale, aus Sicht des Kunden generierte Ideen alleine, stellen noch keinen Erfolg dar. Erst wenn die Ergebnisse aus dem Projektteam in das restliche Unternehmen kommuniziert und anschliessend umgesetzt werden, sind sie erfolgreich. Die Diffusion der Ergebnisse ins Top-Management sowie die umsetzenden Bereich, sollte grundsätzlich über persönliche Kommunikation erfolgen. Um dem NotInvented-Here-Syndrom vorzubeugen, sollten die zur Umsetzung ausgewählten Ideen möglichst durch Vertreter des Projektteams vorgestellt und erklärt werden. Dies verhindert eine Verwässerung der Ergebnisse und erhöht die Geschwindigkeit des Ideenbewertungsprozesses. Abschliessend ist zu sagen, dass der wohl wichtigste Erfolgsfaktor für Emotional Empathic Events jener ist, dass Emotionen im Unternehmen zugelassen und als positiv erachtet werden. Dies nicht nur in den Marketing- und Designabteilungen, sondern über alle Bereiche und Hierarchiestufen hinweg. Nur wenn in den traditionell technologiedominierten Bereichen Emotionen als etwas Sinnvolles und Wünschenswertes erachtet werden, kann das volle Potential von Emotional Empathic Events ausgeschöpft werden. Bleiben F&E-Abteilungen emotionsfreie Zonen, so müssen Produkte auch in Zukunft jeweils ex-post emotional aufgeladen werden, der eigentliche Produktkern bleibt emotionsfrei. 168 Implikationen 8.3 Grenzen der Arbeit Kritik in Bezug auf den Fokus: Die vorliegende Arbeit bezieht sich auf Grund der erhobenen Fallstudiendaten ausschliesslich auf den Bereich der Produktinnovation in B-to-C-Märkten. Ob und wie das Konzept des Emotional Empathic Events auch in den Bereichen der Prozess-, Service- und Geschäftsmodellinnovation eingesetzt werden kann, muss in weiteren Forschungsvorhaben spezifisch untersucht werden. Kritik in Bezug auf die Forschungsmethodik: Die Datengrundlage ist mit vier Fallstudien begrenzt, weshalb eine Überprüfung der Emotionalisierungstypen auf einer breiteren empirischen Grundlage notwendig erscheint. Aufgrund der relativ geringen Datengrundlage geben die Ergebnisse nur einen beschränkten Einblick in das komplexe Phänomen der Emotionalisierung und deren Verwendung im Unternehmenskontext. Im Sinne der Generalisierbarkeit der hier vorgestellten Ergebnisse sind weitere Arbeiten zu diesem Ansatz wünschenswert. Zudem stellt sich für zukünftige Forschungsvorhaben die Frage, ob es möglicherweise industriespezifische Unterschiede in Bezug auf den Prozess sowie auch auf die Typen der Emotionalisierung gibt. Eine Überprüfung mit Industriefokus könnte die in dieser Arbeit entwickelte Typologie unterstützen und wertvolle Erkenntnisse für die Theorie der Kundenintegration sowie auch für die Managementpraxis liefern. Kritik in Bezug auf die Kundenintegration: Die in dieser Arbeit entwickelte Methode zur Integration von zukünftigen Kunden in den Produktentwicklungsprozess durch Emotionalisierung basiert auf einer Datengrundlage, welche noch keine langfristige Erfolgsüberprüfung zulässt. Sie gibt deshalb zu einem Grossteil Erwartungen der betroffenen Teammitglieder und verantwortlichen Manager wieder. Dabei werden die gemachten Erlebnisse mit Referenzprozessen und Methoden verglichen, die bisher von den Befragten durchlaufen wurden. In weiteren Forschungsarbeiten gilt es zu analysieren, ob die beiden Komponenten Effizienz und Effektivität sowie die Erfolgswahrscheinlichkeit der generierten Ideen durch den Einsatz von Emotional Empathic Events tatsächlich positiv beeinflusst werden. Emotional Empathic Event 169 8.4 Ausblick Die traditionelle Vorstellung des Individuums als perfekt rationales Wesen, das über lange Zeiten in sich konsistente Präferenzen aufweist und stets nur daran interessiert ist, seinen Eigennutzen zu maximieren, wurde in den letzten zwei Jahrzehnten immer mehr aufgeweicht. Durch das Konzept der "Begrenzten Rationalität" (March, 1978) wurde versucht, die bis dahin als inexistent geltenden kognitiven Konflikte und emotionalen Komponenten innerhalb des Prozesses der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Dennoch gilt emotional gesteuertes Verhalten nach wie vor als irrational, weshalb auch das Konzept der "Begrenzten Rationalität" versucht, Emotionen möglichst nicht als Variable in den Entscheidungsprozess zu integrieren. Denn dadurch würde eine Erklärung der getroffenen Entscheidungen nur unnötig verkompliziert oder gar verunmöglicht. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit haben jedoch gezeigt, dass Emotionen gerade in etablierten Märkten eine immer wichtigere Rolle spielen. Dies speziell in Bezug auf die eigentliche Produktentwicklung. Während emotionale Aspekte der Präferenzkonstruktion im Kopf des Kunden aus Marketingperspektive längst bekannt sind und auch aktiv zur Beeinflussung der Kunden genutzt werden, sind diese innerhalb des technologiegetriebenen F&EUmfelds oftmals verpönt. Daher handelt es sich bei der Konstruktion von emotionalen Kundenwelten im Kopf der F&E-Mitarbeiter um ein weitgehend unbekanntes Phänomen. Die in dieser Forschungsarbeit vorgestellten Ergebnisse deuten darauf hin, dass Emotionen unter bestimmten Voraussetzungen erfolgreich in betrieblichen Prozessen genutzt werden können. Die bisher geltende Prämisse, dass mangelnde Rationalität zu suboptimalen Entscheidungen führt, scheint an Bedeutung zu verlieren. Diese Arbeit zeigt auf, dass durch eine Institutionalisierung von Emotionalität aus den bisher als Störfaktor betrachteten Emotionen eine Ressource für nachhaltigen Unternehmenserfolg wird. Es ist daher davon auszugehen, dass betrieblich institutionalisierte Emotionen in Zukunft zunehmend in Forschungsarbeiten adressiert werden. Nachfolgend werden deshalb Trends beschrieben, welche aus Sicht des Autors für dieses Forschungsfeld bestimmend sind. Die stetig fortschreitende Internationalisierung von F&E-Aktivitäten und Forschungsstandorten führte in den letzten Jahrzehnten dazu, dass immer mehr virtuelle F&E-Teams gebildet werden. Neben vielen Vorteilen, welche dezentralisierte F&E-Teams bieten, liegt einer ihrer Hauptnachteile in der nicht vorhandenen sozialen Präsenz. Diese ist jedoch für Prozesse, in denen der Austausch von implizitem Wissen eine entscheidende Rolle spielt, zentral. Da ein solcher Austausch speziell zu Beginn von Innovationsprojekten, sprich in der Ideengenerierungsphase, unabdingbar ist, 170 Implikationen bedeuten dezentrale Teams weniger Kommunikation und mangelnde Emotionalisierung. Es braucht daher Lösungen, um auch virtuelle Teams wieder verstärkt zu emotionalisieren. Emotional Empathic Events stellen eine solche Möglichkeit dar, um Emotionen als Informationsträger und vertrauensbildende Faktoren einzusetzen. Die emotionale Perspektive wird deshalb gerade in einem internationalen F&E-Umfeld in Zukunft verstärkt an Bedeutung gewinnen. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass Emotionen bisher praktisch ausschliesslich in B-to-C-Märkten eine Rolle spielen. Innerhalb dieser Märkte liegt der Fokus auf Produkt- und Featureinnovationen. Aktuelle Trends des Innovationsmanagements deuten jedoch darauf hin, dass Produktinnovationen in Zukunft nicht mehr ausreichen werden, um sich langfristig vom Wettbewerber zu differenzieren. Service und Geschäftsmodellinnovationen gewinnen an Bedeutung. Geschäftsmodellinnovationen bedingen gegenüber der klassischen Produktinnovation komplett andere Fähigkeiten und Prozesse. Es stellt sich deshalb die Frage, welche Rolle Emotionen innerhalb dieser Prozesse spielen und ob durch deren Einsatz ein entsprechender Mehrwert erzielt werden kann. Die Erstellung emotionaler Zukunftswelten basiert auf den durch das Unternehmen gesammelten Informationen über die Zukunft. Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen, dass es für die Entwicklung emotionaler Zukunftswelten einerseits entscheidend ist, welche Qualität die Informationen aufweisen und andererseits wie die Daten interpretiert und ausgewertet werden. In diesem Zusammenhang zeichnen sich mehrere Trends ab. Es stellt sich beispielsweise die Frage, wie und in welchem Umfang auch kleinere Unternehmen an gesicherte Informationen über die Zukunft gelangen. Nicht jedes Unternehmen unterhält eigene Trendund Zukunftsforschungsabteilungen. Will ein Unternehmen dennoch an solche Informationen gelangen, müssen diese zwangsläufig extern beschafft werden. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Öffnung von Innovationsprozessen fortschreiten wird. Gerade wenn Informationen von ausserhalb des Unternehmens in Innovationsprozesse mit einbezogen werden, ist deren Auswertung und Interpretation von entscheidender Bedeutung. Während Unternehmen heute über ausgereifte Systeme und Methoden verfügen, um die Entwicklungen der nächsten 3-5 Jahre abzuschätzen, fehlen solche für langfristige Zeiträume. Die zukünftige Herausforderung für Unternehmen wird es sein, Annahmen über Zeiträume von beispielsweise 25 Jahren in Konzepte zu übersetzen, die direkt in den Innovationsprozess einbezogen werden können. Diese müssen von den Mitarbeitern Emotional Empathic Event 171 verstanden und akzeptiert werden. Die Wissenschaft ist hier gefordert, entsprechende Konzepte und Ansätze zu entwickeln. Emotionen sind sehr individuell und praktisch untrennbar mit dem menschlichen Dasein verknüpft. Wie die Fallstudien gezeigt haben, lassen sich Emotionen auf abstrakter Ebene dazu verwenden, menschliches Verhalten in bestimmten Situationen zu antizipieren und sogar zu steuern. Während die in dieser Arbeit untersuchten Beispiele ausschliesslich Fälle sind, in denen der Kunde letztlich auch der Verbraucher/ Anwender ist, stellt sich die Frage, welche Rolle Emotionen im B-to-B Geschäft spielen. Es ist davon auszugehen, dass Emotional Empathic Events auch in diesen Märkten erfolgreich eingesetzt werden können, wenngleich ein geringerer Wirkungsgrad erwartet wird. Nicht zuletzt wirft der Umgang mit Emotionen innerhalb des Unternehmenskontextes auch Fragen über die moralische und ethische Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden auf. Unternehmen, welche sich entscheiden Emotionalisierungsprozesse einzusetzen, müssen sich diesen Fragen stellen und entsprechende Lösungskonzepte erarbeiten. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass dieses Forschungsprojekt Fragen adressiert, die von bereichsübergreifender Relevanz sind und sowohl wissenschaftliche wie auch unternehmerische Lücken adressieren. Die Literatur zur Rolle von Emotionen innerhalb des Neuproduktentwicklungsprozesses ist noch wenig entwickelt. Die Ergebnisse, welche in dieser Arbeit präsentiert werden, geben einen ersten Einblick in die Möglichkeiten von Emotionen innerhalb des Innovationsmanagements. Es ist zu hoffen, dass zukünftige Forschungsvorhaben diese ersten Erkenntnisse weitergehend vertiefen, um dadurch die Effizienz und Effektivität radikaler Innovationsprozesse weiter zu steigern. Das entwickelte Konzept stellt in diesem Sinne einen Leitfaden für das Management emotionaler Prozesse innerhalb der unternehmenseigenen F&E dar. Gleichzeitig dient diese Arbeit als Ausganslage für weitere Forschungsaktivitäten zu diesem hoch relevanten und interessanten Themengebiet. 172 Literaturverzeichnis 9 Literaturverzeichnis Aboulnasr, K., O. Narasimhan, et al. (2008). "Competitive Response to Radical Product Innovations." Journal of Marketing 72(May). Acito, F. and T. P. Hustad (1981). "Industrial product concept testing." Industrial Marketing Management 15(3). Akao, Y. (1990). Quality Function Deployment: Integrating Customer Requirements into Product Design. Cambridge, MA, Productivity Press. Albach, H. (1994). Culture and Technical Innovation: A cross-cultural analysis and policy recommendations. Berlin, Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Albers, S. and O. Gassmann Innovationsmanagement Strategie Betriebswirtschaftlicher Verlag Gabler. (2005). Handbuch Technologie- und Umsetzung - Controlling. Wiesbaden, Albers, S. and L. Hildebrandt (2006). 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Emotional Empathic Event 185 Anhang Checkliste und Leitfaden für Emotional Empathic Events des Typs "Verführer" Auf der Basis der gewonnenen Erkenntnisse wird im folgenden Kapitel ein konkreter Leitfaden für die Managementpraxis vorgestellt. Der Leitfaden besteht aus den zentralen Fragen, die aus der Managementperspektive in jeder Phase zu stellen sind. Diesen folgen Musterantworten die einen direkten Bezug zum Emotional Empathic Event haben. Die Antworten sowie die Fragen sind dabei nicht direkt auf die erhobenen Daten zurückzuführen, sondern basieren auf persönlichen Einschätzungen und Erfahrungen des Autors. In Kombination mit der in dieser Arbeit entwickelten Methodik, bietet der Leitfaden eine fundierte Grundlage, um Emotional Empathic Events zu planen, vorzubereiten und durchzuführen. Die im Folgenden gemachten Angaben erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Initiierungsphase Phase Zentrale Fragen Musterantworten Ist unser Unternehmen bereit, um Emotionalisierungsprozesse zu akzeptieren? Ja. Wir verfügen über eine offene, veränderungsfähige und interdisziplinäre Innovationskultur. Mit unserer Forschungstätigkeit wollen wir einen echten Mehrwert für den Kunden kreieren. Steht das Top-Management hinter einem solchen Konzept? Ja. Das Top-Management erachtet Emotionen im Sinne der Marktorientierung als strategischen Beitrag zur Differenzierung gegenüber dem Wettbewerber. In welchem Kontext findet der Prozess statt und wo wird dieser Prozess organisatorisch aufgehängt? Wer ist Process Owner, wer soll ihn steuern? Es gilt Branchen- und Unternehmenseigenheiten zu berücksichtigen. Auch verschiedene Promotorenmodelle, unternehmens-politische Machtverhältnisse und die Top-Management-Präsenz gilt es in Betracht zu ziehen. Kann der beabsichtigte Emotionalisierungsprozess mit bestehenden Strategien in Ja. Sowohl die allgemeine Unternehmensstrategie wie auch die daraus abgeleiteten Substrategien Innovations- und 186 Anhang Einklang/Verbindung gebracht werden? Technologiestrategie, unterstützen einen solchen Prozess. Der Prozess selbst kann einen Beitrag zur Verknüpfung dieser Strategien leisten. Der Prozess ist von strategischer Bedeutung. Mit welchem Ziel soll der Prozess initiiert werden? Kurzfristiger Output? Kulturelle Veränderungen? Anregung für beteiligte Bereiche? Ziel des Emotionalisierungsprozesses ist die effizientere Ideengenerierung für Produkte und Features, für den Kunden der Zukunft. Dabei sollen die relevanten Unternehmensbereiche miteinander verknüpft und bestehende Barrieren und Schnittstellenproblematiken behoben werden. Der Prozess soll langfristig die vorherrschende Innovationskultur beeinflussen. Was ist der Fokus und welche Ergebnisse werden aus dem Prozess erwartet? Im Fokus stehen radikale Produkt- und Featureideen, welche langfristig im Unternehmen umgesetzt werden sollen. Ergebnis können Konzeptstudien, Prototypen oder ausgearbeitete Machbarkeitsstudien sein. Die Top-Ideen müssen dem TopManagement präsentiert werden. Einfache Ideen müssen ins bestehende Ideenmanagementsystem eingegeben werden können. Selektionskriterien für die Vertiefung der generierten Ideen sind mit der relevanten Strategie sowie den vorhandenen Anforderungen abgeglichen und bekannt. Welche finanziellen und zeitlichen Ressourcen stehen zur Verfügung? Es sind ausreichend finanzielle Mittel vorhanden und für die Durchführung des Prozesses stehen einige Monate zur Verfügung. Der Zugriff auf die benötigten Humanressourcen ist sichergestellt. Welcher Emotionalisierungstyp soll durchgeführt werden? Es wird der Verführer gewählt, da die einzelnen Akteure jeweils nur für eine kurze Dauer in die emotionale Kundenwelt hineinversetzt werden sollen. Dabei sollen sie jedoch nicht zu stark in ihrer Emotional Empathic Event 187 Vorbereitungsphase Persönlichkeitsstruktur verändert werden. Welches sind die relevanten Die optimale Besetzung besteht aus einem Mix zwischen Akteure für diese Art von interdisziplinären unternehmensinternen Fachkräften aus den Prozess? relevanten Produktsowie Marktforschungsbereichen. Je nach Themengebiet und internem Know-how ist es empfehlenswert, unternehmensexterne Experten hinzuzuziehen (Lead-User oder Wissenschaftler). Um ein Out-of-the-BoxDenken zu forcieren ist darauf zu achten, auch Nichtexperten in den Prozess zu integrieren. Es ist auch möglich, verschiedene Gruppen von Akteuren zu bilden. Beispielsweise eine interdisziplinäre Gruppe, eine reine F&E-Gruppe sowie eine Gruppe von externen Nichtexperten. Wie sollen die Akteure ausgewählt werden? Bewerbung? Kompetenzprofile? Vorschlagswesen? Freiwillig? Die Auswahl sollte auf Grund von persönlichem Interesse der Teilnehmer und deren Kompetenz geschehen. Eine Auswahl gegen den Willen und aus politischen Gründen ist prozessschädlich. Welche Daten über den Kunden Als Basis für die später zu generierenden Zukunftswelten sind der Zukunft fliessen in den Emotionalen Informationen aus den verschiedenen Prozess ein? Marktforschungseinheiten des Unternehmens zu verwenden. Diese können aus der Marktforschung, dem Marketing, Verkauf, Trendforschern, Zukunftsforschungsabteilungen oder beispielsweise der Technologietrendforschung stammen. Ergänzt werden sollten die Informationen mit externen Studien über gesellschaftliche, demographische und politische Trends. Es ist empfehlenswert reine Marktinformationen mit solchen aus der 188 Anhang Technologieentwicklung (eigene und fremde Branchen) zu ergänzen oder zu durchsetzen. Bei der Sammlung, Analyse, Interpretation und Transformation der Ergebnisse sollten die entsprechenden Fachkräfte involviert werden. Wie sollen Emotionale Kundenwelten ausgestaltet sein? Worauf ist bei deren Ausgestaltung zu achten? Für die Erstellung der emotionalen Zukunftswelten sollte ein "bedürfnisorientierter" Ansatz gewählt werden. Dabei werden die vorhandenen Daten in konkrete Stimuli in Form von Bildern, Fallstudien, Kurzfilmen, Erlebnismaterial, Events, Storylines etc. umgesetzt. Material das beispielsweise dazu verwendet werden kann ist: noch nicht veröffentlichte Prototypen, Materialproben, Entwicklungsvorrichtungen, neueste Innovationen, Gerüche, Musik, Raumkonzepte usw. Dabei ist darauf zu achten, dass die Stimuli auf die Ziele, Standards und Einstellungen der Akteure ausgerichtet sind und die Bedürfnisse des virtuellen Kunden abstrakt wiedergeben. Wo soll die Emotionalisierung Bei der Auswahl des Durchführungsortes sollte darauf geachtet werden, dass die stattfinden? Akteure ausserhalb ihres gewohnten Arbeitsumfeldes sind. Zusätzlich muss der gewählte Ort die generierten Zukunftswelten aufnehmen und wiedergeben können. Es ist also darauf zu achten, dass genügend Freiheitsgrade für eine mögliche Raumgestaltung sowie die Durchführung der Events vorhanden sind. die Phase der eigentlichen Welche Methoden sollen für die Für Durchführung gewählt werden? Emotionalisierung der Teilnehmer ist auf bekannte Kreativitätsund Emotional Empathic Event 189 Ideengenerierungsmethoden zurückzugreifen. Wichtig ist darauf zu achten, dass die Methoden die jeweilige Bedürfnisstruktur und Zukunftswelt unterstützen. Beispiele können sein: Osborn, Erlebnissynektik, Brainstorming etc. Die Methoden sollten auch innerhalb des Workshops aufeinander abgestimmt sein. Dazu sind die jeweiligen Moderationsmethoden zu bestimmen. Wie soll die Gruppe geführt werden? Umsetzungsphase Wie soll die Emotionalisierung Die konkrete Emotionalisierung der Akteure sollte in einem mehrphasigen Workshop konkret stattfinden? stattfinden, in dem erst nach einer Klärung des Gesamtprozesses, einem gemeinsamen Kennenlernen sowie dem gedanklich geschaffenen Freiraum die eigentlichen Stimuli eingesetzt werden. Die Akteure sollten in Kleingruppen von 3-6 Personen mit den Zukunftswelten konfrontiert werden. Dabei sollten die Welten so ausgestaltet sein, dass sie sowohl individuell als auch in der Gruppe erlebt werden können. Erst nach der Stimulierung und dem Klarwerden über die eigenen ausgelösten Emotionen werden Ideen generiert. Dies geschieht analog zu bekannten Ideengenerierungsansätzen. Wie sollen aus den generierten Die Auswahl sollte einerseits aufgrund der festgelegten Zielvorstellungen Ideen die richtigen ausgewählt zuvor erfolgen, und andererseits kann dazu das werden? Know-how der beteiligten Akteure aktiv genutzt werden. Es ist empfehlenswert, zwischen der Ideengenerierung und der finalen Auswahl und Vertiefung noch Recherchephasen einzuplanen. In diesen können allfällige 190 Anhang Ideen auf bereits bestehende Patente oder Lösungen geprüft werden. Diffusionsphase Wie soll die stattfinden? Ideenvertiefung Das Resultat der Ideenvertiefung sollten die festgelegten Ergebnisse sein. Der Prozess ist entsprechend den festgelegten Erwartungshaltungen auszulegen. Wie ist die Diffusion der Die erarbeiteten Ergebnisse sind dem Topund Ergebnisse ins Topmanagement involvierten Schnittstellenmanagement in einer zu gewährleisten? persönlichen Präsentation vorzustellen. Dabei sind erste Prototypen oder ausgereifte Zeichnungen der Ideen vorteilhaft. Die beteiligten Akteure sollten wenn möglich anwesend sein, um mögliche Fragen direkt beantworten zu können, und andererseits um zu signalisieren, dass die Ideen wirklich als relevant erachtet werden. Wodurch kann die Diffusion in die umsetzenden Bereiche unterstützt und gewährleistet werden? Die Diffusion in die umsetzenden Bereiche sollte auf mehreren Ebenen sichergestellt werden: Erstens durch Verpflichtung des Bereichsmanagements, zweitens durch persönliche Präsentationen in Form von Roadshows oder Innovationdays und drittens durch die aus den Bereichen stammenden Akteure selbst. Emotional Empathic Event 191 Liste der Interviewpartner Phase 1: Firma Name Position/Bereich Ort Zeitraum Endress&Hauser anonym Director Technology Gespräche 2007-2008 Endress&Hauser anonym Director Global Industry Management Gespräche 2007-2008 Endress&Hauser anonym Bereichsleiter Marketing Technik Gespräche 2007-2008 Bosch Packaging anonym Vice President Packaging Systems Gespräche 2007-2008 Zumtobel anonym Leiter Central R&D Gespräche 2007-2008 Bühler AG anonym Managing Director Feed & Oil Milling Gespräche 2007-2008 Bühler AG anonym Director Business Development & Marketing Gespräche 2007-2008 Weinig AG anonym Bereichsleiter Marketing / PR Gespräche 2007-2008 Phase 2 Firma Name Position/Bereich Ort Zeitraum Automobil AG anonym Group Research Gespräche 2007-2008 Automobil AG anonym InnovationsModulmanagement Gespräche 2007-2008 Fahrzeug AG anonym Technologieforschung Gespräche 2007-2008 Fahrzeug AG anonym Manager Innovation Management Interview 26.09. 2007 Fahrzeug AG anonym Entwicklungsstrategie, Ziele, Prozesse Interview 26.09.2007 Fahrzeug AG anonym Entwicklung, Marktstudien Interview 26.09.2007 Fahrzeug AG anonym Entwicklung, Interieur Interview 26.09.2007 192 Anhang Fahrzeug AG anonym Entwicklung, Electronics Interview 26.09.2007 CeWe Color Dr. Reiner Fageth Head Technology, Research and Development Telefoninterview 22.10.2010 CeWe Color Thomas Grunau Head Marketing Telefoninterview 22.10.2010 VW Moonraker Oliver Schmidt Produktmanagement Aggregate / Team Moonraker Gespräch Telefoninterview 05.05.2011 Emotional Empathic Event 193 Datenbasis für die Case Study Filmindustrie Abbildung 24: Auszug der Bewertungsmatrix Filmindustrie Tabelle 6: Ausgewählte Regisseure Regisseur Anzahl Nennungen in den drei Listen Steven Spielberg 6 Peter Jackson 6 James Cameron 5 Robert Zemeckis 4 Georges Lucas 3 David Yates 2 Gore Verbinski 2 Stanley Kubrick 1 Quentin Tarantino 1 Robert Rodriguez (Sin City) 1 194 Anhang Tabelle 7: Filmliste nach Box Office Sales R. BOS8 8 Film Regisseur 1 Titanic James Cameron 2 LOTR: The Return of the King Peter Jackson 3 Pirates of the Caribbean: Dead Man's Chest Gore Verbinski 4 The Dark Knight Christopher Nolan 5 Harry potter and the Sorcerer's Stone Chris Columbus 6 Pirates of the Caribbean: At World's End Gore Verbinski 7 Harry Potter and the Order of the Phoenix David Yates 8 Harry Potter and the Half-Blood Prince David Yates 9 Star Wars: Episode I - The Phantom Menace George Lucas 10 LOTR: The Two Towers Peter Jackson 11 Jurassic Park (1993) Steven Spielberg 12 Shrek 2 Andrew Adamson/Kelly Asbury/Conrad Vernon 13 Harry Potter and the Goblet of Fire Mike Newell 14 Spider-Man 3 Sam Raimi 15 Ice Age: Dawn of the Dinosaurs Carlos Saldanha 16 Harry Potter and the Chamber of Secrets Chris Columbus 17 LOTR: The Fellowship of the Ring Peter Jackson 18 Finding Nemo Andrew Stanton 19 Star Wars: Episode III - Revenge of the Sith George Lucas 20 Transformers: Revenge of the Fallen Michael Bay R. BOS steht für den Rang gemäss Box Office Sales Liste Emotional Empathic Event 195 Tabelle 8: Filmliste nach gewichtetem Award Ratio R. BOS Film Regisseur 2 LOTR: The Return of the King Peter Jackson 1 Titanic (inno) James Cameron 100 Dances with Wolves Kevin Costner 34 Forrest Gump (inno) Robert Zemeckis 23 Star Wars IV - A New Hope (1977) (inno) George Lucas 87 Gladiator Ridley Scott 74 Saving Private Ryan Steven Spielberg 126 Mary Poppins 1964 Robert Stevenson 30 E.T. Steven Spielberg 94 The Exorcist 1973 Wiliam Friedkin 28 The Lion King Roger Allers / Rob Minkoff 17 LOTR: The Fellowship of the Ring Peter Jackson 66 Terminator 2: Judgement Day (inno) James Cameron 86 The Matrix 1999 (inno) Andy & Lana Wachowski 107 Who Framed Roger Rabbit 1988 Robert Zemeckis 77 Jaws Steven Spielberg 68 Aladdin Ron Clements / John Musker 93 The Bourne Ultimatum Paul Greengrass 11 Jurassic Park (1993) (inno) Steven Spielberg 56 King Kong (2005) Peter Jackson 196 Anhang Tabelle 9: Filmliste nach innovativer Technologie & Technik R. BOS Film Regisseur 115 Pulp Ficton 1994 Quentin Tarantino 109 Close Encounters of the Third Kind 1977 Steven Spielberg 133 Aliens 1986 James Cameron 131 Earthquake 1974 Mark Robson 139 2001: A Space Odyssey 1968 Stanley Kubrick 130 Alien 1979 Ridley Scott 123 Death Becomes Her 1992 Robert Zemeckis 112 Total Recall 1990 Paul Verhoeven 114 The Prince of Egypt 1998 Brenda Chapman / Steve Hickner 116 Toy Story 1995 John Lasseter 140 The Abyss 1989 James Cameron 147 An American Werewolf in London 1981 John Landis 156 Citizen Kane 1941 Orson Welles 120 12 Monkeys 1995 Terry Gilliam 134 O Brother, Where Art Thou? 2000 Joel Coen 121 Sin City 2005 Robert Rodriguez 145 Blade Runner 1982 Ridley Scott 106 Back to the Future, Part II 1989 Robert Zemeckis 102 The Mummy 1999 Stephen Sommers 103 Monsters vs. Aliens 2009 Rob Letterman / Conrad Vernon Emotional Empathic Event 197 Quellenverzeichnis zur Fallstudie Filmindustrie James Cameron Academy of Achievement. (1999, 18. Juni). 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Technologiemanagement (ITEM) 2005-2007 Mitarbeiter am Institut für Universität St. Gallen (HSG) Masterstudium in Informations-, Medien- und Technologiemanagement (IMT) 2002-2005 Universität St. Gallen (HSG) Bachelorstudium in Betriebswirtschaftslehre 2000-2002 Schweizer Armee Offizierslaufbahn 1995-2000 Kantonsschule, Schaffhausen Matura