Garantie: Vorsicht vor falschen Versprechen!

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Solar
Garantie: Vorsicht vor
falschen Versprechen!
Verkäufer von Solarmodulen
werben oft mit langen
Garantiezeiten. Wie viel
Sicherheit sie wirklich bieten,
erläutert Dr. Margarete
Spiecker, Rechtsanwältin
aus Regensburg.
W
ir geben eine 10-jährige Produktgarantie gekoppelt mit einer 25-jährigen Leistungsgarantie für die Photovoltaik-Module“,
versprechen viele Modulhersteller vollmundig in der Werbung. Beim genaueren Hinsehen können die Garantiebedingungen der Hersteller aber für den
Kunden tückisch sein. Ein typisches Beispiel dafür sind versteckte Klauseln, wonach der Hersteller im Garantiefall für
den Aus- und Wiedereinbau der Module
nicht haftet. Eine solche Klausel hatte
sich ein ausländischer Modulhersteller
mit Niederlassung in München ausgedacht. Ein Verbraucherverband hat dagegen geklagt. Die Richter des Landgerichts München haben entschieden, dass
die Klausel gegenüber Verbrauchern
nicht weiterverwendet werden darf. Nebenbei stellen sie fest, wann Käufer von
Photovoltaikanlagen Verbraucherschutz
genießen.
Da es bisher kaum Urteile zu Herstellergarantien im Modulbereich gibt, lassen sich anhand dieses Falles eine Reihe
von Praxistipps für den Käufer ableiten.
1. Verständliche Klauseln: Gegen-
stand des Münchner Verfahrens war eine
Klausel des Modulherstellers, wonach er
weder für die Demontage defekter
Module, noch für den Einbau der ausgetauschten Module aufkommen musste.
Die Richter im Münchner Verfahren
Versicherung muss sein
Bei allen Unterschieden haben die
Garantiebedingungen in der Regel
eines gemeinsam: Der Hersteller
haftet danach nicht für entgangenen
Gewinn und sonstige Folgeschäden.
Der entgangene Gewinn umfasst
bei einer PV-Anlage vor allem die
Einspeiseverluste wegen Leistungsminderungen oder Betriebsunterbrechungen. Wenn ein Modul daher
mangelhaft ist, muss der Hersteller
zwar im Rahmen der Garantie das
Modul ersetzen. Die Einspeiseverluste während des Austausches werden
in der Regel dagegen nicht ersetzt.
Nur in Ausnahmefällen hat der
Käufer einen Anspruch auf entgangenen Gewinn. Dies kann z. B. der Fall
sein, wenn die Werbung des Herstel32
lers suggeriert, dass auch entgangener
Gewinn vom Hersteller ersetzt wird,
wenn sich der Hersteller mit der
Erfüllung des Garantieanspruchs in
Verzug befindet oder wenn ein entsprechender Haftungsausschluss als
allgemeine Geschäftsbedingung im
Einzelfall unwirksam ist. Um sich die
etwaigen Ansprüche wegen entgangenem Gewinn bestmöglich zu sichern,
muss der Endkunde rechtzeitig handeln
und gegenüber dem Hersteller seinen
Garantieanspruch sofort formgerecht
mit Fristsetzung geltend machen und
mahnen. Wie immer ist schriftliches
Vorgehen schon aus Beweisgründen
ratsam, möglichst vorab per Telefax und
als Einschreiben.
Auch für sonstige Folgeschäden
kippten diese Klausel, weil sie unklar
und widersprüchlich sei.
Denn der Hersteller hatte an anderer
Stelle der Geschäftsbedingungen zunächst die kostenlose Reparatur, den
kostenlosen Austausch oder die Bereitstellung zusätzlicher Module versprochen. Auch wollte er die Differenz zahlen, die sich eventuell zwischen der tatsächlichen Leistung der Module und der
zugesagten Leistung ergeben könnte.
Die vom Gericht gekippte Klausel wurde erst separat in den allgemeinen Geschäftsbedingungen nachgeschoben.
Diese Konstruktion riecht nach einem
ungewöhnlichen Einzelfall. Doch häufig
sind Garantiebedingungen so aufgebaut,
dass zunächst eine Leistung versprochen
wird und dann mehr oder weniger gravierende Haftungsausschlüsse folgen,
durchaus auch in allgemeinen Geschäftsbedingungen des Herstellers. Das
Urteil ist deshalb für die Praxis von erheblicher Bedeutung.
wollen Hersteller laut ihren Garantiebedingungen zumeist nicht haften.
Das sind zum Beispiel mangelbedingte
Schäden am Dach, wie Brandschäden.
Auch hier gilt, dass im Einzelfall
geprüft werden muss, ob trotz
anderslautender Formulierungen in
den Garantiebedingungen ausnahmsweise eine Garantiehaftung auch für
solche Schäden gegeben sein kann.
Bei Folgeschäden kommt im
Übrigen eine Haftung des Herstellers
nach dem Produkthaftungsgesetz in
Betracht. Ansonsten sind Folgeschäden und entgangener Gewinn
klassischer Inhalt von Mängelansprüchen. Außerdem greifen teilweise
Betriebsunterbrechungs- und
Maschinenbruchversicherungen.
Fazit: Herstellergarantien machen
diese Versicherungen keinesfalls
entbehrlich.
Foto: Sharp
Garantieansprüche haben Käufer
nicht nur gegen den Hersteller,
sondern auch gegen den
Installateur.
Streng genommen gilt das Münchner
Urteil nur für Verbraucher, nicht dagegen
für Unternehmer. Da aber jeder Erzeuger
von Solarstrom in der Regel Unternehmer ist, ist der Kreis derjenigen, die von
dem Urteil profitieren, größer.
Außerdem gelten auch Endkunden,
die mit der Anlage ihren Eigenstrombedarf decken wollen, als Verbraucher.
Darüber hinaus haben die Richter
festgestellt: Allgemeine Geschäftsbedingungen dürfen den Käufer nicht unangemessen benachteiligen. Dieser Fall kann
auftreten, wenn die Garantiebedingungen z. B. überraschende und unklare
Klauseln enthalten und die einmal definierten Garantieansprüche später wieder unangemessen einschränken.
2. Garantiebedingungen prüfen: Pro-
dukt- und Leistungsgarantien sind in der
Regel sogenannte Beschaffenheits- und
Haltbarkeitsgarantien. Der genaue Inhalt der Garantien ergibt sich vor allem
aus den Garantiebedingungen des Herstellers. Jeder Käufer sollte darauf bestehen, dass ihm sein Verkäufer die Garantiebedingungen vor dem Kauf übergibt
und dass es wirklich die passenden aktu-
ellen Regelungen sind, die speziell für
den Modultyp und den betreffenden
Vertrag gelten.
Der Käufer muss damit rechnen, dass
der Hersteller die Garantiebedingungen
gelegentlich ändert und dass Versionen
im Internet kursieren, die für seinen
Vertrag noch nicht oder nicht mehr
gelten.
Wenn die Garantiebedingungen unverständlich und widersprüchlich sind
oder etwa Montagekosten ausschließen,
muss der Kunde aufmerken. Dann ist
die Garantie vielleicht – je nach Formulierung – trotz einer langen Garantiedauer und hoher garantierter Leistungswerte nur wenig wert. Wenn er
den Vertrag trotzdem abschließt, muss
er die Risiken der Garantie realistisch
einkalkulieren. Er sollte im Garantiefall
wegen solcher Klauseln aber nicht gleich
aufgeben, denn es kann sein, dass eine
ungünstige Klausel unwirksam ist und er
doch mehr verlangen kann, als es zunächst den Anschein hat.
Wenn eine Ausschlussklausel unwirksam ist, führt das jedoch nicht dazu,
dass die gesamte Garantie nicht mehr
gilt. Je nach Formulierung der übrigen
Klauseln haftet der Modulhersteller
dann im Garantiefall auch für die Einund Ausbaukosten.
3. Werbung
aufbewahren. Die
Münchner Richter stellten fest, dass die
gegebene Garantie werbewirksam ist
und zum Kauf motiviert. Denn die Kunden schauen oft mehr auf die Werbung
als auf die kleingedruckten Garantiebedingungen. Gerade, wenn die Garantiebedingungen mit der Werbung nicht
ganz zusammenpassen, muss geklärt
werden, was von beiden gelten soll.
Die Werbung spricht dann häufig für
den Kunden. Im Streitfall kann auch die
Werbung des Solarteurs oder Zwischenhändlers entscheidend sein, der die Module vom Hersteller kauft und weiterveräußert. Daher sollte der Kunde zu
Beweiszwecken vor Vertragsschluss z. B.
Werbebroschüren und Prospekte sammeln, die Internetwerbung zu den Modulen ausdrucken und dies alles zum
Vertrag hinzunehmen und aufbewahren.
4. Gerichtsstand in Deutschland.
Wenn in den Garantiebedingungen ein
Gerichtsstand im Ausland oder die Gel33
Werbung animiert zum Kaufen.
Gegen falsche Versprechen können
sich Käufer wehren.
tung einer ausländischen Rechtsordnung
geregelt ist, kann ein Rechtstreit im
Garantiefall kompliziert und teuer werden – besonders, wenn deswegen
Sprachprobleme dazukommen. Manche
ausländische Hersteller verlangen den
Nachweis des Garantiefalls durch einen
Sachverständigen ihres Heimatlandes.
Kundenfreundlich ist das nicht. Ein
Anlagenbetreiber sollte deshalb für seine PV-Anlage in Deutschland Module
mit solchen Garantien auswählen, die
einen deutschen Gerichtsstand und die
Geltung deutschen Rechts vorsehen.
Übrigens ist nicht jede Gerichtsstandsvereinbarung wirksam. Das muss man
jeweils prüfen.
5. Gewährleistungsfrist: Garantie und
Gewährleistung sind zweierlei und dürfen nie verwechselt werden. Die Unterschiede zeigen sich besonders bei der folgenden Vertragskette: Der Hersteller verkauft die PV-Module an den Solarteur.
Dieser wiederum schließt einen Vertrag
mit dem Endkunden über die Lieferung
und Errichtung der gesamten PV-Anlage
und errichtet dann die Anlage.
Wenn eine Herstellergarantie vereinbart ist, sind die Garantieversprechen
oft so gestaltet, dass der Anlagenbetreiber als Endkunde Garantieberechtigter
ist und deshalb die Garantieansprüche
direkt gegen den Hersteller richten
kann. Wenn ein Modul mangelhaft ist,
spalten sich die Ansprüche des Endkun34
Foto: Solarschmiede
Foto: Spiecker
Foto: Solarschmiede
Solar
Fehler in einem Dünnschichtmodul, mit
einer Wärmebildkamera erfasst: Die rote
Stelle zeigt die mangelhafte Stelle an.
Fehler, der zur Leistungsminderung
führt: Mangelhafte Zellverbindungen
mit Glasbruch bei einem Solarmodul.
den auf: Seine Mängelansprüche während der Gewährleistungszeit hat er nur
gegen den Lieferanten, die Garantieansprüche während der Garantiedauer
kann er nur gegen den Hersteller geltend machen. Solange weder die Gewährleistungsfrist noch die Garantiedauer abgelaufen sind, hat der Kunde
daher häufig beide Ansprüche parallel.
Innerhalb dieser Frist sollte der Käufer
unbedingt auch beide Ansprüche effektiv
durchsetzen und die unterschiedlichen
Fristen und Verfahrensschritte jeweils
einhalten, z. B. rechtzeitig Klage erheben,
mahnen und den Schaden formgerecht
anmelden. Das kann auch das Risiko des
Käufers abmildern. Denn wenn später
der Hersteller oder der Solarteur in die
Insolvenz rutschen und deshalb einer der
beiden Ansprüche wertlos wird, ist es
gut, wenn zumindest der andere Anspruch noch durchgesetzt werden kann.
Inhaltlich können Ansprüche aus der
gesetzlichen Gewährleistung und Garantieansprüche übrigens weit auseinandergehen. Die Münchner Richter weisen
darauf hin, dass es dem Garantiegeber
frei steht, die Garantiehaftung für die
Ein- und Ausbaukosten auszuschließen,
wenn er dabei nur klar und widerspruchsfrei bleibt.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gilt allerdings,
dass der Verkäufer einer mangelhaften
Sache auch die Ein- und Ausbaukosten
zu tragen hat. Die Bedeutung dieser
Entscheidung für das nationale Recht ist
noch nicht endgültig geklärt. Laut Bundesgerichtshof ist der Verkäufer zumindest für die Ausbaukosten und die Abtransportkosten verantwortlich.
Wenn die Garantiebedingungen die
Ein- und Ausbaukosten nicht vorsehen,
bleiben dem Käufer unter Umständen
noch die Ansprüche aus der Mängelhaftung.
Das OLG Bamberg hat entschieden,
dass die gesetzliche Verjährungsfrist für
Mängelansprüche für eine FreiflächenPhotovoltaikanlage fünf Jahre beträgt.
Die Anlage sei als Bauwerk anzusehen.
Das ist neu, bislang wurde in der Photovoltaikbranche nur eine zweijährige Verjährungsfrist angenommen. Es bleibt
spannend, inwieweit diese Rechtsprechung auch auf Dach­flächenanlagen
ausgeweitet wird.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung werden fünfjährige Produktgarantien allerdings immer weniger
beeindrucken können.
6. Garantierte Leistung? Die Leis-
tungsgarantien für Module knüpfen an
die Nennleistung der Module an. Sie
versprechen, dass die Solarpaneele für
eine be-stimmte Dauer einen be-stimmten Prozentsatz der Nennleistung (z. B.
80 % für 20 Jahre) tatsächlich erzielen
können.
Manchmal ist die garantierte Leistung
auch zeitlich gestaffelt und fällt wie eine
Treppe z. B. in Jahresschritten
ab. Es sollte eindeutig geregelt sein, bei welchen Testbedingungen die Leistung erzielt werden muss und welche Testverfahren gelten.
Sonst gibt es später Probleme
in Beweisverfahren und bei
Laboruntersuchungen. Und
ohne Laboruntersuchungen
können die Ansprüche aus
Leistungsgarantien in der Regel nicht durchgesetzt werden.
Eine Leistungsminderung
der Module kann viele Ursachen haben. Die Hersteller
wollen aber meist nur für bestimmte Ursachen haften. So
finden sich Klauseln, wonach
die Garantie nur für Leistungsminderungen gilt, die
auf natürliche Alterserscheinungen (Degradation) zurückzuführen ist.
Bei anderen Herstellern erstreckt sich die Leistungsgarantie ausdrücklich auf die
Fälle, bei denen die Leistung
aufgrund von Material- und
Verarbeitungsfehlern des/der
PV Module zurückgeht.
Wer genau hinschaut, sieht
die Tücken der Formulierungen. Die Unterscheidung
zwischen natürlicher Alterserscheinung und Materialfehler bei den Modulen ist nur
schwer zu treffen.
Denn die natürliche Alterung hängt natürlich von
dem gewählten Material ab.
Kritisch ist auch, wenn gerade die natürliche Alterung
vom Garantiefall ausgeschlossen wird, denn dies ist
jedenfalls aus Sicht der Kunden der Hauptsinn einer
Haltbarkeitsgarantie.
7. Garantiezeit: Kunden und
Lieferanten sollten sich nicht
allein von der Garantiedauer
und den Zahlenwerten der
Leistungsgarantie leiten lassen. Wichtig ist auch, dass die
Garantiebedingungen klare,
gut durchsetzbare Garantieansprüche regeln und möglichst wenig Hürden aufstellen, z. B. wenig Haftungsausschlüsse, keine unklaren
Ermessenspielräume des Herstellers und ein einfaches Verfahren. Der Kunde sollte darauf achten, dass möglichst alle
Mängel in Material, Verarbeitung, Konstruktion und Funktion als Garantiefall gelten.
Gute Garantiebedingungen
regeln eindeutig, dass die defekten Module ausgetauscht
werden müssen und dass der
Hersteller auch die Transportkosten, die Kosten von
Laboruntersuchungen,
die
Demontage und Remontagekosten und die Entsorgungskosten trägt. Wenn es Alternativen zum Austausch gibt,
z. B. Kaufpreisminderung, den
Zubau weiterer Module oder
Schadenersatz, müssen diese
Alternativen klar formuliert
und fair sein.
Daher kann auch die kürzere Garantie in der Sache
besser sein. Jeder Anlagenbetreiber muss letztlich aber
selbst entscheiden, wie wichtig ihm gerade die lange Garantiedauer ist.
Schnell gelesen
• Garantieversprechen der Hersteller sind mit
Vorsicht zu genießen.
• Häufig gibt es im Kleingedruckten Klauseln, die
bestimmte Schäden ausschließen.
• Vor dem Kauf sollten Sie sich daher genauer mit
den Garantiebedingungen auseinandersetzen.
• Achten Sie darauf, dass der Gerichtsstand des
Herstellers in Deutschland ist.
• Garantien ersetzen keine Solar-Versicherung.
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