Innovationen für Darmkrebspatienten Leben mit Darmkrebs Vorwort Ramona Leiß Liebe Leserin, lieber Leser, auch für eine Journalistin wie mich führt erst die unmittelbare eigene Betroffenheit dazu, sich intensiv für Aufklärung und Information zu engagieren. So ist mir in der schweren Zeit der Darmkrebserkrankung meiner Mutter aufgefallen, dass es kaum Ratgeber zu diesem Thema gibt, die für den Patienten und dessen Angehörige verständliche, aber dennoch umfassende und detaillierte Informationen bieten. Informationen, auf die die Betroffenen in der extremen Lebenssituation dringend angewiesen sind. Denn mangelndes Wissen führt zu Ängsten und Missverständnissen und kann alle Betroffenen in tiefe Depressionen stürzen. Meine eigene Unwissenheit, die letztlich in Selbstvorwürfen und Schuldgefühlen mündete, hat mich nach dem Tod meiner Mutter in schwere Depressionen gestürzt. Nur durch eine zweijährige Psychotherapie war ich in der Lage, wieder ein annähernd normales Leben zu führen. Denn ich hatte endlich begriffen und akzeptiert, dass der Tod meiner Mutter nicht „meine Schuld“ war. Gute Information ist das A und O im Kampf gegen Krebs. Patienten und Angehörige, die informiert sind, können sich mit der Krankheit konkreter auseinandersetzen und sie damit auch besser bewältigen. Sie können sich auf Augenhöhe mit den Ärzten austauschen, Fragen gezielter stellen und vorgeschlagene Therapien besser beurteilen. Und sie fühlen sich weniger ausgeliefert. Informiert sein bedeutet Sicherheit. Für den Patienten ist die Auseinandersetzung mit seiner Erkrankung zudem ein wichtiger Teil des Genesungsprozesses. Angst und Resignation gehen zurück, Mut und Zuversicht nehmen zu. So wird es leichter, die oft belastenden diagnostischen Untersuchungen und Behandlungen zu bewältigen. Umfassend und zugleich verständlich über alle Fragen rund um das Thema „Darmkrebs” zu informieren ist auch das Ziel dieser Patientenbroschüre. Sie bietet bestmögliche Informationen auf aktuellem medizinischem Wissensstand, für Laien verständlich aufbereitet. Sicher wird sie Sie darin unterstützten, diese schwere Zeit in Ihrem Leben durchzustehen. Ich wünsche Ihnen dafür alles Gute 2 Inhaltsverzeichnis Vorwort Prof. Dr. med. W. Schmiegel Liebe Leserin, lieber Leser, Vorwort 3Ramona Leiß 5 Professor Dr. med. W. Schmiegel Überblick 6Volkskrankheit Darmkrebs 8Der Darm – Verdauungsorgan mit zahlreichen Aufgaben 10Mit Prävention das Risiko senken 12Wenn Zellen unkontrolliert wachsen 14Wie schwer ist die Darmkrebserkrankung? 16Diagnose Darmkrebs 20Metastasen finden und entfernen 21Die vier Säulen der Therapie 25Hemmung der Tumor-Angiogenese (Neues Behandlungskonzept) 28Wirksame Strategien gegen Nebenwirkungen 33Zurück im Alltag Anhang 38 Weiterführende Literatur 39Adressen Glossar Sie interessieren sich für das Thema Darmkrebs. Vielleicht sind Sie selbst erkrankt oder jemand, der Ihnen nahe steht – ein Familienmitglied oder ein Freund. Mit dieser Broschüre möchten wir Ihnen Informationen rund um das Thema „Darmkrebs“ anbieten. Sie erfahren etwas über die Entstehung von Darmkrebs, die Möglichkeiten der Vorsorge sowie Untersuchungsmethoden und aktuelle Behandlungsstrategien. Der Darmkrebs gehört in der Bundesrepublik Deutschland zu den häufigsten bösartigen Erkrankungen. Jährlich wird die Diagnose bei etwa 73.000 Menschen gestellt. In frühen Erkrankungsstadien sind die Heilungschancen bei Dickdarmkrebs sehr gut. Aber auch, wenn die Krankheit bereits fortgeschritten ist, stehen inzwischen wirksame Therapieformen zur Verfügung. Besondere Bedeutung kommt der Früherkennung des Dickdarmkrebses zu. Als Methode der ersten Wahl zur Darmkrebsfrüherkennung hat sich die Koloskopie (Darmspiegelung) etabliert. Wird sie konsequent durchgeführt, kann die Entwicklung von Dickdarmkrebs verhindert werden. Es handelt sich dabei also nicht nur um eine Früherkennung, sondern auch um eine Vorsorgeuntersuchung im eigentlichen Sinne. Aus diesem Grund muss dringend empfohlen werden, die gesetzlichen Möglichkeiten der Früherkennung wahrzunehmen. Ab dem 50. Lebensjahr sollte jährlich ein Stuhltest, ab dem 56. Lebensjahr alle zehn Jahre eine Darmspiegelung durchgeführt werden. Dieser zeitliche Abstand ist ausreichend, um Darmkrebsvorstufen frühzeitig zu erkennen. Bei einer Häufung von Darmkrebserkrankungen in der Familie sollte die Untersuchung bereits früher und in kürzeren Abständen durchgeführt werden. Dieser Ratgeber wendet sich aber besonders an Menschen, die bereits an Darmkrebs erkrankt sind und möchte Ihnen aufzeigen, welche Behandlungsmöglichkeiten derzeit zur Verfügung stehen. Dabei ist eine Vielzahl an Fortschritten zu verzeichnen. Nach Jahren des Stillstands stehen seit einiger Zeit neue Zyto­statika zur Verfügung. Bessere Erkenntnisse über den Tumor haben die Entwicklung zielgerichteter Therapiestrategien möglich gemacht, die sich speziell gegen die bösartigen Zellen richten. Gemeinsam mit der Operation und gegebenenfalls der Strahlentherapie stehen uns damit wirksame Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Mit dieser Broschüre können und wollen wir das persönliche Gespräch mit Ihrem Arzt nicht ersetzen. Sie soll Ihnen vielmehr Informationen an die Hand geben, die das Gespräch mit Ihrem behandelnden Arzt erleichtern. Ihr Prof. Dr. med. W. Schmiegel 4 Volkskrankheit Darmkrebs Darmkrebs gehört zu den häufigsten bösartigen Tumoren. Er steht bei Frauen und Männern hierzulande an zweiter Stelle aller Krebserkrankungen, gleich nach Brustkrebs bzw. Prostatakrebs. Allein in Deutschland erkranken Jahr für Jahr 73.000 Menschen an Darmkrebs, Männer und Frauen gleichermaßen. Jeder 20. Bundesbürger wird im Laufe seines Lebens mit dieser Diagnose konfrontiert. Besonders groß ist das Risiko zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr. Nur 5 bis 10 Prozent der Darmkrebsfälle gehen auf vererbte Genveränderungen zurück. Dazu gehört beispielsweise die familiäre adenomatöse Polyposis. Solche erblichen Krebserkrankungen entwickeln sich schon in jungen Jahren. Bei knapp einem Drittel aller Darmkrebsfälle ist bereits in der engeren Verwandtschaft Darmkrebs aufgetreten. Auch eine solche familiäre Belastung erhöht das eigene Darmkrebsrisiko. Mitglieder dieser Familien sollten sich schon in frühem Alter regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen unterziehen (siehe Seite 11). Die Mehrzahl der Darmkrebserkrankungen tritt allerdings „sporadisch“ auf, das heißt, es gibt weder eine Erbkrankheit noch eine familiäre Belastung. Die Diagnose kommt ohne jegliche Vorwarnung. Hohes Risiko bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Inzwischen konnten einige Faktoren identifiziert werden, die das Darmkrebsrisiko erhöhen. Fettreiche Ernährung, Übergewicht, Alkohol, Rauchen und mangelnde Bewegung können die Entstehung von Darmkrebs begünstigen. Sie sind aber nie die alleinige Ursache! Ein besonders hohes Darmkrebsrisiko haben Menschen, die unter einer chronisch-entzündlichen Darm­erkrankung wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa leiden. Je früher Darmkrebs erkannt wird, umso besser ist die Prognose Die Prognose bei Darmkrebs hängt entscheidend vom Zeitpunkt der Diagnosestellung ab. Je früher der Krebs erkannt wird, desto besser sind die Chancen, dass er vollständig geheilt wird oder dass der Patient trotz Darmkrebs noch eine lange Zeit gut leben kann. In den vergangenen Jahren ist allerdings viel Bewegung in die Behandlung von Darmkrebs gekommen. Nachdem die Forschung über Jahrzehnte kaum Fortschritte verzeichnen konnte, wurden innerhalb kurzer Zeit einige neue Wirkstoffe zugelassen, die die Chancen auf ein längeres Leben trotz Darmkrebs deutlich verbessert haben. 6 Der Darm − Verdauungsorgan mit zahlreichen Aufgaben Darmkrebs entsteht vor allem im Enddarm Der menschliche Verdauungstrakt ist ein etwa acht Meter langer Schlauch, der vom Mund über Speiseröhre, Magen und Darm bis zum After reicht und mit einer Schleimhaut ausgekleidet ist. Wenn wir Nahrung zu uns nehmen, werden die Nährstoffe über die Verdauungsorgane von unserem Körper aufgenommen und überflüssige oder giftige Substanzen ausgeschieden. Darmkrebs entwickelt sich zu etwa 60 Prozent im Enddarm (Rektumkarzinom; Abschnitt 5) und zu etwa 40 Prozent im Dickdarm (Kolonkarzinom; Abschnitt 1 – 4). Auch im Bereich des Dickdarms hat der Krebs bevorzugte Lokalisationsstellen. Dünndarmkrebs ist dagegen äußerst selten. Der Darm, der sich grob in drei Abschnitte einteilen lässt, nimmt dabei wichtige Aufgaben wahr: ó D er Dünndarm ist mit einer Länge von etwa 5 Metern der längste Teil des Darms. Er schlängelt sich durch den gesamten Bauchraum. Seine Aufgabe ist es, die Nahrung aus dem Magen aufzunehmen und sie weiter zu verdauen. Über die Dünndarmschleimhaut werden alle notwendigen Nährstoffe, Vitamine und Mineralien in den Blutkreislauf aufgenommen. ó D er Dickdarm (Kolon) ist etwa 1,5 Meter lang und legt sich wie ein Rahmen um den Dünndarm. Im Dickdarm wird der Speisebrei durch Entzug von Wasser und Salzen auf etwa ein Viertel der ursprünglichen Menge eingedickt und durch die Mithilfe von Darmbakterien in Stuhl umgewandelt. ó D er Enddarm (Mastdarm, Rektum) ist etwa 16 Zentimeter lang und bildet über den After die Verbindung nach außen. Über Enddarm und After wird der Stuhl ausgeschieden. Was die wenigsten wissen: Im Darm sitzen mehr als 70 Prozent der gesamten Abwehrzellen des Körpers. Diese produzieren sogenannte Immunglobuline, die für die Abtötung krankmachender Keime wie Viren oder Bakterien notwendig sind. Damit ist der Darm der wichtigste Teil unserer Immunabwehr. 8 (2) 6% (3) 4% (1) 14 % (4) 16 % (5) 60 % Kolonkarzinom (1 – 4): 40 % aller Darmkrebs-Fälle. Blinddarm und aufsteigender Dickdarm (1): 14 % quer verlaufender Dickdarm (2): 6 % absteigender Dickdarm (3): 4 % Sigma (4): 16 % Rektumkarzinom (5): 60 % Mit Prävention das Risiko senken Gesunder Lebensstil Okkultbluttest (Test auf verstecktes Blut im Stuhl) Dreh- und Angelpunkt in der Prävention, also der Vorbeugung von Darmkrebs ist ein gesunder Lebensstil. Wer normal­ gewichtig ist, sich regel­mäßig bewegt, nicht raucht und Alkohol nur in Maßen trinkt, hat bereits einiges getan, um sein Darmkrebsrisiko zu senken. Und nicht nur das: Auch die Gefahr für andere Krebserkrankungen sowie für Herz-Kreislauf­ Erkrankungen sinkt. Empfehlenswert ist eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse (bis fünf Portionen pro Tag) und eine Seefischmahlzeit pro Woche. Reduziert werden sollten nach Möglichkeit Lamm-, Rind- und Schweinefleisch, Zucker, tierische Fette und gepökelte und gesalzene Wurstwaren. Regelmäßige Bewegung, idealerweise Radfahren, Wandern und Schwimmen, sollte ebenfalls auf dem Programm stehen. Allerdings: Ein gesundheitsbewusster Lebensstil kann die Wahrscheinlichkeit für Darmkrebs zwar senken, ihn aber nicht ausschließen. Deshalb ist es wichtig, die angebotenen Früh­ erkennungsmaßnahmen konsequent in Anspruch zu nehmen. Blut im Stuhl kann ein Hinweis auf Darmkrebs sein. Der Okkultbluttest sucht in Stuhlproben nach Blutspuren, die von Tumoren im Inneren des Darms stammen. Die Krankenkassen übernehmen ab dem 50. Lebensjahr einmal pro Jahr die Kosten. Wird Blut nachgewiesen, muss eine Darmspiegelung (Kolo­ skopie) durchgeführt werden. Nur so lässt sich klären, ob tatsächlich Darmkrebs dahinter steckt. Koloskopie (Darmspiegelung) kann Darmkrebs frühzeitig erkennen Die Darmspiegelung (siehe auch Seite 18) ist die effektivste und zuverlässigste Methode, Darmkrebs zu verhindern oder in einem sehr frühen Stadium zu erkennen. Werden Darmpolypen, die Vorstufen von Darmkrebs, während der Koloskopie entdeckt, können sie in den meisten Fällen sofort unproblematisch und schmerzfrei entfernt werden. Zur Früherkennung von Darmkrebs bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen seit dem Jahr 2002 regelmäßige Vorsorgekoloskopien. Ist ein Familienmitglied an Darmkrebs erkrankt, besteht eine genetische Vorbelastung oder liegen besondere Risikofaktoren vor, etwa eine chronisch-entzündliche Darmkrankheit, werden Vorsorgekoloskopien früher und in kürzeren Abständen durchgeführt. Eine Sigmoidoskopie ist keine Alternative, da nur der untere Abschnitt des Darms untersucht wird und dadurch nur ein Teil der Darmkrebserkrankungen diagnostiziert werden kann. Auch die virtuelle Koloskopie, auch als „Darmspiegelung von außen“ bezeichnet, klingt zwar verlockend, ist aber nicht empfehlenswert. Statt mit dem Koloskop wird die Darmschleimhaut per Computertomographie untersucht. Sie übersieht häufig kleine oder flache Polypen. Werden Polypen entdeckt, muss zur Entfernung doch eine „normale“ Koloskopie durchgeführt werden. Die Krankenkassen bezahlen die Darmspiegelung für ó Personen ohne besondere Risiken ab dem 56. Lebensjahr alle 10 Jahre ó Verwandte 1. Grades von Darmkrebspatienten erstmalig 10 Jahre vor Erkrankungsalter des Patienten 10 Wenn Zellen unkontrolliert wachsen Darmkrebs entsteht, wenn die Zellen der Darmschleimhaut sich ungebremst teilen und unkontrolliert wachsen. Langfristig dringen sie in angrenzende Gewebe ein oder sie lösen sich völlig aus ihrem Zellverband und wandern über Blut oder Lymphflüssigkeit in andere Organe, um dort Metastasen (Tochtergeschwülste) zu bilden. Der Grund für dieses unkontrollierte Zellwachstum sind Veränderungen an Genen, die das Wachstum von Zellen steuern und kontrollieren. Solche Genmutationen treten häufiger auf, vor allem, wenn Zellen sich teilen. Der Körper ist weitgehend in der Lage, solche Genschäden zumindest teilweise wieder zu reparieren. Darmkrebs entwickelt sich langsam Darmkrebs zeichnet sich durch eine Besonderheit aus: Etwa 90 Prozent der Tumoren entwickeln sich aus gutartigen Darmpolypen (Adenome), und zwar sehr langsam. Bis sich aus einem Darmpolypen ein Karzinom entwickelt, vergehen etwa zehn Jahre. Diese Zeitspanne kann in der Früherkennung genutzt werden und eröffnet die Chance, Darmpolypen und frühe Darmkrebsstadien rechtzeitig zu erkennen und zu entfernen (siehe Seite 18). Mit zunehmendem Alter können sich Genmutationen jedoch anhäufen. Da auch die Reparaturmechanismen nicht mehr so effektiv arbeiten wie in jungen Jahren, kann es dann zu überbordendem Zellwachstum kommen. Bei erblicher Vorbelastung liegen bereits Genveränderungen vor, die die Entwicklung von schnell wachsenden Tumorzellen begünstigen. Abb. 1: Gesunde Darmschleimhaut Abb. 2: Gutartiger Darmpolyp Bis aus einem gutartigen Darmpolypen Darmkrebs entsteht, dauert es etwa zehn Jahre. Diese Zeitspanne ermöglicht eine wirksame Vorbeugung gegen (erneuten) Darmkrebs. 12 Abb. 3: Darmkrebs Wie schwer ist die Darmkrebserkrankung? Schweregradeinteilung per TNM-Klassifikation Einteilung der Stadien nach den Vorgaben der UICC (Union International Contra Cancer) Darmkrebs wird je nach Schweregrad nach dem TNM-System eingeteilt: T bezeichnet die Tumorgröße Tis: Krebszellen, die auf die oberste Schleimhautschicht beschränkt sind T1: Der Tumor ist auf die Darmschleimhaut begrenzt T2: Der Tumor hat die Darmwand befallen T3: Der Tumor ist in alle Schichten des Darms eingewandert T4: Der Tumor hat sich auf benachbarte Organe (Blase, Dünndarm etc.) ausgedehnt N bezeichnet den Lymphknotenbefall (N = Nodus = Knoten) N0: Keine Krebszellen in benachbarten Lymphknoten N1: Ein bis drei benachbarte Lymphknoten sind von Krebszellen befallen N2: Vier oder mehr benachbarte Lymphknoten sind von Krebszellen befallen M bezeichnet das Ausmaß der Metastasierung M0: Keine Fernmetastasen M1: Fernmetastasen in anderen Organen wie Leber oder Lunge sind vorhanden Für die Interpretation des Ergebnisses gibt es eine einfache Regel. Je größer die Zahlen, umso fortgeschrittener ist der Tumor: T1N0M0 bedeutet ein sehr frühes Stadium, T4N1M1 bedeutet ein fortge­schrittenes Stadium. 14 Die TNM-Klassifikation wird herangezogen, um das Stadium der Darmkrebserkrankung zu bestimmen. Etabliert hat sich hier seit einiger Zeit die Einteilung der UICC. Sie dient dem Arzt als Basis für die Therapieentscheidung und für die Prognosestellung. UICC-Stadium TNM-Klassifikation 0 Tis N0 M0 I T1, T2 N0 M0 II T3, T4 N0 M0 III jedes T N1 oder N2 M0 IV jedes T jedes N M1 Darmkrebs ohne Lymphknotenbefall befindet sich im Stadium 0 bis II. Darmkrebs mit Lymph­ knotenbefall befindet sich unabhängig von der Ausbreitung des Tumors in der Darmwand im Stadium III. Darmkrebs mit Fernmetastasen befindet sich unabhängig von der Ausbreitung des Tumors in der Darmwand und dem Befall der Lymphknoten im Stadium IV. Je niedriger das UICC-Stadium, umso größer sind die Chancen, dass der Krebs geheilt werden kann. Im Stadium IV geht es in der Behandlung vor allem darum, die Lebenserwartung zu verlängern und die Lebensqualität zu verbessern, damit der Patient trotz Krebserkrankung noch lange ein gutes Leben führen kann. Diagnose Darmkrebs Die gezielte Fahndung nach Darmkrebs durch regelmäßige Früherkennungsuntersuchungen ist deshalb so wichtig, weil Darmkrebs meist erst in fortgeschrittenen Stadien Beschwerden verursacht und somit häufig über mehrere Jahre unentdeckt bleibt. Typische Beschwerden bei Darmkrebs: ó ó ó ó ó ó ó ó ó ó ó 16 Blut im Stuhl Änderung der Stuhlgewohnheiten Stuhldrang ohne Entleerung Stuhlunregelmäßigkeiten (Wechsel zwischen Durchfall und Verstopfung) Blähungen Bauchschmerzen Übelkeit,Völlegefühl und Appetitlosigkeit Auffälliger Leistungsabfall Unbeabsichtigte Gewichtsabnahme Anämie (Blutarmut) Müdigkeit, Abgeschlagenheit Diagnose Darmkrebs Verdacht auf Darmkrebs? Darmspiegelung unverzichtbar! Bei Verdacht auf Darmkrebs muss zwingend eine Darmspiegelung durchgeführt werden. Sie wird auch als Koloskopie (Kolon = Dickdarm; skopein = schauen) bezeichnet und ist die wichtigste Maßnahme, um Darmkrebs sicher festzustellen oder auszuschließen. Der Darm muss bei dieser Untersuchung völlig sauber sein, damit auch kleinste Veränderungen der Darmschleimhaut nicht übersehen werden. Um den Darm zu reinigen, müssen Sie einen Tag vor dem Eingriff drei bis vier Liter einer speziellen Abführlösung trinken, die Ihnen der Arzt verordnet. Die relativ große Flüssigkeitsmenge ist notwendig, um sämtliche Speise- und Stuhlreste aus dem Darm zu entfernen. Bei der Darmspiegelung wird ein dünnes, biegsames, schlauchförmiges Untersuchungsgerät, das Endoskop, über den After in den Darm eingeführt. An der Spitze des Geräts ist eine Mini­kamera montiert, die genaue Bilder aus dem Darminneren liefert. Zunächst wird das Endoskop vorsichtig bis zum Übergang vom Dünndarm zum Dickdarm geschoben. Dabei wird etwas Luft in den Darm geblasen, damit er sich entfaltet. Dann wird das Endoskop sehr langsam zurückgezogen und die Darmwand genau begutachtet. Von veränderten Schleimhautbereichen werden mit Hilfe einer kleinen Zange Ge­webeproben entnommen, Darmpolypen können sofort entfernt werden. Schema einer Darmspiegelung (Koloskopie) Angst vor der Koloskopie ist völlig unbegründet. Der gesamte Eingriff dauert etwa 15 bis 20 Minuten. Der Arzt wird Ihnen ein Beruhigungsmittel geben. Auch eine Kurznarkose ist möglich. Dann spüren Sie von dem Eingriff überhaupt nichts. Zudem ist die Koloskopie sehr sicher. Komplikationen, wie etwa eine Verletzung der Darmwand, kommen extrem selten vor und können rasch behandelt werden. Während der Arzt das Koloskop langsam durch den Dickdarm führt, kann er auf einem Monitor die Darmschleimhaut genau begutachten. Die Bilder aus dem Darm werden gespeichert, so dass er die Untersuchungsergebnisse später überprüfen kann. 18 Ergänzend: CT oder MRT Ergänzend zur Koloskopie wird bei Verdacht auf Darmkrebs neben dem Ultraschall häufig auch die Computertomographie (CT) oder die Magnetresonanztomographie (MRT, auch als Kernspin­ tomographie bezeichnet) herangezogen. Beide Verfahren liefern wichtige zusätzliche Informationen zur genauen Lage des Tumors und seiner Ausbreitung in die Darmwand oder auch in andere Organe. Außerdem lässt sich per CT oder MRT erkennen, ob sich bereits Metastasen in der Lunge oder der Leber gebildet haben. Bei CT oder MRT wird daher der gesamte Bauch- und Brust­bereich untersucht. Manchmal wird auch eine Röntgenaufnahme des Brustbereichs gemacht, um eventuelle Lungenmetastasen zu erkennen. Vorteil der MRT: Im Gegensatz zur CT wird keine Röntgenstrahlung verwendet. Die Ergebnisse von Koloskopie, CT und MRT erlauben eine grobe Zuordnung des Tumors zu einem Tumorstadium (siehe Seite 15) und bilden die Entscheidungsgrundlage für das therapeu­ tische Vorgehen. Tumormarker für die Verlaufskontrolle Manchmal hinterlässt der Tumor auch seine Spuren im Blut: Er bildet sogenannte Tumormarker oder regt die Bildung von Tumormarkern an, die dann im Blut nachweisbar sind. Häufigste Tumormarker bei Darmkrebs sind das carcinoembryonale Antigen (CEA) und das Cancer-Antigen 19-9 (CA 19-9). Sie können, müssen aber nicht nachweisbar sein. Lassen sich Tumormarker finden, können sie für die Kontrolle des Krankheitsverlaufs verwendet werden. In aller Regel fallen sie nach der operativen Entfernung des Tumors rasch ab. Kommt es zu einem Rückfall, steigen sie wieder an. Allerdings kann dieser Anstieg auch andere, harmlose Ursachen haben, daher dient er lediglich als erster Hinweis für ein Fortschreiten des Tumors. Auch wenn keine weiteren Beschwerden auftreten, die auf ein Wiederaufflammen der Krebserkrankung hindeuten, sollte bei einem erhöhten Wert dieser Tumormarker intensiv nach­geforscht werden und gegebenenfalls zügig mit einer erneuten Behandlung begonnen werden. Metastasen finden und entfernen Die vier Säulen der Therapie Krebszellen können sich aus dem Tumorzellverband lösen und über das Blut oder die Lymphe in andere Organe oder in die Lymphknoten gelangen, um dort Metastasen zu bilden. Sie werden auch als Tochtergeschwülste bezeichnet. Die Behandlung von Darmkrebs hängt entscheidend vom Stadium und der Lokalisation des Tumors ab sowie vom Allgemeinzustand des Patienten. Die Therapie muss deshalb für jeden einzelnen Patienten individuell entschieden werden. Grundsätzlich stehen dabei vier Therapieoptionen zur Verfügung. Es werden verschiedene Metastasen unterschieden: ó Lokale Metastasen entstehen in der Nähe des Tumors. ó Regionäre Metastasen entstehen in benachbarten Lymphknoten. ernmetastasen entstehen in anderen Organen. Bei einer fortgeschrittenen Darmkrebs­erkranó F kung entwickeln sich Metastasen ganz überwiegend in der Leber, schon deutlich seltener in der Lunge. So werden etwa 75% der Metastasen in der Leber, 15% in der Lunge gefunden. Nur 2 bis 3 Prozent der Metastasen siedeln sich im Gehirn an. Ähnlich selten sind Metastasen in Nieren oder Knochenmark. Metastasen müssen nicht zwingend sofort behandelt werden. Je nach Wachstum und Aggressivi­tät kann es ausreichen, sie regelmäßig zu kontrollieren und nur bei Bedarf zu behandeln. Lungen- und Lebermetastasen werden meist operativ entfernt. Ist dies nicht möglich, wird versucht, diese durch eine medikamentöse Therapie zu verkleinern. Knochenmetastasen im Rahmen einer Darmkrebserkrankung werden mittels Chemotherapie behandelt. ó ó ó ó Operation Chemotherapie Strahlentherapie Zielgerichtete Therapien, auch als „targeted therapy“ bezeichnet Meist unumgänglich: die Operation Wird Darmkrebs diagnostiziert, ist die Operation meist der erste Behandlungsschritt. Dabei werden der betroffene Darmabschnitt und die umliegenden Lymphknoten entfernt, mit dem Ziel, den Tumor möglichst komplett zu entfernen. Dazu wird in der Regel ein größeres Teilstück des Darms entfernt. Da der Darm sehr lang ist, bedeutet dieser Verlust in den meisten Fällen keine langfristige Einschränkung der Verdauungsfunktion und Lebensqualität. Nur in frühen Stadien der Erkrankung lässt sich die Krankheit heilen, ohne dass eine anschließende Chemotherapie durchgeführt wird. Wird der Darmkrebs erst spät diagnostiziert, hat die Operation meist nicht mehr die Heilung zum Ziel. In dieser Situation geht es darum, den Tumor zu verkleinern, Beschwerden zu lindern und die Lebens­qualität zu verbessern. Zusätzlich wird dann meist eine Chemotherapie durchgeführt. In sehr fortgeschrittenen Stadien wird manchmal auch auf eine Operation verzichtet. Keine Angst vor dem Stoma Bei der Operation von Enddarmkrebs wird manchmal während der Operation ein künstlicher Darmausgang (Anus praeter, Stoma) angelegt, um den Darm zu entlasten und den Heilungsprozess zu unterstützen. Meist wird er nach einigen Wochen oder Monaten wieder zurückverlegt. Nur 10 bis 15 % der Darmkrebspatienten müssen dauerhaft mit einem Stoma leben. Bei ihnen liegt der Krebs zu nahe am After, so dass der Schließmuskel oder eine ausreichende Kontinenz nicht erhalten werden kann. 20 Die vier Säulen der Therapie Hocheffektiv: die Chemotherapie Strahlentherapie: nur bei Enddarmkrebs Eine Chemotherapie mit Zytostatika (Zellgiften) wird bei den meisten Patienten mit Darmkrebs durchgeführt. Zytostatika hemmen Wachstum und Ausbreitung von Tumorzellen oder töten sie ab. Für die Behandlung von Darmkrebs stehen nur wenige Zytostatika zur Verfügung, die allein, häufig aber auch in Kombination verwendet werden, um eine bessere Wirksamkeit zu erzielen. Sie unterscheiden sich unter anderem in der Anwendungsform: Oxaliplatin und Irinotecan werden als Infusion über zwei bis vier Stunden verabreicht. 5-Fluorouracil (5-FU) wird in Kombination mit Folinsäure verwendet und muss als Dauerinfusion über 48 Stunden verabreicht werde. Capecitabin ist eine Weiterentwicklung von 5-FU, mit zahlreichen Vorteilen: ó E s wirkt ebenso gut wie 5-FU, kann aber einfach und komfortabel als Tablette eingenommen werden. Schmerzhafte und aufwendige Infusionen sind überflüssig. ó E s hat weniger Nebenwirkungen als 5-FU, da es gezielter in der Tumorzelle wirkt. Der Trick: Capecitabin ist eine unwirksame Vorstufe von 5-FU. Sie wird aus dem Darm in den Blutkreislauf aufgenommen und zunächst in der Leber zu einem Zwischenprodukt verstoffwechselt. Um wirken zu können, muss das unwirksamen Zytostatikum dann von einem bestimmten Enzym, der Thymidinphosphorylase, zu 5-FU umgewandelt werden. Dieser Prozess findet vor allem im Tumorgewebe statt, so dass Capecitabin im Gegensatz zu 5-FU vor allem gegen Krebszellen wirkt. Gesunde Zellen werden dagegen weitgehend verschont. Deshalb sind Nebenwirkungen wie Haarausfall und Durchfall seltener als bei einer Behandlung mit 5-FU. Darm Leber Einnahme von Capecitabin Meist wird die Strahlentherapie mit einer Chemotherapie kombiniert. Diese „Radiochemotherapie“ kann neoadjuvant oder adjuvant durchgeführt werden, sprich vor oder nach dem operativen Eingriff. Vor allem bei großen Enddarmtumoren wird die neoadjuvante Radiochemotherapie bevorzugt eingesetzt. Zielsetzung dieser Therapie ist es, den Tumor zu schrumpfen, so dass er schonender operiert werden kann. Die Operation kann dann vier Wochen nach Ende der Strahlentherapie durchgeführt werden, wenn sich das gesunde Gewebe erholt hat. Die Bestrahlung mit Röntgen-, Gamma- oder Elektronenstrahlen wird nach einem genau festgelegten Behandlungsplan durchgeführt. Sie findet täglich ambulant über fünf bis sechs Wochen statt. Jede Bestrahlung dauert jedoch nur etwa zehn Minuten, so dass die Therapie problemlos in den persönlichen Tagesablauf eingebunden werden kann. Schonen Sie die bestrahlte Haut! Die Strahlentherapie ist schmerzfrei und wird von den meisten Patienten gut vertragen. Bei empfindlicher Haut können Rötungen auftreten, die sich nach der Behandlung aber wieder zurückbilden. Um die Haut zu schonen, wird empfohlen, sich im Bestrahlungsgebiet nicht zu waschen und keine Cremes oder ähnliches einzusetzen. Spätfolgen sind selten 5-FU Aufnahme vom Darm ins Blut 22 Tumor Die Strahlentherapie (Radiotherapie) kann den Heilungserfolg bei Enddarmkrebs unterstützen und die Überlebenszeit verlängern. Denn Enddarmkrebs bildet erneute Tumoren vor allem vor Ort, sogenannte Lokalrezidive. Im Gegensatz zur Chemotherapie handelt es sich bei der Strahlentherapie um eine lokale Therapie: Sie wirkt nur dort, wo bestrahlt wird. Die Strahlentherapie kann Tumorgewebe zielgenau zerstören. Krebszellen, die sich bereits im Organismus verteilt haben, werden dagegen nicht erreicht. Umwandlung in der Leber zu unwirksamem Zwischenprodukt Umwandlung im Tumor zu wirksamem 5-FU Während der Strahlentherapie kann es zu einer Darmentzündung mit Durchfall und Bauchschmerzen kommen. Auch Brennen und Schmerzen beim Wasserlassen als Folge einer Blasenentzündung sind möglich. Diese Beschwerden klingen aber meist nach einiger Zeit wieder ab. Spätfolgen treten nur noch sehr selten auf, seit moderne Geräte eingesetzt werden. Die vier Säulen der Therapie Targeted therapies: gezielt gegen Tumorzellen Die Chemotherapie hat große Erfolge für Patienten mit Darmkrebs gebracht. Der Nachteil ist jedoch, dass sie neben Krebszellen auch sich schnell teilende gesunde Körperzellen angreift. Daher suchten Forscher nach neuen Waffen im Kampf gegen den Krebs: Waffen, die gezielt den Tumor angreifen und das gesunde Gewebe möglichst unbeeinträchtigt lassen – mit Erfolg. Für die Behandlung von Darmkrebs stehen zwei zielgerichtete Therapiestrategien, im englischen „targeted therapies“ zur Verfügung. Sie verhindern, dass Wachstumssignale in die Tumorzelle gelangen und bremsen so das Tumorwachstum. Cetuximab und Panitumumab richten sich speziell gegen einen Wachstumsfaktorrezeptor (EGFR: epidermal growth factor receptor) auf Darmkrebszellen und behindern dadurch das Wachstum dieser Zellen. Diese Substanzen wirken allerdings nur bei einem Teil der Darmkrebs-Patienten, bei dem ein bestimmtes Gen mit dem Namen K-ras nicht verändert ist. Dies muss vor Beginn der Therapie getestet werden. Bevacizumab ist ein Angiogenesehemmer, der den Tumor von der Blutversorgung abschneidet und ihn somit regelrecht „aushungert“. Diese targeted therapies sind für die Behandlung von fortgeschrittenem Darmkrebs im Stadium IV in Kombination mit einer Chemotherapie zugelassen, Bevacizumab wird nach den aktuellen ärztlichen Leitlinien zur Ersttherapie bei fortgeschrittenem Darmkrebs empfohlen. 24 Hemmung der Tumor-Angiogenese Neues Behandlungskonzept: Hemmung der Angiogenese Was auf den ersten Blick sehr kompliziert klingt, ist bei näherer Betrachtung so einfach wie logisch: Tumorzellen benötigen, ebenso wie gesunde Körperzellen, Nährstoffe und Sauerstoff, damit sie überleben und wachsen können. Ihr Bedarf ist sogar besonders groß, weil sie sich häufig teilen. Sind die Tumoren kleiner als 1 bis 2 Millimeter, versorgen sie sich mit Sauerstoff und Nährstoffen aus dem sie umgebenden Gewebe. Für das weitere Wachstum reicht das allerdings nicht aus, dann sind sie auf die Versorgung über Blutgefäße angewiesen. Auch Metastasen können ohne Anschluss an das Gefäßsystem kaum entstehen. Damit Tumorzellen in andere Körper­regionen transportiert werden können, müssen sie zuerst in das Gefäßsystem gelangen. Könnten sich Tumoren nicht mit Blut versorgen, wären sie wahrscheinlich völlig harmlos und innerhalb kurzer Zeit wieder verschwunden. Doch Tumorzellen sind schlau: Sie klinken sich in das Blutgefäßsystem des Körpers ein und sind sogar in der Lage, den Körper dazu zu bringen, neue Blutgefäße zu bilden, die den Tumor an das Versorgungssystem des Körpers anschließen. Der Prozess der Gefäßneubildung wird als Angiogenese bezeichnet. Der Begriff leitet sich aus dem Griechischen ab: Angio = Gefäß, Genese = Entstehung. Die Gefäßneubildung, die durch Tumorzellen initiiert wird, wird entsprechend als Tumor-Angiogenese bezeichnet. Kommt es zum Versorgungsengpass, senden die Tumorzellen ein Wachstumssignal aus, das die Blutgefäße des Körpers zur Gefäßneubildung anregt. Vermittelt wird dieses Wachstumssignal durch einen Gefäßwachstumsfaktor, der als Vascular Endothelial Growth Factor, abgekürzt VEGF, bezeichnet wird. Die folgenden Grafiken verdeutlichen diesen Prozess. Hemmung der Tumor-Angiogenese Der Tumor als Schmarotzer Tumor Blutgefäß Den Tumor aushungern Um körpereigene Blutgefäße zur Gefäßneubildung anzuregen, produziert der Tumor den Wachstumsfaktor VEGF und setzt ihn frei. Bei VEGF handelt es sich um ein kleines Molekül mit hoher Wirkung! AngiogeneseHemmer Bevacizumab VEGF dockt nun an den Rezeptor auf der Oberfläche von Blutgefäßen an und löst ein Wachstums­signal aus. Wenn die Blutgefäße das VEGF-Signal empfangen, sprossen neue Blutgefäße aus, und zwar in die Richtung, aus der die Signale kommen. Wachstumsfaktor VEGF durchbluteter Tumor Wachstumsfaktor VEGF 26 Der Tumor wird schon bald von einem engen Netzwerk von Gefäßen umgeben, das mit dem Blutkreislauf des Patienten verbunden ist. Er bedient sich der Blutgefäße des Körpers, um wachsen und um sich weiterverbreiten zu können. Dieser Prozess schreitet kontinuierlich fort: Je größer der Tumor wird und je mehr Sauerstoff und Nährstoffe er benötigt, umso mehr Blutgefäße werden gebildet. Sie versorgen den Tumor mit allem, was er für sein Wachstum benötigt und halten ihn am Leben. ausgehungerter Tumor Die faszinierende Idee, den Tumor von der Blutversorgung abzuschneiden und ihn dadurch „auszuhungern“, wurde schon vor 30 Jahren geboren. Realisieren ließ sich das Konzept jedoch erst, als der Wachstumsfaktor VEGF entdeckt wurde. Die Forscher haben daraufhin mit Bevacizumab eine Substanz entwickelt, die perfekt an den Wachstumsfaktor VEGF bindet und ihn „schachmatt“ setzt. VEGF ist dadurch nicht mehr in der Lage, an die Rezeptoren der Blutgefäße anzudocken und das Signal zur Gefäßneubildung auszusenden. Die Tumor­ gefäße bilden sich nach und nach zurück, neue Tumorgefäße werden nicht gebildet. Die Tumorzellen werden so vom Blutkreislauf abgeschnitten. Ohne Sauerstoff und Nährstoffe sterben sie allmählich ab. Die Substanz Bevacizumab, die VEGF außer Kraft setzt, ist ein Antikörper gegen VEGF. Sie wird als Angiogenese-Hemmer bezeichnet, weil sie die Gefäßneubildung des Tumors verhindert. Sie wird in Kombination mit einer Chemotherapie gegeben und trägt sozusagen als „Zusatzeffekt“ dazu bei, dass die Zytostatika die Krebszellen besser erreichen und deshalb besser wirken können. Bevacizumab ist zur Behandlung von fortgeschrittenem Darmkrebs seit 2005 in Deutschland zugelassen. Aufgrund seines universellen Wirkmechanismus wird Bevacizumab auch bei fortgeschrittenem Brustkrebs, nicht kleinzelligem Lungenkarzinom und beim Nierenzellkarzinom eingesetzt. Wirksame Strategien gegen Nebenwirkungen Eine Chemotherapie ist in der Regel mit Nebenwirkungen verbunden. Sie geht häufig mit Übelkeit und Erbrechen einher. Haarausfall, Nagelschäden, Schleimhautentzündungen und Blutbildveränderungen treten auf, weil sich die Zytostatika nicht nur gegen Tumorzellen, sondern gegen alle schnell wachsenden Zellen richten. Dazu gehören eben auch die blut­bildenden Zellen im Knochenmark, Haarwurzelzellen und Schleimhautzellen. Außerdem fühlen sich viele Krebspatienten während der Chemotherapie besonders müde und erschöpft. Die meisten Nebenwirkungen lassen sich gut in den Griff bekommen. In schweren Fällen wird die Dosis der Chemotherapie gesenkt oder andere Medikamente werden eingesetzt. Mit Tuch oder Perücke auf das Wachsen warten Haarausfall belastet vor allem viele Patientinnen während einer Chemotherapie sehr. Manche helfen sich mit einem Tuch, andere bevorzugen eine Perücke. Die Kosten einer Perücke werden von den Krankenkassen übernommen. Empfehlenswert ist, sich die Perücke bereits vor Beginn der Chemotherapie verordnen zu lassen und sie sich vom Friseur anpassen zu lassen. Je nach Art der Chemotherapie fallen die Haare langsam oder auch sehr rasch aus. Bei einer Therapie mit Capecitabin kommt es sogar sehr selten zu Haarausfall. Ob auch Augenbrauen, Wimpern oder Körperbehaarung ausfallen, hängt vom Medikament und von der eigenen Veranlagung ab. Das Tröstliche: Die allermeisten Folgen einer Chemotherapie klingen innerhalb kurzer Zeit nach Beendigung der Behandlung ab. Deshalb geht es vor allem darum, während der Chemotherapie damit möglichst gut klar zu kommen. Hier einige Tipps: Mit Medikamenten gegen Übelkeit und Erbrechen Zytostatika können Übelkeit und Erbrechen auslösen. Für Zytostatika gegen Darmkrebs wird dieses Risiko als niedrig bis mäßig eingestuft. Übelkeit und Erbrechen können sich akut direkt nach der Zytostatika-Gabe einstellen, aber auch mit Zeitverzögerung in den ersten Tagen nach der Behandlung. Gegen das akute und gegen das verzögerte Erbrechen gibt es hochwirksame Medikamente, die Ihnen Ihr Arzt verabreichen und verordnen kann. Hand-Fuß-Syndrom vorbeugen Schmerzhafte Rötungen an den Handflächen und Fußsohlen sind typisch für das Hand-Fuß-Syndrom, das im Zusammenhang mit 5-FU oder Capecitabin auftreten kann. Die dauerhafte Pflege dieser Hautpartien mit einer fettenden Salbe hilft, diese Nebenwirkungen vorbeugend zu behandeln. Außerdem ist es wichtig, mechanische Belastungen, wie Kratzen oder den Umgang mit Werkzeugen, sowie den Kontakt mit heißem Wasser zu vermeiden. Mit Schmerzmitteln und glukokortikoidhaltigen Salben kann das Hand-Fuß-Syndrom zudem wirksam behandelt werden. 28 Der Lichtblick: Alle ausgefallenen Haarwurzeln fangen mehr oder weniger sofort nach der Chemotherapie wieder an zu wachsen. Etwa drei Monate nach dem Ende der Behandlung bedecken die Haare oft schon wieder den gesamten Kopf. Wenn es in Armen und Beinen kribbelt Kribbeln und Ameisenlaufen sowie Schmerzen und Brennen in Armen oder Beinen treten häufig bei einer Behandlung mit Oxaliplatin auf. Auch die Berührungsempfindlichkeit kann eingeschränkt sein. Diese Missempfindungen sind Folge einer peripheren Neuropathie, sprich einer Schädigung der Nervenbahnen an Händen und Füßen. Wirksame Strategien gegen Nebenwirkungen Blutbild regelmäßig überwachen Bluthochdruck behandeln Zytostatika können die Zahl der weißen Blutkörperchen (Leukozyten), die für unsere Immunabwehr notwendig sind, vorübergehend senken. Dadurch steigt das Risiko für Infektionen. Während einer Chemotherapie wird deshalb das Blutbild regelmäßig kontrolliert. Sinkt die Leukozytenzahl drastisch, wird die Behandlung eventuell unterbrochen oder es werden die zeitlichen Abstände zwischen den Zytostatikagaben verlängert. Bei Chemotherapien mit hohem Risiko wird einem Absinken der weißen Blutkörperchen medikamentös vorgebeugt. Wichtigstes Warnzeichen für einen Leukozytenabfall ist hohes Fieber. Auch die roten Blutkörperchen können während der Behandlung zurückgehen. Es entwickelt sich eine Blutarmut (Anämie). Sie kann mit Müdigkeit und drastischem Leistungsabfall einhergehen. Ist die Anämie sehr ausgeprägt, lässt sich die Zahl der roten Blutkörperchen durch verschiedene medikamentöse Maßnahmen wieder erhöhen. Bei „rash“-Risiko auf Sonnenbäder verzichten Bei einer Therapie mit Cetuximab oder Panitumumab kann ein „skin rash“ auftreten. Dabei handelt es sich um einen schweren akneähnlichen Hautausschlag, der sich vor allem auf trockenen Körperstellen entwickelt. Vermeiden Sie deshalb trockene Haut, indem Sie etwa Duschöle und feuchtigkeitsspendende Pflegeprodukte verwenden. Sonnenbäder sollten gemieden werden. Kommt es zum schweren „rash“, wird mit Steroiden und/oder Antibiotika behandelt. 30 Die Gabe des Angiogenese-Hemmers Bevacizumab erhöht die Gefahr von Nasen­bluten und Bluthochdruck. Diese Nebenwirkung lässt sich mit üblichen blutdrucksenkenden Medikamenten gut und wirksam be­handeln. Mit Bewegung die Fatigue überwinden Die im Zusammenhang mit einer Krebser­ krankung auftretende besondere Form der Erschöpfung wird als „Fatigue“ bezeichnet. Sie tritt bei etwa der Hälfte der Krebspatienten auf und lässt sich auch durch ausreichenden Schlaf nicht überwinden. Konzentrations- und Gedächtnisprobleme können hinzukommen. Als Ursache der Fatigue wird ein Zusammenspiel aus Tumor erkrankung, Blutarmut, Belastung durch Chemound Strahlentherapie sowie Problemen bei der Krankheitsverarbeitung diskutiert. Wie die meisten anderen Nebenwirkungen ist auch die Fatigue einige Zeit nach Behandlungsende meist überwunden. Auch wenn es schwierig ist: Schonung und Ruhe, wie sie früher empfohlen wurden, sind die falsche Strategie bei Fatigue. Besser ist es, Sport zu treiben oder sich zumindest regelmäßig zu bewegen. Zurück im Alltag Wenn Operation, Chemo- oder Strahlentherapie überstanden sind, geht es darum, den Alltag nach oder mit der Krebserkrankung wieder zu meistern. Beruf, Familie, Freunde und Hobbys rücken mehr und mehr in das Zentrum Ihres Lebens und geben Ihnen Halt und Sicherheit. Eine Rehabilitation kann den Übergang in das „normale“ Leben erleichtern, insbesondere bei jüngeren Patienten auch den Wiedereinstieg in den Beruf. Wichtig: Regelmäßige Nachsorge Auch wenn der Tumor vollständig entfernt werden konnte, sind regelmäßige Nachsorge­unter­suchungen notwendig, um einen Rückfall sofort zu erkennen und zu behandeln. Diese Gefahr ist ­in den ersten beiden Jahren am größten und sinkt dann kontinuierlich. Kommt es innerhalb von fünf Jahren nicht zu einem Rückfall, gilt der Patienten als geheilt. Das intensive Nachsorgeprogramm erstreckt sich deshalb über insgesamt fünf Jahre mit vierteljährlicher Überwachung in den ersten beiden Jahren und anschließender halbjährlicher Überwachung. Nur wenn der Darmkrebs in einem sehr frühen Stadium (UICC-Stadium I, siehe Seite 15) ent­ deckt wurde, kann auf die Nachsorge verzichtet werden. Nach Entfernung von kolorektalen Karzinomen im UICC-Stadium II oder III wird folgendes Nachsorgeprogramm empfohlen: ó Befragung (Anamnese), insbesondere auch nach Verdauungsproblemen, und körperliche Untersuchung alle sechs, später alle zwölf Monate ó Koloskopie: sechs Monate nach der Operation, wenn vor der Operation keine Darmspiegelung durchgeführt werden konnte, andernfalls alle drei Jahre, später alle fünf Jahre ó Bestimmung des Tumormarkers CEA alle sechs Monate ó Ultraschalluntersuchung von Bauchraum und Leber alle sechs Monate Eine Übersicht über das Nachsorgeprogramm finden Sie auf der nächsten Seite. 32 der folgenden fünf Jahre Zurück im Alltag Auf gesunde, ausgewogene Kost achten Nachsorgeprogramm nach vollständiger Entfernung des Darmtumors im Stadium II oder III Untersuchung Monate 6 12 18 Anamnese, körperliche Untersuchung, CEA-Bestimmung X Darmspiegelung X* Ultraschall des Bauchraums X X Sigmoidoskopie** X X X X 24 36 X X X X X X X X 48 X X X X * nur, wenn vor der Operation keine Darmspiegelung durchgeführt wurde **nur beim Rektumkarzinom, wenn keine neoadjuvante oder adjuvante Radiochemotherapie durchgeführt wurde Nach Schmiegel W. et al. S3-Leitlinie „Kolorektales Karzinom“, Z. Gastroenterol 2008: 46: 1 – 73 Konnte der Darmkrebs nicht vollständig geheilt werden, wird die weitere Betreuung individuell mit dem Arzt besprochen. 34 60 Nach einer Darmkrebsoperation können Sie sich völlig normal ernähren und müssen keine besonderen Diäten einhalten. Wichtig ist aber eine gesunde, ausgewogene Kost, mit der Sie Ihren Körper mit allem versorgen, was er benötigt. Eine gesunde Ernährung kann den Allgemeinzustand günstig beeinflussen und die Lebensqualität verbessern. Ein guter Anhaltspunkt sind die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (www.dge.de). Es kann jedoch eine Zeit dauern, bis Sie eine normale Ernährung wieder vertragen. Der Darm ist durch die zahlreichen Untersuchungen und die Operation belastet und muss sich erholen. Deshalb kann es vorübergehend zu Verdauungsproblemen wie Durchfall, Verstopfung, Blähungen oder lauten Darmgeräuschen kommen. Manche Patienten leiden vorübergehend unter häufigem und heftigem Stuhldrang. Ihr Arzt oder auch ein Ernährungsberater kann Ihnen helfen, sich schrittweise wieder an normale Mahlzeiten zu gewöhnen. Auch während der Rehabilitation werden Sie viele Informationen dazu erhalten. Wenn Sie sich wieder fit fühlen, spricht auch nichts gegen maßvollen Alkoholgenuss. Verzichten sollten Sie dagegen möglichst auf das Rauchen. Zurück im Alltag Endlich wieder auf Reisen Viele Krebspatienten, denen es wieder besser geht, haben oft den Wunsch nach „Tapetenwechsel“. Nach Wochen oder Monaten in Klinik und Reha sehnen sie sich nach Bergen, Seen oder Strand­ spaziergängen. Kein Problem, wenn Sie einige Punkte beachten und die Reise vorher mit Ihrem Arzt be­sprechen. Ideales Fortbewegungsmittel ist die Bahn oder auch der Bus. Mit Flugreisen sollten Sie nach Operationen im Bauchbereich längere Zeit warten. Ob Sie selbst fahrtüchtig sind, müssen Sie mit Ihrem Arzt abklären. Verzichten Sie möglichst auf Reisen in Länder mit extremen klimatischen Verhältnissen. Insbesondere starke Hitze vertragen die meisten Krebspatienten zunächst nicht besonders gut. Suchen Sie sich besser einen Urlaubsort mit gemäßigtem Klima, der für Sie stressfrei zu erreichen ist. Achten Sie darauf, dass Sie ausreichend mit notwendigen Medikamenten ausgerüstet sind. Ist eine medizinische Versorgung im Urlaubsort notwendig, sollten Sie möglichst im Vorfeld klären, ob dies möglich ist und ob Ihre Krankenkasse die Kosten dafür übernimmt. Und: Wenn Sie in die Sonne gehen, sollten Sie sich vor UV-Licht schützen. Das gilt besonders für bestrahlte Hautareale. Ob Auto, Zug oder Flugzeug: Gedacht werden sollte auch an eine Thromboseprophylaxe – entweder medikamentös oder in Form von Kompressionsstrümpfen. Regelmäßige Pausen mit Bewegung sind ein Muss. Besonders wichtig sind sie für Patienten mit einem erhöhten Risiko für ein Lymphödem. Auf die Treppen – fertig – los Regelmäßige Bewegung ist wichtig, auch oder gerade nach einer Krebsoperation. Sie kann dem Fatigue-Syndrom entgegenwirken, die Muskeln wieder aufbauen, das Herz-Kreislauf-System in Schwung bringen, den Stoffwechsel anregen und die Stimmung verbessern. Lassen Sie es aber langsam angehen. Sie sollen ja nicht gleich einen Viertausender besteigen oder jeden Tag zwei Stunden im Fitnessstudio verbringen. Lassen Sie sich möglichst schon in der Klinik oder der Reha von den Physiotherapeuten einfache Übungen zeigen, die Sie auch zu Hause durchführen können, steigen Sie Treppen, statt Aufzug zu fahren, gehen Sie viel spazieren. Wenn Sie sich fit genug fühlen, können Sie frühere Sportarten wieder aufnehmen. Auch wer bislang keinen Sport gemacht hat, sollte für regelmäßige Bewegung sorgen. Ideal sind Wandern, Fahrradfahren und Schwimmen. Manchmal unausweichlich: künstlicher Darmausgang Bei bis zu 15 Prozent der Patienten mit Enddarmkrebs kann der Schließmuskel nicht erhalten werden. Sie müssen dauerhaft mit einem künstlichen Darmausgang leben. Der Darm wird dabei über eine Öffnung in der Bauchdecke entleert, der Darminhalt von einem Plastikbeutel aufgefangen. Dieser Darmausgang wird auch als Stoma bezeichnet. Der Umgang mit einem Stoma wird Ihnen in intensiven Schulungen genau gezeigt. Dazu gibt es an den meisten größeren Kliniken und Darmzentren extra ausgebildete Stomatherapeuten. Diese informieren Sie über die Anpassung der Ernährung, das richtige Wechseln der Stomabeutel und über Möglichkeiten, wie Sie die Stuhl­entleerung beeinflussen können. Eine Geruchsbelästigung brauchen Sie nicht zu befürchten. Die modernen Stomabeutel sind absolut geruchsfrei. Wenn Sie sich an den Umgang mit dem Stoma gewöhnt haben, können Sie wie vorher auch Sport treiben oder ins Schwimmbad gehen. Auch eine normale Sexualität ist mit Stoma möglich. Wenn Sie auf Reisen gehen, sollten Sie darauf achten, dass Sie eine ausreichend große Menge an Stoma­ beuteln mitnehmen. Mehr Informationen finden Sie unter www.ilco.de, einer Selbsthilfeorganisation, die sich auf Information und Unterstützung von Menschen mit Darmkrebs (auch ohne Stoma) spezialisiert hat. 36 Informationen und Adressen Darmkrebs Rat und Hilfe für Betroffene und Angehörige Hermann Delbrück Kohlhammer Verlag, 2004 ISBN 978-3-17-018314-8 Kursbuch Darmkrebs Ernst-Dietrich Kreuser, Katrin Würdinger Südwest-Verlag, 2006 ISBN 978-3-517-06998-2 Hilfe bei Darmkrebs Vorsorge – Diagnose – Therapie Hans-Dieter Allescher, Astrid Kors, Verena Drebing, Christa Maar (Hrsg.) TRIAS Verlag, 2004 ISBN 978-3-830-43159-6 Thema Krebs Hilke Stamatiadis-Smidt, Harald zur Hausen, Otmar D. Wiestler Springer Verlag, 2006 ISBN 978-3-540-25792-9 Patientenratgeber Darmkrebs Hans-Joachim Schmoll, Michael Bamberg, Werner Hohenberger Deutsche Krebsgesellschaft e.V., 2008 Hardcover ISBN 978-3-936072-85-3 Broschüre ISBN 978-3-936072-92-1 Krebs ganzheitlich behandeln Josef Beuth TRIAS Verlag, 2007 ISBN 978-3-830-43374-3 38 Deutsche ILCO e.V. Vereinigung für Stomaträger und für Menschen mit Darmkrebs Thomas-Mann-Str. 40 53111 Bonn Tel.: 02 28/33 88 94-50 Fax: 02 28/33 88 94-75 E-Mail: [email protected] Internet: www.ilco.de Felix Burda Stiftung Rosenkavalierplatz 10 81925 München Tel.: 0 89/92 50 25 01 Fax: 0 89/92 50 27 13 E-Mail: [email protected] Internet: www.felix-burda-stiftung.de Deutsche Krebshilfe e.V. Buschstr. 32 53113 Bonn Tel.: 02 28/7 29 90-0 Fax: 02 28/7 29 90-11 E-Mail: [email protected] Internet: www.krebshilfe.de Deutsche Krebsgesellschaft e. V. TiergartenTower Straße des 17. Juni 106–108 10623 Berlin Tel.: 030/322 93 29 0 Fax: 030/322 93 29 66 E-Mail: [email protected] Stiftung LebensBlicke Bremserstr. 79 67063 Ludwigshafen Tel.: 06 21/503 28 38 Fax: 06 21/503 28 39 E-Mail: [email protected] Internet: www.lebensblicke.de Krebsinformationsdienst KID Deutsches Krebsforschungszentrum Im Neuenheimer Feld 280 69120 Heidelberg Tel.: 08 00/420 30 40 (täglich 8–20 Uhr; kostenlos aus dem deutschen Festnetz) E-Mail: [email protected] Internet: www.krebsinformationsdienst.de Informationen und Adressen zu psychosozialen Krebsberatungsstellen für Patienten und Angehörige erhalten Sie beim Krebsinformationsdienst KID und bei der Deutschen Krebshilfe. Glossar Adenome Gutartige Wucherungen, die vom Drüsenge­ webe der Schleimhaut ausgehen und aus denen sich ein Tumor entwickeln kann. Adjuvante Chemotherapie Die adjuvante (unterstützende) Chemotherapie wird nach einer Operation gegeben, mit dem Ziel, die restlichen, noch verbliebenen Krebszellen abzutöten. Die Heilungschancen lassen sich dadurch deutlich verbessern. Angiogenese Bildung neuer Blutgefäße im Körper, leitet sich aus dem Griechischen „angiojénessi“ (Angio = Gefäß, Genese = Entstehung) ab. Angiogenese-Hemmer Medikamente, die die Bildung neuer Blutgefäße im und zum Tumor hemmen. Da der Tumor ohne Blutversorgung nicht überleben kann, wird sein Wachstum gehemmt. Der erste Angiogenese-Hemmer, der therapeutisch eingesetzt wird, ist Bevacizumab. Anti-Angiogenese Unterdrückung der Angiogenese. Antigen Ein Antigen ist eine Substanz, die vom Immunsystem als fremd erkannt wird und die Bildung von Antikörpern auslöst. Antigene sind meist Eiweißstrukturen. Sie befinden sich auf Allergenen wie etwa Pollen, auf Krankheitserregern oder Tumorzellen. Anus praeter Siehe Stoma Antikörper Körpereigene Abwehrstoffe, die sich gegen Antigene auf Krankheitserregern richten. Die Verbindung des Antikörpers mit dem Antigen Glossar zu einem Antigen-Antikörper-Komplex löst eine Reihe von Abwehrreaktionen aus, die zu einer Zerstörung des Erregers führen. Biotechnologisch hergestellte Antikörper für die Krebstherapie (Cetuximab, Panitumumab, Bevacizumab) binden an bestimmte Antigene, die das Wachstum von Tumoren fördern, und blockieren deren Wirkung. benigne Gutartig Bevacizumab Biotechnologisch hergestellter Antikörper zur Behandlung von Darmkrebs, der sich gegen den Blutgefäß-Wachstumsfaktor VEGF richtet. Die Bildung neuer Blutgefäße wird gehemmt, dadurch unterbleibt die Versorgung des Tumors mit Sauerstoff und Nährstoffen − der Tumor wird regelrecht augehungert. Capecitabin Zytostatikum zur Behandlung u.a. von Darmkrebs. Wird als Tablette eingenommen. CEA Carcinoembryonales Antigen, einer der wichtigsten Tumormarker bei Darmkrebs. Cetuximab Biotechnologisch hergestellter Antikörper zur Behandlung von Darmkrebs. Er richtet sich gegen den Rezeptor für den epidermalen Wachstumsfaktor (EGFR, epidermal growth factor receptor). Durch die Bindung des Antikörpers an EGFR wird die Weiterleitung der Wachstumssignale gestoppt und das Tumorwachstum unterbunden. Chemotherapie Behandlung von Krebserkrankungen mit Zytostatika. Colitis ulcerosa Chronische oder wiederkehrend auftretende Entzündung des Dickdarms. Computertomographie (CT) Spezielle Röntgenuntersuchung, bei der Querschnittbilder (Schichtaufnahmen) des Körpers erstellt werden, mit denen Einzelheiten sehr gut zu erkennen sind. Darmpolypen Gutartige Schleimhautgeschwülste, die gestielt sind und in den Hohlraum des Darms hineinragen. Über 95 % der Polypen sind Adenome, sie können sich zu Darmkrebs entwickeln. Bis aus einem Polyp Darmkrebs entsteht, dauert es etwa 10 Jahre. EGFR Abkürzung für epidermal growth factor receptor, epidermaler Wachstumsfaktorrezeptor. EGFR ist bei verschiedenen Tumorarten, auch bei Dickdarm- und Enddarmkrebs, hoch- oder fehlreguliert. Es kommt zu einem unkontrollierten Tumorwachstum. 5-Fluorouracil (5-FU) Zytostatikum zur Behandlung u.a. von Darmkrebs. Irinotecan Zytostatikum zur Behandlung u.a. von Darmkrebs. Karzinom Bösartiger Tumor, der sich aus Epithelzellen entwickelt; die meisten bösartigen Geschwülste sind Karzinome. Kernspintomographie Modernes Schnittbildverfahren, das auch als Magnetresonanztomographie (MRT) bezeichnet wird. Zur Erzeugung der Bilder werden keine Röntgenstrahlen verwendet, sondern starke Magnetfelder und Radiowellen. Kolon Dickdarm Entfernung zu erhöhen oder eine Operation erst zu ermöglichen. Koloskopie Darmspiegelung, bei der der gesamte Dickdarm untersucht wird. okkult Versteckt, verborgen (lateinisch: occultus) kolorektal Kolon (Dickdarm) und Rektum (Enddarm) betreffend. Lymphknoten Schaltstellen des Lymphgefäßsystems, in denen die Lymphflüssigkeit gefiltert und durch Fresszellen (Makrophagen) und Lymphozyten von Keimen und Giftstoffen befreit wird. Bösartige Tumoren können Tochterzellen in die Lymphflüssigkeit abgeben, die dann in den Lymphknoten „hängenbleiben“. Dort können sie sich ansiedeln und Tochtergeschwülste, sogenannte Lymphknotenmetastasen, bilden. maligne Bösartig Metastasen Tochtergeschwülste eines bösartigen Tumors in anderen Organen. Bei Darmkrebs entwickeln sich Metastasen vor allem in der Leber. Morbus Crohn Chronisch entzündliche Erkrankung, die den gesamten Magen-Darm-Trakt vom Mund bis zum Enddarm betreffen kann; am häufigsten sind die letzte Dünndarmschlinge und der Dickdarm betroffen. Neoadjuvante Therapie Chemotherapie oder Strahlentherapie, die vor der operativen Entfernung des Tumors durchgeführt wird. Ziel ist es, den Tumor zu verkleinern, und so die Chancen auf eine komplette Okkultbluttest Untersuchung auf verstecktes, mit bloßem Auge nicht sichtbares Blut im Stuhl. Oxaliplatin Zytostatikum zur Behandlung u.a. von Darmkrebs. Palliative Chemotherapie Die palliative (lindernde) Chemotherapie wird eingesetzt, wenn der Tumor nicht völlig entfernt werden kann. Sie hat das Ziel, die Vergrößerung des Tumors zu verhindern, die Schmerzen zu verringern und das Risiko von Komplikationen zu senken. Panitumumab Biotechnologisch hergestellter Antikörper zur Behandlung von Darmkrebs (siehe Cetuximab). Polyp (des Dickdarms) Siehe Darmpolypen Rektum Enddarm; letzter Teil des Dickdarms vor dem Darmausgang. Remission Rückbildung von Tumor oder Metastasen; bei einer vollständigen Remission ist der Tumor anhand bildgebender Verfahren wie CT oder MRT nicht mehr erkennbar. Rezidiv Rückfall; Tumor tritt nach vollständiger Entfernung erneut im gleichen Organ auf. Sigmoidoskopie Untersuchung der unteren Dickdarmanteile einschließlich des Sigmas. Stoma Künstlich angelegter Darmausgang oder Anus prater. Der Darm wird dabei mit der vorderen Bauchwand verbunden und der Stuhl über diesen Ausgang abgeleitet. Häufig kann ein Stoma nach Heilung des Darms wieder rückverlegt werden. Tumor Schwellung, Geschwulst-, oder Gewebeneubildung, die gutartig oder bösartig sein kann. Tumormarker Substanzen, die bei Tumorerkrankungen in erhöhter Konzentration in Blut oder anderen Körperflüssigkeiten vorkommen. Da sie auch bei anderen Erkrankungen wie Entzündungen erhöht sein können, sind sie für die Diagnosestellung nicht geeignet. Sie werden aber für die Beobachtung des Verlaufs der Krebserkrankung genutzt. VEGF Blutgefäßwachstumsfaktor (englisch: vascular endothelial growth factor, VEGF), ist zur Aufrechterhaltung der Gefäßfunktion notwendig. Von Tumorzellen wird VEGF vermehrt gebildet und zum Aufbau eines Gefäßsystems „missbraucht“, das den Tumor mit dem Blutkreislauf verbindet und ihn mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Zytostatika Wirkstoffe, die das Wachstum von Zellen hemmen. Da sie besonders gut bei sich schnell teilenden Zellen wirken, werden vor allem Krebszellen abgetötet. Roche Pharma AG 79630 Grenzach-Wyhlen www.roche-onkologie.de