Grundlagen der Hunde- und Katzenernährung

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ROYAL CANIN Fernkolleg
für TierarzthelferInnen & Tiermedizinische Fachangestellte
Grundlagen der Hunde- und
Katzenernährung: Energie &
Nährstoffe
Kurs 02/08 (November 2008-März 2009)
Inhaltsverzeichnis
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Einleitung
Energie
2.1
Definition, Bedeutung für die Ernährung
2.2
Energiestufen
2.3
Energiebedarf
2.4
Überversorgung
2.5
Unterversorgung
2.6
Energiequellen in der Nahrung
Protein
3.1
Definition, Funktionen, Bedeutung für die Ernährung
3.2
Proteinverdauung und -stoffwechsel
3.3
Proteinqualität
3.4
Proteinbedarf bei Hund und Katze
3.5
Proteinmangel
3.6
Überversorgung – die „Proteindiskussion“
3.7
Proteinquellen in der Nahrung
Fett
4.1
Definition, Funktionen, Bedeutung für die Ernährung
4.2
Fettverdauung und -stoffwechsel
4.3
Bedarf an essenziellen Fettsäuren
4.4
Mangel & Überschuss: klinische Folgen
4.5
Tierische und pflanzliche Nahrungsfette: Beispiele
Kohlenhydrate
5.1
Definition, Funktionen, Bedeutung für die Ernährung
5.2
Kohlenhydratverdauung und -stoffwechsel
5.3
Bedarf, Mangel & Überschuss
5.4
Kohlenhydratquellen: Beispiele
Mineralstoffe
6.1
Mengenelemente
6.2
Spurenelemente
Vitamine
7.1
Fettlösliche Vitamine
7.2
Wasserlösliche Vitamine
Wasser
Inhaltstoffe mit gesundheitsbezogener Wirkung
9.1
Haut &Haarkleid
9.2
Gelenkgesundheit
9.3
Anti-Aging & Stärkung des Immunsystems
9.4
Regulierung der Verdauung
1
Einleitung
Für ein normales Wachstum, die Reproduktion und Aufzucht der Nachkommen sowie
zur Aufrechterhaltung ihrer Gesundheit während der unterschiedlichen Lebensphasen
benötigen Hunde und Katzen eine ausgewogene Ernährung, die sie mit Wasser,
Energie und allen lebensnotwendigen Nährstoffen in ausreichendem Maße versorgt.
Man unterscheidet zwischen den Makronährstoffen (Proteine, Fette, Kohlenhydrate),
die den überwiegenden Anteil der Nahrung ausmachen, und den Mikronährstoffen
(Mineralstoffe, Vitamine), die zwar nur in geringen Mengen in der Nahrung enthalten
sind, die jedoch vielfach für Hund und Katze essenziell sind. Essenziell bedeutet, dass
Hunde oder Katzen diesen Nährstoff nicht selbst synthetisieren können und daher auf
eine regelmäßige Zufuhr mit der Nahrung angewiesen sind. Einige Nährstoffe (Taurin,
Arachidonsäure, Niacin) sind zwar für Katzen als Vertreter einer strikt carnivoren
Spezies essenziell, nicht aber für den eher carni-omnivoren Hund. Eine unzureichende
Zufuhr essenzieller Nährstoffe führt über kurz oder lang zu deutlichen klinischen
Mangelsymptomen.
Schon lange dient eine „gute und
ausgewogene“ Ernährung nicht mehr
allein
dazu,
typische
Mangelkrankheiten
zu
verhindern,
sondern soll die Lebensqualität und
Lebenserwartung unserer Heimtiere
steigern.
Durch
immer
neue
Erkenntnisse über den Zusatznutzen
einzelner Nährstoffe (z.B. bestimmte
Vitamine, Aminosäuren) wird das
letztgenannte Ziel in der Ernährung von
Hund und Katze in zunehmendem
Maße verwirklicht. Als Beispiel sei hier
nur die Bedeutung der Antioxidanzien
Vitamin E und C bei der Verzögerung
des Alterungsprozesses genannt oder
Abb. 1: Eine ausgewogene Ernährung von
die Erkenntnis, dass eine hohe Zufuhr
Anfang an ist ein wichtiger Beitrag für ein
der Aminosäure Tyrosin zu einer
langes und gesundes Leben.
optimalen Ausprägung der natürlichen
Fellfarbe beiträgt.
Das vorliegende Fernkolleg soll Grundkenntnisse über die Inhaltstoffe der Nahrung
und deren Stoffwechsel bei Hund und Katze vermitteln und damit einen Grundstein für
ein tieferes Verständnis der ernährungsphysiologischen Zusammenhänge der
Ernährung gesunder und kranker Hunde und Katzen legen. Auf den ersten Blick mag
die Thematik etwas trocken und praxisfern erscheinen, ein aufmerksames Studium der
Grundlagen erleichtert jedoch das Verständnis komplexerer Themen der Hunde- und
Katzenernährung, wie der Diätetik bei verschiedenen Erkrankungen ganz wesentlich.
Was man begriffen hat und logisch nachvollziehen kann, braucht man nicht mehr
auswendig zu lernen. Vor diesem Hintergrund haben sich die Autorinnen bemüht, den
Lernstoff möglichst abwechslungsreich und interessant sowie durch Einfügen von
Beispielen und „Eselsbrücken“ anschaulich zu gestalten. Anfängern soll dieser Kurs
als Einstieg in die Heimtierernährung dienen, Fortgeschrittenen zur Vertiefung und
Wiederholung des Grundlagenwissens.
2
Energie
2.1
Definition, Bedeutung für die Ernährung
Energie ist selbst kein Nährstoff. Dennoch stellt die Versorgung mit Energie nach
einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr den wichtigsten und kritischsten Bezugspunkt
bei der Beurteilung der Ernährung von Hund und Katze dar. Die erste Frage bei der
Einschätzung einer wie auch immer gestalteten Futterration lautet: Deckt sie den
Energiebedarf des Tieres? Etwa 50-70% der Trockenmasse einer Futterration für
Hunde oder Katzen wird allein zur Deckung des Energiebedarfs „verbraucht“. Erst
wenn diese Grundvoraussetzung erfüllt ist, gilt es zu überprüfen, ob die Versorgung
mit allen lebensnotwendigen Nährstoffen gewährleistet ist und ob die Anteile der
Makronährstoffe (Proteine, Fette, Kohlenhydrate) einer gut verträglichen und
artgerechten Ernährung entsprechen. Dennoch ist die Angabe des Energiegehaltes
auf Futtermittel für Hunde und Katzen in Deutschland nicht zulässig, außer es
handelt sich um ein besonderes, Qualitäts-bestimmendes Merkmal (z.B. bei Diäten
gegen Übergewicht).
Die Energielieferanten der Nahrung sind Fette, Kohlenhydrate und Proteine. Fett
liefert dabei mehr als doppelt so viel Energie wie die gleiche Menge Kohlenhydrate
oder Protein. Daher ist es auch als Speicherform der Energie (s.u.) besonders gut
geeignet.
Der Organismus gewinnt Energie aus diesen Nährstoffen durch oxidativen Abbau:
Die chemischen Bindungen zwischen den Nährstoffatomen enthalten Energie in
chemisch gebundener Form, die durch Oxidation freigesetzt wird. Wird sie nicht
unmittelbar benötigt, wird sie erneut in die körpereigene, chemisch gebundene Form,
das Adenosin-Triphosphat (kurz: ATP genannt) überführt. Im Stoffwechsel gibt es
sowohl Prozesse, bei denen Energie frei („gebildet“) wird, als auch solche, für die
Energie benötigt („verbraucht“) wird. Die Begriffe „Bildung“ und „Verbrauch“ werden
im Folgenden in Anführungszeichen gesetzt, da Energie im streng physikalischen
Sinne nicht neu entstehen bzw. verbraucht werden kann, sondern immer nur von
einer in eine andere Form überführt wird (z.B. von der chemisch gebundenen Form in
Stoffwechselwärme). Die Stoffwechselvorgänge, bei denen Energie „gebildet“ wird,
sind die so genannten katabolen Vorgänge, bei denen Körpersubstanz abgebaut
wird. Zu den „Energie verbrauchenden“ Vorgängen gehören in erster Linie die
anabolen Prozesse: Es findet ein Aufbau von Körpersubstanz statt, wofür Energie
benötigt wird. Der Transport von Energie vom Ort der „Bildung“ (kataboler Vorgang)
zum Ort des „Verbrauchs“ erfolgt in Form von ATP. Als Transportform ist ATP gut
geeignet, jedoch nicht als langfristiger Energiespeicher, da es immer sehr schnell
nach der Bildung wieder verbraucht wird. Als dauerhafte Energiespeicher im Körper
dienen das Glykogen in Leber und Muskel (wird bei Bedarf zuerst verbraucht, reicht
aber nicht lange, „kurzfristiger Energieschub“, z.B. für Fluchtreaktionen) und natürlich
das Körperfett (dient fastenden Tieren als zweite Energiereserve). Erst zuletzt
werden auch körpereigene Aminosäuren aus dem Muskel zur Energiegewinnung
herangezogen („Auszehrung“ bei schwerkranken Tieren, massiver Muskelabbau).
Energie „verbrauchende“ Prozesse im Körper sind:
• die Gewebeneubildung bzw. -reparatur (Wundheilung)
• der aktive Ionentransport (entgegen eines Konzentrationsgefälles, sozusagen
gegen den Strom, aus der Zelle heraus oder hinein)
• Muskelarbeit (Kontraktion der Proteinfilamente der Muskelfasern)
Ohne Energiezufuhr mit der Nahrung sind die genannten Vorgänge nicht möglich,
was früher oder später zum Tod führt.
Rohfaser kann von Hund und Katze nicht verdaut werden und liefert daher auch
keine für die Tiere nutzbare Energie.
Die Einheit der Energie ist die Kilokalorie (kcal) oder das Kilojoule (kJ). Eine
Kilokalorie entspricht 1000 Kalorien, eine Kalorie der Wärmemenge, die man
benötigt, um ein Gramm Wasser um ein Grad Celsius zu erwärmen. Kilojoule ist die
physikalische Einheit der Arbeit, der Energie und der Wärme. 1 Kilojoule sind 1000
Joule, wobei 1 Joule die Energiemenge beschreibt, die nötig ist um einen Körper mit
der Gewichtskraft von 1 Newton einen Meter hochzuheben (zum Vergleich: ein
Körper von 1 kg Gewicht erfährt auf der Erde eine Gewichtskraft von 9,81 Newton).
Umrechnungsfaktor: 1 kcal = 4,187 kJ
2.2
Energiestufen
Mit dem Energiegehalt in Futtermitteln ist allgemein der physiologische Brennwert
gemeint, das heißt, es interessiert die Energiemenge, die dem Organismus nach
Aufnahme der Nahrung tatsächlich zur Verfügung steht. Diese entspricht jedoch nicht
der gesamten in einem Futtermittel enthaltenen Energie, sondern nur einem
bestimmten Anteil davon. Die gesamte potenziell verfügbare Energie, die bei einer
vollständigen Verbrennung des betreffenden Futters in Form von Wärme freigesetzt
wird, wird als Bruttoenergie (englisch Gross Energy, daher die gebräuchliche
Abkürzung GE) bezeichnet. Dies ist also der physikalische Brennwert eines
Futtermittels. Dieser sagt jedoch nichts darüber aus, inwieweit diese Energie von
Hund oder Katze auch genutzt werden kann. Auch Sägespäne haben einen
physikalischen Brennwert, jedoch keinen physiologischen, da sie von Hund und
Katze nicht verdaut werden können.
Energiestufen – Welche Energiemenge steht dem
Organismus tatsächlich zur Verfügung?
¾
BruttoEnergie
Nicht die gesamte Energie, die in Nährstoffen
enthalten ist, ist für unser Tier nutzbar !
Verdauliche
Energie
Energie im Kot
Metabolisierbare
Energie
Verluste im Harn
(+ Gas)
NettoEnergie
Wärmeverluste
Abb. 2: Energiestufen bei der Bestimmung der Futterenergie
Auf dem Weg durch den Körper geht ein Teil der Futterenergie über den Harn und
Verdauungsgase sowie über Wärmeverluste im Stoffwechsel verloren, ein weiterer
Anteil wird mit dem Kot wieder ausgeschieden. Diese Verluste müssen bei der
Kalkulation der Futterenergie berücksichtigt werden.
Als verdauliche Energie (englisch Digestible Energy, Abkürzung: DE) wird die
Energiemenge bezeichnet, die während des Verdauungsvorgangs im Tier verbleibt.
Sie ist verhältnismäßig einfach zu bestimmen, indem man die Energie zunächst im
Futter und anschließend im davon ausgeschiedenen Kot bestimmt und die Differenz
aus beiden bildet. Diese Energiemenge kommt bildlich gesprochen „auf der anderen
Seite der Darmwand an“, wird also absorbiert.
Die Stufe der umsetzbaren Energie (englisch Metabolizable Energy, ME), auf der
aktuell die Energiegehalte in Futtermitteln für Hunde und Katzen angegeben werden,
berücksichtigt darüber hinaus Energieverluste über den Harn (Harnstoff aus dem
Eiweißabbau enthält noch Restenergie!) und über Verdauungsgase. Letzteres spielt
jedoch eher bei Wiederkäuern eine Rolle, bei Hund und Katze ist dieser Faktor eher
zu vernachlässigen. Die umsetzbare Energie hängt zum einen von der
Futterzusammensetzung ab (wie gut sind die enthaltenen Nährstoffe verdaulich?),
zum anderen aber auch von der arttypischen und individuellen Fähigkeit zur
Energieausnutzung.
Formel zur Berechnung der umsetzbaren Energie in
Trockenfutter
für Hunde und Katzen anhand der
Pflichtdeklaration auf der Verpackung:
ME (kcal/100 g) = 3,5 x % Rp + 8,5 x % Rfe + 3,5 x % NfE
Rp:
Rfe:
NfE:
Rohprotein (deklariert in %)
Rohfett (deklariert in %)
Stickstofffreie Extraktstoffe (≈ Kohlenhydratanteil)
zu berechnen aus: Trockenmasse (TS)-Rp-Rfe-Ra-Rfa
Trockenmasse in % = 100 – Feuchtigkeit %
(für Trockenfutter durchschnittlich 90%, falls nicht deklariert)
Abb. 3: Formel zur näherungsweisen Berechnung der Energie in Futtermitteln für
Hunde und Katzen (nach ATWATER)
Die umsetzbare Energie steht jedoch nicht vollständig für eine zu erbringende
Leistung (z.B. Milchbildung, Muskelansatz) zur Verfügung. Je nach Art der Leistung
ist mit erheblichen Wärmeverlusten zu rechnen. Bei Muskelarbeit ist der
Wirkungsgrad der umsetzbaren Energie beispielsweise nur 25%. Für die
Milchbildung oder das Wachstum kann die umsetzbare Energie immerhin zu 60-70%
genutzt werden. Die tatsächlich für die Leistung zur Verfügung stehende
Energiemenge wird als Nettoenergie bezeichnet und – aufgrund der
unterschiedlichen Wirkungsgrade – immer in Verbindung mit der konkreten Art der
Leistung genannt, z. B. Nettoenergie Laktation = NEL. Diese Form der Energie ist vor
allem in der Nutztierfütterung interessant. Zum Beispiel ist es für einen Landwirt beim
Zukauf von Milchleistungsfutter wichtig zu wissen, für wie viel Liter Milch ein kg Futter
reicht. Für Hunde und Katzen hat sie keine praktische Bedeutung.
Kleinere Firmen haben die Möglichkeit, mit Hilfe bestimmter Rechenformeln den
Gehalt ihrer Produkte an umsetzbarer Energie näherungsweise zu berechnen.
Die in Abbildung 3 beschriebene, vereinfachte Formel gilt nur für
Trockenfutterprodukte mit einer durchschnittlichen Verdaulichkeit. Sie verwendet
durchschnittliche Brennwerte für Protein, Fett und Kohlenhydrate (enthalten in der so
genannten NfE-Fraktion = Stickstoff-freie Extraktstoffe). Diese werden als
modifizierte Atwater*-Faktoren bezeichnet. Für hochverdauliche Produkte wie z.B.
Milchaustauscher gelten höhere Brennwerte (4-9-4). Die genaueste Methode zur
Bestimmung der umsetzbaren Energie in einem Futtermittel sind kontrollierte
Fütterungsversuche mit adulten Hunden bzw. Katzen über einen ausreichend langen
Zeitraum mit vollständiger Sammlung von Kot und Harn. Futtermittelfirmen mit einem
ausreichend hohen Forschungsetat führen solche Versuche selbständig für ihre
Futtermittel durch.
* zurückgehend auf Grundlagenforschung zur Energiebewertung von W.O. Atwater, 1902 im
„Farmer´s Bulletin“ veröffentlicht
2.3
Energiebedarf
Der Energiebedarf von Hunden und Katzen setzt sich aus verschiedenen Faktoren
zusammen. Man unterscheidet den (unvermeidlichen) Ruheenergiebedarf, das ist
die Energiemenge, die ein Tier in nüchternem Zustand, wach, aber in Ruhe in einer
thermoneutralen Umgebung verbraucht, vom Erhaltungs- und Leistungsbedarf.
Thermoneutral bedeutet, dass es dem Tier weder zu warm noch zu kalt ist, so dass
also keine zusätzliche Energie für die Thermoregulation benötigt wird. Der
thermoneutrale Bereich liegt für Hunde etwa zwischen 20 und 22°C.
Da der Energiebedarf in der Regel pro Tag angegeben wird, kommt es jedoch in der
Praxis kaum vor, dass ein Hund oder eine Katze 24 h unter den o.g. Bedingungen
des Ruheenergiebedarfs verbringt. Regelmäßige Mahlzeiten erfordern im Anschluss
Verdauungstätigkeit, die Energie verbraucht. Auch überwiegend in der Wohnung
gehaltene Tiere zeigen Spontanaktivität: Aufstehen, Hinlegen, zur Tür laufen, aufs
Fensterbrett springen. Bei Katzen mit Freigang und Hunden, die sich viel draußen
aufhalten, kommt zudem der Energiebedarf für die Thermoregulation dazu. Dieser
Mehrbedarf an Energie „für das alltägliche Leben“ (ohne besondere Leistungen) wird
durch den Erhaltungsbedarf erfasst. Es ist daher wichtig, Tierbesitzern klar zu
machen, dass der Mehrbedarf an Energie für die üblichen Spaziergänge (Hund) oder
das ausgiebige Kratzen am Kratzbaum (Katze) im Erhaltungsbedarf bereits
eingerechnet ist. Es ist also keineswegs erforderlich, die Tagesration für einen Hund
zu erhöhen, nur weil er auf dem Spaziergang fünfmal seinen Lieblingsball apportiert
hat.
Der Leistungsbedarf ist nur für Tiere anzusetzen, die besondere Aufgaben erfüllen
müssen, die den Energiebedarf deutlich steigern. Muskelarbeit führt dabei in einem
wesentlich geringeren Umfang zur Erhöhung des Energiebedarfs als allgemein
angenommen: 2 h Spazierengehen an der Leine erhöhen den Energiebedarf eines
Hundes gerade einmal um 5%, 1 h Joggen mit Herrchen oder Frauchen (Bewegung
im Trab) um 15%. Leistungen mit stark erhöhtem Energiebedarf im Vergleich zur
reinen Erhaltung sind das Wachstum und – allen voran – die Milchproduktion
während der Welpenaufzucht (Laktation). Je nach Rasse benötigt eine Hündin, die
ihre Welpen aufzieht das Zwei- (kleine Rassen) bis Vierfache (große Rassen) ihres
Erhaltungsbedarfs an Energie. Bei säugenden Kätzinnen steigt der Energiebedarf je
nach Wurfgröße auf das 1,5 bis 2,5fache des Erhaltungsbedarfs. Im Vergleich dazu
ist der Mehrbedarf für das Wachstum der Welpen bei der Hündin während der
Trächtigkeit eher gering: In den ersten 40 Tagen der Trächtigkeit ändert sich der
Energiebedarf eigentlich gar nicht, erst im letzten Drittel, wenn die Welpen in der
Gebärmutter deutlich an Körpermasse zunehmen, steigt er auf das 1,2 bis 1,5fache
des Erhaltungsbedarfs. Für trächtige Katzen ist vom Beginn der Trächtigkeit an etwa
das 1,4fache des Erhaltungsbedarfs an Energie vorzusehen. Zwar nehmen auch die
Katzenwelpen intrauterin erst gegen Ende der Trächtigkeit deutlich zu, bei der Katze
ist es jedoch physiologisch, dass sie während der Frühträchtigkeit Fettreserven für
die Milchbildung anlegt, die während der Laktation wieder „eingeschmolzen“ werden.
Unerfahrene Hundehalter schätzen den Energiebedarf ihrer trächtigen oder
säugenden Hündin häufig falsch ein, wobei er in Trächtigkeit eher über- und in der
Laktation oft unterschätzt wird. Eine ausführliche Ernährungsberatung sollte daher
möglichst schon vor dem Belegen der Hündin erfolgen, um eine möglichst
komplikationslose Trächtigkeit und eine gesunde Entwicklung der Saugwelpen zu
gewährleisten.
Der
Energiebedarf
wachsender
Hunde oder Katzen nach dem
Absetzen liegt (bezogen auf ein kg
Körpergewicht) deutlich höher als der
erwachsener Tiere im Erhaltungsbedarf, da Wachstum mit dem
intensiven Auf- und Umbau von
Körpergewebe einhergeht. Die Phase
des intensivsten Wachstums liegt
etwa zwischen dem 3. und 6.
Lebensmonat. Die Dynamik des
Wachstumsprozesses unterscheidet
sich beim Hund zwischen Welpen
kleiner und großer Rassen sehr
deutlich. Am besten sollte die
Gewichtsentwicklung anhand einer
spezifischen
Wachstumskurve
ermittelt und überwacht werden. Eine
Anpassung der Ration (Änderung der
Futtermenge) ist bei Welpen während
Abb. 4: Welpen wachsen zwar auch im Schlaf,
dennoch liegt der Energiebedarf im Wachstum
des intensiven Wachstums etwa alle
deutlich über dem Erhaltungsbedarf.
2 Wochen erforderlich.
Für die Berechnung des Energiebedarfs von ausgewachsenen Hunden und Katzen
stehen die in Abbildung 5 aufgeführten Formeln zur Verfügung. Bei Hunden ist
aufgrund der großen innerartlichen Varianz in Bezug auf die Körpergröße mit dem so
genannten metabolischen Körpergewicht zu rechnen. Auf diese Weise wird der
Tatsache Rechnung getragen, dass kleine Hunde bezogen auf ein kg Körpergewicht
deutlich mehr Energie benötigen als große Hunde. Bildlich gesprochen: 1kg
Yorkshire Terrier verbraucht pro Tag deutlich mehr Energie als 1kg Bernhardiner,
was vor allem auf die - bezogen auf das Körpervolumen - größerer Körperoberfläche
bei kleinen Hunden zurückzuführen ist (höhere Wärmeverluste nach außen).
Die Berechnung des metabolischen Körpergewichts erfolgt, indem man entweder das
Körpergewicht in kg mit 0,75 potenziert (viele Taschenrechner verfügen über die
Funktion x^y, wobei x das Körpergewicht in kg und y der Exponent 0,75 ist) oder
indem man zunächst das Körpergewicht mit 3 potenziert und dann zweimal die
Quadratwurzel daraus zieht. Das können auch die meisten einfachen
Taschenrechner. Für Katzen gibt es zwar auch den Rechenansatz mit dem
metabolischen Körpergewicht (bei der Katze: Körpergewicht in kg hoch 0,67),
aufgrund der geringeren Varianz des Körpergewichts zwischen Katzen verschiedener
Rassen scheint es aber gerechtfertigt, eine einfache Rechenformel zu verwenden, in
die das Körpergewicht unverändert in kg eingesetzt wird (siehe Abbildung 5).
Berechnung des Energiebedarfs (Erhaltung)
für adulte Hunde und Katzen:
Hund:
Tagesbedarf (kcal) = 132 kcal x KM (kg) 0,75
ƒ ruhiger Hund mittleren Alters: 115 kcal
ƒ alter Hund: 100 kcal
ƒ zu Übergewicht neigend: 70-90 kcal
Katze:
Tagesbedarf (kcal) = 50 kcal x KM (kg)
ƒ schlanke, aktive Katzen: 70 kcal
ƒ kastrierte Katzen: 40 kcal
ƒ übergewichtige Katzen: 35 kcal
kcal – Kilokalorie; KM (kg) – Körpermasse in Kilogramm
Abb. 5: Berechnung des Energiebedarfs ausgewachsener Hunde und Katzen
Ziel einer ausgewogenen Ernährung ist es, den Energiebedarf möglichst genau zu
decken, so dass es mittel- bis langfristig weder zu einer Gewichtszunahme noch zu
einem Gewichtsverlust kommt. Die oben genannten Zahlen und Formeln dienen nur
als grobe Richtwerte zur Einschätzung des Energiebedarfs. Der tatsächliche
Energiebedarf eines Tieres kann aufgrund individuell unterschiedlicher
Einflussfaktoren (Wohnungs- oder Zwingerhaltung, einzeln oder in der Gruppe,
Temperament, Felllänge und –dichte) um 30 bis 50% vom errechneten
Energiebedarf abweichen! Es ist daher wichtig, die Energieversorgung durch
regelmäßiges Wiegen oder die Beurteilung der Körperkondition durch adspektorische
und palpatorische Kontrolle der subkutanen Fettdepots (Body Condition Scoring) zu
überprüfen. Zunächst (zum Beispiel nach einem Futterwechsel) sollte dies alle zwei
Wochen erfolgen. Bei Veränderungen des Körpergewichts ist die Futtermenge
jeweils um 5-10% nach oben oder unten anzupassen.
2.4
Überversorgung
Wird mehr Energie mit der Nahrung aufgenommen als verbraucht, wird die
überschüssige Energie in Form von Fett im Körper gespeichert. Eine chronische
Überversorgung mit Energie führt daher bei erwachsenen Hunden und Katzen zu
Übergewicht (Adipositas).
Bei wachsenden Hunden großer Rassen stellt sich die Situation anders dar: Eine
Energieüberversorgung führt zu einem zu schnellen Wachstum und einer
Überlastung der noch nicht voll ausgereiften Knochen und Gelenke.
Skelettentwicklungsstörungen und orthopädische Probleme (Hüftgelenksdysplasie,
Osteochondrose) sind häufig die Folge.
Energieüberversorgung während des Wachstums sorgt des Weiteren vor allem bei
genetisch prädisponierten Welpen dafür, dass mehr Fettzellen angelegt werden als
bei einem restriktiv aufgezogenen Hund. Auf diese Weise wird bereits in frühster
Jugend der Grundstein für eine spätere Adipositas gelegt. Dies ist vor allem bei
Welpen kleiner und mittlerer Rassen bedeutsam.
2.5
Unterversorgung
Unter den heute üblichen Fütterungsbedingungen spielt eine Energieunterversorgung bei Hunden und Katzen in der Obhut des Menschen so gut wie keine
Rolle mehr. Am ehesten ist sie noch bei säugenden Hündinnen zu erwarten, wenn
die Halter aus Unkenntnis ein Futter mit zu geringer Energiedichte verwenden. In
einer solchen Situation kann es vorkommen, dass die Hündin an die Grenze ihrer
Futteraufnahmekapazität gelangt, das heißt, sie kann die Futtermenge, die zur
Deckung ihres Energiebedarfs notwendig wäre, physisch nicht mehr aufnehmen. Des
Weiteren kann eine Energieunterversorgung trotz erhaltenem Appetit bei Tieren mit
schwerwiegenden Verdauungsstörungen auftreten (Beispiel: Pankreasinsuffizienz,
bei der die Tiere aufgrund der mangelhaften Verwertung der Nährstoffe trotz
Heißhunger abmagern).
Bei Energieunterversorgung muss der Energiebedarf aus körpereigenen Reserven
gedeckt werden. Dazu werden zunächst die Glykogenspeicher der Leber und der
Muskulatur, später dann das Körperfett abgebaut. Es kommt zu einer
Gewichtsabnahme beim adulten Tier bzw. zu einer Wachstumsverzögerung bei
Hunde- und Katzenwelpen. Eine kurzfristige Energieunterversorgung (bis zu 14
Tage) wird von Hunden in der Regel problemlos toleriert. Bei Katzen ist eine
vollständige Nahrungskarenz (Nahrungsverweigerung für mehr als 48 h) als
Alarmsignal zu werten, insbesondere wenn sie übergewichtig sind, da es bei ihnen
durch die überstürzte Mobilisierung von Körperfett zu schwerwiegenden
Stoffwechselstörungen und Leberverfettung (hepatische Lipidose) kommen kann.
Dieses Krankheitsbild kann ohne entsprechende Behandlung binnen kürzester Zeit
zum Tod der Katze führen.
Muss aufgrund eines länger andauernden Energiemangels Körpereiweiß zur
Energiegewinnung abgebaut werden, kommt es zu einer Schwächung der
Abwehrkräfte des Immunsystems sowie zu einer Beeinträchtigung der Leber- und
Nierenfunktion.
2.6
Energiequellen in der Nahrung
Proteine, Kohlenhydrate und Fette liefern dem Tier Energie, wobei Fett ein
besonders effizienter Energielieferant ist: 1 g liefert mit 8,5 kcal mehr als doppelt so
viel umsetzbare Energie wie die gleiche Menge Protein oder
Kohlenhydrate. Da Fett auch ein wichtiger Geschmacksträger
ist, werden fettreiche Futtermittel von den meisten Hunden und
Katzen sehr gern gefressen bzw. von Tierhaltern sehr gerne
verfüttert. Vor allem bei kleinen Hunden und Katzen sind
fettreiche Futtermittel vorsichtig zu dosieren: Ein getrocknetes
Schweineohr (50 g) deckt den Energiebedarfs eines 10 kg
schweren Hundes bereits zu 40% ab. Ein Leberwurstbrot enthält genauso viele
Kalorien wie 1,5 kg Möhren.
Kohlenhydrate sind in der Ernährung des Hundes und der Katze theoretisch
verzichtbar, praktisch machen Kohlenhydratquellen jedoch mindestens 30-40% der
meisten kommerziellen Trockenfutter aus. Kohlenhydrate sind in Form von
aufgeschlossener (gekochter) Stärke gut verdaulich und liefern etwa 3,5 kcal
umsetzbare Energie pro Gramm. Ihr Einsatz in Futterrationen hat zumindest beim
Hund einen Protein sparenden Effekt, da keine Aminosäuren zur Synthese von
Blutzucker herangezogen werden müssen. Bei der Katze ist diese Wirkung nicht so
ausgeprägt, da sie grundsätzlich einen bestimmten Anteil Aminosäuren zur
Glukosebildung heranzieht. Außerdem ist die Stärkeverträglichkeit bei der Katze
begrenzt (maximal 5 g aufgeschlossene Stärke/kg KM und Tag).
Proteine liefern zwar etwa vergleichbar viel umsetzbare Energie wie Kohlenhydrate
aber weniger Nettoenergie, da ihr Stoffwechsel komplizierter und „energieaufwändiger“ ist, d.h. während der Abbauvorgänge im Stoffwechsel geht ein größerer
Teil ihrer Energie als Wärme verloren.
3 Protein
3.1
Definition, Funktionen, Bedeutung für die Ernährung
Proteine oder Eiweiße sind große Moleküle, die im Unterschied zu Kohlenhydraten
und Fetten neben Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff auch Stickstoff enthalten.
Sie sind aus Ketten von Aminosäuren aufgebaut, die über Peptidbindungen
miteinander verknüpft sind. Etwa 20 verschiedene Aminosäuren kommen im
Nahrungseiweiß vor. 10 davon sind für Hund und Katze essenziell (siehe Übersicht
1).
Übersicht 1: Für Hund und Katze essenzielle
Aminosäuren
•
•
•
•
•
Arginin
Histidin
Leucin
Isoleucin
Lysin
•
•
•
•
•
Methionin
Phenylalanin
Threonin
Tryptophan
Valin
Für die Katze ist darüber hinaus auch noch Taurin essenziell, eine
Aminosulfonsäure, die von großer Bedeutung für die Herzfunktion, die Reproduktion
und das Sehvermögen ist. Während Hunde Taurin in ausreichender Menge selbst
synthetisieren können, reicht die Eigensynthese der Katze zur Deckung des Bedarfs
nicht aus. Tierische Gewebe sind im Allgemeinen reich an Taurin. Die Gefahr einer
Unterversorgung besteht daher vor allem bei Katzen, die überwiegend mit
pflanzlichen Futtermitteln, z.B. vegetarisch ernährt werden. Unter Umständen kann
ein Taurinmangel auch bei Katzen auftreten, die mit Fertignahrung für Hunde ernährt
werden, wenn diese nicht ausreichend mit Taurin angereichert ist. Die klassische
Symptomatik eines Taurinmangels bei der Katze ist eine Herzschwäche, die durch
eine pathologische Veränderung der
Herzmuskulatur mit Erweiterung einer
oder
beider
Herzkammern
hervorgerufen
wird.
Diese
Erkrankung
wird
als
dilatative
Kardiomyopathie
bezeichnet.
Ist
wirklich
ein
Taurinmangel
die
Ursache
und
bestehen
die
Veränderungen noch nicht so lange,
dass bereits chronische Schäden
entstanden sind, kommt es bei
ausreichender Taurinzufuhr zu einer
vollständigen Heilung.
Die Reihenfolge der Aminosäuren in
einem Proteinmolekül wird auch als
Abb. 6: Tierische Futtermittel, z.B. Fisch und
Fleisch, sind reich an Taurin.
Primärstruktur bezeichnet. Sie ist genetisch vorbestimmt. Die räumliche Anordnung
dieser Aminosäurenkette ist die Sekundärstruktur. Hier unterscheidet man 2
Möglichkeiten: Die Faltblatt- und die Helixstruktur Es gibt außerdem die Tertiär- und
die Quartärstruktur. Letztere beschreibt die Anordnung mehrerer Proteinmoleküle
zueinander im dreidimensionalen Raum.
Übersicht 2: Die wichtigsten Funktionen
der Proteine im Organismus
•
•
•
Aufbau/Regeneration von Körpergewebe:
Binde- und Stützgewebe (Kollagen, Elastin)
Muskelfasern (Aktin und Myosin)
Haut, Haare, Krallen (Keratin)
Blut (Hämoglobin, Albumin, Globuline)
–
–
–
–
Bildung von Enzymen, Hormonen, Antikörpern
Energiequelle, Stickstoffquelle
Hund und Katze benötigen Eiweiß, um Köpersubstanz aufzubauen, und zwar
entweder de novo (Gewebeneubildung) wie zum Beispiel im Wachstum, oder als
Ersatz für verbrauchtes oder zerstörtes Körpergewebe (Regeneration). Die
wichtigsten Funktionen der Proteine im Körper sind in Übersicht 2 dargestellt.
Für diese Vorgänge wird viel Energie benötigt. Protein liefert daher, wenn es im
Körper verstoffwechselt wird, deutlich weniger Nettoenergie als Kohlenhydrate, da
die Energieverluste in Form von Stoffwechselwärme während der Abbauvorgänge
deutlich höher sind. Nettoenergie ist die Energieform, die tatsächlich für eine
Leistung des tierischen Organismus (z.B. Wachstum oder Milchbildung) zur
Verfügung steht. „High protein“-Diäten zur Gewichtsreduktion (z.B. die so genannte
Atkins-Diät beim Menschen) nutzen diesen Effekt.
Proteine sind für Hund und Katze lebenswichtig. Sie enthalten in Form der
essenziellen Aminosäuren allein 10 Baustoffe, auf die der Körper nicht verzichten
kann. Es ist prinzipiell möglich, beide Spezies Kohlenhydrat frei zu ernähren, aber
eine vollständig fehlende Proteinaufnahme (wie sie z.B. bei Tieren vorkommt, die gar
nicht mehr fressen) hat gravierende Folgen und führt unausweichlich zum Tod des
Tieres.
Im Gegensatz zu den Fetten (Depotfett in der Unterhaut und in der Bauchhöhle) und
Kohlenhydraten (Glykogen in Leber und Muskel) gibt es für Proteine im Körper keine
leicht verfügbaren Reserven, sieht man von einem sehr begrenzten „Vorrat“ an
Plasmaproteinen einmal ab. Wenn der Proteinbedarf die –aufnahme längerfristig
überschreitet, muss Protein aus der Muskulatur genutzt werden (Muskelschwund bei
massiv unterernährten Tieren).
Abb.7: Nicht essenzielle Aminosäuren stammen aus der Nahrung oder aus
körpereigener Synthese.
3.2
Proteinverdauung und –stoffwechsel
Die Verdauung des Proteins beginnt im Magen unter dem Einfluss der Magensäure
und des Pepsins. Pepsin ist ein Enzym, das nur im sauren Milieu, also bei
gleichzeitiger Freisetzung von Magensäure, aktiv ist. Magensäure wird nur in
Anwesenheit von Nahrung freigesetzt. Auf diese Weise wird die Magenwand bei
leerem Magen vor Selbstverdauung geschützt, denn Pepsin spaltet Proteine an
bestimmten Stellen (jeweils hinter den Aminosäuren Leucin, Tyrosin oder
Phenylalanin), wobei nicht zwischen nahrungs- und körpereigenen Proteinen
unterschieden wird. Die Magensäuresekretion wird durch die Futteraufnahme
angeregt. Im Dünndarm kommen die Nahrungsproteine also bereits grob
vorzerkleinert an. Hier werden sie durch die Eiweiß spaltenden Enzyme aus der
Bauchspeicheldrüse (die wichtigsten sind Trypsin und Chymotrypsin) weiter
abgebaut. Auch diese liegen wie Pepsin zunächst als inaktive Vorstufe vor, wodurch
die Bauchspeicheldrüse vor Selbstverdauung geschützt ist. Die „ungefährlichen“
Vorstufen der Eiweiß abbauenden Enzyme werden als Zymogene bezeichnet
(Pesinogen, Trypsinogen usw.). Trypsinogen wird erst im Dünndarm aktiviert, indem
ein nur dort vorkommendes Enzym (Enteropeptidase) ein 8 Aminosäuren langes
Endstück abspaltet. Danach kann Trypsin selbst alle anderen Eiweiß spaltenden
Enzyme aus der Bauchspeicheldrüse aktivieren. Ist das Nahrungsprotein zu kleinen
Eiweißbruchstücken, so genannten Peptiden, die nur aus wenigen Aminosäuren
bestehen, abgebaut, erfolgt der letzte Schritt des Abbaus unmittelbar an der
Darmwand: Im Bürstensaum (der Oberfläche des Darmepithels, die durch
mikroskopisch kleine fingerförmige Ausstülpungen, die so genannten Mikrovilli, eine
erhebliche Vergrößerung erfährt) sind Enzyme lokalisiert, die die Peptide in einzelne
Aminosäuren spalten, die dann absorbiert werden.
Die Absorption der Aminosäuren erfolgt über die gesamte Länge des Dünndarms. In
den Zellen der Darmwand erfahren die Aminosäuren ein ganz unterschiedliches
Schicksal: Sie können abgebaut, in andere Aminosäuren umgewandelt, unverändert
in den Blutkreislauf eingeschleust oder zum Aufbau größerer, körpereigener Proteine
herangezogen werden. Eine besondere Bedeutung kommt der Aminosäure Glutamin
zu: Sie dient als Energie liefernder Brennstoff für die Darmwandzellen. Die
Darmwand selbst ist ein Ort besonders intensiver Proteinsynthese. Es besteht ein
hoher Proteinbedarf, zum einen für den Ersatz der ständig abschilfernden
Darmepithelzellen (Gewebe mit hoher „turn over“-Rate), zum anderen für die Bildung
von Verdauungsenzymen. Aus den Zellen der Darmwand gelangen die Aminosäuren
bzw. das, was aus ihnen geworden ist, über das Portalvenenblut in die Leber. In der
Leber wird überschüssiger Stickstoff, der in Form von Ammoniak anfällt, entweder
über den Harnstoffzyklus entgiftet (also zu Harnstoff abgebaut) oder für die Synthese
nicht-essenzieller Aminosäuren heran gezogen. Ein erhöhter Ammoniakspiegel ist im
Blut nur bei einer schwerwiegenden Funktionsstörung der Leber oder einem
massiven bakteriellen Abbau von Protein im Dickdarm nachweisbar. Der
Harnstoffspiegel steigt nach der Nahrungsaufnahme je nach Proteingehalt des
Futters mehr oder weniger stark an. Es ist also als physiologisch anzusehen, dass
postprandial die Anflutung von Harnstoff aus dem Eiweißabbau die
Ausscheidungskapazität der Niere vorübergehend übersteigt, was zum Anstieg des
Blutharnstoffs führt. Zur Beurteilung der Nierenfunktion ist es daher erforderlich,
parallel den Kreatininwert und den zeitlichen Abstand der Probennahme zur letzten
Mahlzeit zu beurteilen. 80-90% des harnpflichtigen Stickstoffs werden in Form von
Harnstoff ausgeschieden. Nur etwa 10% werden als Ammoniak ausgeschieden, noch
geringere Anteile entfallen auf andere Stickstoff haltige Abbauprodukte wie Kreatinin,
Harnsäure, Allantoin u.a. Freie Aminosäuren werden mit dem Harn gesunder Hunde
(außer in geringem Umfang beim Saugwelpen) kaum ausgeschieden. Protein sollte
bei gesunden Hunden im Harn nicht bzw. nur in Spuren nachweisbar sein.
Der Stoffwechsel der Proteine ist aufwendiger und für den Organismus „kostspieliger“
als der anderer Nährstoffe. Protein liefert daher im Vergleich zu den anderen
energetisch bedeutsamen Makronährstoffen Fett und Kohlenhydrate weniger
Nettoenergie. Proteine enthalten Stickstoff, den es unschädlich zu beseitigen gilt –
keine leichte Aufgabe. Hier sind die Leber (Entgiftung von Ammoniak zu Harnstoff)
und die Niere (Ausscheidung stickstoffhaltiger Verbindungen) gefordert. Je höher der
Proteingehalt, desto höher der Arbeitsaufwand für diese beiden wichtigen inneren
Organe. Die Grenze zwischen einer „gesundheitsschädlichen Nieren- oder
Leberbelastung“ und der physiologischen Beanspruchung der Organe ist fließend
und nicht zuletzt von individuellen Faktoren abhängig. Im Übermaß aufgenommene
Aminosäuren werden desaminiert (Abtrennung des Stickstoffs), was zur Bildung von
Ammoniak führt. Ammoniak ist ein starkes Zellgift. Er muss in der Leber entgiftet (zu
Harnstoff umgewandelt) und über die Niere ausgeschieden werden. Diese Entgiftung
funktioniert jedoch sehr effektiv, was man daran erkennen kann, dass eine Protein
reiche Mahlzeit zwar zu einem vorübergehenden Anstieg des Harnstoffs im Blut
führen kann, nicht aber zu einem erhöhten Ammoniakspiegel. Letzterer ist nur bei
schwerwiegenden Leberfunktionsstörungen oder schweren Eiweißfehlgärungen im
Dickdarm (Darmerkrankung und schlechte Qualität des Futtereiweißes) nachweisbar.
3.3
Proteinqualität
Für die Qualität des Nahrungsproteins sind vor allem zwei Faktoren entscheidend:
Das Aminosäureprofil und die Verdaulichkeit. Zur Beurteilung des Aminosäureprofils
dient der Begriff der biologischen Wertigkeit (BW). Die BW beschreibt die Nutzbarkeit
des Nahrungsproteins für den Aufbau körpereigner Substanz, ausgedrückt in %. Als
Bezugspunkt dient dabei Eiprotein, eine tierische Proteinquelle, die besonders gut
verwertet werden kann (BW = 100). Je besser das Aminosäureprofil (insbesondere
der Gehalt an essenziellen Aminosäuren) mit dem Aminosäureprofil des
körpereigenen Eiweißes übereinstimmt, desto höher ist die biologische Wertigkeit.
Die Bedeutung der Versorgung mit essenziellen Aminosäuren lässt sich besonders
gut anhand des Modells der so genannten Liebig-Tonne erläutern (Abbildung 8).
Nicht essenzielle Aminosäuren
Bedarf
Essenzielle
Aminosäuren
Limitierende Aminosäure
(im Verhältnis zum Bedarf zu gering)
Abb.8: Die LIEBIG-Tonne: Das Prinzip der biologischen Wertigkeit
Die einzelnen Planken der Tonne symbolisieren einzelne Aminosäuren. Die Tonne
kann nur bis zur Höhe der niedrigsten Planke befüllt werden, bei weiterer Füllung
würde sie einfach an der genannten Stelle überlaufen. Die niedrigste Planke stellt
diejenige essenzielle Aminosäure dar, für die mit einer gegebenen Futterration die
knappste Versorgung besteht, also ein Mangel am wahrscheinlichsten ist.
Diese wird auch als erstlimitierende Aminosäure bezeichnet. Das Nahrungseiweiß
kann nur in dem Umfang für die Neubildung von Körpereiweiß genutzt werden, in
dem die Versorgung mit der erstlimitierenden Aminosäure ausreicht. Ein Mangel an
dieser Aminosäure (oft handelt es sich um Lysin oder Methionin), kann selbst durch
eine gesteigerte Eiweißzufuhr nicht ausgeglichen werden, da eine weitere Synthese
von Körpereiweiß nicht möglich ist. Das überschüssige Protein muss in der Leber
unschädlich abgebaut und die Abbauprodukte über die Niere ausgeschieden werden.
Die Verdaulichkeit ist ein weiterer wichtiger Aspekt der Proteinqualität. Als
verdauliches Protein wird der Anteil des Nahrungseiweißes bezeichnet, der durch
körpereigene Enzyme abgebaut und im Dünndarm resorbiert werden kann.
Schwerverdauliche Proteine (z.B. Kollagen reiches Bindegewebseiweiß) gelangen
bis in den Dickdarm, wo sie von Bakterien abgebaut werden, was zur Bildung von
Ammoniak führt. Dies hat gleich in doppelter Hinsicht einen nachteiligen Effekt: Zum
einen wird die Darmflora ungünstig beeinflusst (unerwünschte Bakterien vermehren
sich und drängen die „guten“ Darmbakterien in der Population zurück); zum anderen
wird das bakteriell gebildete Ammoniak in die Blutbahn aufgenommen und muss in
der Leber entgiftet werden, was für dieses wichtige Organ zusätzliche (und
vermeidbare) Arbeit bedeutet.
3.4
Proteinbedarf bei Hund und Katze
Von einer adäquaten Eiweißversorgung spricht man, wenn der Eiweißbestand im
Körper damit konstant gehalten werden kann. Die Neubildung von Gewebe und der
Ersatz unvermeidlicher Verluste (über Kot, Harn, Haut und Haare) sind dann
gewährleistet. Welche Menge zur Deckung des Bedarfs mit dem Futter
aufgenommen werden muss, hängt von der Qualität des Nahrungsproteins ab (siehe
Abschnitt 3.3).
Nach Meyer und Zentek (2005) beträgt der Tages-Eiweißbedarf für adulte Hunde im
Erhaltungsstoffwechsel 5g verdauliches Rohprotein pro kg metabolisches
Körpergewicht (kg 0,75).
Diese Vorgabe gilt auch für ältere Hunde, sofern keine Organerkrankungen
vorliegen, die eine reduzierte Proteinzufuhr erforderlich machen können (Leber,
Niere). Es sei jedoch immer vorausgesetzt, dass das Aminosäureprofil des Futters
und die Energieversorgung bedarfsgerecht sind, so dass keine Aminosäuren
ungenutzt ausgeschieden bzw. zur Energiegewinnung herangezogen werden
müssen.
Für langhaarige Hunde im Fellwechsel sind etwa 20% Rohprotein mehr vorzusehen.
Fieberhafte Erkrankungen und umfangreiche Verletzungen können ebenfalls einen
erhöhten Proteinbedarf nach sich ziehen. Körperliche Leistung erfordert keine
Erhöhung der Proteinzufuhr, zumal bei einer erhöhten Energiezufuhr (größere
Futtermenge) automatisch eine höhere Eiweißaufnahme realisiert wird.
Katzen benötigen als strikte Carnivoren mehr Protein als Hunde, da sie grundsätzlich
immer einen gewissen Anteil ihres Blutzuckers aus Aminosäuren bilden. Außerdem
wird Protein armes Futter von Katzen meist nicht gern gefressen. Trockenfutter für
Katzen mit einem Energiegehalt von ca. 400 kcal/100 g sollte mindestens 30%
Protein enthalten.
Tragende Hündinnen benötigen in
der 2. Hälfte der Trächtigkeit bis zu
70% mehr Protein (gilt für Hündinnen
großer
Rassen,
bei
kleinen
Hündinnen sind es nur 40%). In der
Laktation steigt der Eiweißbedarf
sogar um das 4-5fache (gilt wiederum
für Hündinnen großer Rassen, bei
kleinen Hündinnen um das 3fache)
über den Erhaltungsbedarf. Zum Teil
wird dieser gesteigerte Bedarf durch
die erheblich höhere Futteraufnahme
kompensiert. Es empfiehlt sich jedoch
eine Umstellung der Hündin auf ein
energiereiches
und
qualitativ
hochwertiges Welpenfutter gegen
Abb. 9: Laktierende Hündinnen decken ihren
Ende der Trächtigkeit, mit dem sie
erhöhten Energie- und Eiweißbedarf z. T. über
dann auch während der Laktation
eine erhöhte Futteraufnahme.
gefüttert werden kann.
Bei Hundewelpen im Wachstum kommt zu einem dem erwachsenen Hund
vergleichbaren Erhaltungsbedarf ein Leistungsbedarf für die Neubildung von
Körpergewebe hinzu. Dieser ist von der Zuwachsrate abhängig (nicht umgekehrt!)
und im ersten Lebenshalbjahr am höchsten (bis zu 6g Protein zusätzlich/kg KM und
Tag). Zwischen dem 6. und 12. Lebensmonat geht er auf 0,5 g/kg KM zusätzlich zum
Erhaltungsbedarf zurück. In allen Lebenssituationen, die einen erhöhten
Eiweißbedarf mit sich bringen, ist besonders auf eine hohe Eiweißqualität (hohe
biologische Wertigkeit, hohe Verdaulichkeit) zu achten.
Oft ist die Verdaulichkeit des Nahrungsproteins jedoch nicht genau bekannt. Im
Allgemeinen schwankt sie zwischen 70 und über 90% je nach Eiweißquelle und
deren Verarbeitung. Bei bedarfsüberschreitender Versorgung stellt sich bei adulten
Hunden zudem ein Gleichgewicht zwischen Aufnahme und Ausscheidung auf
höherem Niveau ein. Meyer und Zentek geben daher Empfehlungen zur maximalen
Aufnahme von Rohprotein, die jedoch nur für ausgewachsene Hunde gelten
(Übersicht 3).
Übersicht 3: Empfohlene maximale Proteinaufnahme
bei adulten Hunden (nach Meyer & Zentek 2005)
• kleine Hunde:
• mittelgroße Hunde:
• große Hunde:
6g Rohprotein/kg KM/Tag
5g Rohprotein/kgKM/Tag
4g Rohprotein/kg KM/Tag
KM = Körpermasse des Hundes
3.5
Proteinmangel
Ein Proteinmangel hat für den Organismus gravierende Folgen. Eines der ersten
Symptome ist eine verminderte Fresslust. Die eingeschränkte Immunfunktion macht
sich in einer erhöhten Neigung zu Infektionen bemerkbar. Besonders Hautinfektion
treten gehäuft auf, weil die Haut als größtes Organ des Körpers, das allein 30% des
Eiweißbedarfs für die Erhaltung seiner Integrität beansprucht, bei einem
Proteinmangel als erstes in Mitleidenschaft gezogen wird. Welpen zeigen eine
verstärkte Neigung zu Durchfallerkrankungen und Parasitosen.
Äußere Anzeichen eines Proteinmangels können ein stumpfes und brüchiges
Haarkleid und Muskelschwund sein. Im Blut fällt ein verminderter Albumin- und
Harnstoffgehalt auf.
Wachsende Tiere setzen bei unzureichender Eiweißzufuhr zunächst vermehrt Fett
statt Muskulatur an, später kommt es auch zu Wachstumsstörungen. Bei Zuchttieren
wird die Fruchtbarkeit bzw. Milchbildung beeinträchtigt.
3.6
Überversorgung – die „Proteindiskussion“
Eine mäßige Eiweißüberversorgung mit qualitativ hochwertigem Eiweiß ist unter
praktischen Fütterungsbedingungen häufig anzutreffen und hat offenbar keine
negativen Auswirkungen auf die Gesundheit von Hunden und Katzen, sofern keine
Grunderkrankungen vorliegen, die eine Eiweißrestriktion erfordern (Leber- und
Nierenfunktionsstörungen). Zwar bedingt eine erhöhte Proteinaufnahme einen
gesteigerten Arbeitsaufwand für diese beiden wichtigen inneren Organe. Aber: Sie
erfüllen dabei nur ihre ureigene, wichtigste physiologische Funktion, nämlich den
Organismus vor Schadwirkungen der potenziell toxischen Eiweißabbauprodukte zu
schützen. Das Auftreten dieser Eiweißmetaboliten ist in gewissen Grenzen
physiologisch und daher keineswegs mit der Beseitigung anderer Toxine z.B. aus der
Umwelt oder solcher, die nur bei Krankheitsprozessen entstehen, gleichzusetzen. Die
Grenze
zwischen
einer
„gesundheitsschädlichen Nieren- oder Leberbelastung“ und
der physiologischen Beanspruchung der
Organe ist fließend und nicht zuletzt von
individuellen
Faktoren
abhängig.
Eine
eiweißfreie Ernährung würde vordergründig
eine maximale Nieren- und Leberschonung
Abb. 10: Ein hoher Proteingehalt
bedeuten, hätte aber innerhalb kürzester Zeit
in der Welpennahrung begünstigt
fatale
Folgen
für
den
Organismus
nicht ein zu schnelles Wachstum.
(Wachstumshemmung,
Immunsuppression,
keine Regeneration von Körpergewebe). Des
Weiteren ist fraglich, ob eine prophylaktische Schonung gesunder Organe im Sinne
einer Minimierung ihrer physiologischen Aufgaben tatsächlich sinnvoll im Rahmen
einer Gesundheitsvorsorge ist. Hält ein Organ länger, wenn es gar nicht beansprucht,
d.h. aber auch nicht im Rahmen einer physiologischen Belastung „trainiert“ wird? Vor
dem Hintergrund einer möglichen Inaktivitätsatrophie (Ersatz von funktionellem
Gewebe durch einen weniger Stoffwechsel aktiven Platzhalter aus Fett oder
Bindegewebe) erscheint dies eher zweifelhaft.
Auch die Annahme, Welpen würden aufgrund eines zu hohen Proteingehaltes im
Fertigfutter zu schnell wachsen und eher zu Skelettentwicklungsstörungen neigen,
kann inzwischen als widerlegt angesehen werden. Fest steht, dass Wachstum vor
allen Dingen erst einmal Energie benötigt. Dobenecker (1999) konnte
dementsprechend auch eine Überversorgung mit Energie als Hauptursache für durch
Fütterungsfehler hervorgerufene bzw. begünstigte Skelettentwicklungsstörungen
identifizieren. Bei restriktiver Fütterung besteht auch bei hohem Proteingehalt im
Futter keine Gefahr, da Proteine sogar weniger Nettoenergie als Kohlenhydrate und
Fette aufweisen.
3.7
Proteinquellen in der Nahrung
Der Einsatz hochverdaulicher Proteinquellen von hoher biologischer Wertigkeit im
Futter für Hunde und Katzen sichert nicht nur eine ausreichende Versorgung der
Tiere mit essenziellen Aminosäuren, sondern schont auch die inneren Organe, deren
Aufgabe die unschädliche Beseitigung Stickstoff haltiger Abbauprodukte ist (Leber
und Niere).
Als besonders hochwertig im Hinblick auf das Aminosäureprofil sind
tierische Proteinquellen anzusehen (Fleisch, Fisch, Eier,
Milchprodukte). Allerdings gibt es hier im Hinblick auf die
Verdaulichkeit deutliche Qualitätsunterschiede: wie bereits erwähnt,
sind
Erzeugnisse
mit
hohem
Bindegewebsanteil
eher
schwerverdaulich (z.B. Lunge, Sehnen und Bänder, Trocken-Snacks wie
Schweineohren und –nasen etc.). Bei Milchprodukten ist der Milchzuckergehalt zu
beachten, da nicht alle adulten Hunde und Katzen diesen noch gut vertragen.
Es finden jedoch auch einige pflanzliche Proteinquellen in der Ernährung von Hund
und Katze Verwendung, die eine mittlere biologische Wertigkeit und – je nach
Bearbeitung – sehr hohe Verdaulichkeit aufweisen: An erster Stelle ist hier
Sojaproteinisolat zu nennen, das qualitativ dem tierischen Eiweiß (mageres
Muskelfleisch) recht nahe kommt. Aber auch Klebereiweiße der verschiedenen
Getreidesorten (Weizen, Mais, Reis) können in Kombination mit tierischen
Eiweißträgern erfolgreich eingesetzt werden. Kartoffeleiweiß weist ebenfalls eine
hohe Eweißqualität auf, allerdings ist sein Anteil bei Verwendung gekochter
Kartoffeln als Bestandteil der Ration eher gering.
Das „ideale Protein“ in der Nahrung – also ein Futterprotein, das hochverdaulich ist
und in seiner Aminosäurezusammensetzung möglichst nah an das Körperprotein des
damit gefütterten Tieres heran kommt – kann nicht mit einer einzigen Eiweißquelle
zur Verfügung gestellt werden. Hier gilt eher: „Die Mischung macht`s!“ Durch eine
ausgewogene Kombination verschiedener Eiweißquellen mit unterschiedlichem
Aminosäureprofil kommt man dem „idealen Protein“ am nächsten.
Eine vegetarische Ernährung ist im Hinblick auf die Versorgung mit allen essenziellen
Aminosäuren im richtigen Verhältnis problematisch. Beim Hund, der eher carniomnivor veranlagt ist („Beutetierfresser“), ist sie jedoch prinzipiell möglich. Bei der
Katze ist es unter praktischen Bedingungen nicht möglich, eine ausgewogene Ration
ganz ohne tierische Komponenten zusammenzustellen. Dies würde den Einsatz
bestimmter, nur in tierischen Einzelfuttermitteln enthaltenen Nährstoffe (z.B. Taurin,
Arachidonsäure) als chemische Reinsubstanz erfordern. Solche Zusatzstoffe sind für
den Tierhalter jedoch nicht käuflich zu erhalten. Nur Futtermittelhersteller mit
zugelassenem Herstellungsbetrieb dürfen diese beziehen. Des Weiteren ist eine
vegetarische Ernährung bei der Katze, die ein strikter Carnivore ist, als nicht
artgerecht anzusehen.
4 Fett
4.1
Definition, Funktionen, Bedeutung für die Ernährung
Fette gehören zu einer heterogen zusammengesetzten Gruppe von organischen
Verbindungen, die unter dem Begriff Lipide („Fettstoffe“) zusammengefasst werden.
Allen diesen Verbindungen ist gemeinsam, dass sie zwar in organischen
Lösungsmitteln aber nicht in Wasser löslich sind.
Abb. 11: Die Lipide im Überblick
Man unterscheidet:
• einfache Lipide
Triglyzeride, bei denen 3 Fettsäuren über ein Gylzerinmolekül als „Rückgrat“
miteinander verbunden sind
• komplexe Lipide
enthalten neben den Lipiden weitere Moleküle wie z.B. Phosphat oder Proteine
• Isoprenoide
z. B. lipidhaltige Hormone oder fettlösliche Vitamine.
Die wichtigsten mit der Nahrung aufgenommenen Lipide sind Triglyzeride und
Phospholipide (komplexe Lipide in Zellmembranen), wobei der Anteil der
Triglyceride deutlich überwiegt. Sie können sowohl tierischer (z.B. Rindertalg,
Schweineschmalz) als auch pflanzlicher (Pflanzenöle) Herkunft sein, und
üblicherweise bezeichnet man bei Raumtemperatur feste Lipide als Fette, bei
Raumtemperatur flüssige als Öle. Trotz des offensichtlichen Unterschieds in der
Konsistenz bestehen beide Fettarten aus Triglyzeriden, wobei allerdings die Art der
enthaltenen Fettsäuren deutlich voneinander abweicht.
Fettsäuren bestehen aus Kohlenwasserstoffketten mit einer Karboxylgruppe
(Säuregruppe, kann ein H+-Ion abgeben) an einem Ende. Sie werden anhand ihrer
Kettenlänge (Anzahl der Kohlenstoffatome) und ihres Sättigungsgrades (Anzahl
der Doppelbindungen) voneinander unterschieden. Man spricht von kurzkettigen (bis
4), mittelkettigen (6-10) und langkettigen Fettsäuren (über 10 C-Atome) bzw. von
gesättigten
(ohne
Doppelbindung)
und
ungesättigten
Fettsäuren
(mit
Doppelbindung).
Fettsäuren, deren Kohlenstoffatome durch Einzelbindungen verknüpft sind, binden
die maximal mögliche Anzahl von Wasserstoffionen und werden als gesättigt
bezeichnet („mit Wasserstoffionen gesättigt“). Fettsäuren mit chemischen
Doppelbindungen
zwischen
den
Kohlenstoffatomen
nehmen
weniger
Wasserstoffionen auf („mit Wasserstoffionen ungesättigt“). Ist nur eine
Doppelbindung vorhanden, spricht man von einer einfach ungesättigten Fettsäure,
bei zwei oder mehreren Doppelbindungen von einer mehrfach ungesättigten
Fettsäure. Für die genaue Bezeichnung der Fettsäuren hat sich eine
Kurzschreibweise, bei der die Anzahl der Kohlenstoffatome sowie die Lokalisation
der ersten Doppelbindung und die Anzahl der Doppelbindungen angegeben sind,
durchgesetzt. Üblicherweise wird die „Omega-Zählweise“ (Omega (ω) = letzter
Buchstabe des griechischen Alphabetes) verwendet, bei der die C-Atome vom der
Säuregruppe gegenüber liegenden Ende der Kohlenstoffkette aus gezählt werden.
Umgangssprachlich nennt man ungesättigte Fettsäuren deshalb auch OmegaFettsäuren. Einige Fettsäuren aus der Omega-6- und Omega-3-Familie (die erste
Doppelbindung befindet sich nach dem 6. bzw. 3. Kohlenstoffatom) sind
lebensnotwendig (essenziell) und müssen mit der Nahrung aufgenommen werden.
Zum Beispiel erhält Linolsäure, eine mehrfach ungesättigte Omega-6-Fettsäure mit
18 Kohlenstoffatomen und 2 Doppelbindungen, von denen die erste zwischen den
Kohlenstoffatomen 6 und 7 liegt, die Bezeichnung: 18:2n-6. Sie gehört also zur
Familie der Omega 6-Fettsäuren, mit der entscheidenden ersten Doppelbindung
nach dem 6. Kohlenstoffatom vom freien C-Atom-Ende aus gezählt.
Nahrungsfette enthalten immer eine Mischung
unterschiedlicher Fettsäuren. Im Allgemeinen
aber gilt, dass tierische Fette einen höheren
Prozentsatz gesättigter Fettsäuren aufweisen
als pflanzliche, und dass die Fettkonsistenz
vom Anteil der ungesättigten Fettsäuren
abhängt. Pflanzliche Fette enthalten in der
Regel viele ungesättigte Fettsäuren und
liegen daher meist als Öle vor. Ausnahmen
bei tierischen Fetten sind Geflügelfett und
Fischöl, bei pflanzlichen Fetten Kokos- und
Abb. 13: Fette liefern nicht nur
Palmfett. Mehrfach ungeEnergie, sondern sind auch wichtige
Geschmacksträger im Futter.
sättigte Fettsäuren in der
Nahrung sind relativ instabil.
Sie verändern sich unter Einfluss von Sauerstoff, Wärme und Licht
und verderben deshalb rasch, d.h. sie werden ranzig.
Abb.12: Stoffwechsel der essenziellen Fettsäuren (nach Lloyd 1989)
Legende: EPA = Eicosapentaensäure;
PG = Prostaglandin; LT = Leukotrien
Fette aus der Nahrung erfüllen verschiedene wichtige Funktionen im Stoffwechsel.
Durch die Aufnahme von Fetten erhält das Tier Energie, essenzielle Fettsäuren und
kann fettlösliche Vitamine resorbieren. Zudem ist Fett als „Geschmacksträger“ für die
Schmackhaftigkeit und damit die Akzeptanz eines Futters von großer Bedeutung.
Fett ist der Nährstoff, der die meiste Energie liefert, pro Gewichtseinheit ist die
Energieausbeute mehr als doppelt so hoch wie bei Kohlenhydraten und Eiweißen. Je
nach Energieversorgung und Bedarf des Tieres wird das aufgenommene Fett
entweder als „Brennstoff“ im intermediären Stoffwechsel umgesetzt oder als
„Energiespeicher“ im Depotfett („Fettpolster“) abgelagert.
Gesättigte Fettsäuren dienen überwiegend der Energieversorgung des Organismus.
Dabei sind die kurzkettigen Fettsäuren schnelle Energielieferanten (z.B. für
Sporthunde und neugeborene Welpen), während langkettige eher für die
Energieversorgung im Erhaltungsstoffwechsel und die Energiespeicherung im
Fettgewebe vorgesehen sind. Fett (das auch aus Kohlenhydraten und Proteinen im
Körper aufgebaut werden kann) wird in Form von Triglyzeriden in den Adipozyten
(Fettzellen) eingelagert. Neben der Speicherung als Depotfett (Energiereserve, die
bei Bedarf wieder abgebaut werden kann) übernimmt Fettgewebe aber auch weitere
wichtige Aufgaben, wie z.B. die Isolation des Körpers durch eine subkutane
Fettschicht (Kälteschutz).
Mehrfach ungesättigten Fettsäuren übernehmen wichtige strukturelle Aufgaben
und Stoffwechselfunktionen. Sie werden in körpereigene Lipide eingebaut, wie z.
B. in Phospholipide von Zellmembranen, in Lipoproteine zum Fetttransport, in
Cholesterin, das für die Bildung der Gallensäure benötigt wird und eine Vorstufe der
Steroidhormone ist. Unter den mehrfach ungesättigten Fettsäuren befinden sich die
Omega-6-Fettsäuren mit ihrer Stammform Linolsäure (C18:2, Omega 6) und die
Omega-3-Fettsäure mit ihrer Stammform α-Linolensäure (C18:3, Omega 3). Diese
Stammformen werden zwar im Stoffwechsel durch Desaturierung (Einfügen
zusätzlicher Doppelbindungen) und Verlängerung der Kohlenstoffkette in andere
mehrfach ungesättigte Fettsäuren der gleichen Familie umgewandelt (Abb. 12,
Stoffwechsel der essenziellen Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren), aber eine
Übergang aus einer Fettsäurefamilie in die andere ist nicht möglich.
Unter essenziellen Fettsäuren versteht man Fettsäuren, die für den Stoffwechsel
und für Wachstum benötigt werden, aber vom Körper selbst nicht aufgebaut werden
können. Sie sind somit ein lebensnotweniger Bestandteil der Nahrung. Ihre
Hauptaufgaben sind:
•
Einbau in die Struktur der Zellmembranen, wodurch diese flexibel und
durchlässig werden
•
Bildung von Gewebshormonen, die an entzündlichen Prozessen im Körper
beteiligt sind (Eikosanoide)
•
Erhalt der Hautbarriere (vor allem Omega-6)
•
Stoffwechsel und Transport von Cholesterin
In den Zellmembranen des Fettgewebes, der Nieren, der Leber und der Muskulatur
überwiegen Omega-6-Fettsäuren, im Nervengewebe, der Netzhaut im Auge und den
Fortpflanzungsorganen kommen zudem hohe Gehalte an Omega-3-Fettsäuren vor.
Da Hunde alle Fettsäuren der Omega-6-Fettsäurereihe aus Linolsäure synthetisieren
können, wurde prinzipiell nur Linolsäure als essenziell eingestuft. Das heißt: Durch
eine bedarfsgerechte Aufnahme von Linolsäure ist eine ausreichende Synthese aller
Omega-6-Fettsäuren gewährleistet. Bei Katzen ist außerdem Arachidonsäure
essenziell, weil die Umwandlung aus Linolsäure nicht ausreicht. Bei Hunden und
Katzen ist zudem α-Linolensäure (Omega-3-Fettsäure) essenziell, auch wenn die
klinischen Symptome eines Mangels nicht so offensichtlich zu erkennen sind, wie das
bei Linolsäure der Fall ist.
Die
langkettigen
Omega-3-Fettsäuren
Eikosapentaensäure
(EPA)
und
Docosahexaensäure (DHA) sind zwar nicht essenziell im engeren Sinne, aber wegen
ihrer entzündungshemmenden Wirkung bekannt und für die Entwicklung von
Netzhaut und Gehirn beim Embryo so unentbehrlich, dass in Lebensphasen mit
erhöhtem bedarf eine Zufuhr mit der Nahrung obligatorisch ist. Man kann sie daher
als semi-essenziell bezeichnen.
Omega-3-Fettsäuren können den Stoffwechsel von Eikosanoiden und somit den
Verlauf von Entzündungsreaktionen beeinflussen. Aus der Arachidonsäure (Omega6) werden andere spezifische Gewebshormone gebildet als z.B. aus der
Eikosapentaensäure (Omega-3). Die von Eikosapentaensäure (EPA) abgeleiteten
Gewebshormone wirken viel weniger entzündungsfördernd als die der
Arachidonsäure. Da beide Fettsäurefamilien um dieselben Enzyme konkurrieren, ist
es möglich durch eine gezielte Steigerung der Zufuhr von EPA & DHA regulierend
auf Entzündungsreaktionen einzuwirken.
Abb. 14: Funktionen der Omega-3-Fettsäuren im Körper
Hunde und Katzen benötigen einen Fettanteil von mindestens 1-2% in der Nahrung
zur Resorption der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K, die nur zusammen mit
den Fettabbauprodukten passiv durch die Darmwand absorbiert werden.
4.2
Fettverdauung und – stoffwechsel
Hunde und Katzen verdauen Fette aus der Nahrung sehr effizient. Die
Fettverdaulichkeit liegt normalerweise zwischen 80 und 95 %, besonders Fette mit
einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren wie z.B. Geflügelfett und
Pflanzenöle erreichen hohe Werte. Im Vergleich dazu wird Rindertalg, der einen
höheren Anteil an gesättigten Fettsäuren aufweist, etwas schlechter verdaut. Hunde
und Katzen vertragen Fett auch in größeren Mengen sehr gut, da es nahezu
vollständig im Dünndarm absorbiert wird.
Abb 15: Schema der Fettverdauung
Die Verdauung der Triglyzeride, die den Hauptteil der Nahrungsfette ausmachen,
wird bereits im Magen durch eine Lipase aus dem Magen (Lipase = Enzym, das
Triglyzeride spaltet) eingeleitet. Im Dünndarm werden die wasserunlöslichen Fette
mit Hilfe von Gallensäuren emulgiert und durch ständige peristaltische
Darmbewegungen in kleinere Tröpfchen zerlegt. Dadurch vergrößert sich die
Oberfläche beträchtlich, was die Wirkung der Fett spaltenden Pankreasenzyme
(Pankreaslipase, Phospholipase und Cholesterinesterase) begünstigt. Triglyzeride
werden zu Monoglyzeriden (Glycerinmolekül mit einer Fettsäure) und freien
Fettsäuren abgebaut und bilden zusammen mit den Gallensäuren so genannte
Mizellen.
Diese
„Kügelchen“
bestehen
aus
Gallensäuren
und
den
Fettabbauprodukten, die sich so ausrichten, dass die wasserlöslichen Enden der
Moleküle (z.B. Karboxylgruppe) nach außen und die fettlöslichen Abschnitte nach
innen zeigen. In diesem Zustand sind die Mizellen wasserlöslich und transportfähig.
(Da Lipide in Wasser unlöslich sind, ist nur auf diese Weise ein inniger Kontakt zur
Darmschleimhaut, der die Voraussetzung für eine Absorption ist, überhaupt möglich.)
Die Fettabbauprodukte diffundieren passiv durch die Darmwand, was über die
gesamte Länge des Dünndarms erfolgt. Die Gallensäuren werden erst im letzten
Abschnitt des Dünndarms, dem Ileum, aus dem Darminhalt rückresorbiert, in der
Leber recycelt und letztlich wieder in die Galle abgegeben. In den Darmzellen
entstehen aus den einzelnen Lipidbruchstücken zunächst wieder Triglyzeride, die
anschließend von speziellen Transporteiweißen (Lipoproteine) umhüllt - als
Chylomikronen - in die Lymphgefäße abgegeben werden. Über den Ductus
thoracicus erreichen sie den Blutkreislauf. Kurz- und mittelkettige Fettsäuren
gelangen direkt über den Pfortaderkreislauf unter Umgehung des Lymphsystems in
die Leber.
Die Leber ist die „Schaltzentrale“ des intermediären Stoffwechsels, sie bestimmt je
nach Energiestatus und – bedarf unter Einfluss von Hormonen den Verbleib der
verdauten Fette. Das Enzym Lipoproteinlipase spaltet die Triglyzeride aus den
Chylomikronen in Glyzerin und Fettsäuren, die dann von den Zellen aufgenommen
werden. Die Fettsäuren werden anschließend entweder zur Energiegewinnung in
den Mitochondrien der Zellen abgebaut (ß-Oxidation) oder in der Leber zu neuen
Triglyzeriden zusammengefügt und an andere Gewebe (z. B. Muskel- und
Fettgewebe) zur Speicherung oder als Energiequelle weitergeleitet. Das Glyzerin
gelangt in den Kohlenhydratstoffwechsel.
Sämtliche überschüssige Energie wird in den Fettdepots in Form von Triglyzeriden
gespeichert. Diese sitzen vor allem unter der Haut und sind bei übergewichtigen
Hunden und Katzen leicht zu erkennen und zu fühlen. Das Depotfett kann entweder
aus Kohlenhydraten und Proteinen neu aufgebaut werden, oder es werden
Nahrungsfette dafür verwendet. Da letzteres energetisch viel effizienter ist als eine
Neusynthese (Aufbau verbraucht auch Energie), gleicht das Fettsäurenprofil des
Speicherfettes häufig dem aus der Nahrung. Das Fettgewebe im Körper unterliegt
einem ständigen Auf- und Abbau. Das Schlüsselenzym für den Fettabbau
(„Freisetzung der gespeicherten Energie“) ist eine hormonabhängige Lipase. Die
dabei aus dem Fettgewebe freigesetzten Fettsäuren werden entweder als
Energiequelle zu anderen Geweben (z.B. Muskulatur, Leber) transportiert oder in der
Leber wieder zu Triglyzeriden umgewandelt.
4.3
Bedarf an essenziellen Fettsäuren
Hunde und Katzen haben keinen eigentlichen „Fettbedarf“, sondern einen Bedarf an
essenziellen Fettsäuren. Für den Hund sind dies Linolsäure (Omega-6) und α-
Linolensäure (Omega-3), für die Katze zusätzlich Arachidonsäure (Omega-6).
Arachidonsäure ist nur in Tierfetten enthalten und einer der Gründe, warum eine rein
vegetarische Ernährung bei Katzen nicht möglich ist. Die spezifischen Effekte
mehrfach ungesättigter Fettsäuren auf Entzündungsreaktionen sind eher als
pharmakologisch einzustufen und hängen nicht direkt mit der Nährstoffversorgung
zusammen. Trotzdem ist ihr gezielter Einsatz eine wichtige diätetische Maßnahme,
vor allem bei der Ernährung alternder und chronisch kranker Tiere.
Empfehlungen zur angemessenen Versorgung mit essenziellen Fettsäuren wurden
vom NRC (2006) veröffentlicht. Danach wird der Bedarf des Hundes an Linolsäure
für ausgewachsene Hunde auf 0,4 g/kg metabolisches Körpergewicht (kg 0,75), für
wachsende Welpen auf 0,8 und für säugende Hündinnen auf 1,6 g pro kg 0,75
geschätzt. Daraus ergibt sich ein empfohlener Linolsäuregehalt im Alleinfutter für
Hunde von mindestens 1-1,3 % in der Trockensubstanz. Zu beachten ist der erhöhte
Bedarf für säugende Hündinnen durch hohe Gehalte in der Hundemilch.
Abb. 16: Bedeutung der Omega-6-Fettsäuren in der Ernährung von Hund und Katze
Da bei Katzen ein hoher Linolsäuregehalt im Futter den Bedarf an Arachidonsäure
senkt und große Mengen Arachidonsäure den Bedarf an Linolsäure verändern, ist
die Angabe exakter Bedarfsmengen an Omega-6-Fettsäuren schwieriger. Der
Linolsäurebedarf von Katzen wird pro kg metabolisches Körpergewicht (kg 0,67) mit
0,2 g (im Wachstum), 0,14 g (im Erhaltungsstoffwechsel) bzw. 0,3 g (während der
Säugezeit) gedeckt. Im Alleinfutter werden Gehalte von 0,55 % Linolsäure in der
Trockensubstanz als ausreichend erachtet. Der Bedarf für Arachidonsäure ist
geringer, und die Empfehlungen im Alleinfutter reichen von 0,006 % in der
Trockensubstanz für erwachsene bis zu 0,02 % für wachsende und säugende
Katzen.
Auch wenn zur Versorgung von Kleintieren mit Omega-3-Fettsäuren noch weiterer
Forschungsbedarf besteht, weiß man doch, dass sie u. a. für die normale
Entwicklung und Funktion der Netzhaut und des Gehirns notwendig sind. Der Bedarf
wird beim Hund auf 0,01-0,05 g pro kg 0,75 geschätzt, bei wachsenden und
säugenden Katzen auf 0,01 g/kg 0,67, konkrete Bedarfsangaben ausgewachsener
Katzen stehen noch aus. Die Empfehlungen für den Gehalt an α-Linolensäure im
Alleinfutter (Trockensubstanz) reichen von 0,02 (Katze) bis 0,04-0,08 % (Hund). Im
Wachstum, in der Trächtigkeit und in der Säugeperiode ist zudem eine zusätzliche
Versorgung mit EPA und DHA (den langkettigen Fettsäuren der Omega-3-Serie)
sinnvoll, da befürchtet wird, dass unter solchen Umständen die Umwandlung von αLinolensäure zur Deckung des Bedarfs nicht ausreicht.
4.4
Mangel & Überschuss: klinische Folgen
Ein Mangel an essenziellen Fettsäuren ist bei Hunden und Katzen am deutlichsten
an der Haut und dem Fell zu erkennen. Insgesamt wirkt das Fell stumpf, trocken und
glanzlos, und die Tiere leiden vermehrt unter Juckreiz. Die Haut wird schuppig und
neigt zu Parakeratosen durch eine gestört ablaufende Verhornung der Hautzellen.
Aufgrund der Veränderungen der Fettschicht auf der Haut kann die normale
Bakterienflora beeinträchtigt sein, so dass sekundär bakterielle Infektionen entstehen
können (Pyodermie). Die Wundheilung ist ebenfalls beeinträchtigt. Bei langfristigem
Fettsäuremangel kommt es zum Haarausfall, und es entwickeln sich Hautläsionen
besonders im äußeren Gehörgang und zwischen den Zehen.
Prinzipiell sind langfristig Mangelsituationen zu erwarten, wenn durch chronische
Verdauungsstörungen die Absorption und Verwertung der Fettsäuren massiv
beeinträchtigt ist oder Futtermittel minderer Qualität gefüttert werden. Fehler in der
Zubereitung (übermäßig erhitzte Nahrung) und Lagerung können dazu führen, dass
das Fett durch Oxidation der ungesättigten Fettsäuren ranzig wird. Dann ist nicht nur
die Aktivität der essenziellen Fettsäuren zerstört, sondern es tritt auch ein sekundärer
Mangel an fettlöslichen Vitaminen auf. Unter heutigen Bedingungen ist durch die
überwiegende Fütterung von Alleinfuttermitteln ein Mangel an Fett bzw. essenziellen
Fettsäuren sehr selten geworden. Unter Praxisbedingungen ist er noch am ehesten
wahrscheinlich, wenn Tiere mit einem erhöhten Bedarf (Wachstum, Laktation)
ungeeignete Rationen erhalten. Da die Schmackhaftigkeit
von
Hundeund
Katzenfuttermitteln stark vom
Fettgehalt beeinflusst wird,
werden fettarme Rationen
schlecht gefressen, was dann
einen
Fettsäuremangel
(aufgrund
der
geringen
Futteraufnahme)
noch
verstärkt.
Abb. 17: Ein hoher Fettgehalt im Futter steigert die
Ein hoher Fettgehalt im Futter
Futteraufnahme und begünstigt Übergewicht.
begünstigt eine übermäßige
Energieaufnahme, da fetthaltige Futtermittel besonders schmackhaft sind und gerne
gefressen werden. Hunde und Katzen können fettreiche Rationen gut vertragen und
speichern überschüssiges Fett im Körper. Dies führt zur Gewichtszunahme,
langfristig zu Adipositas. Enthält die Nahrung mehr Fett, als der Magen-Darmtrakt
effektiv verdauen und absorbieren kann, führt dies zu Verdauungsstörungen in Form
von Steatorrhoe (Fettstuhl) und Diarrhoe (Durchfall).
4.5
Tierische und pflanzliche Nahrungsfette: Beispiele
Nahrungsfette sind sowohl in tierischen als auch in pflanzlichen Nahrungsmitteln
enthalten. Tierische Nahrungsfette finden sich entweder in Produkten wie Milch und
Eiern oder im Körperfett von Schlachttieren und Fischen. Fett oder fettreiche
Produkte, die aus Kuhmilch gewonnen werden, wie beispielsweise Butter oder
Sahne, spielen in der Ernährung von Hunden und Katzen nur eine untergeordnete
Rolle. Wichtiger sind Nahrungsfette, die von Schlachttieren stammen. Sie fallen als
Nebenprodukte bei der Fleischgewinnung an und werden entweder direkt (z.B.
Speck) oder ausgelassen als Schmalz oder Talg verwendet. Fett, das aus Fischen
oder Fischteilen gewonnen wird, wird als Fischöl oder je nach Fischart bezeichnet
(beispielsweise als Lachsöl).
Pflanzliche Nahrungsfette werden aus dem Fruchtfleisch oder aus den Samen
fetthaltiger Nutzpflanzen gewonnen. Wichtige Vertreter der Fruchtfleischfette sind
Palmöl und Olivenöl, der Samenfette Rapsöl, Sonnenblumenöl, Sojaöl und
Maiskeimöl. Der Fettgehalt verschiedener Früchte, Keimlinge und Samen schwankt
zwischen 10 % und 70 %.
5 Kohlenhydrate
5.1
Definition, Funktionen, Bedeutung für die Ernährung
Unter dem Begriff Kohlenhydrate werden Verbindungen zusammengefasst, die aus
Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff aufgebaut sind. Sie werden in Pflanzen
durch Photosynthese gebildet. Sie sind die „Energiespeicher“ der Pflanzen oder
geben ihnen als „Stützelemente“ ihre typische Struktur und Form. Aus diesem
Grunde sind Kohlenhydrate in allen Nahrungsmitteln pflanzlicher Herkunft enthalten,
während sie in Nahrungsmitteln tierischer Herkunft nur in geringen Mengen in Form
von Blutzucker, Muskel- und Leberglykogen und Milchzucker vorkommen.
Abb. 18: Systematik der Kohlenhydrate
Die Kohlenhydrate (Saccharide) werden anhand ihrer chemischen Struktur in
einfache Zucker wie Monosaccharide und Disaccharide, Oligosaccharide und
Polysaccharide unterschieden.
Monosaccharide, die einfachste Form der Kohlenhydrate, bestehen aus einer
einzelnen Untereinheit mit 3-7 Kohlenstoffatomen. Darunter haben Glukose, Fruktose
und Galaktose, die jeweils 6 Kohlenstoffatome besitzen, für die Ernährung und den
Stoffwechsel die größte Bedeutung.
Disaccharide sind aus zwei miteinander verknüpften Monosacchariden aufgebaut.
Zu ihnen zählen Laktose, Saccharose und Maltose. Laktose (Milchzucker) besteht
aus den Molekülen Glukose und Galaktose, Saccharose (Rohrzucker) aus Fruktose
und Glukose und Maltose aus 2 Glukosemolekülen.
Kohlenhydrate mit 3 bis 9 Zuckereinheiten werden als Oligosaccharide, solche mit
mehr als 9 Zuckereinheiten als Polysaccharide oder komplexe Kohlenhydrate
bezeichnet. Beispiele für Polysaccharide sind Stärke, Hemizellulose, Zellulose und
Pektine. Es handelt sich dabei um große Moleküle mit unzähligen miteinander
verknüpften einzelnen Zuckereinheiten.
Abb. 19: Die wichtigsten Einfachzucker
Auch wenn die Kohlenhydrate im Prinzip chemisch alle ähnlich zusammengesetzt
sind, unterscheiden sie sich doch erheblich in ihren ernährungsphysiologischen
Eigenschaften. Unter Berücksichtigung ihrer Funktion und Verdaulichkeit (siehe
unten) können Kohlenhydrate in 4 verschiedene Gruppen eingeteilt werden.
• absorbierbare Kohlenhydrate
Monosaccharide liegen bereits als absorptionsfähige Verbindungen vor, so
dass eine „Aufarbeitung“ durch Verdauungsenzyme entfällt. Sie können direkt
über die Darmschleimhaut aufgenommen werden.
• verdauliche Kohlenhydrate
Kohlenhydrate, die vor der Verdauung erst durch körpereigene
Verdauungsenzyme aufgeschlossen werden müssen. Dazu zählen
Disaccharide, bestimmte Oligosaccharide und Stärke. Stärke ist ein
Polysaccharid, das aus langen geraden (Amylose) und verzweigten Ketten
(Amylopektin) von Glukosemolekülen besteht.
• fermentierbare Kohlenhydrate
Kohlenhydrate, die im Verdauungstrakt nicht von körpereigenen sondern nur
von mikrobiellen Enzymen der Darmbakterien abgebaut (fermentiert) werden
können. In diese Gruppe fallen z.B. Laktose bei ausgewachsenen Hunden und
Katzen, bestimmte Oligo- und verschiedene Polysaccharide. Sie unterscheiden
sich in ihrer Abbaugeschwindigkeit und ihrer Löslichkeit im Darm voneinander.
• nicht fermentierbare Kohlenhydrate
Diese komplexen Kohlenhydrate werden durch Darmbakterien nicht oder nur in
geringem Maße fermentiert, z. B. Zellulose oder Lignin aus den verholzten
Anteilen von Pflanzen.
Je nach Alter des Tieres oder Zubereitung und Menge des Futters ist es möglich,
dass einzelne Kohlenhydrate mehreren der o.g. Gruppen zugeordnet werden.
Beispielsweise wird Laktose von säugenden Welpen sehr effizient durch ein
körpereigenes Enzym (Laktase) aufgeschlossen und verdaut, während sie bei
ausgewachsene Hunden und Katzen überwiegend mikrobiell abgebaut wird.
Kohlenhydrate in der Nahrung, die nicht von körpereigenen Enzymen abgebaut
werden können, bezeichnet man auch als Nahrungsfasern. Sie unterscheiden sich
in der Art der darin enthaltenen Zucker und deren chemische Bindungen von den
verdaulichen Kohlenhydraten. Zu ihnen gehören u. a. Zellulose, Hemizellulose,
Pektin u.a. Sowohl Stärke als auch Zellulose bestehen aus einzelnen ZuckerUntereinheiten, die jedoch unterschiedlich miteinander verbunden sind. Die Enzyme
von Säugetieren können nur die Bindung zwischen den Glukosemolekülen der
Stärke (α-glykosidische Bindung), nicht aber die der Zellulose (β-glykosidische
Bindung) aufbrechen. Einige Faserstoffe können von den Darmbakterien verwertet
werden. Da vom Dünndarmanfang bis zum Dickdarm die Anzahl der Darmbakterien
ständig zunimmt, wird auch der mikrobielle Abbau im Laufe des
Verdauungsprozesses zunehmend bedeutsamer. Im Dünndarm spielt der mikrobielle
Abbau von Kohlenhydraten nur eine äußerst geringe Rolle, und die pflanzlichen
Faserstoffe werden erst im Dickdarm durch bakterielle Enzyme weiter aufgespalten.
Nahrungsfasern, die von Darmbakterien abgebaut werden können, bezeichnet man
als fermentierbare Fasern. Nicht fermentierbare Fasern werden dagegen nahezu
unverändert mit dem Kot wieder ausgeschieden. Die verschiedenen Nahrungsfasern
unterscheiden sich u. a. im Hinblick auf ihre bakterielle Abbaubarkeit, die
Geschwindigkeit ihrer Fermentation, ihre Wasserlöslichkeit, Wasserspeicherfähigkeit
und Viskosität. Je nach dem, welche spezifischen Wirkungen im Verdauungstrakt im
Vordergrund stehen, spricht man auch von Ballaststoffen oder diätetischer Faser.
Einfache Kohlenhydrate und Stärke aus der Nahrung werden vom Körper als
Glukosequelle genutzt. Glukose erfüllt mehrere wichtige Funktionen im Körper. Durch
den Abbau im Stoffwechsel wird der Organismus mit Energie und Wärme versorgt.
Glukose ist der einzige Energielieferant für die Zellen des Gehirns und
Nervensystems sowie der roten und weißen Blutkörperchen. Durch einen konstanten
Blutzuckerspiegel ist die Versorgung aller wichtigen Gewebe zu jedem Zeitpunkt
gewährleistet. Stehen aus der Nahrung nicht ausreichend Kohlenhydrate zur
Verfügung, wird Glukose aus bestimmten Aminosäuren im Stoffwechsel neu gebildet
(Glukoneogenese). Glukose ist zudem ein wichtiger Baustein für verschiedene
körpereigene Verbindungen wie z. B. bestimmte Aminosäuren, Laktose
(Kohlenhydrat in der Muttermilch) oder Glykoproteine. Nachdem der unmittelbare
Energiebedarf des Körpers gedeckt ist, werden überschüssig aufgenommenen
Mengen in Form von Glykogen gespeichert oder in Körperfett umgebaut.
Kohlenhydrate und Stärke im Futter dienen hauptsächlich als Energielieferanten.
Nahrungsfasern regulieren und unterstützen die normale Darmfunktion und sind
daher für die Darmgesundheit von Bedeutung. Die Wirkung der Fasern im
Organismus hängt von den jeweiligen Eigenschaften ab. Nicht fermentierbare und
unlösliche Fasern wie Zellulose erfüllen eine „Ballastfunktion“ im Darm. Sie
stimulieren die Darmbewegungen (Darmperistaltik) und beeinflussen dadurch die
Nahrungspassage. Fermentierbare Fasern spielen eine wichtige Rolle bei der
Erhaltung der Darmgesundheit („Darmökosystem“) und der Ernährung der
Darmzellen. Darmzellen nutzen als Energiequelle überwiegend Butyrat, ein Produkt,
das bei der bakteriellen Umsetzung von Faserstoffen im Darmkanal entsteht.
Abb. 20: Die Herkunft verschiedener Nahrungsfasern
Diätetisch kommen häufig folgende Faserstoffe zum Einsatz:
Fructo-Oligosaccharide (FOS) sind fermentierbare Fasern, deren positive Wirkung
für die Gesundheit des Verdauungstraktes allgemein bekannt ist. FOS können nur
von bestimmten Darmbakterien wie Bifidobakterien und Laktobazillen („guten“
Darmbakterien) als Substrat verwendet werden und verhindern somit das Wachstum
„schlechter“ (oder pathogener) Bakterien. Die Verdauung und Aufnahme von
Nährstoffen wird verbessert.
Mannan-Oligosaccharide (MOS) bestehen aus der Zellwand von Hefen. MOS
können an die Rezeptoren von Bakterien „andocken“ und verhindern damit die
Anheftung von Keimen an die Darmschleimhaut. Da die Bakterien mit dem Kot
ausgeschieden werden, wirkt dies einer Besiedlung mit pathogenen Keimen
entgegen.
Psyllium (Flohsamen) sind lösliche Fasern, die jedoch kaum fermentiert werden.
Durch ihre hohe Wasserbindungskapazität bilden sie pflanzliche Schleimstoffe, die
im Darmkanal quellen und regulierend auf die Darmpassage einwirken. In der
Humanmedizin wird Flohsamen überwiegend zur Behandlung von Verstopfung
(Obstipation) eingesetzt.
5.2
Kohlenhydratverdauung und –stoffwechsel
Die Verdauung von Kohlenhydraten umfasst mechanische, enzymatische und
mikrobielle Abbauvorgänge im Intestinaltrakt. Zunächst wird das Futter in der
Maulhöhle zerkleinert. Im Gegensatz zum Menschen enthält der Speichel von
Hunden und Katzen keine Verdauungsenzyme, sondern dient vor allem dazu, den
Nahrungsbrei gleitfähig zu machen. Da beim Menschen das stärkespaltende Enzym
Amylase auch im Speichel vorhanden ist, schmeckt intensiv gekautes Brot durch den
Abbau der Stärke zu Glukose süß.
Die Kohlenhydratverdauung beginnt erst im Dünndarm. Monosaccharide (z.B.
Glukose) liegen bereits als absorptionsfähige Moleküle vor und werden schnell und
vollständig vom Dünndarmepithel aufgenommen. Disaccharide werden durch
spezifische membranständige Enzyme in ihre Einzelzuckermoleküle zerlegt. Zum
Beispiel spaltet Laktase den Milchzucker (Laktose) in Glukose und Galaktose usw.
Anschließend gelangen die einfachen Zuckermoleküle in die Darmzellen. Die
Verdaulichkeit der Disaccharide ist äußerst effizient, da die Bindungen zwischen den
Zuckermolekülen durch körpereigene Enzyme leicht zu „knacken“ sind. Die einzige
Ausnahme ist Milchzucker, der in Milch und den daraus gewonnenen Produkten wie
Joghurt, Quark, Käse vorkommt. Die Laktaseaktivität, die bei säugenden Welpen am
höchsten ist, geht im Laufe der Entwicklung zurück, so dass Milchzucker bei
ausgewachsenen Hunden und Katzen aufgrund der ungenügenden Spaltung im
Dünndarm zu einem erheblichen Anteil im Dickdarm von Mikroorganismen
fermentiert wird. Aus diesem Grunde sind Milch und Milchprodukte für Hunde und
Katzen zum Teil schlecht verträglich. Die Aufnahme größerer Mengen verursacht
Durchfall.
Abb. 21: Die Verdauung von Stärke und Zucker im Dünndarm
Durch die Einwirkung der Pankreasamylase wird Stärke zunächst in die kleineren
Bruchstücke (Oligo- und Disaccharide) gespalten. Im nächsten Schritt werden die
Spaltprodukte durch Enzyme im Bürstensaum des Dünndarmepithels in die
einzelnen Glukose-Bausteine zerlegt. Das in der Leber und Muskulatur
vorkommende Glykogen entspricht im seinem Aufbau weitgehend dem
verzweigtkettigen Stärketyp Amylopektin.
Stärke liegt in Form von Stärkekörnern als Reservekohlenhydrat in Getreidekörnern
und Knollen (z. B. Kartoffeln) vor. Während die Pankreasamylase Getreidestärke mit
kleiner Körnung (wie z.B. in Reis) sehr gut spalten kann, vermag sie größere
Stärkepartikel, wie sie in Mais oder Kartoffeln vorkommen, nur schlecht anzugreifen.
Dies erklärt die unterschiedliche Verdaulichkeit verschiedener Stärkearten im
Dünndarm (Abbaubarkeit und Resorption im Dünndarm). Stärke, die im Dünndarm
nicht verdaut wird, wird als schwer abbaubare Stärke bezeichnet. Durch
Wärmebehandlung oder feine Zerkleinerung wird die Stärke in Futtermitteln für
Hunde und Katzen so verändert, dass die Amylase besser angreifen kann und die
Verdaulichkeit im Dünndarm steigt.
Abb. 22: Wirkung von zu viel oder roher Stärke im Dünndarm: osmotischer Durchfall
Die im Dünndarm entstandenen Monosaccharide werden über spezifische
Transportsysteme der Darmschleimhaut resorbiert. Diese ist mit zahlreichen Zotten
ausgestattet, wodurch die Oberfläche des Verdauungskanals beträchtlich vergrößert
wird. Die Oberfläche der Zotten ist mit besonderen Zellen besetzt, den Enterozyten.
Sie weisen zahlreiche fingerartige Ausstülpungen auf und werden in ihrer Gesamtheit
als Bürstensaum bezeichnet. Im Bürstensaum sind die für die Verdauung der
Kohlenhydrate notwendigen Enzyme lokalisiert. Resorbierte Zucker werden von den
Darmzellen entweder direkt als Energiequelle genutzt oder in den Pfortaderkreislauf
abgegeben und zur Leber oder anderen Organen transportiert. Bei
Magendarminfektionen kommt es häufig durch Schädigung der Schleimhaut zu
Resorptionsstörungen. Nicht resorbierte Kohlenhydrate wirken im Darmkanal
osmotisch (d.h. verursachen Wassereinstrom in das Darmrohr), gleichzeitig werden
sie verstärkt von Darmbakterien abgebaut. Klinisch sind in solchen Fällen typische
Dünndarmdurchfälle zu beobachten.
Die Leber ist das Zentralorgan bei der Synthese, Speicherung, Umwandlung und
Freisetzung von Glukose zur Nutzung durch andere Organe. Der Blutglukosespiegel
ist durch Insulin und Glukagon straff geregelt. Durch den Abbau von Glukose werden
die Körperzellen mit Energie versorgt und Wärme produziert. Steigt der
Blutglukosespiegel, wird überschüssige Glukose entweder als Glykogen in der Leber
und in den Muskeln gespeichert oder nach Umwandlung in Fettsäuren als Depotfett
gelagert. Sinkt der Blutglukosespiegel, wird zum einen Glykogen abgebaut, zum
anderen wird Glukose zusätzlich aus bestimmten Aminosäuren, Glycerin und
Milchsäure neu synthetisiert (Glukoneogenese). Außerdem stellt der Körper in
diesem Fall die Energieversorgung verstärkt auf die Verwertung von Fetten um.
Als Endprodukte des Kohlenhydratstoffwechsels fallen Kohlendioxid (CO2) in der
Atemluft, Wasser und Wärme an.
Pflanzliche Faserstoffe werden von körpereigenen Enzymen überhaupt nicht und
von mikrobiellen Enzymen in unterschiedlichem Umfang abgebaut. Bei der
„normalen“ Darmflora handelt sich um eine vielfältige Mischung verschiedener
Bakterienarten, Protozoen und Pilze, die überwiegend im Dickdarm angesiedelt ist.
Diese Mikroorganismen beziehen ihre Energie aus dem Abbau von bis dahin noch
unverdauten Nahrungsbestandteilen (Fermentation). Der Anteil der verschiedenen
Mikroorganismen und deren Vermehrung hängen dabei direkt von dem zur
Verfügung stehenden Substrat ab. Zum Beispiel begünstigen faserreiche Rationen
das Wachstum von Bifidobakterien und Laktobazillen, deren Enzyme in der Lage
sind, die chemischen Bindungen in Faserstoffen zu knacken. Bei mikrobiellen
Abbauprozessen im Darmkanal entstehen als „Abfallprodukte“ kurzkettige Fettsäuren
(Azetat, Propionat, Butyrat) und Gase (Kohlendioxid, Wasserstoff, Methan).
Kurzkettige Fettsäuren sind Energielieferanten, welche bevorzugt von den
Darmepithelzellen genutzt werden bzw. nach Absorption auch dem Organismus zur
Verfügung stehen.
Die Menge und Art der Nahrungsfasern haben einen großen Einfluss auf die
Verdaulichkeit aller anderen Nährstoffe, dabei haben Rationen mit einem hohen
Ballaststoffanteil eine geringere Verdaulichkeit als Rationen ohne oder mit schnell
fermentierenden Faserstoffen. Durch die Fermentation von Nahrungsfasern nimmt
die Anzahl der Darmbakterien und somit auch die mit dem Kot ausgeschiedene
Menge bakteriell fixierten (in die Bakterienzellen eingebauten) Proteins zu.
5.3
Bedarf, Mangel & Überschuss
Hunde und Katzen haben keinen absoluten Bedarf an Kohlenhydraten, sondern
benötigen Glukose für die Energieversorgung des Gehirns. Da Glukose auch aus
anderen Nährstoffen im Stoffwechsel gebildet werden kann, sind Kohlenhydrate nicht
essenziell. Verdauliche Kohlenhydrate sind ausgezeichnete Energielieferanten und
sollten besonders bei hohem Energiebedarf (z.B. Trächtigkeit, Laktation, Wachstum)
in angemessener Menge zur Verfügung stehen, um den Protein- und
Fettstoffwechsel zu entlasten. Auf der anderen Seite werden Kohlenhydrate aber
auch nicht in unbegrenzten Mengen vertragen. Kohlenhydrate, die nicht im
Dünndarm verdaut werden, gelangen in den Dickdarm, um dort mikrobiell abgebaut
zu werden. Bei verstärktem Wachstum der Darmbakterien entwickeln sich
Unverträglichkeitssymptome, insbesondere Durchfall. Wie viel Kohlenhydrate in der
Ration vertragen werden, ist individuell unterschiedlich. Die Verträglichkeit kann
durch Bearbeitung des Futters (z. B. Stärkeaufschluss) sowie langsame Gewöhnung
an das Futter verbessert werden.
Während der Trächtigkeit und Säugeperiode ist der Glukosebedarf erhöht. Zum
einen decken die Feten ihren Energiebedarf ausschließlich über Glukose, zum
anderen sind für die Synthese von Milchzucker größere Glukosemengen nötig. Für
trächtige und säugende Hündinnen wird ein Kohlenhydratanteil von mindestens 1020 % empfohlen. Enthält die Ration weniger Kohlenhydrate, muss die Eiweißzufuhr
erhöht werden, um eine ausreichenden Glukosebildung aus Aminosäuren zu sichern.
Als negative Auswirkungen einer unzureichenden Versorgung mit Kohlenhydraten
wurden bei trächtigen und laktierenden Hündinnen Embryo-Missbildungen und
-resorption, Stoffwechselerkrankungen
beobachtet.
und
eine
verringerte
Milchproduktion
Abb. 23: Während der Trächtigkeit und Laktation hat die Hündin einen erhöhten
Glukosebedarf.
Im Allgemeinen vertragen Hunde verdauliche Kohlenhydrate gut, so dass Stärke zu
Recht ein wichtiger Energieträger im Futter für ausgewachsene Hunde ist. Gehalte
von 30-60% aufgeschlossene Stärke verursachen keine gesundheitsschädlichen
Nebenwirkungen. Auch Disaccharide im Futter sind - mit der Ausnahme von Laktose
- in der Regel unkritisch bei erwachsenen und gesunden Hunden. Durch die noch
unausgereifte Enzymaktivität sind für Saugwelpen Rohrzucker und Stärke nicht
geeignet und unverträglich.
Bei Katzen ist die Toleranz für Kohlenhydrate deutlich geringer als beim Hund. Die
Aufnahme von Stärke pro kg Körpermasse sollte je nach Aufschlussgrad 5 g/kg
Körpermasse nicht überschreiten, die von Laktose 2 g/kg. Im Vergleich zum Hund ist
die Aktivität Kohlenhydrat spaltender Enzyme bei der Katze geringer, und der
Organismus kann sich schlechter an unterschiedliche Kohlenhydratmengen
anpassen. Trotz dieser Einschränkung werden die im Katzenfutter vorhandenen
Stärkemengen (bis zu 35% der Trockensubstanz des Futters) im Allgemeinen gut
vertragen.
Auch wenn Ballaststoffe für die Darmgesundheit und Ernährung der Darmzellen von
Bedeutung sind, gelten sie als nicht essenziell. Der Anteil der Rohfaser (in der
Deklaration angegebener Faseranteil) in der Ration sollte bei Hunden mindestens
1,5 % und höchstens 3% der Trockensubstanz betragen. Ein absoluter Mangel an
Ballaststoffen ist in der Praxis selten, da viele der einzelnen Rationskomponenten
einen Ballaststoffanteil enthalten. Ein zu hoher Faseranteil wirkt sich negativ auf die
Verdaulichkeit aller anderen Nährstoffe aus.
5.4
Kohlenhydratquellen: Beispiele
In Nahrungsmittel tierischer Herkunft kommen Kohlenhydrate nur in geringen
Mengen als Laktose in Milch und Milchprodukten (Käse, Joghurt) und Glykogen in
Fleisch und Leber vor. Dagegen enthalten alle pflanzliche Nahrungsmittel
Kohlenhydrate, oftmals als Mischung verschiedener Verbindungen.
Einfache Zucker kommen in Früchten und Honig vor, Saccharose
(„Haushaltszucker“) wird aus Zuckerrohr und Zuckerrüben gewonnen. Diese
Kohlenhydrate sind für die Ernährung von Hunden und Katzen nur von
untergeordneter Bedeutung und werden dem Futter zur Veränderung der Struktur,
des Wassergehalts und der Haltbarkeit eingesetzt. Eine Verbesserung des
Geschmacks wird allenfalls bei Hunden erreicht, da Katzen „süß“ nicht schmecken.
Stärke ist in allen Getreidekörnern (Weizen, Gerste, Hafer, Reis, Mais, Hirse,
Roggen) und in Kartoffeln enthalten. Getreidekörner müssen vor der Verfütterung
zubereitet werden. Hafer und Gerste werden entspelzt, Reis meist poliert. Weizen,
Mais und Hafer kommen meist als Flocken in den Handel, dabei wird durch Wärme
und Druck die Stärkestruktur verändert und Verdaulichkeit verbessert. Zur besseren
Verwertung werden ganze Körner (z.B. Reis) gekocht. Bei der Verarbeitung von
Getreide entstehen Getreidemehle, woraus stärkereiche Nahrungsmittel wie Brot und
Nudeln hergestellt werden. Kartoffeln müssen für Hunde und Katzen immer gekocht
werden, damit die Stärke überhaupt verdaut werden kann.
Leguminosen (z.B. Sojabohnen) enthalten Oligosaccharide wie Raffinose und
Stachyose. Diese Zuckermoleküle können nur durch die Mikroflora im Darm aber
nicht durch körpereigene Enzyme verdaut werden.
Die Faserstoffe stammen aus unterschiedlichen Einzelfuttermitteln. Als Quelle für
Ballaststoffe werden häufig Maiskleie, Weizenkleie, Reiskleie, Haferkleie und
gereinigte Balllaststoffquellen wie Zellulose und Sojafasern beigemischt. Zellulose
ist der Hauptbestandteil der Weizenkleie. Sie wird in Pulverform als Ballaststoff
verwendet, um die Energiedichte des Futters zu verringern (Adipositasdiät).
Obst enthält einfache Zucker sowie Pektine. Pektine sind als Bestandteil der
Zellwand und Interzellularsubstanz vor allem in Früchten und Gemüse enthalten.
Industriell wird Pektin aus den Rückständen der Saftherstellung aus Äpfeln und
Zitrusfrüchten gewonnen. Möhren bestehen vor allem aus Pektinen und Zucker;
auch die bei der Zuckerrübenverarbeitung anfallenden Trockenschnitzel sind
pektinreich. Pektine werden im Dickdarm durch Darmbakterien fermentiert.
6.
Mineralstoffe
Als Mineralstoffe fasst man alle in der Nahrung enthaltenen anorganischen Elemente
zusammen. Sie werden in der Futtermittelanalyse als „Rohasche“ bestimmt. Das ist
der Teil eines Nahrungsmittels, der nach Verbrennung bei sehr hohen Temperaturen
als Asche zurückbleibt. Bestimmte Mineralien sind für Hunde und Katzen essenziell
und müssen mit der Nahrung aufgenommen werden. Die Mineralstoffe werden in
Mengen- und Spurenelemente unterteilt. Mengenelemente werden im g-Bereich und
Spurenelemente im mg-Bereich mit der Nahrung aufgenommen, um den Bedarf des
Tieres zu decken. Zu den Mengenelementen gehören: Kalzium, Phosphor,
Magnesium, Kalium, Natrium und Chlor, zu den Spurenelementen Eisen, Zink,
Kupfer, Jod, Selen und Mangan. Neben den aufgezählten Spurenelementen gibt es
noch weitere Mineralien, die nur in sehr geringen Konzentrationen mit dem Futter
aufgenommen werden.
Abb. 24: Mineralstoffe in der Nahrung
Mineralstoffe haben 3 Hauptfunktionen:
• Strukturkomponenten („Baustein“) wie im Fall von Kalzium, Phosphor und
Magnesium in Knochen und Zähnen
• Bestandteile von Körperflüssigkeiten und Geweben, beteiligt an der
Regulation des Flüssigkeitshaushaltes, des Säure-Basen-Haushaltes, der
Muskelkontraktion, der Membrandurchlässigkeit und der Reizleitung (z.B.
Natrium, Kalium, Kalzium, Magnesium)
• Kofaktoren und Katalysatoren von Enzymen und Hormonen im Stoffwechsel
Die mit dem Futter aufgenommenen Mineralstoffe sind in den Nahrungsmitteln selbst
enthalten (Tab. 1) oder werden dem Futter in Form von Mineralsalzen (z. B. Kochsalz
= Natriumchlorid) zugesetzt. Voraussetzung für eine ausreichende Absorption im
Darmkanal ist die Freisetzung des Mineralstoffs aus den mit dem Futter
aufgenommenen Verbindungen. Beispielsweise entstehen durch die Bindung von
Kalzium an Phytinsäure (die in größeren Mengen in Getreide und –nachprodukten
vorkommt) schwer lösliche Kalziumphytate, was die Verwertung von Kalzium
beeinträchtigt. Phosphor aus Nahrungsmitteln tierischer Herkunft wird besser verdaut
als aus pflanzlichem Material. Außerdem existieren zwischen den Mineralstoffen
zahlreiche Wechselwirkungen, die sich auf die Verwertung einzelner Mineralien
auswirken. Liegen Kalzium und Phosphor in hohen Mengen im Futter vor, so
behindern sie sich gegenseitig und verschlechtern zudem die Verdaulichkeit anderer
Mineralien (bes. von Zink und Kupfer). Im Verdauungstrakt und Stoffwechsel
beeinflussen sich chemisch ähnliche Mineralstoffe dadurch, dass sie entweder um
dieselben „Resorptionskanäle“ und „Transportsysteme“ konkurrieren oder
gemeinsam transportiert werden.
Tabelle 1:
Beispiele für Nahrungsmittel mit hohen bzw. niedrigen Gehalten
an Mineralstoffen
Kalzium
(Ca)
Phosphor (P)
Magnesium
(Mg)
Kalium
(K)
Natrium
(Na)
hoch
Knochen,
Fleischmehl mit
Knochen,
Milch/-produkte
Knochenmehl,
Sojaschrot,
(Vollkorn)Getreide,
grünes Gemüse,
Nüsse
Vollkornprodukte,
Innereien,
Magermilchprodukte,
Kartoffeln,
Bananen,
Hefe
Käse,
Wurstwaren,
Fischmehl,
Ei
gering
Fleisch ohne
Knochen,
Schlachtabfälle,
Getreide,
Kartoffeln,
Gemüse
Fleisch,
Innereien,
Getreide,
bes. Vollkornprodukte,
Milchprodukte,
Ei,
Hülsenfrüchte
Gemüse,
Obst
Fisch,
Fleisch,
Ei
Weißmehl,
polierter Reis,
Fette
Getreide,
Hülsenfrüchte,
Milch,
Fleisch
Eisen
(Fe)
Zink
(Zn)
Kupfer
(Cu)
Jod
(J)
Selen
(Se)
Mangan
(Mn)
hoch
Fleisch,
Fisch,
Innereien
Vollkorngetreide,
Ballaststoffe
Fleisch,
Innereien,
Käse,
Eigelb,
Ballaststoffe,
(Getreidekörner)
Fleisch,
Innereien (bes.
Leber),
Getreideprodukte,
Nüsse
Meeresfisch,
Algen,
Ei
variabel:
Fisch,
Fleisch,
Ei
Getreide,
Hülsenfrüchte,
Ballaststoffe
gering
Getreide,
Milch/-produkte,
Obst
Fisch, Milch,
Quark,
Gemüse
Milch/produkte,
fettes Fleisch,
Weißmehl,
Gemüse,
Früchte
variabel
Getreide,
Gemüse
variabel:
Getreide,
Gemüse
Milch,
Lunge,
Eiprodukte
Die Mineralstoffe werden primär im Dünndarm, z. T. auch im Dickdarm absorbiert.
Mit Hilfe verschiedener Kontrollmechanismen (Resorption aus dem Darm,
Ausscheidung, Speicherung) wird die Konzentration jedes einzelnen Mineralstoffs im
Körper normalerweise unabhängig von der schwankenden Nahrungsaufnahme
innerhalb enger physiologischer Grenzen gehalten. Beispielsweise unterliegt die
aktive Absorption von Kalzium der Kontrolle durch Vitamin D, Parathormon und
Calcitonin. Abhängig vom Angebot und Bedarf verändert sich dabei die
Verdaulichkeit von Kalzium. Bei hohem Angebot bzw. abnehmendem Bedarf sinkt die
Verdaulichkeit, bei geringem Angebot sowie hohem Bedarf (wachsende, laktierende
Tiere) steigt sie an. Dagegen ist die Absorptionshöhe von Magnesium weitgehend
unabhängig von der Aufnahme mit der Nahrung, überschüssige Mengen werden
über den Harn ausgeschieden. Werden durch absolut zu niedrige bzw. zu hohe
Gehalte in der Nahrung die Kontrollmechanismen überfordert, entwickeln sich bei
allen Mineralstoffen langfristig Symptome eines Mangels bzw. einer Überdosierung
(siehe unten). Die optimale Versorgung mit Mineralstoffen ist also zum einen
abhängig von Bedarf des Tieres (Tab. 2), der wiederum von der Lebensphase und
der Leistung beeinflusst wird, und zum anderen aber auch von der Verfügbarkeit des
Mineralstoffes.
Tabelle 2:
Empfehlungen zur täglichen Mineralstoffaufnahme
von ausgewachsenen Hunden und Katzen
(Meyer & Zentek 2005; Kamphues et al. 2004)
pro kg Körpergewicht bzw. berechnet für einen Hund (20 kg) bzw. eine Katze (4 kg)
Mengenelemente
Spurenelemente
Hund
Mineralstoff
Kalzium (Ca)
Phosphor (P)
Natrium (Na)
Kalium (K)
Magnesium (Mg)
Chlorid (Cl)
Eisen (Fe)
Kupfer (Cu)
Zink (Zn)
Mangan (Mn)
Selen (Se)
Jod (J)
6.1
Katze
Einheit
g
g
g
g
g
g
pro kg
20 kg
pro kg
4 kg
0,08
0,06
0,05
0,055
0,012
0,075
1,6
1,2
1
1,1
0,24
1,5
0,045
0,04
0,08
0,08
0,006
0,12
0,18
0,16
0,32
0,32
0,024
0,48
mg
mg
mg
mg
µg
µg
1,4
0,1
1,0
0,07
15
5
28
2
20
1,4
300
100
1,3
0,08
1,2
0,08
6
34
5,2
0,24
4,8
0,24
24
136
Mengenelemente
Kalzium erfüllt wesentliche Aufgaben im Körper. Es ist
eines der Hauptbestandteile des Skeletts und der
Zähne und verleiht ihnen - zusammen mit Phosphor –
ihre Stabilität. Zum anderen ist Kalzium als
„Botenstoff“ am Informationsfluss zwischen den Zellen
beteiligt und demzufolge unentbehrlich für die
Muskelfunktion
und
Reizübertragung
in
den
Nervenleitungen. Außerdem ist Kalzium für die
Blutgerinnung von Bedeutung. Der Kalziumgehalt im
Blut wird durch Hormone der Nebenschilddrüse
(Parathormon) und Schilddrüse (Calcitonin) straff
reguliert. Bei geringem Angebot und sinkendem
Kalziumspiegel
im
Blut
wird
Parathormon
ausgeschüttet. Dadurch wird Kalzium aus dem Skelett
(Knochenabbau) freigesetzt, die Resorption (über
Aktivierung von Vitamin D) im Darm gefördert und die
Rückresorption in der Niere verbessert. Sämtliche
Wirkungen von Parathormon zielen also darauf ab, die
Abb. 25: In den ersten 4-6
Lebensmonaten ist der CaBedarf besonders hoch.
Kalziumkonzentration im Blutplasma anzuheben. Calcitonin ist als „Gegenspieler“
von Parthormon für die Absenkung des Kalziumspiegels im Blut zuständig. Dies
geschieht durch Hemmung des Knochenabbaus, Steigerung der Kalziumeinlagerung
in den Knochen sowie eine erhöhte Ausscheidung über die Nieren.
Der Bedarf für wachsende Tiere ist besonders in den ersten Lebensmonaten wegen
der Entwicklung des Skelettsystems höher als im Erhaltungsbedarf für
ausgewachsene Tiere und ändert sich im Verlauf des Wachstums ständig. Zur
Vermeidung von Schäden (siehe unten) muss die Kalziumaufnahme deshalb
regelmäßig dem Bedarf angepasst werden. Bei Hündinnen ist der Bedarf an Kalzium
in den letzten Wochen der Trächtigkeit verdoppelt (Knochenbildung der Feten) und
steigt während der Laktation in Abhängigkeit der Welpenzahl auf das 2 bis 5-fache
des Erhaltungsbedarfs an. Dagegen ändert sich im Vergleich zur Erhaltung der
Bedarf selbst bei intensiver körperlicher Belastung nicht, weil dabei keine
Kalziumverluste entstehen.
Abb. 26: Die wichtigsten Nährstoffe für die Knochenbildung
Sowohl eine Unter- als auch eine Überversorgung kommen in der Praxis bei Hunden
und Katzen immer wieder vor. Eine Unterversorgung mit Kalzium kann zwar vom
Organismus vorübergehend durch Freisetzung von Kalzium aus den Knochen
überbrückt werden (Ausschüttung von Parathormon), langfristig entstehen jedoch
schwere klinische Ausfälle, besonders am Skelettsystem: z.B. Lahmheiten,
Verbiegungen am Skelett, Knochenbrüche sowie Lockerung der Zähne und
Zahnausfall. Dabei sind durch die Beeinträchtigung der Knochenmineralisierung
wachsende Tiere stärker und schneller betroffen als ausgewachsene. Klinisch
werden solche Veränderungen in der Regel erst relativ spät erkannt, da zunächst
weder das Allgemeinbefinden gestört ist noch Abweichungen im Blutbild auftreten. Im
Röntgenbild sind schlecht mineralisierte Knochen an einer dünnen Kortikalis (äußere
Schicht des Knochenschaftes) und einem geringen Röntgenkontrast zu erkennen.
Unter praktischen Bedingungen entsteht ein Kalziummangel,
•
wenn selbst gekochte Rationen auf der Basis von Fleisch und Kohlenhydraten
(z. B. Reis, Kartoffeln) nicht mit einem geeigneten, kalziumreichen Mineralfutter
ergänzt werden,
•
wenn Futtermittel in ungeeigneter Art miteinander kombiniert werden (z. B.
Fleisch und nicht mineralisiertes Flockenfutter) oder
•
wenn Tiere mit einem erhöhten Bedarf (z. B. laktierende Hündinnen und
Kätzinnen) Futter mit einem zu geringem Kalziumgehalt erhalten.
Tierhaltern wissen in der Regel zwar, dass Hunde und Katzen Kalzium brauchen,
aber nicht wie viel und in welchen Nahrungsmitteln es in ausreichender Menge
enthalten ist. Anders als bei der Verwendung von Alleinfuttermitteln muss bei selbst
zubereiteten Rationen die tatsächlich aufgenommene Nährstoffmenge mit dem
Bedarf des Tieres verglichen werden, um Fehlversorgungen zu vermeiden.
Eine übermäßige Kalziumaufnahme stört zum einen die Absorption anderer
Nährstoffe und beeinflusst zum anderen den Knochenstoffwechsel. In der Praxis wird
eine Überdosierung beispielsweise beobachtet, wenn kalziumreiche Ergänzungen
(wie z. B. Futterkalk, Mineralstofftabletten) das Alleinfutter „aufwerten“ sollen. Durch
unkritische Zufütterung solcher Ergänzungen wird der Bedarf des Tieres nicht selten
erheblich überschritten, was während
der Wachstumsphase besonders
kritisch ist. Wachsende Hunde großer
Rassen reagieren empfindlich und
neigen aufgrund der schnellen
Gewichtsentwicklung und der langen
Wachstumsphase
zu
schwer
wiegenden Störungen der Skelettentwicklung.
Da Hundewelpen bis zu einem Alter
von etwa 6 Monaten noch nicht in der
Lage sind, die Kalziumabsorption im
Darm dem Bedarf anzupassen (hohe
passive Ca-Absorption), stimulieren
hohe Kalziumaufnahmen mit dem
Futter die Freisetzung von Calcitonin.
Die Folge ist, dass vermehrt Kalzium Abb 27: Eine Ca-Überversorgung im
in den Knochen eingelagert und der Welpenalter begünstigt SkelettentwicklungsKnochenabbau
gehemmt
wird. störungen bei großwüchsigen Hunden.
Langfristig ist das Skelett nicht mehr
in der Lage, sich durch ständigen Auf- und Umbau den wechselnden
Beanspruchungen während des Wachstums anzupassen. Es kommt zu
Veränderungen der Knochenstruktur und Skelettdeformationen. Letztendlich wird die
Entwicklung von Osteochondrose (Knorpelschädigung in den Gelenken) und
Fehlstellungen begünstigt. Ein weiteres Risiko erhöhter Kalziumaufnahmen ist
außerdem die Entwicklung von Harnsteinen, da überschüssiges Kalzium über die
Nieren ausgeschieden wird.
Phosphor ist der zweithäufigste Bestandteil von Knochen und Zähnen. Er ist ein
Baustein der Zellmembranen und über ATP (intrazellulärer Energielieferant) wichtig
für die Energiegewinnung im Intermediärstoffwechsel. Außerdem ist Phosphor auch
ein Bestandteil der DNS und RNS, den Trägern der Erbinformation.
Auch wenn der Phosphathaushalt weniger strikt geregelt ist als der von Kalzium, so
ist er doch eng mit dem Kalziumhaushalt verbunden, da an der Regulation die
gleichen Hormone beteiligt sind. Unter der Wirkung von Calcitonin verhalten sich
beide Elemente gleich: Es wird vermehrt Kalzium und Phosphor in die Knochen
eingelagert, während gleichzeitig die Rückresorption in der Niere gehemmt wird.
Parathormon fördert die Freisetzung von Phosphor (zusammen mit Ca) aus dem
Knochen und hemmt (anders als bei Ca) die Rückresorption von Phosphor in der
Niere, so dass vermehrt Phosphor über den Harn ausgeschieden wird. Dadurch kann
die Konzentration von Kalzium und Phosphor im Blutplasma in gewissem Umfang
unabhängig voneinander geregelt werden. Überschreitet das Produkt von Kalzium
und Phosphor im Blutplasma einen bestimmten Wert (Löslichkeitsprodukt), kommt es
zur Ausfällung von schlecht löslichen Kalziumphosphatsalzen, die in Knochen aber
auch in anderen Geweben (Gefahr von Weichteilverkalkungen) abgelagert werden.
Der Phosphorbedarf verhält sich wie der von Kalzium: Wachsende Tiere und Tiere in
der Reproduktion benötigen höhere Mengen. Da der Metabolismus von Kalzium und
Phosphor eng miteinander verknüpft ist, ist neben einer ausreichenden Versorgung,
für ein ausgeglichenes Verhältnis der Elemente zu sorgen. Ein Verhältnis von Ca zu
P von 1:1 bis 2:1 ist anzustreben. Abweichungen davon sind vor allem dann kritisch,
wenn die absolut aufgenommene Menge eines der beiden Partner nicht ausreicht.
Bei reiner Fleischfütterung z. B. besteht ein absoluter Kalziummangel und ein
inverses („verkehrtes“) Ca/P-Verhältnis von 0,1:1. Eine moderate Überversorgung mit
beiden Elementen wird bei gesunden Hunden und Katzen gut toleriert, wenn das
Verhältnis ausgeglichen ist. Bei einem Phosphormangel werden unspezifische
Symptome wie verminderte Fresslust, verringertes Wachstum, geringe Fruchtbarkeit
und stumpfes Fett beobachtet. Langfristig besteht ein erhöhtes Risiko für
Knochenbrüche. Ebenso werden bei einem P-Überschuss zunächst unspezifische
Symptome
beobachtet,
langfristig
entwickeln
sich
ein
sekundärer
Hyperparathyreoidismus (erhöhte Ausschüttung von Parathormon durch zu hohe PGehalte und ein daraus resultierender relativer Kalziummangel im Blut) und
Weichteilverkalkungen (durch Überschreiten des Löslichkeitsprodukts von Kalzium
und Phosphor).
Abb. 28: Die Aufgaben von Phosphor im Organismus.
Da bei älteren Tieren ein erhöhtes Risiko einer Niereninsuffizienz besteht, ist bei
ihnen eine Vermeidung zu hoher Phosphoraufnahmen von großer Bedeutung. Die
verminderte Ausscheidung von Phosphor und eine Hyperphosphatämie (erhöhter P-
Gehalt im Blut) treten bereits im Frühstadium der Nierenerkrankung auf und spielen
eine primäre Rolle bei der Entstehung und dem Fortschreiten der Erkrankung.
Kalzium und Phosphor sind als Hauptbestandteile des Skeletts vorrangig für die
Stabilität der Knochen verantwortlich. Hohe Gehalte an beiden Elementen finden sich
demzufolge in Knochen, die ganz oder als Knochenschrot oder -mehl in der
Ernährung von Hunden als Mineralstofflieferant eine Rolle spielen (Achtung! Bei zu
hoher Aufnahme besteht die Gefahr von Knochenkotbildung mit Verstopfung!). Meist
werden diese Elemente jedoch als Mineralsalze wie Kalziumkarbonat und
Kalziumphosphat in Mineralfuttermitteln eingemischt. Kalzium und Phosphor ist in
nennenswerten Mengen auch in Milch und Milchprodukten (bes. Käse) enthalten,
beim Menschen werden dadurch rund 50 % des täglichen Kalziumbedarfs gedeckt.
Die meisten Nahrungsmittel tierischer und pflanzlicher Herkunft wie Fleisch (ohne
Knochen), Getreide sowie Brot und Kartoffeln, die in der Hunde- und
Katzenernährung eine Rolle spielen, sind jedoch arm an Kalzium, während die
Konzentration an Phosphor die gewünschte Höhe erreicht oder sogar übersteigt. Ein
Überschuss an Kalzium in der Ernährung behindert die Verwertung von Phosphor
und anderen Mineralstoffen (z. B. Zink, Kupfer, Magnesium), ein Überschuss an
Phosphor die von Kalzium und anderen Mineralien (z. B. Magnesium, Zink, Eisen).
Magnesium ist ein weiterer Bestandteil des Skeletts und trägt in geringerem Maße
zu seiner Festigkeit bei. Es ist weiterhin für die Funktion des Nervensystems und die
Energieversorgung (durch Beteiligung am Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel)
wichtig. Im Überschuss aufgenommene Mengen werden über den Harn
ausgeschieden. In Abhängigkeit von der Aufnahme variiert der Blut-Mg-Spiegel, so
dass die Versorgungslage durch Blutuntersuchungen relativ sicher zu beurteilen ist.
Im Vergleich zum Erhaltungsbedarf ist während der Trächtigkeit, der Laktation, dem
Wachstum und bei Sporthunden der Magnesiumbedarf erhöht.
Abb. 29: Magnesium ist der dritthäufigste Mineralstoff im Knochen und wichtig für die
Nervenfunktion (Muskelkrämpfe bei Mangel).
Magnesium ist in Nahrungsmitteln weit verbreitet. Der Bedarf ist durch die Aufnahme
von Knochen, Fleisch und Milch/ (-produkten), Getreide (bes. Vollkorn) weitgehend
gedeckt, so dass bei Hunden und Katzen eine akute Unterversorgung in der Praxis
selten vorkommt. Allenfalls bei einseitiger Fütterung Mg-armer Nahrungsmittel (wie
Weißmehl und Fette) oder hohen Gehalten an absorptionshemmenden
Komponenten im Futter (z. B. hohe Gehalte an Ca, P) ist eine Mangelversorgung
möglich. Ein Magnesiummangel führt bei wachsenden Tieren zu geringer
Futteraufnahme und Gewichtsentwicklung, Muskelschwäche, Bewegungsstörungen
durch Veränderung am Bandapparat, im fortgeschrittenen Stadium zu Krämpfen und
Schädigungen am Herzen. Eine Überversorgung verursacht Durchfall und
beeinträchtigt
die
Caund
P-Verwertung.
Außerdem
steigt
die
Magnesiumkonzentration im Harn an und begünstigt somit die Bildung von
Struvitsteinen (Ammonium-Magnesium-Phosphat).
Natrium und Chlorid sind zur Aufrechterhaltung des osmotischen Drucks und damit
für den Wasserhaushalt wichtig. Zudem sind sie an der Regulierung des SäureBasen-Haushaltes, an Muskelkontraktionen und der Übertragung von
Nervenimpulsen sowie der Energieversorgung der Zellen beteiligt. Natrium und
Chlorid greifen in den Wasserhaushalt ein und regeln über das Durstempfinden und
die Harnausscheidung den Wasserbestand des Körpers. Die Aufgaben von Natrium
sind eng mit denen von Kalium verbunden. Chlorid ist außerdem ein Bestandteil der
Magensäure.
Natrium und Chlorid werden vor allem im Dünndarm resorbiert. Der Gehalt von
Natrium im Blut wird durch die Hormone der Nebenniere straff reguliert.
Überschüssige Mengen werden mit dem Harn ausgeschieden. Da Chlorid- und
Natriumstoffwechsel in Abhängigkeit voneinander reguliert werden, wird eine hohe
Natriumausscheidung mit dem Harn immer von einer hohen Chloridausscheidung
begleitet.
Die Bedarfsempfehlungen für Natrium und Chlorid weichen in der Literatur
voneinander ab, vielfach werden höhere Gehalte empfohlen. Dies zeigt, dass
gesunde Hunde und Katzen gegenüber Kochsalz äußerst tolerant sind, sofern
ausreichend Trinkwasser zur Verfügung steht. Höhere Natriumchloridgehalte im
Futter bewirken in erster Linie, dass die Tiere mehr Wasser aufnehmen und mehr
Harn ausscheiden. Dieser Effekt kann für die Prophylaxe von Harnsteinen genutzt
werden, da sich die Harnsteinbildung durch eine Steigerung der Trink- und
Urinmenge wirksam vorbeugen lässt. Durch die Produktion hoher Harnmengen wird
zum einen die Blase häufiger entleert, zum anderen werden Stein bildende
Substanzen „verdünnt“. Eine moderate Anhebung des Salzgehaltes im Futter hat
keinen negativen Einfluss auf den Blutdruck beim gesunden Tier. Trotzdem ist bei
manchen Herzerkrankungen eine verringerte Natriumversorgung angezeigt. Akute
Salzvergiftungen nach Aufnahme von größeren Mengen an gesalzenen Fleisch- und
Fischabfällen oder Meerwasser sind in der Praxis bei Hunden äußerst selten, da sie
nur bei unzureichendem Trinkwasserangebot auftreten. Betroffene Tiere zeigen
Durst, Juckreiz, Verstopfung, Krämpfe und können akut versterben.
Eine Unterversorgung kann
zwar lange kompensiert werden,
aber langfristig ist der Körper
nicht
imstande,
einen
ausgeglichenen Wasserhaushalt
aufrecht zu halten. Klassische
Symptome
sind
vermehrte
Unruhe und Lecksucht, sowie
Schwierigkeiten,
das
Futter
abzuschlucken. Die Leistungsfähigkeit nimmt ab, die Tiere
fressen nicht, sind müde und
erschöpft. Der Körper trocknet
aus. Die Haut wird trocken, der
Hautturgor ist herabgesetzt, der
Abb. 30: Ein moderat erhöhter Na-Gehalt
Hämatokrit steigt. Ein akuter
im Futter kann Harnsteinen vorbeugen.
Mangel an Na und/oder Cl kann
bei Durchfällen, chronischem Erbrechen und Nierenerkrankungen auftreten. In
solchen Fällen müssen die Elektrolytverluste mit isotonischen Elektrolytlösungen zum
Trinken oder in schweren Fällen durch Infusionen ersetzt werden.
Kalium ist für die Zellfunktion notwendig, da es (zusammen mit Natrium) den
Druckausgleich zwischen dem Zellinneren und der Zellumgebung sichert und am
Energiestoffwechsel beteiligt ist. Weitere Aufgaben sind die Beteiligung an
Muskelkontraktionen, Nervenimpulsen und dem Säure-Basen-Haushalt. Kalium ist
außerdem wichtig für die Herzfunktion.
Kalium ist in den meisten Futtermitteln pflanzlicher und tierischer Herkunft in
ausreichender Menge enthalten, so dass die Versorgung in der Regel kein Problem
darstellt. Da Kalium nicht im Körper gespeichert werden kann, muss es aber
regelmäßig aufgenommen werden. Sofern ausreichend Trinkwasser zur Verfügung
steht, verursacht eine erhöhte Aufnahme keine Probleme. Überschüssige Mengen
werden über die Nieren ausgeschieden. Vergiftungen sind äußerst selten und gehen
mit Lähmungen und Bradykardie (verlangsamter Herzschlag) einher.
Eine Unterversorgung bei Hunden und Katzen ist allenfalls bei einseitiger Aufnahme
von Weißmehl, Fett und Zucker denkbar oder durch ausgiebiges Waschen und
Wässern der Futtermittel. Bei Durchfallerkrankungen sind infolge hoher Verluste
Mangelsituationen möglich. Bei einem Kaliummangel stehen bei wachsenden Tieren
geringe Gewichtszunahmen, Unruhe und Lähmungserscheinungen im Vordergrund,
bei ausgewachsenen Tieren Leistungsschwäche, Blutdruckabfall und Abnahme der
Nierendurchblutung.
6.2
Spurenelemente
Eisen ist der aktive Bestandteil von Hämoglobin (roter Farbstoff, der für den
Sauerstofftransport in den roten Blutkörperchen zuständig ist) und Myoglobin
(Farbstoff aus den Muskeln mit derselben Aufgabe). Zudem ist Eisen in Enzymen,
die den Sauerstofftransport in den Zellen regulieren, enthalten.
Abb. 31: Bedeutung des Eisens im Körper.
Die Absorption von Eisen im Dünndarm ist im Wesentlichen vom Bedarf, der
chemischen Eisenverbindung sowie der Anwesenheit absorptionshemmender
Substanzen abhängig (beispielsweise hohe Gehalte an Kalzium, Phosphor, Mangen,
Zink, Kupfer). Überschüssig aufgenommenes Eisen wird in Form von Ferritin in der
Leber, dem Knochenmark und der Milz gespeichert. Die Ausscheidung von Eisen ist
gering, da es zu rund 98 % „recycelt“ wird.
Der Eisenbedarf nimmt nach größeren Blutverlusten, gegen Ende der Trächtigkeit
und evtl. beim Haarwechsel bei langhaarigen Hunden und Katzen (hoher Fe-Gehalt
in pigmentierten Haaren) zu. Im Allgemeinen ist ein Eisenmangel bei Hunden und
Katzen relativ selten, da die meisten Futterbestandteile wie Fleisch und Innereien
reich an Eisen sind. Jedoch kann es sein, dass die Eisenversorgung von tragenden
Hunden und Katzen nach einseitiger Fütterung von poliertem Reis, Milch und
Milchprodukten sowie fettreichen Futtermitteln knapp ist, da die Feten Eisen
speichern müssen. Bei hochgradigem Befall mit blutsaugenden Darmparasiten
(Hakenwürmer) und Ektoparasiten (Flöhe, Zecken) kommt es zu einem langsamen,
chronischen Blutverlust. Nachdem die Eisenspeicher aufgebraucht sind, entwickelt
sich eine Anämie (Blutarmut). Saugende Hunde- und Katzenwelpen sind aufgrund
des geringen Eisengehaltes in der Muttermilch besonders gefährdet. Symptome
eines Eisenmangels sind Anämie, raues Fell, Unruhe, erhöhte Infektanfälligkeit und
verringertes Wachstum.
Zu hohe Eisengehalte in der Nahrung verursachen zum einen lokale Reizungen und
Verätzungen im Magendarmtrakt, zum anderen wird die Absorption anderer
Mineralien beeinträchtigt. Klinische Symptome einer Überdosierung sind:
Futterverweigerung,
Gewichtsverlust,
niedrige
Serumalbumingehalte,
Nierenschwäche und eine vermehrte Eisenablagerung im Körper (Hämosiderose).
Kupfer ist u. a. Bestandteil zahlreicher Enzymsysteme und für die Pigmentierung des
Fells wichtig, außerdem für den Eisentransport, die Blutbildung, den zellulären
Energiestoffwechsel und die Kollagensynthese. Kupfer ist eng mit Eisen verbunden,
da es dessen Transport und Einbindung in Hämoglobin erleichtert. Es wird im oberen
Dünndarm aufgenommen, in der Leber gespeichert oder über die Galle in den Darm
ausgeschieden. Beim Bedlington-Terrier kommt aufgrund eines genetischen Defekts
eine erbliche Kupferspeicherkrankheit vor, bei der Kupfer in so hohen Mengen in der
Leber angereichert wird, dass
schwerwiegende
Leberschäden
entstehen können. Bei anderen
Hunderassen
entsteht
die
Leberschädigung durch zu hohe
Kupfereinlagerung
sekundär
als
Folge
einer
erworbenen
Lebererkrankung.
Im Vergleich zur Erhaltung ist ein
höherer Bedarf bei langhaarigen
Hunden während des Haarwechsels,
bei Störungen der Absorption (z.B.
hohe Kalzium- und Zinkgehalte) oder
Abb.32: Langhaarige Hunde haben während
bei
Verdauungsstörungen
zu
des Fellwechsels einen erhöhten Cu-Bedarf
erwarten. Außerdem steigt der Bedarf
bei säugenden Tieren aufgrund der
Kupferabgabe über die Milch sowie bei wachsenden Tieren an.
Da die meisten Fleischbestandteile und besonders Innereien reich an Kupfer sind,
sind bei artgerechter Ernährung Mangelerkrankungen bei Hunden und Katzen selten.
Unter praktischen Bedingungen wurden typische Kupfermangelsymptome bei
Welpen bei einseitiger Fütterung (ausschließlich Fleisch, hohe Ca- und P-Gaben)
beobachtet. Es kommt zu einer Aufhellung („Grauwerden“) dunkel pigmentierter
Haare, besonders im Bereich der Augen und Nase. Durch Störungen in der
Knorpelbildung und den Bändern kommt es zu Fehlstellungen der Beine (X- und OBeine) und zur Durchtrittigkeit. Außerdem weisen betroffen Tiere eine Anämie auf.
Bei Katzen macht sich ein Kupfermangel durch Fruchtbarkeitsstörungen bemerkbar.
Bei Kupferüberschuss in der Nahrung wird vermehrt Kupfer in der Leber gespeichert.
Im Gegensatz zu leberkranken Tieren ist bei gesunden nicht zu erwarten, dass
dadurch Leberschäden entstehen. Bei einer hochgradigen Überdosierung
(„Kupfervergiftung“) entwickelt sich eine Leberentzündung (Hepatitis) mit erhöhten
Leberenzymen im Blut.
Zink ist als Bestandteil von Enzymen für die Stabilität der Proteine und der
Zellmembranen mit verantwortlich und findet sich zudem als Coenzym im
Kohlenhydrat-, Fett- und Nukleinsäurestoffwechsel. Es ist u. a. wichtig für den
Vitamin A-Transport im Blut, die Fortpflanzung (z.B. Spermienbildung) sowie für die
Hautgesundheit und das Haarwachstum. Da Zellwachstum und Zellvermehrung ohne
Zink nicht möglich sind, spielt Zink außerdem eine wichtige Rolle bei der
Wundheilung.
Abb. 33: Zink ist für die Gesundheit von Haut und Haaren und die Fruchtbarkeit von
besonderer Bedeutung.
Bei der Absorption im Darm konkurrieren Kupfer und Zink miteinander, d. h. bei
gleichzeitig hohem Cu-Gehalt im Futter nimmt die Zinkverwertung ab, ebenso
beeinträchtigen hohe Kalzium- und Phytinsäuregehalte die Zinkresorption. Zink wird
außerdem bei einer Unterfunktion der Bauchspeicheldrüse (Pankreasinsuffizienz)
schlechter verwertet, so dass solche Tiere typische Mangelsymptome aufweisen
können. Die Anwesenheit der Aminosäuren Histidin und Glutaminsäure dagegen
fördert die Zinkresorption. Zink wird nur in geringen Mengen im Körper gespeichert
und über den Kot ausgeschieden.
Im Vergleich zur Erhaltung ist der Bedarf langhaariger Hunde und Katzen im
Haarwechsel erhöht, zudem während des Wachstums, der Trächtigkeit und
insbesondere der Laktation, da in der Muttermilch beträchtliche Zinkmengen
enthalten
sind.
Außerdem
ist
eine
zusätzliche
Zinkversorgung
bei
Pankreasinsuffizienz und zur Unterstützung der Wundheilung nach größeren
Operationen oder Verletzungen sinnvoll.
Durch die Beteiligung an der Kollagen- und Keratinbildung gehen Symptome eines
Zinkmangels in erster Linie mit typischen Veränderungen an Haut und Haaren (heller
werdende Haare, Haarverlust, borkige und rissige Haut) einher. Bei Hunden
nordischer Rassen (Husky, Alaskan Malamute) kommt eine erblich bedingte ZinkAbsorptionsstörung (Zink-reaktive Dermatose) vor, die sich bei betroffenen Tieren als
Mangelerkrankung mit Krusten- und Schuppenbildung sowie Haarlosigkeit besonders
um Augen und Schnauze herum äußert. Weitere Anzeichen eines Zinkmangels sind:
Störungen der Fruchtbarkeit (auch bei männlichen Tieren), gestörte Futteraufnahme
und verringertes Wachstum. Bereits ein geringer Zinkmangel beeinträchtigt die
Immunabwehr.
Abb. 34: Bei nordischen Hunderassen kommt eine erblich bedingte Störung des
Zinkstoffwechsels vor, die sich vorwiegend in Hautsymptomen äußert.
Zink ist relativ ungiftig, so dass eine Überversorgung nur selten vorkommt. Die
einzigen Fälle akuter Zinkvergiftungen sind bei Hunden und Katzen nach Aufnahme
von verzinkten Münzen und Verschlussteilen von Transportkäfigen beschrieben
worden. Vergiftungssymptome umfassen Apathie, Futterverweigerung und
Zerstörung der roten Blutkörperchen (hämolytische Anämie). Langfristig kann durch
eine kontinuierliche Überversorgung mit Zink jedoch ein Kupfermangel hervorgerufen
werden.
Mangan ist als Bestandteil von Enzymen oder durch Aktivierung derselben für
verschieden Funktionen im Stoffwechsel unentbehrlich. Dabei ist es beispielsweise
am Lipidstoffwechsel in den Mitochondrien (Energiezentren der Zellen) und an der
Knochenbildung beteiligt.
Unter normalen Fütterungsbedingungen ist eine Mangel an Mangan selten, da der
Bedarf durch die Aufnahme typischer Nahrungsmittel für Hunde und Katzen (außer
Milch, Lunge und Eiprodukte) im Normalfall gedeckt ist. Dennoch ist wegen der
Wirkung auf Knochen und Knorpel auf eine ausreichende Versorgung zu achten,
besonders bei wachsenden und älteren Tieren sowie bei Tieren mit Arthrosen
(„Gelenkverschleiß“).
Als
Mangelsymptome
sind
Skelettveränderungen,
Fruchtbarkeitsstörungen sowie Knochenmissbildungen bei den Feten möglich.
Mangan ist relativ ungiftig, Überdosierungen sind bei Hunden und Katzen nicht
beschrieben. Extreme Gehalte an Mangan beeinträchtigen jedoch die Verwertung
von Eisen.
Selen ist ein Bestandteil der Gluthathionperoxidase, eines Enzyms, das schädliche
Sauerstoffradikale inaktiviert. Zusammen mit Vitamin E schützt Selen als Antioxidans
somit die Zellmembranen (bes. Muskelzellen) vor der Zerstörung durch reaktive
Sauerstoffradikale. Bei einer hohen Belastung des Körpers durch diese freien
Radikale spricht man von „oxidativem Stress“, der besonders beim Alterungsprozess,
bei hoher körperlicher Belastung sowie schweren Erkrankungen wie Krebs auftritt.
Selen wird unabhängig von der Konzentration im Futter resorbiert und
überschüssiges aufgenommenes Selen über Harn und Kot wieder ausgeschieden.
Der Selengehalt in den Nahrungsmitteln weist je nach Boden- und Pflanzenart
erhebliche Variationen auf, was sich auch in den Futtermitteln tierischer Herkunft
widerspiegelt. Da in Deutschland viele Böden selenarm sind (damit auch die dort
wachsenden Pflanzen und die damit gefütterten Tiere), ist ein Selenmangel nicht
selten.
Besonders
neugeborene
Welpen
entwickeln
Symptome
wie
Muskeldegeneration, Immun- und Leistungsschwäche. Bei der Ergänzung von Selen
(z.B. über Mineralfutter) ist Vorsicht geboten! Selen besitzt nur eine geringe
Dosierungsbreite, d. h. bei einer zu hohen Aufnahme entwickeln sich schwere
Vergiftungssymptome wie Erbrechen, Muskelkrämpfe, schwankender Gang,
verminderter Appetit, erschwerte Atmung, Krallenschäden und Haarausfall.
Jod ist als Bestandteil der Schilddrüsenhormone Thyroxin und Trijodthyronin an der
Schilddrüsenfunktion beteiligt. Schilddrüsenhormone nehmen auf vielfältige Weise
Einfluss auf sämtliche Stoffwechselvorgänge im Körper. Sie spielen eine wichtige
Rolle u. a. bei der Aufrechterhaltung der Körpertemperatur, der Fortpflanzung, dem
Wachstum, der Blutzirkulation und der Muskelfunktion. Sie sind an der Entwicklung
und Reifung der Nervenzellen sowie anderen Geweben beteiligt und beeinflussen
andere endogene Drüsen (Hypophyse, Keimdrüsen).
Aufgrund der vielfältigen Funktionen ist der Jodbedarf abhängig von der
Stoffwechselaktivität (Energieumsatz). Bei wachsenden, tragenden und laktierenden
Tieren sowie bei hoher körperlicher Aktivität ist mit einem erhöhten Bedarf zu
rechnen. In vielen Nahrungsmitteln wird der gewünscht Jodgehalt nicht erreicht, so
dass es zu Mangelerscheinungen kommt. Da auch in der menschlichen Ernährung
die Versorgung oft mangelhaft ist, wird Jod dem Speisesalz zugesetzt.
Eine Jodunterversorgung führt zu einer Vergrößerung der Schilddrüse („Kropf“) und
durch ungenügende Hormonbildung zu Leistungsabfall, Abgeschlagenheit,
Haarausfall, Fruchtbarkeits- und Wachstumsstörungen sowie Ödembildung
(Schwellung des Gewebes durch Flüssigkeitsansammlung). Bei tragenden Hunden
und Katzen wirkt sich eine Unterversorgung vorrangig auf die Entwicklung der Feten
aus. Die beim Hund häufig vorkommende Hypothyreose (Unterfunktion der
Schilddrüse) wird zwar zumeist durch eine chronische Erkrankung des
Schilddrüsengewebes hervorgerufen, vermutlich aber durch eine unzureichende
Jodversorgung begünstigt. Erniedrigte Schilddrüsenhormone im Blut sind jedoch
nicht beweisend für eine Schädigung der Schilddrüse, da auch andere Erkrankungen
wie z. B. Diabetes mellitus und Cushing-Syndrom eine Unterfunktion vortäuschen
können.
Abb. 35: Jod wird in der Schilddrüse in die Hormone Trijodthyronin und Thyroxin
eingebaut.
Auch eine Überversorgung mit Jod führt durch eine ungenügende
Thyroxinfreisetzung zu einer Einschränkung der Schilddrüsenfunktion und ist deshalb
zu vermeiden. Jodvergiftungen über die Nahrung sind selten, sie werden eher durch
das Ablecken jodhaltiger Salben oder durch Resorption jodhaltiger
Wundspüllösungen großflächiger Wunden verursacht. Symptome einer Jodvergiftung
sind ähnlich dem eines Jodmangels. Die bei älteren Katzen häufiger auftretende
Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) wird durch Tumore an der Schilddrüse
hervorgerufen. Ob ein Zusammenhang mit der Jodaufnahme besteht, ist nicht
geklärt.
7
Vitamine
Vitamine sind lebensnotwendige Wirkstoffe für Mensch und Tier. Der tierische
Organismus kann sie nicht selbst herstellen und ist daher auf eine exogene Zufuhr
mit dem Futter angewiesen. Sie gehören zu einer art- und bedarfsgerechten
Ernährung und müssen ständig in ausreichender Menge mit der Nahrung
aufgenommen werden. Sie regulieren den Ablauf aller Stoffwechselvorgänge und
sichern eine hohe Leistungsfähigkeit und Gesundheit. Besondere Bedeutung hat
eine vollwertige Vitaminversorgung für die Funktion der Immunabwehr (Verhinderung
von Infektionskrankheiten, Tumoren) und der Fortpflanzungsorgane (Erhalt der
Stabilität der Keimzellen, Verhinderung von Mutationen des Erbguts, normale
Embryonalentwicklung), eine hohe geistige und körperliche Leistungsfähigkeit sowie
für eine hohe Lebenserwartung. Vitamin bedeutet „lebenswichtiges Amin“ und geht
auf das relativ früh entdeckte Thiamin (Vitamin B1) zurück. Tatsächlich gehören die
verschiedenen Vitamine aber ganz unterschiedlichen chemischen Stoffgruppen an.
Abb. 36: Die Vitamine im Überblick
Es gibt nach derzeitigem Kenntnisstand 13 Vitamine, 4 fettlösliche (A, D, E und K)
und 9 wasserlösliche. Sie sind mit ihren Haupt- und Nebenfunktionen in der
nachfolgenden Tabelle aufgeführt:
Tabelle 3: Vitamine und ihre Funktionen
Vitamin
A
Natürliche
Form
Retinol
Klassische
Funktion
Epithelschutz
D3
Cholecalciferol
E
Tocopherole
(am wirksamsten:
alpha-T.)
Ca-PStoffwechsel
Antioxidanz
K1+2
B1
Phyllochinon,
Menachinon
Thiamin
B2
Riboflavin
B6
Pyridoxin
B12
Cobalamin
Niacin
Pantothensäure
Biotin
Folsäure
C
Ascorbinsäure
Zusatznutzen
Antagonisten
Immunität,
Genexpression
Immunität
Allgemeingesundheit,
Immunität,
Qualität von
Fleisch, Eiern,
Milch
Blutgerinnung
Dicumarol, Cumarin
KHStoffwechsel
Thiaminasen aus
frischem Fisch,
Arsen, Quecksilber
Energiestoffwechsel
Eiweißstoffwechsel
Blutbildung
und
Eiweißstoffwechsel
Energiestoffwechsel
Fettstoffwechsel
KH/Fettstoffwechsel
Eiweiß- und
DNAStoffwechsel
Antioxidanz
Immunität
Hemmfaktor in
Leinsamen
Gerbsäure
Stoffwechselstörungen
allgemein
Haut-, Haar-,
Hornqualität
Fruchtbarkeit
Avidin (rohes
Hühnereiweiß)
Sulfonamide
Schimmelpilzgifte (Aflatoxine)
Gesundheit
allgemein,
Immunität
Natürliche Vitamine kommen nur in Pflanzen vor. Ihr Vorkommen in tierischem
Gewebe beruht entweder auf mikrobieller Synthese (durch die Darmbakterien) oder
auf der Umwandlung entsprechender Provitamine aus pflanzlichem Material (z.B.
Karotin als Vorstufe des Vitamin A, pflanzliches Ergosterol als Vorstufe des Vitamin
D2 und D3). Der natürliche Vitamingehalt pflanzlicher Rohstoffe unterliegt
erheblichen Schwankungen in Abhängigkeit von Klima, Sorte, Standort und
Düngung. Bei der Mischfutterherstellung spielen des weiteren Lagerung und Zu- bzw.
Aufbereitung eine Rolle.
7.1
Fettlösliche Vitamine
Zu den fettlöslichen Vitaminen gehören Vitamin A, D, E und K, die man sich auch
mittels der Eselsbrücke “Edeka” leicht merken kann. Da sie im Körper in der Leber
und im Fettgewebe gut gespeichert werden können, müssen sie nicht unbedingt
täglich in bedarfsdeckender Menge mit der Nahrung zugeführt werden, sondern
kurzfristige Defizite können über im Körper gespeicherte Reserven ausgeglichen
werden. Auf der anderen Seite ist die Gefahr einer „Vitaminvergiftung“ durch
Überdosierung wesentlich größer als bei den wasserlöslichen Vitaminen. Oder
anders ausgedrückt: bei einem Einsatz der fettlöslichen Vitamine in hohen Dosen zu
therapeutischen Zwecken ist die therapeutische Breite gering, da im Überschuss
aufgenommene Wirkstoffmengen im Körper gespeichert werden. Die fettlöslichen
Vitamine sind sich in ihrer chemischen Struktur relativ ähnlich: es handelt sich jeweils
um ein Ringsystem mit Seitenketten. Ihre Absorption ist eng an den Fettstoffwechsel
geknüpft. Aus dem Darm können sie beispielsweise nur zusammen mit Fett
absorbiert werden. Liegt eine Störung der Fettverdauung vor, beispielsweise bei
einer Pankreasinsuffizienz, so ist auch von einer gestörten Verwertung der
fettlöslichen Vitamine auszugehen.
Vitamin A (Retinol)
Vitamin A wird auch als das „Epithelschutzvitamin“ bezeichnet, da es für die normale
Funktion und Erneuerung der Haut und der Schleimhäute unentbehrlich ist. In
therapeutisch hohen Dosen wird Vitamin A zur Behandlung von Akne beim
Menschen eingesetzt. Außerdem ist es als Bestandteil des Sehpurpurs Rhodopsin
maßgeblich am Sehvorgang beteiligt. Ein Mangel führt zur Nachtblindheit. Des
Weiteren ist Vitamin A essenziell für die Knochenbildung, die Spermatogenese beim
männlichen Tier und die Fetalentwicklung. Es kommt vor allem in Eidotter, Butter und
Leber bzw. Lebertran vor. In Pflanzen kommt das β-Carotin als Vorstufe des Vitamin
A vor. Karotine kommen als gelbe und orange Farbstoffe in zahlreichen
Gemüsesorten vor (z.B. Karotten, Paprika etc.). Bei Bedarf können Hunde Vitamin A
aus β-Carotin bilden, Katzen jedoch nicht. Da Vitamin A sich bei übermäßiger Zufuhr
in der Leber anreichert, besteht ein vergleichsweise hohes Toxizitätsrisiko.
Grundsätzlich reagieren Hunde und andere Carnivore aber wesentlich
unempfindlicher auf eine zu hohe Vitamin-A-Zufuhr als der Mensch oder die Ratte.
Dies beruht auf einer zusätzlichen Transportform für Vitamin A im Blut (als
Retinylester in den Lipoproteinen, den kleinen „Fett-Tranportkügelchen“ im
Blutplasma) ergänzend zum (üblichen) Retinol.
Bei Fleischfressern, vor allem Katzen, ist eine Intoxikation am häufigsten durch eine
übermäßige Verfütterung von roher Leber bedingt. Leber ist gerade für wählerische
Katzen oft geschmacklich sehr attraktiv, so dass sie alle anderen Futtermittel
verweigern. Bei diesen Tieren kommt es infolge einseitiger Leberfütterung zu
Knochenzubildungen an den Vorderextremitäten und einer Spondylose der
Halswirbelsäule mit Brückenbildung zwischen den Wirbelkörpern. Aus der
Versteifung
der
Wirbelsäule
resultieren
Schmerzhaftigkeit
und
Bewegungseinschränkungen (Fressen ist nur noch möglich, wenn der Napf in
erhöhter Position aufgestellt wird). Allerdings ist dazu wegen der arttypisch hohen
Toleranz die Aufnahme größerer Mengen Vitamin A über einen längeren Zeitraum
notwendig. Zusätzlich kann es bei tragenden Katzen zu Missbildungen bei den
Welpen kommen.
Vitamin D
Vitamin D ist der Oberbegriff für eine Reihe biologisch aktiver Calciferole. Man
unterscheidet zwischen dem pflanzlichen oder von Mikroorganismen synthetisierten
Ergocalciferol (Vitamin D2) und dem in tierischen Lebensmitteln vorkommenden
Cholecalciferol (Vitamin D3). Dorschleberöl ist besonders reich an Vitamin D. Die
Menge an Vitamin-D wird im Allgemeinen in Internationalen Einheiten (I.E.)
angegeben. 1 IE Vitamin D entspricht dabei 0,025 µg Vitamin D bzw. 1 µg Vitamin D
entspricht 40 I.E. Vitamin D spielt eine wichtige Rolle im Knochenstoffwechsel (da es
den Kalzium- und Phosphorhaushalt reguliert). Insgesamt bewirkt Vitamin D eine
gesteigerte Resorption von Ca und P aus dem Darm bei gleichzeitig verminderter
Ausscheidung über die Niere und eine Verstärkung der Umbauvorgänge
(Mineralisation, aber auch Reabsorption) am Knochen.
Abb. 37: Stoffwechsel von Vitamin D
Bestimmte Rattengifte enthalten als Wirkstoff Vitamin D-Analoge, die bei den Ratten
eine zum Tode führende Weichteilverkalkung verursachen. Vergiftungen mit solchen
Substanzen äußern sich auch bei Hund und Katze als Hypervitaminose D. Diese ist
zunächst charakterisiert durch einen Anstieg der Vitamin D-Konzentrationen im
Plasma und verläuft im Anfangsstadium häufig ohne klinische Symptome. Später
treten die folgenden Veränderungen auf:
•
•
•
•
•
•
•
Erhöhter Kalziumspiegel im Blut (Hyperkalzämie) und in der Folge eine
erhöhte Ca-Ausscheidung mit dem Harn (Hyperkalziurie)
akute Herzrhythmusstörungen
Schwäche, Müdigkeit, sowie Übelkeit, Erbrechen und Bewusstseinsstörungen
Polyurie und Polydipsie als frühe renale Symptome einer Hyperkalzämie
aufgrund verminderter Konzentrierungsfähigkeit der Nieren
Verkalkung von Weichgewebe, hauptsächlich in der Niere, aber auch in
anderen Organen, besonders in Blutgefäßen, Herz, Lunge, Pankreas, Haut,
Knochen
Bildung von Nierensteinen bis hin zum Nierenversagen (bei länger dauernder
Hyperkalzämie)
Für den Menschen ist eine Zufuhr mit der Nahrung nur bei unzureichender Synthese
in der Haut, die unter Einwirkung von Sonnenlicht stattfindet, essenziell. Daher ist die
bei Säuglingen durchgeführte Vitamin-D-Prophylaxe in Form von Tabletten oder
Topfen vor allem für im Winter geborene Babies wichtig. Für Hund und Katze ist
Vitamin D ein echtes Vitamin, da sie es kaum unter UV-Licht-Einfluss in der Haut
bilden können (Pigmentierung, Fell). Die eigentliche biologisch wirksame Form, das
Calcitriol (1,25 Dihydroxy-Cholecalciferol), das aus den Vorstufen in der Niere
gebildet wird, ist eher als Hormon anzusehen.
Vitamin E
Vitamin E bezeichnet die chemische Gruppe der Tocopherole (alpha, beta, gamma,
delta), wobei besonders das alpha-Tocepherol biologisch aktiv ist. Getreidekeimöle
sind besonders reich an Vitamin E, das als Antioxidanz ungesättigte Fettsäuren vor
der Oxidation schützt (Zellmembranschutz). Der Vitamin-E-Bedarf ist abhängig von
der Menge der ungesättigten Fettsäuren, die mit dem Futter zugeführt werden. Als
Faustregel gilt, dass pro Gramm mehrfach ungesättigte Fettsäuren im Futter etwa 0,6
mg Vitamin E benötigt werden. Außerdem besteht eine Interaktion zwischen Vitamin
E und Selen, das als Bestandteil der Glutathion-Peroxidase, eines der wichtigsten
körpereigenen Antioxidanzien, die antioxidative Wirkung von Vitamin E unterstützt.
Der Vitamin E-Bedarf ist daher auch in engem Zusammenhang mit der
Selenversorgung zu sehen: Vitamin E besitzt einen „Selen-Spareffekt“ und
umgekehrt. Obwohl Vitamin E zu den fettlöslichen Vitaminen gehört und in der Leber
und im Fettgewebe gespeichert wird, ist es verglichen mit Vitamin A und D
verhältnismäßig untoxisch. Lediglich bei extrem hohen Dosierungen und einem
gleichzeitigen Vitamin-K-Mangel können negative Auswirkungen auf die
Blutgerinnung auftreten. Einer über den Bedarf hinaus erhöhten Zufuhr von Vitamin
E werden zahlreiche positive Effekte auf die Gesundheit zugeschrieben, wie z.B. eine
antikarzinogene (Krebs verhindernde) Wirkung, eine Optimierung der Immunfunktion,
eine Verzögerung des natürlichen Alterungsprozesses und die Minderung von
Folgeschäden der Zuckerkrankheit sowie eine raschere Wiederherstellung der
neurologischen Funktionen bei Katzen mit Verletzungen des Rückenmarks
(Kippfensterkatzen). Alle diese Effekte sind jedoch noch nicht umfassend genug
untersucht, um generelle Empfehlungen zum therapeutischen Einsatz von Vitamin E
zu geben.
Vitamin K
Vitamin K ist wichtig für die Blutgerinnung. Ein Vitamin-K-Mangel führt zu einer
verlängerten Blutungszeit. Die pflanzliche Form K1 kommt vor allem in grünem
Blattgemüse vor (Spinat, Kohl). Vitamin K2 kann auch von der Darmflora synthetisiert
werden. Ein nutritiver Vitamin-K-Mangel dürfte unter praktischen Bedingungen bei
Hund und Katze kaum auftreten, da sie den Großteil ihres Bedarfs (wenn nicht sogar
den gesamten) über die bakterielle Synthese im Darm decken können. Nur wenn
letztere gestört ist, z.B. bei Magen-Darm-Erkrankungen oder einer Antibiotikatherapie
mit Beeinträchtigung der normalen Darmflora bzw. der Vitamin-K-Aufnahme aus dem
Darm, gewinnt eine adäquate Vitamin K-Zufuhr mit der Nahrung an Bedeutung.
Bei der Devon Rex Katze ist eine erbliche Blutgerinnungsstörung beschrieben, die
wahrscheinlich auf einem Defekt eines Vitamin K-abhängigen Enzyms beruht. Diese
Erkrankung kann durch eine Zulage von Vitamin K positiv beeinflusst werden.
Natürlich vorkommendes Vitamin K scheint bemerkenswert frei von toxischen
Nebenwirkungen zu sein, sogar wenn es oral Milligramm weise aufgenommen wird.
Berichte zur Giftigkeit von Vitamin K beziehen sich ausschließlich auf das
synthetische Vitamin K3 (Menadion). Dabei handelt es sich um eine industriell
hergestellte Form, die für die Tierernährung in verschiedenen wasserlöslichen
Verbindungen angeboten wird. Für die Absorption der natürlichen, fettlöslichen
Formen K1 und K2 ist die Sekretion von Pankreaslipase und Gallensäuren notwendig,
für die wasserlösliche Vitamin-K3-Form jedoch nicht.
Abb. 38: Vitamin K ist wichtig für die Blutgerinnung und wird z. T. von den
Darmbakterien synthetisiert.
Vor allem die intravenöse Injektion von Vitamin K3 kann schädlich sein: Beim Pferd
führte die parenterale Verabreichung von 2-8 mg Menadionbisulfit/kg Körpergewicht
zu akuten Nierenschäden mit Nierenkolik, Hämaturie und Azotämie. Nach oraler
Verabreichung von Menadion (26 mg/kg KM über drei Tage, der Bedarf liegt bei
0,01-0,02 mg/kg KM) wurde bei Hunden die Bildung von Heinz-Körperchen in den
Erythrozyten und eine hämolytische Anämie beobachtet. Zur Therapie von
Gerinnungstörungen sollten daher möglichst Präparate mit natürlichem Vitamin K
verwendet werden. Als Lebensmittelzusatzstoff für Menschen ist Menadion aufgrund
des nicht vertretbaren Anwendungsrisikos bei Vorhandensein gut wirksamer
Alternativen nicht mehr zugelassen.
7.2
Wasserlösliche Vitamine
Zu den wasserlöslichen Vitaminen gehören alle Vitamine der B-Gruppe und Vitamin
C. Da sie im Organismus kaum gespeichert werden können (Ausnahme: Vitamin
B12), sind Hund und Katze auf eine kontinuierliche bedarfsdeckende Zufuhr mit der
Nahrung angewiesen. Das Risiko einer gesundheitsschädlichen Überdosierung
besteht in der Regel nicht, da im Überschuss aufgenommene Vitaminmengen mit
dem Harn ausgeschieden werden können. Die meisten wasserlöslichen Vitamine
besitzen eine Koenzymfunktion im Inneren der Körperzellen, wo sie Reaktionen des
Intermediärstoffwechsels katalysieren. Bei den fettlöslichen Vitaminen trifft dies nur
auf Vitamin K zu. Zum Teil können die wasserlöslichen Vitamine von der Darmflora
synthetisiert und über die Darmwand resorbiert werden. Je nach Vitamin und
Gesundheitszustand des Tieres wird also ein mehr oder weniger großer Teil des
Bedarfs
auch
über
Eigensynthese
gedeckt.
Bei
Erkrankungen
des
Verdauungstraktes mit Störungen der Darmflora ist jedoch grundsätzlich von einem
erhöhten Bedarf an diesen Vitaminen auszugehen.
Vitamin B1 (Thiamin)
Thiamin kommt vor allem in Bierhefe, Weizenkeimen, Eigelb und Schweinefleisch
vor. Es wird in der Leber in die aktive Form umgewandelt und ist das SchlüsselCoenzym des Kohlenhydratstoffwechsels. Der Bedarf ist daher abhängig vom
Kohlenhydratanteil in der Ration. Ein Thiaminmangel tritt vor allem dann auf, wenn
Thiamin-zerstörende Enzyme im Futter vorhanden sind. Dies ist gelegentlich bei
rohem Fisch der Fall, weshalb ein Thiaminmangel unter praktischen Bedingungen
überwiegend bei Katzen, gelegentlich auch bei Schlittenhunden mit vornehmlicher
Fischfütterung vorkommt. Betroffene Tiere zeigen zunächst Appetitmangel und
Erbrechen, später neurologische Symptome wie schwankenden Gang,
Hinterhandschwäche, Krämpfe. Unbehandelt führt diese Mangelerkrankung binnen
eines Monats zum Tod.
Vitamin B2 (Riboflavin)
Riboflavin ist vor allem in Hefe, Milch, Käse, Leber und Eiern enthalten. Es ist ein
wichtiger Bestandteil zahlreicher oxidativ wirksamer Enzymsysteme, die am
Energiestoffwechsel jeder Körperzelle beteiligt sind. Zum Teil kann der Bedarf über
bakterielle Synthese aus dem Darm gedeckt werden.
Vitamin B6 (Pyridoxin)
Vitamin B6 ist der Sammelbegriff für die drei strukturverwandten Substanzen
Pyridoxin, Pyridoxal und Pyridoxamin. Alle drei werden im Organismus in
Pyridoxalphosphat, das wichtigste Koenzym im Aminosäure-Stoffwechsel,
umgewandelt. Unter anderem ist es auch an der Taurinsynthese beteiligt. Vitamin B6
ist essenziell für Hunde und Katzen. Ein Mangel wird bei der Katze mit irreversiblen
Nierenschäden und der Ablagerung von Kalziumoxalatkristallen in der Niere in
Verbindung gebracht. Unter praktischen Fütterungsbedingungen ist ein solcher
Mangel jedoch nicht zu erwarten, da Vitamin B6 reichlich in Muskelfleisch, Getreide,
Gemüse und Hefe vorhanden ist.
Abb. 39: Vitamin B6 ist als Coenzym am Stoffwechsel aller Makronährstoffe (Fett,
Kohlenhydrate, Proteine) beteiligt.
Niacin
Niacin ist die Sammelbezeichnung für Nicotinsäure und Nicotinamid. Dieses Vitamin
kommt vor allem in Fleisch, Fisch, Leber und Milch vor. Die im Mais vorkommende
Form ist nicht resorbierbar. Niacin ist Bestandteil zweier Schlüsselenzyme des
Kohlenhydrat-, Fett- und Proteinstoffwechsels (Nicotin-Adenin-Dinucleotid = NAD
und sein Phosphat NADP). Der Hund kann im Gegensatz zur Katze Niacin aus der
Aminosäure Tryptophan bilden, d.h. der Niacinbedarf ist bei Hunden abhängig vom
Tryptophangehalt der Ration.
Biotin
Biotin hieß früher Vitamin H, wird aber heute der B-Gruppe zugerechnet. Da es
schwefelhaltig ist, hat es besondere Bedeutung für die Gesundheit von Haut und
Haaren bzw. für die Qualität von Huf-, Krallen- und Klauenhorn bei Tieren. Außerdem
ist es an der Bildung von Blutzucker (Glukoneogenese), am Energiestoffwechsel
allgemein und an der Bildung von langkettigen Fettsäuren beteiligt. Es kommt vor
allem in Eiern vor und ist dort häufig an Protein, vor allem die Aminosäure Lysin,
gebunden. Vermutlich können Hunde und Katzen jedoch ihren gesamten
Biotinbedarf auch über die bakterielle Synthese im Darm decken. Einer
ausreichenden Zufuhr von Biotin mit der Nahrung kommt somit nur bei
Antibiotikatherapie mit Beeinflussung der Darmflora entscheidende Bedeutung zu. In
rohem Eiklar kommt ein Proteinbestandteil (das Avidin) vor, der Biotin irreversibel
bindet und somit sowohl die Absorption des in der Nahrung enthaltenen als auch des
im Darm gebildeten Biotins verhindert. Eier sollten daher nur in gekochtem Zustand
an Hunde und Katzen verfüttert werden, da Avidin durch Erhitzen zerstört wird.
Abb 40.: Schlüsselrolle der Pantothensäure (Vitamin B5) im Zitratzyklus zur
Energiegewinnung der Zelle.
Pantothensäure
Pantothensäure
kommt
sowohl in pflanzlichen als
auch
in
tierischen
Futtermitteln reichlich vor.
Besonders hohe Gehalte
weisen Rinder-, Kalbs- und
Schweineleber oder Hering
auf (ca. 7 g/100g). Bei den
pflanzlichen Lebensmitteln
weisen
Vollkornweizen,
Haferflocken oder Tomaten
vergleichsweise
hohe
Pantothensäuregehalte um
1 mg/100g auf. Sie ist die
Vorstufe des Coenzyms A,
das eine Schlüsselrolle im
Energiestoffwechsel
hat.
Sie
ist
somit
am
Kohlenhydrat-, Fett- und
Proteinstoffwechsel beteiligt.
Folsäure
Der Name leitet sich vom lateinischen Wort ”folium” ab, das übersetzt Blatt bedeutet.
Grüne Blattgemüse sind besonders reich an Folsäure. Gute Folatquellen sind aber
auch Weizenkeime und Soja. Von den tierischen Lebensmitteln enthält Leber die
höchsten Konzentrationen an diesem Vitamin. Ein Teil des in Deutschland
angebotenen jodierten und fluoridierten Speisesalzes wird bereits mit Folsäure in
Höhe von 100 µg/ g angereichert und für die Verwendung im Haushalt angeboten. Es
ist bekannt, dass im November 2003 bereits 10 % der deutschen Haushalte dieses
Salz verwendeten.
Folsäure ist ein wichtiges Coenzym im Organismus, das zum Beispiel die
Übertragung eines einzelnen Kohlenstoffatoms katalysiert. Diese Reaktion ist wichtig
für viele körpereigene Synthesevorgänge, z.B. die Bildung von Nucleinsäuren
(Bestandteile der Erbsubstanz) und somit die Zellteilung. Ein Folsäuremangel äußert
sich vor allem in einer Anämie. Allerdings zeigte sich bei der Katze, dass nur eine
erhebliche Unterversorgung, die durch die Gabe von bestimmten Antibiotika
(Sulfonamiden) induziert wurde, auch eine klinisch manifeste Anämie bewirkt. Die bei
Hund und Katze beschriebene intestinale Synthese von Folsäure macht einen nutritiv
bedingten Mangel unter Praxisbedingungen unwahrscheinlich.
In der Humanmedizin wird eine Supplementierung mit Folsäure für zwei Indikationen
empfohlen: Zum einen senkt sie den Blutspiegel des Homozysteins und damit das
Risiko von Gefäßerkrankungen. Zum anderen vermindert sie bei Verabreichung in
der Frühschwangerschaft (am besten schon vor der Konzeption) das Risiko eines
Neuralrohrdefektes (schwere Missbildung, so genannter „offener Rücken“) bei den
Babies. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass Boston Terrier-Züchter in
Neuseeland seit Anfang der 80er Jahre zum Teil die Muttertiere mit 5 mg Folsäure
pro Tag supplementieren. Seither scheint bei den Nachkommen die Inzidenz von
Gaumenspalten zurückgegangen zu sein.
Vitamin B12 (Cobalamin)
Cobalamin hat Kobalt als Zentralatom
im Molekül und ist somit das einzige
Spurenelement haltige Vitamin. Die
natürliche
Form,
das
Cyanocobalamin, kommt vor allem in
Austern und Muscheln vor. Aber auch
Leber, Niere und Herz sind reich an
Vitamin B12. In Pflanzen ist es
originär nicht enthalten, da es von
Mikroorganismen gebildet wird. Seine
chemische Struktur ist sehr komplex.
Die Funktion des Vitamin B12 ist eng
an die der Folsäure gekoppelt: Es ist
ebenfalls
an
der
Übertragung
einzelner C-Atome von einem
Molekül auf ein anderes und somit an
Abb. 41: Bedeutung des Vitamin B12
der DNA-Synthese beteiligt. Ein
Mangel führt auch hier zur Anämie.
Weitere Funktionen des Cobalamins sind der Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel
sowie die Aufrechterhaltung der Nervenfunktion (bei Mangel kommt es zu einer
Demyelinisierung, d.h. zu einem Verlust der Nervenscheiden und einer gestörten
Reizleitung).
Vitamin C (Ascorbinsäure)
Vitamin C ist chemisch gesehen ein einfacher Zucker. Es kommt vor allem in
Zitrusfrüchten, aber auch in Kohl und Kartoffeln vor und besitzt ausgeprägte
antioxidative Eigenschaften. Für Hund und Katze ist es eigentlich kein echtes
Vitamin, da sie es im Gegensatz zum Menschen und zum Meerschweinchen selbst
bilden können. Für gesunde Hunde und Katzen im Erhaltungsstoffwechsel ist eine
Supplementierung des Futters mit Vitamin C daher im Hinblick auf die Deckung des
Nährstoffbedarfs nicht erforderlich. Da Ascorbinsäure jedoch nur eine sehr niedrige
Toxizität (im Überschuss aufgenommene Mengen werden sowohl mit dem Kot als
auch renal ausgeschieden) und nur ein geringes Nebenwirkungspotenzial besitzt,
findet in der Praxis vielfach eine Anreicherung von Futter- und Lebensmitteln mit
Vitamin C statt. Auf diesem Wege soll Vitamin C das Immunsystem stärken, den
Alterungsprozess verzögern, die Folgeschäden eines Diabetes mellitus vermindern
sowie das Risiko einer Kataraktentstehung reduzieren. Weiterhin wird angenommen,
dass es hilfreich bei Arthritiden ist und bei Tieren mit hoher körperlicher Belastung
die Leistungsfähigkeit erhält beziehungsweise steigert. Wegen ihrer antioxidativen
Wirkung wird der Ascorbinsäure zudem ein antikarzinogener Effekt zugesprochen.
Mögliche Risiken einer bedarfsüberschreitenden Zufuhr sind bei chronischer
Verabreichung sehr hoher Dosen die Gefahr der Bildung von Nierensteinen oder die
möglichen prooxidativen Wirkungen (beschrieben ist z.B. die Korrosion von
Metallteilen an Trinkflaschen von Heimtieren nach Zusatz von Vitamin C zum
Trinkwasser).
Obwohl Hunde keinen echten Bedarf an Vitamin C haben, wurde lange Zeit vermutet,
dass die sehr schmerzhafte hypertrophische Knochendystrophie junger Hunde auf
einem Vitamin-C-Mangel beruhen könnte. Diese Vermutung ergab sich aus der
Ähnlichkeit der klinischen und röntgenologischen Befunde am Knochen der Hunde
im Vergleich zum Skorbut bei Kindern. Zum Teil wurden niedrige Vitamin CPlasmaspiegel gemessen und gelegentliche „Heilungserfolge“ mit Ascorbinsäure
erzielt, was die Hypothese eines Vitamin-C-Mangels stützte. Allerdings fehlten bei
den Hunden zum einen durchweg weitere klassische Symptome, die bei Kindern mit
Skorbut neben den Knochenveränderungen regelmäßig zu beobachten waren. Zum
anderen sinkt die Blutkonzentration von Vitamin C in der Regel bei Stress und
starken Schmerzen erheblich ab. Gelegentliche Therapieerfolge mit Vitamin C traten
vermutlich zufällig auf, da diese Erkrankung häufig spontan abheilt. Nach heutigem
Kenntnisstand liegt dieser Erkrankung eine multifaktorielle Genese zugrunde, bei der
Haltungs-, Fütterungs- und Aufzuchtfehler eine Rolle spielen. Die „Vitamin-C-MangelHypothese“ ist als widerlegt anzusehen. Auch bei der Hüftgelenksdysplasie des
Hundes hat Vitamin C keine therapeutische oder vorbeugende Wirkung.
Die Ansäuerung des Harns zur Auflösung oder Prophylaxe von Struvit-Harnsteinen
bei Katzen durch eine Zulage von Ascorbinsäure bleibt meist wirkungslos und ist im
Sinne eines gesteigerten Risikos für Kalziumoxalatsteine sogar kontraproduktiv
(Vitamin C ist eine Vorstufe des Oxalats).
Abb. 42: Vitamin C schützt im wässrigen Milieu vor freien Radikalen
Inositol und Cholin gehören im weiteren Sinne ebenfalls zu den wasserlöslichen
Vitaminen, d.h. ihre besondere vitaminähnliche Wirkung ist zwar bekannt, aber im
Allgemeinen reicht die körpereigene Synthese zur Deckung des Bedarfs aus. Der
Zuckeralkohol Inositol kommt vor allem in Obst vor und ist ein Vorläufer des
Phosphatidylinositols, das ein wichtiger Bestandteil der Lipoproteine biologischer
Membranen ist. Cholin gehört chemisch zur Gruppe der Lecithine und ist ebenfalls
Bestandteil aller Zellmembranen. Außerdem gilt Cholin als lipotroper Faktor, der eine
abnorme Ablagerung von Lipiden in der Leber (Leberverfettung) verhindert.
8
Wasser
Wasser ist der wichtigste Nährstoff überhaupt und wird für sämtliche physiologische
Funktionen und Vorgänge im tierischen Körper benötigt. Hunde und Katzen können
ohne Wasser nur wenige Tage überleben, ohne Futter dagegen unter Umständen
mehrere
Wochen.
Wasser
ist
unentbehrlich
für
die
Lösung
der
Nahrungskomponenten im Verdauungstrakt, den Nährstofftransport zu den Geweben
und die Ausscheidung von „Abfallstoffen“ (harnpflichtige Stoffe) über die Niere.
Wasser schafft ein optimales Milieu für alle biochemischen Reaktionen und ist an der
Regulation der Körpertemperatur beteiligt. Der Organismus ist dabei stets bestrebt,
den Wassergehalt und die Konzentration der im Wasser gelösten Substanzen
weitgehend konstant zu halten. Bei einem Wasserdefizit steigt der osmotische Druck
in den Körperflüssigkeiten an und es entsteht Durst.
Der Wasserbedarf richtet sich nach den Wasserverlusten, da diese immer
ausgeglichen werden müssen. Bei Hunden und Katzen entstehen Verluste
überwiegend durch die Ausscheidung über Kot und Harn (Vorsicht: bei
Niereninsuffizienz und Durchfall sind massive Verluste möglich), durch die
Verdunstung über die Atemwege beim Hecheln (Regulation der Körpertemperatur)
und bei säugenden Tieren über die Milch. Der gesamte Wasserbedarf wird mit
Trinkwasser, durch den Wassergehalt im Futter und Oxidationswasser (entsteht bei
Nährstoffumwandlung im intermediären Stoffwechsel) gedeckt. Der Wasserbedarf
unterliegt zahlreichen Einflüssen. Neben dem Stoffwechselbedarf wird die
Wasseraufnahme von verschiedenen anderen Faktoren wie z.B. Typ und Menge des
aufgenommenen
Futters,
Bewegungsaktivität,
Umgebungstemperatur,
Gesundheitszustand, Stress sowie individuellen Unterschieden beeinflusst. Als
Richtwerte können etwa 50-60ml pro kg angesetzt werden. Ein 10kg schwerer Hund
benötigt zwischen 0,5-1l pro Tag und eine 3-4kg schwere Katze rund 200 ml Wasser.
Da Feuchtfutter bereits viel Wasser enthält (rund 85%), ist die Trinkwasseraufnahme
niedriger als bei Trockenfutterfütterung (rund 10% Feuchte).
Abb. 43: Wasserhaushalt des Hundes
Wasser kann im Körper kaum gespeichert werden, und ein hoher Wasserverlust (z.B.
15-20% des Körpergewichts) führt unweigerlich zum Tod des Tieres. Ein
Wassermangel wirkt sich auf die Futteraufnahme und die Leistungsfähigkeit der
Tiere aus. Zunächst versucht der Körper, durch Senkung der Wasserverluste über
Kot und Harn das Defizit zu kompensieren. Der Kot wird trockener (Gefahr von
Verstopfung!) und das spezifische Harngewicht steigt (Risiko der Harnsteinbildung!),
gleichzeitig wird Wasser aus verschiedenen Geweben wie Haut und Muskulatur
mobilisiert. Sind die Kompensationsmöglichkeiten erschöpft, schrumpft das
Blutvolumen, was man an einem Anstieg des Proteingehaltes im Blutserum erkennen
kann. In der klinischen Untersuchung wird der Flüssigkeitshaushalt mit Hilfe des
Hautturgors überprüft. Dazu fasst man mit den Fingern eine Hautfalte am Brustkorb
und beobachtet, wie lange es dauert, bis die Falte nach dem Loslassen wieder
verstreicht. Bereits bei einem Wassermangel von 5% verstreicht die Hautfalte
verzögert, bei 10% bleibt sie „stehen“. Weitere Indizien für Austrocknung
(Dehydratation) sind trockene Schleimhäute und eine verminderte Durchblutung der
Kapillargefäße, was an einer erhöhten Kapillarfüllungszeit erkennbar ist.
Eine zu geringe Wasseraufnahme kommt unter praktischen Bedingungen vor, wenn
z.B. nicht ausreichend Wasser zu Verfügung steht, bei extremen
Wassertemperaturen oder bei schlechter Wasserqualität. Auch bei alten Hunden und
Katzen sowie bei kranken Tieren ist das Trinkverhalten häufig verändert und muss im
Auge behalten werden. Besonders Katzen neigen dazu, wenig Wasser zu trinken, da
sie als ehemalige „Wüstenbewohner“ ihren Harn sehr gut konzentrieren können und
mit wenig Wasser auskommen. Neben dem Angebot von frischem Wasser gibt es
verschiedene Möglichkeiten, Trinkwasser attraktiver zu machen und dadurch die
Trinkmenge zu steigern. Beispielsweise kann man Wassernäpfe an verschiedenen
Stellen im Haus und Garten aufstellen oder den Geschmack durch Zugabe geringer
Mengen an Sahne, Milch etc. verändern. Einige Katzen lieben fließendes Wasser
und trinken gerne aus dem Wasserhahn oder Zimmerbrunnen.
Trinken Hunde und Katzen mehr als sonst üblich, ist die Ursache entweder im
Futter, in der Umgebung oder beim Tier selbst zu suchen. Ein hoher Salz- oder
Ballaststoffgehalt im Futter steigert die Wasseraufnahme, ebenso wie hohe
Umgebungstemperaturen, körperliche Beanspruchung oder Erkrankungen, wie z. B.
Entzündungen der Gebärmutter, chronische Nierenerkrankungen oder Diabetes
mellitus. Eine „Überdosis“ Wasser ist bei gesunden Hunden und Katzen zwar extrem
selten, kann aber vorkommen, wenn ausgetrockneten Tieren unbegrenzt Wasser
angeboten wird. Ein typisches Beispiel dafür sind Hunde, die im Sommer bei hohen
Umgebungstemperaturen für längere Zeit ohne Wasser im Auto eingesperrt sind.
Eine zu hohe Wasseraufnahme innerhalb kurzer Zeit kann eine Schädigung der
roten Blutkörperchen und der Gehirnzellen verursachen, was sich als hämolytische
Anämie und als Bewegungs- und Bewusstseinsstörungen äußert.
9
Inhaltstoffe mit gesundheitsbezogener Wirkung
Heute haben Tiernahrungshersteller ein ehrgeizigeres Ziel, als nur den Bedarf zu
decken und zugleich einen Mangel bzw. Überschuss an Nährstoffen zu vermeiden. In
dem Zusammenhang spricht man auch von „Gesundernährung“, da bestimmte
Nährstoffe verschiedenen Krankheiten vorbeugen, degenerative Prozesse wie das
Altern verlangsamen oder das Wohlbefinden des Tieres verbessern. Das folgende
Kapitel
liefert
einen
kurzen
Überblick
über
einige
Nährstoffe
mit
gesundheitsbezogener Wirkung, die einen wichtigen Beitrag für die Gesundheit
unserer Hunde und Katzen leisten.
9.1
Haut & Haarkleid
Ungesättigte Fettsäuren
Borretschöl wird durch Pressen aus den Samen der Pflanze Borretsch officinalis
gewonnen. Es enthält einen hohen Anteil an γ-Linolensäure, einer Fettsäure der
Omega-6-Familie. Borretschöl hat bei entzündlichen Prozessen eine günstige
Wirkung durch die Beeinflussung von Entzündungsmediatoren, die im Stoffwechsel
der Omega-6-Reihe gebildet werden. Solche Entzündungsmediatoren wirken nämlich
nicht alle gleich, sondern hemmen bzw. fördern spezifische Entzündungsreaktionen.
Durch die Aufnahme von Borretschöl werden mehr Prostaglandine der Serie 1
gebildet (geringe entzündliche Wirkung) und weniger der Serie 2 (wirken stark
entzündlich). Im Bereich der Dermatologie ist dieses Phänomen der
„Entzündungshemmung“ am besten bei allergischen Erkrankungen und bei
übermäßiger Talgbildung untersucht.
Auch die entzündungshemmenden Eigenschaften
der
Omega-3Fettsäuren, die besonders
in
Fischölen
von
Kaltwasserfischen
vorkommen, sind erwiesen
und anhand zahlreicher
Untersuchungen
belegt.
Da Omega-3- und Omega6-Fettsäuren um dieselben
Enzyme im Stoffwechsel
konkurrieren (siehe auch
Gelenkerkrankungen),
führt die Aufnahme von
Fischöl
zu
einer
vermehrten
Umsetzung
Abb. 44: Ungesättigte Fettsäuren sorgen für ein
gesundes und glänzendes Fell.
von Omega-3-Fettsäuren
und dadurch zu einer
vermehrten Bildung von Entzündungsmediatoren, die von diesen Fettsäuren
abstammen. Diese haben im Vergleich zu den Abkömmlingen der Omega-6-Familie
eine viel geringere entzündliche Wirkung und hemmen zudem gewebeschädigende
Aktivitäten bestimmter Zellen, wie z.B. der Makrophagen. Durch die Möglichkeit
Entzündungsreaktionen konkret zu beeinflussen spielen essenzielle Fettsäuren der
Omega-3- und Omega-6-Familie natürlich auch bei vielen anderen Erkrankungen
eine wesentliche Rolle.
Tyrosin
Die Aminosäure Tyrosin ist Bestandteil der braunen und schwarzen Fellpigmente
(Eumelanin, Phäomelanin). Ein erhöhte Tyrosinzufuhr führt zu einer besonders
intensiven Ausprägung der natürlichen Fellfarbe, insbesondere bei schwarzen
Hunden und Katzen.
9.2
Gelenkgesundheit
Bei der Prophylaxe und Therapie von Gelenkerkrankungen stehen der Schutz des
Gelenkknorpels (Synthese der Knorpelmatrix bzw. Verbesserung der Elastizität durch
Einlagerung von Wasser), die Unterstützung seines Stoffwechsels sowie die
Hemmung schädlicher Knorpel abbauender Enzyme und Entzündungsmediatoren im
Vordergrund. Die dafür in der Human- und Tiermedizin zur Verfügung stehenden
Nahrungsergänzungen
sind:
Glykosaminoglykane
(GAGs),
essenzielle
Fettsäuren, Antioxidanzien und Grünlippenmuschel.
Glykosaminoglykane (GAGs) sind essenzielle Bestandteile des Knorpelgewebes,
die helfen, seine Elastizität zu erhalten und Stöße auf das Gelenk zu dämpfen. Die
am häufigsten verwendeten Substanzen sind Chondroitinsulfat (z.B. im Luftröhrenknorpel von Schlachttieren enthalten) und Glukosamine (im Knorpel von
Schlachttieren und im Chitinpanzer von Meerestieren z.B. Garnelen enthalten), die
sich in ihrer Wirkung ergänzen. Im Gelenkknorpel ist Chondroitinsulfat das
vorherrschende Glykosaminoglykan, das von den Knorpelzellen (Chondrozyten)
produziert wird. Der vermutlich wichtigste Effekt von Chondroitinsulfat ist die
Reduzierung bzw. Hemmung der Produktion solcher Enzyme, die bei
Gelenkerkrankungen den Abbau der Knorpelsubstanz verursachen. Mit der Absicht
bei anfälligen Tieren einer Knorpelschädigung vorzubeugen (z.B. Hundewelpen
großer Rassen mit starker mechanische Belastung des unreifen Skeletts während
des Wachstums und einem hohen Risiko, Gelenkerkrankungen zu entwickeln) bzw.
bei bereits betroffenen Tieren die Zerstörung des Gelenkknorpels zu verlangsamen,
wird Chondroitinsulfat eingesetzt. Glucosamin ist als Vorläufer der GAG bei der
Stimulation und Bildung von neuem Knorpelgewebe maßgeblich beteiligt. Da nur
gesunde Chondrozyten ausreichend Glukosamin bilden, ist die körpereigene
Synthese bei Gelenkerkrankungen vermindert. Nach der Aufnahme mit dem Futter
reichert sich Glucosamin in der Synovialflüssigkeit („Gelenkschmiere“) an und wirkt
dort zusätzlich leicht entzündungshemmend. Glukosamin kann auch zur
Verbesserung der Schleimhautintegrität bei Blasenentzündungen (Zystitis) bei
Katzen eingesetzt werden, da die Schleimhaut der Harnblase mit einer Schutzschicht
aus GAGs ausgekleidet ist.
Abb. 45: Röntgenbefund bei Arthrose im Hüftgelenk eines Hundes
In verschiedenen Untersuchungen an Hunden konnten die positiven Effekte dieser
Substanzen nachgewiesen werden. Beispielsweise zeigten Hunde mit Kreuzbandriss
geringere Knorpelveränderungen als unbehandelte Kontrolltiere und Hunde mit
Hüftgelenksdysplasie eine deutliche Besserung der Lahmheitsymptome,
Beweglichkeit und Schmerzen. Auch wenn die klassischen Einsatzgebiete der
Schutz der Gelenkknorpel und die Verzögerung der Arthrose bei älteren Hunden und
Katzen sind, zeigen neuere Studien, dass auch Jungtiere von den positiven Effekten
profitieren können und Glycosaminoglykane zur Gesundheitsvorsorge beitragen.
Zur unterstützenden Therapie von Gelenkerkrankungen werden häufig langkettige
Omega-3-Fettsäuren dem Futter zugemischt oder separat (z.B. als Kapsel)
verabreicht. Im Stoffwechsel entstehen aus den Vorläufern der Omega-6- und
Omega-3-Fettsäuren Arachidonsäure (20:4, n-6) bzw. Eikosapentaensäure (20:6, n3), die um den Einbau in die Phospholipide der Zellmembranen konkurrieren. Das
heißt: bei steigendem Anteil von Omega-3-Fettsäuren im Futter enthalten die
Zellmembranen mehr Eikosapentaensäure als bei niedrigen Gehalten im Futter. Bei
einer Zellschädigung werden diese Fettsäuren aus den Zellmembranen freigesetzt
und in Entzündungsmediatoren (Prostaglandine und Leukotriene) umgewandelt.
Substanzen, die aus Arachidonsäure entstehen, wirken stärker entzündlich als
solche aus Eikosapentaensäure. Aus diesem Grund kann durch die gezielte Zufuhr
von Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren die Entzündungsreaktion modifiziert
werden, was man sich therapeutisch zu Nutze macht. γ-Linolensäure ist die einzige
Fettsäure der Omega-6-Serie, die im Körper ebenfalls in entzündungshemmende
bzw. gering entzündliche Mediatoren umgebaut werden kann.
Wie bei anderen Entzündungen wird den „freien Radikalen“ eine ursächliche Rolle in
der Entstehung und dem Verlauf von Gelenkentzündungen zugeschrieben.
Humanmedizinischen Studien zufolge gibt es Hinweise, dass durch Antioxidanzien
(wie Vitamin C und E, β-Carotin, Selen und Zink) das Risiko eines Fortschreitens von
Arthrose reduziert werden kann (siehe auch Anti-Aging & Immunsystem).
Die neuseeländische Grünlippenmuschel (GLM) enthält entzündungshemmende
Substanzen und Nährstoffe, die die Gelenkgesundheit fördern. Das Muschelfleisch
besteht zu fast 50 % aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren, von denen rund 40 %
auf Fettsäuren der Omega-3-Familie entfallen. In einer Studie besserten sich bei
Hunden mit Arthrose, die GLM-Extrakt in Pulverform oder als Öl erhielten, die
klinischen Anzeichen einer Gelenkentzündung wie Schwellung, Schmerz und
Krepitus (knackendes Reibegeräusch beim Bewegen der Gelenke) nach einer
Behandlung von 6 Wochen. Der stärkste entzündungshemmende Effekt der GLM
wird zwar in der Fraktion der mehrfach ungesättigten Fettsäuren vermutet, aber auch
die ebenfalls enthaltenen Glycosaminoglycane (Glucosamin und Chondroitin) tragen
zum Knorpelschutz bei (siehe oben).
Abb. 46: Antioxidanzien schützen die Zelle vor den Angriffen freier Radikale und
verzögern so den Zellalterungsprozess.
9.3
Anti-Aging & Stärkung des Immunsystems
Während des ganzen Lebens ist der Organismus den Angriffen durch freie Radikale,
kurzlebigen und sehr reaktionsfreudigen Sauerstoffverbindungen, ausgesetzt. Sie
entreißen anderen Verbindungen ein Elektron, wodurch speziell die Strukturen, die
viele Doppelbindungen (ungesättigte Fettsäuren) enthalten, wie Zellmembranen und
Zellkerne, geschädigt werden können. Freie Radikale entstehen ständig als
„Nebenprodukt“ bei Stoffwechselvorgängen im Körper, bei denen Sauerstoff beteiligt
ist. Der Körper ist den Angriffen der freien Radikale aber nicht schutzlos ausgeliefert,
sondern besitzt eine Reihe wirkungsvoller Abwehrmechanismen. Antioxidanzen
(„Radikalfänger“) verhindern die Oxidation empfindlicher Moleküle und schützen
somit den Körper vor den Angriffen der freien Radikale. Antioxidanzien werden
entweder im Körper selbst gebildet (endogen z.B. Superoxid-Dismutase, GluthathionPeroxidase) oder mit der Nahrung aufgenommen.
Bei starker körperlicher Belastung, Entzündungen, Stimulation des Immunsystems,
beim Alterungsprozess sowie bei Belastungen durch die Umwelt (z.B. UV-Strahlen,
Ozon, radioaktive Strahlen, Zigarettenrauch, Pestizide u. a.) steigt die Bildung der
freien Radikale an. Reichen die antioxidativen Abwehrmechanismen des Körpers
nicht mehr aus, um diese Angriffe abzuwehren bzw. deren Folgen zu korrigieren,
spricht man von „oxidativem Stress“.
Abb. 47: Oxidativer Stress – Ungleichgewicht zwischen Antioxidanzien und freien
Radikalen
Die Bedeutung von Antioxidanzien für das Immunsystem, für die Verlangsamung des
Alterungsprozesses („Anti-Aging-Effekt“) und für die Krankheitsprävention ist
allgemein bekannt und die Vorteile einer Ernährung mit hohem Gehalt an
Antioxidanzien unbestritten. Die am häufigsten verwendeten Antioxidanzien in der
Hunde- und Katzenernährung sind: Vitamin E, Vitamin C, Taurin, Karotinoide und
Polyphenole. In Untersuchungen an Hunden und Katzen wurde nachgewiesen, dass
sich die einzelnen Antioxidanzien in ihrer Wirkung ergänzen und die Kombination von
Vitamin E und C, Lutein und Taurin insbesondere der altersbedingten Abnahme der
Immunität entgegenwirkt. Hunde und Katzen, die ein Futtermittel mit dieser
Nährstoffkombination erhielten, zeigten eine bessere und schnellere Immunantwort
nach einer Impfung, eine Abnahme von Markern für oxidativen Stress im Plasma und
weniger Schäden in der Erbsubstanz (DNA) als nicht supplementierte
Kontrollgruppen.
Vitamin E (fettlösliches Vitamin) unterbricht die Kettenreaktion von freien Radikalen
in der Zellmembran und schützt mehrfach ungesättigte Fettsäuren in
Membranlipiden, Lipoproteinen und Depotfett vor der Zerstörung.
Vitamin
C
(wasserlösliches
Vitamin)
hemmt
die
Peroxidation
der
Membranphospholipide und fungiert als „Radikalfänger“. Zudem spielt es bei der
Regeneration von Vitamin E eine Rolle.
Karotinoide sind verschiedene gelb-orange Pigmente mit oxidationshemmender
Wirkung, die in Obst und Gemüse vorkommen: Karotte (β-Carotin), Tomate
(Lycopen), Orangen, die auch Studentenblume genannte Tagetes, Zitrusfrüchte,
Maisstärke (Lutein und Zeaxanthin). Das β-Carotin, der bekannteste Vertreter der
Karotinoide, ist die Vorläufersubstanz von Vitamin A und in der Wirkung vergleichbar
mit Vitamin E. Im Gegensatz zu Hunden können Katzen β-Carotin nicht in Vitamin A
umwandeln. Xanthophylle, eine weitere Untergruppe der Karotinoide, enthalten eine
Gruppe gelber Pigmente. Wichtigste Vertreter sind Lutein und Zeaxanthin, die
besonders in der Netzhaut des Auges vorkommen und dort die Netzhautzellen
schützen. Bei Menschen ist bekannt, dass das Risiko an „grauem Star“
(Linsentrübung) zu erkranken von der aufgenommenen Luteinmenge abhängt.
Polyphenole kommen in zahlreichen Pflanzen vor, die bekanntesten stammen aus
grünem Tee und Trauben. Sie sind besonders für die Mund-Zahnhygiene
interessant, da bestimmte Bestandteile das Wachstum der Zahnbelagsbakterien
hemmen können. Eine positive Wirkung der Flavanole (Untergruppe der
Polyphenole) ist bei Nieren- und Herzerkrankungen beschrieben.
Taurin ist eine Aminosäure, deren Schutzwirkung gegen freie Radikale beim Kampf
gegen den Alterungsprozess wichtig ist. Sie hemmt die Peroxidation von Lipiden und
stabilisiert somit Zellmembranen.
9.4
Regulierung der Verdauung
Zur Regulierung der Verdauung und Unterstützung der Darmflora sind verschiedene
Ergänzungen verfügbar, die in der Praxis bei Magen-Darm-Erkrankungen, besonders
bei Durchfall, häufig eingesetzt werden.
Probiotika sind lebende Mikroorganismen. Es handelt sich um „nützliche Bakterien“
wie Laktobazillen, Bifidobakterien und Enterokokken (kommen auch natürlicherweise
im Darm vor), die den Darm besiedeln sollen und dadurch potenziell pathogene
Keime zurückdrängen. Voraussetzung ist, dass sie den Darm lebend erreichen und
nicht im Verdauungsprozess durch Magensäure und Verdauungssäfte abgebaut
werden. Durch die Aufnahme von Probiotika soll das Risiko einer Entzündung durch
eine übermäßige Vermehrung von „schlechten“ Darmbakterien vermindert und der
Genesungsprozess bei bakteriellen Darmentzündungen beschleunigt werden.
Abb. 48: FOS fördern das Wachstum der „guten“ Darmbakterien.
Dieser Effekt konnte in einer Studie an Hunden mit einer klinischen Darminfektion
durch Campylobacter spp. zwar nachgewiesen werden, aber genaue
wissenschaftliche Untersuchungen zur Wirksamkeit dieser Präparate z. B. bei
bakterieller Überwucherung des Darms oder bei auf Antibiotika ansprechendem
Durchfall stehen noch aus.
Präbiotika sind Nahrungsbestandteile, die nur von bestimmten Darmbakterien
abgebaut und genutzt werden können. Dadurch ist es möglich, gezielt „gute“
Bakterien mit Nährstoffen zu versorgen und auf diese Weise das Keimspektrum zu
Gunsten einer „gesunden“ Darmflora zu verändern. Bei den Präbiotika handelt es
sich um fermentierbare Kohlenhydrate. Zu nennen sind hier unter anderem Laktulose
und Oligosaccharide mit verschiedener Kettenlänge und unterschiedlicher
Zusammensetzung wie beispielsweise Fructooligosaccharide (FOS, Abb. 48) und
Mannanoligosaccharide (MOS, siehe Kapitel Kohlenhydrate und Abb. 49).
Zur Regulierung der Verdauung werden Faserstoffe (auch als „diätetische Faser“
bezeichnet) dem Futter zugesetzt. Es handelt sich um Kohlenhydrate, die nicht von
körpereigenen Enzymen abgebaut werden können und durch Darmbakterien mehr
oder weniger stark fermentiert werden (siehe Kapitel Kohlenhydrate).
Nichtfermentierbare Fasern (Ballaststoffe wie z. B. Zellulose) werden gar nicht
verdaut. Sie regulieren die Motorik des Darms und fördern die Darmpassage. Fehlen
sie, ist zum einen die Darmpassage verlangsamt und zum anderen steigt das Risiko
für Verdauungsstörungen durch Fehlgärungen des Darminhalts. Bei zu geringem
Ballaststoffgehalt im Futter reagieren die Tiere mit Verstopfung oder Durchfall.
Ebenso birgt ein zu hoher Ballaststoffgehalt im Futter Nachteile: Verringerung der
Verdaulichkeit der Ration, Beeinträchtigung der Akzeptanz, Steigerung der
Kotmenge und Kotabsatzhäufigkeit.
Abb. 49: MOS besetzten die Bindungsstellen pathogener Bakterien und verhindern
ihre Anheftung an der Darmwand.
Lösliche Fasern haben eine hohe Wasserbindungskapazität und bilden ein visköses
Gel im Darm. Sie sind mit der Ausnahme von Psyllium (Flohsamen) durch
Mikroorganismen abbaubar und liefern kurzkettige Fettsäuren für die
Energieversorgung der Darmzellen. Lösliche Fasern im Futter verlangsamen die
Nährstoffabsorption im Darmtrakt und verursachen bei zu großer Aufnahme
Verdauungsstörungen (weicher Kot, Flatulenz) aufgrund übermäßiger mikrobieller
Aktivität. Durch die Fähigkeit, große Wassermengen zu speichern und Schleim als
„Schutzfilm“ für die angegriffene Schleimhaut zu bilden, ist Flohsamen besonders
nützlich für die Verbesserung der Kotqualität sowohl bei Durchfall als auch bei
Verstopfung.
Zeolithe sind Tonerdeminerale aus Aluminiumsilikat, das sich durch eine hohe
Wasserbindungskapazität und großen Austauschoberfläche mit der Fähigkeit zur
Toxinbindung (über 100 m2 pro Gramm) auszeichnet. Sie sind zur Vorbeugung und
Behandlung von Durchfällen von Nutzen und können dem Futter beigemischt
werden. Zeolithe bilden auf der Oberfläche der Darmschleimhaut einen schützenden
Film und absorbieren überschüssiges Wasser sowie giftige Substanzen im Darm.
Durch die Absorption von Ammoniak tragen sie zudem zur Minderung des üblen
Kotgeruchs bei.
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