Dynamische Spiele und unvollständige Information Mehrstufige

Werbung
1. Einführung: Idee, Beispiele, formale Darstellung
2. Statische Spiele bei vollständiger Information
3. Dynamische Spiele und unvollständige Information
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
Dynamische Spiele und unvollständige Information
Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Handlungen:
Rückwärtsinduktion und Teilspielperfektheit
Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
Spiele mit unvollständige Information:
Bayes‐Nash‐ und sequentielles Gleichgewicht
Literatur zu 3.1:
Holler/Illing, 1.3.2+1.3.3, 2.5.1‐2.5.3, Vortext Kapitel 4, 4.1, 5.5.4 Dixit/Skeath, chs. 3, 6 (insbes. 3.1+3.2, 3.4, 3.6, 6.1–6.3), 10; Sieg, 3.1‐3.3
© K. Morasch 2013
Angewandte Spieltheorie
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
47
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
Aufbau von Abschnitt 3.1:
• Sequentielle Spiele mit perfekter Information und Rückwärtsinduktion
extensive vs. strategische Form, Markteintrittsspiel: Preiskrieg als leere Drohung
• Unbeobachtbare Handlungen: Kosten der imperfekten Information („Moral Hazard“), • Teilspiel und Teilspielperfektheit
Konzept „Teilspiel“, Teilspielperfektheit: Kombination aus Nash und Rückwärtsinduktion
• Erweiterung des Strategiebegriffs: Strategie als Sequenz von bedingten Aktionen, Konzept „strategischer Zug“
• Perfekte Information und stetiger Strategieraum: Stackelberg‐Gleichgewicht
• Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Handlungen
Konzept und Beispiele (u.a. Duopol mit F&E‐Investition, Rubinstein‐Verhandlungsspiel)
• Rückwärtsinduktion und Teilspielperfektheit immer plausibel?
© K. Morasch 2013
Angewandte Spieltheorie
48
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
Perfekte und vollständige Information
Markteintrittsspiel: sequentielles Spiel mit perfekter Information
strategische Form
extensive Form
(0,4)
Verzicht
s21
s22
s11
A
Preiskrieg
s12
B
Markteintritt
s21
(‐1,‐1)
s11
(0,4)
(0,4)
s22
(1,1)
s12
(‐1,‐1)
(1,1)
Aufteilung
Aspekte: ‐ strategische Form enthält nicht alle relevanten Informationen
‐ unplausibles Nash‐Gleichgewicht („leere Drohung“)
‐ Lösung im Spielbaum durch Rückwärtsinduktion
© K. Morasch 2013
Angewandte Spieltheorie
49
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
Imperfekte Information
Simultanspiel: Handlungen der Mitspieler nicht beobachtbar
B
s21
(3,3)
• Spieler 2 hat imperfekte Information
s11
s22
(0,2)
s21
(4,0)
A
s12
C
© K. Morasch 2013
Aspekte:
s22
(1,1)
• „hidden action“ und „moral hazard“:
Verschlechterung gegenüber dem
Ergebnis bei perfekter Information
• Normalform liefert alle relevanten Informationen über das Spiel
Angewandte Spieltheorie
50
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
Konzept „Teilspiel“
Definition: Am Entscheidungsknoten X fängt ein (eigenständiges) Teilspiel an, wenn alle nachfolgenden Knoten mit dem Rest des Spiels nur über diesen Knoten X verbunden sind.
B
s21
B
s21
A
A
C
Beispiele: Nur im Knoten D bzw. H beginnt ein neues Teilspiel!
© K. Morasch 2013
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
s31
E
s11
s11
D
F
C
G
D
H
Angewandte Spieltheorie
51
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Teilspielperfektes Gleichgewicht
Definition: s* ist ein teilspielperfektes (Nash‐)Gleichgewicht, wenn für keinen Spieler in irgendeinem Teilspiel, das an einen beliebigen Knoten des Spielbaums beginnt, ein Anreiz zur Abweichung von s* besteht.
Idee:
Das Verhalten eines Spielers muss auch außerhalb des betrachteten Gleichgewichtspfads optimal sein – das eliminiert „leere Drohungen“.
Bestimmung:
Kombination von Rückwärtsinduktion (ausreichend bei perfekter Info)
und Nash‐Gleichgewicht in Teilspielen mit imperfekter Information
[Details siehe Beispiele Markteintrittsspiel, Stackelberglösung und F&E‐Investition]
© K. Morasch 2013
Angewandte Spieltheorie
52
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Erweiterung des Strategiebegriffs und „strategischer Zug“
bisher: Strategie als einzelne, unbedingte Entscheidung bzw. Handlung
jetzt: Strategie als Sequenz von bedingten Aktionen
a021
a221
(‐1, ‐1)
a222
(1, 1)
a112 (a021 )
(0, 4‐c)
a111 (a022 )
a022
(reine) Strategien:
s1i = {a1(h1)} mit h1{a021, a022}
s2j = {a02, a22 } („history“ hk hier irrelevant!)
a221
(‐1, ‐1)
a222
(1, 1‐c)
a112 (a022 )
‐ jeder Spieler hat vier Strategien zur Auswahl!
© K. Morasch 2013
(0,4)
a111 (a021 )
Beispiel: Markteintrittsspiel mit vorgelagerter Investition in Überkapazität durch das etablierte Unternehmen
(„strategischer Zug“: a022 –
Investition mit Kosten c)
Angewandte Spieltheorie
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
53
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Perfekte Information und stetiger Strategieraum
Beispiel:
Duopol mit sequentieller Festlegung der Menge (si = xi)
‐ Unternehmen 1 legt Output zuerst verbindlich fest
‐ Unternehmen 2 beobachtet und wählt dann eigene Menge
Ansatz:
‐ Spieler 2 macht Strategie‐
wahl von Beobachtung
abhängig: s2 = r2(x1)
‐ Spieler 1 berücksichtigt
dies bei der Wahl von x1:
max 1(x1, r2(x1))
x2
r1(x2)
Isogewinnkurve: 1(x1, x2)
Nash‐Gleichgewicht
(Lösung für Simultanspiel)
Stackelberg‐
Gleichgewicht
r2(x1) (teilspielperfekt)
Beachte:
Cournot‐Nash, d.h. s2 = x2C für
alle x1 ist nicht teilspielperfekt!
x1
© K. Morasch 2013
Angewandte Spieltheorie
54
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Handlungen
Idee: Das Spiel setzt sich aus K+1 „Stufen“ zusammen, wobei eine Stufe k aus einem Teilspiel mit simultaner Wahl von Aktionen aik besteht und alle Spieler die Aktionen auf den k‐1 davor liegenden Stufen beobachten können (führt auf „history“ hk = (a0, a1,…, ak‐1)).
[(i) Beginn mit k = 0 wegen vereinfachter Notation bei Analyse mit Diskontierung;
(ii) auch alternierende Aktionen durch einelementige Aktionsmenge „nichts tun“] Beispiele:
‐ Cournot‐Duopol (einstufig) ‐ Stackelberg‐Duopol (zweistufig, alternierende Aktionen) ‐ strategischer F&E‐Wettbewerb (zweistufig, Stufenspiele simultan)
‐ Markteintrittsspiel von Dixit (Aktionsraum von „history“ abhängig)
‐ Rubinstein‐Verhandlungsspiel (Stufen nicht unbedingt Zeitpunkte)
© K. Morasch 2013
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
Angewandte Spieltheorie
55
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Beispiel F&E‐Investition – strategischer Effekt und Überinvestition
Beispiel:
‐ Duopol mit Mengenstrategien, DK= GK= 2, p(X)=14– X
‐ Unternehmen 1 kann in k= 0 durch Investition f für Unternehmen 2 beobachtbar seine Kosten auf DK =GK =0 reduzieren
‐ Mengenwettbewerb in k= 1
x2
Auswirkung F&E‐Investition:
A: Wegen geringerer DK höherer Gewinn für Unt. 1 bei gleichen Mengen (direkter Effekt)
B: Da die Grenzkosten sinken, besteht
für Unt. 1 bei gegebenem x2 ein Anreiz zur Ausweitung der eigenen Absatzmenge (Mengenausweitungseffekt)
r1(x2)
C: Da Unt. 1 für jede gegebene Menge von Unt. 2 mehr produziert, wird Unt. 2 seinen Absatz reduzieren (strategischer Effekt) r1´ (x2)
A
B
C
r2(x1)
x1
Überinvestition: bei diskreter Entscheidung erfolgt Investition auch für höheres f
© K. Morasch 2013
Angewandte Spieltheorie
56
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
Rubinstein Verhandlungsspiel
Annahmen: ‐ Zwei Spieler, Aufteilung eines „Kuchens“ der Größe 1: z=(z1, z2) mit z1 +z2 =1
‐Spieler machen abwechselnd Vorschläge; akzeptiert oder Gegenvorschlag in t+1:
t= 0: Sp. 1: a10 = (x,1–x); Sp. 2: a211 =ja  Ergebnis z= (x,1–x), a221 = nein  weiter
t = 1: Sp. 2: a22 = (y, 1– y) usw. bis ein Spieler das Angebot des anderen akzeptiert ‐ Nutzen abhängig von zi und Verhandlungsdauer: ui = it zi mit 0≤ i ≤ 1
‐ endlich: K+1=1 Diktatorspiel, K + 1= 2 Ultimatumspiel; hier: (potentiell) unendlich!
Teilspielperfektes Gleichgewicht ohne Endperiode?
‐ muss für jedes in t ≥ 0 beginnende Teilspiel ein Nash‐Gleichgewicht beinhalten
‐ bei unendlichem Horizont ist Spiel in geraden und ungeraden Perioden identisch
Spieler i, der über Annahme des Angebots entscheidet, muss gerade indifferent sein
zwischen Auszahlung in t bei Annahme und Auszahlung in t +1 bei Ablehnung:
1t (1– y) = 1t+1 x
x*=(1– 2)/(1– 12) in t =0,2,…
[(1– 2)/(1– 12), *=


z
t t+1
2 (1– x) = 2 y
y*=(1– 1)/(1– 12) in t =1,3,… (1– 1)2/(1– 12)] Wegen Diskontierung für Spieler 1 schon in Periode t = 0 optimal x* anzubieten!
Fragen: (i) Auswirkung Reihenfolge und Diskontfaktor? (ii) endlicher Horizont?
© K. Morasch 2013
Angewandte Spieltheorie
57
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
Kritik an Rückwärtsinduktion und Teilspielperfektheit
Fragen: (i) Ergebniss immer plausibel? (ii) tatsächliches Verhalten wie vorhergesagt?
Drei (Bei)Spiele zur Veranschaulichung kritischer Aspekte:
1 s11
2
s12
s21
N sN1
s22
(1,1,..,1)
sN2
(½, ½,.., ½)
(⅟N, ⅟N,.., ⅟N)
1
1 a120 2 a22 1 a122 2 a223 1 a124
a211
a110
(1,0)
(0,1)
a112
(3,0)
(1) viele Spieler
(2,2,..,2)
a213
a114
(2,4)
(2) zwei Spieler mehrmals
(5,5)
1
3
(6,3)
a211
2
a110
(3) mehrere Nash‐Gleichgewichte
1
a221
a120
a312
a322
1
a112
(0,0,0)
a122
(7,10,7)
a112
(7,10,7)
a122
(0,0,0)
(8,6,8)
(6,0,6)
© K. Morasch 2013
Angewandte Spieltheorie
58
1. Einführung: Idee, Beispiele, formale Darstellung
2. Statische Spiele bei vollständiger Information
3. Dynamische Spiele und unvollständige Information
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
Dynamische Spiele und unvollständige Information
Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Handlungen:
Rückwärtsinduktion und Teilspielperfektheit
Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
Spiele mit unvollständige Information:
Bayes‐Nash‐ und sequentielles Gleichgewicht
Literatur zu 3.2:
Holler/Illing, 4.2 (ohne 4.2.7), Dixit/Skeath, 11.1 + 11.2, Sieg 3.4+3.5
© K. Morasch 2013
Angewandte Spieltheorie
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
59
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
Aufbau von Abschnitt 3.2:
• Konzept „wiederholtes Spiel“
dynamisches Spiel mit stationärer Struktur, Aktion in t von Spielverlauf abhängig
• Gefangenendilemma als wiederholtes Spiel einstufiges vs. mehrstufig, aber endliches vs. unendlich oft wiederholtes Spiel • Folktheoreme
endlich vs. unendlich oft wiederholtes Spiel, Konzept „individuell rationale Auszahlungen“
• Probleme und Erweiterungen stochastische Spiele, neuverhandlungsstabile Gleichgewichte,
Lösungsansätze für Diskontinuität zwischen beschränkten und unendlichem Zeithorizont
© K. Morasch 2013
Angewandte Spieltheorie
60
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
Konzept „wiederholtes Spiel“
• Dynamisches Spiel mit stationärer Struktur, d.h. ut (at ) = u(at )
(Sonderfall der mehrstufigen Spiele mit beobachtbaren Aktionen): Gesamtspiel (T ) besteht aus Wiederholungen des Stufenspiels.
• Handlungen in früheren Perioden wirken sich zwar nicht auf die Aus‐
zahlungen im Stufenspiel aus, die Spieler haben aber die Möglichkeit, Aktionen in t vom bisherigen Spielverlauf abhängig zu machen (z.B. Bestrafung bei Abweichung vom kooperativen Verhalten).
• Ob andere Lösungen als die Wiederholung der Nash‐Gleichgewichte des Stufenspiels realisierbar sind, hängt entscheidend vom Zeithorizont ab (endlich vs. unendlich oft wiederholte Spiele).
Daneben spielen aber auch die Struktur des Stufenspiels sowie die Annahmen bezüglich Rationalität und Information eine wichtige Rolle.
© K. Morasch 2013
Angewandte Spieltheorie
61
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
Gefangenendilemma als wiederholtes Spiel
Stufenspiel:
Gesamtspiel (T ) :
a21
a22
‐ einheitlicher Diskontfaktor 
‐ Orientierung an „Durchschnittlicher abdiskontierter Auszahlung“ (DAA)
a11
a12
(1, 1)
(2, ‐1)
(‐1, 2)
(0, 0)
Beachte:
‐ Aktionen statt Strategien
‐ Auszahlungen anders normiert
(erleichtert Berechnungen)
© K. Morasch 2013
1
1   T 1
T

t
ui ( a t )
t0
Umskalierung (gleiche Präferenzen), um Aus‐
wirkungen von Änderungen des Diskontfaktors und des Zeithorizonts leichter zu beurteilen
‐ Vergleiche (i) einstufiges Spiel,
(ii) mehrstufiges, aber endliches Spiel
und (iii) unendliche Wiederholung
Angewandte Spieltheorie
62
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Endlich vs. unendlich oft wiederholtes Spiel
• Theorem: Falls sC das einzige Nash‐Gleichgewicht eines Stufenspiels (N, S, u),
so ist die ständige Wiederholung von sC das einzige teilspielperfekte Gleichgewicht des endlich oft wiederholten Spiels (T )
• Folktheorem: In einem unendlich oft wiederholten Spiel (,  ) lässt sich für  1 jede zulässige individuell rationale Auszahlungskombination als teilspielperfektes Gleichgewicht realisieren (auch kooperatives Verhalten)
individuell rationale Auszahlungen:
V C = {u(s)|sS, ui  uiC für alle iN}
mit uiC als Auszahlung, die sich ein
Spieler mindestens sichern kann
(mit Konfliktpunkt C = (u1C,…, unC )
und pareto‐optimalem Punkt P )
u2
Paretogrenze
P
VC
C
u1
© K. Morasch 2013
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
Angewandte Spieltheorie
63
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Probleme und Erweiterungen
• Stochastische Spiele: Strafpfad ohne Abweichung ‐ wie zurück?
 Rückkehr zu Kooperation nach festgelegter Strafperiode
• Bei Vergeltung auch geringere Auszahlung für Bestrafende  Drohung unglaubwürdig 
Lösung: neuverhandlungsstabile Gleichgewichte • Diskontinuität zwischen beschränkter und unendlichem Zeithorizont
‐ Stufenspiel mit mehreren Nash‐Gleichgewichten
(Folktheorem für T  )
 Beispiel: ‐ Möglichkeit „irrationaler“ Mitspieler
(spielen immer kooperativ)
‐ beschränkte Rationalität
(„befriedigendes Ergebnis“)
© K. Morasch 2013
a21
a22
a23
a11
(1, 1)
(‐1, 2)
(‐2,‐2)
a12
(2,‐1)
(0, 0)
(‐2,‐2)
a13
(‐2,‐2)
(‐2,‐2)
(‐2,‐2)
Angewandte Spieltheorie
64
1. Einführung: Idee, Beispiele, formale Darstellung
2. Statische Spiele bei vollständiger Information
3. Dynamische Spiele und unvollständige Information
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
Dynamische Spiele und unvollständige Information
Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Handlungen:
Rückwärtsinduktion und Teilspielperfektheit
Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
Spiele mit unvollständige Information:
Bayes‐Nash‐ und sequentielles Gleichgewicht
Literatur zu 3.3:
Holler/Illing, 2.5.4, (2.5.5), 3.4, 4.1.2, 4.1.4 (ohne 4.1.4.2)
Dixit/Skeath, ch. 9 (insbes. 9.3 und 9.5); Sieg Kap.6, 7.1+7.2
© K. Morasch 2013
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
Angewandte Spieltheorie
65
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Spiele mit unvollst. Information: Bayes‐Nash und sequentielles Gleichgewicht
Aufbau von Abschnitt 3.3:
• Spieldarstellung bei unvollständiger Information
Transformation in Spiel mit vollständiger Information am Beispiel Markteintrittsspiel
• Bayes‐Nash‐Gleichgewicht
Konzept, Bestimmung im Markteintrittsspiel mit unvollständiger Info über Monopolist
• Dynamische Spiele und sequentielles Gleichgewicht
Problem mit Teilspielperfektheit, Beispiel mit imperfekter Information, Verfeinerungen
• Signalspiele Trennungs‐ vs. Pooling‐Gleichgewicht Markteintrittsspiel mit unvollständiger Information über potentiellen Neueintreter
© K. Morasch 2013
Angewandte Spieltheorie
66
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
Unvollständige Information und „Gemeinsames Wissen“
Markteintrittsspiel mit unvollständiger Information über Kosten
„schwacher“ Monopolist ‐ Mw
„starker“ Monopolist ‐ Ms
(0, 4)
(0,4)
s1
s1
1
s21
1
(b‐1, ‐1)
(b‐1, 1)
s22
(b, ‐1)
s12
s12
K
s21
M
s22
(b, 1)
K
M
Annahmen:
0 < b < 1 und Wahrscheinlichkeit für Ms gleich 
Problem: Grundannahme gemeinsames Wissen nicht erfüllt: Welcher Spielbaum relevant? – nicht (direkt) lösbar!
© K. Morasch 2013
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
Angewandte Spieltheorie
67
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Unvollständige Information und Harsanyi‐Transformation
„Trick“: Transformation in ein Spiel mit vollständiger Information
• Natur legt für jeden Spieler i konkreten Typ ti  Ti mit Ti = {ti1,…, tiZi} fest (konkrete Festlegung nur vom Spieler selbst beobachtbar!)
• Mitspieler haben (subjektive) Wahrscheinlichkeitsschätzungen p(t‐i |ti )
(Kenntnis des eigenen Typs kann Information über Mitspieler liefern!)
• Jeder Typ ti wird als eigenständiger Spieler mit Auszahlungsfunktion
ui (ti) = St‐i p(t‐i |ti ) ui (s1(t1),…, sn(tn), t1,…, tn) betrachtet
• Ein Bayes‘sches Spiel ist dann durch (N,S,T, ,u) beschrieben
(mit T = {T1,…,Tn} und  als Menge der p(t‐i | ti ) aller Spieler) und kann in ein Spiel (T, S´,u´) mit vollständiger aber imperfekter Info transformiert werden (mit S´ als Menge der Si (ti) und u´als Menge der ui (ti))
© K. Morasch 2013
Angewandte Spieltheorie
68
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
Bayes‐Nash‐Gleichgewicht im Markteintrittsspiel
(0, 4)
t21 = Mw
1 ‐ 
s11
s12
(Mw)
s21
(b‐1, ‐1)
Gleichgewicht:
s22
(b, 1)
Mw : s22
(0, 4)
Ms : s21
s11

t22 = Ms
(N)
K
© K. Morasch 2013
s12
Spiel:
T1 = K, T2 = {Mw, Ms}
 = { p(Mw) = 1‐, p(Ms) =  }
(Ms)
M
s21
(b‐1, 1)
s22
(b, ‐1)
K:
s12 falls (1‐ ) b + (b‐1)  0
(d.h. wenn   b)
s11 sonst
Angewandte Spieltheorie
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
69
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Bayes‐Nash‐Gleichgewicht – Konzept und Probleme
s* = (s1*(t1),…,sn*(tn)) mit si (ti) = (si (ti1),…,si (tiZi)) ist ein Bayes‐Nash‐Gleichgewicht, wenn ui (si*(ti), s‐i*(t‐i), ti)  ui (si (ti), s‐i*(t‐i), ti) für alle i, si , ti
Probleme:
• optimale Strategiewahl der Mitspieler basiert auf der Berücksichtigung
des Verhaltens aller möglichen Typen des Spielers i  obwohl Spieler i
seinen Typ ti kennt, muss er sich in seine anderen Typen hineinversetzen
(vgl. dazu Übungsaufgabe zum Bayes‐Nash‐Gleichgewicht mit stetigen Strategien)
• erwartete Auszahlungen (und damit die Strategiewahl) sind abhängig
von den subjektiven Wahrscheinlichkeitsschätzungen jedes Spielers  nahezu alle Strategiekombinationen als Gleichgewicht rationalisierbar
Lösungsansatz: Common‐prior‐Annahme und Bayes‘sches Updating
(ausführliche Diskussion anschließend im Zusammenhang mit Signalspielen)
© K. Morasch 2013
Angewandte Spieltheorie
70
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
Teilspielperfektheit greift nicht bei imperfekter Information!
Beispiel 1a: Markteintritt mit nicht‐beobachtbarer Technologie
extensive Form
s1
1
A
s12
s13
B
strategische Form
(0,4)
s21
(‐1,‐1)
s22
(1,1)
s21
(‐½,‐½)
s22
(‐1,1)
s21
s22
s11
(0,4)
(0,4)
s12
(‐1,‐1)
(1,1)
s13
(‐½,‐½)
(‐1,1)
Problem: Beide Nash‐Gleichgewichte sind hier teilspielperfekt!
© K. Morasch 2013
Angewandte Spieltheorie
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
71
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Sequentielles Gleichgewicht: Konzept und Anwendung
Definition: Ein Paar (s, ) mit Strategien s und Wahrscheinlichkeitsschätzungen 
stellt ein sequentielles Gleichgewicht dar, wenn
(i) jede Aktion eines Spielers zu gegebenen s‐i und Wahrscheinlichkeits‐
schätzung  an jeder Informationsmenge eine optimale Wahl darstellt und
(ii) die Wahrscheinlichkeitsschätzungen über das Verhalten der anderen Spieler mit den im weiteren Spielverlauf optimalen Strategien dieser Spieler konsistent sind (insbesondere Anpassung der A‐priori‐Wahrscheinlichkeiten entsprechender Bayes‘scher Regel)
Anwendung auf Beispiel 1a:
(s11, s21) ist kein sequentielles Gleichgewicht, da für beliebiges A der erwartete Nutzen für Spieler 2 bei s22 höher ist (d.h. s21 wird von s22 dominiert)
© K. Morasch 2013
Angewandte Spieltheorie
72
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
Grenzen des Konzepts und „Verfeinerungen“
Beispiel 1b: Unplausibles sequentielles Gleichgewicht
(0, 4)
s11
A
s12
(‐1,‐1)
s21
B
Menge aller Gleichgewichte:
{(s12, s22, A =1), (s11, s21, A < 1/3 ),
s22
(1, 1)
s21
(‐½, 2)
s22
(‐1, 1)
s13
© K. Morasch 2013
Idee: geänderte Auszahlung 2
für Monopolist bei (s13, s21)
 (s11, s21, A) nun sequentielles
Gleichgewicht falls A < 1/3
(s11, p(s21 )  ½, A = 1/3 ) }
aber: A  1/3 unplausibel, da
s13 von s11 strikt dominiert 
Markteintritt nur mit s12 sinnvoll!
Angewandte Spieltheorie
73
3.1 Mehrstufige Spiele mit beobachtbaren Aktionen
3.2 Wiederholte Spiele und kooperatives Verhalten
3.3 Spiele mit unvollständige Information
Institut für
Ökonomie und Recht
der globalen Wirtschaft
Signalspiele: Trennungs‐ vs. Pooling‐Gleichgewicht und Verfeinerung
Beispiel 2: Unvollständige Information über Markteintreter
(0, 4)
ts
s11
s12

A
s21
(‐1,‐1)
s22
(1, 1)
s21
(‐½, 2)
s12
1 ‐ 
B
tw
s22
(‐1, 1)
s11
Idee: potentieller Neueintreter kann schwach (tw) oder stark (ts) sein
T1 = {ts, tw}, T2 = M
p = { (ts) =  ,  (tw) = 1‐ }
als A‐priori‐Wahrscheinlichkeiten
Signal durch Markteintritt:
‐ Trennungs‐Gl.gew.:  (ts|s12) = 1
‐ Pooling‐ Gl.gew.:  (ts|s12)  1/3
Verfeinerung:
Monopolist schließt aus, dass der Neueintreter eine dominierte Strategie spielt
(0, 4)
© K. Morasch 2013
Angewandte Spieltheorie
74
Herunterladen