Vollständiger Text

Werbung
Zert i f i z i e rt e F o rt b i l d u n g
Eine neue Therapieoption
bei Hypercholesterolämie
Foto: fotolia
Der Wirkstoff Colesevelam
Z e rt i f i z i e rt e F o rtb i l d u ng P h a r m a z i e
Unter CME.springer.de können Leser von APOTHEKE + MARKETING Fortbildungspunkte sammeln: dazu einfach online die Fragen zu dem folgenden, praxisrelevanten Beitrag beantworten.
Detaillierte Hinweise zur – kostenlosen – Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung finden Sie
auf Seite 52, in den Fragebogen einlesen können Sie sich auf Seite 53.
e.
sp r i nger
.d
cm
Übrigens: Der Online-Auftritt des gesamten CME-Angebots ist jetzt noch übersichtlicher! Überzeugen Sie sich selbst – mit einem Klick auf cme.springer.de.
e
CME
Fettstoffwechselstörungen gehören zu den häufigsten Gesundheitsproblemen. Fast die
Hälfte der deutschen Bevölkerung hat erhöhte Blutfettwerte, ein deutlicher Risikofaktor
für Arteriosklerose und ihre Folgen wie Koronare Herzkrankheit, zerebrale und periphere
Durchblutungsstörungen sowie Niereninsuffizienz. Seit kurzem steht mit Colesevelam
eine neue Therapieoption zur Verfügung.
Schon seit vielen Jahren sind lipidsenkende Arzneimittel auf dem Markt, um
eine Arteriosklerose zu behandeln und ihre Auswirkungen zu verhindern.
Vor allem die Statine, Hemmstoffe der Hydroxymethyl-glutaryl-CoA-Reduktase, haben sich zur Senkung eines erhöhten Cholesterinspiegels bewährt. Seit Anfang Februar
2008 ist Colesevelam* zur Behandlung von Patienten mit primärer Hypercholesterolämie im Handel. Der neue Wirkstoff senkt sowohl das Gesamtcholesterol als auch das
LDL-Cholesterol.
Medizinische Chemie
Strukturformel Colesevelam
NH
NH
+
N
Medizinische Chemie
Wirkmechanismus
CI
HCI
CI
-
Colesevelam ist ein nicht resorbierbares Polymer, das wie das Ionenaustauscherharz
Colestyramin Gallensäuren im Darm bindet und diese in Form eines Komplexes über
die Fäzes aus dem Körper transportiert. Die Rückresorption der Gallensäuren wird dadurch verhindert und die normalerweise geringe Gallensäureausscheidung erheblich
gesteigert. Der Körper ist infolgedessen gezwungen, neue Gallensäuren aus Cholesterol
in der Leber zu bilden. Der verstärkte Bedarf an Cholesterol in den Leberzellen führt
zu einer Steigerung der Aufnahme von Low-Density-Lipoproteinen (LDL) in die Leber
und damit letztendlich zu einer Senkung der Cholesterolkonzentration im Blut.
Klinische Pharmakologie
Anwendung und Dosierung
Zusätzlich zu diätetischen Maßnahmen wird Colesevelam in der Monotherapie bei Patienten angewendet, die ein Statin nicht gut vertragen oder für die ein Statin als unangemessen betrachtet wird. Zudem kann die Substanz mit einem Statin kombiniert werden, wenn damit allein keine ausreichende cholesterinsenkende Wirkung möglich ist.
Colesevelam ist in einer Dosierung von 625 mg als Filmtablette unter dem Handelsnamen Cholestagel® auf dem Markt.
apotheke+marketing 11.2008
49
P h a r m a z i e Z e rt i f i z i e rt e F o rtb i l d u ng
Colesevelam
Der neue Arzneistoff bindet
Gallensäuren.
Gegenanzeigen
Colesevelam ist kontraindiziert bei
einem Darmverschluss.
Nebenwirkungen
Als häufigste Nebenwirkungen treten
unter einer Behandlung mit Colesevelam Verstopfung und Verdauungsprobleme auf.
In der Monotherapie wird eine Anfangsdosis von drei Tabletten zweimal täglich
oder sechs Tabletten einmal täglich empfohlen. In Kombination mit einem Statin
beträgt die empfohlene Tagesdosis vier bis sechs Tabletten. Maximal sollte der
Patient drei Tabletten zweimal täglich oder sechs Tabletten einmal täglich erhalten.
Die Colesevelam-Tabletten müssen mit einer Mahlzeit und Flüssigkeit eingenommen
werden. Die Applikation kann gleichzeitig mit einem Statin erfolgen.
Gegenanzeigen
Das Arzneimittel darf nicht angewendet werden, wenn eine Überempfindlichkeit gegenüber Colesevelam oder einem der sonstigen Tablettenbestandteile besteht sowie bei einem
Darmverschluss oder einer Gallengangverlegung. Zusätzlich sollten bei einer Kombinationstherapie die Kontraindikationen des jeweiligen Statins berücksichtigt werden.
Nebenwirkungen
Die Einnahme von Colesevelam kann zu Verstopfungen und Verdauungsbeschwerden
führen. Desweiteren ist ein Anstieg des Triglycerid-Serumspiegels möglich. Bei Patienten mit Triglyceridspiegeln über 3,4 mmol/l sollte Colesevelam daher nur mit Vorsicht angewendet werden. Gelegentlich kam es in den bis jetzt durchgeführten klinischen Studien zum Auftreten von Muskelschmerzen.
Wechselwirkungen
Wechselwirkungen
Colesevelam kann die Resorption vor
allem von Vitamin K sowie Thyroxin
beeinträchtigen.
Schwangerschaft
Der neue Arzneistoff sollte in Schwangerschaft und Stillzeit nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung gegeben werden.
Wie bei allen Gallensäuren-Komplexbildnern muss bei Colesevelam damit gerechnet
werden, dass es die Resorption von Vitamin K und die gerinnungshemmende Wirkung
von Antikoagulantien, wie Warfarin oder Phenprocoumon, beeinträchtigt. Bei gleichzeitiger Einnahme von gerinnungshemmenden Arzneimitteln sollte die gerinnungshemmende Therapie demzufolge eng überwacht werden. Gleiches gilt für eine Schilddrüsenhormonersatztherapie, da Gallensäuren-Komplexbildner die Resorption von
Thyroxin verringern können. Auch eine verminderte empfängnisverhütende Wirkung
bei Frauen, die orale Kontrazeptiva einnehmen, kann nicht ausgeschlossen werden.
In Wechselwirkungsstudien hat Colesevelam die Bioverfügbarkeit von Verapamil
gesenkt. Derzeit ist die klinische Bedeutung dieses Befundes allerdings nicht geklärt.
Bei Patienten mit einem Mangel an Vitamin A, D, E oder K wird eine Überwachung
der Vitaminspiegel bzw. die Messung von Koagulationsparametern empfohlen. Bei Bedarf sollten diese Vitamine ergänzend verabreicht werden.
Wenn eine Beeinflussung der Bioverfügbarkeit bei einem gleichzeitig angewandten
Arzneimittel nicht ausgeschlossen werden kann, sollte dieses mindestens eine Stunde
vor oder vier Stunden nach Colesevelam eingenommen werden.
Schwangerschaft und Stillzeit
Es liegen derzeit keine klinischen Daten über die Auswirkungen einer Therapie während
Schwangerschaft und Stillzeit vor. Tierexperimentelle Studien haben keine Hinweise auf
direkte oder indirekte schädliche Auswirkungen auf Schwangerschaft, embryonale sowie
fetale Entwicklung, Geburt und postnatale Entwicklung gezeigt. Dennoch sollte eine Anwendung bei schwangeren oder stillenden Frauen nur unter Vorsicht erfolgen.
Pharmakoökonomische Aspekte
Alle Fotos: fotolia
Reservemedikation
Colesevelam wird angewandt, wenn die
Standardtherapie nicht ausreicht oder
nicht vertragen wird.
Cholestagel® ist in einer Packungsgröße von 180 Filmtabletten für knapp 200 Euro im
Handel, Tagestherapiekosten ca. drei bis sechs Euro (generische Statintherapie ca. 30
Cent). Ein günstiger Einfluss auf die Gesamtsterblichkeit ist für alle Ionenaustauscher
nicht belegt. Daher ist Colesevelam nur Reservemedikation, wenn die Standardtherapie nicht ausreicht oder nicht vertragen wird.
Klinik
Hypercholesterolämie – Ursachen, Diagnostik und Therapie
Cholesterol ist ein lebensnotwendiges Plasmalipid, das unter anderem Bestandteil der
Zellmembranen ist. Die Hypercholesterolämie, bei der die Konzentration von Choles-
50
apotheke +marketing 11.2008
Z e rt i f i z i e rt e F o rtb i l d u ng P h a r m a z i e
Hypercholesterolämie
Einer erhöhten Cholesterolkonzentration im Blut können genetische Faktoren, Fehlernährung oder andere
Erkrankungen zugrunde liegen.
Low-Density-Lipoproteine
Die LDL-Fraktion im Blut sollte 150 mg/
dl nicht überschreiten.
Klinische Studien
In einer sechsmonatigen Studie an Patienten mit primärer Hypercholesterolämie, die
täglich eine Dosis von 3,8 bzw. 4,5 g Colesevelam einnahmen, wurde eine 15- bis 18prozentige Senkung des LDL-Cholesterols erzielt. Gleichzeitig sank das Gesamtcholesterol um sieben bis zehn Prozent, während die HDL-Konzentration um drei Prozent
zunahm. Unter Placebo blieben diese Werte unverändert. Bei den mit Colesevelam behandelten Patienten stieg die Konzentration an Triglyceriden um neun bis zehn Prozent, unter Placebo um fünf Prozent.
In einer placebokontrollierten Doppelblindstudie an 487 Patienten, in der Colesevelam
in Kombination mit einem Statin (Atorvastatin, Lovastatin oder Simvastatin) eingesetzt
wurde, konnte eine Senkung des LDL-Cholesterols um acht bis 16 Prozent erzielt werden.
Derzeit liegen keine klinischen Daten über die Auswirkungen auf Morbidität und
Sterblichkeit der Patienten vor.
Ausblick
In den USA ist Colesevelam bereits seit dem Jahr 2000 als Lipidsenker auf dem Markt.
Im Januar 2008 hat die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA eine Zulassungserweiterung genehmigt. Hier ist nun zusätzlich eine Anwendung bei Erwachsenen mit
Diabetes mellitus Typ 2 in Kombination mit Metformin, Sulfonylharnstoff-Derivaten
oder Insulin möglich, um eine verbesserte glykämische Kontrolle zu erzielen.
*Colesevelam: Handelsname Cholestagel®
Korrespondierende Autorin: Jane Schröder | Institut für Klinische Pharmakologie,
Medizinische Fakultät, Technische Universität Dresden, Fiedlerstraße 27, 01307 Dresden |
Kontakt: [email protected]
apotheke+marketing 11.2008
Klinische Studien
In der klinischen Untersuchung senkte
Colesevelam das LDL- sowie das Gesamtcholesterol und erhöhte den
HDL-Spiegel.
Zulassungserweiterung
In den USA darf der neue Lipidsenker
auch bei Diabetes Typ 2 in Kombination
mit oralen Antidiabetika eingesetzt
werden.
Online punkten
Den Fragebogen zu diesem Text
finden Sie online zur Beantwortung
unter CME.springer.de bzw. zum
Einlesen auf Seite 53. Genaue
Hinweise zur Teilnahme: Seite 52.
51
Alle Fotos: fotolia
terol im Serum erhöht ist, zählt zu den Fettstoffwechselstörungen. Die Ursachen für
Hypercholesterolämie sind vielfältig. Neben genetischen Defekten können eine zu fettreiche Ernährung, Übergewicht, Alkoholmissbrauch oder Stoffwechselerkrankungen
wie Hypothyreose, Diabetes mellitus und Gicht verantwortlich sein.
Aufgrund ihrer Wasserunlöslichkeit werden Lipide im Blut, gebunden an Trägerproteine, transportiert. Die Ultrazentrifugation bzw. Elektrophorese ermöglicht es, diese so
genannten Lipoproteine in verschiedene Fraktionen aufzutrennen, die für die Beurteilung der Blutfettwerte herangezogen werden. Vor allem eine Zunahme der Low-Density-Lipoproteine (LDL), deren Hauptbestandteil Cholesterol bzw. Cholesterolester sind,
erhöht die Gefahr für eine Arteriosklerose. Ein hoher Anteil an High-Density-Lipoproteinen (HDL) wird hingegen als günstig angesehen, da diese nur wenig Cholesterol enthalten und in der Lage sind, in Gefäßwänden abgelagertes Cholesterol aufzunehmen.
Für die Bestimmung der Hypercholesterolämie ist eine Nüchternblutentnahme erforderlich. Das Gesamtcholesterol ergibt sich aus der Summe von LDL und HDL. Eine
Hypercholesterolämie liegt ab einem Wert von 200 mg/dl vor. Die Menge an LDL sollte möglichst niedrig sein und Werte von 150 mg/dl nicht überschreiten. Der HDL-Anteil sollte hingegen nicht weniger als 40 mg/dl betragen.
Eine konsequente Diät ist die Grundlage für die Behandlung erhöhter Cholesterolwerte. Sind jedoch alle nicht medikamentösen Maßnahmen ausgeschöpft, ist eine medikamentöse lipidsenkende Therapie indiziert, insbesondere wenn beim Patienten bereits eine
Koronare Herzkrankheit (KHK) oder eine andere Arteriosklerose-Manifestation diagnostiziert wurde bzw. ein hohes Risiko besteht, ein kardiovaskuläres Ereignis zu erleiden.
Die Statine werden als Therapeutika der ersten Wahl eingesetzt, da für sie eine Reduktion der kardiovaskulären Morbidität und Sterblichkeit bei Patienten mit KHK
nachgewiesen wurde. Sie senken die Konzentration der Low-Density-Lipoproteine und
des Gesamtcholesterols.
Desweiteren werden Anionenaustauscherharze (z. B. Colestyramin) sowie der Wirkstoff Ezetimib eingesetzt, der Cholesterol-Transportersysteme im Darm hemmt. Diese
vermindern wie der neue Wirkstoff Colesevelam die Resorption von Cholesterol.
Fibrate sowie Nicotinsäure und ähnliche Verbindungen senken neben dem Cholesterol- auch den Triglycerid-Blutspiegel.
Herunterladen