Die transkriptionelle Regulation des roughest

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Die transkriptionelle Regulation
des roughest Gens
in Drosophila melanogaster
Inaugural-Dissertation
zur Erlangung der Doktorwürde
der Fakultät für Biologie
der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau
vorgelegt von
Holger Apitz
aus Tübingen
Dezember 2003
meinen Eltern
Die vorliegende Arbeit wurde zwischen Januar 1999 und Dezember 2003 in den Laboratorien
von Prof. Dr. K. F. Fischbach, Institut für Biologie III, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg,
und Prof. Dr. R. G. P. Ramos, Universidade de Sao Paulo, Ribeirao Preto, Brasilien,
angefertigt.
Ich versichere, keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel und Quellen benutzt zu haben.
______________________________________
Holger Apitz
Freiburg, Dezember 2003
Dekan:
Prof. Dr. H. Kleinig
Betreuer und Referent der Arbeit:
Prof. Dr. K. F. Fischbach
Koreferent:
Prof. Dr. W. Driever
Abkürzungen
1° p.c
primäre Pigmentzelle
2° p.c.
sekundäre Pigmentzelle
3° p.c.
tertiäre Pigmentzelle
βGal
β-Galaktosidase
bp
Basenpaare
ddH2O
double destilled water
DNA
Desoxyribonukleinsäure
dNTP
Deoxynukleosidtriphosphat
EtOH
Ethanol
Fn
n-te Filialgeneration
GFP
Green fluorescent protein
kb
Kilobasen
IOC
Interommatidialzellen
LIII
Larve im 3. Larvalstadium
M
molar
MeOH
Methanol
ml
Milliliter
µl
Mikroliter
mRNA
messenger RNA
nm
Nanometer
OD
optische Dichte
p.a.
pro analysi
pm
picomolar
P_
Pupalentwicklung in %
RNA
Ribonukleinsäure
rpm
rounds per minute
RT
Raumtemperatur
R-Zellen
Retinula-Zellen
TF
Transkriptionsfaktor
UAS
upstream activating sequence
ÜN
über Nacht
Vol.
Volumen
(v/v)
Volumenprozent
(w/v)
Gewichtsprozent
Inhaltsverzeichnis
1.
Zusammenfassung
1
2.
Einleitung
2
2.1.
Drosophila als Modellsystem
3
2.2.
2.2.1.
2.2.2.
2.2.3.
Regulation der Genexpression
Promotoren
Enhancer
Computervermittelte Methoden der Charakterisierung cis-regulatorischer
DNA
4
5
6
8
2.3.
2.3.1.
2.3.2.
2.3.3.
2.3.3.1.
2.3.3.2.
2.3.3.3.
2.3.3.4.
Das neuronale Zelladhäsionsmolekül Roughest
Die Klonierung des roughest Gens
Die Expression von roughest
Potentielle Regulatoren der roughest Expression
Single minded
Der Ras-MAPK Signalweg
Der Notch Signalweg
Dmef2 und weitere mesodermale Transkriptionsfaktoren
12
12
14
15
16
18
20
22
2.4.
Zielsetzungen dieser Arbeit
25
3.
Material und Methoden
26
3.1.
3.1.1.
3.1.2.
3.1.3.
3.1.4.
3.1.5.
3.1.6.
3.1.7.
Material
Geräte
Medien und Lösungen
Molekularbiologische Kits
Plasmide
Primer
Antikörper
Fliegenstämme
26
26
26
28
28
28
28
29
3.2.
3.2.1.
3.2.1.1.
3.2.1.2.
3.2.1.2.1.
3.2.1.2.2.
3.2.1.2.3.
3.2.1.3.
3.2.1.4.
3.2.1.5.
Methoden
Arbeiten mit Drosophila
Bestimmung des Pupalstadiums von Drosophila
Arbeiten mit Drosophila Embryonen
Sammeln von Drosophila Embryonen
Dechorionisieren von Drosophila Embryonen
Devitellinisieren von Drosophila Embryonen
P-Element vermittelte Keimbahntransformation von Drosophila
Enhancer Detection in Drosophila
Gal4 / UAS-System und Enhancer Trap Methode in Drosophila
30
30
30
31
31
31
31
31
33
34
3.2.1.6.
3.2.1.7.
3.2.1.8.
3.2.1.8.1.
3.2.1.8.2.
3.2.1.8.3.
3.2.1.9.
MARCM- und FLP / FRT - System in Drosophila
Arbeiten mit temperatursensitiven Mutanten von Drosophila
Histologische Methoden
Kragentechnik (Heisenberg-Böhl-Methode)
X-Gal Färbungen
Antikörperfärbungen
Bildaufnahme am konfokalen Laserscanmikroskop
36
37
38
38
38
39
39
3.2.2.
3.2.2.1.
3.2.2.2.
3.2.2.3.
3.2.2.4.
3.2.2.5.
Molekularbiologische Methoden
Klonierung rekombinanter DNA
Polymerase Ketten Reaktion (PCR)
5'-RACE
Zielgerichtete Mutagenese von DNA Sequenzen
DNA-Sequenzierungen
41
41
41
42
42
42
3.2.3.
3.2.3.1.
3.2.3.2.
3.2.3.3.
3.2.3.4.
Bioinformatische Methoden
BLAST-Programme für das Alignment kurzer Sequenzabschnitte
Programme zur vergleichenden Sequenzanalyse langer Sequenzabschnitte
Auffinden von DNA-Konsensusbindungsstellen
Virtuelles Klonieren
42
42
42
43
43
4.
Ergebnisse
44
4.1.
4.1.1.
Identifizierung der Transkriptionsstartstelle von rst
5'-RACE-Experiment zur Identifizierung der Transkriptionsstartstelle von
rst
Der rst Promotor besitzt ein Inr und DPE, aber keine TATA-Box
44
44
Identifizierung und Charakterisierung von regulatorischen rst
Sequenzen
Übersicht über die zur Identifizierung und Charakterisierung von rst cisregulatorischen Sequenzen erstellten transformanten Linien
Identifizierung von rst cis-regulatorischen Sequenzen in einem EnhancerDetection-Screen
Konstruktion von pChs-Gal4, einem neuen Vektor für die Erstellung von
Drosophila Gal4-Linien
Erstellung von rst-Gal4 Drosophila Linien
Durch die Zerlegung der rst cis-regulatorischen Sequenzen sind
spezifische regulatorische rst Module in Reportergenexpressionsstudien
identifizierbar
45
4.1.2.
4.2.
4.2.1.
4.2.2.
4.2.3.
4.2.4.
4.2.5.
44
45
46
48
49
50
4.3.
Ein Screen für potentielle Aktivatoren der rst Expression
58
4.4.
Sim, Dmef2, der Notch- und der Ras-MAPK Signalweg wirken
aktivierend auf identifizierte rst cis-regulatorische Sequenzen
61
4.5.
Die durch Sim, Dmef2, Pnt.P1 und Su(H)-VP16 aktivierbaren rst cisSequenzen enthalten Enhancer für eine mit dem Wirkungsort dieser
Faktoren korrelierbaren Reportergenexpression
63
4.6.
Computervermittelte Analyse des Informationsgehalts der rst cisregulatorischen Sequenz
Vergleich des Informationsgehalts der rst cis-regulatorischen Sequenz mit
nicht-regulatorischen Sequenzen
In der rst cis Sequenz befinden sich konservierte
Konsensusbindungsstellen für Sim, Dmef2, Pnt und Su(H)
65
4.6.1.
4.6.2.
4.7.
4.7.1.
4.7.2.
4.7.3.
4.7.4.
4.7.5.
4.7.6.
4.7.6.1.
4.7.6.2.
4.7.6.3.
4.7.6.4.
Die Regulation von rst durch Single minded
Rst ist in der embryonalen Mittellinie subzellulär und temporal
hochspezifisch exprimiert
In der Mittellinie ist Rst abhängig von sim
Ektopisches Sim kann rst ektopisch aktivieren
Sim wirkt auf die identifizierte regulatorische rst Sequenz, die
Reportergenexpression in der embryonalen Mittellinie vermittelt
Die rst Reportergenexpression in der ventralen Mittellinie hängt von zwei
CME Motiven ab
Rst ist in den optischen Loben von sim Mutanten exprimiert
Homozygote simJ1-47 Mutanten zeigen einen starken Defekt in den
optischen Loben von Drosophila
Vergleich der Expressionen von Rst und Sim in larvalen und pupalen
optischen Loben
Rst ist in den optischen Loben von simts Mutanten exprimiert
In optischen Loben mit mutanten simH9 Zellklonen kann keine
Veränderung der Rst-Expression beobachtet werden
65
69
72
72
74
75
76
76
79
79
80
81
83
4.8.
Rst ist in den Augenscheiben von EGFR, Notch, lozenge, atonal und
Broad-Complex Mutanten exprimiert
84
4.9.
Rst, Sns und Hbs sind in den optischen Loben von asense Mutanten
exprimiert
87
4.10.
Rst ist in den optischen Loben von Broad-Complex Mutanten
exprimiert
89
4.11.
rstCCS1-5,3BX-Gal4 und rstCCS1-2,4BglX-Gal4 sind in Interommatidialzellen
aktiv, die sich der Apoptose unterziehen
91
4.12.
Überexpression von Rst, Hbs und Sns mit rstCCS1-5,3BX-Gal4 führt zu
einem Ausbleiben der Apoptose in Interommatidialzellen
91
5.
Diskussion
94
5.1.
5.1.1.
5.1.2.
Die Regulation von rst durch Single minded
rst wird durch Sim in der embryonalen Mittellinie reguliert
Die Expression von rst in der embryonalen Mittellinie wird durch mehrere
Faktoren reguliert
In den optischen Loben aktiviert Sim andere Zielgene als in der
embryonalen Mittellinie
Welche potentielle Funktion besitzt Rst in der embryonalen Mittellinie?
94
94
95
5.1.3.
5.1.4.
96
97
5.2.
5.2.1.
5.2.2.
Die Regulation von rst während der Entwicklung des Mesoderms
Dmef2 als Regulator der mesodermalen rst Expression
Die Expression von rst wird im Mesoderm durch mehrere Faktoren
reguliert
99
99
100
5.3.
5.3.1.
Die Regulation von rst durch den Ras-MAPK Signalweg
Die Expression von rst wird durch einen Effektor des Ras-MAPK
Signalwegs ektopisch aktiviert
Eine mögliche Funktion der rst Aktivierung durch den EGFR Signalweg:
Kontrolle der Apoptose
Ist der Ras-MAPK Signalweg auch in Zellsortierungsprozesse vor der
Apoptose involviert?
105
105
Die Regulation von rst durch den Notch Signalweg
Die Expression von rst wird durch einen Effektor des Notch Signalwegs
ektopisch aktiviert
Eine mögliche Funktion der rst Aktivierung durch den Notch Signalweg:
Kontrolle der Apoptose
115
115
5.5.
Überexpressionsexperimente mit einer konstruierten rst-Gal4 Linie
liefern Hinweise auf Funktionen von Rst, Hbs und Sns während
apoptotischer Prozesse und auf eine mögliche nicht-zellautonome
autoregulatorische Wirkung von Rst
117
5.6.
Gibt es eine posttranskriptionelle Regulation der rst Expression?
118
5.3.2.
5.3.3.
5.4.
5.4.1.
5.4.2.
106
114
115
6.
Danksagung
120
7.
Lebenslauf
121
8.
Publikationen
122
9.
Literatur
124
Zusammenfassung
1.
1
Zusammenfassung
Roughest (Rst) ist ein Zelladhäsionsmolekül der Immunoglobulin-Superfamilie, das vielfältige
Funktionen während der Entwicklung von Drosophila melanogaster einnimmt. Rst spielt unter
anderem eine wichtige Rolle bei der axonalen Wegfindung in den optischen Loben, bei
Zellsortierungen vor apoptotischen Prozessen im sich entwickelnden Komplexauge und bei Fusionen
von Myoblasten zur embryonalen Muskulatur. In Übereinstimmung mit seiner pleiotrophen Wirkung
zeigt Rst ein dynamisches Expressionsmuster in den betreffenden Geweben während der Entwicklung
von Drosophila. Zudem findet sich Rst in Geweben wie der embryonalen Mittellinie, in denen die
Funktionen von Rst bisher unbekannt sind.
Um einen Zugang für weitere Funktionen von Rst zu bekommen und um rst in das genregulatorische
Netzwerk von Drosophila einzuordnen, wird in der vorliegenden Arbeit die transkriptionelle
Regulation von rst untersucht. Durch die Identifizierung der Transkriptionsstartstelle von rst kann
gezeigt werden, dass das rst Gen einen Promotor mit einem Initiator-Element und DownstreamPromoter-Elementen, aber ohne TATA-Box besitzt. In einem sogenannten Enhancer-Detection-Screen
wurden cis-regulatorische rst Sequenzen identifiziert und durch die Konstruktion von rst-Gal4 Linien
charakterisiert. Hierdurch kann gezeigt werden, dass das rst Gen durch eine komplexe Anordnung von
Enhancer-Modulen reguliert wird. Unter anderem sind spezifische rst cis-regulatorische Sequenzen
identifizierbar, die eine Expression in der embryonalen Mittellinie, in der embryonalen Muskulatur
und in Interommatidialzellen des sich entwickelnden Komplexauges vermitteln.
Die in der vorliegenden Arbeit konstruierten rst-Gal4 Linien stellen hochspezifische experimentelle
Werkzeuge dar und wurden in der vorliegenden Arbeit für eine gezielte Überexpression von Rst und
seiner Interaktionspartner Hibris und Sticks-and-stones in Interommatidialzellen eingesetzt.
Um Regulatoren der rst Expression zu identifizieren, wurde mit Hilfe des Gal4/UAS-Systems in
Drosophila ein Screen für Faktoren durchgeführt, die in der Lage sind, eine ektopische Aktivierung
der rst Expression zu initiieren. Zudem wurden diese Faktoren darauf getestet, ob sie diese
Aktivierung der rst Expression über die identifizierten rst cis-regulatorischen Sequenzen vermitteln.
Hierdurch kann gezeigt werden, dass rst cis-regulatorische Sequenzen durch Single minded (Sim),
Dmef2 und nukleare Effektoren der Ras-MAPK und Notch Signalwege aktiviert werden. Innerhalb
dieser aktivierbaren rst cis-regulatorischen Sequenzen befinden sich Enhancer-Module, die eine mit
der bekannten Wirkung der einzelnen Faktoren korrelierbare Reportergenexpression vermitteln. Sim,
das Genprodukt des Selektorgens der embryonalen Mittellinie, wirkt auf eine rst cis-regulatorische
Sequenz, die Enhancer für eine Expression in der embryonalen Mittellinie enthält. Dmef2 ist ein
essentieller Faktor während der Entwicklung der embryonalen Muskulatur und wirkt auf rst cisregulatorische Sequenzen, die in der embryonalen Muskulatur aktiviert werden. Eine Regulation der
rst Expression durch Dmef2 liefert eine Erklärung für Muskelfusionsdefekte in Dmef2 Embryonen.
Der Ras-MAPK und der Notch Signalweg spielen unter anderem bei apoptotischen Prozessen eine
wichtige Rolle und wirken auf eine rst cis-regulatorische Sequenz, die kurz vor apoptotischen
Prozessen in den Interommatidialzellen aktiviert wird. Diese Aktivierung von rst durch das RasMAPK Überlebenssignal und das proapoptotische Notch Signal bietet Hinweise für bisher unbekannte
Funktionen von Rst bei apoptotischen Prozessen. Eine Sequenzanalyse der rst cis-regulatorischen
DNA zeigt, dass sich innerhalb der betreffenden rst Enhancer-Module Konsensusbindungsstellen für
Sim, Dmef2 und die nuklearen Effektoren der Ras-MAPK und Notch Signalwege befinden, die
zwischen D. melanogaster und D. pseudoobscura konserviert sind.
In dieser Arbeit wird gezeigt, dass Rst in der embryonalen Mittellinie von sim Mutanten nicht
exprimiert ist. Um zu testen, ob die beiden identifizierten Sim-Konsensusbindungsstellen des rst
Mittellinien-Enhancers in vivo funktional sind, wurde eine zielgerichtete Mutagenese dieser
Sequenzen im betreffenden rst Reportergenkonstrukt durchgeführt. Diese mutagenisierten rst cisSequenzen können keine Reportergenexpression in der frühen embryonalen Mittellinie vermitteln.
Während der Entwicklung der optischen Loben wird rst hingegen nicht durch Sim reguliert.
Einleitung
2.
2
Einleitung
Auf die grundlegende Frage, wie sich aus einer befruchteten Eizelle ein vollständiger Organismus zu
entwickeln in der Lage ist, konnte die Genetik im letzten Jahrhundert umfangreiche Antworten liefern.
Die Erkenntnis, dass das Entwicklungsprogramm im Genom eines Organismus codiert vorliegt, führte
zur Entdeckung zahlreicher Faktoren, die in die Steuerung der Entwicklung involviert sind.
Grundlegend für dieses Verständnis waren die Arbeiten der Gruppe um T. H. Morgan, die Anfang des
20. Jahrhunderts die von Mendel entdeckten genetischen Faktoren den Chromosomen zuordnen
konnten. Nachdem die DNA als Träger der genetischen Information identifiziert werden konnte, die in
ihrer strukturellen Beschreibung durch Watson und Crick Anfang der 50er Jahre mündete, konnten
dem abstrakten Begriff des Gens erstmals physikalische Entitäten in Form eines DNA-Abschnitts
zugeordnet werden. In den folgenden 50 Jahren nahm die molekularbiologische Erforschung
genetischer Grundlagen einen rasanten Verlauf, die dank der neuen molekularen Perspektive auch dem
Verständnis der Individualentwicklung eines Organismus völlig neue Sichtweisen und Konzepte
hinzufügte. Stellvertretend für diesen ungeheuren Erkenntnisgewinn sei hier an die Pionierarbeiten
von Nüsslein-Volhard und Wieschaus zur molekularen Steuerung der embryonalen Entwicklung von
Drosophila erinnert. Mittlerweile sind die Genome zahlreicher Organismen durch ihre vollständige
Sequenzierung bekannt, wenn auch nicht hinreichend beschrieben. Denn obschon alle Gene eines
Organismus nun potentiell ermittelbar sind, so ist die Interaktion der im Genom codierenden Faktoren
bisher nur in Einzelfällen verstanden. Neben dieser biochemischen Terra Incognita, die unter dem
Begriff der Proteomik intensiv erforscht wird, ist insbesondere die Regulation der Genexpression nicht
hinreichend beschrieben. Seit den ersten Modellen der Genregulation durch Jacob und Monod in den
60er Jahren wurden große Fortschritte erzielt, jedoch sind wir von einer ausführlichen Erkenntnis der
Struktur des genregulatorischen Netzwerkes eines Organismus, das die Steuerung der Expression der
einzelnen Gene vergleichbar einem biochemischen Netzwerk einer Stoffwechselreaktion darstellt,
noch weit entfernt. Auch lässt sich eine einfache Codierung regulatorischer DNA vergleichbar dem
Triplett-Code der proteincodierenden DNA bisher nicht erkennen.
In der vorliegenden Arbeit wird versucht, das Zelladhäsionsmolekül Roughest (Rst) in das
genregulatorische Netzwerk der Entwicklung von Drosophila einzuordnen. Rst zeichnet sich durch
pleiotrophe Wirkungen während der Entwicklung von Drosophila aus und zeigt dementsprechend ein
komplexes spatio-temporales Expressionsmuster. Über die Identität von transkriptionellen
Regulatoren der rst Expression ist bisher nichts bekannt. In der vorliegenden Arbeit wird gezeigt, dass
Single minded, Dmef2, der Ras-MAPK und der Notch Signalweg an der Regulation der Expression
von rst beteiligt sind. Im folgenden einleitenden Kapitel werden zuerst die Vorteile des
experimentellen Arbeitens mit Drosophila geschildert und Prinzipien der Regulation der
Genexpression vorgestellt. Die für diese Arbeit relevanten Kenntnisse über rst werden
zusammengefasst und zudem werden mit Single minded, Dmef2, dem Ras-MAPK und dem Notch
Signalweg die in der vorliegenden Arbeit identifizierten Regulatoren von rst beschrieben.
Einleitung
3
2.1. Drosophila als Modellsystem
Seit Thomas Hunt Morgan zu Beginn dieses Jahrhunderts Drosophila als Untersuchungsobjekt
auswählte, wurde eine Vielzahl experimenteller Techniken entwickelt, die Drosophila als einen
beliebten Modellorganismus für entwicklungsbiologische und neurogenetische Fragestellungen
etablierten. Wichtige moderne Techniken sind die P-Element vermittelte Keimbahntransformation von
Drosophila (Rubin und Spradling, 1982), die Enhancer Trap-Methode (O´Kane und Gehring, 1987),
das Gal4/UAS-System (Brand und Perrimon, 1993), das FLP/FRT-System (Xu und Rubin, 1993) und
das MARCM-System (Lee und Luo, 1999), die im Methodenteil beschrieben werden. Seit der
Veröffentlichung der ersten genomischen Sequenz von Drosophila (Adams et al., 2000) wurden
vorhandene Sequenzlücken fast vollständig geschlossen (Celniker et al., 2002). Die Sequenzierung des
Genoms von Drosophila pseudoobscura ist abgeschlossen (Parkhurst und Delidakis, 2003), weitere
Drosophila Spezies sollen sequenziert werden. Durch Vergleiche in den Sequenzen der Drosophila
Spezies lassen sich konservierte Abschnitte ermitteln, die Hinweise auf funktionelle Bereiche in
codierenden und regulatorischen Sequenzen geben können. Für Drosophila melanogaster existieren
Microarrays mit allen putativen Genen, so dass differentielle Genexpressionsanalysen auf der Ebene
des gesamten Transkriptoms durchgeführt werden können (Reinke und White, 2002). Neben
zahlreichen Mutantenstämmen, die durch die jahrelange wissenschaftliche Arbeit mit diesem
Organismus enstanden sind, werden systematisch Mutanten für alle Gene in Drosophila erstellt.
Derzeit gibt es Mutanten für ca. 45% der Gene von Drosophila (Spradling, 2002). Zur gezielten
Mutagenese einzelner Gene in Drosophila existieren RNAi und Knockout durch homologe
Rekombination (Adams und Sekelsky, 2002). Zwei große Datenbanken bieten öffentlichen Zugang zu
den wesentlichen Informationen und zu den erhältlichen Reagentien für Drosophila (BDGP,
http://www.fruitfly.org und FlyBase, http://flybase.bio.indiana.edu; The Flybase Consortium, 2003).
Ein entscheidender Vorteil von Drosophila ist, dass eine schnelle Generationenfolge sehr viele
Nachkommen in kurzer Zeit liefert, die sich durch ihre unproblematische, platzsparende Haltung unter
Laborbedingungen auszeichnen. Obwohl Drosophila ein kleiner Organismus ist, ist er jedoch
hinreichend komplex, um mit ihm auf höhere Lebewesen übertragbare Erkenntnisse zu gewinnen. So
besitzt etwa das Nervensystem von Drosophila mit ca. 105 Neuronen und 108 Synapsen (Goeke et al.,
2003) einen vergleichsweise einfachen Aufbau gegenüber dem Nervensystem des Menschen mit ca.
1012 Neuronen und 1015 Synapsen (Hilschmann et al., 2001), wodurch die neurobiologische
Erforschung grundlegender Mechanismen erheblich vereinfacht wird. Aus der Anzahl dieser Variablen
ist aber ersichtlich, dass das Modellsystem Drosophila eine hinreichende Komplexität gewährleistet.
Bezüglich der Anzahl der Gene weisen die Fliege und der Mensch offenbar keinen großen Unterschied
auf. Die ersten Vorhersagen in den Publikationen der Sequenzen von Drosophila (13601 Gene; Adams
et al., 2000) und des Menschen (ca. 30000 - 40000 Gene; International Human Genome Sequencing
Consortium, 2001; Venter et al., 2001) wurden mittlerweile nach oben (21396 Gene in Drosophila;
Hild et al., 2003) bzw. nach unten korrigiert (23299 Gene im Menschen; Ensembl Human Release
15.33.1, 2003). Die genaue Vorhersage der Anzahl der Gene in einer genomischen Sequenz bleibt aber
umstritten, denn eine andere Methode findet im Genom von Drosophila weiterhin nur 13676 Gene
(Misra et al., 2002). Um die Zunahme der Komplexität von der Fliege zum Menschen zu erklären,
wird für das menschliche Genom eine komplexere Regulation der Genexpression postuliert und eine
Zunahme an alternativen Spleißformen beschrieben (Claverie, 2001; Hood und Galas, 2003; Levine
und Tjian, 2003). Die Hierarchie und Vernetzung der Gene in der Entwicklung von Drosophila zeigt
allerdings ähnliche Mechanismen wie die genregulatorischen Prozesse der Vertebraten. Es exisitieren
nicht nur homologe, über die Artengrenzen austauschbare Gene in Insekten und Vertebraten (z.B.
Einleitung
4
Hirth et al., 1995; Leuzinger et al., 1998), sondern es sind ganze Signalwege, sowie
entwicklungsbiologische und zelluläre Prozesse in diesen Organismen konserviert (Rubin et al., 2000).
Zudem dient Drosophila als Modell für eine Vielzahl an Krankheiten des Menschen (Übersichten in
Fortini et al., 2000; Kornberg und Krasnow, 2000; Rubin et al., 2000), deren genetische Grundlagen in
der Fliege häufig konserviert sind (Reiter et al., 2001). Diese Befunde sprechen dafür, dass genetische
Mechanismen in Insekten und Vertebraten einen gemeinsamen Ursprung haben, der es zulässt,
Drosophila selbst für genetische Aspekte des Verhaltens als Modellorganismus äußerst erfolgreich
einzusetzen (Übersicht in Sokolowski, 2001). Somit bietet es sich an, biologische Fragestellungen zur
Entwicklung des Nervensystems und zur Regulation der Genexpression in Drosophila zu untersuchen.
2.2. Regulation der Genexpression
Obwohl alle somatischen Zellen eines Organismus denselben Genotyp besitzen, bilden diese Zellen
unterschiedliche Phänotypen aus. Nahverwandte Organismen wie der Mensch und der Schimpanse
sind auf Basis der genomischen DNA zu 98,7% identisch (Enard et al., 2002), es existieren jedoch
evidente Unterschiede in der Morphologie und in den kognitiven Fähigkeiten zwischen den beiden
Organismen. "The difference between man and monkey is gene regulation" (Leroy Hood; zitiert in
Werner, 2001). In einer vergleichenden Transkriptom- und Proteomanalyse von Affen und Menschen
konnte gezeigt werden, dass im Gehirn starke Expressionsunterschiede beim evolutionären Übergang
vom Affen zum Menschen etabliert wurden (Enard et al., 2002). Die Änderungen in den
entwicklungsbiologischen Programmen, die zur Ausbildung unterschiedlicher Organismen führen,
werden primär durch Reorganisationen von regulatorischen DNA-Elementen und erst sekundär durch
Modifikationen in den codierenden Abschnitten erzielt, wie alternatives Spleißen oder
Genduplikationen (Hood und Galas, 2003; Levine und Tjian, 2003). Dies zeigt sich auch in den oben
erwähnten aktuellen Anzahlen der Gene in der Fliege und im Menschen, die beide trotz erheblicher
Unterschiede in der Größe des Genoms in diesem Bereich überraschend geringe Unterschiede zeigen.
Keineswegs ist davon auszugehen, dass die großen, nicht codierenden Sequenzen nur so genannte
Junk-DNA darstellen. Vielmehr ist für sie eine unbekannte Funktion, möglicherweise auf der Ebene
der Genregulation zu postulieren. Die Regulation der Genexpression wird neben posttranskriptionellen
(z.B. durch microRNAs; Übersicht in Ambros, 2003) und posttranslationalen Prozessen zu weiten
Teilen auf der Ebene der Transkription gesteuert (Übersicht in Orphanides und Reinberg, 2002). Die
Transkription eines Gens wird zum einen durch differentielle Chromatinzustände, HistonModifizierungen und DNA-Methylierungen beeinflußt (Übersicht in Felsenfeld und Groudine, 2003;
Grewal und Moazed, 2003), zum anderen spielen die erwähnten regulatorischen DNA-Elemente eine
zentrale Rolle. Diese Kontrollelemente können auf die Aktivität eines Gens als Aktivatoren oder
Suppressoren seiner Transkription wirken. Sie dienen als Informationsprozessoren, die die
Konzentrationen vorliegender unterschiedlicher Transkriptionsfaktoren integrieren und in das Signal
der Expression des betreffenden Gens umsetzen (Hood und Galas, 2003). Neben den Silencern
unterscheidet man in höheren Eukaryoten auf Ebene der DNA zwei Kontrollelemente der
Genregulation, die so genannten Promotoren und Enhancer (Übersicht in Lemon und Tjian, 2000).
Einleitung
5
2.2.1. Promotoren
Als Promotoren werden die DNA-Sequenzen bezeichnet, die die Initiation der Transkription durch die
RNA-Polymerase II vermitteln. Die Transkriptionsinitiationsstelle (Transcription Start Site, TSS)
befindet sich inmitten dieser Promotorsequenz. Mehrere DNA-Elemente wurden innerhalb von
Promotoren beschrieben (siehe Abb.1). Das Transkriptionsstartnukleotid vieler Gene liegt in einer
pyrimidinreichen Sequenz, die als Initiator-Element (Inr) bezeichnet wird (Smale und Baltimore,
1989). Ca. 60% der bekannten Drosophila Promotoren haben ein Inr-Element (Ohler et al., 2002).
Promotoren vieler differentiell regulierter eukaryotischer Gene tragen ca. 30 bp aufwärts der TSS eine
so genannte TATA-Box, deren Sequenz durch das TATA-Binding-Protein (TBP) erkannt wird. TBP
ist eine Teilkomponente aller drei eukaryotischen RNA-Polymerasen (Übersicht in Hernandez, 1993).
Ca. 30% der bekannten Drosophila Promotoren enthalten eine TATA-Box an der korrekten Position
(Ohler et al., 2002). In Drosophila wurden zwei weitere Promotorelemente beschrieben, die alternativ
zur TATA-Box die Initiation der RNA-Polymerase II vermitteln können: ein Downstream-PromoterElement (DPE), das 20-30 bp abwärts der TSS lokalisiert ist (Burke und Kadonaga, 1996 und 1997;
Kutach und Kadonaga, 2000) und ein DNA-Replication-Related-Element (DRE; Hochheimer et al.,
2002). In einer vergleichenden Sequenzstudie auf der Basis von ca. 2000 putativen Promotoren
konnten 6 weitere Promotormotive in Drosophila identifiziert werden (Ohler et al., 2002). Die
einzelnen Motive können in unterschiedlichen Kombinationen innerhalb eines Promotors auftreten
(Ohler et al., 2002). Die unterschiedliche Kombination der einzelnen Promotorelemente innerhalb
eines so genannten Core-Promotors trägt zur Spezifität der Genregulation bei (Aoyagi und
Wassarman, 2000; Smale, 2001). Es konnte gezeigt werden, dass bestimmte Enhancer nur bestimmte
Core-Promotoren in Drosophila aktivieren können (Butler und Kadonaga, 2001). Neben den
Elementen des Core-Promotors kommen in den Promotoren von zahlreichen Genen zudem ein oder
mehrere UPEs (Upstream Promoter Elements) weiter aufwärts der TATA-Box vor, an die
Transkriptionsfaktoren binden und so die Transkriptionrate beeinflussen (Maniatis et al., 1987). Ein
Beispiel eines UPE ist die so genannte CCAAT-Box, die in der -80/-100 Region vieler Promotoren
von Säugetieren vorkommt (Bucher, 1990), in Drosophila-Promotoren aber an keiner Position
überrepräsentiert erscheint (Arkhipova, 1995). In den Promotoren von Säugetieren und Drosophila ist
zwischen Position -150 und +50 ein erhöhter GC-Gehalt festzustellen, das Sequenzmuster zeigt
allerdings unterschiedliche Charakteristika in den Promotoren der Säugetiere bzw. von Drosophila
(Arkhipova, 1995).
Abb.1.
Schematische
Darstellung
der
Grundstruktur
eines
Core-Promotors
in
+1 +25
-30
Drosophila. Innerhalb des Initiator-Elements
Enhancer
TATA
INR
DPE
(INR) sitzt die Transkriptionsstartssstelle (+1). 2030 bp abwärts davon kann ein DownstreamCore Promotor
Promoter-Element (DPE) lokalisiert sein, 30 bp
aufwärts eine TATA-Box. Enhancer, denen keine
allgemein gültige Lokalisierung zugeschrieben werden kann, regulieren die orts- und zeitspezifische Initiation
der Transkription am Core-Promotor. Ausnahmen von diesem Schema, sowie weitere Erklärungen finden sich
im Text.
Für Drosophila existieren zwei online zugängliche Promotor-Identifizierungsprogramme, die auf
unterschiedlichen Algorithmen basieren: McPromoter (Ohler et al., 2002) und NNPP (Reese, 2001).
Obschon die Entwicklung beider Programme zu einem verlässlichen Werkzeug der
Promotorerkennung noch nicht abgeschlossen ist, haben sie Modellcharakter für die Analyse größerer
Genome, wie das des Menschen. Die Erstellung einer umfangreichen Bibliothek vollständiger
Einleitung
6
Drosophila cDNA-Sequenzen (Stapleton et al., 2002a und 2002b) hat bisher zur Identifizierung von
ca. 2000 TSS geführt, so dass diese Promotorerkennungsprogramme auf einer umfangreichen
Datenmenge basieren können (Ohler et al., 2002).
2.2.2. Enhancer
Von den Promotoren sind die Enhancer zu unterscheiden. Während Promotoren für die exakte
Initiation der Transkription nötig sind, steigern Enhancer die Transkriptionsrate der Promotoren
(Maniatis et al., 1987). Enhancer lassen sich nach folgenden strikten Kriterien definieren (Serfling et
al., 1985; Müller et al., 1988). Sie steigern die Transkription eines Gens von ihrer korrekten Position
zur Initiationsstelle stark, wirken aber auch über weite Distanzen auf- oder abwärts der
Initiationsstelle. Dieser transkriptionssteigernde Effekt ist unabhängig von der Orientierung des
Enhancer-Elements. Zudem wirken Enhancer auch auf heterologe Promotoren transkriptionssteigernd,
so dass das durch den Enhancer definierte Expressionsmuster auf andere Promotoren und deren
nachgeschaltete Gene übertragen werden kann. Diese Eigenschaft macht man sich bei der
Identifizierung von Enhancern bestimmter Gene mittels Enhancer-Test-Vektoren nutzbar, indem man
die durch den Enhancer vermittelte Expression eines Reportergens in transgenen Tieren studiert.
Obschon erste Schritte zur computergesteuerten Identifizierung von genregulatorischen Elementen
mittels unterschiedlicher Algorithmen geleistet sind (Halfon und Michelson, 2002; Markstein und
Levine, 2002; siehe unten), bleibt die Codierung der cis-regulatorischen Elemente bislang weitgehend
ein Enigma (Benos et al., 2002; Harafuji et al., 2002). Ein wichtiger Schritt zur Lösung dieses
Problems ist die Charakterisierung weiterer genregulatorischer Elemente. Die durchschnittliche Größe
der cis-regulatorischen Sequenz eines Gens in Drosophila beträgt 10 kb (Levine und Tjian, 2003).
Verglichen mit der durchschnittlichen Größe der regulatorischen Region eines Säugergens von 100 kb
(Levine und Tjian, 2003) bietet sich neben der Hefe Saccharomyces cerevisiae Drosophila als
Modellsystem für genregulatorische Studien an. Drosophila besitzt ca. 700 Transkriptionsfaktoren
(TF) (Adams et al., 2000). Es wurden zahlreiche Enhancer in Drosophila beschrieben, durch die eine
hochspezifische Expression des nachgeschalteten Gens während der Entwicklung gewährleistet wird.
Klassische Beispiele der Identifizierung von cis-Elementen sind die Arbeiten über die Regulation von
Gap- und Paarregel-Genen in Drosophila (Pick, 1998). Es konnten ganze genregulatorische
Netzwerke durch die Arbeiten zur Regulation des fushi tarazu Gens (Hiromi et al., 1985 und 1987),
die Wirkung des bicoid Genprodukts auf den hunchback Enhancer (Driever und Nüsslein-Volhard,
1989; Struhl et al., 1989), die Regulation des hairy Gens (Howard und Struhl, 1990) und in
detaillierten Studien zur Regulation von even-skipped (eve) erstellt werden. Am Beispiel der
transkriptionellen Regulation von eve sollen im folgenden grundlegende Eigenschaften von
regulatorischen Elementen beschrieben werden.
Das Paarregel-Gen eve wird im blastodermalen Embryo von Drosophila in 7 Streifen
exprimiert. Die Kontrolle dieser Expression erfolgt durch eine komplex aufgebaute cis-regulatorische
Region (Goto et al., 1989). Eine Serie von modularen Enhancern, die durch Isolatorsequenzen
voneinander getrennt sind, kontrolliert die eve Expression in den individuellen Streifen (Small et al.,
1992 und 1996). Der Enhancer für die eve Expression im 2. Streifen kann zur Veranschaulichung der
Kontrolle der Genexpressison im frühen Embryo von Drosophila dienen. Die TF eines Drosophila
Embryos im Blastoderm-Stadium wirken als Morphogene und zeigen eine jeweils unterschiedliche
räumliche Konzentrationsverteilung. Durch die spezifische Anhäufung von Bindestellen für diese TF
in den Enhancern der Zielgene wirken diese Enhancer als Sensoren für die Raumposition im Embryo
und aktivieren gemäß der Konzentration der einzelnen TF die Expression des Zielgens. Mit den
Einleitung
7
aktivierenden TF konkurrieren reprimierende TF um die Bindung an diese Erkennungssequenzen.
Durch die repressorische Wirkung in den jeweiligen Enhancern werden die Streifengrenzen im
Embryo festgelegt. Der erwähnte Streifen-2-Enhancers von eve hat eine Größe von ca. 500 bp und
enthält 11 TF-Erkennungssequenzen, von denen sechs aktivierend und fünf reprimierend wirken (siehe
Abb.2A). Das Binden von Bicoid und Hunchback wirkt aktivierend auf die eve Expression, während
die anteriore Streifengrenze durch die reprimierende Wirkung von Giant und die posteriore
Streifengrenze durch Krüppel festgelegt wird (Arnosti et al., 1996).
A
Bcd
Gt
Hb
Kr
Kni
Gt
Cad Tll
Hkb
1
2
3
4
5
6
7
eve Streifen-2-Enhancer (ca. 500 bp)
B
Wg
Dpp
Ras1
MAPK
Yan
arm
Mad
Tin
Twi
dTCF
Pnt
eve Muskel und Herz Enhancer (MHE; 312 bp)
Abb.2.
Transkriptionelle
Regulation
der
Expression von even skipped (eve) im frühen (A)
und späten (B) Embryonalstadium von Drosophila.
(A) Kontrolle der eve Streifen-2-Expression. Oben
ist
die
räumliche
Verteilung
der
Transkriptionsfaktoren im Blastodermstadium
eines Embryos dargestellt. Diese wirken entlang
der Längsachse des Embryos (anterior ist links,
posterior rechts) als Morphogene, indem sie ihrer
Konzentration
entsprechend
Zielgene
kombinatorisch hochspezifisch regulieren. eve
wird im Blastodermstadium in 7 Streifen
exprimiert. Hier ist die Kontrolle der Expression
für die Expression im 2. Streifen dargestellt. Farbig
markiert sind die Transkriptionsfaktoren, die die
Expression im 2. Streifen über die Bindung an
einen spezifischen Enhancer regulieren. Bicoid
(Bcd) und Hunchback (Hb) wirken aktivierend,
während durch die reprimierende Wirkung von
Giant (Gt) und Krüppel (Kr) die anteriore bzw.
posteriore Expressionsgrenze des 2. Streifens von
eve festgelegt wird. (B) Kontrolle der
mesodermalen eve Expression. In späteren
Embryonalstadien wird eve in spezifischen
Progenitorzellen des Herzens und der Muskeln
exprimiert. Diese Expression wird durch einen
spezifischen Enhancer vermittelt, den MHE, der
die Kombinatorik dreier Signalwege und zweier
mesodermaler Transkriptionsfaktoren zu einer
hochspezifischen Expression integriert (für Details
siehe Halfon et al., 2000). (A) Verändert aus Jäckle
et al., 1998. (B) Verändert aus Halfon et al., 2000.
Während im frühen syncytialen Embryo von Drosophila die kombinatorische Wirkung
mehrerer TF auf einen Enhancer durch Diffusion der Faktoren eine ortsspezifische Expression
gewährleisten kann, spielt in späteren Stadien die kombinatorische Wirkung von Signalwegen und
gewebsspezifischen TF bei der transkriptionellen Genregulation eine entscheidende Rolle. Wieder
kann die Regulation der Expression von eve als Beispiel dienen. Die Expression von eve in dorsalen
mesodermalen Zellen des Embryos von Drosophila wird durch die Integration dreier Signalwege und
zweier mesodermaler TF in einer 312 bp langen regulatorischen Sequenz gewährleistet (Halfon et al.,
2000; Knirr und Frasch, 2001; siehe Abb.2B). Der Enhancer dient als Sensor für die Qualität und
Quantität unterschiedlicher aktivierender und reprimierender Signalwege, aus denen er als Output eine
hochspezifische Expression des ihm nachgeschalteten Gens vermittelt. Aus der Sicht der Signalwege
und TF hingegen kann der gleiche Faktor durch Interaktion mit verschiedenen Faktoren die
Expression unterschiedlicher Gene zu verschiedenen Entwicklungszeitpunkten hochspezifisch
induzieren, so dass mit einer limitierten Zahl an TF und Signalwegen ein hochkomplexes
Einleitung
8
genregulatorisches Netzwerk aufrecht erhalten werden kann (Ghazi und VijayRaghavan, 2000). Es
wurde ein generelles Modell vorgeschlagen, bei dem in bestimmten Geweben bestimmte Faktoren
kontinuierlich als Kontextfaktoren benötigt werden (z.B. Twist im Mesoderm). In Subpopulationen
des Gewebes interagieren diese Faktoren auf Ebene der Enhancer mit induzierenden Signalen, so dass
spezifische Gene aktiviert oder reprimiert werden (Ghazi und VijayRaghavan, 2000). Besonders
interessant ist die Tatsache, dass die gewebsspezifischen TF von den gleichen Signalwegen aktiviert
werden können, mit denen sie zusammen Zielgene regulieren. So wird die Expression von tinman (tin)
im Mesoderm durch die Decapentaplegic (Dpp) und Wingless (Wg) Signalwege induziert, mit denen
zusammen Tin die Expression von eve im dorsalen Mesoderm reguliert (Knirr und Frasch, 2001; siehe
Abb.2B).
2.2.3. Computervermittelte Methoden der Charakterisierung cis-regulatorischer DNA
Für zahlreiche Gene in Drosophila wurden regulatorische Elemente beschrieben. Das Ziel dieser
Untersuchungen ist zum einen, dass diese Gene in ein regulatorisches Netzwerk eingeordnet werden,
indem die daran bindenden Transkriptionsfaktoren (TF) ermittelt werden. Ein prominentes Beispiel
eines regulatorischen Netzwerkes existiert für die Entwicklung des Endomesoderms im Embryo des
Seeigels Strongylocentrotus purpuratus (Abb.3; Davidson et al., 2002; Davidson et al., 2003).
Kandidaten der an die identifizierten Enhancer bindenden TF sind solche, die einen ähnlichen
mutanten Phänotyp oder eine Expression in den gleichen Geweben zum gleichen
Entwicklungszeitpunkt zeigen. Die Information hierfür muss bisher mühsam aus der Literatur
gewonnen werden. Allerdings sind mit dem BEST-Programm grundlegende Schritte für eine
computervermittelte Identifizierung gleicher Expressionsmuster geleistet (Kumar et al., 2002). Zum
anderen dienen die Ergebnisse der Enhancercharakterisierungen als Grundlage für die Identifizierung
der Codierung der cis-Elemente, indem aus einer Vielzahl von Daten für regulatorische Elemente
typische DNA-Sequenzen ermittelt werden können. Diese werden zur Konstruktion von Algorithmen
beitragen, mit deren Hilfe genregulatorische Elemente auf der Ebene ganzer Genome in silicio
identifiziert werden können.
Abb.3. Das genregulatorische Netzwerk der
Entwicklung des Endomesoderms im Embryo des
Seeigels Strongylocentrotus purpuratus. Aktuelle
Versionen des Netzwerks finden sich unter
http://sugp.caltech.edu/endomes/, von wo die hier
abgebildete Version am 14.11.2003 kopiert wurde.
Eine detaillierte Beschreibung des Netzwerks
findet sich in Davidson et al., 2002 und Davidson
et al., 2003.
Einleitung
9
Auf Basis der bisherigen Daten lassen sich keine verlässlichen Algorithmen konstruieren, da die
einfache Anwesenheit bekannter Konsensus-Bindungssequenzen von TF nicht auf eine tatsächlich
genregulatorische Funktion einer DNA-Sequenz schliessen lässt (Werner, 2001). So kommt die
Konsensus-Bindungsstelle von Single-minded (ACGTG) beispielsweise 117025 Mal im Genom von
Drosophila vor. Der Unterschied zwischen einer Konsensus-Bindungsstelle und einer funktionellen
Bindungsstelle eines TF wird durch den modularen Kontext des umgebenden Enhancers erzeugt
(Werner, 2001). Allerdings wurden mit Algorithmen, die eine Häufung an spezifischen einzelnen bzw.
eine
kombinatorische
Häufung
definierter
unterschiedlicher
Konsensusbindungsstellen
berücksichtigen, erste vielversprechende Ergebnisse beim de novo Auffinden von genregulatorischen
Sequenzen erzielt (Tab.1; Übersicht in Halfon und Michelson, 2002; Markstein und Levine, 2002;
Qiu, 2003).
FLYENHANCER
SCORE
Cister
CIS-ANALYST
Target Explorer
Ahab
SeqSeek
Cooccur_scan.pl
ScanACE
MAST
Argos
Markstein et al., 2002
Rebeiz et al., 2002
Frith et al., 2001
Berman et al., 2002
Sosinsky et al., 2003
Rajewsky et al., 2002
Freeman, et al. 2003
Halfon et al., 2002
Hughes et al., 2000
http://meme.sdsc.edu/meme/website/intro.html
Rajewsky et al., 2002
Tab.1. Programme zur Enhancerdetektion auf genomischer Ebene. FLYENHANCER und SCORE sind
Algorithmen, die potentielle Enhancer im Genom anhand der relativen Häufung einer definierten
Konsensussequenz in einem kurzen Sequenzintervall (< 1 kb) identifizieren können. Cister sucht in einer
Sequenz < 100 kb nach Clustern definierter Konsensusbindungsstellen. Mit CIS-ANALYST, Target Explorer,
Ahab oder SeqSeek stehen zudem Programme zur Verfügung, die die kombinatorische Häufung definierter
unterschiedlicher Konsensusbindungsstellen in einem gegebenen Sequenzintervall auf genomischer Ebene
bestimmen können. ScanACE und MAST sind Programme, die innerhalb eines Genoms alle Sequenzen
ermittelt, die einer definierten Konsensussequenz entsprechen. Mit Hilfe von Cooccur_scan.pl kann die
kombinatorische Häufung mehrerer unterschiedlicher ScanACE Ergebnisse in einem definierten
Sequenzintervall ermittelt werden. Argos sucht auf genomischer Ebene nach Clustern unbekannter
überrepräsentierter Motive, um so völlig neue potentielle Enhancermodule vorherzusagen. Links zu weiteren
Algorithmen finden sich unter http://zlab.bu.edu/zlab/gene.shtml.
Der kombinatorische Ansatz scheint der vielversprechendste zu sein, da die einfache Häufung von
Konsensusbindungsstellen möglicherweise nur bei den oben beschriebenen Enhancern im
Blastodermstadium eine übergeordnete Rolle spielt (Michelson, 2002). Auf diese wirken die TF als
Morphogene, so dass die örtliche Konzentration und die Affinität dieser TF zu ihren Bindungsstellen
ein komplexes Regulationsmuster steuern kann, das durch die relative Anzahl der Bindungsstellen in
einem Enhancer seine Variation erfährt (Michelson, 2002). Das übliche Szenario der Genregulation zu
späteren Entwicklungszeitpunkten scheint hingegen die kombinatorische Wirkung mehrerer
Signalwege zu sein, die jeweils nur mit relativ wenigen Bindungsstellen interagieren (Michelson,
2002; siehe Kap.2.2.2.). Pionierarbeiten auf dem Gebiet der genregulatorischen in silicio
Untersuchung ganzer Genome werden mit S. cerevisiae als Modellorganismus geleistet. Hierbei wurde
ein bemerkenswerter computergesteuerter Ansatz erstellt, der mit Hilfe der DNA-Sequenz und
Microarray-Daten der Hefe versucht, Kombinationen von cis-Elementen mit spezifischen
Expressionsprofilen zu verknüpfen (Pilpel et al., 2001). Für Drosophila werden die Möglichkeiten,
wie auch die derzeitigen Grenzen der computervermittelten Enhancerdetektion durch eine Studie zum
Auffinden eines dorsalen mesodermalen Enhancers (DME) in der genomischen Sequenz aufgezeigt.
Einleitung
10
Der DME wurde aus dem eve MHE abgeleitet (siehe Abb.2B) und ist durch die kombinatorische
Wirkung von 5 TF innerhalb einer ca. 500 bp langen Sequenz gekennzeichnet (Halfon et al., 2000). 33
weitere potentielle DMEs wurden im Drosophila Genom gefunden, von denen die 7
vielversprechendsten experimentell auf ihre in vivo Enhanceraktivität untersucht wurden. Ein DME
zeigte die erwartete Expression im dorsalen Mesoderm, die anderen 6 Elemente waren falsch positive
Ergebnisse (Halfon et al., 2002). Eines dieser falsch positiven DME Elemente wurde dem rst Gen
zugeordnet. Es liegt >50 kb entfernt von den in der vorliegenden Arbeit identifizierten regulatorischen
rst Sequenzen und zeigte in Reportergenstudien keine regulatorische Aktivität (Halfon et al., 2002). In
der vorliegenden Arbeit konnten die beschriebenen computergesteuerten Enhancerdetektionsmethoden
nicht zum Einsatz kommen, da sie bei Beginn der Arbeiten noch nicht zur Verfügung standen. Mit den
in der vorliegenden Arbeit in vivo identifizierten regulatorischen Sequenzen von rst konnten allerdings
Untersuchungen bezüglich der in ihnen enthaltenen TF-Konsensusbindungsstellen durchgeführt
werden. Hierzu stehen mehrere Algorithmen zur Verfügung (Tab.2).
MatInspector
TFSEARCH
MatchTM
MOTIFMATCHER
PatchTM
SCANSEQ
AlignACE
Gibbs Sampler
Improbizer
BioProspector
MEME
http://www.genomatix.de/matinspector
http://www.rwcp.or.jp/lab/pdappl/papia.html
http://www.gene-regulation.com
http://www.soe.ucsc.edu/~kent/improbizer/
http://www.gene-regulation.com
Papatsenko et al., 2002
Roth et al., 1998
Rajewsky et al., 2002
http://www.cse.ucsc.edu/~kent/improbizer/
http://bioprospector.stanford.edu/
http://meme.sdsc.edu/meme/website/intro.html
Tab.2. Algorithmen zur Detektion von potentiellen TF-Bindungsstellen in einer gegebenen Sequenz.
MatInspector, TFSEARCH und MatchTM verwenden alle den Konsensusbindungsstellen-Datensatz der
TRANSFAC-Datenbank (Matys et al., 2003). Für Drosophila befinden sich 37 Konsensusbindungsstellen in der
TRANSFAC-Datenbank. Für die Suche nach Konsensusbindungsstellen anderer TF lassen sich im
MOTIFMATCHER eigene Matrizen für diese Bindungsstellen aufstellen und gegebene Sequenzen mit diesen
Matrizen auf Konsensusbindungsstellen untersuchen. PatchTM ermittelt statt Konsensusbindungsstellen eine
Vielzahl tatsächlicher spezifischer Bindungsstellen aus der Literatur in einer gegebenen Sequenz. SCANSEQ
ermittelt innerhalb eines identifizierten Enhancers unbekannte potentielle Bindestellen, indem er innerhalb der
Enhancersequenz Cluster gleicher Motive erkennt. AlignACE, Gibbs Sampler, Improbizer und MEME ermitteln
unbekannte potentielle Bindestellen aus einem Set an Sequenzen. Links zu weiteren Algorithmen finden sich
unter http://zlab.bu.edu/zlab/gene.shtml.
Da sich mit allen Programmen eine enorme Zahl an potentiellen Bindungsstellen ermitteln lässt,
können sie nur bedingt aussagekräftige Ergebnisse liefern. Verteilung und Häufung von TFBindungsstellen können allerdings Hinweise auf potentiell wechselwirkende TF liefern.
Zudem lassen sich potentiell funktionelle TF-Bindungsstellen durch ihre Konservierung während der
Evolution ermitteln. Diese als 'phylogenetic footprinting' bekannte Methode ist seit langem etabliert
und konnte auf der Ebene ganzer Genome bereits in S. cerevisiae angewendet werden. In einem
computergesteuerten Sequenzvergleich der Genome von vier Hefe-Spezies konnten zahlreiche neue
regulatorische Sequenzmotive ermittelt werden (Kellis et al., 2003). Der Vergleich von mehr als zwei
genomischen Sequenzen möglichst nicht allzu nahverwandter Spezies ist für die Detektion
funktioneller Motive wichtig, da in nahverwandten Spezies große Sequenzblöcke rein statistisch
konserviert sind (Salzberg, 2003). Dies zeigt sich auch mit den Sequenzen von D. melanogaster und
D. pseudoobscura. Große Blöcke konservierter Sequenzen lassen eine Detektion funktionaler
regulatorischer Motive nur mit Einschränkungen zu, wie in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden
Einleitung
11
kann. Das vorliegende Genom von Anopheles gambiae hingegen zeigt eine zu geringe Konservierung
in nicht codierenden Bereichen im Vergleich zu Drosophila, so dass es für eine Analyse von
regulatorischen Sequenzen ungeeignet ist (Bergman et al., 2002). Weitere Drosophila Spezies werden
allerdings derzeit sequenziert, so dass dies eine vielversprechende Methode für die Zukunft darstellt.
Tab.3 gibt einen Überblick über zur Verfügung stehende Computerprogramme für die vergleichende
Sequenzanalyse nahverwandter Genome.
AVID
VISTA
PipMaker
BLASTZ
FootPrinter
ConSite
Bray et al., 2003
Mayor et al., 2000
Schwartz et al., 2000
Schwartz et al., 2003
Blanchette und Tompa, 2003
Lenhard et al., 2003
Tab.3. Programme zur vergleichenden Sequenzanalyse verwandter Spezies. AVID und BLASTZ sind in der
Lage, große Sequenzdaten zu vergleichen. Die durch das AVID Programm erstellten Alignments können durch
das VISTA Programm visualisiert werden. PipMaker ist ein Programm zur Visualisierung von Alignments, die
durch das BLASTZ Programm generiert wurden. Es ist zu beachten, dass verschiedene Programme nicht zu den
exakt gleichen Alignments führen (Bray et al., 2003; diese Arbeit). Weitere Programme für das Alignment
großer Sequenzen, die allerdings nicht für Drosophila geeignet sind bzw. nicht als Webservice funktionieren,
sind BLAT (Kent, 2002) und PatternHunter (Ma et al., 2002). FootPrinter ist ein Programm zum Auffinden von
neuen Motiven in den homologen Sequenzen von mehreren verwandten Spezies. Diese homologen
Sequenzabschnitte müssen bereits bekannt sein. ConSite kann konservierte TF Konsensusbindungsstellen in
einem Alignment anzeigen. Leider ist der Output dieses an sich hilfreichen Programms nicht allzu übersichtlich.
Die derzeit zur Verfügung stehenden Methoden der experimentellen in vivo Identifizierung und
Charakterisierung genregulatorischer Sequenzen (siehe Kap.3.2.1.4., Enhancer-Detection in
Drosophila) sind äußerst zeitaufwendig, aber dennoch wichtig. Mit ihrer Hilfe werden Algorithmen
entwickelt, die eine computervermittelte Identifizierung von potentiellen regulatorischen Sequenzen
erlauben. Diese können gezielt auf ihr regulatorisches Potential in transgenen Tieren getestet werden,
ohne einen arbeitsaufwendigen Enhancer-Detection-Screen durchzuführen. Die hierbei identifizierten
regulatorischen Sequenzen sind wiederum ein Substrat für die Verbesserung der Algorithmen, indem
die Verteilung kombinatorischer TF-Bindungsstellen in ihrer Anzahl und ihren Abständen
untereinander optimiert wird und neue bisher unbekannte gemeinsame Motive ermittelt werden
(Markstein und Levine, 2002). Letztendlich ist es das Ziel, die Syntax der cis-Codierung aufzudecken
und aus ihr spezifische Genexpressionsmuster abzulesen. Dies führt zu einer detaillierten
Beschreibung genregulatorischer Netzwerke.
Neben den erwähnten computervermittelten Methoden zur Enhancerdetektion werden derzeit weitere
Techniken entwickelt, mit deren Hilfe alle Zielgene eines TF auf genomischer Ebene bestimmt werden
können. In S. cerevisiae sind diese Methoden bereits etabliert. Dank des vergleichsweise kleinen
Genoms der Hefe konnten genomische Microarrays produziert werden, die alle intergenischen
Sequenzen der Hefe tragen. Mit in Chromatin-Immunopräzipitation (ChIP) isolierter genomischer
DNA, die alle Bindestellen eines spezifischen TF im Genom enthält, konnten Sonden für die
Identifizierung der betreffenden Sequenzen auf dem genomischen Microarray erstellt werden (Iyer et
al., 2001; Lee et al., 2002; Ren et al., 2000). Wegen der Größe der intergenischen Regionen existieren
bisher keine solchen genomischen Microarrays für höhere Tiere. In Drosophila konnten allerdings
solche Studien mit den genomischen Sequenzen definierter Ausschnitte des Genoms durchgeführt
werden (Sun et al., 2003). Alternativ existiert eine trickreiche Methode, mit deren Hilfe Protein-DNA
Interaktionen mit Hilfe von cDNA-Microarrays identifiziert werden können (van Steensel et al., 2001).
Einleitung
12
2.3. Das neuronale Zelladhäsionsmolekül Roughest
2.3.1. Die Klonierung des roughest Gens
Im Zuge eines neuroanatomischen Screens konnten vier X-chromosomale Mutanten in Drosophila
isoliert werden, die die axonale Wegfindung von Säulenneuronen des visuellen Systems beeinflussen
und dadurch irreguläre optische Chiasmata ausbilden: irreA, B, C und D (Fischbach et al., 1987;
Fischbach et al., 1989; Boschert et al., 1990). In den irreC Mutanten sind Medulla und Lobula von
fehlgeleiteten Axonbündeln durchzogen, die Ausbildung der optischen Chiasmata ist gestört (siehe
Abb.4B). Faserbündel der Medulla wachsen direkt in das Lobulaneuropil, anstatt das innere Chiasma
zu durchlaufen und Medulla, Lobula und Lobulaplatte können teilweise fusionieren. Faserbündel der
Lamina projizieren über zum Teil weite Umwege in ihre retinotopen Zielregionen der Medulla, ohne
das äußere optische Chiasma zu durchlaufen.
Abb.4. Einige Phänotypen von rst Mutationen in
Drosophila. (A,B) Horizontaler Paraffinschnitt
durch den optischen Lobus von wtb (A) und
irreCUB883 (B). Ektopische Faserbündel des
äußeren und des inneren Chiasmas sind in
irreCUB883
zu
erkennen.
(C,D)
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen eines
Komplexauges von wtb (C) und rstCT (D). Die
Komplexaugen von rstCT Fliegen zeigen deutlich
rauhe Augen. (E-F) Embryonales abdominales
Muskelmuster (β3-Tubulin Färbung) von wtb (E)
und Df(1)w67k30 (F). Da rst und sein Paralog kirre
während der Muskelentwicklung redundant
wirken, finden sich in rst Mutanten nur subtile
Muskelphänotypen. In Df(1)w67k30, einer rst, kirre
Doppelmutante, zeigt sich dagegen ein starker
Phänotyp, bei dem die Fusion von Muskelzellen
unterbleibt. (La) Lamina, (Lo) Lobula, (Lp) Lobula
plate, (Me) Medulla, (sb) segment border muscle,
(vl) ventral longitudinal muscles. Verändert aus
Boschert, 1990 und Strünkelnberg et al., 2001.
Durch die Klonierung von irreC konnte gezeigt werden, dass die irreC Mutationen Allele des
roughest (rst) Gens darstellen (Ramos et al., 1993). Allele von rst wurden dank eines mutanten
Phänotyps stark rauher Augen bereits 1932 isoliert (siehe auch Abb.4). Abb.5 zeigt die physikalische
Karte des irreC-rst Genlokus, wie sie sich nach der Sequenzierung des Drosophila Genoms darstellt.
irreC-rst, das in der vorliegenden Arbeit fortan mit rst bezeichnet wird, codiert für ein
Zelladhäsionsmolekül der Immunglobulinsuperfamilie. Es besitzt eine extrazelluläre Domäne, die aus
fünf Ig-Domänen besteht, eine einfache Transmembrandomäne und eine mit 208 Aminosäuren relativ
lange cytoplasmatische Domäne.
Einleitung
13
Abb.5. Schematische Darstellung der
genomischen Organisation von roughest
proximal
distal
(rst). Oben ist der Bereich des XChromosoms von Drosophila dargestellt,
3 kb
128 kb
2 kb
in dem rst lokalisiert ist. Distal bis zur
Spitze des X-Chromosoms sind es ca. 2,7
Mb. Die Transkriptionsrichtungen der
rst
kirre Notch
Gene sind durch Pfeile markiert. rst und
kirre liegen Kopf an Kopf, getrennt durch
128 kb. In diesem Bereich befindet sich
93 kb aufwärts von rst ein kleines in
silicio bestimmtes Gen (CG4116; blau
markiert), das nur 800 bp umfasst. Ob es
funktionell ist oder möglicherweise ein
Exon eines verschachtelten Gens darstellt,
ist nicht bekannt. 3 kb abwärts von rst
21,5 kb
befinden sich über eine Region von 28 kb
22 kb
verteilt 11 kleine Gene (blau markiert;
8 kb
7 kb
rst
durchschnittliche Größe ca. 1 kb), die in
silicio bestimmt wurden. Zum Teil finden
sich diese Sequenzen auch in ESTλCCS4
λD0.31.1
Datenbanken.
Teilweise
sind
sie
λD10.41
λCCS1
vermutlich Teil eines Gens, aber hierzu
gibt es keine genauen Daten. An kirre
λEOR3
λEOR1
schließt sich in nur 2 kb Abstand das
Notch Gen an. Unten ist die physikalische
Karte des rst Genlokus vergrößert. Der
transkribierte Bereich des rst Gens besteht
aus 8 Exons (rot und orange markiert), die einen Sequenz von 21,5 kb umfassen. In rot ist das offene Leseraster
des rst Gens dargestellt. Vor dem translatierten Bereich befinden sich zwei Exons, die durch zwei große Introns
(7 kb und 8 kb) von den codierenden Exons getrennt werden. Unten sind einige λ-Phagen des chromosomalen
Wanderns während der Klonierung des rst Gens dargestellt (Ramos et al., 1993), die auch in dieser Arbeit
verwendet wurden. Sie umfassen den kompletten transkribierten Bereich, sowie weitere 22 kb aufwärts des rst
Gens.
rst zeichnet sich durch seine pleiotrophen Wirkungen während der Entwicklung von Drosophila aus.
Die fehlgeleiteten Faserbündel in den optischen Loben von irreC Fliegen weisen auf eine Rolle von
rst bei der axonalen Wegfindung (Schneider et al., 1995). Die spezifische Expression von Rst in
synaptischen Schichten der optischen Loben nach Abschluss der axonalen Wegfindung lässt auf eine
Rolle von rst bei der Synapsenbildung schliessen, wie sie für das rst Homolog syg-1 in C. elegans
nachgewiesen werden konnte (Shen und Bargmann, 2003). Da mit Hilfe eines ektopischen
Expressionssystems gezeigt werden konnte, dass Rst in Neuronen des Pilzkörpers spezifisch in Axone
und Präsynapsen lokalisiert wird (Srivastava und Fischbach, unpublizierte Ergebnisse), ist davon
auszugehen, dass die Rst Expression in den synaptischen Schichten der optischen Loben ebenfalls
Präsynapsen markiert. Während der Augenentwicklung ist in rst Mutanten die Zellsortierung der
Interommatidialzellen (IOC) gestört, so dass die sich daran anschließende Apoptose überzähliger IOC
unterbleibt (Reiter et al., 1996). Durch diese überzähligen IOC erscheinen die Komplexaugen rauh
(Abb.4D). Während der Embryonalentwicklung wird rst für die Bildung der larvalen Muskulatur
benötigt. Hierbei ist es redundant durch sein Paralog kin-of-irre (kirre) abgepuffert. Embryonen, die
mutant in beiden Genen sind, sterben während der Entwicklung und zeigen starke Defekte in der
Fusion von Muskelvorläuferzellen zu Muskeln (siehe Abb.4F; Strünkelnberg et al., 2001). Rst und
Kirre interagieren bei diesem Prozess mit den Ig-Molekülen Sns und Hbs. Dieses Modul
interagierender Zelladhäsionsmoleküle scheint auch bei anderen Entwicklungsprozessen, in denen rst
involviert ist, aktiv zu werden, wie es bereits für die Funktion von rst während der Augenentwicklung
von Drosophila gezeigt werden konnte (Bonengel, 2002). Die Wichtigkeit dieses grundlegenden
Einleitung
14
Moduls zeigt sich dadurch, dass es auch beim Menschen konserviert ist. Die orthologen Gene von rst
und kirre, NEPH1 und NEPH2, und das hbs Ortholog NPHS1 spielen eine essentielle Rolle bei der
Nierenentwicklung von Säugetieren, sind aber auch in anderen Geweben wie dem Gehirn nachweisbar
(Donoviel et al., 2001; Sellin et al., 2003). Neben den erwähnten gut untersuchten Phänotypen sind in
rst Mutanten auch mechanosensorische Organe der Augen, des Hinterkopfes und der Flügel betroffen
(Schimansky, 1995). Die Expression von rst in zahlreichen weiteren Geweben weist zudem auf bisher
noch unbekannte Funktionen von rst in diesen Geweben.
2.3.2. Die Expression von roughest
In-situ-Hybridisierungen und Antikörperfärbungen in wildtypischen Individuen zeigen ein
dynamisches und komplexes Expressionsmuster von rst während der Entwicklung von Drosophila.
Abb.6 gibt einen Überblick über die mRNA Expression von rst in einigen Entwicklungsstadien. Abb.7
zeigt die Rst Immunreaktivität in späten Embryonen.
Abb.6. Die mRNA Expression von rst in verschiedenen Entwicklungsstadien
von
Drosophila.
(A-H)
Embryonen
zu
verschiedenen
Entwicklungszeitpunkten; anterior ist links. (A-C, E, H) laterale Ansicht. (D,
F, G) dorsale Ansicht. (I) ZNS des 3. Larvenstadiums. (J) Pupale Retina. (A)
Stadium 5. Expression in 7 ventralen Streifen, in der Amnioserosa (a) und in
der procephalischen Region (p). (B) Stadium 7. (C-D) Stadium 9/10.
Expression in 14 ventralen ektodermalen Zellclustern des gestreckten
Keimstreifens (g). (E-F) Stadium 11. Expression in der Mittellinie,
mesodermalen Zellclustern (m), Clypeolabrum (c), Stomodeum (s), optischer
Anlage (oa) und Knospen der Mundwerkzeuge (gb). (G-H) Stadium 13.
Starke Expression in mesodermalen Zellen. Keine Expression im ventralen
Nervensystem (vc). (I) Starke Expression in der Augenimaginalscheibe,
sowie Expression in den optischen Loben. (J) Starke Expression in
Interommatidialzellen. Verändert aus Schneider, 1994 und Ramos et al.,
1993.
Abb.7. Die Rst Expression während der späten
Embryonalentwicklung von Drosophila. (A-B)
Stadium 15; anterior ist links. (A) Das rst
Genprodukt findet sich in späten Embryonalstadien
auf sensorischen Axonen. (B) In einer
Vergrößerung des ventralen Nervensystems sind
die Axonendigungen der sensorischen Neurone,
sowie Zellen der Mittellinie durch Rst markiert.
Verändert aus Schneider, 1994.
rst wird während der Embryonalentwicklung in vielen verschiedenen Geweben exprimiert und ist
dabei auf z.T. sehr kleine Gebiete oder gar einzelne Zellen beschränkt (Schneider, 1994). Neben den in
Abb.6 & 7 beschriebenen Expressionsmustern konnte das rst Genprodukt in den Apodemen des
Embryos (Strünkelnberg et al., 2001), in Zellen der sich entwickelnden Tracheen (B. Bonengel, pers.
Mitteilung), in der Amnioserosa und in neuroektodermalen Zellen des Embryos (diese Arbeit)
nachgewiesen werden, wobei die dynamische subzelluläre Expression von Rst oftmals eine genaue
Charakterisierung der exprimierenden Zellen erschwert. Während der ersten beiden Larvenstadien ist
keine rst mRNA-Expression nachweisbar (Ramos et al., 1993). Im dritten Larvenstadium zeigt sich
eine Expression von Rst auf weiten Teilen der visuellen Fasern, die das Neuropil von Lamina,
Medulla und Lobula bilden. Während der Pupalentwicklung zeigt sich eine starke Dynamik der Rst
Einleitung
15
Expression in diesen Neuropilen (Abb.8). Hierbei ist Rst subzellulär in spezifischen synaptischen
Schichten lokalisiert, was eine Identifizierung der exprimierenden Zelltypen erschwert.
Abb.8. Die Expression von Rst während der Entwicklung
der optischen Loben von Drosophila. Horizontalansichten
optischer Loben im 3. Larvenstadium (A) und in den
Pupalstadien P16, P36, P42 (C-D). Die frühe
Immunreaktivität von Rst auf auswachsenden Axonen wird
im weiteren Verlauf der Entwicklung eingeschränkt, so dass
sich die Rst Expression nur noch auf den Axonterminalien
in den Neuropilen der Lamina, der Medulla und des
Lobulakomplexes nachweisen lässt. Im Verlaufe der
Pupalentwicklung zeigt sich eine Dynamik der Rst
Immunreaktivität in diskreten Schichten der einzelnen
Neuropile. Während die Immunreaktivität in der
proximalen Medulla konstant bleibt, sind bei P42 in der
distalen Medulla vier und in der Lobula drei Schichten
ausgebildet. Diese Schichtbildungen zeigen eine Expression
von Rst in den Terminalien mehrerer unterschiedlicher
Zelltypen der optischen Loben an. Die Expression von Rst
nimmt im optischen Lobus ab P54 langsam ab und ist ab
P74 nicht mehr nachweisbar (Schneider et al., 1995; Reiter et al., 1996). (dm) distal medulla, (la) lamina, (lo)
lobula, (lop) lobula plate, (mc) medulla cortex, (pm) proximal medulla, (x1) outer chiasm, (x2) inner chiasm.
Verändert aus Reiter, 1995.
Während der Entwicklung des Komplexauges erfolgt die Rst Expression parallel zu den einzelnen
Induktionsprozessen der verschiedenen sich entwickelnden Zelltypen (Reiter et al., 1996). Rst ist in
fast allen Zelltypen des sich entwickelnden Komplexauges dynamisch exprimiert (Abb.9). Auch in
Antennen-, Bein-, Flügel- und Halterenimaginalscheiben ist Rst vorhanden. Zudem wird Rst in
mehreren optischen Foci des Zentralhirns exprimiert, wobei diese Expression bei rstCT-Mutanten nicht
nachweisbar ist (Hiesinger, 1997).
Abb.9. Die Expression von Rst während der Entwicklung des
Komplexauges von Drosophila. (A) Aufsicht auf die
Augenimaginalscheibe des dritten Larvenstadiums; anterior ist
rechts. (a'-a''') Vergrößerung sich bildender Ommatidien aus
unterschiedlichen
Reihen
der
Ommatidienformation,
die
verschiedene Zeitpunkte des Differenzierungsprozesses darstellen.
(B) Aufsicht auf einige sich entwickelnde Ommatidien im
Pupalstadium P16. (C) Aufsicht auf ein Ommatidium zum Zeitpunkt
P44. Rst wird dynamisch in allen Zellen der Augenimaginalscheibe
bis auf R3 und R4 exprimiert, wobei es an speziellen
Membrankontaktstellen akkumuliert. (1-8) retinula cell R1-R8, (1°3°) primary, secondary and tertiary pigment cell, (b) bristle, (c) cone
cells, (eq) equator, (ioc) interommatidial cells, (mf) morphogenetic
furrow. Verändert aus Reiter et al., 1996.
2.3.3. Potentielle Regulatoren der roughest Expression
Basierend auf ähnlichen mutanten Phänotypen und vergleichbaren Expressionsmustern kommen
einige Faktoren als potentielle Regulatoren der transkriptionellen Expression von rst in Betracht. In
Tab.4 sind die potentiellen Faktoren zusammengestellt, die in der vorliegenden Arbeit untersucht
wurden. Für Single minded, Dmef2, den Ras-MAPK Signalweg und den Notch Signalweg konnte in
Einleitung
16
der vorliegenden Arbeit gezeigt werden, dass sie die identifizierte rst cis-regulatorische Sequenz zu
aktivieren vermögen. Daher werden sie in den folgenden Kapiteln detailliert beschrieben.
Allgemeine Signalwege
Mesoderm
Augenimaginalscheibe
optischer Lobus
Mittellinie
Notch, Ras-MAPK
Dmef2, gfl, Ubx, abd-A, Abd-B
lz, ey, toy, D-Pax2, ato, BarH1, BarH2
ase, BR-C, ap, sim
sim
Tab.4. Potentielle Regulatoren der transkriptionellen Expression von rst. In der linken Spalte ist der
Expressionsort von rst angegeben, für den die in der rechten Spalte aufgelisteten Faktoren basierend auf
mutantem Phänotyp oder äquivalenter Expression potentielle Regulatoren von rst darstellen.
Die Expression von rst könnte zudem durch posttranskriptionelle Prozesse reguliert werden, wie z.B.
durch miRNAs. Diese Möglichkeit wird in der Diskussion dieser Arbeit behandelt.
2.3.3.1. Single minded
Im Drosophila Embryo des Blastoderm-Stadiums werden die mesodermale Anlage und die laterale
neurogenische Region auf beiden Seiten des Embryos durch jeweils einen Zellstreifen getrennt. Diese
Zellstreifen bestehen aus den so genannten mesektodermalen Zellen. Während der Gastrulation
bewegen sich die mesektodermalen Zellen aufeinander zu, um sich nach Invagination der
mesodermalen Anlage an der ventralen Mittellinie miteinander zu mischen (Nambu et al., 1990). Von
hier wandern die Zellen ins Innere des Embryos und bilden nach einer Mitose die Zellen der
Mittellinie des sich entwickelnden ZNS aus. Sie differenzieren sich in Neurone und Gliazellen und
spielen eine wichtige Rolle bei der weiteren Entwicklung des ZNS (Nambu et al., 1990). Die Zellen
der Mittellinie wirken als Organisationszentrum für die korrekte Verdrahtung der auswachsenden
Axone des ZNS. Attraktive Signale (wie Netrin) und reprimierende Signale (wie Slit) werden aus den
Zellen der Mittellinie sekretiert und geleiten den auswachsenden Axonen gemäß den auf ihnen
differentiell exprimierten Rezeptoren ihre spezifische Bahn (Übersicht in Yu und Bargmann, 2001).
Fehlt beispielsweise das Slit-Signal, so kommt es zu einem Kollaps des Strickleiternervensystems,
indem die einzelnen Nervenbahnen der beiden Konnektive an der Mittelinie miteinander fusionieren
(Rothberg et al., 1988). Der gleiche Phänotyp lässt sich in single minded (sim) Embryonen beobachten
(Thomas et al., 1988; Sonnenfeld et al., 1994). sim codiert für einen bHLH-PAS Transkriptionsfaktor
und wird in allen mesektodermalen Zellen exprimiert (Crews et al., 1988; Nambu et al., 1990, 1991;
Thomas et al., 1988; siehe unten). sim wirkt als ein Masterregulationsgen der Mittellinienentwicklung
in Drosophila: In sim Mutanten finden sich keine Zellen der ZNS-Mittellinie (Nambu et al., 1990,
1991), während ektopische Expression von sim das Differenzierungsprogramm der Mittellinie im
lateralen ZNS induzieren kann (Nambu et al., 1991). Auch in postembryonale Entwicklungsprozesse
ist sim involviert. Besonders interessant ist die Funktion von sim während der Entwicklung des
optischen Systems von Drosophila. Es konnte gezeigt werden, dass sim Mutanten einen axonalen
Wegfindungsdefekt in den Neuropilen des Lobulakomplexes aufweisen, der dem Phänotyp von rst
Mutanten sehr ähnlich ist (Pielage et al., 2002). In Säugetieren existieren zwei sim homologe Gene
(Übersicht in Crews und Fan, 1999). Das humane Sim-2 kartiert in der für das Down-Syndrom
kritischen Region auf Chromosom 21 und wird mit der Ausbildung dieses Syndroms in Verbindung
gebracht (Chen et al., 1995; Dahmane et al., 1995; Muenke et al., 1995).
Einleitung
17
Die Kontrolle der Genexpression in der Mittellinie des Drosophila Embryos
Die Regulation der Genexpression in Zellen der Mittellinie lässt sich in drei Phasen unterteilen
(Wharton et al., 1994). Die frühe Expression in mesektodermalen Zellen im Blastoderm-Stadium und
während der Gastrulation (Stadium 5-7) wird durch die Kontrollgene der dorsalen / ventralen
Musterbildung gesteuert. Die Expression in den Zellen der ventralen Mittellinie nach Ende der
Gastrulation (Stadium 8-11) steht unter der Kontrolle von sim. Für die späte Expression in den
differenzierten Zellen der ZNS-Mittellinie (Stadium 12-17) sind neben sim noch weitere
Transkriptionsfaktoren verantwortlich (Wharton et al., 1994).
Die frühe Expression von sim in den mesektodermalen Zellen wird durch Kontrollgene der dorsalen /
ventralen Musterbildung (dorsal, twist, snail; Kasai et al., 1992, 1998), durch scute und daughterless
(Crews, 1998; Kasai et al., 1998) und durch Notch gesteuert (Morel und Schweisguth, 2000; Morel et
al., 2001). sim mRNA ist in den beiden mesektodermalen Zellreihen während ihrer Wanderung zur
ventralen Mittellinie zum Zeitpunkt der Gastrulation exprimiert (Crews et al., 1988; siehe Abb.10).
Das sim Genprodukt ist erst kurz vor Ende der Gastrulation in den beiden die ventrale Mittellinie
bildenden mesektodermalen Zellreihen nachweisbar (Ward et al., 1998). Die Expression von sim steht
nun unter der Kontrolle einer positiven Rückkoppelung (Wharton et al., 1994). Nachdem die
Mittellinienzellen in das Innere des Embryos gewandert sind, wird Sim in spezifischen
Subpopulationen neuronaler und nicht-neuronaler Zellen der ZNS-Mittellinie exprimiert (Crews et al,
1988).
Abb.10. Die Entwicklung der ZNS-Mittellinie und die
Expression von single-minded. (A) zeigt die schematische
St6
St5
Darstellung von Querschnitten durch den Drosophila
Embryo
zu verschiedenen Entwicklungszeitpunkten
MES
(Übersicht in Crews, 1998). Blau sind die Zellen markiert,
aus denen sich die ZNS-Mittellinie entwickelt. Diese Zellen
exprimieren sim (siehe B-E). Gepunktet ist die Zellschicht
St15
St10
dargestellt, aus der sich die Amnioserosa (AS) und die
VNC
NB
dorsolaterale Epidermis entwickelt. Weiß markiert ist die
EB
Zellschicht, aus der sich die ventrale Epidermis und das
EPI
laterale ZNS entwickelt. Gestrichelt ist die Zellschicht
markiert, aus der sich das Mesoderm entwickelt. (St5) Im
Stadium des Blastoderms befindet sich auf beiden Seiten
des Embryos eine mesektodermale Zellreihe, die jeweils
zwischen der mesodermalen Anlage (MES) und den Zellen
des Neuroektoderms liegt. (St6) Durch die Migration der
Zellen während der Gastrulation treffen die beiden
mesektodermalen Zellreihen an der ventralen Mittellinie
aufeinander. Hier unterziehen sie sich einer synchronen
Zellteilung (Foe, 1989). (St10) Im Stadium der Keimbahnverlängerung segregieren Neuroblasten (NB) aus dem
ventralen Ektoderm, in dem Epidermoblasten (EB) zurückbleiben. Die Zellen der Mittellinie haben ihren
Zellkern in das Innere des Embryos verschoben, verbleiben aber mit einem zytoplasmatischen Ausläufer mit der
Oberfäche des Embryos verbunden. (St15) Aus den Neuroblasten und den Zellen der Mittellinie hat sich nach
Zellteilungen und Differenzierungsprozessen das Bauchmark gebildet (VNC = ventral nerve cord), das direkt
über der Epidermis (EPI) liegt. St = Stadium. (B - E) Ventrale Ansichten von Drosophila Embryonen zu in (A)
korrespondierenden Entwicklungszeitpunkten. In blau ist die mRNA Expression von sim in den Zellen markiert,
aus der sich die ZNS-Mittellinie entwickelt. (A) verändert nach Nambu et al., 1990. (B - E) entstammen der
Webseite des BDGP Insitu Projekts (http://www.fruitfly.org/cgi-bin/ex/insitu.pl), in dem die Expression aller
Gene im Embryo von Drosophila aufgezeichnet werden soll (Tomancak et al., 2002).
A
AS
Einleitung
18
2.3.3.2. Der Ras-MAPK Signalweg
Der Ras-MAPK (Mitogen Activated Protein Kinase) Signalweg spielt eine essentielle Rolle während
der Entwicklung von Invertebraten und Vertebraten (Übersicht in Tan und Kim, 1999). In Drosophila
konnte eine Vielzahl verschiedener Funktionen des Ras-MAPK Signalwegs ermittelt werden, die sich
u.a. auf Prozesse wie Zellspezifizierung, Zellproliferation, Zellmigration, Kontrolle des Zellzyklus,
Überleben von Zellen und Apoptose, Musterbildung und Organentwicklung erstrecken (Übersicht in
Kumar, 2002; Shilo, 2003). Der Ras-MAPK Signalweg kann durch unterschiedliche Rezeptoren
aktiviert werden, die alle Rezeptor-Tyrosin-Kinasen (RTK) darstellen. Das Drosophila Genom codiert
für 21 RTK, darunter den Epidermal Growth Factor Receptor (EGFR; synonym DER), Fibroblast
Growth Factor Receptor (FGFR; synonym Heartless, Htl), Sevenless (Sev), Torso, Breathless (Btl)
und Anaplastic Lymphoma Kinase (Alk; Übersicht in Loren et al., 2001). Den einzelnen RTK
kommen jeweils unterschiedliche Funktionen während der Entwicklung von Drosophila zu, wobei
EGFR im Gegensatz zu den anderen RTK eine prominente Rolle während zahlreicher
Entwicklungsprozesse spielt (Bier, 1998). So werden Htl und EGFR für die Bildung von
Muskelvorläuferzellen benötigt (Buff et al., 1998; Carmena et al., 1998a; Michelson et al., 1998), aber
nur EGFR spielt in weiteren Entwicklungsprozessen eine Rolle. Die Aktivierung des Ras-MAPK
Signalwegs ist eine komplexe Interaktion zahlreicher Moleküle (siehe Abb.11).
Star
Rho
Spi
Keren
Vein
Gurken
Argos
RTK
Kek
Spry
Ras
Raf
MEK
Abb.11. Schematische Darstellung einiger Komponenten des RasMAPK Signalwegs und seiner negativen Rückkoppelung. Unter
Einfluss von Star und Rho kommt es zur Sekretion der Liganden
Spitz (Spi), Keren oder Gurken; der Ligand Vein hingegen muss
nicht durch Rho prozessiert werden. Nach Aktivierung einer
Rezeptortyrosinkinase (RTK) wie EGFR wird das Signal via Ras,
Raf, MEK und MAPK in den Zellkern transduziert. Durch
Phosphorylierungen wird der transkriptionelle Repressor Yan
reprimiert, während Pnt.P2 aktiviert wird und seinerseits nun die
Transkription von Zielgenen initiieren kann. U.a. sind dies
Komponenten einer negativen Rückkoppelung, die den Ras-MAPK
Signalweg auf unterschiedlichen Ebenen inhibieren. Für Details
siehe Text. Verändert nach Shilo, 2003 und Yang und Baker, 2003.
MAPK
PntP2
Yan
Während die Spezifität mancher RTK durch ihre spezifische Expression vermittelt wird (z.B. Htl),
wird EGFR wie sein Ligand Spitz (Spi) weitgehend ubiquitär exprimiert (Rutledge et al., 1992; Zak et
al., 1990). Die Aktivierung des EGFR Rezeptors benötigt die proteolytische Spaltung und Sekrektion
von Spi (Schweitzer et al., 1995), die durch die Familie der Rhomboid Proteasen vermittelt wird
(Urban et al., 2001). Diese Rhomboid Proteasen weisen eine spezifische Expression in den Zellen der
EGFR Signalgenerierung auf (Bier et al., 1990; Golembo et al., 1996; Sturtevant al., 1996; Wasserman
et al., 2000). Weitere aktvierende Faktoren des EGFR Signalwegs wurden beschrieben. Gurken, Keren
und Vein sind EGFR Liganden, während Star ein intrazelluläres Transportmolekül ist, das den
Transport der Liganden an die Zelloberfäche vermittelt (Übersicht in Shilo, 2003). Am Ende der RasMAPK Signalkaskade steht die Aktivierung von Zielgenen. Hierbei phosphoryliert der Ras-MAPK
Einleitung
19
Signalweg die TF Pointed P2 (Pnt.P2) und Yan (Brunner et al., 1994; Gabay et al., 1996, O'Neill et al.,
1994; Rebay und Rubin, 1995). Diese beiden TF besitzen eine ETS-Domäne und kompetitieren um die
gleiche DNA-Bindungssequenz in den cis-Sequenzen von Zielgenen. Durch die Phosphorylierungen
wird der Repressor Yan deaktiviert, während der Aktivator Pnt.P2 nun an die cis-Sequenz binden
kann. Eine kombinatorische Wirkung des Ras-MAPK Signalwegs mit anderen Signalwegen und
gewebespezifischen Transkriptionsfaktoren (TF) konnte bei der trankriptionellen Aktivierung einiger
nachgeschalteter TF beschrieben werden (z.B. eve, D-Pax2, pros; Halfon et al., 2000; Flores et al.,
2000; Knirr und Frasch, 2001; Xu et al., 2000). Eine zentrale Eigenschaft des EGFR Signals ist, dass
es zeitlich limitiert in spezifischen Zielzellen wirkt. Da die EGFR Liganden diffusibel sind, nehmen
negative Rückkoppelungsmechanismen, die das EGFR Signal zeitlich und räumlich hochspezifisch
einschränken, eine herausragende Stellung in der EGFR Signaltransduktion ein. Bisher konnten drei
auf den EGFR Signalweg reprimierend wirkende Moleküle beschrieben werden, deren eigene
Expression durch EGFR induziert wird (Übersicht in Shilo, 2003). Argos ist ein diffusibler,
reprimierend wirkender Ligand des EGFR (Schweitzer et al., 1995), Kekkon ist ein
Transmembranprotein, das die Dimerisierung des EGFR attenuiert (Ghiglione et al., 1999) und
Sprouty ist ein intrazelluläres Protein, das reprimierend auf die EGFR Signaltransduktion wirkt (Casci
et al., 1999). Zudem konnte Echinoid (Ed), ein Zelladhäsionsmolekül der Immonglobulin (Ig)
Superfamilie, als negativer Regulator des EGFR Signalwegs identifiziert werden (Bai et al., 2001;
Spencer und Cagan, 2003). Die extrazelluläre Domäne von Echinoid besteht aus sechs Ig-Domänen
und zeigt eine signifikante Ähnlichkeit zu Rst und Kirre (Strünkelnberg et al., 2003).
Die Aktivität des Ras-MAPK Signalwegs während der Entwicklung von Drosophila lässt sich
mit Hilfe des diphospho-ERK Antikörpers (dp-ERK) gegen phosphorylierte MAPK (synonym ERK)
visualisieren (Gabay et al., 1997a, 1997b). Auch das Expressionsmuster der Effektorgene pnt und yan
sind hilfreich für die Erkenntnis der Wirkungsorte des Ras-MAPK Signalwegs. Vergleicht man diese
Expressionsmuster mit der Expression von rst, so lassen sich einige Gewebe bestimmen, in denen rst
möglicherweise durch den Ras-MAPK Signalweg reguliert wird und / oder mit ihm interagiert. Von
den unterschiedlichen RTK zeigt in erster Linie der aktivierte EGFR ein teilweise ähnliches
Expressionsmuster wie rst. Im Stadium 10 werden dp-ERK, pnt.P1 und rst in ventralen ektodermalen
Zellclustern des gastrulierenden Embryos in einem sehr ähnlichen Muster exprimiert (Gabay et al.,
1997a, 1997b; Klämbt, 1993; Schneider, 1994). In späteren Embryonalstadien werden dp-ERK und
pnt in Gliazellen der Mittellinie exprimiert (Gabay et al., 1997a, 1997b; Klämbt, 1993). Auch Rst wird
zu diesem Zeitpunkt in Zellen der Mittellinie exprimiert (Schneider, 1994). Interessanterweise ist die
Funktion des Ras-MAPK Signalweg in diesen Mittellinienzellen, das proapoptotische Molekül Hid zu
reprimieren und damit die Apoptose in einer gewissen Subpopulation der Mittellinienzellen zu
unterbinden (Bergmann et al., 2002). Dies scheint ein analoger Vorgang zu den Prozessen während der
Apoptose von Interommatidialzellen (IOC) in der pupalen Retina zu sein, in die Rst involviert ist, und
kann einen Hinweis auf eine allgemeine Funktion von Rst in apoptotischen Prozessen geben. Der RasMAPK Signalweg spielt zudem eine Rolle bei der Determinierung von Muskelgründerzellen (Buff et
al., 1998; Carmena et al., 1998a), in denen auch Rst exprimiert wird (Strünkelnberg et al., 2001).
Interessanterweise unterziehen sich die unspezifizierten mesodermalen Zellen in für den EGFR
Signalweg defizienten Embryonen der Apoptose (Buff et al., 1998). Auch in den epidermalen
Muskelanheftstellen ist der Ras-MAPK Signalweg aktiv (Zak et al., 1990; Gabay et al., 1997a, 1997b).
Rst ist ebenfalls in diesen Strukturen exprimiert (Schneider, 1994; Strünkelnberg et al., 2001).
Besonders auffällig ist, dass Rst und dp-ERK ein hochdynamisches Expressionsmuster während der
frühen Entwicklung des Komplexauges zeigen (Gabay et al., 1997a; Kumar et al., 1998; Lesokhin et
al., 1999; Reiter et al., 1996). Pnt scheint in der Augenimaginalscheibe in allen Zellen in und posterior
der morphogenetischen Furche exprimiert (O'Neill et al., 1994; Rawlins et al., 2003). Für EGFR
Einleitung
20
konnte gezeigt werden, dass er für die Spezifizierung aller Zellen des Komplexauges bis auf die
Photorezeptorzelle R8 benötigt wird (Dominguez et al., 1998; Freeman, 1996, 1997; Kumar et al.,
1998; Yang und Baker, 2001). Dabei wird dasselbe Ras-MAPK Signal sukzessive für die
Spezifizierung unterschiedlicher Zelltypen benutzt. Das vom Zeitpunkt des Signalempfangs abhängige
differentielle Zellschicksal liegt in der unterschiedlichen Prädetermination der Zellen begründet.
Differentiell exprimierte TF wirken in Kombination mit dem Ras-MAPK Signal (und auch dem Notch
Signal; siehe unten) auf die Enhancer von Zielgenen, so dass durch den Zeitpunkt dieser Signale,
sowie das Vorhandensein spezieller TF der jeweils spezifische Zelltyp induziert wird. Solch eine
direkte kombinatorische Regulation von Zielgenen (D-Pax2; pros) durch das Ras-MAPK Signal,
andere Signalwege und spezielle TF konnte in Zellen der Augenimaginalscheibe beschrieben werden
(Flores et al., 2000; Xu et al., 2000). Auch während der Entwicklung der optischen Loben konnte eine
Funktion des EGFR Signalwegs beschrieben werden. Dabei wirkt Spi aus den axonalen Terminalien
der Retinulazellen als Ligand für den EGFR in Lamina-Vorläuferzellen, um deren Differenzierung zu
Lamina-Monopolarzellen zu induzieren (Huang et al., 1998). Für EGFR und für Yan konnte eine
Expression in Zellen der Lamina beschrieben werden (Price und Lai, 1999; Zak und Shilo, 1992).
argos, das für einen Antagonisten von Spi codiert, weist einen mutanten Phänotyp in allen Neuropilen
der optischen Loben auf (Kretzschmar et al., 1992). Zudem konnte gezeigt werden, dass der RasMAPK Signalweg wie rst eine Rolle während axonaler Wegfindungsprozesse spielt (Garcia-Alonso et
al., 2000).
2.3.3.3. Der Notch Signalweg
Neben dem Ras-MAPK Signalweg spielt der Notch Signalweg eine herausragende Rolle während der
Entwicklung von Invertebraten und Vertebraten. Es wird angenommen, dass der Notch Signalweg
beinahe an allen interzellularen Kontakten während der Entwicklung partizipiert (Portin, 2002). Vor
allem durch Studien an Drosophila konnten die Komponenten des Notch Signalwegs identifiziert
werden (Übersicht in Artavanis-Tsakonas et al., 1999; Portin, 2002; siehe Abb.12).
Delta
Notch
Psn
Abb.12. Schematische Darstellung der Hauptkomponenten des
Notch Signalwegs. Nach einer intrazellulären proteolytischen
Prozessierung während seiner Synthese liegt Notch als Heterodimer
vor. Durch die Interaktion der extrazellulären Domänen von Delta
und Notch kommt es zu einer zweiten proteolytischen Spaltung von
Notch, bei der Presenilin (Psn) eine entscheidende Rolle spielt. Die
intrazelluläre Domäne von Notch (Nintra) wird in den Zellkern
überführt und interagiert mit dem transkriptionellen Repressor
Su(H). Dadurch wird die reprimierende Funktion von Su(H)
aufgehoben, so dass durch den Nintra/Su(H) Komplex die
Transkription von Zielgenen aktiviert wird.
Nintra
Su(H)
Notch ist wie seine Liganden Delta und Serrate ein Transmembranprotein. Bereits während seines
Transportes zur Zelloberfläche wird Notch in zwei Teile gespalten, die nichtkovalent miteinander
verbunden bleiben. Nach Interaktion mit seinen Liganden aus Nachbarzellen wird Notch in einem
Einleitung
21
zweiten proteolytischen Prozess in seine extrazelluläre und seine intrazelluläre Domäne gespalten.
Hierbei spielt Presenilin (Psn) eine entscheidende Rolle (Struhl und Greenwald, 2001). Die
intrazelluläre Notchdomäne (Nintra) wird in den Zellkern überführt und bildet einen Komplex mit dem
Transkriptionsfaktor Suppressor of Hairless (Su(H)). Hierdurch wird die repressorische Funktion von
Su(H) aufgehoben, so dass der Su(H)/Nintra Komplex die Transkription von Zielgenen aktiviert (Morel
und Schweisguth, 2000; Morel et al., 2001). Auf dieses basale Gerüst des Notch Signalwegs können
zudem zahlreiche Gene modulierend einwirken, so dass es sich im Grunde um ein Notch Netzwerk
und nicht um ein lineares Signal handelt (Übersicht in Artavanis-Tsakonas et al., 1999).
Der Notch Signalweg ist eng an den Ras-MAPK Signalweg gekoppelt, wie am Beispiel der
Zellspezifizierung und Differenzierung während der Entwicklung des Komplexauges von Drosophila
gezeigt werden soll. Der Notch Signalweg wird für die Spezifizierung aller Zelltypen im sich
entwickelnden Komplexauge benötigt (Cagan und Ready, 1989; Parks et al., 1995; Baonza und
Freeman, 2001). Während der Ras-MAPK Signalweg zumeist eine induzierende Rolle spielt, kann der
Notch Signalweg stimulierend oder inhibierend in das Differenzierungspotential einer Zelle eingreifen.
Bei beiden Mechanismen benutzt der Notch Signalweg die gleichen charakteristischen molekularen
Bausteine, also Delta, Notch und Su(H). Bei den inhibierenden Signalprozessen werden durch das
Notch Signal die transkriptionellen Repressoren des Enhancer of split (E(spl)) Komplexes aktiviert
(Übersicht in Portin, 2002). Während der Determinierung der R8-Zellen in der Augenimaginalscheibe
von Drosophila spielt beispielsweise der Notch Signalweg eine entscheidende Rolle bei der lateralen
Inhibition. So differenzieren sich bei Verlust der Notch oder Delta Funktionen durch das Ausbleiben
der lateralen Inhibition zu viele R8-Zellen innerhalb der morphogenetischen Furche (Baker et al.,
1996; Cagan und Ready, 1989; Parks et al., 1995). Durch das Notch Signal wird die Transkription von
Delta reprimiert, ob dies jedoch für den Prozess der lateralen Inhibition entscheidend ist, bleibt
umstritten (Baker und Yu, 1998). Neben dieser inhibierenden Funktion hat der Notch Signalweg auch
das Potential, im Verbund mit dem Ras-MAPK Signalweg induzierend auf die Spezifizierung von
Zellen zu wirken. Die Spezifizierung der Zellen geschieht durch die Aktivierung von Zielgenen. Dass
die gleichen Signalwege in der Lage sind, sukzessive unterschiedliche Zelltypen in der AIS zu
spezifizieren, liegt an der Kompetenz der betreffenden Zellen für die Signale. In den für das Signal
kompetenten Zellen sind bereits spezielle TF exprimiert. Zielgene werden nun aktiviert, indem diese
ortsspezifischen TF im Verbund mit den Notch und Ras-MAPK Signalwegen kombinatorisch die
Expression durch Bindung an die betreffenden Enhancer aktivieren (z.B. pros und D-Pax2 Enhancer;
siehe Kap.2.3.3.2.). Bei diesen Spezifizierung ist nicht allein die Qualität der Signale entscheidend, die
eine Zelle erhält, sondern neben dem genauen Zeitpunkt des Signalerhalts auch die Quantität des
Signals, wie dies für ein differentielles Zellschicksal bei Notch-Aktivierung in der R7-Zelle gezeigt
werden konnte (Nagaraj et al., 2002; Tomlinson und Struhl, 2001). Die Komplexität der potentiellen
Wechselwirkungen der Notch und Ras-MAPK Signalwege auf die Expression von Zielgenen wird
dadurch deutlich, dass auch das Ras-MAPK Signal inhibierend wirken kann. Im Fall des yan
Enhancers konnte die Situation beschrieben werden, in der Notch aktivierend und das Ras-MAPK
Signal inhibierend auf die Expression wirkt (Rohrbaugh et al., 2002). Auch auf die Transkription des
hid Gens wirkt Pnt reprimierend (Kurada und White, 1998). Ob Pnt direkt als Repressor wirkt oder die
Expression eines Repressors aktiviert, ist nicht geklärt (Rohrbaugh et al., 2002).
Die Balance der beiden Signalwege wird durch gegenseitige Regulationen aufrechterhalten.
Beispielsweise induziert Notch wie erwähnt die Expression von yan, das für den repressorischen
Kompetitor von Pnt codiert (siehe Kap.2.3.3.2.), während Pnt selber die Expression von yan
möglicherweise direkt unterbindet (Rohrbaugh et al., 2002). EGFR dagegen induziert die Expression
des Notch Liganden Delta in Photorezeptorzellen (Tsuda et al., 2002). Dies zeigt, dass die beiden
Signalwege nicht nur parallel, sondern auch seriell miteinander verknüpft sind. Die induzierte Dl
Einleitung
22
Expression in den Retinulazellen wirkt dann im Verbund mit dem EGFR Signal induzierend auf die
benachbarten Kristallkegelzellen (Flores et al., 2000). Es ist anzunehmen, dass diese Kombination aus
seriellen und parallelen EGFR und Notch Signalen auch bei den Induktionsprozessen der anderen
Zelltypen im Komplexauge greift. Nicht nur die Entwicklung des Komplexauges wird durch die
vielfältigen Interaktionen der Notch und Ras-MAPK Signalwege gesteuert, auch andere
Entwicklungsprozesse werden durch das Zusammenspiel der beiden Akteure kontrolliert. So konnte
bei der Muskelentwicklung ein analoger Mechanismus der Funktionen von EGFR und von Notch
beobachtet werden. Während das EGFR Signal für die Spezifizierung der Muskelgründerzellen
benötigt wird (Buff et al., 1998), wirkt der Notch Signalweg inhibierend auf dieses
Spezifizierungspotential in den benachbarten Zellen (Carmena et al., 1995; Carmena et al., 2002).
Kurze Zeit später wirkt der Notch Signalweg zudem induzierend auf die Differenzierung dieser
benachbarten Zellen zu fusionskompetenten Myoblasten (Duan et al., 2001; Ruiz-Gomez et al., 2002).
Beim Prozess der Spezifizierung einer Muskelgründerzelle aus einem Pool gleichartiger Zellen zeigt
sich eine enge regulatorische Verknüpfung der EGFR und Notch Signalwege (Carmena et al., 2002).
Während dem Prozess der lateralen Inhibition wirkt das EGFR Signal in der Muskelgründerzelle wie
in den Photorezeptoren (siehe oben) aktivierend auf die Delta Expression, so dass die Nachbarzellen
einem erhöhten Notch Signal ausgesetzt werden (Carmena et al., 2002). Zudem kommt es zu einer
zellautonomen positiven Rückkoppelung und einer nicht-zellautonomen durch Argos vermittelten
negativen Rückkoppelung des EGFR Signals (Carmena et al., 2002). Das Notch Signal reprimiert die
Ausbildung des Muskelgründerzellprogramms in den Nachbarzellen (Carmena et al., 2002). Während
dieser Prozesse stimuliert Notch seine eigene Expression und blockiert den positiven EGFR
Rückkoppelungsmechanismus in diesen Zellen (Carmena et al., 2002). Die Notch Expression wird
zudem durch den EGFR Signalweg stimuliert (Carmena et al., 2002). Dies zeigt, wie eng die beiden
Signalwege miteinander verknüpft sind.
2.3.3.4. Dmef2 und weitere mesodermale Transkriptionsfaktoren
Die Differenzierung der embryonalen Muskulatur von Drosophila
Die somatische Muskulatur des Embryos von Drosophila besteht aus je 30 Muskelfasern pro
Hemisegment und zeigt einen charakteristischen Aufbau, in dem jede Muskelfaser gemäß ihrer
Position, Größe, Form und Orientierung beschrieben ist (Bate, 1990, 1993). Die Entwicklung der
somatischen Muskulatur auf zellulärer Ebene ist detailliert beschrieben. Auch sind zahlreiche Gene
identifiziert worden, die zu spezifischen Zeitpunkten der Muskelentwicklung exprimiert werden. Die
Ausbildung der mesodermalen Anlage und die Invagination mesodermaler Zellen während der
Gastrulation wird durch twist (twi) und snail (sna) reguliert (Borkowski et al., 1995; Hemavathy et al.,
1997). twi wirkt in erster Linie als ein Selektorgen der Muskelentwicklung, indem es die Expression
muskelspezifischer Zielgene aktiviert. Dies sind z.B. der FGF Rezeptor heartless (htl), der für die
Migration mesodermaler Zellen wichtig ist (Shishido, 1993; Beiman et al., 1996; Gisselbrecht et al.,
1996; Shishido et al., 1997), oder tinman (tin), ein essentieller Transkriptionsfaktor (TF) der Herz- und
Darmentwicklung (Azpiazu and Frasch, 1993; Bodmer, 1993). Auch die Expression von Dmef2, ein
für die Differenzierung aller Muskeln benötigter TF (Lilly et al., 1995; Bour et al., 1995; Taylor et al.,
1995), wird durch Twi reguliert. Eine wichtige Funktion von sna ist hingegen die Reprimierung
neuroektodermaler Gene in der mesodermalen Anlage (Nambu et al., 1990). Nach der Invagination
mesodermaler Zellen zeigt sich in jedem Segment des Embryos ein Bereich hoher und niedriger TwiExpression (Baylies und Bate, 1996). Die Domänen hoher Twi-Expression werden durch die
Aktvivtäten der wingless (wg) and sloppy paired (slp) Gene aus dem aufliegenden Ektoderm bestimmt
Einleitung
23
(Baylies und Bate, 1996). In der Region hoher Twi-Expression bilden sich unter dem Einfluß
extrinsischer Signale wie Decapentaplegic (Dpp) und Wingless (Wg), Gruppen äquivalenter Zellen
aus, die durch die Expression des proneuralen Gens lethal of scute (l'sc) charakterisiert sind (Carmena
et al., 1995). Aus dieser Gruppe bildet sich unter der Wirkung von Htl (Michelson et al., 1998) und
EGFR (Buff et al., 1998) und unter Wirkung lateraler Inhibition, vermittelt durch die neurogenen
Gene, eine Muskelvorläuferzelle aus (Carmena et al., 1995). Die anderen Zellen dieser Gruppe
entwickeln sich zu fusionskompetenten Myoblasten (Carmena et al., 1995). Zwei Signalwege spielen
bei dieser differentiellen Differenzierung eine entscheidende Rolle: Htl und EGFR wirken beide durch
den gleichen Ras-MAPK Signalweg und werden für die Bildung der Muskelvorläuferzelle benötigt
(Carmena et al., 1998a). Der Notch Signalweg vermittelt die laterale Inhibition und induziert zudem
die Bildung der fusionskompetenten Myoblasten (Duan et al., 2001; Carmena et al., 2002; RuizGomez et al., 2002). Aus der Muskelvorläuferzelle entstehen durch asymmetrische Zellteilung zwei
Muskelgründerzellen (Carmena et al., 1998b), die durch eine für jede Muskelgründerzelle
charakteristische, teilweise kombinatorische Expression spezieller TF determiniert sind. Zu diesen TF
zählen Krüppel (Kr), nautilus (nau), vestigial (vg), even skipped (eve), apterous (ap) und S59
(Bourgouin et al., 1992; Dohrmann et al., 1990; Frasch et al., 1987; Gaul et al., 1987; Michelson et al.,
1990; Paterson et al., 1991; Williams et al., 1991). Entlang der anterior-posterioren Achse des
Embryos wirken zudem homeotische Gene auf die Segmentidentität des Muskelmusters. Homeotische
Gene wie Ubx und abd-A werden nur in definierten Segmenten exprimiert und regulieren dabei
zellautonom die Formation spezifischer Muskelgründerzellen (Michelson, 1994). Die einzelnen
Muskelfasern entstehen, indem die charakteristischen Muskelgründerzellen im weiteren Verlauf der
Entwicklung mit fusionskompetenten Myoblasten fusionieren (Dworak und Sink, 2002). Eine
Muskelfaser im Embryo von Drosophila besteht je nach Identität des Muskels aus 3 - 25 fusionierten
Muskelzellen (Bate, 1990). Abb.13 gibt einen Überblick über die spatio-temporale Expression einiger
TF im somatischen Mesoderm.
unspezifizierte somatische Muskelzellen
twi
+
Dmef2
+
l'sc
+
N
Ras-MAPK
Fusionskompetente
Muskelzellen (fcm)
Muskelgründerzelle (fm)
spezifizierte somatische Muskelzellen
fcm
fm
twi
+
+
Dmef2
+
+
l'sc
+
gfl
+
differenzierende somatische Muskelzellen
fcm
fm
twi
Dmef2
+
+
l'sc
gfl
+
differenzierte Muskelfaser
Dmef2
+
gfl
-
Abb.13. Vereinfachte schematische Darstellung der spezifischen Wirkung einiger Signalwege und
Transkriptionsfaktoren (TF) während der Entwicklung der somatischen Muskulatur des Drosophila Embryos.
Aus einer homogenen Population unspezifizierter Muskelzellen (gelb) differenziert sich unter dem Einfluß des
Ras-MAPK Signalwegs und lateraler Inhibition eine Muskelvorläuferzelle (der Übersichtlichkeit wegen nicht
Einleitung
24
dargestellt), aus der durch asymmetrische Zellteilung zwei Muskelgründerzellen (fm, founder myoblast; in rot ist
nur eine fm dargestellt) entstehen. Fusionskompetente Myoblasten (fcm, fusion competent myoblasts; in grün
dargestellt) differenzieren sich aus dem Pool unspezifizierter somatischer Muskelzellen unter Einfluß des Notch
Signalwegs. Die Identität der einzelnen Muskelgründerzellen ist durch eine Kombination spezifischer TF
festgelegt (nicht dargestellt). Fusionskompetente Myoblasten fusionieren mit den einzelnen Muskelgründerzellen
zu Muskelfasern. Rechts ist die spezifische Expression einiger TF in unterschiedlichen somatischen
Muskelzellen dargestellt. Weitere Erklärungen siehe Text. Verändert nach Ruiz-Gomez et al., 2002.
Die Entwicklung des viszeralen Mesoderms verläuft nach einem vergleichbaren Mechanismus
(Dworak und Sink, 2002). Dpp, Tin und Hedgehog aktivieren die Expression von bagpipe (bap) und
biniou (bin). Durch das antagonistisch wirkende Wg Signal wird die Expression dieser beiden TF auf
segmentale Cluster von Vorläuferzellen des viszeralen Mesoderms beschränkt (Übersicht in Lee et al.,
2003). Die Fusion von Myoblasten zur funktionsfähigen viszeralen Muskulatur benötigt die
Spezifizierung von Muskelgründerzellen innerhalb der Cluster viszeraler Muskelvorläuferzellen
(Klapper et al., 2001, 2002; Martin et al., 2001). Wie bei der Entwicklung der somatischen Muskulatur
wird diese Spezifizierung durch den Ras-MAPK Signalweg vermittelt. Allerdings wird dieser
Signalweg in diesem Fall durch eine für das viszerale Mesoderm spezifische Ligand / Rezeptor
Kombination aktiviert (Englund et al., 2003; Lee et al., 2003). Jelly belly (Jeb) wirkt als Ligand für die
Anaplastic Lymphoma Kinase (Alk), die zur Familie der Rezeptor Tyrosin Kinasen gehört (Loren et
al., 2001). Durch den aktivierten Ras-MAPK Signalweg wird die Expression
muskelgründerzellspezifischer Zielgene wie kirre induziert, durch die die Fusion mit
fusionskompetenten Myoblasten zur viszeralen Muskulatur vermittelt wird (Englund et al., 2003; Lee
et al., 2003).
Dmef2 als potentieller Regulator der rst Expression in mesodermalen Zellen
Die Expression von rst in mesodermalen Zellen beginnt nach der Invagination des Mesoderms, wenn
die mesodermale Zellschicht unter das Ektoderm gewandert ist. Zu diesem Zeitpunkt ist rst nicht
einheitlich verteilt, sondern in Clustern exprimiert. Rst ist auf somatischen und viszeralen
Muskelzellen nachweisbar. Hierbei ist Rst sowohl in Muskelgründerzellen als auch in
fusionskompetenten Myoblasten exprimiert (Strünkelnberg et al, 2001). Die naheliegendste Erklärung
für einen Kandidaten der Regulation von rst in mesodermalen Zellen wäre ein TF, der die gleiche
mesodermale Expression und den gleichen mesodermalen Phänotyp wie rst zeigt. Dieser TF würde die
komplexen Signalprozesse, die zur spezifischen Expression in mesodermalen Zellen ab einem
speziellen Stadium führen, durch die Regulation seiner Expression integrieren und seinerseits nun
Zielgene wie rst in diesem Gewebe aktivieren. Dmef2 (Lilly et al., 1994; Nguyen et al., 1994; Bour et
al., 1995; Taylor et al., 1995) wird als zelltypspezifisches Selektorgen für die Muskeldifferenzierung
klassifiziert (Mann und Carroll, 2002), das zahlreiche Zielgene direkt reguliert (Black und Olson,
1998). Es konnte gezeigt werden, dass die Expression von Dmef2 durch eine komplexe Anordnung
von cis-Elementen gesteuert wird, die Signale von Faktoren wie Dpp, Wg, Twi, Tin und Gleeful (Gfl)
integrieren (Cripps et al., 1998; Gajewski et al., 1997; Nguyen und Xu, 1998; Duan et al., 2001). Die
Expression von Dmef2 in allen Muskelgründerzellen und fusionskompetenten Myoblasten, sowie im
viszeralen Mesoderm und den Muskelzellen des Herzens (Lilly et al., 1994; Bour et al., 1995; Taylor
et al., 1995) erinnert an die Expression von Rst. Zudem zeigt Dmef2 wie rst einen mutanten Phänotyp
der gestörten Muskelfusion (Bour et al., 1995; Lilly et al., 1995; Ranganayakulu et al., 1995). Daher
ist Dmef2 ein hervorragender Kandidat für eine Regulation der rst Expression in mesodermalen
Zellen.
Einleitung
25
2.4. Zielsetzungen dieser Arbeit
Über die Regulation der Expression von rst in Drosophila ist bisher nichts bekannt.
In der vorliegenden Arbeit sollte daher eine Analyse der transkriptionellen Regulation von rst
durchgeführt werden.
Hierzu sollte die bisher unbekannte Transkriptionsstartstelle von rst ermittelt und rst cis-regulatorische
Elemente identifiziert und charakterisiert werden.
Faktoren, die die Transkription des rst Gens regulieren, sollten ermittelt werden, um neue
Ansatzpunkte für bisher unbekannte Funktionen von rst während der Entwicklung von Drosophila zu
erlangen und rst in das genregulatorische Netzwerk von Drosophila einzuordnen.
Mit Hilfe der ermittelten rst cis-regulatorischen Elemente sollten rst-Gal4 Fliegenstämme erstellt
werden, um ein experimentelles Werkzeug für die gezielte Fehlexpression von Genen nach dem rst
Expressionsmuster zu erhalten.
Material & Methoden
3.
26
Material und Methoden
3.1. Material
3.1.1. Geräte
Binokular
Brutschränke
Gelelektrophorese
Glaskapillaren
MS 5, Leica
Forma Scientific; Sanyo
Biorad
GC100-10, Clark
Heizblock
Thermostat
5320,
Eppendorf;
HB-130,
Unitek; TR 0287, Liebisch
Kühlschränke
Liebherr
Mikroinjektionsgerät Transjector
5246,
Eppendorf
Mikropipettenzieher Model 720, Kopf
Mikroskope
Axiophot mit Normaski &
Epifluoreszenz,
Leitz;
CLSM TCS4D, Leica
PCR-Geräte
TRIO-Thermoblock,
Biometra; Robocycler 40,
Stratagene
pH-Meter
pH 320, WTW
Pinzetten
Pipetten
Rotator
Rotoren
Schüttler
Dumont Nr.5
Pipetman, Gilson
Heidolph
SS-34 & GS-3, Sorvall; 1395,
Hettich
GFL
UV-Lampe
Vortexer
Chroma 41, Vetter
Bender & Hobein
Waage
Wasserbad
PE 360, Mettler
GFL
Wiegeschüttler
Rocky, Fröbel
Zentrifugen
Force 7, Fisher Scientific;
Mikro
Rapid/K,
Hettich;
Sorvall RCB-5
3.1.2. Medien und Lösungen
Ampicillin Stammlösung
100 mg / ml in ddH2O; aliquotieren; bei -20°C lagern
β - Galaktosidase Färbelösung
10 mM Natriumphosphatpuffer; 150 mM NaCl; 1 mM MgCl x 6
H2O; 3,1 mM K4[FeII(CN)6]; 3,1 mM K3[FeIII(CN)6]; 0,02% NaN3;
pH 7.6 einstellen; Flasche mit Alufolie lichtdicht bedecken; 0,3%
Triton X-100 wird vor Gebrauch zugegeben
0,5 M EDTA-Puffer
0,5 M EDTA in ddH2O; EDTA geht erst in Lösung, wenn mittels
NaOH pH 8 eingestellt wurde; autoklavieren
Eiablageplatten für Drosophila
15 g Bacto-Agar in 0,5 ml H2O; autoklavieren; Agarlösung in
einem beheizten Wasserbad auf 65°C abkühlen lassen; 175 ml
naturtrüben Apfelsaft mit 16 g D-Glucose, 0,5 ml unvergällten
EtOH und 0,25 ml Essigsäure mischen; diese Lösung zu der heißen
Agarlösung geben und vermischen; Gießen der Eiablageplatten,
bevor sich der Agar verfestigt; bei 4°C lagern
Material & Methoden
27
Futterbrei für Drosophila
88 g Agar unter Kochen in 7 l H2O einrühren; 2-3 min aufkochen;
686 g Hefeflocken, 560 g Maisgries und 756 g Sojamehl einrühren;
15 min kochen; 280 g Rübensirup und 560 g Malzsirup einrühren;
leicht abkühlen lassen; 30 ml Propionsäure und 7 g Nipagin, das in
68 ml Ethanol gelöst wurde, zugeben; in Drosophila-Gläser
überführen; nach Erkalten mit Schaumstoffstopfen verschließen; bei
4°C lagern
Gel-Ladepuffer
0,25% Bromphenolblau; 0,25% Xylen Cyanol FF; 15% Ficoll 400;
ddH2O
LB-Medium
10 g Bacto-Trypton; 5 g Bacto-Yeast-Extract; 10 g NaCl; mit
ddH2O auf 1 l auffüllen; autoklavieren
LB-Amp-Platten
Agar oder Agarose im Verhältnis 1,5% (w/v) zu LB-Medium
geben; autoklavieren; auf 60°C in einem beheizten Wasserbad
abkühlen lassen; Ampicillin zu einer Endkonzentration von 100 µg /
ml zugeben (1 : 1000 der Ampicillin Stocklösung); Platten gießen;
bei 4°C lagern
λHindIII-DNA-Marker
62 µl λ-DNA (0,3 µg/µl USB); 7 µl Restr.-Puffer M; 1 µl HindIII; 1
h 37°C und bei 4°C lagern (Endkonzentration = 0,27 µg/µl)
PBS 25x
200 g NaCl; 5 g KCl; 5 g KH2PO4; 27,8 g Na2HPO4 x 2 H2O; mit
ddH2O auf 1 l auffüllen und mit HCl/NaOH pH 7.6 einstellen;
autoklavieren
PBT 0,4%
0,4% Triton X-100 in PBS
4% PFA
8 g PFA in 70 ml ddH2O bei 60°C für 15 min mit Hilfe eines
Magnetrührers lösen (in geschlossener Flasche unter Abzug!);
tropfenweise Zugabe von 1N NaOH bis die Lösung klar wird;
Zugabe von 53,3 ml 0,1M Na2HPO4, 26,6 ml 0,1M NaH2PO4 und
40,1 ml ddH2O ( pH7.4); aliquotieren und bei -20°C einfrieren
RNase A - Lösung
10 mg/ml RNase A in 100 mM NaOAc, pH 5.2 lösen; 15 min bei
100°C kochen, um etwaige DNase zu inaktivieren; zu 1,5 ml
aliquotieren und bei -20°C einfrieren
SOC-Medium
20 g Bacto-Trypton; 5 g Hefe Extrakt; 0,58 g NaCl (10 mM); 0,186
g KCl (2,5 mM); mit ddH2O auf 1 l auffüllen und pH 7.0 einstellen;
autoklavieren; kurz vor Gebrauch mittels einer sterilfiltrierten 2M
Glucoselösung auf 20 mM einstellen
STET-Puffer
0,1 M NaCl; 10 mM Tris-HCl, pH 8.0; 1 mM EDTA, pH 8.0; 5%
Triton X-100
TAE-Puffer
0,04 M Tris-Acetat, pH 7.5; 0,02 M NaAc; 10 mM EDTA
TBE-Puffer
0,09 M Tris-Borat; 0,002 M EDTA
TE-Puffer
10 mM Tris-HCl, pH 8.0; 1 mM EDTA; autoklavieren
Material & Methoden
28
3.1.3. Molekularbiologische Kits
FirstCoiceTM RLM-RACE Kit
QIAEX®II Gel Extraction Kit
QIAfilterTM Plasmid Maxi Kit
QIAquick® Gel Extraction Kit
QIAquick® PCR Purification Kit
QuikChange® XL Site-Directed Mutagenesis Kit
TOPOTM TA Cloning® Kit
Ambion
Qiagen
Qiagen
Qiagen
Qiagen
Stratagene
Invitrogen
3.1.4. Plasmide
pBluescript II KS
pCaSpeR-hs43-AUG-βGal
pChs-Gal4
pCR®II-TOPO®
pGaTB
pUChsΠ∆2-3
Stratagene
Thummel und Pirrotta, 1992; von V. Pirrotta erhalten
in dieser Arbeit erstellt
Invitrogen
Brand und Perrimon, 1993; von A. Brand erhalten
siehe Flybase
3.1.5. Primer
5'#1
5'#2
#3BBglI
#3BBglII
#Chswhite2
#Chs3lacZ
#ChsGal4
#simIa
#simIb
#simIIa
#simIIb
5'-GGCGAATATGCGATGCGAGT-3'
5'-CGATGCGAGTTCTCGTCTTC-3'
5'-CTCTTCGTCTCCGTTCACAA-3'
5'-GTTCACCTACCGCAGCAGTT-3'
5'-ACTGAAGGCGGACATTGACG-3'
5'-GTAGACGAAGCGCCTCTATT-3'
5'-GTCTACGGAGCGACAATTCA-3'
5'-CCCCGGGCTGCGGGATCCTGCTTTTCTAATCCCG-3'
5'-CGGGATTAGAAAAGCAGGATCCCGCAGCCCGGGG-3'
5'-GCAGGGCCCAACAGGGGATCCTTCTCTGTATCGC-3'
5'-GCGATACAGAGAAGGATCCCCTGTTGGGCCCTGC-3'
3.1.6. Antikörper
24A5.1 (α-Rst)
Maus
24A5.1-Cy3
24A5.1-Alexa488
22C10
α-βGal
JIE7 (α-βGal)
40-1a (α-βGal)
α-HRP-Cy3
α-Hbs
α-Sns
α-Sim
α-Sim
Ν2 7Α1 (α-Armadillo)
α-Ase
α-BRCcore (25E9)
Maus
Maus
Maus
Kaninchen
Maus
Maus
Kaninchen
Kaninchen
Kaninchen
Maus
Ratte
Maus
Kaninchen
Maus
1:5 (embryonal)
1:20 (postembryonal)
1:50 (postembryonal)
1:50 (postembryonal)
1:100
1:3000
1:200
1:200
1:2500
1:500
1:70
1:20 (postembryonal)
1:200 (embryonal)
1:20
1:5000
1:100
Fischbach Lab AK-Sammlung
Fischbach Lab AK-Sammlung
Fischbach Lab AK-Sammlung
Fischbach Lab AK-Sammlung
abcam, Cambridge; UK
Dev. Studies Hybridoma Bank
Dev. Studies Hybridoma Bank
Jackson Immunoresearch
Fischbach Lab AK-Sammlung
Fischbach Lab AK-Sammlung
Dev. Studies Hybridoma Bank
S. Crews, Chapel Hill
Dev. Studies Hybridoma Bank
Y. N. Jan, San Francisco
G. Guild, Philadelphia
Material & Methoden
29
Alexa Fluor® 488 F(ab')2 fragment of goat anti-mouse IgG (H+L); 2 mg/ml
Alexa Fluor® 488 goat anti-rabbit IgG (H+L) 'highly cross adsorbed'; 2 mg/ml
Alexa Fluor® 488 goat anti-rat IgG (H+L); 2 mg/ml
Cy3TM conjugated AffiniPure goat anti-mouse IgG (H+L); 1,5 ml/ml
Cy3TM conjugated AffiniPure goat anti-rabbit IgG (H+L); 1,5 mg/ml
Cy3TM conjugated AffiniPure goat anti-rat IgG (H+L); 1,5 mg/ml
Molecular Probes
Molecular Probes
Molecular Probes
Jackson Immunores.
Jackson Immunores.
Jackson Immunores.
3.1.7. Fliegenstämme
Um die Übersichtlichkeit zu gewährleisten, sind die Genotypen der benutzten Fliegenstämme nur in
Kurzform angegeben, sowie ihre Herkunft. Eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Genotypen
findet sich im Begleitheft der Stammsammlung des Fischbach Labors, Freiburg, und in den
entsprechenden Publikationen der Spender.
wtb (Wildtype Berlin)
yellow white (yw)
npr / Binsn
UAS-ase / CyO
ase1 / C(1)DX
UAS-sim (II)
UAS-Dmef2
UAS-D-Pax2 (III)
UAS-Su(H)-VP16 / TM3
UAS-BarH1 [M13] (III)
UAS-BarH1 [M6] (I)
UAS-BarH2 [F11] (III)
UAS-gleeful (II)
UAS-lozenge (III)
UAS-ey; UAS-ey (II;III)
UAS-toy [UO4] (II)
UAS-toy [UO11] (III)
UAS-ap50.3 (I)
UAS-ap10.2 (II)
w; apUG035 / CyO ; MKRS / TM6
UAS-ato (III)
ato1 / TM3(Ubx-lacZ), Sb
snaIIG / CyO
sna4.26 / CyO
UAS-Ubx / TM3
UAS-abdA
UAS-AbdB
UAS-gcm; UAS-gcm (II;III)
UAS-Su(H)
UAS-EGFR
UAS-pnt.P1
UAS-pnt.P2
UAS-aopACT
GMR-yanACT
UAS-EGFR.DN; UAS-EGFR.DN (II;III)
EP1515
lz77a7
simH9 / TM3(ftz-lacZ), Sb
ru h th st cu simJ1-47 e / TM6B
st simJ1-47 e ca / TM6B
FRT82B simH9 / TM6B
Fischbach Lab Stammsammlung
Fischbach Lab Stammsammlung
Luizinho, R. Preto (s. Hodgetts et al., 1995)
Y. N. Jan, San Francisco
Bloomington Stock Center (#104)
S. Crews, Chapel Hill
Fischbach Lab Stammsammlung
M. Noll, Zürich
M. W. Young, New York
K. Saigo, Tokyo
K. Saigo, Tokyo
K. Saigo, Tokyo
E. Furlong, Heidelberg
U. Banerjee, Los Angeles
L. Kammermeier, Basel
L. Kammermeier, Basel
L. Kammermeier, Basel
E. Knust, Düsseldorf
E. Knust, Düsseldorf
E. Knust, Düsseldorf
Y. N. Jan, San Francisco
Y. N. Jan, San Francisco
MPI f. Entwicklungsbiol., Tübingen (#Z288)
MPI f. Entwicklungsbiol., Tübingen (#B226)
Bloomington Stock Center (#911)
Bloomington Stock Center (#912)
Bloomington Stock Center (#913)
Bloomington Stock Center (#5446)
Bloomington Stock Center (#5814)
Bloomington Stock Center (#5368)
Bloomington Stock Center (#869)
Bloomington Stock Center (#399)
Bloomington Stock Center (#5789)
Bloomington Stock Center (#5786)
Bloomington Stock Center (#5364)
Bloomington Stock Center (#10858)
Bloomington Stock Center (#3609)
C. Klämbt, Münster
C. Klämbt, Münster
C. Klämbt, Münster
C. Klämbt, Münster
Material & Methoden
yw; FRT82B tubP-Gal80
elavGal4, UAS-mCD8-GFP, hsFLP
l(1)Nts1 / C(1)DX
UAS-lacZ (II)
UAS-lacZ (III)
UAS-mCD8-GFP
UAS-p35
twi-Gal4
sca-Gal4 (537.4)
GMR-Gal4
Df(1)w67k30, Nfa-g / FM7(eve-lacZ)
rstCT
UAS-HB3 (II)
UAS-HB3 (III)
UAS-hbs (II)
UAS-sns (II)
w; ScO / CyO; TM2 / TM6b
CyO(elav-lacZ)
rstCCS1-2,4BglX-Gal4
rstCCS1-3BBgl-Gal4
rstCCS1-3Bgl-simI/IImut-Gal4
rstCCS1-5,3BX-Gal4 / CyO
rstEOR1-2,7X-Gal4
rstEOR1-4,7E-Gal4
rst41-BBgl-lacZ
rst41-BXho-lacZ
rstB3-B-lacZ
rstCCS1-3'BX-lacZ Linie3 (III)
rstEOR1-E-lacZ Linie 2 (II)
rstEOR3-E-lacZ
rstH4-NX-lacZ
30
Bloomington Stock Center (#5135)
Bloomington Stock Center (#5146)
Bloomington Stock Center (#2533)
Bloomington Stock Center (#1776)
Bloomington Stock Center (#1777)
Fischbach Lab Stammsammlung
Fischbach Lab Stammsammlung
Fischbach Lab Stammsammlung
B. Egger, Basel
Fischbach Lab Stammsammlung
Fischbach Lab Stammsammlung
Fischbach Lab Stammsammlung
Fischbach Lab Stammsammlung
Fischbach Lab Stammsammlung
Fischbach Lab Stammsammlung (v. H. Sink)
Fischbach Lab Stammsammlung
W. Gehring, Basel
Bloomington Stock Center (#4090)
diese Arbeit
diese Arbeit
diese Arbeit
diese Arbeit
diese Arbeit
diese Arbeit
diese Arbeit & Apitz, 1999
diese Arbeit & Apitz, 1999
diese Arbeit & Apitz, 1999
diese Arbeit & Kambacheld, 1999
diese Arbeit & Kambacheld, 1999
diese Arbeit & Apitz, 1999
diese Arbeit & Apitz, 1999
3.2. Methoden
3.2.1. Arbeiten mit Drosophila
Die Fliegen wurden bei 18°C oder 25°C gehalten. Bei 25°C ist die Entwicklungsdauer etwa doppelt so
schnell wie bei 18°C. Zur Betrachtung unter dem Binokular wurden die Fliegen mit CO2 auf einer
Glasfritte betäubt. Standardtechniken für die Haltung und das Kreuzen von Drosophila finden sich in
Greenspan, 1997.
3.2.1.1. Bestimmung des Pupalstadiums von Drosophila
Wenn sich die Larve ca. 110-120 h nach der Eiablage bei 25°C verpuppt, kommt es zuerst zur Bildung
einer weißen Puppe. Dieser Zustand dauert nur 1-2 h und ist daher als Nullpunkt der
Puppenentwicklung bestens geeignet. Man überführt die weißen Puppen vorsichtig in ein
Eppendorfgefäß, das an seinem Boden mit einem feuchten Papier ausgelegt ist und dessen Deckel
etwas eingeschnitten wurde, damit für ausreichend Feuchtigkeit und Gasaustausch gesorgt ist. Die
Puppen werden bei 25°C inkubiert und zum gewünschten Zeitpunkt präpariert. Ein Prozent
Puppenentwicklung entspricht ca. 1 h bei 25°C. Das Schlüpfen erfolgt nach ca. 100 h.
Material & Methoden
31
Wurden Fliegen bei 30°C gehalten, so wurde das relative Pupalstadium nach der Tabelle in Powsner,
1935, bestimmt. Zudem wurden wildtypische Kontrollfliegen zeitgleich bei derselben Temperatur
inkubiert und präpariert.
3.2.1.2. Arbeiten mit Drosophila Embryonen
3.2.1.2.1. Sammeln von Drosophila Embryonen
4-10 Tage alte Fliegen wurden in einem großen Fliegenröhrchen mit Luftlöchern gesammelt. Dieses
wurde kopfüber auf eine Apfelsaft-Agarplatte gestellt und leicht in den Agar eingedrückt, so dass die
Fliegen nicht entweichen konnten. Auf die Platte wurde etwas Hefepaste aufgestrichen, damit eine
bessere Eiablage gewährleistet wird.
3.2.1.2.2. Dechorionisieren von Drosophila Embryonen
Zum Dechorionisieren gesammelter Embryonen wurde 6% NaClO auf die Apfelsaft-Agarplatte
zugegeben. Die Embryonen wurden samt noch vorhandener Hefe mit einem Pinsel aufgeschwemmt
und die Dechorionisierung der Embryonen unter dem Binokular verfolgt: unter der Abgabe von
Luftblasen bricht der Embryo aus der Chorionhülle aus und sinkt nach unten. Bei 6% NaClO dauert
die Dechorionisierung ca. 1 min. Die Embryonen wurden in ein Netzröhrchen überführt, in dem ein
sehr feinmaschiges Netz als Sieb fungiert. Die auf dem Netz zurückgehaltenen Eier wurden mit
Leitungswasser unter leichten Kreisbewegungen gespült, so dass sich die dechorionisierten
Embryonen auf dem Sieb sammeln.
3.2.1.2.3. Devitellinisieren von Drosophila Embryonen
Die dechorionisierten Embryonen wurden vom Netzröhrchen in ein 5 ml Schraubgläschen überführt,
in dem 2 ml Heptan vorgelegt wurden. Durch das Heptan erleiden die Embryonen kleine Öffnungen in
ihrer Vitellinmembran, was die Aufnahme des als Fixans nachfolgend zugegebenen 4% PFA
gewährleistet. Die Embryonen befinden sich zwischen den beiden Flüssigkeitsphasen. Während einer
ca. 20 min Fixationsphase wurden die Embryonen öfters geschüttelt. Das Fixans in der unteren Phase
wurde abgesaugt und zur Devitellinisierung 2 ml Methanol (auf -70°C vorgekühlt) zugegeben. Nach
kurzem, sehr starkem Schütteln sinken die devitellinisierten Embryonen zu Boden. 50% der
Embryonen bleiben dabei in der Interphase zurück. Diese werden zusammen mit dem Heptan und dem
Methanol abgesaugt. Embryonen können in Methanol für längere Zeit bei - 20°C gelagert werden und
nach einer Rehydrierungsreihe in Antikörperfärbungen eingesetzt werden. Für X-Gal Färbungen muss
unmittelbar weitergearbeitet werden, da die enzymatische Aktivität der β-Galaktosidase durch
Methanol zerstört wird.
3.2.1.3. P-Element vermittelte Keimbahntransformation von Drosophila
Hintergrund:
P-Elemente sind die wichtigsten mobilen genetischen Elemente in Drosophila, die methodisch nutzbar
gemacht werden konnten. P-Elemente sind 2.9 kb lang und tragen an den Enden eine invertierte
Wiederholungssequenz von 31 bp. Sie codieren für eine Transposase, die die Mobilisierung und den
Wiedereinbau der P-Elemente im Genom katalysiert. Diese Mobilisierung ist strikt auf die Keimbahn
beschränkt, da durch differentielles Spleißen in den Somazellen ein Inhibitor der Transposase entsteht.
Modifizierte P-Elemente lassen sich als Transformationsvektoren von Drosophila nutzen (Spradling
und Rubin, 1982; Rubin und Spradling, 1982). Hierzu verwendet man zwei verschiedene modifizierte
P-Elemente. Das so genannte Helferplasmid codiert für die Transposase, ihm fehlen aber die
invertierten Wiederholungssequenzen. Daher kann es selber nicht in das Genom inserieren und wird
im weiteren Verlauf der Zellteilungen nicht weitervererbt. Das Transposasegen hingegen kann
Material & Methoden
32
transkribiert werden und die Insertion eines zweiten P-Elementes katalysieren, das die invertierten
Wiederholungssequenzen trägt. Dieses P-Element
trägt zwischen den invertierten
Wiederholungssequenzen das gewünschte DNA-Fragment (z.B. ein Gen) und ein Markergen, die
Transposase ist deletiert. Um transformierte Linien zu erhalten, injiziert man in das posteriore
Polplasma von Embryonen vor der Zellularisierung ein Gemisch der beiden P-Elemente. Die
Embryonen bilden zu diesem Zeitpunkt ein syncytiales Blastoderm aus (Stadium 3 der Embryogenese
nach Campos-Ortega und Hartenstein, 1997), in dessen Verlauf sich am posterioren Pol die so
genannten Polzellen abschnüren, die die Vorläufer der späteren Keimbahnzellen darstellen. Wenn
diese Polzellen die beiden P-Elemente aufnehmen, so sind Keimbahnzellen der injizierten Fliegen
transformiert und ihre Nachkommen tragen das Transgen in sämtlichen Zellen. Als Marker der
erfolgten Transformation dient üblicherweise ein Augenmarker. In der vorliegenden Arbeit wurden
Embryonen weißäugiger Fliegen (Genotyp yellow white, yw) mit dem wildtypischen white Gen als
Marker injiziert, so dass transformierte Nachkommen rotäugig sind.
Vorbereiten der Embryonen
Um Embryonen im syncytialen Stadium zu erhalten, wurden die Embryonen von yw Fliegen für
jeweils maximal 1 h gesammelt. Die erste Eiablageplatte wurde verworfen, da sich auf ihr
zurückgehaltene, zu weit entwickelte Eier befinden können. Die Embryonen wurden dechorionisiert,
mit einem Pinsel auf eine halbierte, umgedrehte Apfelsaft-Agarplatte überführt und dort senkrecht zur
Schnittkante unter dem Binokular aufgereiht, so dass alle Embryonen dieselbe Ausrichtung aufweisen
und mit ihrer Mikropyle zum oder weg vom Experimentator zeigen. Auf einen Objektträger wurde
Doppelklebeband geklebt und die aufgereihten Embryonen mit der Klebefläche von der Platte
aufgenommen. Die auf dem Objektträger klebenden Embryonen wurden für 2-3 min unter einem Föhn
getrocknet. Diese Trockenzeit ist kritisch für das Überleben der Embryonen. Sie sollte so optimiert
werden, dass die Embryonen beim Einstechen der Injektionsnadel kein Plasma verlieren, aber auch
nicht so ausgetrocknet sind, dass sie faltig erscheinen oder der Injektionsnadel zu sehr nachgeben.
Nach dem Trocknen wurden die Embryonen mit Halocarbonöl (Voltalef 10S) bedeckt, um das
Austrocknen der Embryonen und später der sich entwickelnden Larven zu verhindern. Das
Halocarbonöl ist luftdurchlässig, was ein Überleben der Embryonen gewährleistet.
Injektion
50 µl Injektionslösung wurden erstellt: 0,2 µg/µl des Helferplasmids pUChsΠ∆2-3 und 0,6 µg/µl des
zu transformierenden P-Element Vektors wurden in Injektionspuffer (5mM KCl; 0,1mM NaH2PO4;
pH 6.8) gelöst. Alle Lösungen wurden vor dem Pipettieren scharf zentrifugiert, um keine
suspendierten Partikel mitzuüberführen (s.u.). GC100-10 Glasnadeln (Clark Elektromedical
Instruments) wurden mit einem vertikalen Mikropipettenzieher (Kopf, Model 720) ausgezogen
(Einstellungen: Hitze 9,2 ; Zugkraft 1,2). Die Injektion erfolgte mit einem Eppendorf Transjector 5246
bei 18°C. Die Nadel wurde von hinten mit 5 µl Injektionslösung beschickt, wobei die Injektionslösung
kurz zuvor zentrifugiert wurde, um das Verstopfen der Nadel durch suspendierte Partikel zu
vermeiden. Vor dem Injizieren wurde die Spitze der Nadel an der Kante eines Deckgläschens, das
unter Voltalef 10S Öl einem Objektträger auflag und mit Fixogum befestigt wurde, mit Hilfe des
Mikromanipulators gebrochen, so dass sie eine nicht zu große, abgeschrägte Öffnung aufwies. Dies ist
ein kritischer Punkt, da das Überleben der Embryonen von der Form der Spitze abhängt. Durch
Drücken der Fill-Funktion wurde die Injektionslösung an die Spitze der Nadel befördert. Der
Objektträger mit den Embryonen wurde so auf den Mikroskoptisch gelegt, dass der anteriore Pol der
Embryonen, erkennbar an der Mikropyle, von der Injektionsnadel wegzeigte. Die Embryonen wurden
fokussiert, dann wurde die Injektionsnadel mit Hilfe des Mikromanipulators in die richtige Position
und damit in die Fokusebene gebracht. Das Einstechen der Injektionsnadel erfolgte durch Bewegen
des Mikroskoptisches. Injiziert wurden sehr geringe Mengen der Injektionslösung, es genügt, wenn
gerade sichtbar wird, dass Flüssigkeit aus der Nadel austritt. Das Mikroinjektionsgerät Eppendorf
Transjector 5246 bietet mehrere Optionen zur Art der Injektion. Je nach Form der Spitze und der
Dicke der Nadel bietet sich ein konstanter Fluss der Injektionslösung mit definiertem Injektionsdruck
oder ein selbst auslösbares Injizieren mit Höchstdruck (7000 hPa) an. Der Druck des konstanten
Flusses der Injektionslösung ist variierbar. Hierbei ist auf die Konsistenz der getrockneten Embryonen
Material & Methoden
33
zu achten, so dass die einzustellenden Parameter von Experiment zu Experiment neu zu wählen sind.
Als Richtwert lässt sich bei konstantem Fluss ein Injektionsdruck von 300-500 hPa und ein
Kompensationsdruck von 50-200 hPa angeben. Um eine Transformation der Keimbahn zu erzielen, ist
es nötig, die DNA vor Bildung der Polzellen (der späteren Keimzellen), also bis zum Stadium 3 der
Embryogenese (nach Campos-Ortega und Hartenstein, 1997) zu injizieren. Die Injektion erfolgte in
die posteriore Polregion, da hier die Polzellen gebildet werden. Embryonen, die das Stadium 3 bereits
überschritten haben, erkennbar an der beginnenden Zellularisierung, wurden mit der Injektionsnadel
durch Durchstechen getötet. Die injizierten Embryonen werden bis zum Schlüpfen in einer feuchten
Kammer bei 18°C aufbewahrt.
Selektion von Transformanten
Geschlüpfte Larven wurden vom Objektträger mit Hilfe eines Whatman-Papierstückchens in ein
Breiröhrchen überführt. Die Oberfläche des Breis wurde zuvor etwas aufgeweicht, damit die Larven in
diesen eindringen können. Die adulten injizierten Fliegen wurden nach dem Schlüpfen aus der
Puppenhülle vereinzelt und mit je drei gegengeschlechtlichen yw Fliegen gekreuzt. Die aus dieser F0
hervorgehende F1 wurde auf rote Augen untersucht, also auf eine erfolgreiche
Keimbahntransformation der F0. Ist die F0 transformiert worden, so zeigten in deren F1 einige Tiere
(wenige bis 30 oder 40) die rote Augenfarbe, da sich der P-Element-Vektor mit dem white+ Markergen
in allen Zellen dieser Fliege befindet, die aus einer transformierten Keimbahnzelle hervorgegangen
sind. Es ist wichtig, dass genügend Zeit nach dem Schlüpfen verstrichen ist, da das rote Pigment des
white Gens im Laufe der Ontogenese akkumuliert, so dass anfangs schwache oder nicht erkennbare
Rotfärbung mit der Zeit stärker wird. Das Spektrum der Augenfarbe der Transformanten reicht von
gelb-orange bis fast wildtypisch rot, was vom Ort der Insertion des P-Element-Vektors abhängt. In
transkriptionell stark aktiven Gebieten ist eine stärkere Expression des white Gens zu erwarten und
somit auch eine stärkere Rotfärbung. Darüber hinaus entwickeln sich transformierte Tiere oft
langsamer, so dass zum Teil aus einer Kreuzung zunächst nur weißäugige Tiere schlüpfen und erst
später die Transformanten. Daher wurden die F1 stets zweimal auf rotäugige Tiere untersucht.
Rotäugige Fliegen wurden vereinzelt und mit drei gegengeschlechtlichen yw Fliegen gekreuzt. Der
chromosomale Insertionsort der transformierten P-Elemente wurde nach Standardmethoden durch
Kreuzen mit Balancerchromosomen bestimmt (siehe Greenspan, 1997). Die etablierten transformierten
Linien wurden homozygotiert oder über einem Balancerchromosom gehalten. Für jedes P-Element
wurden mehrere transformierte Linien erstellt, um Positionseffekte auf das P-Element auszuschließen.
3.2.1.4. Enhancer Detection in Drosophila
In Enhancer-Detection-Screens wird versucht, die Enhancerregion eines bestimmten Gens zu
identifizieren. Hierzu verwendet man P-Element Vektoren, in die vor ein Reportergen die auf ihre cisregulatorische Aktivität zu untersuchende genomische DNA Sequenz kloniert werden kann. Ein
klassischer Enhancer-Test-Vektor, der auch in dieser Arbeit verwendet wurde, ist pCaSpeR-hs43AUG-βGal (Thummel und Pirrotta, 1992). Nach Einbringen des zu testenden Enhancer-TestKonstruktes in die Keimbahn von Drosophila kann die Aktivität eines Enhancers anhand der
vermittelten lacZ-Reportergenexpression in vivo zeit- und gewebespezifisch ermittelt werden.
Beginnend mit den Studien über die Enhancerregion des fushi tarazu (ftz) Gens (Hiromi et al., 1985;
Hiromi und Gehring, 1987) wurden zahlreiche Enhancer von vielen Genen mit dieser Methode
identifiziert. Neben dem erwähnten pCaSpeR-hs43-AUG-βGal stehen weitere Vektoren zur
Verfügung (z.B. CPLZ; Wharton, Jr. und Crews, 1993). pCaSpeR-hs43-AUG-βGal zeichnet sich
gegenüber den anderen Vektoren dadurch aus, dass er einerseits bereits einen heat shock (hs)
Minimalpromotor trägt, so dass nicht der endogene Promotor der zu testenden regulatorischen
Sequenz gestellt werden muss. Zudem codiert er für ein zytoplasmatisches lacZ-Genprodukt, was die
Identifizierung der reportergenexprimierenden Zellen anhand ihrer vollständigen Färbung und der
dadurch ersichtlichen Morphologie erleichtert. Mögliche Probleme dieser Methode sind
Positionseffekte, bei denen das Reportergenkonstrukt durch seinen genomischen Insertionsort unter
den Einfluss eines örtlichen Enhancers gerät und dadurch falsch positive Ergebnisse liefert (Bellen,
1999). Daher muss jede ermittelte Reportergenexpression in mehreren unabhängigen transformanten
Material & Methoden
34
Linien bestätigt werden. Ein weiteres Problem ist die Stabilität der β-Galaktosidase, die dazu führt,
dass das lacZ-Reportergen meist länger als das zu untersuchende Gen exprimiert scheint (Bellen,
1999). Drosophila besitzt zudem eine endogene β-Galaktosidase, die u.a. in der larvalen
Augenimaginalscheibe und im adulten optischen System schwach exprimiert ist (Schnetzer und Tyler,
1996). Antikörperfärbungen des lacZ-Reportergenprodukts mit spezifischen Antikörpern gegen die βGalaktosidase aus E.coli können im Gegensatz zu X-Gal Färbungen die Sichtbarmachung der
endogenen lacZ Expression vermeiden.
3.2.1.5. Gal4 / UAS-System und Enhancer Trap Methode in Drosophila
Hintergrund:
Das Gal4/UAS-System ermöglicht es, beliebige Gene nach einem definierten räumlichen und
zeitlichen Muster zu exprimieren (Brand und Perrimon, 1993; siehe Abb.14). Dieses System basiert
auf der Wirkung des Gal4-Transkriptionsfaktors aus der Hefe, für den in Drosophila normalerweise
keine DNA-Bindungssequenz vorliegt. In der Hefe bindet er an UAS-Elemente (Upstream Activating
Sequences) und vermittelt so die Transkription des dem UAS-Element nachgeschalteten Gens. Kreuzt
man Drosophila Gal4-Linien nun mit einer Linie, die mit einem gewünschten Gen X, dem das UASElement vorgeschaltet ist, transformiert wurde, so lässt sich das gewünschte Gen X nach dem durch
die Gal4-Linie definierten räumlichen und zeitlichen Muster ektopisch in Drosophila exprimieren. Es
existieren zahlreiche Drosophila Gal4-Linien, die durch die Enhancer Trap - Methode entstanden sind
(O´Kane und Gehring, 1987; Bellen et al., 1989; Wilson et al., 1989). Hierbei wird das Gal4-Gen in
Drosophila transformiert und gelangt durch zufällige Insertion im Genom unter die Kontrolle eines
spezifischen Enhancers. Die Charakterisierung der durch den Enhancer vermittelten Gal4-Expression
in einer Vielzahl von Linien hat zu einem Aufbau öffentlicher Datenbasen geführt (GETDB mit 4615
Gal4 Enhancer Trap Linien; Hayashi et al., 2002). Weitere Drosophila Gal4-Linien wurden durch die
Transformation von Vektoren gewonnen, die einen charakterisierten fliegeneigenen Enhancer vor der
Gal4 Sequenz tragen. Dieser Ansatz erlaubt die zielgerichtete Gewinnung von Linien, die Gal4 nach
einem spezifischen räumlichen und zeitlichen Muster exprimieren.
Enhancer X - Gal4
X
UAS - Gen Y
F1
GAL4
Enhancer X
Gal4
UAS
Gen Y
Abb.14. Das Gal4/UAS-System in Drosophila. Eine Fliege eines Enhancer X -Gal4 Stammes wird mit einer
Fliege eines UAS-Gen Y Stammes gekreuzt. In der Nachkommenschaft wird das Gen Y nach der Spezifität des
Enhancers X exprimiert. Dieser Enhancer kann entweder das Resultat eines Enhancer Traps eines Gal4Konstrukts sein, oder ein experimentell identifizierter Enhancer, der als Enhancer-Gal4-Konstrukt in Fliegen
transformiert wurde. Für die Drosophila Forschung stehen zahlreiche Enhancer-Gal4 und UAS-Gen Y Stämme
zur Verfügung, die den Fragestellungen entsprechend eine große Kombinationsmöglichkeit zulassen.
Material & Methoden
35
Erzeugung von rst-Gal4 Fliegen
In dieser Arbeit wurde das Gal4/UAS-System insbesondere auf zweierlei Weise genutzt. Zum einen
wurden diverse Gal4 Linien nach dem oben erläuterten Schema erstellt, indem der Gal4 Sequenz
einzelne identifizierte rst Enhancer Fragmente vorgeschaltet und transgene Fliegen mit diesen
Konstrukten erstellt wurden. Diese dienten zum einen der weiteren Charakterisierung der
regulatorischen Region von rst, da sie Subfragmente des rst Enhancers tragen und somit zur
Aufschlüsselung der regulatorischen Region von rst durch die durch sie vermittelte
Reportergenexpression beitragen. Zum anderen stehen diese rst-Gal4 Linien nun für weitere
experimentelle Ansätze zur Verfügung, in denen Gene nach dem rst Expressionsmuster ektopisch
exprimiert werden können. Das Gal4/UAS-System hat mehrere für diese Arbeiten relevante
Einschränkungen. In der 5' von der Gal4 Sequenz gelegenen hsp70 Sequenz der üblichen Gal4
Vektoren befindet sich ein Enhancer, der in den Speicheldrüsen von Drosophila aktiv ist, so dass diese
ektopische Gal4 Expression systemimmanent ist (Gerlitz et al., 2002). Vor dem Stadium der
Gastrulation lässt sich keine Gal4 Aktivität feststellen (Brand und Perrimon, 1993). Obwohl der
gleiche Enhancer die Expression steuert, kann die zeitliche Aktivität des Gal4 Faktors von der des
ursprünglichen Gens verschieden sein, da es erst einer gewissen Akkumulation an Gal4 bedarf, bevor
es seine volle Aktivität entfaltet (van Roessel und Brand, 2000). Zudem kann der Gal4 Faktor länger
aktiv sein als das für den betreffenden Enhancer ursprüngliche Gen, da die Abbaugeschwindigkeit der
beiden Genprodukte unterschiedlich sein kann. Dies gilt ebenso für das durch den Gal4 Faktor
aktivierte Gen X. Da Gal4 aus der Hefe stammt, hat es eine höhere Aktivität bei Temperaturen nahe
dem Hefewachstumsoptimum. Es empfiehlt sich daher Gal4/UAS-Kreuzungen bei 29°C zu
inkubieren, da diese Temperatur sich an das Aktivitätsoptimum von Gal4 annähert, dabei aber die
Fertilität und Lebensfähigkeit von Drosophila nicht einschränkt (Duffy et al., 2002).
Ein Screen für Regulatoren von rst mit Hilfe des Gal4/UAS-Systems
Das Gal4/UAS-System fand eine weitere Anwendung in dieser Arbeit, indem mit seiner Hilfe ein
Screen auf potentielle Regulatoren der rst Expression durchgeführt wurde. Hierbei wurden
ausgewählte Regulatoren ektopisch durch das Gal4/UAS-System exprimiert und es wurde untersucht,
ob hierdurch eine ektopische Expression von Rst induziert werden konnte. Für diese Zwecke wurde
eine Gal4-Linie gewählt, deren vermittelte Expression einfach untersuchbar ist und die die ektopische
Expression in weitgehend undeterminierten Zellen treibt. Eine Linie, die Gal4 unter dem Einfluss des
scabrous Enhancers exprimiert (Klaes et al., 1994), ist besonders geeignet. Nicht nur ist die hierdurch
vermittelte Expression in neuroektodermalen Zellen von Embryonen mit verlängerter Keimbahn
einfach zu detektieren und sicher von der endogenen Rst Expression in diesem Embryonalstadium zu
unterscheiden. Zudem lassen sich Embryonen einfach in großer Zahl gewinnen. Und nicht zuletzt wird
die ektopische Expression in neuroektodermalen Zellen induziert, also Zellen, die noch weitgehend
undifferenziert sind und somit auch einen Zelltyp widerspiegeln, der dem in der
Augenimaginalscheibe entspricht, also Zellen in denen rst eine sehr dynamische Expression zeigt. Für
Regulatoren von rst, die einen Kofaktor benötigen, stellt diese Situation allerdings eine potentielle
experimentelle Einschränkung dar.
Material & Methoden
36
3.2.1.6. MARCM- und FLP / FRT - System in Drosophila
Hintergrund:
Viele Gene haben pleiotrophe Funktionen in einem Organismus. So spielen rst oder sim sowohl
während der embryonalen als auch während der larvalen Entwicklung in verschiedenen Geweben von
Drosophila eine Rolle (Strünkelnberg et al., 2001; Pielage et al., 2002). Während Mutanten nicht
letaler Gene wie rst in allen Entwicklungsstadien untersucht werden können, erschwert die
embryonale Letalität von sim eine Mutantenanalyse in postembryonalen Stadien. Diese lässt sich nur
mit temperatursensitiven Mutationen oder mit genetischen Mosaiken durchführen. Zur Erstellung
genetischer Mosaike wird eine somatische Rekombination in heterozygoten Mutanten induziert, so
dass in einzelnen Zellen oder Geweben die Mutation homozygot in einem ansonsten für die
betreffende Mutation heterozygoten Organismus vorliegt (Übersicht in Blair, 2003). Moderne
Techniken zur Erstellung genetischer Mosaike sind das FLP/FRT-System (Xu und Rubin, 1993) und
das MARCM-System (Mosaic analysis with a repressible cell marker; Lee und Luo, 1999). Beim
FLP/FRT-System sind die homozygoten Mosaikklone durch die Abwesenheit eines Markers
gegenüber dem heterozygoten Gewebe gekennzeichnet. Durch die Markierung der homozygoten
Mosaikklone mit einem Reportergen ist das MARCM-System dem FLP/FRT-System in den meisten
Anwendungen überlegen. Das Prinzip des MARCM-Systems basiert auf dem Verlust eines
reprimierenden Faktors in den Mosaikklonen (siehe Abb.15). In allen Zellen wird Gal4 exprimiert,
dessen Aktivierung eines UAS-GFP Transgens durch den ebenfalls in allen Zellen exprimierten Gal80
Faktor inhibiert wird. Durch Hitzeaktivierung einer FLP-Rekombinase wird in einzelnen Zellen via
FRT-Sequenzen die somatische Rekombination des chromosomalen Armes, auf dem die Gal80Sequenz liegt, mit dem homologen chromosomalen Arm, der die zu untersuchende Mutation trägt,
induziert. Einzelne Klone sind somit homozygot für die zu untersuchende Mutation und haben die
Gal80-Sequenz verloren. Dadurch kann das nicht mehr reprimierte Gal4 diese Mosaikklone durch die
Expression des UAS-GFP Transgens markieren (Lee und Luo, 1999; Lee und Luo, 2001).
X
hs-FLP
X
hs-FLP
elav-GAL4
elav-GAL4
UAS-GFP
UAS-GFP
tubP-GAL80
+
tubP-GAL80
+
+
tubP-GAL80
+
tubP-GAL80
Homozygot Wildtyp
simH9
simH9
simH9
simH9
FRT82B
hs-FLP
Heterozygote Zelle nach Hitzeschock,
während mitotischer Rekombination
elav-GAL4
UAS-GFP
Homozygot simH9, GFP markiert
Material & Methoden
37
Abb.15. (siehe vorherige Seite). Das MARCM-System, wie es in dieser Arbeit verwendet wurde. Links ist eine
Zelle der für simH9 heterozygoten Fliege zum Zeitpunkt dargestellt, da in ihr durch einen Hitzeschock eine
mitotische Rekombination ausgelöst wird. Die FLP-Rekombinase (FLP; das Transgen ist hier auf dem XChromosom lokalisiert) aus der Hefe induziert eine Rekombination homologer Chromosomen über die FRTSequenzen des 3. Chromosoms (FRT82B). Die Tochterzellen sind nun homozygot wildtypisch oder mutant für
sim. Zellen, die das 3. Chromosom mit dem tubP-GAL80 Transgen erhalten haben, exprimieren wie die
Mutterzelle ubiquitär GAL80, so dass die Expression von UAS-GFP durch GAL4 reprimiert wird. In den Zellen,
die das simH9 Chromosom erhalten haben, liegt kein tubP-GAL80 Transgen vor, so dass in allen Nervenzellen
nun UAS-GFP durch GAL4 aktiviert werden kann und diese sim mutanten Zellen also spezifisch durch GFP
markiert sind.
MARCM-Analyse optischer Loben von single minded Mutanten
hs-FLP, elav-GAL4, UAS-mCD8-GFP / Y ; + ; +
X
+ ; +; FRT82B, tubP-GAL80 / FRT82B, tubP-GAL80
hs-FLP, elav-GAL4, UAS-mCD8-GFP / + ; + ; FRT82B, tubP-GAL80 / +
X
+ / Y ; + ; FRT82B, simH9 / TM6B
Hitzeschock der resultierenden F1 während dem Larvalstadium (nach Scott et al., 2002):
40 min 37°C Wasserbad
30 min RT
40 min 37°C Wasserbad
Präparation zahlreicher Puppen. 25 % der nicht TM6B-Puppen (kein Tb-Marker) hat den gewünschten
Genotyp für die mitotische Rekombination:
hs-FLP, elav-GAL4, UAS-mCD8-GFP / + ; + ; FRT82B, tubP-GAL80 / FRT82B, simH9.
Den restlichen 75 % fehlt entweder das hs-FLP, elav-GAL4, UAS-mCD8-GFP Chromosom und zeigt
dadurch keine GFP-Färbung, oder es fehlt ihnen das FRT82B, tubP-GAL80 Chromosom, so dass alle
Nervenzellen GFP exprimieren. Sind nur einzelne Nervenzellen mit GFP markiert, so handelt es sich
also um sim mutante Zellen.
3.2.1.7. Arbeiten mit temperatursensitiven Mutanten von Drosophila
In dieser Arbeit wurden Fliegen mit temperatursensitiven Mutationen in Notch (Nts1; Cagan und
Ready, 1989) und in Single minded (simJ1-47; Pielage et al., 2002) verwendet. Für beide mutanten
Stämme wurde eine restriktive Temperatur von 30°C gewählt, die in beiden Fällen als hinreichend
beschrieben wurde (Flores et al., 2000; Pielage et al., 2002; Shellenbarger und Mohler, 1978; Tsuda et
al., 2002). Dies führte bei beiden mutanten Stämmen zur Ausbildung des mutanten Phänotyps. Da sich
Fliegen bei 30°C schneller entwickeln als bei 25°C, wurde zur Bestimmung des relativen
Pupalstadiums die Tabelle aus Powsner, 1935, herangezogen. Zudem wurden immer wildtypische
Kontrolltiere zeitgleich bei 30°C gehalten und für den direkten Vergleich präpariert und gefärbt.
Larven des Nts1 / C(1)DX Stamms wurden im 3.Larvenstadium auf die restriktive Temperatur in einen
Brutschrank gesetzt. C(1)DX ist ein Attached-X-Chromosom, so dass aufgrund der chromosomalen
Geschlechtsdeterminierung von Drosophila alle Männchen als X-Chromosom nur das Nts1
Chromosom tragen, während alle Weibchen Nts1 / C(1)DX sind. Nts1 Männchen wurden über Nacht bei
der restriktiven Temperatur gehalten und anschließend präpariert. Der hitzeinduzierte mutante N
Phänotyp zeigte sich im Bereich der morphogenetischen Furche in Rst Färbungen. In einem
Kontrollexperiment konnten keine adulten Nts1 Männchen beobachtet werden, die als LIII Larven für
die gleiche Zeit bei der restriktiven Temperatur gehalten wurden, während gleich behandelte Nts1 /
C(1)DX Weibchen als adulte Fliegen schlüpften. Dies ist in Übereinstimmung mit einer weitgehend
letalen temperatursensitiven Periode der Nts1 Männchen im 3. Larvenstadium (Shellenbarger und
Mohler, 1978).
ru h th st cu simJ1-47 e / TM6B und st simJ1-47 e ca / TM6B Fliegen (siehe Pielage et al., 2002) wurden
miteinander gekreuzt und bis zum Erreichen des Larvalstadiums bei der permissiven Temperatur
(18°C) gehalten. Postembryonal wurden die Kreuzungen auf 30°C in einen Brutschrank gesetzt. simJ1-
Material & Methoden
38
47
/ simJ1-47 Larven und Puppen wurden anhand der Abwesenheit des Tb-Markers des TM6B
Balancerchromosoms identifiziert. In Antikörperfärbungen zeigten die Larven und Puppen einen
mutanten Phänotyp im Bereich des Lobulakomplexes. Auch adulte simJ1-47 / simJ1-47 Fliegen, die
postembryonal bei der restriktiven Temperatur gehalten wurden, zeigten in mit der Kragentechnik
erzielten Hirnschnitten einen mutanten Phänotyp im Bereich der optischen Loben.
3.2.1.8. Histologische Methoden
3.2.1.8.1. Kragentechnik (Heisenberg-Böhl-Methode)
Die Kragentechnik erlaubt eine massenhistologische Untersuchung zahlreicher Fliegenköpfe auf
Gehirnphänotypen (Heisenberg und Böhl, 1979). Dabei werden bis zu 20 Fliegen in einer speziellen
Vorrichtung (Kragen) aufgereiht, fixiert und in Paraffin eingebettet, um die Köpfe mit Hilfe eines
Mikrotoms gleichzeitig in Frontal-, Horizontal- oder Sagittal-Serienschnitten zu schneiden (siehe
Jäger und Fischbach, 1987). Wegen der Autofluoreszenz des diffundierenden wildtypischen
Augenfarbstoffes können die Schnitte unter dem Fluoreszenzmikroskop betrachtet werden.
Aufnahmen der Hirnschnitte wurden mit Hilfe des konfokalen Laserscanmikroskops erstellt (siehe
Kap. 3.2.1.9.).
Die aufgereihten CO2 betäubten Fliegen wurden für 4 h in einem frisch angesetzten Carnoy Gemisch
(60 ml Ethanol, 30 ml Chloroform, 10 ml Eisessig) fixiert. Die Dehydrierung der Fliegen erfolgte in
folgender EtOH Reihe: 2 x 40 min 100% techn. EtOH, 40 min 100% getrockneter EtOH. Die
Präparate wurden über Nacht in Methylbenzoat inkubiert. Die Paraffin-Einbettung der Präparate
wurde durch die sukzessive Inkubation der Präparate in den folgenden Ansätzen eingeleitet (alle bei
65°C in einem Ofen): 50% (v/v) Paraffin in Methylbenzoat für 90 min, 4 x 1 h in jeweils frischem
Paraffin. Danach wurden die Präparate sofort mit flüssigem Paraffin in Blöcke gegossen. Nach
Entfernen des Kragens wurden von den Köpfen mit Hilfe eines Mikrotoms 7 µm dicke Serienschnitte
angelegt. Die Schnitte wurden auf wasserbeschichtete Objektträger mit Hilfe eines Pinsels überführt
und auf einer Wärmeplatte bei 40°C eingetrocknet. Zum Entfernen des Paraffins aus den Schnitten
wurden sie für 2x 30 min in Xylol inkubiert. Nach einer anschließenden Trocknung wurden die
Präparate in DePeX eingedeckelt.
3.2.1.8.2. X-Gal Färbungen
X-Gal Färbungen von Drosophila Embryonen
Frisch devitellinisierte Embryonen wurden kurz mit 80% EtOH gewaschen. Eine kurze Inkubation der
Embryonen in Methanol und Ethanol ist wegen dem dabei entstehenden Verlust der βGalaktosidaseaktivität wichtig. Nach 3x 10 min Waschen in 0,4% PBT wurden die Embryonen für
zwei weitere Stunden in 0,4% PBT auf einem Rotator inkubiert, um Alkoholreste zu entfernen.
Währenddessen wurde die X-Gal-Färbelösung angesetzt. Hierzu nimmt man 1 ml 2x X-GalFärbepuffer, 0,2 ml 3% PBT und 0,8 ml ddH2O. Die Embryonen wurden mit 200 µl der Lösung für 10
min präinkubiert. Zeitgleich wurde der Rest der Lösung auf 70°C erhitzt. In die erhitzte, nun trübe
Färbelösung wurden pro ml Färbelösung 25 µl 8% X-Gal in DMSO zugegeben. Das Erhitzen
vermindert die Bildung von X-Gal Kristallen während der Färbereaktion. Die Präinkubationslösung
wurde durch die erhitzte Färbelösung ersetzt und es wurde über Nacht bei 37°C inkubiert. Die
Färbereaktion wurde durch Waschen in PBT unterbrochen. Die Einbettung der Präparate erfolgte in
70% Glycerol. Damit die Präparate durch das Deckglas nicht verformt werden, klebt man auf den
Objektträger an beiden Enden zwei Lagen Tesafilm, so dass das aufliegende Deckglas etwas Abstand
zur Oberfläche des Objektträgers hat. Das Deckgläschen wurde mit Fixogum umrandet, damit das
viskose, sich nicht verfestigende Medium nicht auslaufen konnte.
Material & Methoden
39
X-Gal-Färbungen von larvalen und pupalen Drosophila Gehirnen
Larvale oder pupale Drosophila-Gehirne wurden unter dem Binokular mit zwei feinen Pinzetten in
PBS auf Eis freipräpariert und in gekühltes PBS überführt. Zur Fixation wurde das PBS abgesaugt und
für 10-30 min RT durch 2% Glutaraldehyd in PBS ersetzt. Im Gegensatz zu immunhistochemischen
Färbungen ist es bei der X-Gal-Färbung wichtiger, dass die Fixationszeit konstant und kurz ist, d.h. die
Gehirne werden vor der Fixation gesammelt und zusammen fixiert. Die β-Galaktosidase ist
empfindlich gegen Glutaraldehyd, zerfällt aber im unfixierten Gewebe nicht so schnell, wie manche
Antigene degradiert werden. Nach Abschluß der Fixation wurden die Gehirne für 3x 10 min in PBS
gewaschen. Während des letzten Waschschrittes wurde die X-Gal-Färbelösung erstellt und weiter wie
unter der X-Gal-Färbung von Embryonen beschrieben verfahren.
3.2.1.8.3. Antikörperfärbungen
Antikörperfärbungen von Drosophila Embryonen
Devitellinisierte Embryonen wurden in einer Methanolreihe (80%, 60%, 40%, 20% MeOH für jeweils
5 min) rehydriert und anschließend für 3x 10 min und 1x 60 min in 0,4% PBT auf einem Schüttler
gewaschen. Der Primärantikörper wurde in einer geeigneten Verdünnung in 0,4% PBT zugegeben.
PBT enthält das Detergenz Triton X-100, das die Aufnahme des Antikörpers in das Gewebe
ermöglicht. Die Inkubation erfolgte über Nacht bei 4°C auf einem Wiegeschüttler. Nach Absaugen des
Primärantikörpers (der öfters wiederverwendet werden kann) wurde für 5 x 10 min mit 0,4% PBT
gewaschen. Es folgte die Zugabe des entsprechenden sekundären Antikörpers (meist anti-Maus oder
anti-Kaninchen, gekoppelt mit den Fluoreszenzfarbstoffen Cy3 oder Alexa-488). Die
Sekundärantikörper wurden 1:200 in 0,4% PBT eingesetzt und für ca. 6 Stunden unter dem Drehen
eines Rotators inkubiert. Nach 5 x 10 min Waschen mit 0,4% PBT wurden die Embryonen
gegebenenfalls nach dem gleichen Protokoll einer weiteren Antikörperfärbung unterzogen, um
Antikörper-Doppelfärbungen zu erhalten. Hierbei ist zu beachten, dass die beiden einzusetzenden
Primärantikörper aus unterschiedlichen Spenderorganismen gewonnen wurden. Zum Eindeckeln
wurden die Embryonen nach dem letzten Waschen in 0,4% PBT mit 1x PBS versetzt, auf einen
Objektträger überführt und in Vectashild (Vector Laboratories) eingedeckelt. Das Deckgläschen wurde
mit Fixogum umrandet, damit das viskose, sich nicht verfestigende Medium nicht auslaufen konnte.
Unter dem Fluoreszenzmikroskop oder dem konfokalen Mikroskop wurden die Präparate ausgewertet
und können bei 4°C über 6-12 Monate gelagert werden.
Antikörperfärbungen von larvalen und pupalen Drosophila Gehirnen
Larvale oder pupale Drosophila-Gehirne wurden unter dem Binokular mit zwei feinen Pinzetten in
PBS auf Eis freipräpariert und jeweils sofort in 4% PFA (auf Eis) überführt. Die Gehirne wurden für
eine weitere Stunde nachfixiert. Anschließend wurden die Gehirne für 5 x 10 min mit 0,4% PBT
gewaschen. Die Antikörperzugabe, das Waschen und das Eindeckeln der Gehirne wurde wie bei den
Antikörperfärbungen von Embryonen beschrieben durchgeführt.
3.2.1.9. Bildaufnahme am konfokalen Laserscanmikroskop
Bei der konfokalen Mikroskopie tastet sich ein Laser Punkt für Punkt und Zeile für Zeile durch die
Fokusebene (Z-Ebene) eines immunfluoreszenzmarkierten Präparates. Dazu dienen Blenden
(Pinholes), deren Öffnung an das jeweilige Objektiv angepasst wird. Durch eine kleine
Blendenöffnung ist eine gute Konfokalität gewährleistet, diese geht aber mit einer geringeren
Empfindlichkeit einher. Außerhalb des Fokus liegende Strukturen des Objektes werden durch die
Technik der konfokalen Mikroskopie nicht zur Fluoreszenz angeregt, so dass aus einem WholemountPräparat einzelne Schnittebenen erzielt werden können. Zudem werden die während des
Laserstrahlengangs angeregten Objektteile, die sich außerhalb der Brennebene befinden, dank der
Blenden nicht erfasst, so dass das Bild von keiner Unschärfe überlagert wird. Die aufgenommenen Z-
Material & Methoden
40
Ebenen können zu einem 3D-Bild rekonstruiert werden, das im Gegensatz zu einem bei
Epifluoreszenz aufgenommenen Bild keine Hintergrundstrahlung beinhaltet und in jedem Punkt
fokussiert erscheint. Die Auflösung jeder Fokusebene wird durch den Experimentator definiert.
Hochauflösende Scans werden mit 1024 x 1024 Rasterpunkten pro Z-Ebene durchgeführt. Die dabei
entstehende große Datenmenge erlaubt allerdings nur die Gewinnung einer geringen Anzahl an ZEbenen. Zudem lassen sich hochauflösende Scans wegen ihrer Datenmenge auf den zur Verfügung
stehenden Rechnern nicht zu einem 3D-Bild rekonstruieren. Die Daten für eine 3D-Rekonstruktion
gewinnt man daher mit der Auflösung von 512 x 512 Rasterpunkten pro Z-Ebene.
Bildaufnahme der Präparate
Zur Dokumentation der Immunfluoreszenzfärbungen wurde ein Leica TCS 4D konfokales
Laserscanmikrosokop mit Argon-Krypton-Laser eingesetzt. Seine Emissionswellenlängen können
Fluoreszenzfarbstoffe bei 568 nm (Cy3) und 488 nm (Alexa-488) anregen. Zur Ansteuerung wurde die
implementierte Software "Scanware" (Leica Lasertechnik) auf einem 80486/MS-DOS/Windows System in Verbindung mit dem Steuerrechner "TCS" (OS9/68040) verwendet. Mit der
implementierten Funktion der Zweikanalmessung wurde das Präparat am Bildschirm abgebildet. Die
Bildaufnahme wurde bei 1024 x 1024 oder bei 512 x 512 Rasterpunkten im langsamsten Abtastmodus
durchgeführt. Die Einzelbilder wurden in der Regel 8 mal zeilenweise gemittelt.
Die Grundspannung (Offset) des Photodetektors wurde dem Signal-Hintergrund-Verhältnis des
Präparates angepasst und die Verstärkerspannung (100 - 1000 V) so eingestellt, dass die 8 bit pro Pixel
betragende Darstellungstiefe möglichst optimal ausgenutzt wurde. Je nach Fluoreszenzstärke im
jeweils interessanten Bildbereich bedeutet dies, dass andere Bildbereiche über- oder untersteuert
wurden. Die aufgenommenen Bilder werden als digitale Daten gespeichert, deren Rasterpunkte somit
relative Intensitätswerte von 0 - 256 einnehmen können. Unspezifische Gewebehintergrundfärbung
sollte gerade noch erkennbar bleiben, um sicherzustellen, dass keine Details verloren gehen und um
den Umriss des Präparats zu erkennen. Um maximale Auflösung zu erreichen, wurden
Ölimmersionsobjektive verwendet. Die Detektorblende muss der Objektivvergrößerung entsprechend
eingeengt werden (beim 40x Objektiv ca. Pinhole 80). Die optischen Filter wurden für Cy3 bzw.
Alexa-488 konfiguriert. Bei Doppelfärbungen wurden jeweils getrennte Datensätze für beide
Fluorezenzmarkierungen erstellt, die in der folgenden Bildverarbeitung überlagert wurden.
Bildverarbeitung der erstellten Datensätze
Die aufgenommenen Z-Ebenen wurden im TIFF-Format gespeichert. Ein Info-File weist die einzelnen
Z-Ebenen eines Scans zu einem Datensatz. Die erstellten Datensätze wurden in einem 3DBildverarbeitungsprogramm (Amira) bearbeitet. Innerhalb dieses Programms wurden im wesentlichen
drei Funktionen benutzt. Orthoslice stellt einzelne Schnittebenen durch den Datensatz in
verschiedenen Richtungen dar. Voltex erlaubt eine 3D-Rekonstruktion des aufgenommenen Präparates
basierend auf allen Rasterpunkten. ProjectionView überlagert alle Z-Ebenen zu einem Einzelbild. Die
beiden Datensätze einer Doppelfärbungen wurden mit Hilfe der ColorCombine bzw.
MultiChannelField Funktionen integriert. Da es sich um digitale Signale handelt, ist die
Farbzuordnung willkürlich. Die Datensätze lassen sich in allen Richtungen in beliebig kleinere
Ausschnitte reduzieren. Erstellte Rekonstruktionen der Datensätze lassen sich als Snapshot im TIFFFormat speichern und wurden in einem Bildverarbeitungsprogramm (Adobe Photoshop) weiter
bearbeitet und beschriftet.
Material & Methoden
41
3.2.2. Molekularbiologische Methoden
3.2.2.1. Klonierung rekombinanter DNA
Molekularbiologische Standardmethoden zur Klonierung rekombinanter DNA wurden nach den
Protokollen in Molecular Cloning (Sambrook et al., 1989) und Current Protocols in Molecular
Biology (Ausubel et al., 1999) durchgeführt. Wurden molekularbiologische Kits verwendet, so wurde
gemäß den Herstellerprotokollen gearbeitet. Restriktionsenzyme (GibcoBRL, NEB, Promega), das
Klenow-Enzym (Large Fragment of DNA Polymerase I, GibcoBRL) zum Auffüllen oder Entfernen
von DNA-Einzelstrangüberhängen, die Alkalische Phosphatase (NEB) und die T4-DNA-Ligase
(GibcoBRL, NEB) wurden jeweils wie in den Herstellerprotokollen beschrieben eingesetzt.
Detaillierte Beschreibungen der einzelnen molekularbiologischen Methoden finden sich zudem in
meiner Diplomarbeit (Apitz, 1999). Folgende Methoden wurden angewendet:
Schneiden von Plasmid-DNA mit Restriktionsenzymen
Dephosphorylierung eines linearisierten Vektors
Gelelektrophorese von DNA-Fragmenten
Isolierung von DNA aus einem Agarose-Gel
Bestimmung der DNA-Konzentration durch Gelelektrophorese
Ligation von DNA-Fragmenten
Transformation von Plasmid-DNA in Bakterien
Plasmid-DNA-Minipräparation
Plasmid-DNA-Maxipräparation
Bestimmung der DNA-Konzentration durch Messung ihrer optischen Dichte
Phenol-Chloroform-Extraktion von Plasmid-DNA
Ethanol-Fällung von Plasmid-DNA
Reinigung synthetischer Oligonukleotide
3.2.2.2. Polymerase Ketten Reaktion (PCR)
Primerdesign
Die Primer wurden synthetisch im Labor von Dr. Igloi (Institut für Biologie III, Universität Freiburg)
hergestellt. Die Primer sollten zwischen 23 und 28 N lang sein und einen GC - Gehalt von ca. 60%
enthalten. Es wurde darauf geachtet werden, dass die Primer keine Hairpins durch komplementäre
Enden ausbilden können. Am 3´-Ende der Primer sollten ca. 2-3 Gs oder Cs liegen, so dass die Primer
am zu polymerisierenden Ende durch die Ausbildung der je drei Wasserstoffbrückenbindungen
zwischen den komplementären Gs und Cs fest an die Template binden. Die Primer wurden mit Hilfe
eines Computerprogramms (Primer Designer; Scientific & Educational Software) ausgewählt.
PCR mit der Taq-Polymerase
Die 50 µl Reaktionsansätze wurden gemäß dem Herstellerprotokoll (Stratagene bzw. Eppendorf)
erstellt. Als Standard-PCR-Programm, das gegebenenfalls variiert werden musste, diente folgendes:
anfängliche Denaturierung
95°C
5 min
Denaturierung
95°C
1 min
Annealing
60°C
1 min
Elongation
72°C
1 min pro kb PCR-Produkt
terminale Elongation
72°C
10 min
nach Ende der PCR
4°C
bis zur Entnahme
Schritt 2-4 wird in 35 Zyklen wiederholt.
Das amplifizierte DNA-Fragment wurde durch Agarosegelelektrophorese nachgewiesen. Dazu wurde
10 µl des PCR-Ansatzes aufgetragen. Die PCR-Fragmente wurden mit dem QIAquick® PCR
Purification Kit (Qiagen) aufgereinigt und mit Hilfe des TOPOTM TA Cloning® Kits (Invitrogen)
gemäß dem Herstellerprotokoll subkloniert.
Material & Methoden
42
PCR mit der PfuTurbo-Polymerase
Die 50 µl Reaktionsansätze wurden gemäß dem Herstellerprotokoll (Stratagene) erstellt. Gegenüber
dem Protokoll mit der Taq-Polymerase wurde der Elongationsschritt verändert: es wurde bei 65°C für
2 min pro kb PCR-Produkt inkubiert.
3.2.2.3. 5'-RACE
Die Bestimmung des vollständigen 5'-Endes einer mRNA wurde mit Hilfe der 5'-RACE Methode
(Rapid Amplification of cDNA Ends) durchgeführt. Es wurde das FirstCoiceTM RLM-RACE Kit
(Ambion) verwendet und gemäß dem Herstellerprotokoll verfahren. Geeignete Primer wurden wie im
PCR-Kapitel beschrieben erstellt. Das RACE Produkt wurde in den pCR®II-TOPO® Vektor
(Invitrogen) überführt und anschließend sequenziert.
3.2.2.4. Zielgerichtete Mutagenese von DNA Sequenzen
Der zielgerichtete Austausch spezifischer Nukleotide in einer Plasmid-DNA wurde mit Hilfe des
QuikChange® XL Site-Directed Mutagenesis Kit (Stratagene) durchgeführt. Es wurde gemäß dem
Herstellerprotokoll verfahren. Die Länge der Primer wurden gemäß den Richtlinien des
Herstellerprotokolls gewählt und die Primer im Labor von Dr. Igloi (Institut für Biologie III,
Universität Freiburg) synthetisiert. Der Erfolg der Mutagenese Experimente wurde durch
Sequenzierungen der betreffenden DNA Abschnitte verifiziert.
3.2.2.5. DNA-Sequenzierungen
Die Sequenzierung von DNA erfolgte im Labor Dr. Igloi (Institut für Biologie III, Universität
Freiburg) mit nichtradioaktiv-markierten Primern (Igloi und Schiefermayer, 1993) nach der
Dideoxynukleotid-Terminationsmethode (Sanger et al., 1977) auf einem Pharmacia LKB A.L.F.
DNA-Sequenzierautomaten.
3.2.3. Bioinformatische Methoden
3.2.3.1. BLAST-Programme für das Alignment kurzer Sequenzabschnitte
Mit Hilfe der BLAST-Algorithmen (Altschul et al., 1990) wurden kurze Sequenzabschnitte
(genomische DNA, ESTs) untereinander (BLAST2Sequences) oder mit DNA-Datenbanken
(BLASTN) verglichen. Die Eingaben für einen BLAST-Auftrag lassen sich via WWW u.a. auf die
Server
des
NIH
(http://www.ncbi.nlm.nih.gov/BLAST/)
oder
des
BDGP
(http://www.fruitfly.org/blast/) übertragen und werden dort ausgeführt.
3.2.3.2. Programme zur vergleichenden Sequenzanalyse langer Sequenzabschnitte
Zum Vergleichen langer homologer Sequenzabschnitte aus Drosophila melanogaster, Drosophila
pseudoobscura und Anopheles gambiae standen zwei Programme im Internet zur Verfügung:
AVID (Bray et al., 2003) produziert Alignments, die mit VISTA (Mayor et al., 2000) visualisiert
werden
können.
AVID
kann
direkt
auf
folgenden
Servern
benutzt
werden:
http://bio.math.berkeley.edu/avid/ bzw. http://www-gsd.lbl.gov/vista/. PipMaker (Schwartz et al.,
2000) visualisiert durch BLASTZ (Schwartz et al., 2003) generierte Alignments. PipMaker kann auf
folgendem Server benutzt werden: http://bio.cse.psu.edu.
Material & Methoden
43
Da unterschiedliche Alignment Programme nicht die exakt gleichen Ergebnisse liefern (Bray et al.,
2003), wurden beide Programme in dieser Arbeit verwendet. Da VISTA einen übersichtlicheren
Output gegenüber PipMaker produzierte, stammen die Abbildungen in dieser Arbeit von VISTA.
3.2.3.3. Auffinden von DNA-Konsensusbindungsstellen
Für das Auffinden von DNA-Konsensusbindungsstellen in einer vorgegebenen DNA-Sequenz standen
mehrere Programme kostenfrei im Internet zur Verfügung (siehe Tab. 2). Es existieren eine Vielzahl
an Algorithmen, die die DNA-Konsensusbindungsstellen-Matrizen der TRANSFAC-Datenbank
(Matys et al., 2003) als Suchparameter verwenden. In dieser Arbeit wurde hauptsächlich mit dem
MatInspector (http://www.genomatix.de/matinspector) gearbeitet. Die Sequenzen lassen sich auch auf
einfache, in Einzelexperimenten ermittelte Bindungsstellen einer Vielzahl verschiedener
Transkriptionsfaktoren mit Hilfe der TRANSFAC-Datenbank absuchen (PatchTM; http://www.generegulation.com). Hierbei entsteht aber ein äußerst unübersichtlicher Output, dem eine eingehende
Literaturrecherche über die einzelnen Bindungsstellen folgen muss. Da allerdings viele interessante
DNA-Konsensusbindungsstellen nicht in der Matrizen-Kollektion der TRANSFAC-Datenbank
enthalten sind, bietet sich zuerst eine Literaturrecherche auf Bindungsstellen interessanter
Transkriptionsfaktoren an. Es existieren dann Algorithmen, für die die recherchierten DNABindungsstellen als Suchparameter selbst formuliert werden können. In dieser Arbeit wurde hierzu der
MOTIFMATCHER (http://www.soe.ucsc.edu/~kent/improbizer/) verwendet.
3.2.3.4. Virtuelles Klonieren
Sind Sequenzdaten der einzelnen Fragmente bekannt, aus denen ein rekombinantes Konstrukt erstellt
werden soll, so lässt sich die Klonierung auch virtuell am Computer mit Hilfe des Clone Manager
Programms (Scientific & Educational Software) durchführen. Hierdurch erhält man die vollständige
Sequenz des erstellten Konstruktes, die man graphisch darstellen und zum Erstellen von
Restriktionskarten verwenden kann.
Auch eine virtuelle PCR lässt sich mit Hilfe dieses Programms durchführen. Für die Auswahl
geeigneter PCR-Primer aus einer zu amplifizierenden Sequenz steht das Primer Designer Programm
(Scientific & Educational Software) zur Verfügung. Es berücksichtigt die gängigen Parameter der
Primerwahl für eine erfolgreiche PCR und kann den experimentellen Umständen entsprechend
modifiziert werden.
Ergebnisse
4.
44
Ergebnisse
4.1. Identifizierung der Transkriptionsstartstelle von rst
4.1.1. 5'-RACE-Experiment zur Identifizierung der Transkriptionsstartstelle von rst
Für die Identifizierung regulatorischer Sequenzen ist es wichtig, die genaue Transkriptionsstartstelle
des betreffenden Gens zu kennen. Für rst war nur eine im 5'-Bereich verkürzte cDNA bekannt (HB3;
Ramos et al., 1993), so dass nicht ausgeschlossen werden konnte, dass sich jenseits der bekannten
Transkriptionseinheit weitere intronische und exonische Sequenzen befinden. Die Bestimmung des
vollständigen 5'-Endes der rst mRNA wurde mit Hilfe der 5'-RACE-Methode (Rapid Amplification of
cDNA Ends) durchgeführt. Als Substrat diente total-RNA von für 24 h gesammelten Embryonen. rst
ist in diesem Entwicklungsstadium besonders angereichert (Ramos et al., 1993). Mit dem äußeren rst
5'-RACE-Primer 5'#1 und dem inneren rst 5'-RACE-Primer 5'#2 konnte ein 5'-RACE-Produkt isoliert
werden, das am 5'-Ende 334 zusätzliche Basen im Vergleich zur bekannten rst HB3-mRNA trägt. In
einem Vergleich mit der genomischen Drosophila Sequenz (Adams et al., 2000) zeigte sich, dass sich
diese 5'-Erweiterung direkt an das 1. Exon von rst anfügt und nicht durch intronische Sequenzen
unterbrochen wird. Bestätigung fand das 5'-RACE-Experiment durch Arbeiten des Berkeley
Drosophila Genome Projects (BDGP). Im Rahmen seiner Drosophila-Gene-Collection wurden
cDNAs aus für vollständige cDNAs angereicherten cDNA-Banken sequenziert (Stapleton et al.,
2002a, 2002b). In einer 0-22h embryonalen cDNA-Bank konnte vom BDGP eine rst cDNA
identifiziert werden (RE01586), deren 5'-Ende exakt mit dem in der vorliegenden Arbeit ermittelten
Ergebnis des rst 5'-RACE-Experiments übereinstimmt. Daher kann davon ausgegangen werden, dass
die Transkriptionsstartstelle des rst Gens identifiziert ist.
4.1.2. Der rst Promotor besitzt ein Inr und DPE, aber keine TATA-Box
Um die Struktur des rst Promotors zu ermitteln, wurde ein Vergleich der rst Promotorsequenz mit
bekannten Sequenzmotiven durchgeführt (siehe Abb.16). Die Transkriptionsstartstelle (TSS) von rst
liegt innerhalb eines Initiator-Elements (Inr), das gegenüber der Drosophila Inr-Konsensussequenz
(T C A G/T T C/T; Kutach und Kadonaga, 2000) zwei Mismatches aufweist, in den wichtigen
Sequenzen -1 und +1 (= TSS) aber übereinstimmt. Einer nicht Drosophila spezifischen InrKonsensussequenz (Bucher, 1990) entspricht das rst Inr exakt. Auch in einer Datenbank bekannter
Drosophila Promotoren finden sich Promotoren mit zum rst Inr weitgehend identischen Inr-Elementen
(Drosophila Core Promoter Database; http://www-biology.ucsd.edu/labs/Kadonaga/DCPD.html). Der
rst Promotor besitzt keine TATA-Box, wie dies bei 70% der bekannten Drosophila Promotoren zu
beobachten ist (Ohler et al., 2002). Für viele Promotoren ohne TATA-Box wurden in Drosophila so
genannte Downstream-Promoter-Elements (DPE) abwärts der TSS beschrieben (Arkhipova, 1995;
Kutach und Kadonaga, 2000; Ohler et al., 2002). Nach den Definitionen von Kutach und Kadonaga
besitzt rst zwischen Position +28 und +33 ein DPE. Auch von Arkhipova, 1995, beschriebene DPE
finden sich im Bereich des rst Promotors.
Ergebnisse
45
TGTTTGAAGACAAGCCGCGCCGGCCGAAGAAGTCGGATTTTTGGATCGAGTTCGCACTTCGT
TCCGTTCGCTCGTACCGTTCGCTTCGTAGCGGCGGAAACTCCGTACTTTCGATAGCTGGTAT
Abb.16. Die Struktur des rst Promotors. Um die Transkriptionsstartstelle (TSS; mit rotem Pfeil markiert)
befindet sich ein Initiator-Element (Inr; in rot). Aufwärts der TSS findet sich keine TATA-Box. Im Bereich
zwischen Position +28 und +33 ist ein Downstream-Promoter-Element (DPE) nach Kutach und Kadonaga, 2000,
in grün markiert. In schwarz sind weitere potentielle DPE nach Arkhipova eingezeichnet (TCG und CTCG;
Arkhipova, 1995).
4.2. Identifizierung und Charakterisierung von regulatorischen rst
Sequenzen
4.2.1. Übersicht über die zur Identifizierung und Charakterisierung von rst cisregulatorischen Sequenzen erstellten transformanten Linien
Mit Hilfe eines so genannten Enhancer-Detection-Screens wurden rst cis-regulatorische Sequenzen in
vivo identifiziert. Hierfür wurden genomische Fragmente des rst Genlokus auf ihr Potential der
Expressionsaktivierung eines lacZ Reportergens in transformanten Fliegen untersucht. Identifizierte
rst cis-regulatorische Sequenzen wurden im Folgenden weiter charakterisiert, indem die
Enhanceraktivität kleinerer Subfragmente studiert wurde. Um die Enhanceraktivtät dieser rst cisSequenzen für gezielte in vivo Fehlexpressionen anderer Gene nutzbar zu machen, wurden mit diesen
Subfragmenten rst-Gal4 Fliegen erstellt. Mit Hilfe des Gal4/UAS Systems (siehe Kap.3.2.1.5.) können
damit andere Gene gezielt nach dem Aktivitätsmuster dieser rst cis-Sequenzen fehlexprimiert werden.
Abb.17 gibt einen Überblick der zur Identifizierung und Charakterisierung von rst cis-Sequenzen
erstellten transformanten rst-lacZ und rst-Gal4 Linien.
Ergebnisse
46
Abb.17. (siehe vorherige Seite). Übersicht über die zur Charakterisierung von rst cis-regulatorischen Sequenzen
erstellten transformanten Linien. Der transkribierte Bereich von rst ist grün angegeben. Links sind die rst-lacZ
Fliegen des Enhancer-Detection-Screens aufgelistet. Auf gleicher Höhe des Schemas befinden sich als Balken
dargestellt die genomischen Sequenzen des rst Genlokus, die in den entsprechenden Reportergenkonstrukten
enthalten sind. Schwarz markierte Balken zeigen Sequenzen an, die keine reproduzierbare
Reportergenexpression in transformanten Fliegen vermitteln konnten. Rot markiert sind identifizierte Sequenzen
des rst Genlokus, die eine Enhanceraktivität aufweisen. rstCCS1-3'BX und rstEOR1-E stellen zwei teilweise
überlappende Fragmente im Bereich von Position +4638 bp bis Position +12065 kb aufwärts der rst
Transkriptionsstartstelle dar. Aus dieser Sequenz wurden fünf verschiedene rst-Gal4 Linien erstellt, mit deren
Hilfe die weitere Charakterisierung der rst cis-Sequenz unternommen wurde. Zudem stehen diese rst-Gal4
Linien zur gezielten Fehlexpression anderer Gene mit Hilfe des Gal4/UAS Systems zur Verfügung.
4.2.2. Identifizierung von rst cis-regulatorischen Sequenzen in einem EnhancerDetection-Screen
Zur Identifizierung von rst cis-regulatorischen Sequenzen in einem Enhancer-Detection-Screen (zur
Methode siehe Kap.3.2.1.4.) wurden einzelne genomische Fragmente des rst Genlokus auf ihre
Enhanceraktivität untersucht. Hierfür wurden diese Fragmente in den pCaSpeR-hs43-AUG-lacZ
Vektor kloniert und eine potentiell vermittelte lacZ Reportergenexpression in transformanten Fliegen
studiert. Der rst Enhancer-Detection-Screen wurde mit meiner Diplomarbeit begonnen (Apitz, 1999).
Hierbei wurden die Fragmente rst41-BBgl-lacZ, rst41-BXho-lacZ, rstB3-B-lacZ, rstEOR3-E-lacZ und rstH4-NXlacZ untersucht (siehe Abb.17). Die rstCCS1-3'BX-lacZ und rstEOR1-E-lacZ Konstrukte wurden von M.
Kambacheld im Rahmen ihrer Diplomarbeit erstellt (Kambacheld, 1999). Die Etablierung
transformanter Linien und Auswertung der vermittelten Reportergenexpressionen wurde in
Zusammenarbeit von M. Kambacheld und mir durchgeführt. Mit Hilfe der rstCCS1-3'BX-lacZ und rstEOR1E
-lacZ Linien konnten regulatorische Sequenzen des rst Genlokus in einem Intervall zwischen Position
+4638 bp und +12065 kb aufwärts der rst Transkriptionsstartstelle identifiziert werden (siehe Abb.17).
Ergebnisse
47
Abb.18. (siehe vorherige Seite). Die lacZ Reportergenexpression von rstEOR1-E-lacZ (Linie 2 (II)) Fliegen. (A-D)
X-Gal Färbungen von Embryonen (A-B; A dorsale Ansicht; B laterale Ansicht; anterior ist links), Gehirnen des
3. Larvenstadiums (C) und pupalen Augenscheiben (D). (A,B) Die früheste embryonale lacZ Expression findet
sich in somatischen Muskelzellen. Zudem zeigt sich eine Reportergenexpression im Clypeolabrum (B). (C) Ab
dem 3. Larvenstadium sind Retinulazellen in der Augenimaginalscheibe und ihre Projektionszielgebiete in den
optischen Loben markiert. (D) Eine späte lacZ Reportergenexpression bei P50 findet sich in
Interommatidialzellen.
Abb.19. Die lacZ Reportergenexpression von rstCCS1-3'BX-lacZ (Linie 3 (III)) Fliegen. (A-F) X-Gal Färbungen
von Embryonen (A-D; A,B,D laterale Ansicht; C dorsale Ansicht; anterior ist links) und pupalen Augenscheiben
(E-F). (A) lacZ Reportergenexpression findet sich in 12 ektodermalen Zellclustern und im Stomodeum. (B) Eine
mesodermale Expression startet früh und hält lange in einem einheitlichen Muster an (C,D). (C) Zudem findet
sich lacZ Expression in der embryonalen Mittellinie und im viszeralen Mesoderm, sowie in der
Pharynxmuskulatur. (D) Auch im Clypeolabrum befindet sich Reportergenexpression. (E) lacZ Expression in
Interommatidialzellen (IOC) der pupalen Retina bei ca. P25. (F) Auch bei P50 sind die IOC durch
Reportergenexpression markiert.
Die Muster der durch die rstCCS1-3'BX-lacZ und rstEOR1-E-lacZ Linien vermittelten
Reportergenexpressionen entsprechen jeweils Teilaspekten der rst Expression (vgl. Abb.18 & Abb.19
mit Abb.6) und konnten in unabhängigen transformanten Linien verifiziert werden. Die anderen rstlacZ Linien vermittelten keine in unabhängigen transformanten Linien reproduzierbaren
Reportergenexpressionen. Da die rstCCS1-3'BX und rstEOR1-E Fragmente teilweise überlappen, konnte aus
den beiden vermittelten Reportergen-Expressionsmustern auf folgende Anordnung von rst Enhancern
geschlossen werden: In dem nicht überlappenden 2,5 kb Bereich der rstEOR1-E Sequenz befinden sich
regulatorische Sequenzen für eine Expression von rst in Retinulazellen. In der 2,5 kb Sequenz, die in
beiden Fragmenten enthalten ist, befindet sich ein embryonaler mesodermaler rst Enhancer und ein
Enhancer für rst Expression in Interommatidialzellen (IOC) in späten pupalen Stadien (P50). In dem
nicht überlappenden Bereich der rstCCS1-3'BX Sequenz befinden sich Enhancer für eine Expression in der
embryonalen Mittellinie und im viszeralen Mesoderm des Embryos, sowie für eine Expression in IOC
zu einem früheren Zeitpunkt (P25). Um diese mutmaßliche Verteilung von rst cis-Sequenzen in der
identifizierten 7,5 kb Sequenz zu testen, wurde diese Sequenz zur weiteren Charakterisierung in drei
Ergebnisse
48
2,5 kb Fragmente unterteilt. Da dies durch die Erstellung von rst-Gal4 Linien geschehen sollte, musste
erst ein geeigneter Gal4-Vektor kreiert werden, da bei Verwendung des herkömmlichen pGaTB
Vektors ein endogener Promotor mitgeführt werden muss. Dies ist bei den betreffenden rst cisSequenzen nicht der Fall, da sie ca. 4,6 kb aufwärts des rst Promotors liegen.
4.2.3. Konstruktion von pChs-Gal4, einem neuen Vektor für die Erstellung von
Drosophila Gal4-Linien
Für die Erstellung der rst-Gal4 Linien wurde in der vorliegenden Arbeit mit pChs-Gal4 ein neuer
Drosophila Gal4-Transformationsvektor konstruiert (siehe Methodik-Box 1 & Abb.20), der gegenüber
dem Gal4-Originalvektor pGaTB (Brand und Perrimon, 1993) mehrere Vorteile bietet.
Methodik-Box 1. Konstruktion von pChs-Gal4
In einem PstI-Verdau wurde die lacZ-Sequenz aus dem Vektor pCaSpeR-hs43-AUG-lacZ entfernt. Nach
Entfernen der Überhänge wurde das Vektorfragment mit der Gal4-Sequenz, die in einem BamHI/NotI-Verdau
aus dem Vektor pGaTB isoliert und mit einer anschließenden Klenow Fill-In-Reaktion behandelt wurde, ligiert.
Der resultierende Vektor pChs-Gal4 wurde auf die Funktionalität aller Schnittstellen in seiner Multi-CloningSite überprüft. Mit dem Primer #ChsGal4 wurde der Übergang der hs Minimalpromotor Sequenz in die Gal4
Sequenz in einer Sequenzierung verifiziert. Nach Entfernen der PstI-Überhänge aus der mit PstI verdauten
pCaSpeR-hs43-AUG-lacZ Vektorsequenz ist die hs43 Minimalpromotor Sequenz an ihrem 3'-Ende um 5 bp
kürzer als in pCaSpeR-hs43-AUG-lacZ. Dies beeinträchtigt nicht die Aktivität des hs Minimalpromotors, wie in
dieser Arbeit gezeigt werden konnte. Eine detaillierte Beschreibung von pChs-Gal4 findet sich in Apitz, 2002.
Die in einer virtuellen Klonierung aus den Ausgangssequenzen erhaltene komplette Sequenz von pChs-Gal4
findet sich unter folgender Internetadresse: http://filab.biologie.uni-freiburg.de/pchsgal4.
pChs-Gal4 erlaubt die Erstellung von Enhancer-Gal4 Konstrukten in einem einzelnen Ligationsschritt.
Hierfür bietet er fünf für den Vektor einzigartige Schnittstellen in seiner Multi-Cloning-Site (MCS).
Zudem befindet sich bereits ein Minimalpromotor vor der Gal4 Sequenz, so dass sich kein endogener
Promotor in den Enhancer Fragmenten befinden muss.
Abb.20. Die Struktur
von pChs-Gal4. Die
invertierten P-Element
WiederholungsSequenzen (IR, inverted
repeats),
die
pUC
Sequenz, das white
Markergen, die MCS
und
der
hs
Minimalpromotor
stammen
aus
dem
pCaSpeR-hs43-AUGlacZ Vektor (Thummel
und Pirrotta, 1992). Eine
kurze hsp70 Sequenz
gefolgt von der Gal4Sequenz und einem
hsp70 polyA Signal
stammen
aus
dem
pGaTB Vektor (Brand
und Perrimon, 1993).
Ergebnisse
49
4.2.4. Erstellung von rst-Gal4 Drosophila Linien
Basierend auf den Ergebnissen des rst Enhancer-Detection-Screens wurden fünf verschiedene rst
Enhancer-Fragmente in den konstruierten pChs-Gal4 Vektor kloniert und Fliegen mit den hieraus
resultierenden rst Enhancer-Gal4-Konstrukten transformiert (siehe Abb.17 & Methodik-Box 2).
Methodik-Box 2. Klonierung der rst-Gal4 Transformationsvektoren
Die Bezeichnung der rst-Gal4 Vektoren basiert auf den zum Zeitpunkt der Klonierung erhältlichen Daten bzgl.
der genomischen Organisation des rst Genlokus. In den Namen angegeben sind die Herkunft der DNA-Sequenz
(λCCS1 bzw. λEOR1; siehe Ramos et al., 1993), die anhand der Restriktionskarte aus Ramos et al., 1993,
geschätzten Fragmentgrößen, sowie die für die Gewinnung der Fragmente verwendeten Restriktionsenzyme.
Nach Veröffentlichung der Drosophila DNA-Sequenz (Adams et al., 2000) zeigte sich, dass die geschätzten
Fragmentgrößen nicht immer genau mit der tatsächlichen Länge der DNA Sequenz übereinstimmen und dass das
rstCCS1-3BBgl Fragment in Wirklichkeit ein rstCCS1-3Bgl Fragment darstellt (siehe jeweils unten). Die ursprüngliche
Namensgebung wurde jedoch beibehalten, um keine Verwirrung in der Protokollführung auszulösen. Alle der im
folgenden beschriebenen rst-Gal4 Vektoren wurden nach ihrer erfolgreichen Klonierung mit den Primern
#Chswhite2 & #Chs3lacZ ansequenziert. Hierdurch wurde die korrekte Ligation von Insert und Vektor an beiden
Enden des Inserts verifiziert.
Klonierung von pCCCS1-2,4BglX-hsGal4
Aus dem Vektor pChsCCS1-3'BX (siehe Kambacheld, 1999) wurde in einem BglII/XhoI-Verdau ein ca. 2,4 kb
großes Fragment isoliert und in den mit BamHI geöffneten pChs-Gal4 Vektor überführt, nachdem Vektor und
Insert zuvor einer Klenow Fill-In-Reaktion unterzogen worden sind. Die tatsächliche Größe des rstCCS1-2,4BglX
Fragments beträgt 2525 bp.
Klonierung von pCCCS1-3BBgl-hsGal4
Aus dem Vektor pChsCCS1-3'BX (siehe Kambacheld, 1999) wurde in einem BamHI/BglII-Verdau ein ca. 3 kb
großes Fragment isoliert und in den mit BamHI geöffneten pChs-Gal4 Vektor überführt. Zu beachten ist bei
dieser Klonierung, dass in der λCCS1 Sequenz eine BamHI-Schnittstelle, die innerhalb des rstCCS1-3BBgl
Fragments liegt, nicht funktional ist. Nach Veröffentlichung der Drosophila Sequenz (Adams et al., 2000) zeigte
sich, dass sich 135 bp neben der BamHI-Klonierungsschnittstelle des rstCCS1-3BBgl Fragments innerhalb dieses
Fragments eine weitere BglII-Schnittstelle befindet, die in der Restriktionskarte von Ramos et al., 1993, nicht
verzeichnet war. Auch während der Isolierung des rstCCS1-3BBgl Fragments im BamHI/BglII-Verdau konnte solch
ein kleines zusätzliches Fragment nicht auffallen. Das rstCCS1-3BBgl Fragment stellt somit in Wirklichkeit ein
rstCSS1-3Bgl Fragment dar. Seine tatsächliche Größe beträgt 2325 bp.
Klonierung von pCCCS1-5,3BX-hsGal4
Aus dem Vektor pChsCCS1-3'BX (siehe Kambacheld, 1999) wurde in einem BamHI/XhoI-Verdau ein ca. 5,3
kb großes Fragment isoliert und in den mit BamHI geöffneten pChs-Gal4 Vektor überführt, nachdem Vektor und
Insert zuvor einer Klenow Fill-In-Reaktion unterzogen worden sind. Zu beachten ist bei dieser Klonierung, dass
in der λCCS1 Sequenz eine BamHI-Schnittstelle, die innerhalb des rstCCS1-5,3BX Fragments liegt, nicht funktional
ist. Die tatsächliche Größe des rstCCS1-5,3BX Fragments beträgt 4985 bp.
Klonierung von pCEOR1-2,7X-hsGal4
Aus dem Vektor pChsEOR1-E (siehe Kambacheld, 1999) wurde in einem XhoI-Verdau ein ca. 2,7 kb großes
Fragment isoliert und in den mit EcoRI geöffneten pChs-Gal4 Vektor überführt, nachdem Vektor und Insert
zuvor einer Klenow-Fill-In Reaktion unterzogen worden sind. Die tatsächliche Größe des rstEOR1-2,7X Fragments
beträgt 2442 bp.
Klonierung von pCEOR1-4,7E-hsGal4
Aus dem Vektor pChsEOR1-E (siehe Kambacheld, 1999) wurde in einem EcoRI-Verdau ein ca. 4,7 kb großes
Fragment isoliert und in den mit EcoRI geöffneten pChs-Gal4 Vektor überführt. Die tatsächliche Größe des
rstEOR1-4,7E Fragments beträgt 4491 bp.
Erstellung von transformanten rst-Gal4 Drosophila Linien
Die erstellten rst-Gal4 Transformationsvektoren wurden jeweils in die Keimbahn von yw Fliegen transformiert.
Tab.5 gibt einen Überblick über die Anzahl der jeweils etablierten transformanten Drosophila rst-Gal4 Linien
und führt die in der vorliegenden Arbeit jeweils bevorzugt verwendete rst-Gal4 Linie auf. Die durch diese rstGal4 Linien vermittelten Reportergenexpressionen nach Kreuzen mit UAS-lacZ Fliegen wurden jedoch jeweils
Ergebnisse
50
auf ihre Reproduzierbarkeit
auszuschließen.
rstCCS1-2,4BglX-Gal4
rstCCS1-3BBgl-Gal4
rstCCS1-5,3BX-Gal4
rstEOR1-2,7X-Gal4
rstEOR1-4,7E-Gal4
mit
unabhängigen transformanten Linien geprüft,
Anzahl der transformanten Linien
4
14
1 *)
6
2
um Positionseffekte
Bevorzugt verwendete transformante Linien
rstCCS1-2,4BglX-Gal4 Linie 2 (III)
rstCCS1-3BBgl-Gal4 Linie 5 (II)
rstCCS1-5,3BX-Gal4 / CyO
rstEOR1-2,7X-Gal4 Linie 2 (II)
rstEOR1-4,7E-Gal4 Linie 1 (III)
Tab.5. Die in der vorliegenden Arbeit erstellten rst-Gal4 Linien. (*)) Da die genomische rst Sequenz in rstCCS15,3BX
-Gal4 die gleiche Sequenz darstellt wie die genomische Sequenz in rstCCS1-3'BX-lacZ und diese Sequenz in rstlacZ und rst-Gal4 Linien die gleiche Reportergenexpression vermittelt (siehe Kap.4.2.2. und dieses Kapitel),
wurden von rstCCS1-5,3BX-Gal4 keine weiteren unabhängigen transformanten Linien erstellt.
Die erstellten rst-Gal4 Linien dienten zum einen der weiteren Charakterisierung der rst cis-Sequenz,
indem die durch sie vermittelte Reportergenexpression untersucht wurde. Zum anderen stellen die rstGal4 Linien ein wertvolles experimentelles Werkzeug dar, um beliebige Gene gezielt nach dem rst
Expressionsmuster ektopisch zu exprimieren.
4.2.5. Durch die Zerlegung der rst cis-regulatorischen Sequenzen sind spezifische
regulatorische rst Module in Reportergenexpressionsstudien identifizierbar
Die erstellten rst-Gal4 Linien wurden mit UAS-lacZ oder UAS-mCD8GFP Linien gekreuzt und die
vermittelten Reportergenexpressionen studiert. Abb.21 - Abb.25 geben einen Überblick über die
einzelnen beobachteten Reportergenexpressionen während der Entwicklung von Drosophila. In Tab.6
werden die Ergebnisse zusammengefasst. Da die einzelnen untersuchten rst cis-Sequenzen teilweise
überlappen, konnte aus der Anordnung dieser Sequenzen und der durch sie vermittelten
Reportergenexpressionen spezifische regulatorische Module in die rst cis-Sequenz kartiert werden.
Diese sind in Abb.26 in einem Schema zusammenfassend dargestellt.
Abb.21. (siehe nächste Seite). Die durch rstCCS1-5,3BX-Gal4 vermittelte Reportergenexpression. (A-G)
Zytoplasmatische βGal Immunreaktivität in rstCCS1-5,3BX-Gal4; UAS-lacZ Embryonen. Anterior ist links. (H-M)
Doppelmarkierung pupaler Retinae von rstCCS1-5,3BX-Gal4; UAS-mCD8GFP Individuen mit GFP (grün) und RstImmunreaktivität (rot). (A) Lateralansicht des Stadiums 10. 12 ektodermale Zellcluster sind in Embryonen im
Stadium der frühen Keimstreifenstreckung durch βGal markiert. (B) Vergrößerte Darstellung des Mittelteils
einer Lateralansicht im Stadium 12. LacZ Expression findet sich in Zellen der Amnioserosa (Pfeil). (C)
Projektionsdarstellung der ventralen Ansicht eines Embryos im späten Stadium 12. (c'-c''') Einzelne optische
Schnitte durch den in (C) dargestellten Embryo. (c') Auf der Oberfläche des Embryos sind Fortsätze von Zellen
markiert, die von der Mittellinie wegzeigen. Vermutlich sind dies sich bildende Apodeme. (c'') Etwas tiefer sind
die invaginierten Zellen der Mittellinie deutlich gefärbt. (c''') Zudem findet sich βGal im viszeralen Mesoderm
(Pfeil). (D) Vergrößerte Darstellung des Mittelteils einer Lateralansicht im Stadium 13. Im Inneren des Embryos
ist die palisadenförmige viszerale Muskulatur deutlich zu erkennen. (E) Projektionsdarstellung der lateralen
Ansicht eines Embryos im Stadium 14. (e'-e'''') Einzelne optische Schnitte durch den in (E) dargestellten
Embryo. (e') Auf der Oberfläche des Embryos sind Zellcluster markiert (zur möglichen Identität dieser Zellen
siehe die Beschreibung der durch rstCCS1-2,4BglX vermittelten Reportergenexpression). (e'') Die somatische
Muskulatur ist deutlich zu erkennen. (e''') Weiter innen findet sich der pharyngeale Muskel stark gefärbt und
weiterhin Immunreaktivität in der den Darm ummantelnden viszeralen Muskulatur. (e'''') In der Mitte des
Embryos ist weiterhin die Mittellinie markiert. (F) Dorsale Ansicht eines Embryos des Stadiums 15. Zwischen
der bilateralen Muskulatur findet sich lacZ Expression in einer paarigen dorsalen Zellreihe (Pfeil). Hier ist das
Herz lokalisiert. (f') Im gleichen Embryo findet sich im Inneren weiterhin die viszerale Muskulatur entlang der
Darmfaltungen markiert. (G) Projektionsdarstellung der ventralen Ansicht eines Embryos im Stadium 15. (g'-g''')
Einzelne optische Schnitte durch den in (G) dargestellten Embryo. (g') Auf der ventralen Oberfläche des
Embryos sind längliche Strukturen gefärbt. Vermutlich sind dies Apodeme. (g'') Innerhalb der ventralen
Ergebnisse
51
Ergebnisse
52
(Fortsetzung Abb.21) Oberfläche des Embryos sind Zellen der Mittellinie deutlich gefärbt. (g''') Im Inneren des
Embryos ist eine Markierung der pharyngealen Muskulatur zu erkennen. (H-J) Pupale Retina zum Zeitpunkt
P25. (H) GFP (grün) findet sich in Interommatidialzellen (IOC). Diese Expression zeigt eine gewisse Variabilität
von Zelle zu Zelle. (I) Rst (rot) akkumuliert bei P25 stark an den Grenzen zwischen den IOC und den primären
Pigmentzellen (1° pc). Hierbei ist Rst sowohl in den IOC als auch in den 1° pc exprimiert. (J) Simultane
Darstellung der Färbungen aus (H) und (I). (K-M) Die Expression von GFP (grün) und Rst (rot) ist auch im
Stadium P50 in IOC nachweisbar. Der Borstenkomplex wird nicht durch GFP markiert. Durch rstCCS1-5,3BX wird
auch eine Reportergenexpression in frühen pupalen optischen Loben wie bei rstCCS1-3BBgl und rstCCS1-2,4BglX
vermittelt, die bei P20 nicht mehr nachweisbar ist (nicht dargestellt).
Abb.22. Die durch rstCCS1-3BBgl-Gal4
vermittelte Reportergenexpression. (A-D)
Zytoplasmatische βGal Immunreaktivität
in
rstCCS1-3BBgl-Gal4;
UAS-lacZ
Embryonen. Anterior ist links. (E-G)
Doppelmarkierung
pupaler
optischer
Loben von rstCCS1-3BBgl-Gal4; UAS-lacZ
Individuen mit βGal (grün) und RstImmunreaktivität (rot). (H) βGal Färbung
(in grün) einer rstCCS1-3BBgl-Gal4; UASlacZ
spätpupalen
Retina.
(A)
Lateralansicht eines Embryos im Stadium
11.
Ins
Innere
des
Embryos
delaminierende Zellen der Mittellinie sind
markiert. Auch in der Amnioserosa findet
sich in diesem Stadium eine leichte βGal
Immunreaktivität
(außerhalb
der
Fokusebene). (B) Lateralansicht eines
Embryos im Stadium 13. Die ZNS
Mittellinie ist markiert. (C) Ventralansicht
eines Embryos im Stadium 12/13. Die
Mittellinie ist markiert. (D) Ventralansicht
eines Embryos im Stadium 15. Einzelne
Zellen in der ZNS Mittellinie sind
markiert. Auf der ventralen Oberfläche
des Embryos sind längliche Zellstrukturen
schwach markiert. Dies sind vermutlich
Apodeme. Die starke Färbung der
paarigen Speicheldrüsen ist
durch
Sequenzen des Transformationsvektors
bedingt (siehe Kap. 3.2.1.5.). (E-G)
Abbildungen von 3D-Rekonstruktionen
der lacZ (in grün) und Rst Expression (in
rot) pupaler optischer Loben zum
Zeitpunkt P5. (G) lacZ Expression aus (E)
ohne die Rst Gegenfärbung. (F)
Rückenansicht der 3D-Rekonstruktion in
(E). (H) βGal Immunreaktivität (in grün)
findet sich in den IOC spätpupaler Retinae. Häufig sind nicht alle IOC gefärbt (nicht dargestellt). (la) Lamina,
(me) Medulla.
Ergebnisse
53
Abb.23. Die durch rstCCS1-2,4BglX-Gal4 vermittelte Reportergenexpression. (A-J) Zytoplasmatische βGal
Immunreaktivität in rstCCS1-2,4BglX-Gal4; UAS-lacZ Embryonen. Anterior ist links. (K-L) Doppelmarkierung
pupaler optischer Loben (K) und pupaler Retinae (L) von rstCCS1-2,4BglX-Gal4; UAS-lacZ Individuen mit βGal(grün) und HRP-Antikörpern (rot). (M-O) Doppelmarkierung einer rstCCS1-2,4BglX-Gal4; UAS-mCD8GFP Retina
zum Zeitpunkt P50 mit GFP (grün) und Rst-Immunreaktivität (rot). (A) Ventralansicht der Hinterhälfte eines
Ergebnisse
54
Embryos des späten Stadiums 10. Einzelne ektodermale Zellpopulationen sind entlang der Mittellinie (in rot
durch Rst-Immunreaktivität visualisiert) durch βGal markiert. (B) Vergrößerte Darstellung des Mittelteils einer
Lateralansicht im Stadium 12. LacZ Expression findet sich in Zellen der Amnioserosa (Pfeil) und in
Zellpopulationen auf der Oberfläche des Embryos. (C) Dorsolaterale Ansicht der Hinterhälfte eines Embryos im
Stadium 13. Zwischen den bilateralen somatischen Muskeln sind Zellen der Amnioserosa weiterhin gefärbt. (D)
Projektionsdarstellung mehrerer konfokaler Ebenen einer Lateralansicht im Stadium 14. Die somatische
Muskulatur ist durch lacZ Expression markiert. (E) Projektionsdarstellung des Mittelteils einer lateralen Ansicht
eines Embryos im Stadium 14. (e'-e''') Einzelne optische Schnitte durch den in (E) dargestellten Embryo. (e') Auf
der Oberfläche des Embryos sind Zellen markiert (siehe auch (F-I)). (e'') Etwas weiter innen ist die somatische
Muskulatur zu erkennen. (e''') Im Inneren des Embryos findet sich βGal in der viszeralen Muskulatur. (F-I) Die
in (e') dargestellten Zellen auf der Oberfläche des Embryos gehören nicht dem PNS an. (F-H) LacZ (in grün) und
der das PNS spezifisch markierende Antikörper 22C10 (in rot) sind nicht in den gleichen Zellen zu finden. (I)
Auf der Oberfläche des Embryos ist keine Markierung durch 22C10 (in rot) zu erkennen, während die βGal
positiven Zellen (in grün) hier lokalisiert sind. Möglicherweise stellen diese Zellen epidermale Anheftstellen der
somatischen Muskulatur dar. (J) Projektionsdarstellung des Mittelteils einer ventralen Ansicht eines Embryos im
Stadium 13. (j'-j''') Einzelne optische Schnitte durch den in (J) dargestellten Embryo. (j') Auf der Oberfläche des
Embryos sind Fortsätze von Zellen markiert, die von der Mittellinie wegzeigen. Vermutlich sind dies sich
bildende Apodeme. (j'') Etwas weiter innen finden sich die bilateralen ventralen Muskeln. (j''') Noch tiefer im
Embryo ist die viszerale Muskulatur gefärbt (Pfeilspitze). Auf ihrer Oberfläche finden sich einzelne Zellen der
ZNS Mittellinie mit lacZ markiert (Pfeil). (K) Abbildung einer 3D-Rekonstruktion eines pupalen optischen
Lobus. (k'-k''') Einzelne optische Schnitte durch den in (K) dargestellten optischen Lobus. (k',k'') βGal
Expression (in grün) findet sich leicht diffus entlang der durch HRP (in rot) markierten Neuropile. (k''') Zudem
ist eine lineare Zellpopulation auf der Höhe der Lamina durch βGal markiert. (L) In einer mit HRP (in rot)
gegengefärbten pupalen Retina findet sich eine lacZ Expression (in grün) in Interommatidialzellen (IOC). Diese
Expression ist gegenüber der durch die rstCCS1-5,3BX Sequenz vermittelten IOC Expression verzögert und tritt in
weniger IOC auf. (M-O) Zum Zeitpunkt P50 findet sich hingegen eine einheitliche Reportergenexpression (GFP,
in grün) in allen IOC. Rst Immunreaktivität ist in rot dargestellt. Der Borstenkomplex wird nicht durch GFP
markiert. (pr) Pupale Retina, (la) Lamina, (lo) Lobula, (me) Medulla.
Ergebnisse
55
Abb.24. (siehe vorherige Seite). Die durch rstEOR1-4,7E-Gal4 vermittelte Reportergenexpression. (A-C)
Zytoplasmatische βGal Immunreaktivität in rstEOR1-4,7E-Gal4; UAS-lacZ Embryonen. Anterior ist links. (D-F)
Doppelmarkierung einer spätpupalen rstEOR1-4,7E-Gal4; UAS-mCD8GFP Retina mit GFP (grün) und RstImmunreaktivität (rot). (A) Vergrößerte Darstellung des Mittelteils einer Lateralansicht eines Embryos im
Stadium 9. In der Amnioserosa findet sich eine schwache βGal Immunreaktivität. (B) Projektionsdarstellung der
lateralen Ansicht eines Embryos im Stadium 14. (b'-b'''') Einzelne optische Schnitte durch den in (B)
dargestellten Embryo. (b') Auf der Oberfläche des Embryos findet sich keine βGal Immunreaktivität, während in
der somatischen Muskulatur eine starke lacZ Expression zu beobachten ist (b''). (b''') Weiter innen finden sich
noch unfusionierte Myoblasten. (b'''') In der Mitte des Embryos ist weder eine Markierung der Mittellinie, noch
der viszeralen Muskulatur zu erkennen. (C) Dorsalansicht eines Embryos im Stadium 15. Zwischen den
bilateralen somatischen Muskeln ist eine paarige Zellreihe markiert (Pfeil). Hier ist das Herz lokalisiert. (c') Im
Inneren des gleichen Embryos zeigt sich die pharyngeale Muskulatur durch βGal-Immunreaktivität markiert. (c'')
Ventralansicht des gleichen Embryos. (D-F) Die IOC sind in pupalen Retinae zum Zeitpunkt P50 durch GFP
markiert (grün). Die Rst-Immunreaktivität ist in rot dargestellt. Der Borstenkomplex wird nicht durch GFP
markiert. Die starke Färbung der Speicheldrüsen in (b''), (c') und (c'') ist durch Sequenzen des
Transformationsvektors bedingt (siehe Kap. 3.2.1.5.). rstEOR1-4,7E-Gal4 vermittelt zudem die gleiche
Reportergenexpression in Retinulazellen und Laminamonopolarzellen wie rstEOR1-2,7X-Gal4 (nicht dargestellt).
Abb.25. (siehe nächste Seite). Die durch rstEOR1-2,7X-Gal4 vermittelte Reportergenexpression. (A-B)
Zytoplasmatische βGal Immunreaktivität in rstEOR1-2,7X-Gal4; UAS-lacZ Embryonen. Anterior ist links. (C)
Zytoplasmatische βGal Immunreaktivität im optischen System einer rstEOR1-2,7X-Gal4; UAS-lacZ P1 Puppe. (DF) Doppelmarkierung von larvalen rstEOR1-2,7X-Gal4; UAS-lacZ optischen Loben mit lacZ (grün) und RstImmunreaktivität (rot). (G-L) Doppelmarkierung von pupalen rstEOR1-2,7X-Gal4; UAS-mCD8GFP optischen
Loben mit GFP (grün) und Rst-Immunreaktivität (rot). (A) Projektionsdarstellung der lateralen Ansicht eines
Embryos im Stadium 14. (a'-a''') Einzelne optische Schnitte durch den in (A) dargestellten Embryo. (a') Eine
Subpopulation der somatischen Muskulatur zeigt βGal Immunreaktivität. Besonders Muskeln der abdominalen
Segmente sind markiert. (a'') Weiter innen zeigen sich einzelne unfusionierte Myoblasten gefärbt. (a''') Keine
Färbung findet sich in der viszeralen Muskulatur und in der Mittellinie. (B) Vergrößerte Darstellung des
Mittelteils einer dorsolateralen Ansicht eines Embryos im Stadium 15. Zwischen den bilateralen segmentalen
Muskeln ist eine paarige Zellreihe im Bereich des Herzens markiert. (C) Zu Beginn der Pupalentwicklung (P1)
findet sich βGal Immunreaktivität in den Retinulazellen der Augenscheibe, die in den optischen Lobus
projizieren. Neben einigen Zellen innerhalb des optischen Lobus findet sich zudem der Bolwig-Nerv markiert
(Pfeil). (D-F) Im optischen Lobus einer LIII Larve sind die in die Medulla projizierenden Axone der R7/R8
Zellen mit βGal Immunreaktivität (in grün) markiert. In der Rst-Gegenfärbung (in rot) sind die jüngsten Axone
markiert, während sich βGal in älteren Axonen findet. Diese zeitliche Verzögerung lässt sich auf die benötigte
Zwischenproduktion des Gal4 Faktors vor Induzierung der lacZ Expression zurückführen. Nahe der Lobula sind
zudem einzelne Zellen mit βGal markiert. (G-L) Optische Schnitte (G-I) bzw. Abbildungen von 3DRekonstruktionen des betreffenden Präparates (J-L), das einen optischen Lobus zum Zeitpunkt P25 darstellt.
GFP findet sich in den Zellkörpern von Laminamonopolarzellen und deren Projektionen in die Medulla. Zudem
sind die Terminalien von R1-R6 Zellen in der Lamina und die Zellkörper von Retinulazellen in der Retina
markiert. Rst-Immunreaktivität ist als Gegenfärbung in rot dargestellt. Die starke Färbung der Speicheldrüsen in
(A) und (a'') ist durch Sequenzen des Transformationsvektors bedingt (siehe Kap.3.2.1.5.). (dm) Distale Medulla,
(eid) Augenimaginalscheibe, (la) Lamina, (lmc) Laminamonopolarzellen, (lo) Lobula, (me) Medulla, (pm)
Proximale Medulla
Ergebnisse
.
56
Ergebnisse
57
CCS1-3BBgl
somatische
Muskulatur
viszerale
Muskulatur
pharyngeale
Muskulatur
Herz
Amnioserosa
frühe
ventrale
Mittellinie
späte
ZNS
Mittellinie
ventrale Apodeme
laterale Apodeme
optische Loben**
Retinulazellen
Laminamonopolar
Zellen
IOC (bei P25)***
spätpupale
IOC***
12 ektodermale
Zellcluster
CCS1-2,4BglX CCS1-5,3BX
EOR1-4,7E
EOR1-2,7X
-
+
+
+
-
+
+
-
+
(Teilmuster)
-
-
+
+
+
-
+
+
+++
-
+
+++
+
+
+
-
+
-
+++
+
+++
-
-
+
?*
+
-
+
+
+
-
+
+
+
-
+
+
+
+
+
+
+
+++
+
+
-
-
+/-
+++
-
-
Tab.6. Zusammenfassung der durch die einzelnen rst-Gal4 Linien vermittelten Reportergenexpressionen.
Wurden Unterschiede in der Stärke der vermittelten Reportergenexpressionen festgestellt, so sind diese
folgendermaßen angegeben: (+++) stark; (+) im Vergleich hierzu schwächer; (-) keine Reportergenexpression.
(IOC) Interommatidialzellen.
*) Auf der Oberfläche von rstCCS1-3BBgl Embryonen des Stadiums 13/14 finden sich lateral mehrere Zellen pro
Segment in einem nicht deutlich erkennbaren Muster gefärbt. Möglicherweise ist dies eine Restaktivität eines im
Bruchpunkt zwischen rstCCS1-3BBgl und rstCCS1-2,4BglX lokalisierten Enhancers für laterale Apodeme.
**) In den optischen Loben wird durch die rstCCS1-5,3BX, rstCCS1-2,4BglX und rstCCS1-3BBgl Sequenzen eine
Reportergenexpression vermittelt, wie sie in Abb.22 und Abb.23 dargestellt ist. Diese Expression lässt kein
eindeutiges Muster erkennen und ist jeweils nur kurz nachweisbar, da weder LIII Larven noch P20 Puppen solch
eine Reportergenexpression aufweisen.
***) Während rstCCS1-5,3BX eine Reportergenexpression in IOC vermittelt, die bei P20 klar zu erkennen ist, zeigt
sich mit rstCCS1-3BBgl erst in späten pupalen Stadien Reportergenexpression in IOC, die zudem häufig nur in
einzelnen IOC auftritt. rstCCS1-2,4BglX vermittelt ebenfalls schon eine frühe Reportergenexpression in IOC bei P25,
wenn auch nicht in allen IOC. Zudem erscheint diese Expression weit schwächer verglichen mit der durch
rstCCS1-5,3BX induzierten. Da sowohl rstCCS1-5,3BX als auch rstCCS1-2,4BglX in Embryonen eine sehr starke
Reportergenexpression vermitteln, scheint sich dies nicht auf unterschiedliche Positionseffekte des Insertionsorts
der Transgene zurückführen zu lassen. Vielmehr sprechen diese Ergebnisse dafür, dass der Enhancer für
Expression in den IOC im Bruchpunkt zwischen rstCCS1-2,4BglX und rstCCS1-3BBgl lokalisiert ist und nur in rstCCS15,3BX
vollständig vorliegt. Auch der Enhancer für die Reportergenexpression in 12 ektodermalen Zellclustern im
embryonalen Stadium 10 kann in den Bruchpunkt kartiert werden, da bei rstCCS1-5,3BX das vollständige
Reportergenexpressionsmuster auftritt, mit rstCCS1-2,4BglX hingegen nur einzelne ektodermale Zellpopulationen
markiert werden. Auch die vermutlich die Apodeme darstellenden linearen Zellpopulationen auf der ventralen
Oberfläche des Embryos werden durch rstCCS1-5,3BX besonders stark markiert, finden sich ebenfalls deutlich mit
rstCCS1-2,4BglX gefärbt, wohingegen sie durch rstCCS1-3BBgl schwächer markiert sind.
Ergebnisse
58
optischer Lobus
Lamina-Zellen
Retinula-Zellen
IOC
Amnioserosa
Mittellinie
visz
*
2,5 kb
0,5 kb
rstCCS1-3BBgl
Muskel
phar. Muskel
Muskel
2 kb
rstCCS1-2,4BglX
2,5 kb
rstEOR1-2,7X
rstEOR1-4,7E
rstCCS1-5,3BX
Abb.26. Schema der in den Reportergenexpressionsstudien identifizierten regulatorischen Module der rst cisSequenz. Unten sind in grau die einzelnen untersuchten rst Fragmente angegeben. Zu beachten ist, dass eine 0,5
kb Sequenz von rstCCS1-2,4BglX in rstEOR1-4,7E nicht enthalten ist. Über den rst Fragmenten sind in Balkenform die
identifizierten Module aufgelistet, die sich speziellen rst cis-Sequenzen zuordnen lassen. Hierunter fällt nicht die
Reportergenexpression im Herzen, die durch rstCCS1-5,3BX, rstEOR1-4,7E und rstEOR1-2,7X vermittelt wird, nicht aber
durch rstCCS1-2,4BglX. Dies lässt sich nicht in einem einfachen Modell erklären. Die Auftrennung der mesodermalen
Expressionsregulation in zwei Enhancer und die trennbare Lokalisierung von viszeralen und pharyngealen
mesodermalen Enhancern lässt auf eine komplexe Regulation in mesodermalen Zellen schließen. Mit einem (*)
ist ein Modul angegeben, das über den Bruchpunkt zwischen rstCCS1-3BBgl und rstCCS1-2,4BglX kartiert werden kann,
da durch diese beiden Sequenzen Teilaspekte gewisser Expressionen vermittelt werden, die sich mit der rstCCS15,3BX
Sequenz komplett darstellen. Hierunter fallen die frühe Expression in den IOC zum Zeitpunkt apoptotischer
Prozesse, die Expression in 12 ektodermalen Zellclustern im embryonalen Stadium 10, eine späte Expression in
Zellen der embryonalen ZNS Mittellinie und die Expression in den vermutlich die Apodeme darstellenden
länglichen Zellpopulationen im Embryo. Nach oben weisende Pfeile in den Balken der Amnioserosa und den
IOC markieren die Region, durch die verstärkte Reportergenexpression vermittelt wird.
(IOC) Interommatidialzellen, (phar) pharyngeal, (visz) viszerales Mesoderm.
4.3. Ein Screen für potentielle Aktivatoren der rst Expression
Um potentielle Aktivatoren der rst Expression zu identifizieren, wurde mit Hilfe des Gal4/UASSystems ein Screen unternommen, bei dem das Potential von verschiedenen Transkriptionsfaktoren
(TF) und Signalmolekülen getestet wurde, die Expression von rst ektopisch zu aktivieren. Basierend
auf übereinstimmenden Expressionsmustern und ähnlichen mutanten Phänotypen wurden potentielle
Faktoren der rst Regulation gezielt ausgewählt. UAS-Linien dieser Faktoren wurden mit einer
Enhancer Trap Gal4-Linie des scabrous (sca) Gens gekreuzt (sca-Gal4; Klaes et al., 1994), so dass
diese Faktoren nach dem Muster der sca Expression ektopisch in allen neuroektodermalen Zellen ab
dem Stadium 9 der Embryonalentwicklung exprimiert wurden (Egger et al., 2002). Eine potentielle
ektopische Expressionsaktivierung von rst durch diese Faktoren wurde im Stadium 10 untersucht.
Tab.7 gibt einen Überblick der getesteten Faktoren und eine kurze Beschreibung ihrer für die
vorliegende Arbeit relevanten Wirkungsorte, sowie eine Klassifikation ihres Potentials, die Expression
von Rst ektopisch in neuroektodermalen Zellen zu induzieren.
Ergebnisse
59
ektopisches Rst
abdominal A (abd-A)
Abdominal B (Abd-B)
apterous (ap)
asense (ase)
atonal (ato)
BarH1
BarH2
Dmef2
D-Pax2
EGFR
eyeless (ey)
glial cells missing (gcm)
gleeful (gfl; synonym minc, lmd)
lozenge (lz)
pointed.P1 (pnt.P1)
pointed.P2 (pnt.P2)
single minded (sim)
Suppressor of hairless (Su(H))
Su(H)-VP16
twin of eyeless (toy)
Ultrabithorax (Ubx)
Homeotisches Gen (u.a. Muskel)
Homeotisches Gen (u.a. Muskel)
TF (u.a. Muskel, optische Loben)
TF (u.a. optische Loben)
TF (u.a. Retina)
TF (u.a. Retina)
TF (u.a. Retina)
TF (Muskel)
TF (u.a. Retina)
Rezeptor des EGFR Signalwegs
TF (Retina)
TF (Gliazellen)
TF (Muskel)
TF (u.a. Retina)
konstitutiv aktiver Effektor des EGFR
Signalwegs
durch MAPK zu aktivierender Effektor
des EGFR Signalwegs
TF (u.a. Mittellinie, optische Loben)
durch Nintra zu aktivierender Effektor
des Notch Signalwegs
konstitutiv aktiviertes Su(H)
TF (Retina)
Homeotisches Gen (u.a. Muskel)
+/+/+/+/+++
+++
+++
-
Tab.7. Übersicht über die getesteten Faktoren, die durch Kreuzen ihrer jeweiligen UAS-Linien mit einer scaGal4 Linie gezielt in neuroektodermalen Zellen fehlexprimiert wurden. In der mittleren Spalte sind
stichwortartig charakteristische Gewebe der Aktivität der einzelnen Faktoren angegeben. Ihr Potential, die
Expression von Rst ektopisch in neuroektodermalen Zellen zu induzieren, ist in der rechten Spalte angegeben.
Eine eindeutige (+++), eine schwache potentielle (+/-) und keine (-) ektopische Rst Immunreaktivität konnte in
den betreffenden Kreuzungen ermittelt werden.
Eine starke ektopische Rst Expression in neuroektodermalen Zellen konnte durch Single minded
(Sim), Pointed.P1 (Pnt.P1) und eine konstitutiv aktivierte Form von Suppressor of Hairless (Su(H)VP16) erzielt werden (Abb.27). sim ist das Selektorgen der embryonalen Mittellinie (siehe
Kap.2.3.3.1), pnt.P1 codiert für die konstitutiv aktive Isoform von Pnt.P2, welches den nuklearen
Effektor des Ras-MAPK Signalwegs darstellt (siehe Kap.2.3.3.2.). Su(H) ist der nukleare Effektor des
Notch Signalwegs (siehe Kap.2.3.3.3.).
Abb.27. (siehe nächste Seite). Die starke ektopische Aktivierung der Rst Expression in neuroektodermalen
Zellen durch Single minded, Pnt.P1 und Su(H)-VP16. (A-F) Projektionsdarstellungen mehrerer konfokaler
Ebenen von ventralen Ansichten der Hinterhälften von Embryonen des Stadiums 10. (A-C) Vergleich der Rst
Expression (in rot) und der durch scaGal4 vermittelten membranständigen GFP Expression (in grün) in scaGal4;
UAS-mCD8GFP Embryonen. (A,C) Rst zeigt eine starke Expression in der Mittellinie und in mesodermalen
Zellclustern. (B,C) Die durch scaGal4 vermittelte GFP Expression markiert die neuroektodermalen Zellen. (D-F)
Durch scaGal4 vermittelte ektopische Expression von single minded (D), pnt.P1 (E) oder Su(H)-VP16 (F) in
neuroektodermalen Zellen führt zu einer starken ektopischen Expression von Rst in diesen Zellen.
Ergebnisse
60
Eine schwache potentielle ektopische Aktivierung der Rst Expression in neuroektodermalen Zellen
konnte in den Versuchen mit Glial cells missing (Gcm), Lozenge (Lz), Apterous (Ap) und Gleeful
(Gfl) beobachtet werden (siehe Abb.28). Aufgrund der schwachen endogenen Rst Expression in
neuroektodermalen Zellen im Stadium 12, sollten in diesem Fall die Ergebnisse mit Vorsicht
betrachtet werden. Eine ektopische Aktivierung der Rst Expression durch diese Faktoren ist möglich,
aber eine sichere Aussage lässt sich leider nicht treffen. Andere getestete Gal4-Linien (dll-Gal4 und
wg-Gal4) ließen die Unterscheidung von endogener und ektopischer Rst Expression noch weitaus
schwerer erscheinen (keine Abbildung). Gcm ist in allen Gliazellen aktiv, Lz in den undifferenzierten
Zellen der Augenimaginalscheibe posterior der morphogenetischen Furche, Apterous in spezifischen
Muskelgründerzellen und in pupalen optischen Loben und Gleeful in allen fusionskompetenten
Myoblasten.
Abb.28. Die schwache potentielle ektopische
Aktivierung
der
Rst
Expression
in
neuroektodermalen Zellen durch verschiedene
Faktoren. (A-F) Projektionsdarstellungen mehrerer
konfokaler Ebenen von ventralen Ansichten der
neuroektodermalen Rst Immunreaktivtät in den
Hinterhälften von Embryonen. (A-B) Wenn nur die
ventrale Oberfläche der Embryonen dargestellt
wird, so zeigt sich eine äußerst schwache endogene
Rst Expression in den neuroektodermalen Zellen
von yw Kontrollembryonen im Stadium 10 (A), die
im Stadium 12 etwas stärker wird (B). (C-F) In
scaGal4; UAS-gcm (C), scaGal4; UAs-lz (D),
scaGal4; UAS-ap (E) und scaGal4, UAS-gfl
Embryonen (F) lässt sich eine schwache potentielle
Aktivierung der Rst Expression in den
neuroektodermalen Zellen beobachten.
Ergebnisse
61
Faktoren, die keine ektopische Rst Expression in neuroektodermalen Zellen des Stadiums 10
induzieren konnten, sind die homeotischen Genprodukte Abd-A, Abd-B und Ubx. Da diese Faktoren
auch in Muskeln regionsspezifisch aktiv sind und da durch die rstCCS1-2,7X Sequenz eine
Reportergenexpression hauptsächlich in abdominalen Muskeln vermittelt wird, wurden diese Faktoren
getestet. Dmef2 ist in allen sich entwickelnden Muskeln aktiv, konnte aber keine ektopische Rst
Expression im Stadium 10 vermitteln. Atonal, BarH1, BarH2, D-Pax2, Eyeless und Twin-of-eyeless
sind TF, die in spezifischen Zellen der Augenimaginalscheibe aktiv sind. Mit diesen Faktoren konnte
keine ektopische Rst Expression in neuroektodermalen Zellen des Embryos induziert werden.
Apterous und Asense sind in den optischen Loben aktiv und konnten ebenfalls keine ektopische Rst
Expression induzieren. Der nicht aktivierte EGFR sowie der nicht aktivierte nukleare Ras-MAPK
Signalweg-Effektor Pnt.P2 konnten im Gegensatz zu Pnt.P1 keine ektopische Rst Expression
induzieren. Auch Su(H), der nicht aktivierte nukleare Effektor des Notch Signalwegs, war dazu nicht
in der Lage.
4.4. Sim, Dmef2, der Notch- und der Ras-MAPK Signalweg wirken
aktivierend auf identifizierte rst cis-regulatorische Sequenzen
Die Faktoren, die eine eindeutige bzw. eine schwache potentielle Aktivierung der Rst Expression in
neuroektodermalen Zellen vermitteln konnten (sowie Dmef2 und Ey), wurden auf ihr Potential
getestet, die identifizierten rst cis-regulatorischen Sequenzen ektopisch in neuroektodermalen Zellen
in vivo zu aktivieren (siehe Tab.8). Die hierfür genutzten rst-lacZ Linien vermitteln normalerweise
keine Reportergenexpression in neuroektodermalen Zellen. Embryonen, die die rstCCS1-3'BX-lacZ bzw.
rstEOR1-E-lacZ Transgene auf dem Hintergund der sca-Gal4 und UAS-Transgene der betreffenden
Faktoren tragen, wurden auf eine potentielle ektopische Aktivierung der lacZ Reportergenexpression
untersucht. Abb.29 gibt einen Überblick über das zugrundeliegende Versuchsschema. Durch dieses
Experiment lassen sich potentielle Regulatoren der rst Expression verifizieren und zugleich die
betreffenden rst cis-Sequenzen identifizieren, auf die diese Faktoren wirken.
GAL4
sca Enhancer
Gal4
UAS
TF
rst Enhancer
lacZ
Abb.29. Schematische Darstellung des Experiments zur Identifizierung von Faktoren, die auf die identifizierte
rst cis-regulatorische Sequenz wirken. In den neuroektodermalen Zellen im Embryo von Drosophila wird das
Gal4 Transgen durch den sca Enhancer transkribiert. Der Gal4 Faktor aktiviert über die UAS-Sequenz die
Transkription des Transgens eines Transkriptionsfaktors (TF). Der TF kann nun seinerseits - direkt oder indirekt
- auf das ebenfalls eingekreuzte rst-lacZ Transgen wirken und so eine ektopische lacZ Reportergenexpression
nach dem Muster des sca Enhancers vermitteln.
Ergebnisse
62
ektopische Aktivierung von
rstCCS1-3'BX-lacZ
apterous (ap)
Dmef2
eyeless (ey)
glial cells missing (gcm)
gleeful (gfl; synonym minc, lmd)
lozenge (lz)
pointed.P1 (pnt.P1)
single minded (sim)
Su(H)-VP16
+
+
+
+
ektopische Aktivierung von
rstEOR1-E-lacZ
+
-
Tab.8. Übersicht über die Faktoren, deren Potential der ektopischen Aktivierung von rst regulatorischen
Sequenzen in neuroektodermalen Zellen getestet wurde. Hierzu wurden Embryonen untersucht, die das rstCCS13'BX
-lacZ bzw. das rstEOR1-E-lacZ Transgen jeweils auf dem Hintergund der sca-Gal4 und UAS-Transgene der
einzelnen Faktoren beinhalten. Ektopische lacZ Expression in neuroektodermalen Zellen zeigt, dass die Faktoren
auf die betreffende rst cis-Sequenz des rst-lacZ Transgens wirken. Das Potential der einzelnen Faktoren, die
Expression von rstCCS1-3'BX-lacZ bzw. rstEOR1-E-lacZ ektopisch in neuroektodermalen Zellen zu aktivieren, ist
angegeben. Eine eindeutige (+) und keine (-) ektopische lacZ Immunreaktivität konnte in den betreffenden
Kreuzungen ermittelt werden.
Faktoren, die die Reportergenexpression der rst-lacZ Linien ektopisch zu aktivieren vermögen,
wurden als sichere Aktivatoren der rst Expression klassifiziert. Dies sind Sim, Pnt.P1 und Su(H)VP16, die alle auf die rstCCS1-3'BX Sequenz wirken (siehe Abb.30). Diese Sequenz vermittelt in
Übereinstimmung mit der ortsspezifischen Aktivität von Sim Reportergenexpression in der
embryonalen Mittellinie. Zudem lässt sich die ebenfalls vermittelte Reportergenexpression in den
Interommatidialzellen der pupalen Retina bei P25 mit der Aktivität des Ras-MAPK und des Notch
Signalwegs in diesen Zellen korrelieren (siehe auch Kap.4.5.).
Abb.30. Sim, Pnt.P1 und Su(H)-VP16 wirken aktivierend auf die rstCCS1-3'BX Sequenz. (A-E)
Projektionsdarstellungen mehrerer konfokaler Ebenen der zytoplasmatischen βGal Immunreaktivität in
Ventralansichten der Hinterhälften von Embryonen des Stadiums 10/11. Anterior ist links. (A) In scaGal4;
rstCCS1-3'BX-lacZ Kontrollembryonen ist die normale βGal Immunreaktivität der rstCCS1-3'BX-lacZ Linie in Zellen
der Mittellinie sichtbar. (B) In scaGal4; rstCCS1-3'BX; UAS-lacZ Kontrollembryonen zeigt sich die durch den sca
Enhancer vermittelte lacZ Expression in allen neuroektodermalen Zellen. (C-E) In scaGal4; rstCCS1-3'BX-lacZ;
UAS-sim (C), scaGal4; rstCCS1-3'BX-lacZ; UAS-pnt.P1 (D) und scaGal4; rstCCS1-3'BX-lacZ; UAS-Su(H)-VP16
Embryonen (E) wird lacZ ektopisch in neuroektodermalen Zellen des Embryos exprimiert.
Ergebnisse
63
Auch Dmef2 konnte ektopische lacZ Reportergenexpression in neuroektodermalen Zellen vermitteln.
Hierbei wirkte Dmef2 sowohl auf rstCCS1-3'BX als auch auf rstEOR1-E (siehe Abb.31). Da in diesen beiden
rst cis-Sequenzen ein teilweise überlappender Teilbereich vorhanden ist (siehe Abb.17), kann die
Wirkung von Dmef2 auf die rst cis-Sequenz in diesen überlappenden Bereich kartiert werden. In
diesem Bereich befindet sich eine perfekte Dmef2 Konsensusbindungsstelle (siehe Kap.4.6.2.). Dmef2
zeigte keine ektopische Aktivierung der Rst Expression in neuroektodermalen Zellen des Stadiums 10
(siehe Tab.7). Obschon Dmef2 in der Lage ist, Zielgene ektopisch in ektodermalen Zellen zu
aktivieren, ist es ein bekanntes Phänomen, dass Dmef2 dazu nicht vor dem embryonalen Stadium 12
in der Lage ist (Lin et al., 1997; Artero et al., 1998). Eine potentielle ektopische Rst Expression in
diesem Stadium konnte wegen der endogenen Rst Expression nicht beobachtet werden.
Abb.31. Dmef2 wirkt aktivierend auf die rstCCS13'BX
und die rstEOR1-E Sequenz. (A-D)
Projektionsdarstellungen mehrerer konfokaler
Ebenen
der
zytoplasmatischen
βGal
Immunreaktivität in den Hinterhälften von
Embryonen.
(A-B)
Lateralansichten
der
Hinterhälften von Embryonen des Stadiums 12.
Anterior ist links. (A) In scaGal4; rstCCS1-3'BX-lacZ
Kontrollembryonen ist die normale mesodermale
βGal Immunreaktivität der rstCCS1-3'BX-lacZ Linie
sichtbar. (B) In scaGal4; rstCCS1-3'BX-lacZ; UASDmef2 Embryonen wird lacZ ektopisch in
neuroektodermalen Zellen auf der Oberfläche des
Embryos exprimiert. (C-D) Ventralansichten der
Hinterhälften von Embryonen des Stadiums 14.
Anterior ist links. (C) In scaGal4; rstEOR1-E-lacZ
Kontrollembryonen ist die normale mesodermale
βGal Immunreaktivität der rstEOR1-E-lacZ Linie
sichtbar. Diese Linie vermittelt keine Reportergenexpression in Zellen der Mittellinie. (D) In scaGal4; rstEOR1-ElacZ; UAS-Dmef2 Embryonen wird lacZ ektopisch in Zellen der Mittellinie exprimiert. Der sca Enhancer
vermittelt Gal4 Expression in allen neuronalen Zellen. Die Muskeln erscheinen vergrößert, da die Zellen mit
ektopischem Dmef2 sich vermutlich auf Kosten des ZNS zu Muskelzellen differenziert haben. Die ektopische
Expression von Dmef2 mit scaGal4 ist embryonal letal.
Mit den Faktoren, die eine schwache potentielle Aktivierung der Rst Expression vermittelten, konnte
keine ektopische lacZ Expression beobachtet werden. Es ist zu beachten, dass diese Faktoren
selbstverständlich auch auf einen bisher nicht identifizierten Enhancer von rst wirken könnten. Daher
und weil die untersuchten Faktoren zudem möglicherweise Kofaktoren für die Expressionsaktivierung
benötigen, die in dem Gewebe der ektopischen Expression nicht vorkommen, lässt sich mit diesem
Screen keine negative Aussage über die Regulation von rst durch einen speziellen Faktor treffen.
4.5. Die durch Sim, Dmef2, Pnt.P1 und Su(H)-VP16 aktivierbaren rst cisSequenzen enthalten Enhancer für eine mit dem Wirkungsort dieser
Faktoren korrelierbaren Reportergenexpression
Im vorangegangenen Kapitel wurde gezeigt, dass Sim, Dmef2, Pnt.P1 und Su(H)-VP16 auf
spezifische identifizierte rst cis-Sequenzen wirken. Die durch diese rst cis-Sequenzen vermittelten
Reportergenexpressionen wurden in Kap.4.2. beschrieben. Dabei konnten einzelne Enhancermodule
innerhalb dieser rst cis-Sequenzen kartiert werden (siehe Abb.26). Die differentielle Aktivierung der
untersuchten rst-lacZ Linien durch Sim, Dmef2, Pnt.P1 und Su(H)-VP16 lässt sich mit spezifischen in
Ergebnisse
64
den rst cis-Sequenzen enthaltenen Enhancermodulen korrelieren. D.h. innerhalb der durch die
einzelnen Faktoren aktivierbaren rst cis-Sequenzen finden sich Enhancermodule, die spezifische
Reportergenexpressionen in Mustern vermitteln, die mit bekannten Aktivitätsmustern der einzelnen
Faktoren übereinstimmen. Abb.32 fasst diese Korrelation zwischen dem bekanntem Wirkungsort eines
Faktors, der durch ihn aktivierbaren rst cis-Sequenz und der durch diese rst cis-Sequenz vermittelten
Reportergenexpression zusammen. Sim, das Selektorgen der embryonalen Mittellinie, wirkt auf die rst
cis-Sequenz aktivierend, in der sich ein Enhancer für Expression in der embryonalen Mittellinie
befindet. Pnt.P1 und Su(H)-VP16 wirken auf die rst cis-Sequenz, in der sich ein Enhancer für
Expression in Interommatidialzellen befindet, der kurz vor apoptotischen Prozessen innerhalb dieser
Zellen aktiv wird. Der Ras-MAPK und der Notch Signalweg spielen bei diesen Prozessen eine
entscheidende Rolle. Dmef2 hat eine wichtige Funktion innerhalb der sich entwickelnden
embryonalen Muskulatur und wirkt auf beide rst-lacZ Linien aktivierend. In der rst cis-Sequenz, die
aufgrund überlappender Sequenzen in beiden rst-lacZ Linien enthalten ist, befindet sich ein Enhancer
für Expression in mesodermalen Zellen.
Sim
Pnt.P1
&
Su(H)-VP16
Dmef2
Abb.32. In den durch Sim, Dmef2, Pnt.P1 und Su(H)-VP16 aktivierbaren rst cis-Sequenzen befinden sich
Enhancer für mit dem Wirkungsort dieser Faktoren korrelierbaren Reportergenexpressionen. Unterhalb der
einzelnen Bilder ist jeweils verkleinert das Schema der Verteilung der in Reportergenexpressionsstudien
identifizierten Enhancer innerhalb der rst cis-Sequenz aufgetragen (siehe auch Abb.26). In diesem Schema
befinden sich unterhalb der schwarzen Linie die zur Charakterisierung der rst cis-Sequenzen verwendeten rst
Reportergenfragmente. Orange sind die Fragmente markiert, deren vermittelte Reportergenexpressionen durch
die jeweiligen Faktoren ektopisch induziert werden konnten. Für Sim, Pnt.P1 und Su(H)-VP16 ist dies die
rstCCS1-3'BX-Sequenz in lacZ-Konstrukten (entspricht der rstCCS1-5,3BX-Sequenz in den Gal4-Konstrukten). Dmef2
konnte auf die rstCCS1-3'BX und rstEOR1-E Sequenz in lacZ-Linien aktivierend wirken (rstEOR1-E in den lacZ-Linien
entspricht der rstEOR1-4,7E-Sequenz in den Gal4-Konstrukten). Oberhalb der schwarzen Linie sind die einzelnen
kartierbaren rst Enhancermodule aufgetragen. Rot sind jeweils die Enhancermodule markiert, die innerhalb der
durch den jeweiligen Faktor aktivierbaren rst-lacZ Konstrukte liegen und durch die mit dem Wirkungsort des
jeweiligen Faktors korrelierbare Reportergenexpressionen vermittelt werden. Die entsprechenden
Reportergenexpressionen sind jeweils oberhalb der Schemata angegeben. Sim wirkt somit auf eine rst cisSequenz, innerhalb der sich ein Enhancer für Expression in der embryonalen Mittellinie befindet. Pnt.P1 und
Ergebnisse
65
Su(H)-VP16 wirken auf eine rst cis-Sequenz, in der sich ein Enhancer befindet, der in Interommatidialzellen
(IOC) zum Zeitpunkt apoptotischer Prozesse aktiv ist (Pupalstadium P25). Dmef2 ist in der Lage, auf beide rstlacZ Konstrukte zu wirken. In den überlappenden Bereich, der in beiden rst-lacZ Konstrukten enthalten ist, lässt
sich ein Enhancer für eine mesodermale rst Expression kartieren.
4.6. Computervermittelte Analyse des Informationsgehalts der rst cisregulatorischen Sequenz
4.6.1. Vergleich des Informationsgehalts der rst cis-regulatorischen Sequenz mit nichtregulatorischen Sequenzen
Um eine Analyse des Informationsgehalts der rst cis-regulatorischen Sequenz durchzuführen, wurde
die Verteilung von bekannten Konsensusbindungsstellen innerhalb dieser Sequenz untersucht. Hierzu
wurden die Matrizen der TRANSFAC-Datenbank (Matys et al., 2003) mit Hilfe des MatInspectorProfessional-Programms (http://www.genomatix.de/matinspector) auf die rst cis-Sequenz angewendet.
In der TRANSFAC Datenbank finden sich 37 Matrizen für 31 Transkriptionsfaktoren von Drosophila.
Da in der rst cis-Sequenz 233 Konsensusbindungsstellen für diese 31 Faktoren gefunden wurden,
wurde die Signifikanz des Auftretens von Konsensusbindungsstellen untersucht. Hierzu wurden die
Verteilung und die Anzahl der TRANSFAC-Konsensusbindungsstellen in relativ zu der rst cisSequenz weitgehend gleich großen Sequenzen ermittelt, in denen mit keinem cis-regulatorischen
Potential zu rechnen ist. Die ersten beiden Introns des rst Gens zeigten keine Enhanceraktivität in den
Experimenten des rst Enhancer-Detection-Screens. Im Vergleich zu jeder zufällig ausgewählten
genomischen Drosophila-Sequenz stellen diese Sequenzen daher eine bessere Nullkontrolle dar.
Allerdings kann das Vorhandensein von Regulatoren für Expression in nicht untersuchten Geweben,
sowie von inhibitorischen Sequenzen nicht ausgeschlossen werden. Neben den beiden großen rst
Introns wurden zudem zwei mRNA-Sequenzen äquivalenter Größe der gleichen Analyse unterzogen.
Abb.33 fasst die Ergebnisse zusammen. Während die Anzahl der Konsensusbindungsstellen in der rst
cis-Sequenz im Vergleich zu den sns und Notch mRNAs um das Doppelte erhöht ist, zeigt sich kein
Unterschied zu den beiden intronischen rst-Sequenzen. Auch eine mögliche Häufung der
Konsensusbindungsstellen in bestimmten Abschnitten der Sequenz konnte in keiner der untersuchten
Sequenzen ausgemacht werden. Dies zeigt, dass neben dem Auftreten von Konsensusbindungsstellen
in einer cis-Sequenz weitere Hinweise für eine potentielle Regulation durch einen speziellen Faktor
vorliegen müssen.
Anzahl der Bindungsstellen
rst cis Sequenz
Länge der
Sequenz
rst cis Sequenz
7434 bp
30
25
20
15
10
5
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
0.5 kb Segmente
10
11
12
13
14
15
Anzahl der
Bindungsstellen
233
Notch mRNA
8113 bp
103
sns mRNA
8035 bp
126
rst Intron 1
7320 bp
252
rst Intron 2
8017 bp
230
Ergebnisse
66
sns mRNA
30
25
20
15
10
5
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
Anzahl der Bindungsstellen
Anzahl der Bindungsstellen
Notch mRNA
30
25
20
15
10
5
0
1
2
3
4
5
6
30
25
20
15
10
5
0
2
3
4
5
6
7
8
9
9
10
11
12
13
14
15
16
10
11
12
13
14
15
11
12
13
14
15
16
30
25
20
15
10
5
0
1
0.5 kb Segmente
8
rst Intron 2
Anzahl der Bindungsstellen
Anzahl der Bindungsstellen
rst Intron 1
1
7
0.5 kb Segmente
0.5 kb Segmente
2
3
4
5
6
7
8
9
10
0.5 kb Segmente
Abb.33. Anzahl und Verteilung der TRANSFAC-Konsensusbindungsstellen in der rst cis-Sequenz und vier
Vergleichssequenzen. Die Verteilungen der 37 Matrizen von 31 Drosophila Transkriptonsfaktoren der
TRANSFAC-Datenbank wurden mit Hilfe des MatInspector-Professional-Programms in der rst cis-Sequenz, in
der sns und Notch mRNA, sowie im rst Intron 1 und 2 ermittelt. Die Sequenzen sind jeweils in 0,5 kb Segmente
unterteilt und entlang der Abszisse aufgetragen. Die Anzahl der Bindungsstellen innerhalb dieser Segmente ist
auf der Ordinate angegeben. In der zugehörigen Tabelle sind die Längen der jeweiligen Sequenzen angegeben,
sowie jeweils die Gesamtzahl der in ihnen enthaltenen TRANSFAC-Konsensusbindungsstellen.
Ein weiterer Ansatz zur Identifizierung potentiell wichtiger genomischer Sequenzabschnitte basiert auf
der Konservierung dieser Sequenz im Laufe der Evolution. Während proteinkodierende Sequenzen
selbst zwischen Mensch und Fliege konserviert sind, zeigt sich auf der Ebene nicht-codierender
Sequenzen keine vergleichbare Konservierung großer Sequenzabschnitte. Um die Konservierung
funktionaler nicht-codierender Sequenzen beobachten zu können, müssen daher nahverwandte Spezies
miteinander verglichen werden. Deren Artentrennung muss allerdings vor einer genügend langen Zeit
stattgefunden haben, damit wichtige genomische Sequenzen spezifisch selektioniert werden konnten.
Für Drosophila melanogaster stehen nach Veröffentlichung der Genome von Anopheles gambiae und
von Drosophila pseudoobscura (Holt et al., 2002; http://hgsc.bcm.tmc.edu/projects/drosophila) die
Vergleichssequenzen zweier Spezies zur Verfügung, deren Stammbaumlinien sich vor 250 Millionen
bzw. 46 Millionen Jahren von D. melanogaster getrennt haben. In einem Vergleich der A. gambiae
und D. melanogaster Sequenzen konnte gezeigt werden, dass sich nicht-codierende Sequenzen schnell
auseinanderentwickeln (Zdobnov et al., 2002). Für D. melanogaster und D. pseudoobscura hingegen
wurden Cluster konservierter nicht-codierender Sequenzen (CNCS, conserved non coding sequences)
beschrieben, die mit bekannten cis-regulatorischen Sequenzen korrelieren (Bergman et al., 2002).
Daher wurde in der vorliegenden Arbeit mit der identifizierten rst cis-regulatorischen Sequenz
untersucht, ob auch ihr solche CNCS-Cluster zuordbar sind. Sollte sie sich gegenüber ihren
Nachbarregionen durch eine erhöhte Anzahl an CNCS-Clustern auszeichnen, so lassen sich
möglicherweise funktionale Aussagen über solch konservierte Abschnitte innerhalb der rst cisSequenz treffen. Mit Hilfe zweier Alignmentprogramme (AVID und PipMaker, siehe Kap.3.2.3.2.)
wurden die 180 kb zwischen rst und seinem Paralog kirre aus D. melanogaster mit den betreffenden
Sequenzen aus D. pseudoobscura und A. gambiae verglichen. In Abb.34 sind in einem VISTA-Plot
die Ergebnisse dargestellt, die mit dem AVID-Alignmentprogramm erzielt wurden. Hierbei zeigt sich,
Ergebnisse
67
dass sich entsprechend den Studien von Zdobnov und Kollegen (siehe oben) auch die rst cis-Sequenz
nicht anhand konservierter Sequenzabschnitte zwischen D. melanogaster und A. gambiae
identifizieren lässt. Zwischen D. melanogaster und D. pseudoobscura finden sich hingegen tatsächlich
CNCS-Cluster innerhalb der rst cis-Sequenz. Allerdings treten diese CNCS-Cluster in einer
einheitlichen Verteilung über den gesamten untersuchten Sequenzabschnitt auf, so dass auch hierdurch
die rst cis-Sequenz nicht identifizierbar ist. Anhand der zahlreichen CNCS-Cluster in der Region
zwischen rst und kirre lässt sich spekulieren, ob sich diese Sequenz durch zahlreiche funktionale
Elemente auszeichnet, oder ob sich durch einen einfachen Vergleich mit D. pseudoobscura Sequenzen
in D. melanogaster tatsächlich funktionale Sequenzen identifizieren lassen. Für eine Beantwortung
dieser Fragen werden die derzeit sequenzierten Genome weiterer Drosophila-Spezies hilfreich sein.
A
B
Abb.34. Vergleich zwischen den Sequenzen des rst - kirre Intervalls aus D. melanogaster, D. pseudoobscura
und A. gambiae. (A-B) Alignments der entsprechenden genomischen Sequenzen wurden mit Hilfe des AVIDProgramms durchgeführt. Zwei unterschiedliche Darstellungen der erzielten Ergebnisse wurden mit Hilfe des
VISTA-Programms erstellt. Im ersten VISTA-Plot sind die Sequenzen eingezeichnet, die in 100 bp Fenstern
75% Identität zwischen den Spezies aufweisen. Im zweiten VISTA-Plot sind alle Sequenzen aufgeführt, die in 5
bp Fenstern 75% Identität aufweisen. Über den Alignments sind die Lokalisierungen von Genen und
Transposonen innerhalb des untersuchten D. melanogaster Sequenzintervalls angegeben. rst und kirre sind Kopf
Ergebnisse
68
an Kopf im Genom von D. melanogaster und A. gambiae angeordnet (siehe auch Abb.5). Für D. pseudoobscura
lässt sich dies nur vermuten, da die Sequenz zum Zeitpunkt der Analyse in noch unverknüpften Contigs vorlag.
Da rst auf dem Gegenstrang der öffentlichen D. melanogaster Sequenz lokalisiert ist, beginnt die untersuchte D.
melanogaster Sequenz mit dem 3'-Bereich des rst Gens und endet mit dem 3'-Ende von kirre. Die rst cisSequenz ist in rot hervorgehoben. Das obere Alignment in jeder Reihe stellt den Vergleich von D. melanogaster
mit D. pseudoobscura dar, darunter befindet sich der Vergleich zwischen D. melanogaster und A. gambiae. (A)
Die Konservierung größerer Sequenzabschnitte wurde mit einer Vorgabe von 75% Identität in 100 bp Fenstern
untersucht. Während in A. gambiae nur die codierenden Sequenzen von rst und kirre konserviert sind, gibt es
zwischen D. melanogaster und D. pseudoobscura zahlreiche konservierte nicht-codierende Sequenzen (CNCS).
Allerdings lässt sich die rst cis-Sequenz anhand der Verteilung dieser CNCS nicht identifizieren, da auch in
anderen Regionen zahlreiche CNCS auftreten. Eine Ausnahme bilden die beiden mit Transpac und FB
bezeichneten Transposonen, deren Insertion in der Region zwischen rst und kirre nur in der D. melanogaster
Sequenz vorliegt. Mit einem VISTA-Plot, der die Verteilung von Sequenzen mit 47% Identität in 100 bp
Fenstern darstellt, wurden gleichwertige Ergebnisse erzielt (nicht dargestellt). (B) Um zu sehen, ob sich mit
Fenstern der Länge von TF-Bindungsstellen ein qualitativ anderes Bild ergibt, wurde zudem ein VISTA-Plot mit
der Vorgabe von 75% Identität in 5 bp erstellt. Hierbei finden sich auch mit der A. gambiae Sequenz viele kurze
Sequenzen, die potentiell konservierte 5 bp Sequenzabschnitte darstellen. Eine Inspektion der zugrundeliegenden
Alignments zeigte jedoch, dass diese Sequenzen nicht in größere teilkonservierte Blöcke eingebettet sind. Daher
lässt sich nicht entscheiden, ob diese kurzen identischen Sequenzen konserviert sind oder nach den Gesetzen der
Wahrscheinlichkeit auftreten. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass das Genom von A. gambiae
doppelt so groß ist wie das Genom von D. melanogaster (Zdobnov et al., 2002) und dass dies auch auf das rst kirre Intervall zutrifft (370 kb im Vergleich zu 180 kb). In D. melanogaster und D. pseudoobscura sind
zahlreiche kurze Sequenzen konserviert, die rst cis-Sequenz lässt sich auch hierbei nicht gegenüber anderen
Sequenzen anhand des VISTA-Plot-Musters identifizieren. Ein gleichwertiges Ergebnis konnte in einem VISTAPlot mit der Darstellung von 75% Identität in 10 bp Fenstern erzielt werden (nicht gezeigt).
Um einen Hinweis auf die Signifikanz des Auftretens der CNCS-Cluster in der rst cis-Sequenz zu
bekommen, wurde das Ausmaß der Konservierung innerhalb dieser Sequenz mit anderen Sequenzen
verglichen. Hierfür wurden wieder die beiden großen rst Introns verwendet, da in ihnen keine
Enhanceraktivität festgestellt werden konnte und sie daher jeder zufällig ausgewählten Sequenz als
Nullkontrolle überlegen sind (siehe oben). Tab.9 zeigt, dass sich sowohl in der rst cis-Sequenz als
auch in den Sequenzen der beiden großen rst Introns zahlreiche zwischen D. melanogaster und D.
pseudoobscura konservierte CNCS befinden. Diese CNCS können somit nur unterstützende Hinweise
auf eine potentielle Funktionalität einer Sequenz liefern, für die es bereits experimentelle Evidenzen
gibt.
Länge der D.
mel. Sequenz
rst cis Sequenz
7434 bp
rst Intron 1
7320 bp
rst Intron 2
8017 bp
Anzahl der
CNCS-Blöcke
32
28
31
Addierte Länge
der CNCS
1598 bp
1536 bp
1510 bp
Anteil der CNCS an
der Gesamtsequenz
21,5%
21%
18,8%
Tab.9. Der Anteil konservierter nicht-codierender Sequenzen (CNCS) in der rst cis-Sequenz und
Vergleichssequenzen. Die zwischen D. melanogaster und D. pseudoobscura konservierten Bereiche in der rst
cis-Sequenz und in den rst Introns 1 & 2 wurden in BLAST-Analysen ermittelt. Angegeben ist jeweils die Länge
der D. melanogaster Sequenz, die Anzahl der in ihr ermittelten CNCS-Blöcke (mit variablen Längen), die
addierte Gesamtlänge der in den einzelnen CNCS-Blöcken enthaltenen Sequenzen, sowie der aus diesen Daten
erhaltene Anteil der CNCS an der untersuchten Gesamtsequenz aus D. melanogaster. Keine signifikanten
Unterschiede im Ausmaß der Konservierung sind zwischen der identifizierten rst cis-Sequenz und intronischen
rst-Sequenzen feststellbar.
Ergebnisse
69
4.6.2. In der rst cis Sequenz befinden sich konservierte Konsensusbindungsstellen für
Sim, Dmef2, Pnt und Su(H)
Da in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden konnte, dass Single minded, Dmef2, Pointed.P1 und
Su(H)-VP16 in der Lage sind, expressionsaktivierend auf die identifizierte rst cis-Sequenz zu wirken,
wurde gezielt nach Konsensusbindungsstellen dieser Faktoren in der rst cis-Sequenz gesucht. Zudem
wurde ermittelt, ob diese Konsensusbindungsstellen innerhalb von Sequenzen liegen, die zwischen D.
melanogster und D. pseudoobscura konserviert sind. Abb.35 fasst diese Analysen zusammen.
Die Verteilung der Sim-, Dmef2-, Pnt- und Su(H)-Konsensusbindungsstellen innerhalb der rst
cis-Sequenz deckt mehrere bemerkenswerte Eigenschaften dieser Sequenz auf. In dem Bereich, in den
ein Enhancer für Expression in Interommatidialzellen (IOC) zu einem Zeitpunkt, da apoptotische
Entscheidungen getroffen werden, kartiert werden konnte, finden sich jeweils eine Pnt- und eine
Su(H)-Konsensusbindungsstelle, die beide in D. melanogaster und D. pseudoobscura konserviert sind
(siehe Abb.35, in gelb bzw. blau dick umrandet). Dies passt ausgezeichnet zu den experimentellen
Daten der vorliegenden Arbeit. Eine potentielle Regulation von rst durch den Ras-MAPK und den
Notch Signalweg findet nur in speziellen Zusammenhängen statt, denn in der larvalen
Augenimaginalscheibe scheint die rst Expression unabhängig von dem Ras-MAPK und dem Notch
Signal. Eine starke ektopische Expression von Pnt.P1 und Su(H)-VP16 führt allerdings zur
Aktivierung der rst Expression und wird durch rst Sequenzen vermittelt, innerhalb derer die beiden
konservierten Konsensusbindungsstellen liegen. Die ektopische Aktivierung der rst Expression kann
man dahingehend deuten, dass die Expression von rst nur bei einem starken Ras-MAPK und Notch
Signal induziert wird. Dass in der betreffenden rst cis-Sequenz des IOC-Enhancers jeweils nur eine
Konsensusbindungsstelle für Pnt bzw. Su(H) konserviert ist, kann eine molekulare Erklärung für diese
schwache Sensitivität des rst Enhancers auf das Ras-MAPK bzw. Notch Signal liefern, wenn man
annimmt, dass Zielgene anhand der Anzahl ihrer Bindungsstellen in einem kompetitiven Wettbewerb
um ein Signal stehen. Weiterhin ist in den Reportergenstudien zu beobachten, dass durch die rstCCS12,4BglX
Sequenz nur ein Teilmuster der frühen IOC Expression vermittelt wird. Da die konservierte PntKonsensusbindungsstelle unmittelbar am Bruchpunkt der rstCCS1-2,4BglX Sequenz liegt, könnte diese
Bindungsstelle im rstCCS1-2,4BglX-Gal4 Konstrukt in ihrer Funktionalität beeinträchtigt sein. Die Su(H)Konsensusbindungsstelle hingegen ist weiter von diesem Bruchpunkt entfernt und könnte somit das
beobachtete Teilexpressionsmuster von rstCCS1-2,4BglX vermitteln.
Single minded bindet zusammen mit Tango an die so genannten CNS-Midline-Elements (CME). In
der rstCCS1-3BBgl Sequenz, in die in der vorliegenden Arbeit Enhancerelemente für die rst Expression in
der Mittellinie kartiert werden konnten und die innerhalb der Sequenz liegt, auf die ektopisches Sim
aktivierend wirkt, befinden sich zwei CME-Sequenzen (siehe Abb.35., in rot dick umrandet). Beide
CME sind zwischen D. melanogaster und D. pseudoobscura konserviert, so dass sie hervorragende
Kandidaten für eine direkte Wechselwirkung von Sim mit der rst cis-Sequenz darstellen.
In der Sequenz, in die regulatorische Module für eine mesodermale Expression von rst kartiert werden
konnten und auf die ektopisches Dmef2 aktivierend wirkt, befindet sich eine potentielle Dmef2Bindungsstelle (siehe Abb.35, in grün dick umrandet), die exakt einer beschriebenen Dmef2Bindungsstelle im Enhancer des β 3 tubulin Gens von Drosophila entspricht (Damm et al., 1998).
Diese Dmef2-Bindungsstelle ist zwischen D. melanogaster und D. pseudoobscura konserviert und mit
einer Länge von 10 bp äußerst lang. Dies liefert im Zusammenhang gleicher mutanter Phänotypen
einen starken Hinweis auf eine direkte Regulation von rst durch Dmef2.
Ergebnisse
70
GGGATCCAACTCTGGGAGGCGGGGGCGTGGCACGGACAGGGGCGTATTCTCGTGGTGGGAGAGGCAGT
GGGGGGGGGGAGGGAGGGCGAGGGGTGCACTTGACCGGCTGCCGTTCGCTTGACAAAAGTGAAATGTA
AGTAATTAAAATTGCCAACGTTTTAGCCTCGCTTCATTTGTAACTCGAAACTTGAAATGTATTTGCCA
CCCGTCCGTCTGTCCGCGTCCTCCGGGGATTCACTGTATGTGTCTGCGCCGTCGTAATTTCGATTTTC
CATTCACTTTCGAAATTGATAAAAAGAAAAATTAACCAAAATACTGATACACCAATTCGTTCGTTTCG
TTAATATTTAAGTTAAATATAAGTCACAATATAATTTGTTCAATCGTGAGTTTACAACTTGCCATCCT
TCAGGCTTCCCCCTCCTTTTTTTTTATGTTTTCACATTGTTGAGCTTGTATTAATATTATTATTATGA
TATATATATTTTTGCTATTTATTTGTTTTGTTTTTTTTTTTTCTTTCGGTTTTGCCTTTCTGTTTTTC
ATTATTATTATTTTCGGCGGCAGAAGAGGCTGCAAAATCGCTGAAAAGGCACGTAGCCCATTGATGAA
ATGAAAAGCGGGGTATGAAGACGCCTCTGGTGGGCAGGGTCGTCGAAGGAAGGCGATTGTTGGGAGAG
GGGGGGAGGGGGTTTGAGACAGGGTCGAGCCACTTCACCACGTCGCCGCCTGGCACTTGGCTTTCATT
TCAGAATTTTATTTGGACTCTGTTCTCATCTTTTCCACTTCGATATTCCATTTTTGTATGAAAATTGC
TGATAATCAATGGATCCCCTTCATTTCCCATCCTCGTTACCCAAAGTGCGAGCTGATCACTCGAAAGG
GGGTCTTCTGATTGTGATAAGAGACGGAAAAATAAATGAGGAGTGGGCTTCCAGAATTGGGAATAGAA
TAGTGACAATCGGCGCTGGTGAGTGGCAAGATAATGCTGCAATTAAATTCGATGTGGACCATAGTACA
TCAATTTCATAGATTTTTAAATATAGTAGTAATTTAGTTTGATGTGCACATATGCATATTCTAGCCAA
AAATATATAAGCAGTGAACTAGTGGCTAAAACAATAATTCGCTCTCGACGATCGATCAAATTAATAGA
TAACTTAATCAAGGCATTCATTACATAAATGCGCCAAGCAATTTTCAACATTTTCCCTCAGATTGCGT
TTTAAAGTTGCATCTGCATCTTGTACCCTTTTGCTTCTGCTCTGGGGTATTTAAACGTATATGCATTT
ATATACATATGTACATACATACATACATACATATATGTAAGTAGAAGATATATGTGTTCAGCCATTGT
GACACTCGCTGCGAAAAAATCATGTTAAATAAATGAAATTGTCATACTCGATGGGTTTGATGGGGCAG
CTGAAAGCGAAAAATGAAGATGAAGACGAAGATGTAGACTCAGACACCCAGATGATGATGATGATGAC
GATGGGATGGGATGGGATGGGATGGGGACCTGGGATGGGGTCTTGGGATGGGGTCTTGAGATAGGATG
ACTTCGGCTGCAGATGGATTCGAGATGGCTTGCCAATGGAGTGGATGCTGCAGGCTGCAGCCTGACAA
TGACGTTGACGTTGTCGCCCTGATGACTTTCAATGAGTCAACTCCAGGTTCTCCACCTCCACCCCACG
AAGATTCTGTGACCAGAGTCGCCCCTTTCGTTCTGAGAAAAGCCCCCAAAGTCCCCATTTTCGTCCCA
ATCACAAAGTCTTTTTTTTTTAGCTGTAATTATTACCCGACATTATCAGCTTCTCTCTTGCAGACCGA
TTGATAAAAATAAAGTAATCTCGCAGTCTTCGAAATTGTCACCAGCTAAAGTATTTTTGTAAGTTTGT
AATACACAGCCATAGAGTACAATTACTTTTTGTTTTCATATCCCCAATTAATTGTATTTATATTACAT
AAGTTAAGAATTATTGTAAATTATAAAAAAATATGGATTCAACTTTTTTTAAACTATGTTTCACCATT
AATCGAGAAAGTAGTTTACATTAAATTGTTTTTATACAAAAAAATGTCAGAGCATTGCAAAGTTCGGT
CATTAAGCCAGCGGTTTTTCCTCGGGTTTTTCCCCATTTCACTGAATGGTTTCATGCACGAAATTTAT
TGTTATTATTAGGAGAGCAATCGCCCCGATTGATAGGGGAATTTTCGGGGGGACACTCTCGCTTATTT
CCATCAAAAGCATAAGCATATATATGTACATTTAAGTTTTTTTTTTTATGGTCCGGGGCTGAGTAAAA
ATTTATGTGAAAATTCATAATTGGATTATGGCACTCGGAGCTCTTGGTTAGCGGTCGTCGCCTTTGAG
GAGGTCCCCATTTCTCTGCCGGCAAGTGACAATGAACTTGAAAATGGAAAATGTGGAAAAGCGCTC
XhoIGAGGGGCAGCATGACTGTGTCTTGTGGTTTTCGGATTTTCATCGCTCTTTCCCCCTTCATTTTT
TTCACAGTGCTCAACTAGGTTTTTCTGCGATTAAAAAGGGGTTTATTGGCCATGTGACGACTGTATTT
AAAGGTGTACGCGTTTAGATGACTTTGTTTGGCTTCATTTTTAAAAGTTTAACGCAACAGCTGATTTT
TTGCTTCGAAATTCCTTCAGCAAATGGAACATGAGAAATTATTTTATTCAGCTGCACTTTTAGCACAA
CGTTGGCAATGTTTCAACCTGTTCGCTGACCTGTCAGAACCCCGTTTATAAATCGAAACCCATCATCG
ATTACACCCCACTCTTCGGGTTTACAGATGAAATATGCATGTATTTAAATGCGTTACAATCAATTTTT
GATTTATTTGCGACGCCATTGACTGAATTTTAAATGACAGCGATTTATTTCAGATTTATACATAACAA
AAAGGCGATGAGAAAAAAAATTTAACCATCTGCCTGGAGATTTTTTAGGGGAAAGGCTGGCTATGAAG
CGCATTTTGTATTTGTACATTTTTTGATATAGATACGAGAGGAGTTTTTATAACAGGATAGCTCATAT
ATATATATATATGGGCCTTATCTATGTCCATCAGGATATATGATGAAAAATCAGCCATCATTTTTCAC
TTGCTTTAAAAATTTTATTTTTTTTTAGATTTAATTCGTGACAACTTTGTTTTAGGCGGAGTCCATCT
CTTCCAATTTCGTTCTTTGCCATTTTGTGATGTAATAATGCCATAAAGAAAATGTGGTTCGATCAAGT
TTGTTAGGGTGGTAAAGCTGCCTTCGCTGTCGACTTAATTAGGTATCGCCAACGAAAAACACCTAAGC
GCAGCTTTTACTTTTGGCCTGGGAAACTCCGTGTACTTTGCGCAAGTTTCAATGAAAACAACAAATTA
ACTGAGACGAAAAGCTAGCGGGGCGAAGGGGCTTCTCCCCTCGGAAAACACAAATTATCAAAGCAAAA
GGCGCTTGAAATAAAAGACTTGAAGAGTAACTGGGGCCTGGTAATTATGCCGTCTTACTTCTGTGGTT
TGTTTTTCTCACCTTTTTCGGATTCAATTTCACATAATGAAGTTTACACAGACTTAAACCGGTGACCG
CCTATTAAGTTTATAGCTAAGCTCTATGCCAATGCATTTGCTTAAATTGCTTATATATTTACATATAA
AGTTAAATACTTTTTCTTTTTTTGCTTAATAAACTTTAGAGTTTATATTTCTGAAACACATATATATT
GATTTAAATCAAATTGGAAATGTTAACGGCCGAGACAACGACCCCCACAAATGGCCACTCCCCCTCCT
TCCGCCCCCACACACAGAGATATCCTAAGTGCTTTGTCTAAATATACGATTGCCAGTCGAAGCCGCGC
Ergebnisse
71
TTGTCTGCCGCATAAATCCCGGAAAATCTCAGACTATATAGGCTATTTCATTCGTCCGACTCACTCCC
TAAACTAAAAATAACTGCAAATTGTCTAGAATTTACGGAGCACGGGAAATGGAGGAAAAAAAAAAGGG
AAACCGAGAGAATTTCCAACTTGCCTGTTGAGTAATTCTACGAAAGATCGTCTCCGTCTGGGAATTGG
TTTTCCCTGCTTGAAGAGCCCTAAAGACATCTAATGAGCATCATTAGGTTGTCTGTATCTCTGTATCT
TGTATCTCAAGATTCGGGACGTGTGTGTGTGTGTGTGTATCTGTCGAACAGGATTTGTTTATAATGAA
GTCTCAAAAGACAGAGACGTGACTAAAAAGGATGGCTAGAGTGCGAAAAAGAGATGGCACCAAGGATC
ATTTTGTCCAGATCAGCTGCAGTCTGCTTGAAATCGTGTGATTGTAATGTAAACTTGAAGATATTTGA
ATAATCAATAATGATCGATGGCTGAGTGATAAAATCTTTGGGTTTTTTGAGTGGGTGTGCGCATGTGC
GCTTGCTCTGCATCCTCCCTTGCTATCTACGAGTACCTTTCCTGTCTTGTTTTGATCACCTTTGACCT
CTGCCGCCCTGAA EcoRITTCCTCTTTATATTTTCTTCTGCTCTGGGCATCGCATCTTCCGGCCTC
GCTTGACATTTTTACGATCGCCCTTTTCTTGTTCTGGAATCTTTATTGTCTCTGGTTCTGTTTTTGGT
CTCCGGCTCTCACACAATCCTTGATATTTTCATTAGTAATTAAATAAAATTTACAATAATTTTTGGTG
CACCTACCGCCCTTTTTTTCATTCGACTTTTCCCTGGAATTTGGCTTTTCTCACACGCTTAACCCTCG
TGTCTCCGGGGGGCTATTAAATGCCATCTAAATAGTTGCCTCTTTCACTGCTCGCTCATGGTTGTTGC
AACACACACCTAGCGAAAGAGACAGCTGGTGGGCAGGGAGAACGAGAGCGGATGAGATAGCATTTGAA
ATCCCATTTCTCGTTCACCTACCGCAGCAGTTAAATATAATGACAATTGAAATCTGGGAAATATCAGA
AGCCAAAGAGGAAGCCAAGA BglIITCTGCTTAGGCATAATTTTGATGAAATATTATTCGGAAATA
TATTGAACGAACGACCGGAGAGAAGTTTGAGTTGTGAACATCACATTACAGGAGACTTCAGGAATTCA
TTCAAATGAGAATGTGTACATTACATAAATAATAATAATGATAAAAAAAAATGATCGAATATCGAATG
AAATTTGTTCTCAAAAGTCAATAGATTTCTCTTATTGTGTGTTATTTATTACCCAATGCCCTTTATTA
TAATTTCATTCCGAGCTCATCCATCAAAACCCATGTATGTATGTATCCGTATCTGTTGGCCGCATTTT
TCTATTTCCCCCGATCTCTCCATTTCTCTGACTTTGTTCACAGTCAATTGGCAACCTTGTCCCGCTTG
AGAATGGGTTCGTTTGCAAGCAGTAAAAGTTATAACATTTCTGCATAATTTGTAGGCCAGAGAACTTG
GCCGTTGCTGTTGTTCTTGCAACGGCAACCTTGGCCAAGCCAAAAACCAAGTCAGTGGCGTGTGGGAA
AAGTAACTGAAGTATCTGTTTATCTGACGGGAGTATCTGTTCTGGCGCTCTGGAATCTGTGGCCTGGC
TAATTGCAGTTGCAGATTTTGCCCGTCGCCGGGGTGTCAATTAAATTCACTCGCAATCGGAAGGTGCA
ACATCGCTGCAGCAATACTGGAGTGGCAAATGTTTCTGCAGCAGAAGGAGCAGCGCAACAGCAACACA
TCTGCAGCACAGCTGCTCCTCAGAGTTCGTCAGAGGTCAGACTGCGAAAAAGATGTGAAAAAAAAGAA
GGGGAGGCAGAAAAATATGAAGGAGCAGTGCGACAAGTGCAGCGATGGCATCCCGTCCATGCACTTTA
TACCATTTAGTTTTCCATTACAACATTTTCCTGGGCTCTCATTTTTCCAACATTTTCTGCTCCGCTTT
TGCGATGGGAAAAAATGCAGACCAGCGACAATTTGTAATGCGATTAATGCGGCTAATTAAGTTTTGGC
TTTCAAAGTAATAGTAACAGCTAGCACAGTGGGCCGAAAAGTATACAAACGAAGAGATCGCCATCGAA
ATATATCAATTAATATCTAATAATAACATTCAATATAATCAATATATTCCTCAAATTATCTTAAGTGT
CTTAAACTGTTTGTTGCTTCGTTCATATTCTGCGAGAATATTTGCAATGAAATTCTATATATTGCGAC
TCCAATTAGAGTAGGCCTGTAACTCCCGAGAAGCCCCCTGTTTAAAATAGAATTCCCCCGAGAACGAT
TCGATGCTGCGGCTGATAAAATCACTCGATTTCTTACGATTCTCTGCAGATATATTCGAAACACTGGA
TCCCGAGACAGCTGCGGCTCACACAAATCAGGGAATGAAAATAAACGAGACCGAGAAACAGAAACAGA
GTAAAAAACGAACAAAATATATATATACACAGGCAGGAGAGTGGAGAAAAATCGAGTGCAAACGCACG
AACTGCATTCGTAGCTGGATTTTGCTGTGGCCCCCGCACCCTACAAGTTGATATGGCTGTTGGTTAGA
TGATGTTTCTGCTGTGGTGCAATGTGCTGCATTTCCGGTAGCTGCTCAGGATCGACAGGCCCTTCTTC
TGCTCTCGGTGCGTGTCTTTTACTGGTGCGTGTGTCTCACTTCTGCCCGAATACCCCGGATACCCCGG
ATACCCGCTTCCCCGATTCCCTGACTCACCCAGCGTCTCGTCTCCGATTTTTAAACCTTCTAGCCCAT
TCAGTGCGATACAGAGAAGACGTGCCTGTTGGGCCCTGCAATTGATTTCTTTGAATTTTTTCGCTCGT
TTGTTTTGCAGTTGGTCCTTACTTTTCTGGTGATATCTGTTTTCTACACGGCGAGAAAATCTACGATA
ATTTGTCGAACTTTATACTGTAACGCTTATATATGATCGTTTTAAGTTGATCAAATTATAACAAACTA
TAAATGCTATAAATGCTCCATTATTTAATTCAATTTTTTTTTTAAACTATTATTTCTTGTGATGTTTT
TTTCGCGGTGTTTGTTGCTGTTCCCTTGTCGAGCATTGTGTGAAGTCATTTTGTACCTGTGCCCAGGT
AAATGGGCAATGGCACCCCCGCCCCCCGTTGTGGTGATGGTCGGAAAATACTTGTAGCCTTATTTTCT
GACCCTGGGACCTTGGCGACACGGCTTCCTGTGAGCCGGAATGCGTCTGTGATGATCCTGTGAAAACT
GCACACACCCAATTGCAATTAACAAACAGAAGTGAGGCTGCCGTTTCGGGATTAGAAAAGCAGACGTG
CGCAGCCCGGGGATATTTGGGATATTCGGGATCTGCGAGA BglIITCTGCGGGATCTGTTGGATCT
GCGGGTCTTTAGCGTGTCATTGTCAGTTTCCCACACGAATGGACAGACTTCGGACGTCGGGAATCATA
ATTTGCCTTAATCTATAATTTGTGAACGGAGACGAAGAGGGCAGGATCC BamHI
Ergebnisse
72
Abb.35. (siehe vorherige Seiten). In der rst cis-Sequenz befinden sich konservierte Konsensusbindungsstellen
für Sim, Dmef2, Pnt und Su(H). Die abgebildete DNA-Sequenz stellt die in der vorliegenden Arbeit
identifizierte regulatorische rst Sequenz dar und wurde aus der öffentlichen D. melanogaster Sequenz kopiert
(Adams et al., 2000). Die zur Charakterisierung der rst cis-Sequenz verwendeten Subfragmente sind anhand der
eingezeichneten, zu ihrer Isolierung verwendeten Restriktionsschnittstellen erkennbar (in orange). Da das rst
Gen auf dem Gegenstrang der öffentlichen DNA-Sequenz lokalisiert ist, ist die Abfolge der einzelnen Fragmente
in der abgebildeten Sequenz invertiert zu den anderen Darstellungen der vorliegenden Arbeit. rstEOR1-2,7X reicht
somit vom Anfang der Sequenz bis zur XhoI-Schnittstelle. rstEOR1-4,7E reicht vom Anfang der Sequenz bis zur
EcoRI-Schnittstelle. rstCCS1-2,4BglX von der XhoI- bis zur ersten BglII-Schnittstelle und rstCCS1-5,3BX von der XhoIbis zur BamHI-Schnittstelle am Ende der Sequenz. rstCCS1-3BBgl beinhaltet das durch die beiden BglIISchnittstellen begrenzte Fragment. Die abgebildete D. melanogaster Sequenz wurde in BLAST-Analysen mit
der öffentlichen D. pseudoobscura Sequenz am 6.12.2003 verglichen (Zugang über das HGSC Baylor College of
Medicine, Houston; http://hgsc.bcm.tmc.edu/projects/drosophila). In schwarz gehaltene Basen sind zwischen D.
melanogaster und D. pseudoobscura konserviert, hellgraue Basen zeigten keine Konservierung.
Konsensusbindungsstellen einiger für die vorliegende Arbeit relevanter Transkriptionsfaktoren sind umrandet.
Rot markiert sind CNS-Midline-Elements (CME; ACGTG), die durch Sim/Tgo Heterodimere erkannt werden. In
grün ist eine potentielle Dmef2-Bindungsstelle angegeben, die exakt der Dmef2-Bindungsstelle im β3 tubulin
Enhancer von Drosophila entspricht (Damm et al., 1998). Für Dmef2-Konsensusbindungsstellen existieren zwei
Varianten (C/T T A/T A/T A A A T A A/G, Nguyen et al., 1994; C T A A/T A/T A/T A/T T A G, Molkentin
und Olson, 1996), deren mögliche Basenfolgen zu einer Version kombiniert wurden (C/T T A/T A/T A/T A/T
A/T T A A/G). Sequenzen, die dieser Dmef2-Konsensusbindungsstelle entsprechen, sind mattgrün umrandet.
Sequenzen, die der Su(H)-Konsensusbindungsstelle G T G A/G/T G A A (Morel und Schweisguth, 2000; Rebeiz
et al., 2002) entsprechen, sind blau umrandet. In gelb sind ETS-Konsensusbindungsstellen angegeben, die durch
Pointed erkannt werden (C/G A/C/G G G A A/T A/G N; Baonza et al., 2002; Xu et al., 2000). Fett umrandet
sind die vier Konsensusbindungsstellen, die aufgrund ihrer Lokalisierung und Konservierung funktional sein
könnten (siehe Text).
4.7. Die Regulation von rst durch Single minded
4.7.1. Rst ist in der embryonalen Mittellinie subzellulär und temporal hochspezifisch
exprimiert
Durch mRNA in situ Experimente und Antikörperfärbungen ist bekannt, dass die Expression von rst
in Zellen der embryonalen Mittellinie hochdynamisch ist (Schneider, 1994). rst ist im
keimbahnverlängerten Embryo erst in 14 ektodermalen Zellpopulationen nachweisbar, die segmental
entlang der Mittellinie symmetrisch orientiert sind (Schneider, 1994; siehe Abb.6 C, D). Zum
Zeitpunkt, da mesodermale rst Expression nachweisbar ist, wird rst nur noch in den Zellen der
ventralen Mittellinie exprimiert (Schneider, 1994; siehe Abb.6 E, F). Im Stadium 13 ist keine rst
Expression in Zellen der invaginierten Mittellinie nachweisbar (Schneider, 1994; siehe Abb.6 G, H),
während gezeigt werden konnte, dass Rst im Stadium 15/16 in Zellen der ZNS-Mittellinie wieder neu
exprimiert wird (Schneider, 1994; siehe Abb.7). Abb.36 gibt einen Überblick über die Dynamik der
Expression von Rst in Zellen der embryonalen Mittellinie.
Abb.36. (siehe nächste Seite). Die Dynamik der Rst Expression in der embryonalen Mittellinie von Drosophila.
(A-I) Projektionsdarstellungen mehrerer konfokaler Ebenen von ventralen Ansichten der Hinterhälften von
Embryonen unterschiedlicher Entwicklungsstadien. Anterior ist links. In rstCCS1-3BBgl-Gal4; UAS-lacZ
Embryonen wurde die Rst Verteilung (in rot) auf dem Hintergund einer spezifischen βGal Markierung der
embryonalen Mittellinie (in grün) dargestellt. Durch die Projektion der einzelnen konfokalen Ebenen erscheinen
übereinanderliegende rot und grün markierte Strukturen gelb. Rst ist stark in der ventralen Mittellinie im
Stadium 11 (A-C) und schwach in der ZNS-Mittellinie im Stadium 15 (G-I) exprimiert, während Rst zwischen
diesen beiden Stadien nicht in der embryonalen Mittellinie nachweisbar ist (D-F).
Ergebnisse
73
Diese Expressionsdynamik weist auf eine komplexe Regulation der Expression von rst in diesen
Zellen hin. Nach den in Kap.1.3.3.1. beschriebenen drei Phasen der Regulation der Genexpression in
der Mittellinie (Wharton et al., 1994) lässt sich folgendes konstatieren: Da rst nicht wie sim in den
beiden lateralen mesektodermalen Zellreihen des Blastoderms exprimiert wird, spricht dies gegen eine
direkte Regulation von rst durch die Kontrollgene der dorsalen / ventralen Musterbildung. Die rst
Expression tritt erst dann in der Mittellinie auf, wenn Sim-Protein nachweisbar ist und Sim als
Regulator aktiv wird. Dies spricht für eine direkte Regulation von rst durch Sim. Nach dem
Einwandern der Zellen der Mittellinie sinkt die Expression von rst in der Mittellinie unter die
Nachweisgrenze. Allerdings wird rst in differenzierten Zellen der ZNS-Mittellinie in späteren Stadien
wieder exprimiert. Da Sim während aller Zeitpunkte exprimiert bleibt und bekannt ist, dass während
der späten Mittellinien Expression mehrere Kontrollgene aktiv sind (Wharton et al., 1994), scheint die
späte rst Expression in der Mittellinie eher einer komplexeren Regulation als einer einfachen
Aktivierung durch Sim zu unterliegen.
Interessanterweise wird Rst in den Zellen der ventralen Mittellinie, deren Zellkerne bereits ins Innere
des Embryos gewandert sind, nur in der apikalen Oberfläche der zytoplasmatischen Ausläufer dieser
Zellen exprimiert (siehe Abb.37). Diese zytoplasmatischen Ausläufer verbleiben während der
Migration der Zelle an der epidermalen Oberfläche. Möglicherweise ist dies ein Hinweis auf eine
Funktion von Rst in diesen Zellen.
Ergebnisse
74
Abb.37. Rst ist apikal in den
zytoplasmatischen Fortsätzen der Zellen
der ventralen Mittellinie exprimiert. (A-F)
3D-Rekonstruktion
von
immunhistochemisch gefärbten Zellen der
Mittellinie eines Embryos im Stadium 11.
In
das
Innere
des
Embryos
delaminierende Zellen der Mittellinie sind
durch
zytoplasmatische
lacZReportergenexpression (grün) in rstCCS13BBgl
-Gal4; UAS-lacZ Embryonen
markiert. Rst (rot) findet sich apikal in den zytoplasmatischen Fortsätzen dieser Zellen, mit denen diese Zellen in
Kontakt zur ventralen Oberfläche des Embryos bleiben. (A-C) Ventrale Ansicht. (D-F) Laterale Ansicht.
Anterior ist links.
4.7.2. In der Mittellinie ist Rst abhängig von sim
Für mehr als zwanzig Gene konnte gezeigt werden, dass ihre Expression in der Mittellinie sim benötigt
(z.B. slit (sli), Toll (Tl), engrailed (en), center divider (cdi), rhomboid (rho), breathless (btl), hibris
(hbs); Crews, 1998; Dworak et al., 2001; Nambu et al., 1990; Ohshiro und Saigo, 1997). simH9 ist ein
EMS induziertes Nullallel von sim. Kein sim Protein kann in simH9 Mutanten detektiert werden
(Nambu et al., 1990). Dies führt zum Verlust aller Zellen der ZNS-Mittellinie (Nambu et al., 1990).
Hierbei verläuft die Entwicklung der mesektodermalen Zellen während der Gastrulation normal
(Nambu et al., 1991). Nachdem sich die beiden mesektodermalen Zellreihen an der ventralen
Mittellinie miteinander vermischt haben, lässt sich in sim Mutanten erstmals ein Phänotyp beobachten.
In der ventralen Mittellinie befindet sich nur die halbe Anzahl an Zellen, was auf ein Ausbleiben der
synchronen Zellteilung dieser Zellen hinweist (Nambu et al., 1991). Diese Zellen sind zudem nicht in
der Lage, in das Innere des Embryos zu wandern und sich in Zellen der ZNS-Mittellinie zu
differenzieren (Nambu et al., 1991). Stattdessen verbleiben sie an der ventralen Mittellinie, wobei sie
zu Zellen des ventralen Ektoderms transformiert werden (Xiao et al., 1996) oder möglicherweise
sterben (Sonnenfeld und Jacobs, 1994). In simH9 Embryonen ist nach der Gastrulation im Stadium 9 /
10 somit die Entwicklung der ventralen Mittellinie gestört. Allerdings sind Zellen der ventralen
Mittellinie zu diesem Stadium klar nachweisbar (Nambu et al., 1991; Sonnenfeld und Jacobs, 1994).
Zu diesem Zeitpunkt lässt sich in simH9 Mutanten keine Rst Expression in Zellen der ventralen
Mittellinie nachweisen, während die Expression von Rst in mesodermalen Zellen unverändert ist
(Abb.38). Dies zeigt, dass die Expression von Rst in der ventralen Mittellinie von sim abhängt.
Abb.38. Die Rst Expression in
der ventralen Mittellinie ist
abhängig von sim. (A-B) Laterale
Ansichten der Hinterhälften von
Rst markierten Embryonen des
Stadiums 10. Anterior ist links.
(A) Wildtyp. Rst ist in der
ventralen Mittellinie und in
mesodermalen
Zellclustern
exprimiert. (B) simH9. In sim
Mutanten findet sich keine Rst
Expression in der ventralen Mittellinie, während die Rst Expression in mesodermalen Zellclustern unverändert
ist.
Ergebnisse
75
4.7.3. Ektopisches Sim kann rst ektopisch aktivieren
Ektopische Expression von sim in neuroektodermalen Zellen des Drosophila Embryos führt zu einer
Transformation dieser Zellen in Zellen der ZNS Mittellinie (Nambu et al., 1991). Dabei werden
Zielgene von sim ektopisch in diesen Zellen exprimiert (z.B. sli, cdi, rho, sim, hbs; Dworak et al.,
2001; Muralidhar et al., 1993; Nambu et al., 1991). In snail (sna) Mutanten unterbleibt die
Invagination der mesodermalen Anlage, und es konnte gezeigt werden, dass in sna Mutanten sim in
den Zellen der mesodermalen Anlage ektopisch exprimiert wird (Nambu et al., 1990). Sna ist ein
direkter Repressor der sim Expression in den Zellen der mesodermalen Anlage (Kasai et al., 1992).
Die ektopische sim Expression in sna Mutanten führt zu einer ektopischen Expression von sim
Zielgenen (sli, Tl, cdi) in den Zellen der mesodermalen Anlage (Nambu et al., 1990). Sim aktiviert
Zielgene nur als Heterodimer mit dem bHLH-PAS Transkriptionsfaktor Tango (Ohshiro und Saigo,
1997; Sonnenfeld et al., 1997). Da Tango ubiquitär im Embryo exprimiert ist, ist Sim in der Lage,
Zielgene ektopisch zu aktivieren (Ward et al., 1998). In den Experimenten zur Identifizierung
potentieller Regulatoren von rst konnte gezeigt werden, dass ektopische Expression von sim in
neuroektodermalen Zellen des Drosophila Embryos zu ektopischer Expression von Rst in diesen
Zellen führt (siehe Kap.4.3. und Abb.27). Auch lässt sich in sna Mutanten ektopische Rst Expression
in den Zellen der nichtinvaginierten mesodermalen Anlage finden, die höchstwahrscheinlich auf der
ektopischen Expression von Sim in diesen Zellen basiert (Abb.39). Während sich aus letzterem
Experiment eine Regulation von rst durch sim nur vermuten lässt, so kann aus dem ersten Experiment
sicher behauptet werden, dass rst durch sim aktiviert wird. Ob diese Regulation allerdings direkt ist,
lässt sich anhand der kurzen Zeitspanne zwischen ektopischer sim Expression und ektopischer rst
Aktivierung nur vermuten. Für eine direkte Aktivierung sprechen die Ergebnisse einer Studie zur
Detektion direkter Zielgene von Sim (Muralidhar et al., 1993). Hierbei wurde sim per Hitzeschock
ektopisch in den Speicheldrüsen von Larven des 3. Stadiums exprimiert und die Verteilung des sim
Genprodukts auf den polytenen Riesenchromosomen kartiert. Sim konnte an 23 Loci detektiert
werden, darunter die Loci bekannter sim Zielgene wie Tl, cdi und sim. Bemerkenswerterweise wurde
Sim auch in der 3C Region gefunden, in der sich rst befindet (Muralidhar et al., 1993). Die
Lokalisierung von Sim an den betreffenden DNA Sequenzen liefert starke Evidenzen für eine direkte
Regulation dieser Zielgene durch Sim.
Abb.39. In snail Mutanten sind Sim und Rst ektopisch exprimiert.
(A-B) Projektionsdarstellungen mehrerer konfokaler Ebenen von
Ventralansichten immunhistochemisch markierter embryonaler
Hinterhälften. Anterior ist links. (A) In sna Mutanten unterbleibt die
Gastrulation, so dass sich die mesodermale Anlage an der ventralen
Oberfläche befindet. Die Zellen der mesodermalen Anlage
unterlaufen ein alternatives Zellschicksal, das durch eine ektopische
Expression von Sim charakterisiert ist. (B) Auch Rst ist in diesen
Zellen ektopisch exprimiert. Da die beiden abgebildeten mutanten
Embryonen das Produkt einer fehlgeschlagenen Entwicklung
darstellen, existieren keine vergleichbaren Wildtypzustände. Für die
Expressionsdynamik von Sim und Rst in wildtypischen Embryonen
siehe Einleitung.
Ergebnisse
4.7.4. Sim wirkt auf die identifizierte regulatorische
Reportergenexpression in der embryonalen Mittellinie vermittelt
76
rst
Sequenz,
die
Um zu testen, ob die ektopische Aktivierung von Rst durch Sim über die identifizierten
regulatorischen Sequenzen von rst vermittelt wird, wurden scaGal4; UAS-sim; rst-lacZ Embryonen
untersucht (siehe Kap.4.4.). Hierbei konnte gezeigt werden, dass ektopisches Sim auf das rstCCS1-3'BXlacZ Konstrukt wirkt (siehe Abb.30). Innerhalb dieser rst cis-Sequenz sind regulatorische Elemente für
eine Reportergenexpression in der embryonalen Mittellinie enthalten, die in die rstCCS1-3BBgl Sequenz
kartiert werden konnten (siehe Kap.4.2.5.). Durch das lacZ Reportergen werden die bereits teilweise
invaginierten Zellen der Mittellinie markiert, deren zytoplasmatische Fortsätze noch mit der
epidermalen Oberfläche des Embryos verbunden sind (siehe Abb.37). Der Beginn der
Reportergenexpression deckt sich also mit dem Beginn der endogenen rst Expression in der
Mittellinie. Interessanterweise scheinen zu Beginn der Reportergenexpression nicht alle Zellen der
Mittellinie markiert zu sein (siehe Abb.37). Dies kann auf eine von Zelle zu Zelle unterschiedliche
Expressionsdynamik des Reportergens oder eine anfängliche differentielle Expression von rst in den
Zellen der ventralen Mittellinie nach ihrer synchronen Zellteilung hinweisen. In den späteren Stadien
ist das Reportergen in allen Zellen der Mittellinie exprimiert. Zu beachten ist, dass das Reportergen
eine andere Abbaudynamik als Rst hat, so dass es die exprimierenden Zellen anzeigt, nicht aber die
exakte zeitliche Dynamik der rst Expression.
4.7.5. Die rst Reportergenexpression in der ventralen Mittellinie hängt von zwei CME
Motiven ab
Für einige Gene konnte gezeigt werden, dass ihre Expression in der Mittellinie von dem so genannten
CME-Sequenzmotiv abhängt (CNS Midline Element; Wharton et al., 1994). Die Enhancer von slit,
Toll, sim und btl tragen ein oder mehrere CMEs, die aus der Sequenz ACGTG bestehen, und
benötigen diese Sequenzen für ihre spezifische Expression in der Mittellinie (Ohshiro und Saigo,
1997; Wharton et al., 1994). Ein CME Multimer ist in der Lage, Reportergenexpression in der
embryonalen Mittellinie zu induzieren (Wharton et al., 1994; Zelzer et al., 1997). Diese
Reportergenexpression, wie auch die Expressionen der oben genannten Gene in der Mittellinie,
hängen von sim ab (Nambu et al., 1990, 1991; Sonnenfeld et al., 1997; Wharton et al., 1994). Auch
können die oben genannten Gene, wie auch das CME-Multimer, ektopisch durch Sim induziert
werden (Nambu et al., 1990, 1991; Wharton et al., 1994). Es konnte gezeigt werden, dass Drosophila
Sim mit humanem ARNT (hARNT) Heterodimere bildet, die das CME in vitro binden (Swanson et
al., 1995). Wie Sim gehört hARNT zur Familie der bHLH-PAS-Transkriptionsfaktoren. Auch in
Drosophila interagiert Sim mit einem ARNT-Homolog (dARNT bzw. Tango, Tgo), mit dem es als
Heterodimer aktivierend auf das CME wirkt (Ohshiro und Saigo, 1997; Sonnenfeld et al., 1997; Zelzer
et al., 1997). Das CME wird nicht nur durch Sim/Tgo Heterodimere erkannt, sondern auch durch
Trachealess (Trh) / Tgo Heterodimere (Ohshiro und Saigo, 1997; Zelzer et al., 1997). Trh ist wie Sim
ein bHLH/PAS Transkriptionsfaktor und aktiviert Zielgene spezifisch in den sich entwickelnden
Tracheen (Wilk et al., 1996). Da die gleiche CME-Sequenz durch unterschiedliche Aktivatoren
erkannt wird, diese Aktivatoren aber nur spezifisch mit den CME in den Enhancern ihrer Zielgene
interagieren, wie in Studien ektopischer Expressionsaktivierung gezeigt werden konnte (Zelzer et al.,
1997), weist dies auf weitere gewebsspezifische Faktoren hin, die jeweils mit dem Sim/Tgo bzw. mit
dem Trh/Tgo Komplex interagieren und somit die Spezifität der Zielgenaktivierung determinieren
Ergebnisse
77
(Zelzer et al., 1997). In der Tat konnte gezeigt werden, dass die Spezifität der Zielgenaktivierung von
Sim durch seine PAS-Domäne vermittelt wird, die in Protein-Protein-Interaktionen involviert ist
(Zelzer et al., 1997). Dass weitere Faktoren für die Spezifität des CME nötig sind, zeigt sich schon an
der Häufigkeit der CME-Sequenz, die 117.025 Mal im Genom von Drosophila vorkommt. Daher
basiert der Nachweis, dass ein Gen ein direktes Zielgen von Sim darstellt, in allen Studien auf der in
vivo Funktionalität seiner entsprechenden CME (Ohshiro und Saigo, 1997; Wharton et al., 1994).
Auch in der vorliegenden Arbeit wurde somit dieser Ansatz verfolgt. Die regulatorische rstCCS1-3BBgl
Sequenz vermittelt die rst Reportergenexpression in der embryonalen Mittellinie. In dieser Sequenz
befinden sich zwei CME, die zwischen D. melanogaster und D. pseudoobscura konserviert sind (siehe
Kap.4.6.2.). Um zu testen, ob diese beiden CME in vivo funktional sind und somit rst direkt durch mit
den CME wechselwirkenden Sim/Tgo Heterodimere reguliert wird, wurden die beiden CME im
rstCCS1-3BBgl-Gal4 Reportergenkonstrukt mutagenisiert (siehe Methodik-Box 3) und transformante
Drosophila Linien mit diesem Konstrukt erstellt.
Methodik-Box 3. Zielgerichtete Mutagenese der CME Sequenzen in der rstCCS1-3BBgl Sequenz und
Erstellung von transformanten Drosophila Linien mit dem resultierenden Konstrukt
Um als Substrat für die zielgerichtete Mutagenese der beiden CME in der rstCCS1-3BBgl Sequenz eine PlasmidDNA geeigneter Größe zu erhalten, wurde die rstCCS1-3BBgl Sequenz aus dem pChsCCS1-3'BX Vektor (siehe
Kambacheld, 1999) mit Hilfe einer PCR amplifiziert (Primer #3BBglI & #3BBglII) und in den pCR®II-TOPO®
Vektor (Invitrogen) überführt. In dem resultierenden Vektor TOPO-3BBgl wurden die beiden CME (ACGTG)
der rstCCS1-3BBgl Sequenz sukzessive zielgerichtet gegen eine GATCC Sequenz mit Hilfe der Primer #simIa,
#simIb, #simIIa und #simIIb (siehe Kap.2.1.5.; fett markiert ist die mutagenisierte Sequenz) und dem
QuikChange® XL Site-Directed Mutagenesis Kit (Stratagene) ausgetauscht. Der hierbei entstandene Vektor
TOPO-3BBgl-simI/IImut war durch neu erzeugte BamHI-Schnittstellen anstelle von CME-Sequenzen
identifizierbar. Die rstCCS1-3BglsimI/IImut Sequenz wurde aus diesem Vektor in einem BglII-Verdau isoliert und in
den mit BamHI geöffneten pChs-Gal4 Vektor überführt. In dem resultierenden Vektor pCCCS1-3BglsimI/IImut
wurde die erfolgreiche Klonierung und die mutagenisierten CME Sequenzen durch Sequenzierungen verifiziert.
pCCCS1-3BglsimI/IImut wurde in die Keimbahn von yw Fliegen transformiert. 3 transformante Linien (rstCCS13BglsimI/IImut
-Gal4 A (III), B (III), C (II)) konnten etabliert werden, die alle das gleiche embryonale
Reportergenexpressionsmuster nach Kreuzen mit UAS-lacZ Fliegen aufweisen.
Durch das in den beiden CME mutagenisierte rstCCS1-3BglsimI/IImut-Gal4 Konstrukt lässt sich keine
Reportergenexpression in der frühen embryonalen Mittellinie transformierter Fliegen vermitteln (siehe
Abb.40). Dies zeigt, dass die frühe Expression von rst in der ventralen Mittellinie von den beiden
CME abhängt.
Ergebnisse
78
Abb.40. (siehe vorherige Seite). Die durch die rstCCS1-3BBgl Sequenz vermittelte Reportergenexpression in der
ventralen Mittellinie ist abhängig von zwei internen CME. (A-F) Projektionsdarstellungen mehrerer konfokaler
Ebenen von ventralen Ansichten der Hinterhälften von Embryonen des Stadiums 11. Anterior ist links. Rst ist in
rot, βGal in grün dargestellt. Durch die Projektion der einzelnen konfokalen Ebenen erscheinen
übereinanderliegende rot und grün markierte Strukturen gelb. (A-C) rstCCS1-3BBgl-Gal4; UAS-lacZ. (A) Rst ist in
der ventralen Mittellinie und in mesodermalen Zellen exprimiert. (B) Die durch die rstCCS1-3BBgl Sequenz
vermittelte lacZ Reportergenexpression findet sich in Zellen der ventralen Mittellinie. (C) Durch die
Überlagerung beider Projektionsdarstellungen erscheint die ventrale Mittellinie in gelb. Allerdings ist Rst in den
apikalen Zellfortsätzen der durch das Reportergen markierten Zellen lokalisiert (siehe Abb.37). (D-F) rstCCS13BglsimI/IImut
-Gal4; UAS-lacZ. (D) Endogenes Rst ist wie in (A) exprimiert. (E,F) Durch die rstCCS1-3BglsimI/IImut
Sequenz, in der die beiden CME mutagenisiert sind, wird keine Reportergenexpression in der ventralen
Mittellinie vermittelt, während eine ektopische Aktivierung der Reportergenexpression in anderen Zellen auftritt.
Zwei Eigenschaften der durch die rstCCS1-3BglsimI/IImut Sequenz vermittelten Reportergenexpression fallen
auf. Zum einen ist eine ektopische Reportergenexpression in Zellen außerhalb der Mittellinie zu
beobachten. Da dieses Expressionsmuster in unabhängigen transformanten Linien auftritt, deutet dies
auf veränderte Eigenschaften in der rstCCS1-3BglsimI/IImut Sequenz hin. Eine mögliche Erklärung hierfür ist,
dass das ubiquitär exprimierte Tgo nicht nur als transkriptionsaktivierendes Heterodimer mit Sim an
die beiden CME bindet, sondern möglicherweise auch als Homodimer repressorische Funktionen
ausübt. Intrinsische Enhancer der rstCCS1-3BBgl Sequenz könnten somit nach Mutagenese der beiden
CME verstärkt wirken, da die Tgo-Homodimere nicht mehr an diese Sequenz binden können und so
der Zugang zu dieser Sequenz erleichert ist. Mit dieser These übereinstimmend wird durch die rstCCS13BglsimI/IImut
Sequenz eine gegenüber der rstCCS1-3BBgl Sequenz verstärkte Reportergenexpression in den
möglicherweise die Apodeme darstellenden Zellfortsätzen vermittelt (siehe Abb.41).
Eine weitere Eigenschaft der durch die rstCCS1-3BglsimI/IImut Sequenz vermittelten Reportergenexpression
ist, dass die Reportergenexpression in der ZNS Mittellinie späterer Stadien unverändert ist (siehe
Abb.41). Dies deutet auf eine Regulation von rst in diesen Zellen hin, die nicht direkt durch Sim
vermittelt wird, wie dies schon aus dem Expressionsmuster von Rst vermutet werden konnte (siehe
oben).
Abb.41. Die spätere rstCCS1-3BBgl Reportergenexpression in
der ZNS Mittellinie ist unabhängig von den beiden CME.
(A-B) Projektionsdarstellungen mehrerer konfokaler
Ebenen von Ventralansichten embryonaler βGal AKFärbungen des Stadiums 15. Anterior ist links. Die
Mittellinie liegt innerhalb des ZNS und ist sowohl in
rstCCS1-3BBgl-Gal4; UAS-lacZ (C) als auch in rstCCS13BglsimI/IImut
-Gal4; UAS-lacZ Embryonen (D) gefärbt. Dies
zeigt, dass die durch die rstCCS1-3BBgl Sequenz vermittelte
Reportergenexpression in Zellen der ZNS Mittellinie
unabhängig von den beiden CME der rstCCS1-3BBgl Sequenz
ist. Zu beachten ist, dass die lacZ Expression in den
möglicherweise die Apodeme darstellenden Zellfortsätzen
unterhalb der Mittellinie durch die rstCCS1-3BglsimI/IImut
Sequenz verstärkt vermittelt wird. In beiden Linien zeigt
sich zudem eine vektorbedingte Reportergenexpression in
den Speicheldrüsen.
Die Abhängigkeit der rst Reportergenexpression in der frühen Mittellinie von den beiden CME in der
entsprechenden regulatorischen Sequenz, sowie die bekannte Lokalisierung von ektopischem Sim an
die genomische Position von rst in den Riesenchromosomen von Drosophila (Muralidhar et al., 1993;
siehe oben), lässt auf eine direkte Regulation von rst durch Sim/Tgo Heterodimere schließen.
Ergebnisse
79
4.7.6. Rst ist in den optischen Loben von sim Mutanten exprimiert
Durch die Isolierung eines temperatursensitiven sim Allels (simJ1-47) konnten postembryonale
Funktionen von sim untersucht werden (Pielage et al., 2002). In simJ1-47 findet sich ein
Aminosäurenaustausch in einer Domäne, die in die Dimerisierung mit Tgo und die DNA Bindung
involviert ist, so dass die Funktionalität des Proteins bei der nicht permissiven Temperatur (29°C)
gestört ist (Pielage et al., 2002). Das embryonale ZNS zeigt einen schweren Defekt fusionierter
Kommissuren (Pielage et al., 2002). Bei der permissiven Temperatur (17°C) findet sich kein
embryonaler ZNS-Phänotyp, und adulte Fliegen schlüpfen, die allerdings Genitaldefekte aufweisen
(Pielage et al., 2002). Interessanterweise zeigte sich, dass sim in Prozesse der axonalen Wegfindung in
den optischen Loben von Drosophila involviert ist. Hierfür wurden Allelkombinationen von simJ1-47
mit dem Nullallel simH9 untersucht. simJ1-47 / simH9 Embryonen zeigen bei 29°C einen sehr schweren
ZNS Phänotyp, während bei 17°C ein milder Defekt des embryonalen ZNS beobachtet werden kann.
0,1% der erwarteten Fliegen schlüpfen als adulte Tiere. In 40% der untersuchten Fliegen finden sich
ektopische Faserbündel in der Lobula (Pielage et al., 2002). Da in rst Mutanten ein ähnlicher Phänotyp
in den optischen Loben beobachtet werden kann (Boschert et al., 1990) und sim ein Regulator von rst
in der embryonalen Mittellinie ist (diese Arbeit), wurde die Hypothese getestet, ob der Phänotyp von
sim in den optischen Loben auf dem Verlust der Rst Expression basiert. Hierfür wurden homozygote
simJ1-47 Fliegen untersucht, die während der Embryonalentwicklung bei der permissiven Temperatur
(17°C) gehalten und postembryonal der nicht permissiven Temperatur (29°C) ausgesetzt wurden. Der
Grund für die Wahl dieses Ansatzes gegenüber bei 17°C aufgezogenen simJ1-47 / simH9 Fliegen war,
dass (a) homozygote simJ1-47 Embryonen bei 29°C einen stärkeren ZNS Phänotyp als simJ1-47 / simH9
Embryonen bei 17°C aufweisen (Pielage et al., 2002), so dass auch für die optischen Loben ein
stärkerer Phänotyp bei den auf 29°C gesetzten homozygoten simJ1-47 Fliegen gegenüber den bei 17°C
gehaltenen simJ1-47 / simH9 Fliegen erwartet werden darf. Zudem ist (b) sim postembryonal nicht letal
(Pielage et al., 2002), so dass durch die postembryonale nicht permissive Temperatur eine
ausreichende Anzahl an zu untersuchenden simJ1-47 Mutanten gewährleistet ist, im Gegensatz zu den
sehr raren simJ1-47 / simH9 Fliegen, die nicht bei 17°C während der Embryonalentwicklung gestorben
sind.
4.7.6.1. Homozygote simJ1-47 Mutanten zeigen einen starken Defekt in den optischen Loben von
Drosophila
Um zu testen, ob die verwendeten homozygoten simJ1-47 Mutanten, die postembryonal bei 29°C
gehalten wurden, den erwarteten Phänotyp in den optischen Loben zeigen, wurden die Gehirne dieser
Fliegen mit der Kragentechnik untersucht. Abb.42 zeigt einen starken Phänotyp einer homozygoten
simJ1-47 Fliege. Die Organisation des Lobulakomplexes ist durch ektopische Faserbündel schwer
gestört. In allen 20 untersuchten Gehirnen von homozygoten simJ1-47 Fliegen konnten Phänotypen
gefunden werden, die die Organisation des Lobulakomplexes betreffen. Zum Teil ziehen mehrere
Bündel ektopisch durch den Lobulakomplex, zum Teil erscheinen Lobula und Lobulaplatte fusioniert.
Die Expressivität des Phänotyps ist daher variabel, die Penetranz allerdings 100%. Dies zeigt, dass die
Penetranz und möglicherweise auch die Expressivität des Phänotyps in homozygoten simJ1-47
Mutanten, die postembryonal bei 29°C gehalten wurden, höher ist als in bei 17°C gehaltenen simJ1-47 /
simH9 Fliegen.
Ergebnisse
80
Abb.42. Homozygote simts Fliegen zeigen einen
schweren mutanten Phänotyp in den optischen
Loben.
(A-B)
Paraffinschnitte
von
autofluoreszierenden optischen Loben. (A)
Wildtyp. (B) Homozygote simJ1-47 Mutante.
Während Lamina und Medulla normal erscheinen,
ist die Organisation des Lobulakomplexes schwer
gestört. (la) Lamina, (lo) Lobula, (lp) Lobulaplatte,
(me) Medulla.
4.7.6.2. Vergleich der Expressionen von Rst und Sim in larvalen und pupalen optischen Loben
Die larvale Expression von Sim wurde beschrieben (Pielage et al., 2002). Sim kann in den Zellkernen
von Neuronen der Lamina und Medulla gefunden werden (Pielage et al., 2002). Rst kann im 3.
Larvenstadium in Retinulazellaxonen und in Axonen und Terminalien von Neuronen gefunden
werden, die von der Lamina zur Medulla und von der Medulla zum Lobulakomplex projizieren
(Schneider et al., 1995). Abb.43 zeigt einen direkten Vergleich der beiden Expressionsmuster während
der Prozesse axonaler Weg- und Zielfindung. Dabei wird deutlich, dass Sim potentiell in den
betreffenden Zellen exprimiert ist, in deren Axonen und Terminalien Rst lokalisiert ist.
Abb.43. Vergleich der Expressionen von Rst und Sim in den optischen Loben des 3. Larvenstadiums. (A-F)
Horizontale optische Schnitte durch optische Loben von elavGal4; UAS-mCD8GFP LIII-Larven. GFP (grün)
wird in allen Neuronen exprimiert. (A-C) Rst (rot) ist in allen Neuropilen exprimiert und findet sich auf den
jeweils jüngsten Axonen zwischen den Neuropilen (Schneider et al., 1995). (D-F) Sim (rot) ist in den Zellkernen
von Neuronen der Lamina und des Medullacortex exprimiert (Pielage et al., 2002) und ist daher ein potentieller
Regulator der rst Expression in diesen Zellen. (la) Lamina, (lo) Lobula, (me) Medulla.
Ergebnisse
81
Aufgrund seiner Expression und seines mutanten Phänotyps ist sim ein hervorragender Kandidat für
die Regulation von rst in den optischen Loben von Drosophila. Abb.44D-F zeigt zudem die
Expression von Sim in einem späteren Entwicklungsstadium (P25). Die pupale Expression von Sim
wurde bisher nicht beschrieben. Die Expression in Zellkernen von Laminamonopolarzellen und Zellen
des Medullacortex ist weiterhin aufrecht erhalten. Auch Rst ist zu diesem Zeitpunkt in der Lamina und
der Medulla sowie im Lobulakomplex exprimiert (siehe Abb.44A-C) und somit weiterhin unter einer
potentiellen Kontrolle von Sim.
Abb.44. Vergleich der Expressionen von Rst und Sim in den optischen Loben nach 25 % der Pupalentwicklung
(P25). (A-F) Optische Schnitte durch optische Loben von elavGal4; UAS-mCD8GFP Puppen zum Zeitpunkt
P25. GFP (grün) wird in allen Neuronen exprimiert. (A-C) Rst (rot) ist in Schichten aller Neuropile exprimiert
(siehe auch Schneider et al., 1995). (D-F) Sim (rot) ist weiterhin in den Zellkernen von Neuronen der Lamina
und des Medullacortex exprimiert, so dass Sim auch nach den Prozessen axonaler Wegfindung ein potentieller
Regulator der rst Expression in den optischen Loben ist. (la) Lamina, (lo) Lobula, (me) Medulla.
4.7.6.3. Rst ist in den optischen Loben von simts Mutanten exprimiert
Um zu testen, ob der Phänotyp der simJ1-47 Mutanten dadurch entsteht, dass die Rst Expression in
diesen Fliegen gestört ist, und also rst auch in den optischen Loben durch Sim reguliert wird, wurde
die Rst Expression in den optischen Loben von simJ1-47 Mutanten untersucht, die postembryonal bei
29°C gehalten wurden. Abb.45 & Abb.46 zeigen, dass sowohl zum Zeitpunkt axonalen Wachstums im
3. Larvalstadium als auch in späteren Entwicklungsstadien (P20, P38) eine normale Expression von
Rst in simJ1-47 Mutanten nachweisbar ist. In der Lobula scheint die Expression von Rst jeweils etwas
diffuser bzw. eingeschränkter. Dies ist durch einen sekundären Effekt der gestörten Entwicklung des
Lobulakomplexes in den simJ1-47 Mutanten erklärbar. Somit scheint Sim im Gegensatz zu seiner
Funktion in der embryonalen Mittellinie kein essentieller Regulator von rst in den optischen Loben
von Drosophila zu sein.
Ergebnisse
82
Abb.45. Rst ist in den optischen Loben von simts Mutanten im 3.
Larvenstadium und bei 20% der Pupalentwicklung (P20) exprimiert.
(A-D) Horizontale optische Schnitte zeigen die Rst Immunreaktivität
in den optischen Loben von wildtypischen (A,C) bzw. homozygoten
simJ1-47 Fliegen (B,D). Sowohl im 3. Larvenstadium (A,B) als auch
bei P20 (C,D) findet sich Rst-Expression in allen Neuropilen der
optischen Loben von wildtypischen Fliegen und von simJ1-47
Mutanten. Im Bereich der Lobula von simJ1-47 Mutanten erscheint
die Rst Expression eingeschränkt, was sich auf eine frühe
Manifestation des mutanten Phänotyps zurückführen lässt. (dm)
Distale Medulla, (la) Lamina, (lo) Lobula, (pm) Proximale Medulla.
Abb.46. Rst ist in den optischen Loben von simts Mutanten bei 38% der Pupalentwicklung (P38) exprimiert.
Sagittale (A-C,G-I) bzw. horizontale (D-F,J-L) optische Schnitte durch die optischen Loben von wildtypischen
(A-F) bzw. homozygoten simJ1-47 Fliegen (G-L). Auch zu späteren Zeitpunkten der Pupalentwicklung findet sich
Rst Expression (rot) in allen Neuropilen der optischen Loben von wildtypischen Fliegen und von simJ1-47
Mutanten. Die Neuropile sind durch HRP-Immunreaktivität (grün) gegengefärbt. Der mutante Phänotyp im
Lobulakomplex von simJ1-47 Fliegen ist klar zu erkennen. (dm) Distale Medulla, (la) Lamina, (lo) Lobula, (pm)
Proximale Medulla.
Ergebnisse
83
4.7.6.4. In optischen Loben mit mutanten simH9 Zellklonen kann keine Veränderung der RstExpression beobachtet werden
Eine weitere Möglichkeit der postembryonalen Charakterisierung embryonal letaler Gene bieten
Mosaikanalysen, in denen mutante Zellpopulationen in heterozygot wildtypischen Tieren erzeugt
werden. Auch dieser experimentelle Ansatz konnte in der vorliegenden Arbeit für die Untersuchung
einer potentiellen Regulation von rst durch Sim während der Entwicklung der optischen Loben
verfolgt werden. Dank der freundlichen Überlassung von FRT-simH9 Fliegen vor ihrer Publikation
durch Prof. Klämbt (Münster) konnten mit Hilfe des MARCM-Systems homozygot mutante Zellklone
in wildtypisch heterozygoten Fliegen erzeugt werden, die durch ihre GFP Expression identifizierbar
sind (für eine detaillierte Beschreibung des MARCM-Systems und des experimentellen Ansatzes siehe
Kap.3.2.1.6.). Abb.47 zeigt einen optischen Lobus, in dem Neurone, die in die Lobula projizieren,
homozygot für simH9 sind. Die Rst-Expression in den optischen Loben wird dadurch nicht beeinflusst.
Allerdings kann in diesem Experiment aufgrund der lichtmikroskopischen Limitationen nicht
ausgeschlossen werden, dass Rst nicht die simH9 defizienten Zellen markiert, sondern von anderen
Zellen exprimiert wird, deren Projektionen benachbart zu den simH9 defizienten Projektionen in der
gleichen Schicht liegen. Eine zweifelsfreie Aussage durch diesen experimentellen Ansatz hätte sich
nur bei einer Regulation von rst durch Sim und einem damit einhergehenden Rst-Expressionsverlust in
simH9 mutanten Zellpopulationen treffen lassen.
Abb.47. Rst ist in optischen Loben mit simH9 mutanten Zellklonen normal exprimiert. Sagittale (A-C) bzw.
horizontale (D-F) optische Schnitte durch einen pupalen optischen Lobus, in dem mit Hilfe des MARCMSystems homozygot mutante simH9 Zellklone induziert wurden. Diese simH9 mutanten Zellklone sind mit
membranständigem GFP markiert (grün) und projizieren u.a. in Schichten der proximalen Medulla und des
Lobulakomplexes, die auch durch Rst (rot) markiert sind. Die Rst-Expression zeigt sich hierbei wildtypisch. Der
Genotyp der präparierten Puppe ist hs-FLP, elav-GAL4, UAS-mCD8-GFP / + ; + ; FRT82B, tubP-GAL80 /
FRT82B, simH9. (dm) Distale Medulla, (lo) Lobula, (pm) Proximale Medulla.
Ergebnisse
84
4.8. Rst ist in den Augenscheiben von EGFR, Notch, lozenge, atonal und
Broad-Complex Mutanten exprimiert
Der Ras-MAPK und der Notch Signalweg wirken auf die rstCCS1-3'BX Sequenz. Durch diese Sequenz
wird eine Reportergenexpression in Interommatidialzellen zum Zeitpunkt apoptotischer Prozesse
vermittelt, die sich mit der Aktivität der Ras-MAPK und Notch Signalwege korrelieren lässt. Durch
rstCCS1-3'BX wird jedoch keine Reportergenexpression in den anderen retinalen Zellen vermittelt, in
denen rst exprimiert wird. Möglicherweise wird die Expression von rst auch in diesen Zellen durch
den Ras-MAPK und den Notch Signalweg über einen bisher nicht identifizierten Enhancer aktiviert.
Beide Signalwege sind in die Spezifizierungsprozesse der retinalen Zellen involviert. Um zu testen, ob
die Expression von rst in diesen Zellen durch den Ras-MAPK und den Notch Signalweg vermittelt
wird, wurden für die einzelnen Signalwege mutante Augenimaginalscheiben auf ihre Rst Expression
untersucht.
Da für die Ras-MAPK Aktivität in der Augenimaginalscheibe bis auf die R7 Zelle ausschließlich der
EGFR verantwortlich ist, wurde eine dominant-negative Form des EGFR (Buff et al., 1998) in allen
Zellen posterior der morphogenetischen Furche exprimiert (GMR-Gal4; UAS-EGFR.DN). Es konnte
beschrieben werden, dass sich hierdurch nur die R8, R2 und R5 Zellen differenzieren und einen 3Zellcluster bilden (Freeman, 1996). Diese Zellcluster persistieren eine gewisse Zeit, bis sie später
vermutlich bei P24-P30 sterben (Freeman, 1996). EGFR.DN ist in der Lage, die Expression zweier
bekannter Gene im Auge zu blockieren (D-Pax2 und pros; Flores et al., 2000; Xu et al., 2000). In
Abb.48 ist der mutante Phänotyp in einer Rst Färbung ersichtlich. Zudem wird deutlich, dass die
Expression von rst nicht essentiell durch EGFR in den Zellen der larvalen Augenimaginalscheibe
reguliert wird.
Abb.48. Rst ist in den Augenscheiben von
GMR-Gal4; UAS-EGFR.DN LIII Larven
exprimiert. (A-B) Rst Immunreaktivität
larvaler Augenscheiben im Wildtyp (A)
und in GMR-Gal4; UAS-EGFR.DN
Individuen (B). Rst wird in den Zellen der
Augenimaginalscheibe exprimiert, auch
wenn die EGFR Funktion blockiert ist. In
GMR-Gal4; UAS-EGFR.DN Augenscheiben bilden sich nur 3-Zellcluster, die
im weiteren Verlauf der Entwicklung
degenerieren.
Die
morphogenetische
Furche ist jeweils durch einen Pfeil
markiert.
Da die Retina von GMR-Gal4; UAS-EGFR.DN Puppen bei P25 weitgehend verkümmert ist, konnten
keine Färbungen in diesem Stadium unternommen werden. Stattdessen wurden diese Stadien mit einer
konstitutiv reprimierend wirkenden Isoform des Pnt Antagonisten Yan untersucht (YanACT; Rebay
und Rubin, 1995). In GMR-yanACT Retinae ist der Ras-MAPK Signalweg somit weitgehend
blockiert. Im Gegensatz zu EGFR.DN wird durch YanACT allerdings ein milderer Phänotyp vermittelt.
Bei P25 lassen sich Zellen in der pupalen Retina klar erkennen, obschon der Umfang der Retina stark
reduziert ist. Für YanACT ist beschrieben, dass es bei Überexpression im Auge die Expression von DPax2 schwer reduziert (Flores et al., 2000). Abb.49 zeigt, dass Rst in den Retinae von GMR-yanACT
Individuen bei P25 weiterhin exprimiert ist. Die basale Rst Expression in der Augenimaginalscheibe
wird somit nicht essentiell durch den Ras-MAPK Signalweg reguliert.
Ergebnisse
85
Abb.49. Rst ist in den pupalen
Augenscheiben
von
GMR-yanACT
Individuen
exprimiert.
(A-B)
Rst
Immunreaktivität pupaler Augenscheiben
zum Zeitpunkt P25 im Wildtyp (A) und in
GMR-yanACT Individuen (B). Rst wird in
den Zellen der pupalen Augenscheibe
exprimiert, auch wenn die EGFR
Funktion weitgehend blockiert ist. Ein
stark mutanter Phänotyp ist in den GMRyanACT Augenscheiben ersichtlich. Zuviele
1° pc haben sich ausgebildet. Eine
Zellsortierung
der
IOC
in
eine
einschichtige
Zellreihe
hat
nicht
stattgefunden.
Die Rst Expression in für Notch defizienten Augenimaginalscheiben wurde mit Hilfe einer
temperatursensitiven Notch Mutante untersucht (Nts1; Shellenbarger und Mohler, 1975, 1978). In Nts1
Larven bilden sich bei der restriktiven Temperatur in der morphogenetischen Furche der
Augenimaginalscheibe zuviele Neurone (Cagan und Ready, 1989). Mangels Notch vermittelter
lateraler Inhibition werden hierbei zuviele R8 Zellen angelegt (Baker et al., 1996). In Abb.50 ist der
mutante Phänotyp in einer Rst Färbung ersichtlich. Zudem wird deutlich, dass die Expression von rst
nicht essentiell durch den Notch Signalweg in den Zellen der larvalen Augenimaginalscheibe reguliert
wird. Für die Expression von rst in der pupalen Retina bei P25 konnte dies bereits beschrieben werden
(Gorski et al., 2000).
Abb.50. Rst ist in larvalen Augenscheiben
von Nts1 Individuen exprimiert. (A-D) Rst
Immunreaktivität larvaler Augenscheiben
im Wildtyp (A) und in Nts1 Individuen (BD). (B-D) Verschiedene konfokale
Ebenen der gleichen Augenscheibe von
Nts1 Männchen, die für 12 h bei der
restriktiven Temperatur gehalten wurden
(siehe Kap.3.2.1.7.). Rst wird in den
Zellen
der
larvalen
Augenscheibe
exprimiert, auch wenn die Notch Funktion
blockiert ist. Ein starker mutanter
Phänotyp ist in den Nts1 Augenscheiben
ersichtlich. Zuviele R8 Zellen haben sich
in der morphogenetischen Furche (Pfeil)
gebildet, so dass zuviele Zellcluster
ausgebildet werden (Pfeilspitzen).
Die Expression von rst in den Augenimaginalscheiben weiterer Mutanten wurde getestet. Lozenge
(Lz) ist eine Transkriptionsfaktor, der in allen undifferenzierten Zellen posterior der
morphogenetischen Furche aktiv ist (Flores et al., 1998). lz77a7 trägt eine Mutation in einem
augenspezifischen Enhancer von lz, so dass lz77a7 eine augenspezifische Nullmutante darstellt (Flores
et al., 1998). Sowohl in der larvalen Augenimaginalscheibe als auch in einer pupalen Retina bei P25
ist Rst exprimiert (siehe Abb.51 und Abb.52).
Ergebnisse
86
Abb.51. Rst ist in larvalen Augenscheiben
von lz77a7 Individuen exprimiert. (A-B)
Rst
Immunreaktivität
larvaler
Augenscheiben im Wildtyp (A) und in
lz77a7 Individuen (B). Rst wird in den
Zellen der larvalen Augenscheibe einer
augenspezifischen
lz
Nullmutante
exprimiert. Der Pfeil markiert die
morphogenetische Furche.
Abb.52. Rst ist in pupalen Augenscheiben
von lz77a7 Individuen exprimiert. (A-D)
Rst
Immunreaktivität
pupaler
Augenscheiben zum Zeitpunkt P25 im
Wildtyp (A) und in lz77a7 Individuen (BD). (B-D) Verschiedene konfokale
Ebenen
der
gleichen
pupalen
Augenscheibe. Rst wird in den Zellen der
pupalen
Augenscheibe
einer
augenspezifischen
lz
Nullmutante
exprimiert. Die Differenzierung der
Zellen ist schwer gestört. Weder
Kristallkegelzellen noch Pigmentzellen
lassen sich identifizieren.
Atonal (Ato) ist ein Transkriptionsfaktor, der in den R8 Zellen exprimiert wird. In ato1 Mutanten
bilden sich keine R8 Zellen aus, so dass auch keine weiteren Retinulazellen entstehen (Jarman et al.,
1994). Die morphogenetische Furche wird allerdings weiterhin angelegt und wandert auch über die
Augenimaginalscheibe (Jarman et al., 1995). Abb.53 zeigt, dass Rst in ato1 Mutanten eine Expression
im Bereich der morphogenetischen Furche zeigt. Dies zeigt nicht, dass rst nicht durch Ato in R8
Zellen reguliert wird. Aber hierdurch wird ersichtlich, dass die Expression von rst nicht erst mit
Beginn der R8 Differenzierung startet.
Abb.53. Rst ist in larvalen Augenscheiben
von ato1 Individuen exprimiert. (A-B) Rst
Immunreaktivität larvaler Augenscheiben
im Wildtyp (A) und in ato1 Individuen
(B). Rst wird im Bereich der
morphogenetischen Furche
(Pfeil)
exprimiert, auch wenn sich keine Zellen
differenzieren.
Ergebnisse
87
Broad-Complex (BR-C) codiert für 4 Isoformen, die alle als Transkriptionsfaktoren aktiv sind und
dynamisch in Zellen der Augenimaginalscheibe exprimiert werden (Brennan et al., 2001). npr
Mutanten stellen Nullmutanten für alle BR-C Isoformen dar (Brennan et al., 2001). Rst ist in den
larvalen Augenscheiben von npr Mutanten exprimiert (siehe Abb.54).
Abb.54. Rst ist in larvalen Augenscheiben
von BR-C Mutanten exprimiert. (A-B) Rst
Immunreaktivität larvaler Augenscheiben
im Wildtyp (A) und in npr Individuen
(B). npr Mutanten stellen Nullmutanten
für alle BR-C Isoformen dar. Rst wird in
den Zellen der larvalen Augenscheibe von
BR-C Mutanten exprimiert.
4.9. Rst, Sns und Hbs sind in den optischen Loben von asense Mutanten
exprimiert
asense (ase) codiert für einen bHLH-Transkriptionsfaktor des proneuralen achaete-scute Komplex
(Gonzalez et al., 1989). ase Mutanten weisen einen mit den rst Mutanten vergleichbaren Phänotyp
gestörter axonaler Wegfindung in den optischen Loben von Drosophila auf (Gonzalez et al., 1989).
Daher wurde in der vorliegenden Arbeit untersucht, ob dieser ase Phänotyp möglicherweise auf einer
ausbleibenden Rst Expression in den optischen Loben basiert und Ase daher ein Regulator der rst
Expression ist. Die Expression von Ase in larvalen optischen Loben von Drosophila ist in Abb.55
dargestellt. Ase ist innerhalb einer großen Zellpopulation des Lobulaplattencortex exprimiert.
Abb.55. Die Expression von
Asense in den optischen Loben
des 3. Larvenstadiums. (A-F)
Horizontale optische Schnitte
durch optische Loben von
elavGal4; UAS-mCD8GFP LIIILarven in zwei verschiedenen
Fokusebenen (A-C & D-F). GFP
(grün) wird in allen Neuronen
exprimiert. Ase (rot) findet sich
in den Zellkernen einer großen
Population neuronaler Zellen.
Für einen Vergleich mit der Rst
Expression in LIII-Larven siehe
Abb.43A-C. (la) Lamina, (lo)
Lobula, (me) Medulla.
ase1 stellen ase Nullmutanten dar und sind lebensfähig (Jarman et al., 1993). In den larvalen optischen
Loben von ase1 Mutanten konnte eine normale Rst Expression festgestellt werden (siehe Abb.56A-B).
Auch bei P25 zeigt sich eine normale Rst Verteilung in den optischen Loben von ase1 Mutanten (siehe
Ergebnisse
88
Abb.56C-H). Zu diesem Zeitpunkt konnte in wildtypischen optischen Loben auch keine AseImmunreaktivität mehr festgestellt werden (nicht gezeigt). Dies zeigt, dass die Expression von rst in
den optischen Loben nicht durch Ase reguliert wird.
Abb.56. Rst ist in den optischen
Loben von ase Nullmutanten
exprimiert.
(A-B)
Rst
Immunreaktivität in horizontalen
optischen
Schnitten
durch
optische
Loben
des
3.Larvenstadiums. (A) Wildtyp.
(B) ase1. Rst ist wie im Wildtyp
exprimiert. (C-H) Sagittale (C-E)
bzw. horizontale (F-H) optische
Schnitte durch die optischen
Loben von ase1 Fliegen zum
Zeitpunkt P25. Auch zu späteren
Zeitpunkten
der
Pupalentwicklung findet sich
eine normale Rst Expression (rot)
in den optischen Loben von ase1
Mutanten. Die Neuropile sind
durch
HRP-Immunreaktivität
(grün) gegengefärbt. Der mutante
Phänotyp im Lobulakomplex von
ase1 Fliegen ist zu erkennen. Für das wildtypische Rst Expressionsmuster in pupalen optischen Loben siehe
Abb.46A-F. (dm) Distale Medulla, (la) Lamina, (lo) Lobula, (pm) Proximale Medulla.
Hibris (Hbs) und Sticks-and-stones (Sns) interagieren mit Rst während der Muskel- und
Augenentwicklung (Bonengel, 2002; Strünkelnberg et al., 2001). Da Hbs und Sns auch in axonale
Wegfindungsprozesse in den optischen Loben involviert sind (Bonengel, 2002) und es Evidenzen gibt,
dass sie postsynaptisch in trans mit präsynaptischem Rst agieren (Srivastava und Fischbach,
unpublizierte Ergebnisse), wurde untersucht, ob der mutante ase Phänotyp in den optischen Loben auf
dem Verlust der Hbs oder Sns Expression basiert. Abb.57 zeigt, dass auch Hbs und Sns in larvalen
optischen Loben von ase Nullmutanten exprimiert sind und auch diese Moleküle daher nicht von Ase
reguliert werden.
Ergebnisse
89
Abb.57. (siehe vorherige Seite). Sns und Hbs sind in den optischen Loben von ase Nullmutanten exprimiert. (AD) Sns-Immunreaktivität in optischen Schnitten durch optische Loben des 3.Larvenstadiums. (A-C) In elavGFP;
UAS-mCD8GFP Larven ist die wildtypische Sns-Immunreaktivität (rot) auf dem Hintergund neuronaler GFPFärbung erkennbar (grün). (D) In ase1 Mutanten zeigt sich eine wildtypische Sns Expression. (E-H) HbsImmunreaktivität in optischen Schnitten durch optische Loben des 3.Larvenstadiums. (E-G) In elavGFP; UASmCD8GFP Larven ist die wildtypische Hbs-Immunreaktivität (rot) auf dem Hintergund neuronaler GFP-Färbung
erkennbar (grün). (D) In ase1 Mutanten zeigt sich eine wildtypische Hbs Expression. (lo) Lobula, (m) Medulla.
4.10. Rst ist in den optischen Loben von Broad-Complex Mutanten
exprimiert
Broad-Complex codiert für eine Familie von vier verschiedenen Zinkfinger-Transkriptionsfaktoren
(Z1-Z4; Di Bello et al., 1991) und spielt eine Schlüsselrolle bei der Vermittelung der durch das
Ecdyson-Signal bedingten metamorphotischen Prozesse in Drosophila (von Kalm et al., 1994).
Hierfür wird BR-C in vielen Geweben aktiv, u.a. auch in den optischen Loben (Emery et al., 1994).
Abb.58 zeigt, dass die BR-C Isoformen in nahezu allen Neuronen innerhalb der optischen Loben
exprimiert sind.
Abb.58. Die Expression von BRC in larvalen und pupalen
optischen Loben. (A-F) Optische
Schnitte durch optische Loben
von elavGal4; UAS-mCD8GFP
Individuen. GFP (grün) wird in
allen Neuronen exprimiert. Ein
Antikörper, der alle vier BR-C
Isoformen erkennt (α-BRcore),
markiert die Zellkerne beinahe
aller Neurone (in rot). (A-C)
Optische
Loben
des
3.
Larvenstadiums. (D-F) Pupale
optische Loben bei P25. Für
einen Vergleich mit der Rst
Expression
in
den
entsprechenden Stadien siehe
Abb.43A-C & Abb.44A-C. (la)
Lamina, (lo) Lobula, (me)
Medulla.
Interessanterweise zeigen BR-C Mutanten einen Phänotyp in den optischen Loben, der
Gemeinsamkeiten mit dem Phänotyp von rst Mutanten aufweist (Restifo und White, 1991). Daher ist
es möglich, dass der Phänotyp in den optischen Loben von BR-C Mutanten auf dem Verlust der Rst
Expression basiert, und BR-C möglicherweise ein Regulator der rst Expression ist. Um dies zu testen,
wurden optische Loben larvaler BR-C Nullmutanten untersucht. npr (nonpupariating) Mutanten sind
für alle vier BR-C Isoformen defizient und können die Metamorphose nicht einleiten (Brennan et al.,
2001; Hodgetts et al., 1995). Sie leben für mehrere Tage als LIII-Larven und sterben schließlich ohne
Anzeichen einer Verpuppung (Dubrovsy et al., 2001). Abb.59 zeigt, dass npr Mutanten einen
schweren Phänotyp in den optischen Loben aufweisen. Die einzelnen Neuropile sind nicht klar
identifizierbar. Rst ist in den optischen Loben von npr Mutanten exprimiert. Ob ein Verlust der RstExpression in einer Subpopulation von Zellen des optischen Lobus stattfindet, lässt sich wegen des
Ergebnisse
90
schweren Phänotyps nicht entscheiden. Eine Regulation von rst durch BR-C kann daher nicht
ausgeschlossen werden.
In den Experimenten einer potentiellen ektopischen Expressionsaktivierung von rst (siehe Kap.4.3.)
wurde versucht, die Expression von rst in neuroektodermalen Zellen durch BR-C ektopisch zu
induzieren. Die einzige erhältliche UAS-BR-C Linie ist eine EP-Linie (EP1515). EP-Linien
entstammen einem Projekt, bei dem UAS-Sequenzen zufällig in das Genom von Drosophila inseriert
wurden, in der Hoffnung, dass sie wirksam auf dem Insertionsort benachbart liegende Gene werden
können (Rorth, 1996). Leider zeigte die in der Flybase-Datenbank dem BR-C Gen zugeordnete
EP1515 Linie keine ektopische Expression von BR-C in neuroektodermalen Zellen nach Kreuzen mit
sca-Gal4 Fliegen, obschon innerhalb dieser Embryonen die endogene BR-C-Immunreaktivtät deutlich
zu erkennen war (nicht gezeigt). EP1515 ist daher nicht funktional.
Abb.59. Rst ist in den optischen
Loben von BR-C Nullmutanten
exprimiert.
(A-C)
Projektionsdarstellung
des
optischen Lobus einer npr
Mutante. npr ist defizient für alle
vier BR-C Isoformen. npr Larven
wurden anhand einer deutlich
eingeschränkten
Mobilität
identifiziert.
Zur
Kontrolle
wurden die präparierten npr
Gehirne zudem mit α-BRcore in
Anwesenheit von wildtypischen
Gehirnen
gefärbt.
Die
Abwesenheit
einer
BR-C
Immunreaktivität führte zu einer
sicheren Identifikation von npr
mutanten Gehirnen. In rot ist die
Rst-Immunreaktivität
gezeigt.
HRP-Immunreaktivität
(grün)
dient der Visualisierung der
Neuropilstrukturen.
(D-L)
Einzelne optische Schnitte durch
die in (A-C) dargestellten
larvalen optischen Loben. Rst
Immunreaktivität ist in den
optischen Loben von larvalen
BR-C
Nullmutanten
zu
beobachten. Da die BR-C
Mutanten jedoch einen schweren
Phänotyp innerhalb der optischen
Loben zeigen und die einzelnen
Neuropile nicht eindeutig zu
identifizieren sind, konnte keine
Aussage
darüber
getroffen
werden, ob die Expression von
Rst in einer Subpopulation von
Zellen des optischen Lobus verloren gegangen ist. In der Augenimaginalscheibe von npr Mutanten findet sich
starke Rst-Immunreaktivität. Für das wildtypische Rst Expressionsmuster in larvalen optischen Loben siehe
Abb.43A-C. (AIS) Augenimaginalscheibe, (OL) Optischer Lobus.
Ergebnisse
91
4.11. rstCCS1-5,3BX-Gal4 und rstCCS1-2,4BglX-Gal4 sind in Interommatidialzellen
aktiv, die sich der Apoptose unterziehen
Die rstCCS1-5,3BX-Gal4 und rstCCS1-2,4BglX-Gal4 Linien vermitteln eine Reportergenexpression in
Interommatidialzellen (IOC) zu einem Zeitpunkt, zu dem apoptotische Entscheidungen innerhalb
dieser IOC getroffen werden. Da diese Reportergenexpressionen nicht einheitlich in allen IOC
gleichzeitig auftreten und insbesondere die rstCCS1-2,4BglX-Gal4 Linie zu diesem Zeitpunkt nur in
einzelnen IOC aktiv wird, wurde getestet, ob dieser rst Enhancer möglicherweise selektiv in den
überlebenden IOC aktiviert wird. Hierfür wurde mit Hilfe der beiden rst-Gal4 Linien das die Apoptose
blockierende Baculovirus P35-Protein gezielt in den entsprechenden Zellen exprimiert. In späteren
pupalen Stadien sind bei Blockade der Apoptose überzählige IOC erkennbar. Da P35 nur mit der
Apoptose interferiert und nicht mit der vorangehenden Zellsortierung der IOC, sind alle IOC in einer
Reihe angeordnet. Abb.60 zeigt, dass durch die Expression von P35 mit der rstCCS1-5,3BX-Gal4 Linie
zahlreiche IOC an der Apoptose gehindert wurden, während durch rstCCS1-2,4BglX vereinzelt überzählige
Zellen identifizierbar sind. Dies zeigt, dass der identifizierte rst Enhancer auch in IOC aktiv wird, die
sich der Apoptose unterziehen.
Abb.60. Der frühe rst IOC Enhancer ist in Zellen aktiv, die sich der Apoptose unterziehen. (A-C) Apikale
Bereiche pupaler Augenscheiben zum Zeitpunkt P40 wurden mit einer α-Armadillo Färbung visualisiert. (A)
Wildtyp. Das hexagonale Muster der Ommatidien ist sichtbar. Zwischen angrenzenden Ommatidien befindet
sich jeweils eine 2° pc. (B) rstCCS1-5,3BX-Gal4; UAS-p35. Zwischen den Ommatidien finden sich zuviele IOC
(Bespiele sind durch Pfeile markiert), die durch die Expression von P35 an der Apoptose gehindert wurden. Da
P35 nur mit der Apoptose interferiert und nicht mit der vorangehenden Zellsortierung der IOC, sind diese Zellen
in einer Reihe angeordnet. (C) rstCCS1-2,4BglX-Gal4; UAS-p35. Vereinzelt finden sich zuviele IOC zwischen den
Ommatidien (als Beispiel siehe Pfeil rechts unten im Bild), während andere Ommatidien wildtypisch erscheinen.
4.12. Überexpression von Rst, Hbs und Sns mit rstCCS1-5,3BX-Gal4 führt zu
einem Ausbleiben der Apoptose in Interommatidialzellen
Rst, Hbs und Sns vermitteln zusammen die Zellsortierung der IOC in eine einschichtige Zellreihe,
bevor apoptotische Prozesse überzählige IOC innerhalb dieser Zellreihe entfernen (Bonengel, 2002).
Ohne diese Zellsortierung unterbleiben die apoptotischen Prozesse, so dass sich ein Phänotyp stark
rauher Augen ausbildet (Reiter et al., 1996). Während Rst in allen Zellen der pupalen Augenscheibe
im betreffenden Zeitraum exprimiert ist, finden sich Sns und Hbs nur in den 1° pc (Bonengel, 2002).
Alle drei Moleküle akkumulieren an der Grenze zwischen den 1° pc und den IOC und vermitteln in
trans durch ihre adhäsiven Eigenschaften den Prozess der Zellsortierung (Bonengel, 2002).
Überexpression von Rst, Hbs oder Sns in der pupalen Retina mit Hilfe der Mz1369-Gal4 Linie
Ergebnisse
92
interferiert mit dem Prozess der Apoptose (Bonengel, 2002). Besonders durch die Überexpression von
Rst und Hbs wird hierbei der Prozess der Zellsortierung unterbunden (Bonenegel, 2002). In der
vorliegenden Arbeit wurde mit Hilfe der neu konstruierten rstCCS1-5,3BX-Gal4 Linie getestet, ob auch
eine Überexpression von Rst, Hbs und Sns spezifisch in den IOC mit der Apoptose dieser Zellen
interferiert. Eine im betreffenden Zeitraum spezifisch in IOC exprimierende Gal4 Linie war bisher
nicht existent. Für die rstCCS1-5,3BX-Gal4 Linie war in den Reportergenexpressionsstudien nicht klar
erkennbar, ob sie bereits während der Zellsortierung aktiv wird, so dass diese
Überexpressionsexperimente mehrere Fragen zu beantworten helfen.
Abb.61. Überexpression von Rst, Hbs und Sns in Interommatidialzellen interferiert mit der Apoptose dieser
Zellen. (A-D) Rst-Immunreaktivität apikaler Bereiche pupaler Augenscheiben zum Zeitpunkt P25. (E-H)
Apikale Bereiche pupaler Augenscheiben zum Zeitpunkt P40 wurden mit einer α-Armadillo Färbung
visualisiert. (A, E) Wildtyp. (B, F) rstCCS1-5,3BX-Gal4; UAS-rst (HB3-II). Die Zellsortierung ist gestört. (B) Durch
Überexpression von rst in IOC kommt es zu einer starken Rst-Expression in Subpopulationen von IOC (* in
weiß), während andere IOC nur schwach durch Rst markiert sind (* in schwarz). Zudem findet sich eine
ektopische Rst-Expression in Kristallkegelzellen (Pfeil) und 1° pc (Pfeilkopf markiert ein Beispiel), die sich
dadurch auszeichnet, dass die benachbarten Zellen unterschiedlichen Typs nur eine schwache Rst-Markierung
aufweisen. Möglicherweise deutet dies auf eine nicht zellautonome Autoregulation der Rst-Expression hin. (F)
Bei P40 finden sich zu viele nicht sortierte IOC zwischen den Ommatidien. (C,G) rstCCS1-5,3BX-Gal4; UAS-hbs.
Die Zellsortierung ist gestört. (C) Rst akkumuliert entgegen seiner wildtypischen Expression nicht zwischen den
1° pc und den IOC, sondern wird innerhalb der IOC durch ektopisches Hbs umverteilt. (G) Bei P40 finden sich
zu viele nicht sortierte IOC zwischen manchen Ommatidien, während sich zwischen anderen Ommatidien gar
keine IOC finden. (D, H) rstCCS1-5,3BX-Gal4; UAS-sns. (D) Die Rst Expression ist bei P25 wildtypisch. Eine
leichte Verzögerung der Zellsortierung kann beobachtet werden. (H) Bei P40 finden sich alle IOC in einer Reihe.
Nicht alle überzähligen IOC wurden durch Apoptose entfernt (der Pfeil markiert ein Beispiel).
Abb.61 zeigt, dass durch Überexpression von Rst und Hbs mit Hilfe der rstCCS1-5,3BX-Gal4 Linie starke
Defekte induziert werden. Die Zellsortierung ist in beiden Fällen gestört, so dass also rstCCS1-5,3BX-Gal4
Expression bereits in noch unsortierten IOC vermittelt. Durch die Überexpression von Rst und Hbs ist
die endogene Rst Expression gestört. Wird Hbs in den IOC überexprimiert, so akkumuliert Rst nicht
mehr spezifisch an den Grenzen der IOC zu den 1° pc, sondern findet sich an den Zellgrenzen
zwischen den IOC. Durch Sns kann solch eine Umlagerung des Rst Proteins nicht induziert werden.
Möglicherweise interagiert Rst primär mit Hbs während der Augenentwicklung. Interessant bei den
Überexpressionsexperimenten mit Hbs ist, dass nach 40% Pupalentwicklung (P40) zwischen manchen
Ommatidien der angesprochene Zellsortierungsdefekt zu beobachten ist, während zwischen anderen
Ergebnisse
93
Ommatidien gar keine IOC beobachtet werden können. Wird Rst durch rstCCS1-5,3BX-Gal4
fehlexprimiert, so findet sich ein überraschendes Bild der Rst Expression in diesen Augenscheiben.
Während das Auftreten eines Phänotyps bei Überexpression von rst in den Zellen seiner endogenen
Aktivität noch mit einer konzentrationsbedingten Sensitivität seiner Funktion erklärbar ist, findet sich
für die ungleichmäßige Verteilung hoher Rst-Immunreaktivität in allen Zelltypen keine leichte
Erklärung. Obwohl nicht ausgeschlossen werden kann, dass die rstCCS1-5,3BX-Gal4 Linie eine leichte
Expression in 1° pc und Kristallkegelzellen vermittelt, die in den rst-Reportergenstudien nicht
detektiert wurde, so zeigte sie sicher keine solch deutliche Expression in 1° pc und Kristallkegelzellen,
wie sie durch die Rst-Immunreaktivität im vorliegenden Experiment visualisiert ist. Besonders
auffallend ist der Mangel an Rst Expression jeweils in benachbarten Zellen unterschiedlichen Typs.
Findet sich eine starke Rst Expression in 1° pc, so sind die benachbarten IOC zumeist nur schwach
immunreaktiv. Findet sich starke Rst Expression in IOC, so sind die benachbarten 1° pc zumeist nicht
markiert. Die stark Rst-immunreaktiven Kristallkegelzellen werden von 1° pc umschlossen, die
wiederum nur schwach mit Rst markiert sind. Möglicherweise deutet dies auf einen Einfluss der Rst
Expression auf seine eigene Expression in Nachbarzellen. Dass dies bisher nicht entdeckt wurde,
könnte daran liegen, dass Rst seine Expression in Nachbarzellen gemäß dem Muster fortschreitender
Differenzierung dieser Zellen induziert. Da mit der rstCCS1-5,3BX-Gal4 Linie rst erstmals gezielt in den
sich zuletzt differenzierenden Zellen der Augenscheibe exprimiert wurde, kann diese nicht
zellautonome endogene Expressionsaktivierung zum ersten Mal auffallen.
Ebenfalls interessant ist, dass durch Überexpression von Sns keine Umverteilung von Rst innerhalb
der IOC induziert wird. Die Zellsortierung der IOC erscheint leicht verzögert, und dies könnte eine
Erklärung für die beobachtete Interferenz mit der sich anschließenden Apoptose geben. Zu viele
korrekt sortierte IOC finden sich in späteren pupalen Stadien. Alternativ könnte dies auch als ein
weiterer Hinweis gedeutet werden, dass durch das Rst/Hbs/Sns-Modul nicht nur die Zellsortierung vor
der Apoptose vermittelt wird, sondern dass ihm auch während der Apoptose weitere, direktere
Funktionen zukommen.
Diskussion
5.
94
Diskussion
Die vorliegende Arbeit behandelt die transkriptionelle Regulation des rst Gens in Drosophila. Die
Transkriptionsstartstelle des rst Gens konnte identifiziert und der Promotor von rst beschrieben
werden. Neben einem Initiator-Element besitzt der rst Promotor Downstream-Promoter-Elemente,
aber keine TATA-Box. In einem Enhancer-Detection-Screen wurden 4,6 kb aufwärts des rst
Promotors rst cis-regulatorische Sequenzen identifiziert, die mit Hilfe von konstruierten rst-Gal4
Linien charakterisiert wurden. Hierbei konnte eine komplexe Anordnung von spezifischen
Enhancermodulen in der rst cis-regulatorischen Sequenz aufgedeckt werden. In einem Screen für
Aktivatoren der rst Expression wurden mit Single minded (Sim), Dmef2 und nuklearen Effektoren der
Ras-MAPK und Notch Signalwege Faktoren identifiziert, die auf identifizierte rst cis-regulatorische
Sequenzen wirken. Die Regulation von rst durch Sim in embryonalen und postembryonalen Stadien
wurde detailliert untersucht. In den folgenden Kapiteln wird diskutiert, in welchem Zusammenhang rst
durch die identifizierten Aktivatoren seiner Expression reguliert wird und ob rst hierdurch potentielle
neue Funktionen zugeschrieben werden können.
Neben den identifizierten Aktivatoren der rst Expression wurden weitere Faktoren untersucht, die als
Regulatoren der rst Expression in Betracht kommen. In Mutantenanalysen konnten keine Hinweise auf
eine Regulation der rst Expression durch Asense und Broad-Complex (BR-C) in den optischen Loben
bzw. durch BR-C, Atonal und Lozenge im sich entwickelnden Komplexauge ermittelt werden. In dem
oben erwähnten Screen für das Potential der ektopischen Expressionsaktivierung von rst konnten
keine sicheren Hinweise auf eine potentielle Regulation von rst durch diese und weitere Faktoren
ermittelt werden.
Die in der vorliegenden Arbeit konstruierten rst-Gal4 Linien sind hochspezifische experimentelle
Werkzeuge und wurden für eine Überexpression von Rst, Hbs und Sns in Interommatidialzellen (IOC)
der pupalen Retina eingesetzt. Hierbei konnten analoge Ergebnisse zu Überexpressionsstudien dieser
Gene mit der weniger spezifischen Mz1369-Gal4 Linie in Bonengel, 2002, erzielt werden. Zudem
führte die Überexpression von rst in IOC zu einem Expressionsmuster von Rst in der pupalen Retina,
das auf einen Einfluss von Rst auf seine Expression in Nachbarzellen deutet. Diese potentielle nichtzellautonome Autoregulation der rst Expression wird in der folgenden Diskussion ebenfalls erörtert
werden.
5.1. Die Regulation von rst durch Single minded
5.1.1. rst wird durch Sim in der embryonalen Mittellinie reguliert
In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass rst durch Sim in der embryonalen Mittellinie
reguliert wird. In sim Mutanten findet sich keine Expression von Rst in der embryonalen Mittellinie.
Sim ist in der Lage, rst ektopisch zu aktivieren. Dabei wirkt Sim auf die identifizierte rstCCS1-3'BX
Sequenz, in der die rstCCS1-3BBgl Sequenz enthalten ist, die wiederum die regulatorischen Elemente für
eine spezifische Expression in Zellen der embryonalen Mittellinie enthält. In der rstCCS1-3BBgl Sequenz
befinden sich zwei zwischen D. melanogaster und D. pseudoobscura konservierte CME, die
Bindungsstellen für das Sim/Tgo Heterodimer darstellen. Da die Spezifität der CME von weiteren
unbekannten Faktoren vermittelt wird (Zelzer et al., 1997; siehe auch Kap.4.7.5.), muss die
Funktionalität der CME in vivo getestet werden. In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden,
Diskussion
95
dass die durch das rstCCS1-3BBgl Fragment vermittelte Reportergenexpression in der embryonalen
Mittellinie von den beiden CME abhängt. Diese Ergebnisse in Verbindung mit der bekannten
Lokalisierung von ektopischem Sim an die genomische Position von rst in den Riesenchromosomen
von Drosophila (Muralidhar et al., 1993) lassen auf eine direkte Regulation von rst durch Sim/Tgo
Heterodimere schließen.
5.1.2. Die Expression von rst in der embryonalen Mittellinie wird durch mehrere
Faktoren reguliert
Da Rst nicht in frühen mesektodermalen Zellen während der Gastrulation exprimiert wird und hierfür
auch keine rst Reportergenaktivität festgestellt werden kann, zeigt dies, dass rst vermutlich nicht unter
direkter Kontrolle der Kontrollgene der dorsalen / ventralen Musterbildung steht. Vielmehr wirken
diese Gene auf sim, das nun die Expression nachgeschalteter Gene in Zellen der ventralen Mittellinie
aktiviert. Dazu gehört auch rst, wie in dieser Arbeit gezeigt werden konnte. Die späte Expression von
Genen in den Zellen der Mittellinie des ZNS wird nicht nur durch Sim reguliert, sondern auch von ihm
nachgeschalteten Transkriptionsfaktoren (z.B. lola, jing, Cut, ocelliless, Cf1A, Krüppel; Crowner et
al., 2002; Sedaghat et al., 2002; Wharton und Crews, 1993; Wharton et al., 1994). Für die späten
Expressionen von slit und sim in Zellen der ZNS-Mittellinie konnte gezeigt werden, dass sie neben sim
von fish-hook (fish) und drifter (dfr) abhängen (Ma et al., 2000). Diese beiden Transkriptionsfaktoren
können mit Sim einen Proteinkomplex bilden, der Zielgene in der ZNS-Mittellinie aktiviert (Ma et al.,
2000). In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass für die rst Reportergenexpression in
Zellen der ventralen Mittellinie zwei CME verantwortlich sind. Allerdings war mit diesen Konstrukten
eine späte Reportergenexpression in den Zellen der ZNS-Mittellinie zu beobachten. Dies zeigt, dass
diese späte Expression durch andere Faktoren als Sim reguliert wird. In der regulatorischen rstCCS1-3BBgl
Sequenz befinden sich Konsensusbindungsstellen für Fish und Dfr. Ob diese funktional sind, müssen
weitere Experimente zeigen. Während eine Rst Expression in Zellen der Mittellinie vorübergehend
nicht nachweisbar ist, vermittelt die rstCCS1-3BBgl Sequenz eine anhaltende Reportergenexpression in der
embryonalen Mittellinie (siehe Abb.36). Durch einen verzögerten Proteinabbau des lacZ
Reportergenprodukts gegenüber Rst könnte das Zeitintervall zwischen zwei unabhängigen
Expressionen von rst in der Mittellinie maskiert sein. Eine alternative Möglichkeit ist, dass die
Expression von rst in der Mittellinie nach der frühen Aktivierung durch sim durch die Wirkung eines
Repressors unterbunden wird. Die Bindungsstellen eines putativen Repressors wären demzufolge nicht
in der rstCCS1-3BBgl Sequenz vorhanden, so dass sich eine anhaltende Expression des Reportergens in der
Mittellinie zeigt. Alternativ könnte auch die potentielle vorübergehende Repression des Reportergens
durch einen verzögerten Proteinabbau des Reportergens gegenüber Rst maskiert sein.
Interessanterweise startet die Mittellinien-Expression zweier bekannter Transkriptionsrepressoren zu
einem mit der Rst Expressionsdynamik übereinstimmenden Zeitpunkt. Die Tramtrack Isoform Ttkp69
wird ab dem Stadium 12 in Zellen der embryonalen Mittellinie exprimiert (Giesen et al., 1997).
Zudem zeigt sich ab dem Stadium 11/12 die Expression von Yan in Zellen der Mittellinie (Scholz et
al., 1997). Yan ist ein Antagonist von Pnt und kompetitiert mit Pnt um die gleichen Bindungsstellen
(siehe Kap.2.3.3.2.). Bemerkenswerterweise wird die Repression durch Ttk wie Yan durch den RasMAPK Signalweg aufgehoben, wenn auch jeweils durch einen unterschiedlichen Mechanismus
(Xiong und Montell, 1993; Lai und Li, 1999; Rebay und Rubin, 1995). Für die späte Expression von
rst in Zellen der ZNS Mittellinie könnte nach diesem Modell eine Aktivierung durch den Ras-MAPK
Signalweg verantwortlich ein. Der Ras-MAPK Signalweg ist für die Spezifizierung, Differenzierung
und das Überleben von Zellen der späten ZNS Mittellinie nötig (Scholz et al., 1997). Auch Pnt.P2, der
Diskussion
96
nukleäre Effektor des Ras-MAPK Signalwegs, zeigt eine anhaltende Expression in Zellen der ZNS
Mittelline (Klämbt, 1993). Da diese putative Pnt Aktivierung von rst in der Mittellinie nur durch die
rstCCS1-3BBgl Sequenz vermittelt wird und nicht durch das mutmaßliche Pnt Element in der rstCCS1-2,4BglX
Sequenz (siehe Kap.4.2.5.), ist zudem mit einem spezifischen Kofaktor für diese Regulation zu
rechnen, der zusammen mit Pnt nur auf die rstCCS1-3BBgl Sequenz wirkt. Es ist bekannt, dass Pnt
zusammen mit Kofaktoren Zielgene aktiviert (Granderath et al., 2000; Treier et al., 1995).
Implikationen aus dieser Wirkung von Pnt für die Regulation von rst in der Mittellinie werden in
Kap.5.3.2. diskutiert. Da die späte Rst Expression in der Mittellinie nur sehr schwach und recht kurz
ist, könnte dies ein Hinweis auf eine Regulation von rst durch den Ras-MAPK Signalweg sein, die nur
bei einer bestimmten Funktion des Ras-MAPK Signalweg greift. Solch eine potentielle Funktion
könnte in der Kontrolle von apoptotischen Prozessen liegen und wird in Kap.5.3.2. diskutiert.
5.1.3. In den optischen Loben aktiviert Sim andere Zielgene als in der embryonalen
Mittellinie
Das rstCCS1-3BBgl Fragment vermittelt Reportergenexpression in der embryonalen Mittellinie, nicht aber
eine mit der Expression von Rst vergleichbare Reportergenexpression in den optischen Loben. Dies
zeigt, dass bei einer Regulation von rst durch Sim in den optischen Loben diese Regulation nicht via
derselben rst cis-Elemente vermittelt wird. In der vorliegenden Arbeit konnte zudem gezeigt werden,
dass rst nicht über andere cis-Elemente durch Sim in den optischen Loben reguliert wird. In optischen
Loben von simts Mutanten und in optischen Loben mit mutanten sim Zellklonen zeigt sich eine
normale Rst Expression (siehe Kap.4.7.6.). Zudem findet sich auch Slit in den optischen Loben von
simts Mutanten (nicht gezeigt), obwohl die Expression von slit in der ZNS-Mittellinie des Embryos
von sim abhängt. Diese Ergebnisse sind bemerkenswert, da sie auf eine bisher nicht beschriebene
differentielle gewebsspezifische Interaktion von Sim mit unterschiedlichen Kofaktoren verweisen. Die
DNA-Bindungseigenschaften von Sim scheinen auch in den optischen Loben dieselben wie in der
embryonalen Mittellinie zu sein, da Sim in den optischen Loben mit seinem Dimerpartner Tgo
kolokalisiert (Pielage et al., 2002). Da rst in den optischen Loben exprimiert wird, scheint es wenig
wahrscheinlich, dass der chromosomale Bereich des rst Genlokus während dieses
Entwicklungsstadiums in irgendeiner Weise durch Chromatinmodifikationen ruhiggestellt ist.
Vielmehr ist davon auszugehen, dass entweder die Bindung von Sim/Tgo Heterodimeren an die CME
in der rstCCS1-3BBgl Sequenz aktiv unterbunden wird oder Sim für die Aktivierung der Transkription in
den optischen Loben weitere Kofaktoren benötigt, die eine Sequenz erkennen, die in der rst cisSequenz nicht vorliegt. Auch für die Aktivierung von Zielgenen des Sim/Tgo Heterodimers in der
embryonalen Mittellinie wird ein Kofaktor postuliert (Zelzer et al., 1997). Die vorliegende Arbeit
unterstützt diese These und liefert zudem Evidenzen, dass eine differentielle Regulation von Zielgenen
des Sim/Tgo Heterodimers durch Wechselwirkung mit unterschiedlichen Kofaktoren existiert. Die
Identität dieser postembryonalen Zielgene von sim ist völlig unbekannt, denn neben der vorliegenden
Arbeit gibt es bisher keine Untersuchungen zu postembryonalen Zielgenen von Sim in Drosophila.
Eine äußerst interessante Hypothese in diesem Zusammenhang war, dass Sim postembryonal
möglicherweise in die Regulation des gleichen funktionalen Moduls involviert ist, wobei nun
allerdings die zu regulierenden Zielgene des betreffenden Moduls invertiert sind. Das für die
Entwicklung des embryonalen ZNS essentielle Robo/Slit-Modul spielt auch bei der Entwicklung der
optischen Loben eine wichtige Rolle (Soukup, Apitz und Fischbach, unpublizierte Ergebnisse). Da die
Expression von Slit in der embryonalen Mittellinie von Sim reguliert wird, sollten dieser Hypothese
gemäß somit die Robo-Rezeptoren in den optischen Loben durch Sim reguliert werden. In der Tat
Diskussion
97
zeigen die Robo-Rezeptoren eine entsprechende Expression und einen mutanten Phänotyp in den
optischen Loben, der auf eine potentielle Regulation durch Sim schließen lässt. Allerdings zeigt Robo
eine normale Expression in den optischen Loben von simts Mutanten (nicht gezeigt), so dass diese
Hypothese wohl nicht zutreffend ist. Postembryonale Zielgene von sim sind daher weiterhin
unbekannt.
5.1.4. Welche potentielle Funktion besitzt Rst in der embryonalen Mittellinie?
Interagiert Rst mit Hbs in der embryonalen Mittellinie?
Rst bildet zusammen mit Kirre, Hibris (Hbs) und Sticks and stones (Sns) ein Modul aus
Zelladhäsionsmolekülen, für das eine Funktion während der Entwicklung der Komplexaugen und der
embryonalen Muskulatur beschrieben ist (Bonengel, 2002; Dworak und Sink, 2002). Von den
Molekülen dieses Moduls sind nur Hibris und Rst in der embryonalen Mittellinie exprimiert (Artero et
al., 2001; Dworak et al., 2001; Schneider, 1994). In S2 Zellkultur-Experimenten konnte keine
Interaktion von Rst mit Hbs nachgewiesen werden (Dworak et al., 2001). Allerdings könnte dies zum
einen daran liegen, dass ein die Bindung vermittelnder Faktor in diesen Zellen fehlt. S2 Zellen sind
embryonale Zellen, deren Differenzierungszustand nicht bekannt ist (Schneider, 1972). Zum anderen
scheinen die S2 Zellkultur-Experimente zu potentiellen Hbs Interaktionen unter sehr stringenten
Bedingungen durchgeführt worden zu sein, denn in ihnen konnte keine homophile Interaktion von Rst
und keine Interaktion von Rst mit Sns ermittelt werden (Dworak et al., 2001). Beide Interaktionen
konnten in anderen S2 Zellkultur-Experimenten nachgewiesen werden (Galletta et al., 2003; Schneider
et al., 1995). Daher scheint es durchaus möglich, dass Rst und Hbs interagieren können. Unterstützung
erhält diese These durch Experimente mit ektopischer Rst Expression in der Augenimaginalscheibe,
bei denen die subzelluläre Lokalisierung von Hbs zum Ort der ektopischen Rst Expression umverteilt
ist (Bonengel, 2002). Auch die in der vorliegenden Arbeit präsentierte Überexpression von Hbs in
Interommatidialzellen führte zu einer Umverteilung von Rst innerhalb dieser Zellen. Basierend auf
diesen Experimenten wäre es somit durchaus lohnenswert, sich die Entwicklung der embryonalen
Mittellinie in hbs; rst Doppelmutanten anzuschauen. Weder in hbs, noch in rst Einzelmutanten konnte
bisher ein Defekt in der Mittellinie beschrieben werden. Beide Mutanten sind lebensfähig. Die
Funktion einer potentiellen Interaktion von Rst und Hbs in der embryonalen Mittellinie könnte einen
adhäsiven Charakter besitzen.
Ist Rst in Adhäsionsprozesse während der Entwicklung der embryonalen Mittellinie involviert?
In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass Rst apikal in den zytoplasmatischen Ausläufern der ins
Innere des Embryos delaminierenden Zellen der ventralen Mittellinie exprimiert wird (siehe
Kap.4.7.1.). Daher könnte eine Funktion von Rst eine adhäsive Wirkung sein, die verhindert, dass die
Zellen der Mittellinie während des Delaminierungsprozesses den Kontakt zur Epidermis verlieren und
möglicherweise an falsche Positionen wandern. Die genaue Positionierung der Zellen der Mittellinie
im Inneren des Embryos stellt einen wichtigen Prozess bei der Entwicklung des ZNS dar, denn die
Zellen der ZNS Mittellinie sind ein essentielles Signalzentrum für das sich differenzierende ZNS. Dass
Rst durch seine adhäsiven Eigenschaften interzellulare Kontakte stabilisiert, wird durch die bekannte
Expression von Rst in den Apodemen unterstützt (Strünkelnberg et al., 2001). Apodeme sind
Anheftstellen der Muskelfasern an die Epidermis, die den mechanischen Kräften der
Muskelkontraktion ausgesetzt sind.
Diskussion
98
Spielt Rst eine Rolle bei Funktionen des EGFR Signalwegs in der embryonalen Mittellinie?
sim gehört zu den Genen der spitz Gruppe. Die Einteilung dieser Gene in die gleiche Kategorie wurde
aufgrund ihrer analogen embryonalen Phänotypen durchgeführt, die durch den Verlust des
Zähnchenbandes (Denticle Belts) in ventralen Regionen und durch Defekte im ventralen Teil des ZNS
charakterisiert sind (Mayer und Nüsslein-Volhard, 1988). Die Gene der spitz Gruppe sind in die
Entwicklung des ventralen Neuroektoderms involviert. Neben sim finden sich in der spitz Gruppe
hauptsächlich Gene des EGFR Signalwegs, für dessen weitere Komponenten ebenfalls gezeigt werden
konnte, dass sie in die Entwicklung des ventralen Neuroektoderms involviert sind (Schweitzer und
Shilo, 1997). Ein Aktivitätsgradient des EGFR Signalwegs wird in den Zellen des ventralen
Neuroektoderms durch einen Mechanismus generiert, der dem EGFR Aktivitätsgradienten während
der Spezifizierungsprozesse der Zellen in der Augenimaginalscheibe analog erscheint (Freeman, 1996,
1997; Kumar 2002; Schweitzer und Shilo, 1997). Hierbei kommt der ventralen Mittellinie durch die
Sekretion des EGFR Liganden Spitz ein zentrale Rolle zu (Golembo et al., 1996). Es konnte gezeigt
werden, dass durch die Aktivität von sim in der ventralen Mittellinie die Entwicklung des ventralen
Neuroektoderms durch die Aktivität des EGFR Signalwegs induziert wird (Chang et al., 2001). Die
Expression von Rst in der ventralen Mittellinie könnte auf eine Rolle von Rst während des
geschilderten Entwicklungsprozesses hinweisen. Rst wird auf den apikalen zytoplasmatischen
Fortsätzen der bereits delaminierten Zellen der Mittellinie exprimiert (siehe Abb.37), durch die diese
Zellen weiterhin in Kontakt zu den Zellen des ventralen Neuroektoderms an der Oberfläche des
Embryos bleiben. Möglicherweise ist Rst in die Etablierung des EGFR Signalwegs aus den Zellen der
Mittellinie in die benachbarten Zellen involviert, entweder direkt durch eine modulierende Funktion
oder indirekt durch die Aufrechterhaltung des adhäsiven Kontakts zur ventralen Oberfläche des
Embryos. Oder Rst ist in das Abschalten des EGFR Signals involviert, wie das für eine mögliche
Funktion von Rst während der Entwicklung des Komplexauges diskutiert wird (siehe Kap.5.3.).
Interessanterweise zeigt Rst während der Induktionsprozesse der unterschiedlichen
Zellspezifizierungen in der Augenimaginalscheibe ein hochdynamisches Expressionsmuster (Reiter et
al., 1996). Auch hierbei ist der EGFR Signalweg ein entscheidender Effektor (Freeman, 1996, 1997)
und seine mit dp-ERK visualisierte Aktivität (siehe Kap.2.3.3.2.) zeigt ein gleichsam
hochdynamisches Expressionsmuster in diesem Entwicklungsstadium (Gabay et al., 1997a; Kumar et
al., 1998). Somit könnte das Muster der Rst Expression dahingehend interpretiert werden, dass Rst in
den Kontaktstellen der Zellen zum Zeitpunkt von interzellularen Induktionsprozessen akkumuliert. Da
weder im frühen Embryo noch für die frühe Augenentwicklung mutante Phänotypen von rst erkannt
wurden, scheint die Rolle von Rst während dieser Prozesse redundant abgesichert. Diese Redundanz
kann im Gegensatz zur Muskelentwicklung aber nicht durch sein Paralog kirre vermittelt werden, da
kirre nicht in der embryonalen Mittellinie exprimiert wird (Strünkelnberg et al., 2001). Ein potentieller
Kandidat für eine redundante Funktion mit rst in der embryonalen Mittellinie wäre hbs, da hbs
ebenfalls in den Zellen der embryonalen Mittellinie exprimiert wird (siehe oben; Artero et al., 2001;
Dworak et al., 2001). Auch in der Entwicklung der Gliazellen der Mittellinie kommen dem RasMAPK Signalweg mehrere Funktionen zu. Er wird für die Initiierung der Entwicklung der Gliazellen
der Mittellinie benötigt (Raz und Shilo, 1992). Mutationen im EGFR führen zu einem ZNS Phänotyp,
der dem Phänotyp von sim entspricht. Die Zellen der Mittellinie wandern nicht ins Innere des Embryos
und sind später nicht mehr nachweisbar (Hummel et al., 1999b). Durch EGFR aktiviertes Pointed
kontrolliert die Differenzierung der Gliazellen der Mittellinie (Scholz et al., 1997). Neben dieser
Funktion von EGFR in der Differenzierung der Gliazellen kommt dem Ras-MAPK Signalweg auch
eine Überlebensfunktion für die Gliazellen der Mittellinie zu, indem er das proapoptotische Molekül
Hid in diesen Zellen inhibiert (Bergmann et al., 2002; Kurada und White, 1998; siehe Kap.5.3.2.).
Diskussion
99
Möglicherweise verweist die späte Expression von Rst in Zellen der ZNS-Mittellinie auf eine zu seiner
möglichen Rolle während der Apoptose in der pupalen Retina analogen Funktion (siehe Kap.5.3.).
Weitere potentielle Funktionen der späten Rst Expression in Zellen der ZNS Mittellinie
Rst ist in späten Embryonalstadien in einzelnen Zellen der ZNS-Mittellinie exprimiert (siehe Abb.36
G-I). Neben der möglichen Funktion von Rst bei durch den EGFR Signalweg vermittelten
Überlebensentscheidungen von Zellen der ZNS-Mittellinie könnte Rst weitere Funktionen in diesem
späten embryonalen Entwicklungsstadium einnehmen. Zu diesem Zeitpunkt sind die Prozesse der
axonalen Wegfindung zur Ausbildung der Kommissuren weitgehend abgeschlossen (Hummel et al.,
1999b). In einem weiteren Schritt der Formation des Strickleiternervensystems werden die beiden
Kommissuren jedes Segments voneinander getrennt. Dies ist abhängig von einer Migration von zwei
der 4-6 Gliazellen der Mittellinie, die auf einer Interaktion der Gliazellen mit Neuronen der Mittellinie
basiert (Klämbt et al., 1991). In pnt Mutanten unterbleibt diese Migration der Gliazellen, so dass sich
eine Fusion der Kommissuren zeigt (Hummel et al., 1999a; Klämbt, 1993). Allerdings findet auch
dieser Prozess schon ab dem Stadium 12 der Embryogenese statt und scheint daher zu früh für die
späte Expression von Rst in der ZNS Mittellinie zu sein. Ein möglicher Prozess, in dem Rst eine Rolle
spielen könnte, ist aber die Ummantelung der kommissuralen Axone durch Gliazellen der Mittellinie.
Es konnte gezeigt werden, dass Wrapper, ein Protein der Immunglobulin (Ig) Superfamilie mit 3 Ig
Domänen, entscheidend für diesen Prozess ist (Noordermeer et al., 1998). Wrapper wird auf Gliazellen
der Mittellinie exprimiert, und man nimmt an, dass Wrapper exprimierende Gliazellen den Kontakt
mit kommissuralen Axonen zu maximieren versuchen. Die Gliazellen, die diesen Wettbewerb um
axonalen Kontakt verlieren, werden durch Apoptose entfernt (Noordermeer et al., 1998). Obwohl die
genaue Rolle von Wrapper im Prozess der Apoptose nicht klar ist, so ist eine potentielle Analogie zu
der Rolle von Rst bei der Zellsortierung vor der Apoptose von Interommadialzellen (IOC) in der
pupalen Retina offensichtlich. Da Rst zum betreffenden Zeitpunkt auch in Zellen der ZNS-Mittellinie
exprimiert ist, könnte Rst auch in diesen Zellen eine ähnliche Funktion übernehmen wie in den
pupalen IOC.
5.2. Die Regulation von rst während der Entwicklung des Mesoderms
5.2.1. Dmef2 als Regulator der mesodermalen rst Expression
In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass die beiden rst-lacZ Konstrukte rstCCS1-3'BX-lacZ
und rstEOR1-E-lacZ ektopisch durch Dmef2 in neuroektodermalen Zellen aktiviert werden. Im
Gegensatz zu den anderen ektopischen Aktivatoren von Rst konnte mit Dmef2 allerdings keine
ektopische Aktivierung der Rst-Expression in neuroektodermalen Zellen im Stadium 10 der
Embryogenese beobachtet werden. Dies ist in Übereinstimmung mit anderen Studien, in denen
beobachtet werden konnte, dass durch Dmef2 Zielgene erst ab dem Stadium 12 ektopisch in der
Epidermis aktiviert werden können (Lin et al., 1997; Artero et al., 1998). Da Rst zu diesem Zeitpunkt
bereits eine endogene Expression in diesen Zellen aufweist, konnte eine potentielle ektopische RstExpression in den Experimenten ektopischer Dmef2-Expression nicht zweifelsfrei identifiziert
werden. Da die beiden verwendeten rst-lacZ Konstrukte im Wildtyp aber keine Reportergenexpression
in neuroektodermalen Zellen vermitteln, ist die ektoptische lacZ-Reportergenexpression in scaGal4;
rst-lacZ; UAS-Dmef2 Embryonen späterer Stadien auf ektopisches Dmef2 zurückzuführen. In den
Diskussion
100
Bereich der rst cis-regulatorischen Sequenz, der in beiden rst-lacZ Konstrukten vorhanden ist, konnte
ein Enhancer-Modul für eine der Dmef2-Expression sehr ähnlichen mesodermalen
Reportergenexpression kartiert werden. Innerhalb dieses Enhancer-Moduls findet sich eine perfekte
Dmef2-Konsensusbindungsstelle, die zwischen D. melanogaster und D. pseudoobscura konserviert
ist. Da diese eine Länge von 10 bp aufweist (CTAAAAATAA; Lilly et al., 1994; Damm et al., 1998),
ist sie ein seltenes Ereignis in einer genomischen Sequenz. Exakt die gleiche Sequenz stellt eine
funktionale Dmef2-Bindungsstelle im Enhancer des β 3 tubulin Gens in Drosophila dar (Damm et al.,
1998). Daher scheint eine direkte Regulation von rst durch Dmef2 sehr wahrscheinlich und
Mutagenese Experimente der Dmef2-Konsensusbindungsstelle in der rst cis-regulatorischen Sequenz
äußerst lohnend. Rst ist an den Fusionsprozessen der Myoblasten zur embryonalen Muskulatur
beteiligt. Da Dmef2 Embryonen einen Defekt in diesen Fusionsprozessen aufweisen, liefert die in der
vorliegenden Arbeit aufgedeckte Regulation von rst durch Dmef2 einen Zugang zum Verständnis des
Muskeldefektes in Dmef2 Embryonen.
5.2.2. Die Expression von rst wird im Mesoderm durch mehrere Faktoren reguliert
Obschon Dmef2 in der Lage ist, die Expression von rst zu aktivieren, ist Dmef2 nicht der einzige
Regulator der rst Expression im Mesoderm. In Dmef2 mutanten Embryonen wird Rst weiterhin im
Mesoderm exprimiert (Strünkelnberg, 2001). Auch Sns und Hbs, die beiden Interaktionspartner von
Rst, können in Dmef2 mutanten Embryonen gefunden werden und werden damit zumindest nicht
essentiell durch Dmef2 reguliert (Bour et al., 2000; Dworak et al., 2001). Allerdings werden Sns und
Hbs nur in den fusionskompetenten Myoblasten exprimiert, während Rst wie Dmef2 in den
fusionskompetenten Myoblasten und den Muskelgründerzellen exprimiert wird. Daher überrascht eine
unterschiedliche Regulation von Rst und Sns bzw. Hbs nicht. Dass Rst in Dmef2 Mutanten weiterhin
in mesodermalen Zellen exprimiert ist, findet anhand der rst Enhanceranalyse der vorliegenden Arbeit
eine Erklärung. Hierbei konnte gezeigt werden, dass sich die mesodermale Reportergenexpression von
rst in mindestens zwei Module trennen lässt. Sowohl die rstCCS1-2,4BglX als auch die rstEOR1-2,7X Sequenz
vermitteln Reportergenexpression in mesodermalen Zellen. Dabei zeigen die beiden Fragmente ein
klar unterscheidbares Muster der mesodermalen Reportergenexpression. Während die rstCCS1-2,4BglX
Sequenz eine Reportergenexpression vermittelt, die stark an die Dmef2 Expression erinnert (siehe
oben), scheint die Reportergenexpression der rstEOR1-2,7X Sequenz nur in einer mesodermalen
Subpopulation vorzukommen. Die Möglichkeiten für eine experimentelle Suche nach potentiellen
weiteren Regulatoren der mesodermalen rst Expression ist durch die multifaktorielle Kontrolle dieser
Expression erheblich eingeschränkt. In Einzelmutanten mesodermaler Transkriptionsfaktoren (TF)
wird die Expression von Rst in mesodermalen Zellen durch die Wirkung eines anderen Faktors
weiterhin aufrecht erhalten sein, wie dies auch für Dmef2 Mutanten der Fall ist (siehe oben). Daher
wurde in dieser Arbeit für die Identifizierung potentieller weiterer mesodermaler Regulatoren von rst
der Ansatz ektopischer Expressionsaktivierung von rst gewählt, indem Muskel-TF in
neuroektodermalen Zellen des Embryos ektopisch exprimiert wurden und diese Zellen auf ektopische
Rst Expression untersucht wurden. In anderen Arbeiten konnte gezeigt werden, dass mesodermale TF
in der Lage sind, ektopisch Zielgene in neuroektodermalen Zellen zu aktivieren (z.B. Dmef2, siehe
oben; Gfl, siehe unten).
Weitere potentielle Regulatoren der mesodermalen rst Expression
Da durch die rstEOR1-2,7X Sequenz eine zumindest stärkere mesodermale Reportergenexpression in den
abdominalen Segmenten des Embryos im Vergleich zu den thorakalen Segmenten vermittelt wird, ist
Diskussion
101
es eine attraktive Möglichkeit, dass diese Reportergenexpression durch homeotische Gene aktiviert
wird. Homeotische (Hox) Gene zeigen entlang der anterior-posterioren Achse eine regionspezifische
Expression und tragen innerhalb des Mesoderms zur Differenzierung spezifischer Muskeln bei. Sie
wirken hierbei kombinatorisch mit Genen, die die Identität eines Muskels festlegen (siehe
Kap.2.3.3.4.). Besonders die Rolle von Ultrabithorax (Ubx) und abdominal-A (abd-A) in der
Formation bestimmter Muskelvorläuferzellen in den anterioren abdominalen Segmenten wurde
detailliert untersucht (Michelson, 1994). Zudem wurde die Regulation eines mesodermalen Zielgens
von Ubx eingehend studiert: β3 tubulin wird im viszeralen Mesoderm durch Ubx reguliert (Hinz et al.,
1992). Zwei Ubx-Bindungsstellen vermitteln eine hohe Expression in spezifischen Zellen des
viszeralen Mesoderms (Kremser et al., 1999). Leider sind die Konsensusbindungsstellen von Hox
Genen (TAAT g/t g/a; Ekker et al., 1991) recht unspezifisch, so dass sie in einer genomischen
Sequenz im Durchschnitt alle 1 kb vorkommen. Daher lassen sich keine Zielgene anhand von HoxKonsensusbindungsstellen in ihren cis-Sequenzen vorhersagen. Da die durch die rstEOR1-2,7X Sequenz
vermittelte mesodermale Reportergenexpression eine große Ähnlichkeit zum regionspezifischen
mesodermalen Expressionsmuster von Ubx und abd-A aufweist (siehe Michelson, 1994), wurden diese
beiden Hox Gene in ektopischen Expressionsstudien untersucht. Hierbei konnte keine ektopische
Aktivierung der Rst Expression in neuroektodermalen Zellen beobachtet werden, wenn Ubx oder AbdA ektopisch in diesen Zellen exprimiert wurden (siehe Kap.4.3.). Allerdings ist es gut möglich, dass
den Hox Genen in diesen Zellen spezifische mesodermale Kofaktoren fehlen. Neben diesen
Experimenten wurde in der Literatur nach Hinweisen für eine Regulation von rst durch Ubx oder AbdA gesucht. Es konnten zwei Veröffentlichungen gefunden werden, in denen die chromosomalen
Bindungsstellen von Ubx und Abd-A in vivo bestimmt wurden. In einer Studie wurden Ubx und AbdA ektopisch in Speicheldrüsenzellen des 3. Larvenstadiums exprimiert und eine cytologische
Kartierung der chromosomalen Stellen vorgenommen, an die die beiden Proteine binden (Botas und
Auwers, 1996). Hierbei konnten beide Proteine nicht an der chromosomalen Stelle lokalisiert werden,
in der sich rst befindet (3C3-3C5). In einer anderen Studie wurden polytene Chromosomen des
Fettkörpers von verschiedenen Stellen entlang der anterior-posterioren Körperachse von Larven des 3.
Stadiums auf ihre endogene Verteilung von Ubx und Abd-A untersucht (Marchetti et al., 2003). Ubx
konnte nicht an der chromosomalen Position von rst lokalisiert werden. Eine Bindungsstelle von AbdA wurde an die cytologische Position 3 kartiert, was allerdings eine zu ungenaue Kartierung darstellt,
um eine Aussage über eine potentielle Wechselwirkung von Abd-A mit dem Enhancer von rst machen
zu können. Ferner ist zu beachten, dass diese Studien mit Chromosomen aus Speicheldrüsen oder aus
dem Fettkörper des 3. Larvenstadiums unternommen wurden, so dass eine mögliche Wechselwirkung
der Hox Gene mit rst während der embryonalen Mesodermentwicklung möglicherweise nicht entdeckt
werden kann. Es konnten somit neben ähnlicher Expressionsmuster keine weiteren Hinweise für eine
Regulation der mesodermalen rst Expression durch Hox Gene gefunden werden.
Eine andere attraktive Erklärung für die differentiellen mesodermalen rst
Reportergenexpressionsmuster war, dass die eine Sequenz Expression in fusionskompetenten
Myoblasten vermittelt, während die andere Sequenz für die rst Expression in Muskelgründerzellen
zuständig ist. Zumindest rstCCS1-2,4BglX scheint in späteren Stadien eine Expression in allen
Muskelfasern aufzuweisen. Dies könnte auf eine Reportergenexpression in fusionskompetenten
Myoblasten schliessen lassen, da diese Zellen zur Ausbildung aller Muskeln beitragen. Allerdings
konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass Dmef2 auf diese cis-Sequenz wirkt, so dass die
vermittelte Reportergenexpression nicht ausschliesslich in fusionskompetenten Myoblasten vorkommt.
Die Möglichkeit, dass durch die rstEOR1-2,7X Sequenz allerdings zumindest Teile der
Muskelgründerzellen markiert werden, ist gegeben. Wären alle Muskelgründerzellen markiert, so
müssten theoretisch durch die Stabilität des lacZ Reportergenprodukts nach den Fusionsprozessen
Diskussion
102
auch alle Muskeln markiert sein, was für die rstEOR1-2,7X Sequenz nicht zutrifft. Eine experimentelle
Untersuchung der potentiellen Spezifität der rstEOR1-2,7X Sequenz für Muskelgründerzellen gestaltet sich
aber als ausgesprochen schwierig, da hierfür die Reportergenexpression von rstEOR1-2,7X vor den
Fusionsprozessen mit einem spezifischen Marker für Muskelgründerzellen untersucht werden müsste.
Ansonsten lässt sich nicht sagen, ob die Reportergenexpression von Muskelgründerzellen oder von
den bereits fusionierten fusionskompetenten Myoblasten stammt. kirre ist das einzige bekannte Gen,
das selektiv in allen Muskelgründerzellen exprimiert wird. Das Einbringen des rstEOR1-2,7X-Fragmentes
in einen myoblast city (mbc) mutanten Hintergrund, in dem die Myoblastenfusionsprozesse blockiert
sind (Rushton et al., 1995), wäre ein mögliches Experiment zur Lösung dieser Frage. Überlappende
Expression von Kirre und der rstEOR1-2,7X vermittelten Reportergenexpression würde auf eine Spezifität
des rstEOR1-2,7X-Fragments für Muskelgründerzellen weisen. Leider gibt es derzeit noch keinen KirreAntikörper, der in Embryonen hinreichend funktioniert.
Die Expression von Dmef2 und sns in fusionskompetenten Myoblasten wird durch Gleeful
reguliert. gleeful (gfl, auch bekannt als lame duck und myoblast incompetent) wird spezifisch in
fusionskompetenten Myoblasten exprimiert und in gfl Mutanten bleibt die Fusion der korrekt
angelegten Muskelgründerzellen mit den betroffenen fusionskompetenten Myoblasten aus (Furlong et
al., 2001; Duan et al., 2001; Ruiz-Gomez et al., 2002). In der vorliegenden Arbeit konnte keine
ektopische Aktivierung von Rst durch ektopische Expression von Gfl in neuroektodermalen Zellen
beobachtet werden. Möglicherweise fehlen Kofaktoren in dem Gewebe der ektopischen Expression, so
dass eine Regulation von rst durch Gfl in fusionskompetenten Myoblasten nicht ausgeschlossen
werden kann. Allerdings ist Gfl in der Lage, Dmef2 und Sns ektopisch in neuroektodermalen Zellen
zu aktivieren (Ruiz-Gomez et al., 2002). Sicher sagen lässt sich nur, dass Gfl dank seiner spezifischen
Expression in fusionskompetenten Myoblasten nicht der einzige Faktor der mesodermalen Regulation
von rst sein kann.
Während der Ausbildung der mesodermalen Anlage im Blastodermstadium des Embryos wird
rst nicht in diesen Zellen exprimiert. Auch während der Gastrulation, wenn die mesodermale Anlage
in das Innere des Embryo wandert, ist kein rst in mesodermalen Zellen zu finden. Das mesodermale
Selektorgen twist ist in den mesodermalen Zellen von Beginn an exprimiert, so dass es
unwahrscheinlich scheint, dass rst ohne Kofaktoren durch Twist reguliert wird. Allerdings könnte zu
den frühen Zeitpunkten ein mesodermaler Repressor auf rst wirken und so die Aktivierung durch
Twist verhindern. Zfh-1 ist solch ein transkriptioneller Repressor (Postigo et al., 1999), dessen
Expression in der mesodermalen Anlage beginnt und zu einem Zeitpunkt herunterreguliert wird (Lai et
al., 1991), da die mesodermale Expression von rst beginnt. Zfh-1 verhindert durch kompetitive
Bindung im Dmef2 Enhancer die Aktivierung von Dmef2 durch Twi (Postigo et al., 1999). In gleicher
Weise könnte Zfh-1 auf die Expression von rst wirken. Allerdings würde das nicht die weitere
mesodermale Expression von rst erklären können, da die Expression von Twi nur kurzfristig länger als
die von Zfh-1 anhält. Twist selber kann als Heterodimer mit Daughterless (Da) auch repressorische
Wirkung entfalten (Castanon et al., 2001). Die frühe Expression von Twist ist allerdings durch seine
aktivierende Wirkung als Homodimer gekennzeichnet, wie auch seine weitere Wirkung in Zellen des
somatischen Mesoderms (Castanon et al., 2001), so dass es kaum wahrscheinlich scheint, dass Twi rst
in mesodermalen Zellen früher Embryonalstadien reprimiert. Reprimierende Wirkung von Twi/Da
Heterodimeren wird bisher nur in den Domänen seiner niedrigen Expression im sich differenzierenden
viszeralen Mesoderm angenommen (Castanon et al., 2001).
Dass Rst im Mesoderm des Blastoderm-Stadiums nicht anzutreffen ist, könnte auch an einer
reprimierenden Wirkung von Snail (Sna) liegen. In sna Mutanten ist die ventrale Invagination von
Zellen während der Gastrulation blockiert und es bildet sich kein mesodermales Gewebe aus
(Hemavathy et al., 1997). Snail wirkt als Repressor neuroektodermaler Gene in den invaginierenden
Diskussion
103
mesodermalen Zellen. In sna Mutanten findet sich daher eine ektopische Expression dieser Gene in
den Zellen, die das Mesoderm ausbilden würden (Nambu et al., 1990). In der vorliegenden Arbeit
konnte gezeigt werden, dass sich in sna Mutanten auch eine ektopische Expression von Rst in
ventralen Zellen nachweisen lässt, die auf der Oberfläche des Embryos liegen und vermutlich die
Zellen darstellen, deren mesodermale Differenzierung fehlgeschlagen ist und die unfähig sind zu
invaginieren (siehe Kap.4.7.3.). Möglicherweise ist also Snail ein Repressor von rst in mesodermalen
Zellen des Blastoderms und Twist kann in sna Mutanten rst nun aktivieren. Allerdings konnte gezeigt
werden, dass Snail ein direkter Repressor von single-minded (sim) im Mesoderm ist (Nambu et al.,
1990; Kasai et al., 1992). Daher ist es möglich, dass in sna Mutanten also sim ektopisch aktiviert wird
und dieses ektopische Sim nun wiederum rst ektopisch aktivieren kann. Beide Möglichkeiten sind
gegeben. Allerdings konnte in sna; sim Doppelmutanten gezeigt werden, dass die ektopische
Expression von sim und nicht eine direkte Derepression durch Sna für eine ektopische Aktivierung
anderer Zielgene von Sim in sna Mutanten verantwortlich ist (Nambu et al., 1990). Da Sim auch rst in
neuroektodermalen Zellen ektopisch aktivieren kann (siehe Kap.4.3.), scheint es wahrscheinlich, dass
auch rst durch Sim und nicht direkt durch Sna reguliert wird. Nichtsdestotrotz könnte man zwischen
den beiden Möglichkeiten unterscheiden, indem man auch die Rst Expression in sna; sim
Doppelmutanten untersucht.
Es ist nicht bekannt, ob rst in allen Muskelgründerzellen exprimiert ist oder nur in einer
spezifischen Subpopulation. Wenn Rst eine generelle Funktion bei der Fusion von Muskelzellen
ausübt, so wäre eine Expression in allen Muskelgründerzellen naheliegend. Zahlreiche Gene sind für
die Identität einzelner Muskelgründerzellen essentiell (z.B. Kr, nau, vg, eve, ap, S59; siehe
Kap.2.3.3.4.). Dass rst durch all diese Gene jeweils in den spezifischen Muskelgründerzellen reguliert
wird, scheint keine sich aufdrängende Arbeitshypothese, sollte jedoch nicht ausgeschlossen werden.
Die Expression von Hbs im viszeralen Mesoderm ist in bagpipe (bap) mutanten Embryonen
stark reduziert (Dworak et al., 2001). bap ist ausschliesslich im viszeralen Mesoderm exprimiert,
dessen Differenzierung von bap abhängt (Azpiazu und Frasch, 1993). Ob auch rst von Bap reguliert
wird, konnte leider nicht ermittelt werden, da die Haltung von bap Mutanten äußerst schwierig ist und
kein Stamm trotz mehrmaliger Versuche in der Lage war, genug Nachkommen für eine Analyse ihrer
Rst Expression zu produzieren. Da durch rstCCS1-2,4BglX und rstEOR1-4,7E jeweils Reportergenexpressionen
im somatischen Mesoderm vermittelt werden, rstEOR1-4,7E aber im Gegensatz zu rstCCS1-2,4BglX keine
Reportergenexpression im viszeralen Mesoderm zeigt, konnte ein viszeraler Mesoderm-Enhancer der
kurzen DNA Sequenz zugeordnet werden, die nur in der rstCCS1-2,4BglX Sequenz und nicht in der rstEOR14,7E
Sequenz enthalten ist (siehe Abb.26). Dies legt die Regulation von rst durch einen für das viszerale
Mesoderm spezifischen TF wie Bap nahe.
Wird die mesodermale rst Expression durch den Ras-MAPK und den Notch Signalweg reguliert?
Sowohl der Ras-MAPK Signalweg als auch der Notch Signalweg sind in der Lage, die Expression von
Rst ektopisch zu aktivieren (siehe Kap.4.3.). Diese ektopische Aktivierung wird in beiden Fällen durch
die rstCCS1-3'BX cis-Sequenz vermittelt (siehe Kap.4.4.), die eine Reportergenexpression in
mesodermalen Zellen bewirkt (siehe Kap.4.2.2.). Somit könnten beide Signalwege in die Regulation
von rst in mesodermalen Zellen involviert sein. Durch den Ras-MAPK Signalweg werden
Muskelgründerzellen im somatischen und viszeralen Mesoderm spezifiziert (Buff et al., 1998;
Carmena et al., 1998a; siehe Kap.2.3.3.4.). Rst ist in diesen Zellen exprimiert (Strünkelnberg et al.,
2001), so dass eine Regulation von rst durch den Ras-MAPK Signalweg in diesen Zellen möglich
erscheint. Allerdings ist dies schwer zu testen, da in Embryonen, in denen der Ras-MAPK Signalweg
unterbunden ist, immer noch die fusionskompetenten Myoblasten vorliegen. Auch in diesen Zellen ist
Rst exprimiert (Strünkelnberg et al., 2001), so dass nicht mit einem Verlust mesodermaler Rst
Diskussion
104
Expression in Ras-MAPK defizienten Embryonen zu rechnen ist. In der Tat finden sich Rst positive
mesodermale Zellcluster in Embryonen, die konstitutiv aktives Yan in mesodermalen Zellen
überexprimieren (twiGal4; UAS-yanACT; nicht gezeigt). Neben fusionskompetenten Myoblasten
könnten diese mesodermalen Zellen auch die Lethal-of-scute exprimierenden Zellcluster darstellen,
die für den Empfang des Ras-MAPK Signals bereit sind (siehe Kap.2.3.3.4.). Zudem wird Dmef2
sowohl in Muskelgründerzellen als auch in fusionskompetenten Myoblasten exprimiert (Lilly et al.,
1994; Bour et al., 1995; Taylor et al., 1995; siehe oben). Da rst von Dmef2 reguliert wird (siehe oben),
lässt sich eine Regulation von rst durch den EGFR Signalweg in mesodermalen Zellen anhand einer
Mutantenanalyse kaum entscheiden. Für eine Untersuchung der Regulation der rst Expression in
mesodermalen Zellen durch den Notch Signalweg zeigt sich das gleiche Problem wie für die
Untersuchung der Ras-MAPK Abhängigkeit. Notch wird für die Differenzierung der
fusionskompetenten Myoblasten benötigt (Duan et al., 2001; Ruiz Gomez et al., 2002), so dass in
Notch Mutanten immer noch die Muskelgründerzellen vorliegen würden, in denen Rst ebenfalls
exprimiert ist. Mit den in dieser Arbeit erstellten rst-Gal4 Fliegen, die eine differentielle mesodermale
Reportergenexpression vermitteln, ergeben sich aber Möglichkeiten für experimentelle Ansätze, um
diese Fragestellungen zu untersuchen. Beispielsweise sollte die Mutagenese von Bindungsstellen für
Su(H) bzw. Pnt in den betreffenden rst Reportergenfragmenten zur experimentellen Klärung einer
Regulation von rst durch den Notch bzw. Ras-MAPK Signalweg während der Entwicklung des
Mesoderms beitragen.
Reportergenstudien verweisen auf eine komplexe mesodermale Regulation der rst Expression
Zusätzlich zu den oben beschriebenen Aspekten der mesodermalen rst Regulation lässt sich anhand
der rst Reportergen-Expressionsstudien (siehe Kap.4.2.5.) auf eine weitere Komplexität der
mesodermalen rst Regulation schließen. Im Gegensatz zu den rstCCS1-5,3BX und rstCCS1-2,4BglX Fragmenten
konnte mit dem rstEOR1-4,7E Fragment keine Reportergenexpression in Zellen des viszeralen Mesoderms
beobachtet werden. Das rstCCS1-2,4BglX Fragment ist bis auf eine kurze Sequenz im rstEOR1- 4,7E Fragment
enthalten, während rstCCS1-5,3BX die komplette rstCCS1-2,4BglX Sequenz beinhaltet. Eine naheliegende
Erklärung ist daher, dass innerhalb dieser kurzen Sequenz Elemente vorhanden sind, die
Reportergenexpression im viszeralen Mesoderm vermitteln. Daher scheint sich die mesodermale
Expression von rst weiter aufteilen zu lassen. Ein abdominal regionspezifisches Modul in rstEOR1-2,7X,
ein Modul für weitgehend alle somatische Muskelzellen in dem Bereich, der in rstEOR1-4,7E, rstCCS1-2,4BglX
und rstCCS1-5,3BX enthalten ist, und das Modul für das viszerale Mesoderm. Alternativ könnte sich auch
in der rstEOR1-2,7X Sequenz ein Repressor für die Expression im viszeralen Mesoderm befinden, der nun
also in rstEOR1-4,7E aktiv wird, in rstCCS1-2,4BglX und rstCCS1-5,3BX aber nicht enthalten ist. Da aber Rst auch
im viszeralen Mesoderm nachweisbar ist, ist diese Möglichkeit weniger wahrscheinlich. Dmef2 wirkt
aktivierend auf das rstCCS1-3'BX-lacZ Konstrukt (siehe oben) und ist auch im viszeralen Mesoderm
exprimiert. Die perfekte Dmef2 Konsensusbindungsstelle (siehe oben) befindet sich allerdings in der
Sequenz, die in rstEOR1-4,7E, rstCCS1-2,4BglX und rstCCS1-5,3BX enthalten ist. Möglicherweise benötigt also
Dmef2 einen Kofaktor für die Aktivierung der rst Expression im viszeralen Mesoderm, dessen
Bindungsstelle in dem kurzen Bereich liegt, der nicht in rstEOR1-4,7E enthalten ist. Oder aber Dmef2
bindet selber in diesem kurzen Bereich und aktiviert die Expression von rst im viszeralen und
somatischen Mesoderm. Auch in diesem Bereich finden sich zwei potentielle Dmef2 Bindungsstellen
(siehe Kap.4.6.2.). Dann müsste ein dritter mesodermaler Aktivator der mesodermalen rst Expression
postuliert werden, der innerhalb der rstEOR1-4,7E Sequenz bindet. Möglicherweise wird die rst
Expression im viszeralen Mesoderm aber auch durch ein feines Zusammenspiel eines Enhancers in der
nicht in rstEOR1-4,7E enthaltenen Sequenz, eines Inhibitors im rstEOR1-2,7X Fragment und einer durch
Dmef2 über die perfekte Konsensusbindungstelle vermittelten Expression im viszeralen Mesoderm
Diskussion
105
reguliert. Um dies zu eruieren, müssen Reportergen Expressionsstudien mit kleineren Subfragmenten
der rst cis-Sequenz durchgeführt werden.
5.3. Die Regulation von rst durch den Ras-MAPK Signalweg
5.3.1. Die Expression von rst wird durch einen Effektor des Ras-MAPK Signalwegs
ektopisch aktiviert
In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass die Expression von rst ektopisch in
neuroektodermalen Zellen durch Pnt.P1 aktiviert werden kann. Die Zellen des Neuroektoderms weisen
Ähnlichkeiten mit den Zellen der Ras-MAPK Aktivität in der Augenimaginalscheibe auf. Beide sind
ektodermalen Ursprungs und noch weitgehend undifferenziert. Pnt.P1 ist eine konstitutiv aktive Form
von Pnt.P2, welches wiederum nur durch Phosphorylierung des Ras-MAPK Signalwegs aktiviert
werden kann (O'Neill et al., 1994). Pnt.P1 und Pnt.P2 sind Isoformen des gleichen Gens, die durch
alternatives Spleißen entstehen (Klämbt, 1993). Beide Isoformen besitzen die identische DNA
bindende ETS-Domäne, so dass sie die gleiche DNA-Sequenz erkennen (Klämbt, 1993). In der Tat
kann Pnt.P1 nach gezielter Expression in den betreffenden Zellen die Funktion von Pnt.P2 ersetzen
(Scholz et al., 1997). Daher deutet eine ektopische Expressionsaktivierung durch Pnt.P1 gleichzeitig
auch auf eine potentielle Regulation durch den Ras-MAPK Signalweg. Pnt.P1 wird durch den EGFR
Signalweg transkriptionell aktiviert und wirkt als sekundärer Effektor des EGFR Signalwegs
aktivierend auf Zielgene (Gabay et al., 1996). Möglicherweise werden alle Funktionen der
Zelldifferentiation des EGFR Signalwegs duch Pnt vermittelt (Baonza et al., 2002). rst wurde nur
durch Pnt.P1 ektopisch in neuroektodermalen Zellen aktiviert, nicht aber durch EGFR und Pnt.P2. Die
Aktivität des weitgehend ubiquitär exprimierten EGFR ist von der Verfügbarkeit seiner Liganden
abhängig (siehe Kap.2.3.3.2.). Somit überrascht eine fehlende ektopische Aktivierung von rst in EGFR
überexprimierenden Embryonen nicht. Pnt.P2 muss durch Phosphorylierung aktiviert werden, so dass
auch eine fehlende ektopische rst Aktivierung in Pnt.P2 überexprimierenden Embryonen zu erwarten
war. Diese beiden Versuche können als Nullkontrolle gegenüber der spezifischen ektopischen
Aktivierung von rst durch Pnt.P1 dienen. Ob rst ein direktes Zielgen von Pnt ist, lässt sich aufgrund
der frühen und starken ektopischen Expression von Rst in den neuroektodermalen Zellen vermuten. In
der rstCCS1-3'BX cis-Sequenz, auf die Pnt.P1 wirkt, finden sich Pnt Konsensusbindungsstellen, die
zwischen Drosophila melanogaster und Drosophila pseudoobscura konserviert sind. Besonders eine
konservierte Pnt Konsensusbindungsstelle in dem Bereich, in den ein Enhancer für
Reportergenexpression in IOC zum Zeitpunkt apoptotischer Prozesse kartiert werden konnte, lässt sich
hervorragend mit einer direkten Aktivierung von rst durch den Ras-MAPK Signalweg während
apoptotischer Prozesse in der puaplen Retina vereinbaren (siehe unten). Somit gibt es starke
Evidenzen, dass die Expression von rst durch den Ras-MAPK Signalweg aktiviert wird. Dies kann
direkt durch aktiviertes Pnt.P2 oder auch sekundär durch hochreguliertes Pnt.P1 geschehen.
Diskussion
106
5.3.2. Eine mögliche Funktion der rst Aktivierung durch den EGFR Signalweg:
Kontrolle der Apoptose
Da in dieser Arbeit gezeigt werden konnte, dass die Expression von rst durch einen Effektor des RasMAPK Signalwegs, Pnt, aktiviert wird, stellt sich die Frage, welche Funktion rst durch diese
Aktivierung zukommt. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang, dass rst ein
Expressionsmuster zeigt, das viele Parallelen zu dem Aktivitätsmuster des Ras-MAPK Signalwegs
aufweist. Eine potentielle Wechselwirkung von rst mit dem Ras-MAPK Signalweg während der
Embryonalentwicklung wurde bei der Diskussion der rst Regulation durch Single minded dargelegt
(siehe Kap.5.1.). Eine mögliche Regulation von rst durch den Ras-MAPK Signalweg in mesodermalen
Zellen wird in Kap.5.2. diskutiert. Hier soll eine mögliche Funktion von Rst im Ras-MAPK Signalweg
beim Prozess der Apoptose am Beispiel der Eliminierung überzähliger Interommatidialzellen (IOC) in
der pupalen Retina (Übersicht in Brachmann und Cagan, 2003) diskutiert werden.
Die Funktion des Ras-MAPK Signalwegs für das Überleben von Zellen
Aufgrund der Schwierigkeiten, mutante Zellklone des EGFR Signalwegs zu produzieren, wurde der
EGFR Signalweg seit längerem mit einer zellulären Überlebensfunktion in Verbindung gebracht
(Dominguez et al., 1998; Kumar, 2002). Wird EGFR durch eine hitzeschockinduzierte, dominant
negative Isoform (hs-Gal4; UAS-EGFR.DN) spezifisch zu dem Zeitpunkt ausgeschaltet, zu dem sich
die sekundären und die tertiären Pigmentzellen (2° & 3° p.c.) differenzieren, so fehlen diese Zellen in
adulten Fliegen (Freeman, 1996). In Experimenten mit temperatursensitiven EGFR Mutanten
(EGFRts) zeigt sich zum betreffenden Zeitpunkt bei nicht permissiver Temperatur eine erhöhte
Apoptoserate (Yu et al., 2002). Wird hingegen eine konstitutiv aktive Form des EGFR oder eine
aktivierte Form von Ras zu dem Zeitpunkt der 2° & 3° p.c. Differenzierung in den IOC exprimiert, so
werden zuviele IOC gebildet (Freeman, 1996; Miller und Cagan; 1998; Sawamoto et al., 1998). Somit
dient das EGFR Signal als Überlebenssignal für die pupalen IOC, wie dies auch für larvale Zellen der
Augenimaginalscheibe gezeigt werden konnte (Baker und Yu, 2001; Bergmann et al., 1998;
Dominguez et al., 1998; Kurada und White, 1998). Genetische Experimente zeigen, dass EGFR das
proapoptotische Gen head involution defective (hid) inaktiviert (Yu et al., 2002). Das
Überlebenssignal wird durch Pnt vermittelt, so dass es zu einer transkriptionellen Regulation von
Zielgenen kommt, im Falle von hid zu einer Aktivierung eines hid Repressors (Yang und Baker,
2003). Zudem kann Hid durch Phosphorylierungen der MAPK direkt inaktiviert werden (Bergmann et
al., 1998, 2002). Epistatische Experimente zeigen, dass Notch (N), das ebenfalls eine Rolle bei der
Apoptose spielt (siehe Kap.5.4.), in der Signalkette oberhalb von EGFR anzusiedeln ist. In N, EGFR
Doppelmutanten zeigt sich eine erhöhte Apoptoserate, also der Phänotyp von EGFR Verlust (Yu et al.,
2002). Wäre Notch unterhalb von EGFR anzusiedeln, so müsste durch den Verlust von Notch das
Ausbleiben der Apoptose wie in Notch Einzelmutanten auftreten. Notch wirkt innerhalb der IOC
(Miller und Cagan, 1998) und wirkt somit antagonistisch zum EGFR Überlebenssignal in den Zellen,
die sterben werden. In Zellablationsexperimenten konnte zudem gezeigt werden, dass zum Zeitpunkt
der Apoptose überzähliger IOC ein Überlebenssignal aus den 1° p.c. und / oder Kristallkegelzellen
generiert wird (Miller und Cagan, 1998). Es wird angenommen, dass dieses Signal die Aktivierung
von Notch inhibiert, so dass das EGFR Signal funktional bleibt (Yu et al., 2002). Die Identität dieses
Signals ist unbekannt.
Diskussion
107
Gibt es eine Wechselwirkung zwischen Rst und dem EGFR Signalweg bei der Apoptose?
In rst Mutanten unterbleibt die Apoptose überzähliger IOC (Wolff und Ready, 1991). Eine wichtige
Funktion von rst in diesem Prozess konnte mit seiner Benötigung für die vor der Apoptose notwendige
Sortierung der IOC in eine einschichtige Zellreihe beschrieben werden (Reiter et al., 1996). Allerdings
gibt es Evidenzen, dass rst noch weitere Funktionen bei der Eliminierung überzähliger IOC übernimmt
(Miller und Cagan, 1998). Bemerkenswerterweise ist bei Überexpression einer für die äußerste Ig
Domäne trunkierten Version von Rst die Zellsortierung in der pupalen Retina ungestört, während der
Prozess der Apoptose nicht mehr stattfinden kann (Reiter und Fischbach, nicht publizierte Ergebnisse).
Die in der vorliegenden Arbeit ermittelte Regulation von rst durch den Ras-MAPK Signalweg eröffnet
einen Zugang zum Verständnis einer möglichen weiteren Funktion von Rst beim Prozess der
Apoptose. Die Expression von rst im sich entwickelnden Komplexauge von Drosophila wird nicht
allein durch den EGFR Signalweg bestimmt, wie in der vorliegenden Arbeit durch Überexpression
einer dominant negativen Form von EGFR in allen Zellen posterior der morphogenetischen Furche
gezeigt werden konnte (GMR-Gal4; UAS-EGFR.DN). In diesen Fliegen ist Rst weiterhin in Zellen der
Augenimaginalscheibe nachweisbar. Daher scheint der EGFR Signalweg nur in speziellen Zellen
verstärkend auf die rst Expression einzugreifen. Durch das rst Reportergenfragment, das durch
ektopisches Pnt aktiviert werden kann, wird eine spezifische Reportergenexpression in IOC ab einem
Zeitpunkt kurz vor der Apoptose vermittelt. Da sich das Muster der Reportergenexpression dieses
durch Pnt.P1 aktivierbaren rstCCS1-3'BX-lacZ Konstrukts auch in anderen Geweben mit der spezifischen
Überlebensfunktion des Ras-MAPK Signalwegs in Zusammenhang bringen lässt (siehe unten), ist dies
ein starker Hinweis darauf, dass Rst in diesen Prozessen eine bisher unbekannte Funktion wahrnimmt.
Welche potentielle Rolle Rst bei der Überlebensfunktion des Ras-MAPK Signalwegs spielt, soll im
Folgenden diskutiert werden. Sowohl für eine positive Verstärkung wie auch für eine negative
Regulation des Ras-MAPK Überlebenssignals gibt es unterstützende Argumente.
Eine potentielle Funktion von Rst im Ras-MAPK Signalweg: positive Verstärkung des
Überlebenssignals?
Die einfachste Annahme einer möglichen Funktion der durch den EGFR Signalweg vermittelten
Expression von rst lässt sich dadurch erklären, dass die Zellen, die das EGFR Signal erhalten, den
Kontakt zu den signalisierenden Zellen verstärken möchten, um das Signal zu maximieren und andere
Zellen vom Kontakt zum Signal zu verdrängen. Dafür verstärken sie die Expression von
Zelladhäsionsmolekülen wie Rst. Rst ist diesem Modell gemäß also in eine positive Verstärkung des
EGFR Signals involviert. Für Neuroglian, wie Rst ein Zelladhäsionsmolekül der Immunglobulin (Ig)
Superfamilie, konnten Evidenzen für eine zellautonome aktivierende Funktion auf das Ras-MAPK
Signal während axonaler Wegfindungsprozesse beschrieben werden (Garcia-Alonso et al., 2000).
Auch während der Spezifizierung von Muskelgründerzellen kommt es zu einer zellautonomen
positiven Rückkoppelung des EGFR Signals (Carmena et al., 2002). Allerdings lässt sich die in der
vorliegenden Arbeit beobachtete Aktivierung der rst Expression durch das proapoptotische NotchSignal besser mit einer im Folgenden beschriebenen negativen Regulation des Ras-MAPK
Überlebenssignals in Einklang bringen.
Eine potentielle Funktion von Rst im Ras-MAPK Signalweg: negative Regulation des
Überlebenssignals?
Eine andere potentielle Funktion von Rst im EGFR Signalweg ist, dass Rst in eine negative
Regulation des EGFR Signals involviert ist (siehe Abb.62). Eine inhibitorische Wirkung von Rst auf
den EGFR Signalweg würde bedeuten, dass Rst das Überlebenssignal zellautonom abschaltet. Eine
negative Regulation dieses Ras-MAPK Überlebenssignals durch Rst muss nun aber nicht
Diskussion
108
zwingendermaßen bedeuten, dass die ersten Zellen, die das EGFR Signal erhalten,
widersprüchlicherweise zur Apoptose bestimmt sind. Wahrscheinlicher scheint, dass in diesen Zellen
die Differenzierung zu den 2° & 3° p.c. auf den Weg gebracht wurde und sie nun bereits gegen ein
proapoptotisches Signal durch vermutlich den Notch Signalweg (siehe Kap.5.4.) nicht mehr
empfänglich sind. Daher hat das Abschalten des EGFR Signals in diesen Zellen keine Auswirkung
mehr auf ihr Überleben. Mit Hilfe des dp-ERK Antikörpers (siehe oben) konnte gezeigt werden, dass
der Ras-MAPK Signalweg in allen IOC aktiviert wird (Brachmann und Cagan, unpublizierte
Ergebnisse zitiert in Brachmann und Cagan, 2003). Wenn man nun annimmt, dass die Zellen in einem
Wettbewerb um die schnellstmögliche Einleitung der Differenzierung stehen und die Verlierer im
Gegensatz zu den Gewinnern noch empfänglich für ein proapoptotisches Signal sind, dann muss in
diesen Zellen zudem das EGFR Überlebenssignal ausgeschaltet werden. Rst könnte also in allen IOC
für das Abschalten des EGFR Überlebenssignals notwendig sein, was aber nur in den Verliererzellen
zur Apoptose führt. In diesen Überlegungen muss allerdings die basale Expression von Rst in den IOC
berücksichtigt werden. Rst ist schon lange vor dem Beginn der Differenzierung der 2° & 3° p.c. und
der Apoptose überzähliger Zellen in den IOC exprimiert (Reiter et al., 1996). Hierbei wird Rst selektiv
an den Grenzen der IOC zu den 1° p.c. angereichert, also dem Ort, an dem das EGFR Signal generiert
werden wird. In der Tat erhält man beim Studium der Expressionsdynamik von Rst in der pupalen
Retina den Eindruck, dass die IOC und Rst auf ein Signal aus den 1° p.c. warten. Dies würde eher für
eine Funktion von Rst als positiven Verstärker des EGFR Signals sprechen, denn bei einer
inhibitorischen Wirkung von Rst würde das EGFR Signal sofort unterbunden. Allerdings konnte
gezeigt werden, dass diese Expression von Rst für die Sortierung der IOC in eine einschichtige
Zellreihe notwendig ist (Reiter et al., 1996) und dass Rst hierbei mit heterophilen Liganden aus den 1°
p.c., Hibris (Hbs) und Sticks and stones (Sns), interagiert (Bonengel, 2002). Daher könnten also die
Bindungseigenschaften von Rst gesättigt sein, so dass Rst dank einer höheren Affinität zu Hbs und Sns
nicht mit dem EGFR Signalweg interagiert. Erst eine weitere Induktion der rst Expression durch den
EGFR Signalweg führt zu einer Konzentrationserhöhung von Rst in den IOC, so dass nun Rst mit dem
EGFR Signalweg wechselwirken kann. Daher könnte im Falle einer inhibitorischen Wirkung von Rst
auf den EGFR Signalweg diese erst nach der Aktivierung des EGFR Signalwegs aktiv werden und
nicht schon zu früheren Zeitpunkten, in denen Rst auch schon an den betreffenden Stellen exprimiert
ist. Eine weitere Möglichkeit der zeitspezifischen EGFR reprimierenden Wirkung von Rst stellt eine
spezifische Aktivierung seiner reprimierenden Funktion zum betreffenden Zeitpunkt dar,
beispielsweise durch eine heterophile Interaktion mit einem anderen Zelladhäsionsmolekül, wie dies
für die EGFR repressorische Aktivität der Echinoid - Neuroglian Interaktion gezeigt werden konnte
(Islam et al., 2003; siehe unten).
Ein Funktion von Rst als Inhibitor des EGFR Signalwegs lässt sich hervorragend mit den mutanten
Phänotypen von rst in Einklang bringen. In rst Mutanten, in denen die Lokalisierung von Rst in den
IOC gestört ist, kann das EGFR Signal in den IOC nicht abgeschaltet werden, so dass EGFR weiterhin
Hid reprimiert. Dadurch kann das vermutlich durch Notch vermittelte proapoptotische Signal nicht
greifen, so dass sich alle IOC zu 2° bzw. 3° p.c. differenzieren. Für die rst Nullmutanten, in denen nur
ein schwacher Phänotyp in den Augen auftritt, kann eine redundante Funktion des rst Paralogs kirre
bei diesem Prozess postuliert werden. Alternativ kann man annehmen, dass Rst nur indirekt die
Reprimierung von EGFR bewirkt, indem es die genaue Positionierung von EGFR Repressoren
unterstützt. Der Ausfall von Rst in diesem Prozess ist redundant abgesichert, bei Fehllokalisation von
Rst wird dieser Prozess aber erheblich gestört. Beide Möglichkeiten werden durch die Beobachtung
unterstützt, dass Rst und EGFR in der apikalen Oberfläche der Zellen der Augenimaginalscheibe
lokalisiert sind (Reiter et al., 1996; Zak und Shilo, 1992).
Diskussion
109
1° p.c.
Spitz ?
Keren ?
Sns / Hbs
Rst ?
?
EGFR
Ras
Apoptose
Apoptose
Ras
MAPK
Hid
Hid
Pnt.P2
MAPK
Pnt.P2
Delta
?
2° / 3° p.c. Differenzierung
Notch
2° / 3° p.c. Differenzierung
Abb.62. Ein hypothetisches Modell für eine potentielle Funktion von Rst als Inhibitor des Ras-MAPK
Signalwegs während apoptotischer Prozesse. In der vorliegenden Arbeit konnte eine Aktivierung der rst
Expression durch den Ras-MAPK und den Notch Signalweg beschrieben werden. Diese Aktivierung wird durch
eine rst cis-Sequenz vermittelt, die Reportergenexpression in Interommatidialzellen (IOC) zu einem Zeitpunkt
zeigt, in dem die apoptotischen Entscheidungen in den IOC getroffen werden. Bemerkenswerterweise startet
diese Reportergenexpression nicht gleichzeitig in allen IOC, sondern mit gewissen zeitlichen Verzögerungen.
Das hier dargestellte Modell versucht die Aktivierung der rst Expression durch ein Überlebenssignal (RasMAPK) und ein proapoptotisches Signal (Notch) zu erklären. Hierfür wird eine zellautonome inhibitorische
Wirkung von Rst auf den Ras-MAPK Signalweg postuliert. Unterstützung erhält dieses Modell durch die
Wirkungen von Echinoid, dessen extrazelluläre Domäne signifikante Ähnlichkeiten mit Rst aufweist. Für
Echinoid konnte eine antagonistische Wirkung auf den EGFR Signalweg und eine synergistische Wirkung mit
dem Notch Signalweg während zellulärer Spezifizierungsprozesse beschrieben werden (siehe Text). Rst
kommen dem hier dargestellten Modell gemäß äquivalente Funktionen während apoptotischer Prozesse in der
pupalen Retina zu. Der EGFR Signalweg wird innerhalb der IOC durch die Wirkung von Spitz und/oder
möglicherweise Keren aktiviert. Dies geschieht nicht in allen IOC gleichzeitig, so dass gewisse IOC einen
Vorsprung gegenüber ihren Nachbarzellen haben. Der EGFR Signalweg induziert die Differenzierung der IOC
zu 2°/3° pc. Gleichzeitig inhibiert er das proapoptotische Molekül Hid. Die Expression von antagonistisch
wirkenden Molekülen wird aktiviert, darunter diesem Modell gemäß rst. Auch die Expression von Delta wird
diesem Modell gemäß in der sich differenzierenden Zelle induziert. Solch eine Wirkung des EGFR Signalwegs
konnte für die Spezifizierungsprozesse in anderen Zellen der pupalen Retina beschrieben werden. Delta aktiviert
den Notch Signalweg in den Nachbarzellen. Dies führt zu einer verstärkten Expression von rst in diesen Zellen.
Der zeitlich verzögert aktivierte EGFR Signalweg dieser Zellen erfährt nun in der Summe eine stärkere
Inhibition als seine Nachbarzelle, so dass Hid nicht mehr reprimiert werden kann und es zur Apoptose dieser
Zelle kommt. Eine den Funktionen von Echinoid entsprechende synergistische Wirkung von Rst auf den Notch
Signalweg ist diesem Modell nach somit nicht direkt, sondern wird durch die Aktivierung der rst Expression
durch den Notch Signalweg erzielt. Hierdurch wird das EGFR Überlebenssignal vermehrt reprimiert. Da Notch
innerhalb der IOC wirkt, Rst aber nur an den Kontaktstellen zu den 1° pc akkumuliert, gibt die in der
Diskussion
110
vorliegenden Arbeit beobachtete transkriptionelle Aktivierung von rst durch Notch eine Erklärung für eine
mögliche Interaktion der beiden Moleküle. Unterstützung erhält dieses Modell aus beschriebenen genetischen
Interaktionen von rst Mutanten mit Ras- bzw. Delta-Mutanten bei der Ausbildung des Augenphänotyps von rst
(Tanenbaum et al., 2000).
Auf welcher Ebene könnte Rst inhibitorisch auf den EGFR Signalweg wirken?
Neben einer direkten Interaktion von Rst und EGFR sowie der gerade beschriebenen möglichen
indirekten Wirkung von Rst auf die Reprimierung des EGFR Signals durch die spezifische
Positionierung tatsächlicher Repressoren gibt es weitere potentielle Ebenen der Wechselwirkungen
von Rst mit dem EGFR Signalweg. Generell ist bekannt, dass inhibitorische
Rückkoppelungsmechanismen eine entscheidende Rolle bei der Funktion des Ras-MAPK Signalwegs
spielen (Shilo, 2003; siehe Kap.2.3.3.2.). Bekannte Inhibitoren des Ras-MAPK Signalwegs werden
wie rst (diese Arbeit) durch den Ras-MAPK Signalweg transkriptionell aktiviert (argos, kekkon,
sprouty; Übersicht in Shilo, 2003). Interessant ist hierbei, dass Kekkon ein Transmembranprotein ist,
das eine Ig Domäne besitzt. Seine inhibitorische Wirkung erreicht Kekkon durch eine Bindung mit der
extrazellulären Domäne des EGFR (Ghiglione et al., 1999). Ein weiterer Inhibitor des EGFR
Signalwegs konnte jüngst beschrieben werden. Echinoid (Ed) ist wie Rst ein Zelladhäsionsmolekül
der Ig Superfamilie, besitzt aber 6 Ig-Domänen (Bai et al., 2001). Die extrazelluläre Domäne zeigt
eine signifikante Ähnlichkeit zu Rst (Strünkelnberg et al., 2003). Es konnte gezeigt werden, dass Ed in
der Augenimaginalscheibe inhibierend auf den EGFR Signalweg während der Spezifizierungsprozesse
der ersten Retinulazellen einwirkt (Rawlins et al., 2003; Spencer und Cagan, 2003). Der genaue
Mechanismus der inhibitorischen Wirkung ist unbekannt und umstritten. Allerdings deuten
Kopräzipitationsexperimente auf eine direkte Interaktion von Ed mit EGFR hin (Spencer und Cagan,
2003). Die hierbei wechselwirkende Bindungsdomäne von Ed konnte allerdings nicht zweifelsfrei
bestimmt werden (Spencer und Cagan, 2003). Zudem konnte gezeigt werden, dass die intrazelluläre
Domäne von Ed essentiell für die EGFR reprimierende Wirkung von Ed ist (Bai et al., 2001; Islam et
al., 2003). Es gibt Evidenzen, dass die EGFR Inhibition durch Ed durch eine direkte Interaktion mit
Neuroglian (Nrg) aktiviert wird (Islam et al., 2003). Interessanterweise stellt DM-GRASP, ein
heterophiler Ligand des Vertebratenhomologs von Neuroglian (DeBernardo und Chang, 1996;
Hortsch, 1996), ein in Struktur und Sequenz verwandtes Molekül von Rst in Vertebraten dar (Ramos
et al., 1993). In Drosophila konnte eine genetische Interaktion zwischen Nrg und Rst gefunden werden
(Bader und Fischbach, nicht publizierte Ergebnisse). Neben seiner antagonistischen Wirkung auf den
EGFR Signalweg konnte für Ed eine synergistische Interaktion mit dem Notch Signalweg beschrieben
werden (Ahmed et al., 2003; Escudero et al., 2003). Ed besitzt ein Paralog in Drosophila, Friend of
Echinoid (Fred), dem in erster Linie eine Funktion bei der Modulation des Notch Signalwegs
zukommt (Chandra et al., 2003). Möglicherweise sind Rst und sein Paralog Kirre in ähnlicher Weise
in die eng interagierenden Notch und EGFR Signalwege integriert. In einem Enhancer / SuppressorScreen für den Augenphänotyp von rst Mutanten konnte gezeigt werden, dass Ras eine genetische
Interaktion mit rst aufweist (Tanenbaum et al., 2000). Hierbei wirken Ras Mutanten auf den rst
Phänotyp in der gleichen Weise wie Mutanten des Ras-MAPK Signalwegs auf den ed Phänotyp (Bai
et al., 2001; Spencer und Cagan, 2003; Tanenbaum et al., 2000). Für eine inhibitorische Funktion von
Rst auf den EGFR Signalweg lassen sich somit unterstützende Evidenzen in Publikationen finden.
Interessanterweise wurde für die Funktion des EGFR als Überlebenssignal im sich entwickelnden
Komplexauge von Drosophila ein anderer Ligand als Spitz postuliert (Wasserman et al., 2000). Mit
Keren konnte jüngst ein weiterer EGFR Ligand beschrieben werden, der diesen möglichen fehlenden
Liganden darstellt (Reich et al., 2002; Urban et al., 2002). Während Spi nur aktiv ist, wenn es
intrazellulär durch die Rhomboid Proteasen in seine sekretorische Form gespalten wird, ist Keren
Diskussion
111
möglicherweise auch in membrangebundener Form in der Lage, den EGFR Signalweg zu aktivieren
(Urban et al., 2002). Wenn man annimmt, dass Rst bei dem Signalprozess dieses Liganden eine
tragendere Rolle als bei den durch die anderen EGFR Liganden vermittelten Signalprozessen spielt,
könnte dies erklären, warum für rst nur bei diesem Prozess ein mutanter Phänotyp entdeckt werden
konnte. Bei den anderen EGFR Signalprozessen könnte Rst somit redundant durch die anderen
negativen Regulatoren des EGFR Signals abgesichert sein. Während der Spezifizierungsprozesse der
2° & 3° p.c. könnte Rst allerdings spezifisch mit Keren interagieren. Leider konnte wegen seiner
schwachen Expression bisher keine Expression von Keren beschrieben werden, wie auch bisher keine
keren Nullmutanten zur Verfügung stehen (Reich et al., 2002; Urban et al., 2002). Daher ist ungeklärt,
ob Keren tatsächlich der Ligand des EGFR Überlebenssignals im sich entwickelnden Komplexauge
von Drosophila ist.
Aktiviert der Ras-MAPK Signalweg die Expression von rst nur im Zusammenhang mit seiner
Überlebensfunktion?
Rst zeigt während der Zeitpunkte der durch EGFR gesteuerten Induktionsprozesse in der
Augenimaginalscheibe, die zu den Spezifizierungen der unterschiedlichen Zelltypen führen, ein
hochdynamisches Expressionsmuster in diesen Zellen (Reiter et al., 1996). Interessanterweise ist Rst
auch hierbei wie EGFR apikal in den Zellen lokalisiert (Reiter et al., 1996; Zak und Shilo, 1992).
Somit könnte Rst auch in diese Prozesse direkt oder indirekt involviert sein. Allerdings vermittelt das
durch Pnt aktivierte rstCCS1-3'BX-lacZ Enhancerkonstrukt keine Reportergenexpression in diesen Zellen
der Augenimaginalscheibe, so dass es keinen Hinweis dafür gibt, dass diese potentielle
Wechselwirkungsfunktion von Rst mit dem EGFR Signalweg unter der transkriptionellen Kontrolle
des Ras-MAPK Signalwegs steht. Die durch die rstCCS1-3'BX Sequenz vermittelte Reportergenexpression
kann allerdings auf eine Aktivierung von rst durch den Ras-MAPK Signalweg im Zusammenhang mit
weiteren Überlebensfunktionen des EGFR schließen lassen. Eine differentielle Aktivierung von
Zielgenen durch den Ras-MAPK Signalweg ist ein bekannter Prozess (siehe unten). Die durch die
entsprechende rst cis-Sequenz vermittelten Reportergenexpressionen weisen ein zeitliches und
räumliches Muster auf, das mit bekannten Orten apoptotischer Prozesse in Übereinstimmung zu
bringen ist. Dies sind die bereits diskutierten IOC der pupalen Retina, sowie Zellen der embryonalen
ZNS-Mittellinie und Zellen des embryonalen ventralen Ektoderms. Eine Funktion des Ras-MAPK
Signalwegs als Überlebenssignal bei apoptotischen Prozessen innerhalb dieser Gewebe konnte bereits
beobachtet werden (siehe unten). Hierbei wirkt der Ras-MAPK Signalweg wie in den IOC der pupalen
Retina inhibitorisch auf das proapoptotische Molekül Hid (siehe unten). Die durch die rstCCS1-3'BX
Sequenz vermittelte Reportergenexpression zeigt somit eine bemerkenswerte Korrelation mit Orten
der EGFR Aktivierung, der Hid Expression und apoptotischen Prozessen, die im folgenden detailliert
für die einzelnen Gewebe dargelegt werden soll.
Neben den Zellen des sich entwickelnden Komplexauges konnten Gliazellen der ZNS-Mittellinie als
ein weiteres Gewebe der EGFR Überlebensfunktion identifiziert werden (Dong und Jacobs, 1997;
Scholz et al., 1997; Stemerdink und Jacobs, 1997). Mit Hilfe dieser Zellen konnte gezeigt werden,
dass der Ras-MAPK Signalweg die transkriptionelle Expression von hid durch Pnt inhibiert (Kurada
und White, 1998). Da zudem Hid von der MAPK durch Phosphorylierung auch direkt inhibiert wird
(Bergmann et al., 1998, 2002), konnte ein Modell der Wirkung der Ras-MAPK Überlebensfunktion
aufgestellt werden, in dem eine schnelle direkte Inaktivierung von Hid durch MAPK von einer lange
anhaltenden Reprimierung der transkriptionellen hid Expression durch Pnt gefolgt wird (Kurada und
White, 1998). Auch Rst zeigt eine späte embryonale Expression in Zellen der ZNS-Mittellinie
(Schneider, 1994; diese Arbeit). In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass diese späte
Diskussion
112
Rst Expression in Zellen der ZNS-Mittellinie von der frühen, durch Single minded vermittelten Rst
Expression in der ventralen Mittellinie zu trennen ist. Die späte ZNS-Mittellinien
Reportergenexpression wird also möglicherweise durch ein Ras-MAPK Signal aktiviert, und Rst ist
potentiell auch hier in Zellüberlebensprozesse involviert. Dass diese Funktionen von Rst bisher nicht
gefunden wurden, könnte an nur subtilen Phänotypen in den rst Mutanten liegen. Interessanterweise
sind hid Mutanten lebensfähig und zeigen nur recht milde Defekte (Kurada und White, 1998). Die cisSequenz für die rst Expression in der ZNS-Mittellinie findet sich im rstCCS1-3BBgl Fragment und ist
damit von den anderen potentiellen, durch Pnt induzierten Expressionen räumlich getrennt. Eine
leichte, sehr transiente Reportergenexpression in Zellen der ZNS-Mittellinie wird aber auch durch das
potentielle Pnt Response Element in rstCCS1-2,4BglX vermittelt. Dies wird weiter unten diskutiert.
Auch im ventralen Ektoderm ist rst Reportergenexpression durch das betreffende Fragment zu
finden. Wie bei der wildtypischen Rst Expression zeigen sich hierbei einzelne segmental angeordnete
Zellgruppen markiert. Allerdings konnte nicht ein perfektes Abbild der sehr kurzfristigen Expression
von Rst in den Zellen des ventralen Ektoderms durch die Reportergenexpression erzielt werden.
Während Rst in einer relativ großen bilateralsymmetrischen segmentalen Zellgruppe kurz vor
Abschluss der Gastrulation im ventralen Ektoderm exprimiert ist, zeigen sich durch das Reportergen
erst nach Abschluss der Gastrulation eine kleinere Anzahl an Zellen des ventralen Ektoderms markiert.
Der zeitliche Unterschied in der Expression lässt sich zum einen auf eine langsamere Synthese des
Reportergenprodukts gegenüber der Rst Synthese zurückführen, da im Falle des Reportergens erst das
Gal4 Protein produziert werden muss, bevor es die Transkription des Reportergens induzieren kann.
Zudem ist es ein allgemein beobachtetes Phänomen, dass Gal4 Linien, die auf dem auch in dieser
Arbeit benutzten pGaTB Originalvektor basieren, keine Expression in den Blastodermstadien von
Drosophila bis zur Vollendung der Gastrulation vermitteln (Brand und Perrimon, 1993; Tracey et al.,
2000). Dies ist eine Erklärung dafür, dass das frühe ventrale ektodermale Muster der rst Expression
nicht entdeckt werden kann, sondern nur noch dieselben Zellen oder ihre Abkömmlinge zu einem
späteren Zeitpunkt der Individualentwicklung. Zudem fällt auf, dass die Zellgruppe kleiner erscheint
als die etwas früher durch Rst markierten Zellen. Dies lässt sich mit dem Modell der Involvierung von
Rst in das Überlebenssignal des EGFR in Einklang bringen. Zum einen ist bekannt, dass Pnt in den
betreffenden Zellen exprimiert ist (Klämbt, 1993) und dass der EGFR in den Zellen des ventralen
Ektoderms zum betreffenden Zeitpunkt aktiv ist (Gabay et al., 1997a). Zum anderen zeigen das Muster
der Apoptose (Abrams et al., 1993; Pazdera et al., 1998) und die Expression der bekannten
proapoptotischen Gene hid, reaper und grim eine bemerkenswerte Übereinstimmung in segmentalen
Zellgruppen des ventralen Ektoderms zum betreffenden Zeitpunkt (Chen et al., 1996; Grether et al.,
1995; White et al., 1994). EGFR könnte also auch hier sein Überlebenssignal durch die Reprimierung
von Hid vermitteln, und Rst könnte als negativer Regulator in diesen Prozess involviert sein.
Wie lässt sich eine differentielle Aktivierung von rst durch den EGFR Signalweg nur in
Überlebensfragen verwirklichen?
Da in allen Zellen der Augenimaginalscheibe bis auf die IOC keine Reportergenexpression durch die
durch Pnt aktivierbare rstCCS1-3'BX cis-Sequenz vermittelt wird, scheint die Aktivität des EGFR
Signalwegs beim Prozess der Spezifizierung dieser Zellen nicht hinreichend für eine Induktion der rst
Expression in diesen Zellen. In der Tat ist es ein faszinierendes Problem, wie die differentiellen
Funktionen des EGFR durch ein und denselben Ras-MAPK Signalweg ausgeführt werden (Kurada
und White, 1998). Einige Studien liefern Hinweise auf die zu Grunde liegenden Mechanismen. Zum
einen konnte gezeigt werden, dass der Entwicklungszustand der Zellen, der sich durch die Expression
gewisser TF auszeichnet, für die Spezifität des Ras-MAPK Signals verantwortlich ist, indem die
Kombinatorik des Ras-MAPK Signals zusammen mit diesen TF und anderen Signalen in den
Diskussion
113
Enhancern der Zielgene integriert wird, so dass nur diese aktiviert werden (Flores et al., 2000; Halfon
et al., 2000). Neben dem Zeitpunkt des Signals wird auch ein Einfluss der Stärke des Ras-MAPK
Signals für die differentielle Aktivierung diskutiert (Xu et al., 2000). Hierbei könnte die differentielle
Blockierung von Zielgenen durch unterschiedliche Repressoren eine Rolle spielen, deren
unterschiedlicher, durch den Ras-MAPK Signalweg induzierter Derepressionsmechanismus eine
quantitative Spezifität des Ras-MAPK Signals vermittelt. Da neben Yan weitere durch den RasMAPK Signalweg modulierte Repressoren der Transkription wie Tramtrack (Ttk) bekannt sind (Xiong
und Montell, 1993), die zudem jeweils einen anderen Mechanismus der durch das Ras-MAPK Signal
vermittelten Derepression aufweisen (Übersicht in Xu et al., 2000), ist dies eine attraktive
Möglichkeit. prospero (pros) ist ein Beispiel eines Gens, dessen Enhancer durch Ttk und Yan
reprimiert wird (Xu et al., 2000). Für Ttk konnten in der rst cis-Sequenz allerdings keine Ttk
Konsensusbindungsstellen gefunden werden (AGGGCGG nach Xu et al., 2000). Alternativ könnte die
differentielle Sensitivität auch durch die Anzahl an ETS Bindungsstellen vermittelt werden. In vitro
hat Yan eine hundertmal höhere Affinität zu den ETS Bindungsstellen als Pnt (Xu et al., 2000), so
dass bei einer größeren Anzahl an ETS Bindungsstellen ein stärkeres Ras-MAPK Signal wirken muss,
um alle Yan Repressoren und alle Pnt Aktivatoren zu phosphorylieren, damit es zu einer Aktivierung
der Expression des Zielgens kommt. Da die durch Pnt aktivierbare rst cis-Sequenz nur in bestimmten
Zellpopulationen Reportergenexpression vermittelt, die in einem Zusammenhang mit der
Überlebensfunktion des EGFR Signalwegs gebracht werden können, und sich in ihr mehrere PntKonsensusbindungsstellen befinden, bietet die vorliegende Arbeit einen Zugang zu dieser
interessanten Fragestellung der differentiellen Spezifität des Ras-MAPK Signals. Bemerkenswert ist,
dass die ektopische Expression von Pnt allein hinreichend für die ektopische Aktivierung der
betreffenden rst cis-Sequenz ist (siehe Kap.4.4.). Diese durch scaGal4 vermittelte ektopische
Expression findet in ektodermalen Zellen statt, die in ihrer Herkunft und ihrem Differenzierungsgrad
den undifferenzierten Zellen der Augenimaginalscheibe vergleichbar sind. Da eine starke Expression
von Pnt allein also die Expression von rst induzieren kann, ist es gut möglich, dass im Falle von rst die
Stärke des Ras-MAPK Signals bestimmt, ob die Expression von rst induziert wird oder nicht.
Welche weiteren Hinweise gibt die Struktur des rst Enhancers auf eine Regulation durch den RasMAPK Signalweg?
Beinahe alle oben beschriebenen rst Reportergenexpressionen, die in einen Zusammenhang mit der
EGFR Überlebensfunktion gebracht werden können, werden durch das rstCCS1-2,4BglX Fragment
vermittelt. Sie können nicht mit dem rstEOR1-4,7E Fragment beobachtet werden und sind daher einer
kurzen ca. 500 bp langen Sequenz zuordbar (siehe Abb.26). Im Falle der Expression in der ZNSMittellinie ist dies allerdings problematisch. Zwar kann mit rstCCS1-2,4BglX eine leichte sehr transiente
Reportergenexpression in Zellen der ZNS Mittellinie beobachtet werden, eine starke, anhaltende
Expression wird aber mit der benachbarten rstCCS1-3BBgl Sequenz vermittelt (siehe Kap.4.2.5.). Da auch
die Reportergenexpressionen in den IOC und in den Zellen des embryonalen ventralen Ektoderms
durch rstCCS1-5,3BX, das die rstCCS1-2,4BglX und rstCCS1-3BBgl Sequenzen enthält, stärker und weitläufiger
vermittelt wird als durch rstCCS1-2,4BglX allein, wird für die Aktivierung der rst Expression in diesen
Zellen eventuell ein Kofaktor benötigt. Pnt.P2 wird bis zum Ende der Embryogenese in den Gliazellen
der Mittellinie exprimiert und bleibt also möglicherweise in diesen Zellen aktiv (Klämbt, 1993). Damit
übereinstimmend gibt es Hinweise, dass der Ras-MAPK Signalweg dauerhaft in diesen Zellen aktiv
bleibt (Bergmann et al., 2002; Kurada und White, 1998). Die Expression der beiden Pnt Isoformen in
der pupalen Retina wurde bisher nicht beschrieben, jedoch werden in der Augenimaginalscheibe beide
Moleküle weitflächig exprimiert (O`Neill et al., 1994; Rawlins et al., 2003), so dass für beide TF eine
anhaltende Expression in den IOC möglich scheint und sie auch hier als dauerhafte Aktivatoren von
Diskussion
114
rst in den IOC in Frage kommen. Da gezeigt werden konnte, dass Pnt die Expression von loco
zusammen mit Glial cells missing (Gcm) aktiviert, wird für die durch Pnt vermittelte, anhaltende
Expression von terminalen Differenzierungsgenen ein generelles Benötigen gewebespezifischer
Kofaktoren diskutiert (Granderath et al., 2000). Während der Spezifizierung der R7 Zelle in der
Augenimaginalscheibe kooperiert Pnt.P2 mit D-Jun bei der Regulation von Zielgenen (Treier et al.,
1995). Im Falle der ZNS Mittellinie ist dieser Kofaktor allerdings nicht mit Pnt.P2 funktional (Scholz
et al., 1997), so dass die Identität eines potentiellen Kofaktors in Zellen der Mittellinie unbestimmt ist.
Die für eine kooperative Aktivierung notwendige Pnt Bindungssequenz müsste in der rstCCS1-3BBgl
Sequenz liegen, während in rstCCS1-2,4BglX die unmittelbar durch den Ras-MAPK Signalweg aktivierte
Sequenz lokalisiert ist. Neben der Möglichkeit eines Kofaktors für die anhaltende Aktivierung von rst
in den Zellen der Mittellinie und in den IOC käme auch eine synergistische Wirkung aller Pnt
Bindungsstellen in Frage, die möglicherweise über den Bruchpunkt von rstCCS1-2,4BglX und rstCCS1-3BBgl
verteilt liegen. Interessanterweise befindet sich in unmittelbarer Nähe des Bruchpunkts in der rstCCS12,4BglX
Sequenz eine zwischen D. melanogaster und D. pseudoobscura konservierte PntKonsensusbindungsstelle. Weitere Pnt-Konsensusbindungsstellen sind über beide Sequenzen verteilt.
Alternativ könnte die durch rstCCS1-3BBgl vermittelte Reportergenexpression in Zellen der ZNSMittellinie auch auf dem Verlust einer reprimierenden Sequenz basieren, ganz analog wie das für Ttk
diskutiert wurde (siehe oben). Oder die Reportergenexpression des rstCCS1-3BBgl Fragments wird
generell durch einen anderen TF aktiviert, und nur die transiente Reportergenexpression des rstCCS12,4BglX
Fragments in der ZNS Mittellinie steht in einem Zusammenhang mit dem Ras-MAPK Signal.
.
5.3.3. Ist der Ras-MAPK Signalweg auch in Zellsortierungsprozesse vor der Apoptose
involviert?
Das durch Pnt aktivierbare rstCCS1-5,3BX-Gal4 Konstrukt vermittelt Reportergenexpression in den IOC
ab einem Zeitpunkt kurz vor den Prozessen, die zur Eliminierung überzähliger IOC durch Apoptose
führen. Wurden mit Hilfe des rstCCS1-5,3BX-Gal4 Konstrukts Rst und Hbs in IOC überexprimiert, so
zeigte sich eine Störung der Zellsortierung der IOC, die zu einem starken Phänotyp rauher Augen
führte. Dieses Experiment wird in Kap.5.5. eingehend diskutiert. Hier sei darauf hingewiesen, dass
diese Resultate zeigen, dass die durch das rstCCS1-5,3BX-Gal4 Konstrukt vermittelte Expression somit
schon in IOC vor den Zellsortierungsprozessen vermittelt wird. Eine durch rstCCS1-5,3BX-Gal4
vermittelte Reportergenexpression ist ab P20 klar erkennbar. Durch diese frühe Überexpression von
Rst bzw. Hbs in IOC wird die Zellsortierung der IOC gestört und somit der Prozess der Apoptose
unterbunden. Dies kann erklären, warum Rst durch seine oben postulierte Rolle als Inhibitor des
EGFR Überlebenssignalwegs bei Überexpression in IOC nicht zu einer vermehrten Apoptose führt.
Sollte die durch das rstCCS1-5,3BX-Gal4 Konstrukt vermittelte Expression in IOC nur von Pnt abhängen,
so würde dies zeigen, dass der EGFR auch in den Prozess der Zellsortierung vor der Apoptose
involviert ist. Diese Funktion des EGFR wurde bisher nicht explizit beschrieben, so dass durch die
vorliegende Arbeit ein experimenteller Zugang für eine Untersuchung dieser potentiellen neuen EGFR
Funktion gegeben ist. Interessanterweise kann in den Publikationen, in denen die Überlebensfunktion
des EGFR Signalwegs in der pupalen Retina durch die Überexpression einer aktivierten Ras Form in
allen Zellen des sich entwickelnden Komplexauges beschrieben wird, nicht nur ein Ausbleiben der
Apoptose, sondern auch ein Ausbleiben der Zellsortierung beobachtet werden (Miller und Cagan,
1998; Sawamoto et al., 1998).
Diskussion
115
5.4. Die Regulation von rst durch den Notch Signalweg
5.4.1. Die Expression von rst wird durch einen Effektor des Notch Signalwegs ektopisch
aktiviert
In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass ektopische Expression von Su(H)-VP16, einer
konstitutiv aktivierten Form von Su(H), in neuroektodermalen Zellen des Embryos zu ektopischer
Expression von Rst in diesen Zellen führt. Nicht aktiviertes Su(H) konnte den Erwartungen
entsprechend rst nicht ektopisch aktivieren. Die durch Su(H)-VP16 vermittelte ektopische Aktivierung
wirkt auf die rstCCS1-3'BX Sequenz. Innerhalb dieser Sequenz konnte ein Enhancer kartiert werden, der
Reportergenexpression in Interommatidialzellen (IOC) zu einem Zeitpunkt vermittelt, da apoptotische
Entscheidungen in diesen Zellen getroffen werden. Bei diesem Prozess spielt der Notch Signalweg
eine entscheidende Rolle. In dem Bereich, der die Reportergenexpression in den IOC vermittelt, findet
sich eine Su(H) Konsensusbindungsstelle, die zwischen D. melanogaster und D. pseudoobscura
konserviert ist. Vier weitere Su(H) Konsensusbindungsstellen finden sich in der gesamten durch
Su(H)-VP16 aktivierbaren rstCCS1-3'BX Sequenz. Für eine direkte Interaktion zwischen Su(H) und dem
rst Enhancer gibt es daher starke Evidenzen. In diesem Zusammenhang muss darauf verwiesen
werden, dass gezeigt werden konnte, dass Su(H)-VP16 in frühen Embryonen in der Lage ist, auch sim
ektopisch zu aktivieren (Morel und Schweisguth, 2000). Die in der vorliegenden Arbeit beobachtete
ektopische Aktivierung von rst durch Su(H)-VP16 kann aber nicht durch eine zwischengeschaltete
Aktivierung der Expression von sim ausgelöst worden sein, da Su(H)-VP16 bei den Experimenten von
Morel und Schweisguth nur in der Lage war, sim zu einem deutlich früheren Zeitpunkt der
Embryonalentwicklung (Stadium 5) ektopisch zu aktivieren. Zu dem Zeitpunkt der ektopischen
Aktivierung, der in der vorliegenden Arbeit gewählt wurde (ab Stadium 10), konnte sim nicht mehr
ektopisch durch Su(H)-VP16 aktiviert werden (Morel und Schweisguth, 2000). Dies liegt daran, dass
entsprechende Kofaktoren der frühen sim Transkriptionsaktivierung nur im frühen Embryo vorliegen
(Morel und Schweisguth, 2000).
5.4.2. Eine mögliche Funktion der rst Aktivierung durch den Notch Signalweg:
Kontrolle der Apoptose
Wie für den EGFR Signalweg, so kommen auch für den Notch Signalweg mehrere Zeitpunkte
während der Entwicklung von Drosophila für eine Regulation von rst in Frage. Auf eine potentielle
Regulation in mesodermalen Zellen wird in Kap.5.2. eingegangen.
Hier wird eine potentielle Abhängigkeit der rst Expression von Notch während der Entwicklung des
Komplexauges diskutiert. In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass Rst in der larvalen
Augenimaginalscheibe auch in Abwesenheit von funktionalem Notch exprimiert wird. Zudem ist
bekannt, dass Rst auch in der pupalen Retina von Notch Mutanten exprimiert wird, auch wenn es dort
eine veränderte Lokalisierung aufweist (Gorski et al., 2000). Daher scheint der Notch wie der RasMAPK Signalweg nur modulierend auf die rst Expression in Zellen des sich entwickelnden
Komplexauges einwirken zu können. Mit einem Modell, in dem Rst in einen negativen
Rückkoppelungsmechanismus des EGFR Signalwegs bei seiner Überlebensfunktion integriert ist
(siehe Kap.5.3.2. & Abb.62), ließe sich allerdings die beobachtete ektopische Aktivierung von rst
durch Notch gut erklären (siehe unten).
Diskussion
116
Die Funktion des Notch Signalwegs bei der Apoptose überzähliger IOC in der pupalen Retina
Frühe Experimente führten zu der Annahme, dass ein Notch Signal aus den 1° p.c. für die Apoptose
überzähliger IOC in der pupalen Retina verantwortlich ist, da in Notch Mutanten die Differenzierung
der 1° p.c. blockiert ist und es zu keiner Apoptose der IOC kommt (Cagan und Ready, 1989). In
Zellablationsexperimenten konnte allerdings gezeigt werden, dass es in wildtypischen Ommatidien
nach Entfernen von 1° p.c. weiterhin zur Apoptose kommt (Miller und Cagan, 1998). Dies zeigt, dass
die proapoptotische Funktion von Notch von seiner Funktion während der Differenzierung der 1° p.c.
zu trennen ist und dass Notch innerhalb der IOC Zellgruppe proapoptotisch wirkt (Miller und Cagan,
1998). In Übereinstimmung mit seiner Funktion innerhalb der IOC zeigt Notch eine deutliche
Expression innerhalb dieser Zellen, während es in den 1° p.c. und den Kristallkegelzellen im
betreffenden Zeitraum nur schwach exprimiert ist (Fehon et al., 1991; Kooh et al., 1993; Parks et al.,
2000). Delta wird dagegen zu diesem Zeitpunkt in hoher Konzentration innerhalb der
Kristallkegelzellen exprimiert (Kooh et al., 1993; Parks et al., 2000) und in schwächerem Ausmaß in
1° p.c. und in einigen IOC (Parks et al., 1995). Delta ist der einzige bekannte Ligand von Notch, der in
der pupalen Augenscheibe exprimiert ist. Da Delta in Mutantenanalysen bisher aber keine besondere
Rolle während retinaler Apoptoseprozesse zugeschrieben werden konnte, ist es umstritten, ob Delta
entscheidend in den Notch Signalweg während dieses Prozesses eingebunden ist (Brachmann und
Cagan, 2003). Ein Modell der retinalen Apoptose geht davon aus, dass ein proapoptotisches Notch
Signal innerhalb der IOC durch Delta generiert wird (Miller und Cagan, 1998). Interessanterweise
konnte in Experimenten mit temperatursensitiven Notch und Delta Mutanten gezeigt werden, dass die
spezifische Lokalisierung von Rst zwischen den IOC und den 1° p.c. in diesen Mutanten während des
betreffenden Zeitraums gestört ist. Rst ist nun auf den Grenzen zwischen den IOC zu finden (Gorski et
al., 2000). Zudem wurde eine genetische Interaktion von rst und Delta bei der retinalen Apoptose
beschrieben (Tanenbaum et al., 2000).
Eine mögliche Funktion der Aktivierung der rst Expression durch Notch bei der Apoptose
Basierend auf den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit und bekannten Ereignissen innerhalb der IOC
lässt sich über die Funktion einer potentiellen Aktivierung der rst Expression in den IOC während
apoptotischer Prozesse spekulieren. Da die Expression von rst sowohl durch den Notch als auch den
Ras-MAPK Signalweg induziert werden kann, wurde in der vorliegenden Arbeit ein mögliches Modell
aufgestellt, dass die Funktionen beider Signalwege berücksichtigt (siehe Abb.62). Im Folgenden soll
die mögliche Rolle des Notch Signalwegs innerhalb dieses Modells diskutiert werden.
Durch den EGFR Signalweg wird die Spezifizierung der IOC zu 2° & 3° p.c. induziert. Dabei wird
analog zu den Spezifizierungen der anderen Zellen in der Augenimaginalscheibe (Tsuda et al., 2002)
durch den Ras-MAPK Signalweg möglicherweise auch die Expression von Delta in diesen Zellen
aktiviert. Durch diese Delta Expression würde der Notch Signalweg in den Nachbar-IOC aktiviert,
was nun nicht induzierend auf diese wirkt. Vielmehr würde gemäß einem der lateralen Inhibition
analogen Mechanismus das Differenzierungspotential dieser Zellen reprimiert, so dass das Notch
Signal hierbei in einen Wettbewerb der Zellen um die schnellste Differenzierung involviert ist. In
Übereinstimmung mit einer potentiellen Funktion der lateralen Inhibition des Notch Signalwegs zeigt
sich eine Expression der E(spl) Gene in den IOC zu dem betreffenden Zeitpunkt (Brachmann und
Cagan, unpublizierte Ergebnisse, zitiert in Brachmann und Cagan, 2003). Die E(spl) Gene codieren für
transkriptionelle Repressoren, die die laterale Inhibiton des Notch Signalwegs in anderen Geweben
vermitteln (siehe Kap.2.3.3.3.). Auf die 1° p.c. kann das Notch Signal keinen Einfluss mehr nehmen,
da diese schon differenziert sind. Die Verliererzellen des Differenzierungswettbewerbs unterziehen
sich der Apoptose, wobei das Notch Signal möglicherweise zudem eine direktere Rolle einnimmt.
Eine mögliche Funktion von Rst in diesem Prozess ist die Reprimierung des EGFR Überlebenssignals
Diskussion
117
in den IOC. Die Zellen, die sich nicht zu differenzieren vermögen, werden sterben. Eine Aktivierung
von rst durch Notch ließe sich sehr gut mit diesem Modell vereinbaren. Die IOC, die ein verzögertes
Differenzierungspotential gegenüber ihren Nachbarzellen zeigen, erhalten mehr Notch Signal aus der
Nachbarzelle und exprimieren somit mehr Rst, so dass der EGFR Signalweg in diesen Zellen stärker
reprimiert wird, was die Überlebensfunktion des EGFR schneller abstellt. Unterstützung erhält dieses
Modell durch eine beschriebene genetische Interaktion zwischen rst und Delta Mutanten (Tanenbaum
et al., 2000). Delta Mutanten wirken hierbei als dominante Enhancer des Augenphänotyps von rst.
Weitere Unterstützung für dieses Modell geben die bekannten Funktionen von Echinoid (Ed), dessen
extrazelluläre Domäne signifikante Ähnlichkeit mit Rst aufweist (Strünkelnberg et al., 2003) und das
antagonistisch auf den EGFR Signalweg und synergistisch mit dem Notch Signalweg wirkt (Ahmed et
al., 2003; Bai et al., 2001; Escudero et al., 2003; Rawlins et al., 2003; Spencer und Cagan, 2003).
Während Ed diese Funktionen bei Spezifizierungsprozessen einnimmt, würden Rst demnach
äquivalente Funktionen während apoptotischer Prozesse zukommen.
Gemäß diesem Modell könnte man im Idealfall ein alternierendes Muster sterbender und überlebender
Zellen in der Zellreihe der IOC erwarten. Während diskutiert wird, dass der Prozess der Apoptose der
IOC ein nicht zufälliges Muster aufweist (Brachmann und Cagan, unpublizierte Ergebnisse, zitiert in
Brachmann und Cagan, 2003), kann in Augenscheiben, in denen der Zelltod unterbunden wurde und
in denen die an der Apoptose gehinderten Zellen mit einem Antikörper gegen eine aktivierte Caspase
visualisiert worden sind, kein regelmäßiges Muster sterbender Zellen erkannt werden (Yu et al., 2002).
In diesem Zusammenhang ist allerdings anzumerken, dass ein potentieller Mechanismus der lateralen
Inhibition durch die Tatsache kompliziert wird, dass die Zellen des Borstenkomplexes in der IOC
Zellreihe zu diesem Zeitpunkt bereits spezifiziert sind (Cagan und Ready, 1989b; Wolff und Ready,
1991). Zudem besitzen die IOC über feine zytoplasmatische Ausläufer nicht nur Kontakt zu den
Nachbarzellen, sondern auch zu weiter entfernten Zellen im betreffenden Zeitraum der
Pupalentwicklung (Fröhlich, 2001). Daher kann nicht von einem alternierenden Muster sterbender und
überlebender IOC ausgegangen werden.
5.5. Überexpressionsexperimente mit einer konstruierten rst-Gal4 Linie
liefern Hinweise auf Funktionen von Rst, Hbs und Sns während
apoptotischer Prozesse und auf eine mögliche nicht-zellautonome
autoregulatorische Wirkung von Rst
Um Nutzen aus den in der vorliegenden Arbeit konstruierten rst-Gal4 Linien zu ziehen und die Rolle
der interagierenden Moleküle Rst, Hbs und Sns beim Prozess der Zellsortierung vor der Apoptose in
der pupalen Retina zu untersuchen, wurden diese drei Moleküle jeweils mit Hilfe des rstCCS1-5,3BX-Gal4
Konstrukts in Interommatidialzellen (IOC) im betreffenden Zeitraum überexprimiert. Bisher gab es
keine Gal4-Linie, die eine spezifische IOC Expression zu diesem Zeitpunkt vermittelt, so dass die in
dieser Arbeit erstellten rst-Gal4 Linien ein wertvolles experimentelles Werkzeug darstellen. Während
Rst im Wildtyp vor allem eine starke Expression in den IOC zeigt, werden Hbs und Sns in den 1° p.c.
exprimiert (Bonengel, 2002; Reiter et al., 1996). Alle drei Moleküle akkumulieren an der Grenze
zwischen den 1° pc und den IOC und vermitteln in trans durch ihre adhäsiven Eigenschaften den
Prozess der Zellsortierung vor der Apoptose (Bonengel, 2002). Die Überexpression von Hbs bzw. Rst
führte zur Ausbildung stark rauher Augen, während durch Sns dieser Phänotyp nur sehr leicht
ausgebildet wurde. Diese unterschiedlich schweren Ausprägungen des gleichen Phänotyps durch Rst,
Diskussion
118
Hbs und Sns stimmen mit Experimenten überein, in denen die drei Moleküle mit einer
unspezifischeren Gal4-Linie überexprimiert wurden (Mz1369-Gal4; Bonengel, 2002). Eine genaue
Untersuchung der durch Überexpression in IOC vermittelten Phänotypen zeigte, dass durch
Überexpression von Rst bzw. Hbs die Zellsortierung gestört ist, so dass es zur Ausbildung des
schweren Augenphänotyps kommt. Bei Überexpression von Hbs finden sich zudem benachbarte
Ommatidien, zwischen denen keine IOC vorhanden sind. Bei Überexpression von Sns scheint die
Zellsortierung möglicherweise verzögert, aber doch erfolgreich stattzufinden. Die Verteilung des
endogenen Rst in den Sns überexprimierenden IOC erscheint normal. Einzelne korrekt sortierte,
überzählige IOC, die nicht durch Apoptose entfernt wurden, finden sich zu späteren
Entwicklungszeitpunkten in der pupalen Retina. Dies deutet auf eine mögliche direktere Rolle von Sns
bei den apoptotischen Prozessen von IOC. Alternativ könnte dieser Phänotyp auch in einer
verzögerten Sortierung der IOC begründet liegen. Klar ist jedoch, dass Rst und Hbs eine
herausragende Rolle bei den Prozessen der Zellsortierung vor der Apoptose spielen. Durch die
Überexpression von Rst bzw. Hbs ist die Verteilung von Rst im für die Sortierung kritischen Stadium
in den IOC gestört, was eine Erklärung für das Ausbleiben der Zellsortierung liefert.
Überraschenderweise findet sich bei Überexpression von Rst in den IOC ein sehr
uneinheitliches Bild der Rst Verteilung in der Augenscheibe. Rst wird nicht in allen, sondern nur in
Subpopulationen der IOC stark angereichert. Zudem kommt es zu einer starken Expression von Rst in
einzelnen 1° p.c. und Kristallkegelzellen, obwohl das rstCCS1-5,3BX-Gal4 Konstrukt nur
Reportergenexpression in IOC vermittelt. Interessanterweise konnte keine ektopische Rst Expression
in den 1° p.c. und Kristallkegelzellen des gleichen Ommatidiums gefunden werden, wie auch die den
stark Rst-immunreaktiven 1° p.c. benachbarten IOC zumeist nur schwach mit Rst markiert sind. Dies
zeigt, dass Rst möglicherweise seine eigene Expression in benachbart liegenden, differentiellen
Zelltypen unterdrückt. Obwohl Rst in diesen Versuchen in IOC überexprimiert wird, finden sich
allerdings Kristallkegelzellen und 1° p.c. stark durch Rst markiert. Dies kann dahingehend gedeutet
werden, dass Rst ausgehend von seiner Expression in einem Zelltyp (IOC) seine Expression in einem
benachbart liegenden Zelltyp (1° p.c.) induziert, wodurch die Rst-Expression im signalisierenden
Zelltyp (IOC) schließlich unterdrückt wird. Von den 1° p.c. ausgehend kann die Rst-Expression dann
nach dem gleichen Mechanismus in den Kristallkegelzellen aktiviert und den 1° p.c. unterdrückt
werden. Dies könnte erklären, warum eine Überexpression von Rst in IOC zu einem Verlust seiner
Expression in diesen Zellen und zu einer ektopischen Expression in Nachbarzellen führen kann, die
durch diesen autoregulatorischen Mechanismus sogar von den IOC über die 1° p.c. zu den
Kristallkegelzellen gelangen kann.
5.6. Gibt es eine posttranskriptionelle Regulation der rst Expression?
Die in der vorliegenden Arbeit beobachtete anhaltende lacZ-Reportergenexpression durch die rstCCS1Sequenz in der embryonalen Mittellinie, die einer zweiphasigen Expression des Rst Proteins in
Zellen der embryonalen Mittellinie gegenübersteht, kann auch in einem anderen Mechanismus als
einem verzögerten Proteinabbau des lacZ-Reportergenprodukts (siehe Kap.5.1.2.) eine Erklärung
finden. Die Bedeutung posttranskriptioneller Regulationen der Genexpression durch microRNAs
(miRNAs) findet mittlerweile große Beachtung (Ambros, 2003; Carrington und Ambros, 2003).
Interessanterweise konnte rst als ein potentielles Target der Regulation durch miRNAs identifiziert
werden (Stark et al., 2003; http://www.russell.embl.de/miRNAs). miRNAs sind kleine RNA3BBgl
Diskussion
119
Moleküle, die die Genexpression regulieren, indem sie die Stabilität oder die Translation von mRNAs
beeinflussen. Diese Wirkung erreichen sie durch eine Wechselwirkung mit einer zu ihrer Basenfolge
komplementären Zielsequenz innerhalb der zu regulierenden mRNA (Brennecke und Cohen, 2003).
Im Gegensatz zu small interfering RNAs (siRNA) besitzen miRNAs keine perfekte Komplementarität
zur Zielsequenz, so dass diese mRNAs nicht wie bei siRNAs einem Abbaumechanismus zugeführt
werden, sondern dass durch die Bindung der miRNAs die Translation der betreffenden mRNAs
unterbunden wird (Brennecke und Cohen, 2003). Bisher konnten 76 von den auf 100-120 geschätzten
miRNAs in Drosophila identifiziert werden (Brennecke und Cohen, 2003). Anhand der Sequenzen
bekannter miRNAs lassen sich potentielle Zielgene dieser miRNAs innerhalb eines Genoms
identifizieren. In solch einer computerunterstützten Analyse wurden im 3'-UTR der rst mRNASequenz potentielle Zielsequenzen für eine Regulation durch die beiden miRNAs miR-12 und miR-14
identifiziert (Stark et al., 2003; http://www.russell.embl.de/miRNAs). Besonders miR-12 scheint ein
Kandidat für eine posttranskriptionelle Regulation von rst zu sein, da rst die Kriterien einer
potentiellen Regulation durch miRNAs als sechstbestes Gen innerhalb des Drosophila Genoms für
miR-12 erfüllt (Stark et al., 2003; http://www.russell.embl.de/miRNAs). In der Liste potentieller
Zielgene von miR-14 erscheint rst an Posititon 65. Die in diesen Studien erzielten Hinweise auf eine
potentielle posttranskriptionelle Regulation der rst Expression durch miRNAs müssen nun ihre
experimentelle Bestätigung finden.
Danksagung
6.
120
Danksagung
Ein besonderer Dank gilt Prof. Dr. Karl-Friedrich Fischbach, der das Thema dieser Arbeit
anregte, und der das Fortschreiten dieser Arbeit mit großem Interesse verfolgte. Seine hilfreichen und
kritischen Anregungen waren bei der Fertigstellung dieser Arbeit von großem Wert. Er gab mir die
Möglichkeit, zahlreiche Kongresse zu besuchen und einen wertvollen Aufenthalt im Ausland zu
verbringen.
Bei diesem Aufenthalt an der Universität Sao Paulo, Ribeirao Preto, Brasilien, scheute Prof.
Dr. Ricardo G. P. Ramos keine Mühen, mir die Integration in seinem Labor so einfach wie möglich zu
gestalten. Er gab wertvolle Anregungen für diese Arbeit und unterstützte mich bei allen meinen
Vorhaben.
Herzlich danken möchte ich allen Mitgliedern der Arbeitsgruppe von Prof. Fischbach, die eine
angenehme Atmosphäre im Labor gewährleisteten und einem stets Unterstützung gewährten. Dr.
Martin Strünkelnberg ist nicht nur ein exzellenter Kollege, sondern auch ein hervorragender Freund.
Sein vielfältiger Enthusiasmus zeichnet ihn besonders aus. Über Martin Höhne lässt sich gleiches
sagen, nur dass er durch seinen Realismus hervorsticht. Dumme Ideen werden von ihm klar als solche
erkannt und gegen immer hilfreiche Alternativvorschläge ersetzt. Dr. Bernhard Bonengel ist
gleichfalls Freund und hilfreicher Kollege, dessen fränkisches Gemüt ich sehr zu schätzen lernte.
Smitha Vishnu erkennt mit sicherem Gespür stets den Kern der Dinge, so dass man ihre Analysen
ungeprüft als Handlungsmaxime verwenden kann. Alexander Hertenstein ist ein Fundus
molekularbiologischen Wissens, das er gerne teilt. Es ist ein Vergnügen, mit ihm die Arbeitsstätte zu
teilen. Margit Böhler, Weronika Brinkmann und Liliana Falla-Christ haben mir sehr bei meinen
Arbeiten geholfen und sind mit ihrer zuvorkommenden Art die Integrationsfiguren der Arbeitsgruppe.
Die ehemaligen Labormitglieder Brigitte Bader, Marzia Barbieri, Melanie Kambacheld, Dr. Angela
Straube, Christian Reiter, Dr. Peter Robin Hiesinger, Harald Schau, Rajneesh Srivastava, Sham Prasad
VR und Prof. Dr. Gert de Couet gewährten eine angenehme Zusammenarbeit und hilfreiche
Unterstützungen. Meinen GroßpraktikantInnen Mahmut Yilmaz, Lars Tögel, Steffen Renner, Heike
König, Frauke Focke, Florian Renner und Tonia Oberlin danke ich für teilweise hartnäckige
Klonierungsarbeiten. Nach dieser Übung sind nun alle Meister.
Der Arbeitsgruppe von Prof. Ramos möchte ich für ihre äußerst liebenswürdige Aufnahme
danken. Besonderer Dank geht an Luciana Machado, Eneri Leite Mello und Daniel Leite Goés Gitai,
die mich beharrlich zum Mittagessen mitnahmen, auch wenn dadurch die Tischgespräche etwas
weniger rasant wurden. Herzlichen Dank an Mara Costa und Marcia Graeff für technische
Unterstützungen, Valdir für zahlreiche Fliegengläser und die abenteuerlichen Besuche von Comercial
Heimspielen. Dank an Livia M. Moda und Shirlei Octacilio da Silva für eine vergnügliche Stimmung,
Giuliana für eine leider vergebliche Fliegenkreuzung während meines Urlaubs und Luizinho für
Hilfsbereitschaft und Fliegen. Dank an das Hobbyfußballteam der Uni, das mich erfahren ließ, dass
Brasilianer auch nur mit Wasser kochen. Äußerst dankbar bin ich Renata, Milena, Julia, Patricia,
Andressa, Michi und Stefan, die mir alle den Aufenthalt jenseits der Arbeit zu einem Vergnügen
machten.
Dr. Regina Küper, Tatjana Sepin, Dr. Martin Strünkelnberg und Michael Pfizenmaier danke
ich herzlich für das eigentlich undankbare Korrekturlesen. Neben diesen Freunden gibt es noch eine
ganze Batterie weiterer Freunde, die mir hoffentlich nicht gram sind, wenn ich sie nicht explizit
aufzähle.
Meine Eltern haben mich immer unterstützt und mir alle Freiheiten eingeräumt. Diese Arbeit
ist ihnen gewidmet.
Lebenslauf
7.
121
Lebenslauf
Persönliche Angaben:
Schulbildung:
Aug. 1978 – Juni 1982
Aug. 1982 – Juni 1991
Zivildienst:
Sept. 1991 – Nov. 1992
Studium:
Nov. 1992 – Okt. 1994
Okt. 1994 – Jan. 1999
Name:
Holger Götz Friedrich Apitz
Geburtsort:
Tübingen
Geburtsdatum: 31.03.1972
Grundschule Tübingen-Hagelloch
Uhland-Gymnasium Tübingen, Abitur (Abschlussnote: 2,2)
Zivildienst an der Kinderklinik der Eberhard-Karls-Universität
Tübingen
Grundstudium der Biologie an der Julius-Maximilians-Universität
Würzburg, Vordiplom (Note: 2)
Hauptstudium der Biologie an der Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg, Diplom (Abschlussnote:1,3)
Studiumsschwerpunkte: Neurobiologie und Biophysik (Note:1,3),
Genetik und Molekularbiologie (Note:1,0), Tierphysiologie
(Note:1,0), Allgemeine Psychologie (Note:1,3)
Diplomarbeit bei Prof. Dr. K.F. Fischbach, Institut f. Biologie III,
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg: "Schritte zur Charakterisierung
regulatorischer Regionen von irreC-rst in Drosophila" (Note:1,6)
Doktorarbeit:
Jan. 1999 – Dez. 2003
Jan. 2001 – Juni 2001
Doktorarbeit bei Prof. Dr. K.F. Fischbach, Institut f. Biologie III,
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg: "Die transkriptionelle
Regulation des roughest Gens in Drosophila melanogaster"
Laboraufenthalt bei Prof. Dr. R.G.P. Ramos an der Universität Sao
Paulo, Ribeirao Preto, Brasilien (gefördert durch das PROBRALProgramm des DAAD)
Publikationen
8.
122
Publikationen
Apitz H. 2002. pChs-Gal4, a vector for the generation of Drosophila Gal4 lines driven by identified
enhancer elements. Dros Inf Serv. 85: 118-120.
Apitz H, Straube A, Kambacheld M, Fischbach KF. Single minded, Dmef2, the Ras-MAPK and
the Notch pathway act on identified regulatory sequences of the rst gene in Drosophila melanogaster.
In Vorbereitung.
Apitz H, Fischbach KF. Single minded is a regulator of rst expression in the early embryonic
midline, but not in the optic lobes of Drosophila melanogaster. In Vorbereitung.
Posterpräsentationen:
Apitz H, Fischbach KF. 2003. The roughest gene is regulated by single-minded in the embryonic
midline, but sim is not required for Rst expression in the optic lobes of Drosophila melanogaster. 18th
European Drosophila Research Conference 2003, Universität Göttingen
Apitz H, Fischbach KF. 2003. Regulation of roughest expression by single-minded, a CNS midline
selector gene in Drosophila. Neurex Annual Meeting 2003 – Neurogenetics: from the molecule to
man, Universität Basel, Schweiz
Apitz H, Fischbach KF. 2003. Regulation of roughest expression by single-minded, a CNS midline
selector gene in Drosophila. Internationales Symposium des SFB 505 – Exocytosis from Neurons,
Universität Freiburg
Apitz H, Fischbach KF. 2002. Dissection of rst expression. Neurofly2002 – 9th Symposium on
Drosophila Neurobiology, Universität Dijon, Frankreich
Apitz H, Ramos RGP, Fischbach KF. 2001. Dissection of the regulatory region of the rst gene.
Neurex Annual Meeting 2001 - Imaging the Brain, Universität Straßburg, Frankreich
Apitz H, Kambacheld M, Straube A, Fischbach KF. 2000. Regulatory regions of the irreC-rst gene.
Joint Meeting of Neurex and Reunion Neurologique, Universität Freiburg
Apitz H, Kambacheld M, Straube A, Fischbach KF. 2000. Regulatory regions of the irreC-rst gene.
Neurofly2000 – 8th European Symposium on Drosophila Neurobiology, Universität Alicante, Spanien;
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Apitz H, Kambacheld M, Straube A, Fischbach KF. 1999. Regulatory regions of the irreC-rst gene.
Neurex Annual Meeting 1999 - Life Sciences Conference in Neuroscience, Kongresszentrum Messe
Basel, Schweiz
Publikationen
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Apitz H, Kambacheld M, Straube A, Fischbach KF. 1999. Regulatory regions of the irreC-rst gene.
16th European Drosophila Research Conference, Universität Zürich, Schweiz
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