www.evimed.ch Risperidon bei therapieresistenter Depression als Ergänzung wirksam Frage: Ist Risperidon in niedriger Dosierung als zusätzliches Medikament wirksam, um bei Patienten mit einer Depression, welche schon mit Antidepressiva behandelt sind, eine Remission zu erreichen? Hintergrund: • Bei gut einem Drittel der Patienten mit einer Depression sind gängige Antidepressiva wie Serotonin-Wiederaufnahmehemmer wenig oder nicht wirksam. Bei diesen Patienten werden oft zusätzliche Medikamente wie atypische Antipsychotika eingesetzt, doch fehlt die Evidenz aus randomisierten Studien, dass dies einen zusätzlichen Nutzen bringt. Einschlusskriterien: • Patienten zwischen 18 und 65 Jahren mit einer Depression (nach DSM-IV). • Ungenügender Effekt der bisherigen Antidepressiva • Ausschlusskriterien waren Schwangerschaft, schwere Suizidalität, schwere neurologische oder internistische Erkrankungen, Suchtkrankheiten oder Behandlung mit trizyklischen Antidepressiva, Antiepileptika oder anderen zentral wirksamen Medikamenten. Studiendesign und Methode: • Randomisiert, placebokontrollierte Studie • Interventionsgruppe: Risperidon 0.25 (erste drei Tage) bis 1 oder maximal 2 mg pro Tag (nach zwei Wochen) für sechs Wochen • Kontrollgruppe: Placebo für sechs Wochen • Patienten beider Gruppen setzten ihre bisherige Therapie mit Antidepressiva fort. Schlafmittel wie Zolpidem waren bei Patienten mit Schlafstörungen erlaubt. • Hauptoutcome waren Symptome (Hamilton Rating Scale for Depression, Werte von 0 bis 52). Eine Therapieantwort war definiert als eine Reduktion des Depressionsscores um ≥50% und eine Remission war definiert durch Werte ≤7. • Weitere Outcomes waren Lebensqualität und Nebenwirkungen. Studienort: 75 Hausarztpraxen oder psychiatrische Zentren in den USA Resultat: • 274 ambulante Patienten (Durchschnittsalter 46 Jahre, 74% Frauen, Depression seit durchschnittlich 17 Jahren) wurden eingeschlossen. • 59% hatten einen Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, 21% einen Norepinephrin-Wiederaufnahmehemmer und 19% andere Antidepressiva. • 24.5% der Patienten mit Risperidon zeigten eine Remission gegenüber 10.7% in der Placebogruppe (Unterschied signifikant, Number-needed-to-treat von 7). Serotonin- www.evimed.ch • 46.2% zeigten mit Risperidon zumindest eine Therapieantwort gegenüber 29.5% mit Placebo (Unterschied signifikant, Number-needed-to-treat von 6). • Bei allen Scores für die Lebensqualität zeigten sich nach sechs Wochen signifikante Verbesserungen mit Risperidon. • 19% der Patienten mit Risperidon brachen die Therapie ab gegenüber 12% in der Placebogruppe. Allerdings war dies nur bei einer Minderheit auf Nebenwirkungen zurückzuführen. • Nebenwirkungen waren in beiden Gruppen etwa gleich häufig. Mit Risperidon klagten Patienten häufiger über Mundtrockenheit und Somnolenz während Patienten mit Placebo häufiger über Kopfschmerzen klagten. Kommentar: • Diese erste Studie über den zusätzlichen Nutzen von Risperidon bei therapieresistenter Depression wurde methodisch sorgfältig durchgeführt. Es wurden patienten-relevante Outcomes für die Wirkung und vielen Nebenwirkungen erfasst. • Es ist zu beachten, dass die Studie mit sechs Wochen doch von kurzer Dauer war. Es ist daher unklar, wie das Therapieschema danach gestaltet werden sollte (zum Beispiel Langzeittherapie mit zusätzlichem Risperidon?). • Es zeigte sich für die verschiedenen patienten-relevanten Outcomes ein konsistenter Effekt von Risperidon und die Number-needed-to-treats für eine Remission oder Therapieantwort sind relativ tief. • Es waren vergleichsweise wenige Therapieabbrüche zu verzeichnen. Oft beobachtet man in Studien mit depressiven Patienten, dass 40-50% der Patienten die Studientherapie abbrechen. Ein Grund dafür ist sicherlich die kurze Dauer der Studie. Andererseits nahmen wohl eher motivierte Patienten mit seit langer Zeit bestehender Depression an der Studie teil (Ausschreibung der Studienteilnahme über Inserate etc). Möglicherweise ist der Effekt von zusätzlichem in der täglichen Praxis wegen der wohl tieferen Compliance eher tiefer. Literatur: Mahmoud RA et al: Risperidone for treatment-refractory major depressive disorder: a randomized trial. Ann Intern Med. 2007 Nov 6;147(9):593-602 Verfasser: Milo Puhan