Till Ferber, Jahrgangsstufe 12, Eichendorff-Gymnasium Koblenz! Betreuende Lehrkraft: Oliver Simon! ! Eichendorff-Gymnasium Koblenz! Friedrich-Ebert-Ring 26-30! 56068 Koblenz! ! Till Ferber! Rheinhöhe 10! 56182 Urbar! E-Mail: [email protected]! ! ! "Die Mehrheit? Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn, Verstand ist stets bei wen'gen nur gewesen. Der Staat muß untergehen, früh oder spät, wo Mehrheit siegt und Unverstand entscheidet."! ! ! Politische Realität! Diese Aussage aus Schillers „Demetrius“ hat durchaus etwas für sich. Ganz offensichtlich ist dies eine Kriegserklärung an die Demokratie, die zu dieser Zeit erstmals gedacht, aber erst über ein Jahrhundert später überhaupt in deutschsprachigen Regionen eingeführt wurde. Oft schon führten Mehrheitsentscheidungen, nicht erst seit dem Wahlergebnis der FDP im Jahre 2009, die von später nicht erfüllten Wahlversprechen profitierte, zu unliebsamen Ergebnissen - das „mehr netto vom Brutto“-Versprechen wurde nur für einen Minimalanteil der Wählenden zur Realität.! Der ständige Zwang, sich Mehrheiten zu beschaffen, führt schließlich zu dem Problem, mit denen sich alle demokratischen Staaten konfrontiert sehen und welches von den Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern stark kritisiert wird, obwohl die Schuld doch bei ihnen selbst liegt: Nahezu alle Staaten sind verschuldet. Und nicht nur verschuldet, sondern verschuldet mit steigender Tendenz. ! ! Woran liegt das? Die Mehrheit wählt nicht diejenigen, die die ausgereiftesten Wahlprogramme haben. Die Mehrheit wählt nicht die, die dem jeweiligen Staat, dem Kontinent oder der Welt am besten täten. Nein, die Mehrheit wählt den Weg des langfristigen Selbstbetrugs, da die Mehrheit Wahlversprechen umgesetzt sehen möchte, die ihr Kapital oder ihre materiellen Güter steigern oder zumindest in möglichst geringen Umfang antasten. Und somit werden diejenigen gewählt, die mehr für die Mehrheit ausgeben (bzw. proklamieren, es zu tun) und versprechen, weniger aus der privaten Hand zu entreißen, sei es in Form von Steuern oder sonstigen Abgaben. Jedoch betrügt dieses Modell diejenigen, die glauben, dass es ihnen dient: Die Ausgabenseite steigt, während die Einnahmenseite entweder sinkt, unverändert bleibt oder unverhältnismäßig gering zur Ausgabenseite ansteigt.! Als Folge dessen steigt die Verschuldung immer weiter, zu unangenehm erscheint der Gedanke, mehr bezahlen zu müssen. Doch wird das Problem größer und wenn der Zeitpunkt kommt, an dem kein Ausweg außer dem konkreten Handeln besteht (sprich: Die Erhöhung der staatlichen Einnahmen oder Kürzung der Ausgaben), wird es exponentiell unangenehmer, da die Gegenmaßnahmen parallel zur radikal steigenden Verschuldung folgerichtig ebenso radikal sein werden.! Ein Zwischenfazit kann man also bereits ziehen: Dieses System ist eine Zeitbombe. Und sie tickt. ! ! Demokratie - Ein Auslaufmodell! „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“, schrieb Karl Marx einst in einem vollkommen anderen Kontext - dennoch ist es auch in diesem Kontext durchaus passend: Die politischen Fähigkeiten der wählenden Mehrheit sind bedauerlich gering, die Bedürfnisse der wählenden Mehrheiten in kapitalistischen Staaten liegen meist - wenig überraschend - am Kapital. Und so laufen diese Staaten auf kurz oder lang auf die Sandbank der hohen Schulden auf. ! ! Ein weiterer beunruhigender Fakt ist, dass sich Mehrheiten leicht von "Berichterstattung" lenken lassen. Die Meinungen ändern sich schnell, wenn Fern gesehen, Zeitung gelesen oder Radio gehört wird. Reflektiert oder gar recherchiert wird eher wenig.! Ziehen wir ein Zwischenfazit: Die Mehrheit in demokratischen Staaten entscheidet bzw. wählt tatsächlich nicht reflektiert und, wie vorangehend geschildert, auch nicht zukunftsbewusst. ! Somit ist eines klar: So kann eine Demokratie nicht funktionieren. ! ! Doch die offensichtliche Folgefrage ist: Wenn "die Mehrheit […] der Unsinn" ist, welche Person, Personengruppe oder Klasse soll die Entscheidungen treffen?! ! Die Möglichkeit der Diktatur kann von Beginn an ausgeschlossen werden. Die Geschichte hat mehrfach gezeigt, dass eine Person allein weder in allen zu bearbeitenden Bereichen die nötige Fachkompetenz besitzen kann, noch wirkt sich ein auf eine Person beschränktes Machtmonopol gut auf dessen Herrschaftsstil aus - Selbsterhaltung als oberste Maxime des Handelns mag zu Zeiten Niccolò Machiavellis funktioniert haben, wäre heute jedoch innenpolitisch nicht mehr möglich, da die erworbenen freiheitlichen Rechte der Bevölkerung (wie z.B. die Menschenrechtskonvention, die weltweit nahezu überall ratifiziert wurde) nicht aufgegeben werden, da die Angst vor einem totalitären Regime zu groß ist. Des Weiteren bedeutet absolute Macht (im engeren Sinne) auch despotische Willkür, da ein der Herrschende an keine Gesetze gebunden ist. Misstrauen würde prägender Bestandteil in sowohl Innen- als auch Außenpolitik werden, schließlich kann der Wille einer/eines Einzelnen noch leichter beeinflusst werden als einer großen Masse. Auch müsste ein Diktator mehr Entscheidungen zeitgleich treffen, als ein Mensch es jemals wird tun können. ! Aus diesen Gründen wäre eine Diktatur ebenfalls nicht geeignet, um zukunftsträchtige Ziele zu erreichen.! ! Eine Art Aristokratie hingegen hat durchaus das Potenzial, viel zu erreichen. Selbstverständlich wäre der Gedanke, dass eine sich auf erblicher Legitimation gründende Klasse, wie der Erbadel des Mittelalters und in Teilen der Neuzeit es tat, nicht haltbar, schließlich lässt sich nach aktuellem wissenschaftlichen Stand weder Intelligenz noch zukunftsbewusstes Denken genetisch weiterreichen. ! Auch eine am Kapital orientierte Selektion ist kein Maßstab für Entscheidungsqualität - schließlich waren es vorwiegend die kapitalstarken Personen, die durch Fehlspekulationen, Fehlinvestitionen und Fehlentscheidungen im Finanz- und Wirtschaftswesen in jüngerer Zeit für Aufsehen sorgten.! Sollten vielleicht die tragenden Säulen der Gesellschaft wie die der Arbeitendenschaft entscheiden? Oder diejenigen, die ehrenamtliches Engagement vorweisen können und so zum Wohl der Gesellschaft agieren? Diese Liste lässt sich wohl noch bis in die Unendlichkeit weiterführen, doch eint die Differenzierung nach Berufsgruppen eine Gemeinsamkeit: Nichts daran bestätigt, dass ein politisches Verständnis vorliegt - besonders im Rahmen des stetig fortschreitenden politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Globalisierungsprozesses, der Politik umso komplexer macht. ! Das Ziel, dass es zu erreichen gilt, ist also eine unbezweifelbare Definition einer gesellschaftlichen Klasse, Schicht oder Gruppierung, die mit unanfechtbarer Sicherheit zum Wohle Aller agiert, nicht auf Basis spontaner Schenkungen und Versprechen, sondern weise und zukunftsbewusst. ! So angenehm dies wäre, so lautet die ernüchternde Wahrheit: Es gibt sie nicht. Es gibt keine klaren Kriterien, nach denen man selektieren könnte, keine gänzlich ideologiefreien Politikerinnen und Politiker, keinen Maßstab für Fachwissen und Verantwortungsbewusstsein. ! Somit ist auch diese Staatsform nicht realisierbar. ! ! Die Bildung des Verstands! Was nun? „Die Mehrheit ist Unsinn, Verstand ist stets bei wen'gen nur gewesen.“ Da dies offenkundig ist, die prominenten Staatsformen jedoch ausgeschlossen sind, kann dieses Problem nur auf eine Art und Weise behoben werden: Die Mehrheit muss den „Unverstand“ überwinden. ! Dies muss und kann nur durch eine umfassende Politisierung erfolgen. Dessen Folge ist zwangsläufig auch eine Änderung der Denkweise hin zu einer zukunftsbewussteren Politikgestaltung. Drei Schritte sind nötig, um dies zu erreichen: ! Durch die Möglichkeiten der modernen Kommunikation und neuer Medien ist es besser denn je möglich, sich auf mehreren Wegen über politische Realitäten zu informieren. Dies ist auch nötig, da die traditionellen Medien wie Fernsehen und Zeitungen über ein und den selben Sachverhalt verschieden ausführlich und mit verschiedenen Wertungen berichten. Zwar ist bereits mit diesem Medium eine multiperspektivische Betrachtung möglich, jedoch führen die kommerziellen Interessen der Verlage oft zu mängelbehafteten Berichten. Da auch der Staat aufgrund seiner Eigeninteressen keine weitestgehend neutrale Berichterstattung betreibt, dienen auch staatliche Nachrichten(dienste) bestenfalls als ein Teil des Ganzen. Der erste Schritt zur Politisierung ist somit eine umfassende Bildung und Erkenntnis der sozialen und politischen Lage, die aus möglichst vielen Quellen erfolgen muss, um einen Teil des "Unverstands" auszumerzen. ! ! Der zweite Schritt ist die politische Willensbildung. Die im ersten Schritt gewonnene Erkenntnis muss auf Sinn und Unsinn, auf Verstand und Unverstand, überprüft werden. Argumente aus den Informationsquellen müssen ausgewogen und gewichtet, einzelne Themen genau reflektiert werden, um eine fundierte Meinung zu vertreten und sich keiner monokausalen Vereinfachung der Tatsachen hinzugeben. Vor allem zukunftsbewusstes Denken muss elementarer Bestandteil der Auslotung sein, wenn die Mehrheiten weiter die Politik bestimmen will, da nicht zukunftsbewusste Entscheidungen den Eindruck, dass die Mehrheit Unsinn sei, verstärken und die Demokratie somit gefährden würde. Jene beiden Schritte wären schon eine neue Ebene der politisierten Mehrheit, die die Ergebnisse der Wahlen extrem verändern würden. Ebenjene Mehrheit hätte den Unverstand überwunden. ! ! Doch der dritte Schritt ist unabdinglich, wenn o.g. Schritte dem vorangehen: Die direkte Partizipation, da der Drang wächst die neu erkannten Probleme zu beheben. Diese kann auf verschiedenste Arten funktionieren. Als Reaktion auf die wahrgenommenen Umstände werden sich verschiedene Personen dieser politisierten Mehrheit mit verschiedenen gesellschaftlichen Schwerpunkten in verschiedenen Positionen beteiligen. In Parteien (entweder bestehenden oder neu gegründeten, da mit der Willensbildung u.U. auch neue Ideen und Grundsätze entstehen können) oder in Verbänden von z.B. sozialer oder ökologischer Art usw. So verschiebt sich auch die berufliche Orientierung der Gesellschaft auf zukunftsweisendere Berufsfelder und darauf folgend auch die Ausrichtung der Ökonomie, die ebenfalls durch den Politisierungsprozess in ihrer Art selbst hinterfragt werden wird. ! Somit lässt sich feststellen, dass eine Politisierung mehr bedeutet als lediglich das Informieren der Bevölkerung; sie bedeutet vielmehr massive gesellschaftliche Änderungen in allen Bereichen.! ! Unter genannten Gesichtspunkten müssen auf mehrheitsbasierten Entscheidungen basierende Staaten nicht, wie im Zitat aus „Demetrius“ angegeben, untergehen, doch um dies zu erreichen, ist jedes Individuum als solches sowie der Staat als Institution, der auch die Bildung zum Auftrag hat, gefragt. Nicht zuletzt auch im Interesse der Selbsterhaltung, die unter o.g. Bedingungen letzen Endes dem Wohle aller dient. ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! Ich versichere, dass ich die Arbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die angegeben Quellen benutzt habe und alle Entlehnungen als solche gekennzeichnet habe. ! ! ! ___________________________