Schwindel – Attacken aus dem Nichts

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I n f o r m a t i o n s m a t e r i a l
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Schwindel – Attacken aus dem Nichts
Schwindelattacken sind einer der häufigsten Gründe, den Arzt aufzusuchen. Jeder
fünfte Deutsche ist betroffen, etwas mehr Frauen als Männer. Schwindelanfälle nehmen mit dem Alter zu, dennoch bleiben auch viele junge Leute nicht verschont. Im Laufe seines Lebens kann jeder Vierte damit rechnen einmal krankhafte Probleme mit seinem Gleichgewicht zu bekommen.
Wie entsteht Schwindel?
Manchmal genügt es, eine sich drehende
Spirale zu beobachten oder ein paar schiefe Linien, um einen Schwindel auszulösen.
Das hat mit dem Zusammenspiel von Augen und Gehirn zu tun. Mit den Augen
nehmen wir unsere Umgebung wahr. Die
so gesammelten optischen Reize werden
an das Gehirn weitergeleitet. Genau deshalb werden auch die Augenbewegungen
bei Schwindelpatienten aufgezeichnet.
Nehmen unsere Augen zu viele Informationen auf, gerät die Informationsverarbeitung ins Stocken und unser Körper reagiert
mit Schwindelgefühlen. Oder die Informationen widersprechen sich. Wenn manche
Menschen Zug, Bus oder Auto fahren, bewegt sich die Landschaft. Innen im Fortbewegungsmittel jedoch ist alles statisch.
Diese Ungleichheit der Bewegungen erzeugt Schwindel.
Parallel zu den Augen sind aber noch zwei
weitere Sinne für unsere Balance verantwortlich: die Tiefenwahrnehmung und der
Gleichgewichtssinn.
Die Tiefenwahrnehmung
Die Tiefenwahrnehmung wird auch als
Körpergefühl oder propriozeptives System
bezeichnet. Spezielle Rezeptoren leiten
permanent Informationen, wie Muskelspannung, Gelenkstellung oder Gelenkbewegung an das Gehirn weiter. So bekommen wir eine Rückkopplung darüber, in
welcher Stellung sich welches Körperorgan
befindet. Wir spüren, ob wir stehen, liegen
oder laufen, ob wir die Hand zur Faust geballt haben oder ob diese flach auf dem
Tisch liegt.
Das Gleichgewichtsorgan
Neben Augen und Tiefenwahrnehmung ist
unser Gleichgewichtsorgan für die korrekte
Informationsverarbeitung und Weiterleitung ans Gehirn verantwortlich.
Das Gleichgewichtsorgan sitzt unmittelbar
hinter dem Ohr.
Seine drei markanten Bogengänge reichen
in alle Dimensionen des Raums. Darin befinden sich die Sinneszellen, Kalk-Steinchen
und eine zähflüssige Masse. Mit jeder Bewegung verändern auch die Sinneszellen
und Kalk-Steinchen ihre Position in der
Flüssigkeit. Das funktioniert nach dem Prinzip einer Wasserwaage. All diese Veränderungen werden dann blitzschnell ans Gehirn weitergeleitet.
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Störung der Systeme
Übermitteln die drei Sinne – Augen, Tiefenwahrnehmung und Gleichgewichtsorgan –
unterschiedliche Informationen, reagiert der
Körper mit Schwindelgefühlen. Die Ursachen für solche Abweichungen können vielfältig sein:
Manchmal genügt schon ein ausführliches
Gespräch, um mögliche Ursachen einzugrenzen.
Drehschwindel
– alles dreht sich, man erlebt die Umgebung
wie auf einem Karussell, der Schwindel dauert meist längere Zeit an
Anfallartiger Drehschwindel
– auch hier dreht sich alles, jedoch ist der
Schwindelanfall sehr kurz (meist nur wenige
Sekunden) und sehr heftig
Schwankschwindel
– der Boden unter den Füßen scheint zu
schwanken, man fühlt sich wie auf einem
Schiff
Benommenheitsschwindel
– man fühlt sich taumelig und nimmt die
Umgebung wie durch einen Schleier wahr
Wenn der Schwindel den Alltag beherrscht – Vestibulärer Schwindel
Es geschah einfach so. Am helllichten Tag
ohne Vorwarnung. Plötzlich überfällt Manuela K. ein heftiger Schwindel. Genau in dem
Moment, in dem sie am Steuer ihres Autos
sitzt, mitten auf der Autobahn: „Alles hat
sich gedreht. Das war wie beim Karussell
fahren. Das war schrecklich. Und ich hab
mir gewünscht, dass es wieder aufhört.“
Die Berufsschullehrerin schiebt es auf ihren
Kreislauf und den Stress im Alltag. Ausruhen
wird sicher helfen, um den Spuk zu vertreiben. Doch der Schwindel kommt wieder.
Ohne Vorwarnung und immer häufiger.
Es beginnt ein wahrer Arztmarathon und
Manuela K. hört viele Diagnosen: ein verkürzter Sehnerv oder Probleme mit der
Halswirbelsäule. Doch immer wieder entpuppt sich die scheinbare Lösung als Fehlanzeige.
Schließlich überweist sie ein Arzt ins
Schwindelzentrum in Jena. In Gesprächen
wird entdeckt, dass Verwandte von Manuela K. unter Migräne leiden. Also könnte ihr
Schwindel eine vestibuläre Migräne sein,
eine spezielle Form von Kopfschmerz. Ihr
Arzt hat es ihr so erklärt: „Vestibuläre Migräne heißt, dass die Migräneattacken, die
andere Patienten als Kopfschmerz empfinden, sich bei mir in heftigen Schwindelattacken äußern, über einen ausgeprägten
Drehschwindel.“
Schwindel – wann zum Arzt?
Dauert der Schwindel nur kurz oder ist die
Ursache bekannt (neue Brille, Fahrt im Auto,
Höhenschwindel an einer Felsklippe) genügt
es, auf die jeweilige Ursache zu reagieren
und wenn möglich zu vermeiden. Tritt der
Schwindel allerdings ohne jeden Anlass auf,
ist Vorsicht geboten. Spätestens wenn sich
eine solche Schwindelattacke ohne ersichtlichen Grund wiederholt, sollte man einen
Arzt konsultieren.
Auch wenn der Schwindel über längere Zeit
anhält oder wenn andere Beschwerden, wie
Übelkeit, Fieber, Atemnot, Hörprobleme
oder Ohrgeräusche hinzukommen, sollte
man seinen Hausarzt darüber informieren.
Ob das tatsächlich die Ursache ist, testen die
Ärzte aus, mit einem Medikament gegen
vestibuläre Migräne. Und dieses wirkt tatsächlich, womit die Diagnose klar ist. Sie
leidet am Vestibulärer Schwindel. Nun
nimmt sie täglich Tabletten. Ihr geht es viel
besser, aber die Sorge, dass der Schwindel
wieder kommen könnte, beschäftigt sie
dennoch.
Im Gespräch mit einer Psychologin lernt sie
sich selbst besser kennen. Und sie weiß nun
zum Beispiel, dass sich ihre Attacken bei
Stress verstärken. Mit Job, Kindern und
Hausbau – schwierig zu vermeiden.
Im Schwindelzentrum in Jena lernt sie daher
Entspannungsübungen, welche ihr genau in
-
Sehstörungen
Ausfall oder Störung des Gleichgewichtsorgans
Störung der Reizverarbeitung im
Gehirn
Psychische Störungen
Arten des Schwindels
Je nachdem, was bei einem Schwindelanfall
gesehen und erlebt wird, unterscheidet man
verschiedene Arten von Schwindel. Die häufigsten sind:
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den Momenten helfen, wenn der Stress
übermächtig zu werden droht.
Von der Angst zu liegen – der gutartige
Lagerungsschwindel
Jede Nacht stopfte sich Gerd K. mehrere
dicke Kissen unter Nacken und Rücken,
denn er hatte Angst. Angst vor heftigen
Schwindelanfällen. Die kamen immer dann,
wenn er flach auf dem Rücken liegend, den
Kopf nach links drehte. Der Rentner erinnert
sich: „Als ob sie in einen Abgrund stürzen,
alles dreht sich. Sie versuchen sich krampfhaft irgendwie festzuhalten. Und wenn sie
dann niemanden haben oder sie haben keinen Ansprechpartner, der die Angst nehmen kann – dann ist das einfach schrecklich!“
Drei Jahre schlief er deshalb lieber halb im
Sitzen. So lange, bis er durch Hauptsache
Gesund erfährt, dass gleich in seiner Nähe,
nur wenige Kilometer von seinem Heimatort
entfernt, das Schwindelzentrum Jena ist,
welches Patienten wie ihn umfassend berät
und behandelt.
Die Experten haben schnell den Verdacht,
dass es ein sogenannter Lagerungsschwindel sein könnte. Dahinter verbirgt sich eine
Störung im Gleichgewichtsorgan. Gerade im
Alter können sich dort Kalk-Brocken lösen
und verrutschen. Sie reizen die Sinneszellen
und dadurch entsteht ein Schwindelgefühl.
Durch einen sogenannten Befreiungstest,
kann man testen, ob tatsächlich verrutschte
Kalk-Brocken im Gleichgewichtsorgan die
Ursache sind. Dabei sitzt der Patient auf
einer Liege und der Oberkörper wird beherzt hin und her gedreht.
Bei manchen bewirkt diese Lagerungsübung
sogar eine spontane Heilung, das Gleichgewichtsorgan wird quasi freigeschüttelt. Und
Gerd K. hat dieses Glück, seine Beschwerden sind weg. Nach drei Jahren Leiden.
Noch heute ist der ehemalige Patient verblüfft: „Ich habe gestaunt. Das gibt’s doch
gar nicht, hab ich gedacht. Ich fühle mich
wie neugeboren. Jetzt kann ich auch hier im
Garten wieder alles machen und fühle mich
fit.“
Mit Bewegung gegen Schwindel
Wer sich regelmäßig bewegt und seine Balance trainiert, kann nicht nur Schwindelattacken vorbeugen, sondern auch während
eines Schwindelanfalls koordinierter reagieren. Gleichzeitig dienen diese Übungen
auch der Sturzprophylaxe für ältere Menschen.
Folgende Übungen werden vom Schwindelzentrum Jena für den Hausgebrauch empfohlen:
1. Arm ausstrecken und den Daumen mit den Augen fixieren
2. Ausgestreckten Arm von rechts nach links bewegen
- Augen folgen dabei strikt dem Daumen bis zu der Position, wo Sie ihn noch gut sehen können
- Der Kopf bewegt sich dabei nicht mit!
- am Ende jeder Bewegung für ein paar Sekunden stoppen
3. Anschließend Bewegen des ausgestreckten Armes von oben nach unten und dabei Verfolgen
des Daumens mit den Augen
20mal pro Richtung
1. Arm austrecken und Daumen mit den Augen fixieren
2. Kopf nach rechts und links drehen, sowie nach oben und unten und anschließend
das Ohr zur jeweiligen gleichseitigen Schulter
- Augen bleiben während Bewegung strikt auf dem Daumen, welcher sich jetzt
nicht bewegt
Jede Kopfbewegung circa ein bis zwei Minuten
1. Beide Arme ausstrecken und die Daumen mit den Augen fixieren
2. Gemeinsames Drehen des Oberkörpers mit dem Kopf nach rechts und links
- Kopf und Augen folgen den Daumen
eine Minute
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1. Rechten Arm in einer diagonalen Bewegung von rechts hinten oben in Richtung linkem Fuß
nach links vorn unten bewegen
- Kopf und Oberkörper machen die Bewegung mit
- Daumen während der ganzen Zeit mit den Augen fixieren
2. Anschließend gleiche Übung für die andere Seite
jede Seite zehnmal wiederholen
Gegenstand im Halbkreis über Kopf von der einen Hand in die andere geben
- Augen und Kopf folgen immer dem Gegenstand
zwei Minuten und länger
1. Auf einen Drehstuhl setzen
2. Einen in etwa 0,5 bis 1 Meter entfernten Fixationspunkt auf Augenhöhe auswählen
(zum Beispiel Lichtschalter oder Türklinke)
3. Punkt so lange wie möglich mit den Augen fixieren, während Sie mit den Füßen den Stuhl in
eine Richtung im Kreis drehen
- in dem Moment, wo der Fixationspunkt das Blickfeld verlässt, das Blickziel durch schnelle
Kopfbewegung und mit Augen wieder einfangen
mehrmals nach rechts und nach einer Pause mehrmals nach links
Bei Ausfall eines der Gleichgewichtsorgane häufiger in die Richtung des Ausfalls drehen!
1. Hüftbreit oder schmaler hinstellen
2. Im Wechsel auf die Zehenspitzen (Ballen) und Fersen bewegen
- dabei so wenig wie möglich und nur so viel wie nötig festhalten
- Bewegung langsam ausüben und versuchen die Position kurz zu halten
zehnmal jede Position
1. Auf ein Bein stellen und seitliche Gewichtsverlagerung üben
2. Versuchen, so lange wie möglich auf einem Bein stehen zu bleiben
- so wenig wie möglich dabei festhalten
3. Anschließend das Gleiche auf der anderen Seite durchführen
4. Gelingt der Einbeinstand gut: dabei Drehen des Kopfes, Schließen der Augen oder Einbeinstand auf Kissen ausführen
zehnmal pro Seite
Gäste im Studio
Prof. Hubertus Axer, Schwindelzentrum Jena, FA für Neurologie und Anatomie
Hans-Berger-Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Jena
Tobias Jahrmarkt, Physiotherapeut, Hans-Berger-Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum
Jena
Buchtipp
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Kontakt
MDR FERNSEHEN, Redaktion Wirtschaft und Ratgeber „Hauptsache Gesund“
Internet: www.mdr.de/hauptsache-gesund | E-Mail: [email protected]
Thema der Sendung vom 12.02.2014: “ Alkohol – Wie viel ist noch gesund?“
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