Verwaltungslehre (FT2010), Prof. Dr. Rainer Prätorius: Politik und Verwaltung: die Politisierung der administrativen Elite? Ausgearbeitet von: Camille Launay, Frederic Payelle, Robert Hoffmann, Alexander Mende, Klaus Guillemot und Vanessa Kaufmann Blick auf Deutschland: Grundsätze: → Art.135 GG, Art. 33GG: Neutralität und Loyalität des Beamtentums, Trennung von Amt und Mandat Arten der Politisierung: Politisierung inhaltlich (Wahrnehmung politischer Aufgaben) formale/ Parteipolisierung (politisch kontrollierte Besetzung von Positionen) Politisierung als parteipolitische Betätigung funktionale (politisch responsive und vorausschauendes Handeln von Bürokraten) Ziel der Politik: effektive Steuerung und Kontrolle des Verwaltungsapparates (Spitzen als politisches Regulativ, intentionsgemäße Umsetzung politischer Leitlinien in Verwaltungshandeln) Selbstwahrnehmung und Empirie: -gewachsenes Verständnis für Erfordernisse der Politik und die Eigenarten des politischen Prozesses -positive Einschätzung der politischen Seite der Arbeit (vor allem beamtete Staatssekretäre) -nur 1,6% geben an es gebe keine Überlappung zwischen Politik und Beamtentum -Erwartungen der Politik werden an die Bürokratie kommuniziert (nur 11% sehen sich als unabhängig) -3,2% geben an die sachlich beste Entscheidungsoption zu wählen (ohne Berücksichtigung der politischen Präferenz) -65% - Kompromiss zwischen fachlichen und politischen Notwendigkeiten -Illoyalität: 40% der Beamten akzeptieren die Fortführung der bisherigen Ressortpolitik nach einem Regierungswechsel Indiz: Austausch des „Leistungspersonals“ (beamtete Staatssekretäre) nach einem Regierungswechsel Vergleich mit dem französischen System: Anzahl höherer Beamte: 4400 Rekrutierung und Einstellungsmerkmale: Bildung (Grand Corps), Tradition, Karriere (Verwaltung als eine zu absolvierende Stufe auf dem Weg in die Politik), Prestige, Beziehungsnetzwerke Die Rolle der Beamten im politischen Prozess: -die Generaldirektoren stellen die Spitze der Ministerien (Loyalität besteht aber nur hingegen des Korps) -Legitimitätsmängel (Politik durch Struktur des Parlamentarismus dazu gezwungen sich der Verwaltung politisch zu bemächtigen: Abstimmungsparlament) Ämterpatronage: Definition: ,,Ämterpatronage ist jede Bevorzugung oder Benachteiligung von Bewerbern um ein Amt im öffentlichen Dienst oder von Angehörigen des öffentlichen Dienstes bei deren Einstellung, Beförderung oder funktionellen Veränderung des Aufgabenbereichs, die gegen die Auswahlkriterien des Art. 33 Abs.2 GG verstößt und nicht durch andere Verfassungsprinzipien gerechtfertigt ist.“ (Manfred Wichmann) Arten: Herrschaftspatronage Versorgungspatronage -Patron besetzt ein Amt mit einem von ihm Abhängigen, der sich durch seine Leitbilder bestimmen lässt -Besetzung als eine Belohnung (materielle Versorgung) → Verstoß gegen Leistungsprinzip, Gleichheitsprinzip (Art.33 II, III GG) Vorteile Nachteile - sichert den Parteien Mitglieder - Kompensation für Steuerungsverlust - überholte Neutralität der Verwaltung - Allmacht der Parteien - Leistungsverlust der Verwaltung - Aufblähung des öffentlichen Dienstes - Gefährdung der Neutralität der Verwaltung / erhöhte Korruptionsgefahr - Motivationsverlust bei übergangenen Beamten -Verlust an Produktivität durch vorauseilenden Gehorsam und parteipolitische Motivations- und Denkmuster - Parteilose bei Ernennung durch fehlende Chancengleichheit im Nachteil - Vertrauensschwund in der Bevölkerung - Verbeamtung der Parteien und Parlamente Quellen: Arnim, Hans Herbert von 2001: Das System. Die Machenschaften der Macht, Rottenburg. Auf dem Hövel, Jörg 1996: Politisierung der öffentlichen Verwaltung durch Parteien? Ursachenforschung und normative Debatte, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 27, Heft 1, 8295. Auf dem Hövel, Jörg 2003: Politisierung der öffentlichen Verwaltung. Eine empirische Untersuchung der Stadtverwaltung Hamburg, Opladen. Bogumil, Jörg/ Jann, Werner/ Nullmeier, Frank. 2006. Politik und Verwaltung. Wiesbaden. Kloepfer, Michael 2001: Politische Klasse und Ämterpatronage, in: Zeitschrift für Beamtenrecht, Jg. 49, Heft 1, 189-194. Lorig, Wolfgang H. 1994: Parteipolitik und öffentlicher Dienst. Personalrekrutierung und Personalpatronage in der öffentlichen Verwaltung, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 25, Heft 1, 94-107. Röber, Manfred 2001: Das Parteibuch. Schattenwirtschaft der besonderen Art?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Jg. 51, Heft 32-33, 6-14. Weigert, Manfred 2004: Karriere im öffentlichen Dienst, Frankfurt/Main. Wettengel, Philip 2005: Parteipolitische Ämterpatronage in der Ministerialbürokratie der Bundesländer, Konstanz.