ROYAL CANIN Fernkolleg für TierarzthelferInnen & Tiermedizinische Fachangestellte Grundlagen der Hunde- und Katzenernährung: Energie & Nährstoffe Kurs 02/08 (November 2008-März 2009) Inhaltsverzeichnis 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Einleitung Energie 2.1 Definition, Bedeutung für die Ernährung 2.2 Energiestufen 2.3 Energiebedarf 2.4 Überversorgung 2.5 Unterversorgung 2.6 Energiequellen in der Nahrung Protein 3.1 Definition, Funktionen, Bedeutung für die Ernährung 3.2 Proteinverdauung und -stoffwechsel 3.3 Proteinqualität 3.4 Proteinbedarf bei Hund und Katze 3.5 Proteinmangel 3.6 Überversorgung – die „Proteindiskussion“ 3.7 Proteinquellen in der Nahrung Fett 4.1 Definition, Funktionen, Bedeutung für die Ernährung 4.2 Fettverdauung und -stoffwechsel 4.3 Bedarf an essenziellen Fettsäuren 4.4 Mangel & Überschuss: klinische Folgen 4.5 Tierische und pflanzliche Nahrungsfette: Beispiele Kohlenhydrate 5.1 Definition, Funktionen, Bedeutung für die Ernährung 5.2 Kohlenhydratverdauung und -stoffwechsel 5.3 Bedarf, Mangel & Überschuss 5.4 Kohlenhydratquellen: Beispiele Mineralstoffe 6.1 Mengenelemente 6.2 Spurenelemente Vitamine 7.1 Fettlösliche Vitamine 7.2 Wasserlösliche Vitamine Wasser Inhaltstoffe mit gesundheitsbezogener Wirkung 9.1 Haut &Haarkleid 9.2 Gelenkgesundheit 9.3 Anti-Aging & Stärkung des Immunsystems 9.4 Regulierung der Verdauung 1 Einleitung Für ein normales Wachstum, die Reproduktion und Aufzucht der Nachkommen sowie zur Aufrechterhaltung ihrer Gesundheit während der unterschiedlichen Lebensphasen benötigen Hunde und Katzen eine ausgewogene Ernährung, die sie mit Wasser, Energie und allen lebensnotwendigen Nährstoffen in ausreichendem Maße versorgt. Man unterscheidet zwischen den Makronährstoffen (Proteine, Fette, Kohlenhydrate), die den überwiegenden Anteil der Nahrung ausmachen, und den Mikronährstoffen (Mineralstoffe, Vitamine), die zwar nur in geringen Mengen in der Nahrung enthalten sind, die jedoch vielfach für Hund und Katze essenziell sind. Essenziell bedeutet, dass Hunde oder Katzen diesen Nährstoff nicht selbst synthetisieren können und daher auf eine regelmäßige Zufuhr mit der Nahrung angewiesen sind. Einige Nährstoffe (Taurin, Arachidonsäure, Niacin) sind zwar für Katzen als Vertreter einer strikt carnivoren Spezies essenziell, nicht aber für den eher carni-omnivoren Hund. Eine unzureichende Zufuhr essenzieller Nährstoffe führt über kurz oder lang zu deutlichen klinischen Mangelsymptomen. Schon lange dient eine „gute und ausgewogene“ Ernährung nicht mehr allein dazu, typische Mangelkrankheiten zu verhindern, sondern soll die Lebensqualität und Lebenserwartung unserer Heimtiere steigern. Durch immer neue Erkenntnisse über den Zusatznutzen einzelner Nährstoffe (z.B. bestimmte Vitamine, Aminosäuren) wird das letztgenannte Ziel in der Ernährung von Hund und Katze in zunehmendem Maße verwirklicht. Als Beispiel sei hier nur die Bedeutung der Antioxidanzien Vitamin E und C bei der Verzögerung des Alterungsprozesses genannt oder Abb. 1: Eine ausgewogene Ernährung von die Erkenntnis, dass eine hohe Zufuhr Anfang an ist ein wichtiger Beitrag für ein der Aminosäure Tyrosin zu einer langes und gesundes Leben. optimalen Ausprägung der natürlichen Fellfarbe beiträgt. Das vorliegende Fernkolleg soll Grundkenntnisse über die Inhaltstoffe der Nahrung und deren Stoffwechsel bei Hund und Katze vermitteln und damit einen Grundstein für ein tieferes Verständnis der ernährungsphysiologischen Zusammenhänge der Ernährung gesunder und kranker Hunde und Katzen legen. Auf den ersten Blick mag die Thematik etwas trocken und praxisfern erscheinen, ein aufmerksames Studium der Grundlagen erleichtert jedoch das Verständnis komplexerer Themen der Hunde- und Katzenernährung, wie der Diätetik bei verschiedenen Erkrankungen ganz wesentlich. Was man begriffen hat und logisch nachvollziehen kann, braucht man nicht mehr auswendig zu lernen. Vor diesem Hintergrund haben sich die Autorinnen bemüht, den Lernstoff möglichst abwechslungsreich und interessant sowie durch Einfügen von Beispielen und „Eselsbrücken“ anschaulich zu gestalten. Anfängern soll dieser Kurs als Einstieg in die Heimtierernährung dienen, Fortgeschrittenen zur Vertiefung und Wiederholung des Grundlagenwissens. 2 Energie 2.1 Definition, Bedeutung für die Ernährung Energie ist selbst kein Nährstoff. Dennoch stellt die Versorgung mit Energie nach einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr den wichtigsten und kritischsten Bezugspunkt bei der Beurteilung der Ernährung von Hund und Katze dar. Die erste Frage bei der Einschätzung einer wie auch immer gestalteten Futterration lautet: Deckt sie den Energiebedarf des Tieres? Etwa 50-70% der Trockenmasse einer Futterration für Hunde oder Katzen wird allein zur Deckung des Energiebedarfs „verbraucht“. Erst wenn diese Grundvoraussetzung erfüllt ist, gilt es zu überprüfen, ob die Versorgung mit allen lebensnotwendigen Nährstoffen gewährleistet ist und ob die Anteile der Makronährstoffe (Proteine, Fette, Kohlenhydrate) einer gut verträglichen und artgerechten Ernährung entsprechen. Dennoch ist die Angabe des Energiegehaltes auf Futtermittel für Hunde und Katzen in Deutschland nicht zulässig, außer es handelt sich um ein besonderes, Qualitäts-bestimmendes Merkmal (z.B. bei Diäten gegen Übergewicht). Die Energielieferanten der Nahrung sind Fette, Kohlenhydrate und Proteine. Fett liefert dabei mehr als doppelt so viel Energie wie die gleiche Menge Kohlenhydrate oder Protein. Daher ist es auch als Speicherform der Energie (s.u.) besonders gut geeignet. Der Organismus gewinnt Energie aus diesen Nährstoffen durch oxidativen Abbau: Die chemischen Bindungen zwischen den Nährstoffatomen enthalten Energie in chemisch gebundener Form, die durch Oxidation freigesetzt wird. Wird sie nicht unmittelbar benötigt, wird sie erneut in die körpereigene, chemisch gebundene Form, das Adenosin-Triphosphat (kurz: ATP genannt) überführt. Im Stoffwechsel gibt es sowohl Prozesse, bei denen Energie frei („gebildet“) wird, als auch solche, für die Energie benötigt („verbraucht“) wird. Die Begriffe „Bildung“ und „Verbrauch“ werden im Folgenden in Anführungszeichen gesetzt, da Energie im streng physikalischen Sinne nicht neu entstehen bzw. verbraucht werden kann, sondern immer nur von einer in eine andere Form überführt wird (z.B. von der chemisch gebundenen Form in Stoffwechselwärme). Die Stoffwechselvorgänge, bei denen Energie „gebildet“ wird, sind die so genannten katabolen Vorgänge, bei denen Körpersubstanz abgebaut wird. Zu den „Energie verbrauchenden“ Vorgängen gehören in erster Linie die anabolen Prozesse: Es findet ein Aufbau von Körpersubstanz statt, wofür Energie benötigt wird. Der Transport von Energie vom Ort der „Bildung“ (kataboler Vorgang) zum Ort des „Verbrauchs“ erfolgt in Form von ATP. Als Transportform ist ATP gut geeignet, jedoch nicht als langfristiger Energiespeicher, da es immer sehr schnell nach der Bildung wieder verbraucht wird. Als dauerhafte Energiespeicher im Körper dienen das Glykogen in Leber und Muskel (wird bei Bedarf zuerst verbraucht, reicht aber nicht lange, „kurzfristiger Energieschub“, z.B. für Fluchtreaktionen) und natürlich das Körperfett (dient fastenden Tieren als zweite Energiereserve). Erst zuletzt werden auch körpereigene Aminosäuren aus dem Muskel zur Energiegewinnung herangezogen („Auszehrung“ bei schwerkranken Tieren, massiver Muskelabbau). Energie „verbrauchende“ Prozesse im Körper sind: • die Gewebeneubildung bzw. -reparatur (Wundheilung) • der aktive Ionentransport (entgegen eines Konzentrationsgefälles, sozusagen gegen den Strom, aus der Zelle heraus oder hinein) • Muskelarbeit (Kontraktion der Proteinfilamente der Muskelfasern) Ohne Energiezufuhr mit der Nahrung sind die genannten Vorgänge nicht möglich, was früher oder später zum Tod führt. Rohfaser kann von Hund und Katze nicht verdaut werden und liefert daher auch keine für die Tiere nutzbare Energie. Die Einheit der Energie ist die Kilokalorie (kcal) oder das Kilojoule (kJ). Eine Kilokalorie entspricht 1000 Kalorien, eine Kalorie der Wärmemenge, die man benötigt, um ein Gramm Wasser um ein Grad Celsius zu erwärmen. Kilojoule ist die physikalische Einheit der Arbeit, der Energie und der Wärme. 1 Kilojoule sind 1000 Joule, wobei 1 Joule die Energiemenge beschreibt, die nötig ist um einen Körper mit der Gewichtskraft von 1 Newton einen Meter hochzuheben (zum Vergleich: ein Körper von 1 kg Gewicht erfährt auf der Erde eine Gewichtskraft von 9,81 Newton). Umrechnungsfaktor: 1 kcal = 4,187 kJ 2.2 Energiestufen Mit dem Energiegehalt in Futtermitteln ist allgemein der physiologische Brennwert gemeint, das heißt, es interessiert die Energiemenge, die dem Organismus nach Aufnahme der Nahrung tatsächlich zur Verfügung steht. Diese entspricht jedoch nicht der gesamten in einem Futtermittel enthaltenen Energie, sondern nur einem bestimmten Anteil davon. Die gesamte potenziell verfügbare Energie, die bei einer vollständigen Verbrennung des betreffenden Futters in Form von Wärme freigesetzt wird, wird als Bruttoenergie (englisch Gross Energy, daher die gebräuchliche Abkürzung GE) bezeichnet. Dies ist also der physikalische Brennwert eines Futtermittels. Dieser sagt jedoch nichts darüber aus, inwieweit diese Energie von Hund oder Katze auch genutzt werden kann. Auch Sägespäne haben einen physikalischen Brennwert, jedoch keinen physiologischen, da sie von Hund und Katze nicht verdaut werden können. Energiestufen – Welche Energiemenge steht dem Organismus tatsächlich zur Verfügung? ¾ BruttoEnergie Nicht die gesamte Energie, die in Nährstoffen enthalten ist, ist für unser Tier nutzbar ! Verdauliche Energie Energie im Kot Metabolisierbare Energie Verluste im Harn (+ Gas) NettoEnergie Wärmeverluste Abb. 2: Energiestufen bei der Bestimmung der Futterenergie Auf dem Weg durch den Körper geht ein Teil der Futterenergie über den Harn und Verdauungsgase sowie über Wärmeverluste im Stoffwechsel verloren, ein weiterer Anteil wird mit dem Kot wieder ausgeschieden. Diese Verluste müssen bei der Kalkulation der Futterenergie berücksichtigt werden. Als verdauliche Energie (englisch Digestible Energy, Abkürzung: DE) wird die Energiemenge bezeichnet, die während des Verdauungsvorgangs im Tier verbleibt. Sie ist verhältnismäßig einfach zu bestimmen, indem man die Energie zunächst im Futter und anschließend im davon ausgeschiedenen Kot bestimmt und die Differenz aus beiden bildet. Diese Energiemenge kommt bildlich gesprochen „auf der anderen Seite der Darmwand an“, wird also absorbiert. Die Stufe der umsetzbaren Energie (englisch Metabolizable Energy, ME), auf der aktuell die Energiegehalte in Futtermitteln für Hunde und Katzen angegeben werden, berücksichtigt darüber hinaus Energieverluste über den Harn (Harnstoff aus dem Eiweißabbau enthält noch Restenergie!) und über Verdauungsgase. Letzteres spielt jedoch eher bei Wiederkäuern eine Rolle, bei Hund und Katze ist dieser Faktor eher zu vernachlässigen. Die umsetzbare Energie hängt zum einen von der Futterzusammensetzung ab (wie gut sind die enthaltenen Nährstoffe verdaulich?), zum anderen aber auch von der arttypischen und individuellen Fähigkeit zur Energieausnutzung. Formel zur Berechnung der umsetzbaren Energie in Trockenfutter für Hunde und Katzen anhand der Pflichtdeklaration auf der Verpackung: ME (kcal/100 g) = 3,5 x % Rp + 8,5 x % Rfe + 3,5 x % NfE Rp: Rfe: NfE: Rohprotein (deklariert in %) Rohfett (deklariert in %) Stickstofffreie Extraktstoffe (≈ Kohlenhydratanteil) zu berechnen aus: Trockenmasse (TS)-Rp-Rfe-Ra-Rfa Trockenmasse in % = 100 – Feuchtigkeit % (für Trockenfutter durchschnittlich 90%, falls nicht deklariert) Abb. 3: Formel zur näherungsweisen Berechnung der Energie in Futtermitteln für Hunde und Katzen (nach ATWATER) Die umsetzbare Energie steht jedoch nicht vollständig für eine zu erbringende Leistung (z.B. Milchbildung, Muskelansatz) zur Verfügung. Je nach Art der Leistung ist mit erheblichen Wärmeverlusten zu rechnen. Bei Muskelarbeit ist der Wirkungsgrad der umsetzbaren Energie beispielsweise nur 25%. Für die Milchbildung oder das Wachstum kann die umsetzbare Energie immerhin zu 60-70% genutzt werden. Die tatsächlich für die Leistung zur Verfügung stehende Energiemenge wird als Nettoenergie bezeichnet und – aufgrund der unterschiedlichen Wirkungsgrade – immer in Verbindung mit der konkreten Art der Leistung genannt, z. B. Nettoenergie Laktation = NEL. Diese Form der Energie ist vor allem in der Nutztierfütterung interessant. Zum Beispiel ist es für einen Landwirt beim Zukauf von Milchleistungsfutter wichtig zu wissen, für wie viel Liter Milch ein kg Futter reicht. Für Hunde und Katzen hat sie keine praktische Bedeutung. Kleinere Firmen haben die Möglichkeit, mit Hilfe bestimmter Rechenformeln den Gehalt ihrer Produkte an umsetzbarer Energie näherungsweise zu berechnen. Die in Abbildung 3 beschriebene, vereinfachte Formel gilt nur für Trockenfutterprodukte mit einer durchschnittlichen Verdaulichkeit. Sie verwendet durchschnittliche Brennwerte für Protein, Fett und Kohlenhydrate (enthalten in der so genannten NfE-Fraktion = Stickstoff-freie Extraktstoffe). Diese werden als modifizierte Atwater*-Faktoren bezeichnet. Für hochverdauliche Produkte wie z.B. Milchaustauscher gelten höhere Brennwerte (4-9-4). Die genaueste Methode zur Bestimmung der umsetzbaren Energie in einem Futtermittel sind kontrollierte Fütterungsversuche mit adulten Hunden bzw. Katzen über einen ausreichend langen Zeitraum mit vollständiger Sammlung von Kot und Harn. Futtermittelfirmen mit einem ausreichend hohen Forschungsetat führen solche Versuche selbständig für ihre Futtermittel durch. * zurückgehend auf Grundlagenforschung zur Energiebewertung von W.O. Atwater, 1902 im „Farmer´s Bulletin“ veröffentlicht 2.3 Energiebedarf Der Energiebedarf von Hunden und Katzen setzt sich aus verschiedenen Faktoren zusammen. Man unterscheidet den (unvermeidlichen) Ruheenergiebedarf, das ist die Energiemenge, die ein Tier in nüchternem Zustand, wach, aber in Ruhe in einer thermoneutralen Umgebung verbraucht, vom Erhaltungs- und Leistungsbedarf. Thermoneutral bedeutet, dass es dem Tier weder zu warm noch zu kalt ist, so dass also keine zusätzliche Energie für die Thermoregulation benötigt wird. Der thermoneutrale Bereich liegt für Hunde etwa zwischen 20 und 22°C. Da der Energiebedarf in der Regel pro Tag angegeben wird, kommt es jedoch in der Praxis kaum vor, dass ein Hund oder eine Katze 24 h unter den o.g. Bedingungen des Ruheenergiebedarfs verbringt. Regelmäßige Mahlzeiten erfordern im Anschluss Verdauungstätigkeit, die Energie verbraucht. Auch überwiegend in der Wohnung gehaltene Tiere zeigen Spontanaktivität: Aufstehen, Hinlegen, zur Tür laufen, aufs Fensterbrett springen. Bei Katzen mit Freigang und Hunden, die sich viel draußen aufhalten, kommt zudem der Energiebedarf für die Thermoregulation dazu. Dieser Mehrbedarf an Energie „für das alltägliche Leben“ (ohne besondere Leistungen) wird durch den Erhaltungsbedarf erfasst. Es ist daher wichtig, Tierbesitzern klar zu machen, dass der Mehrbedarf an Energie für die üblichen Spaziergänge (Hund) oder das ausgiebige Kratzen am Kratzbaum (Katze) im Erhaltungsbedarf bereits eingerechnet ist. Es ist also keineswegs erforderlich, die Tagesration für einen Hund zu erhöhen, nur weil er auf dem Spaziergang fünfmal seinen Lieblingsball apportiert hat. Der Leistungsbedarf ist nur für Tiere anzusetzen, die besondere Aufgaben erfüllen müssen, die den Energiebedarf deutlich steigern. Muskelarbeit führt dabei in einem wesentlich geringeren Umfang zur Erhöhung des Energiebedarfs als allgemein angenommen: 2 h Spazierengehen an der Leine erhöhen den Energiebedarf eines Hundes gerade einmal um 5%, 1 h Joggen mit Herrchen oder Frauchen (Bewegung im Trab) um 15%. Leistungen mit stark erhöhtem Energiebedarf im Vergleich zur reinen Erhaltung sind das Wachstum und – allen voran – die Milchproduktion während der Welpenaufzucht (Laktation). Je nach Rasse benötigt eine Hündin, die ihre Welpen aufzieht das Zwei- (kleine Rassen) bis Vierfache (große Rassen) ihres Erhaltungsbedarfs an Energie. Bei säugenden Kätzinnen steigt der Energiebedarf je nach Wurfgröße auf das 1,5 bis 2,5fache des Erhaltungsbedarfs. Im Vergleich dazu ist der Mehrbedarf für das Wachstum der Welpen bei der Hündin während der Trächtigkeit eher gering: In den ersten 40 Tagen der Trächtigkeit ändert sich der Energiebedarf eigentlich gar nicht, erst im letzten Drittel, wenn die Welpen in der Gebärmutter deutlich an Körpermasse zunehmen, steigt er auf das 1,2 bis 1,5fache des Erhaltungsbedarfs. Für trächtige Katzen ist vom Beginn der Trächtigkeit an etwa das 1,4fache des Erhaltungsbedarfs an Energie vorzusehen. Zwar nehmen auch die Katzenwelpen intrauterin erst gegen Ende der Trächtigkeit deutlich zu, bei der Katze ist es jedoch physiologisch, dass sie während der Frühträchtigkeit Fettreserven für die Milchbildung anlegt, die während der Laktation wieder „eingeschmolzen“ werden. Unerfahrene Hundehalter schätzen den Energiebedarf ihrer trächtigen oder säugenden Hündin häufig falsch ein, wobei er in Trächtigkeit eher über- und in der Laktation oft unterschätzt wird. Eine ausführliche Ernährungsberatung sollte daher möglichst schon vor dem Belegen der Hündin erfolgen, um eine möglichst komplikationslose Trächtigkeit und eine gesunde Entwicklung der Saugwelpen zu gewährleisten. Der Energiebedarf wachsender Hunde oder Katzen nach dem Absetzen liegt (bezogen auf ein kg Körpergewicht) deutlich höher als der erwachsener Tiere im Erhaltungsbedarf, da Wachstum mit dem intensiven Auf- und Umbau von Körpergewebe einhergeht. Die Phase des intensivsten Wachstums liegt etwa zwischen dem 3. und 6. Lebensmonat. Die Dynamik des Wachstumsprozesses unterscheidet sich beim Hund zwischen Welpen kleiner und großer Rassen sehr deutlich. Am besten sollte die Gewichtsentwicklung anhand einer spezifischen Wachstumskurve ermittelt und überwacht werden. Eine Anpassung der Ration (Änderung der Futtermenge) ist bei Welpen während Abb. 4: Welpen wachsen zwar auch im Schlaf, dennoch liegt der Energiebedarf im Wachstum des intensiven Wachstums etwa alle deutlich über dem Erhaltungsbedarf. 2 Wochen erforderlich. Für die Berechnung des Energiebedarfs von ausgewachsenen Hunden und Katzen stehen die in Abbildung 5 aufgeführten Formeln zur Verfügung. Bei Hunden ist aufgrund der großen innerartlichen Varianz in Bezug auf die Körpergröße mit dem so genannten metabolischen Körpergewicht zu rechnen. Auf diese Weise wird der Tatsache Rechnung getragen, dass kleine Hunde bezogen auf ein kg Körpergewicht deutlich mehr Energie benötigen als große Hunde. Bildlich gesprochen: 1kg Yorkshire Terrier verbraucht pro Tag deutlich mehr Energie als 1kg Bernhardiner, was vor allem auf die - bezogen auf das Körpervolumen - größerer Körperoberfläche bei kleinen Hunden zurückzuführen ist (höhere Wärmeverluste nach außen). Die Berechnung des metabolischen Körpergewichts erfolgt, indem man entweder das Körpergewicht in kg mit 0,75 potenziert (viele Taschenrechner verfügen über die Funktion x^y, wobei x das Körpergewicht in kg und y der Exponent 0,75 ist) oder indem man zunächst das Körpergewicht mit 3 potenziert und dann zweimal die Quadratwurzel daraus zieht. Das können auch die meisten einfachen Taschenrechner. Für Katzen gibt es zwar auch den Rechenansatz mit dem metabolischen Körpergewicht (bei der Katze: Körpergewicht in kg hoch 0,67), aufgrund der geringeren Varianz des Körpergewichts zwischen Katzen verschiedener Rassen scheint es aber gerechtfertigt, eine einfache Rechenformel zu verwenden, in die das Körpergewicht unverändert in kg eingesetzt wird (siehe Abbildung 5). Berechnung des Energiebedarfs (Erhaltung) für adulte Hunde und Katzen: Hund: Tagesbedarf (kcal) = 132 kcal x KM (kg) 0,75 ruhiger Hund mittleren Alters: 115 kcal alter Hund: 100 kcal zu Übergewicht neigend: 70-90 kcal Katze: Tagesbedarf (kcal) = 50 kcal x KM (kg) schlanke, aktive Katzen: 70 kcal kastrierte Katzen: 40 kcal übergewichtige Katzen: 35 kcal kcal – Kilokalorie; KM (kg) – Körpermasse in Kilogramm Abb. 5: Berechnung des Energiebedarfs ausgewachsener Hunde und Katzen Ziel einer ausgewogenen Ernährung ist es, den Energiebedarf möglichst genau zu decken, so dass es mittel- bis langfristig weder zu einer Gewichtszunahme noch zu einem Gewichtsverlust kommt. Die oben genannten Zahlen und Formeln dienen nur als grobe Richtwerte zur Einschätzung des Energiebedarfs. Der tatsächliche Energiebedarf eines Tieres kann aufgrund individuell unterschiedlicher Einflussfaktoren (Wohnungs- oder Zwingerhaltung, einzeln oder in der Gruppe, Temperament, Felllänge und –dichte) um 30 bis 50% vom errechneten Energiebedarf abweichen! Es ist daher wichtig, die Energieversorgung durch regelmäßiges Wiegen oder die Beurteilung der Körperkondition durch adspektorische und palpatorische Kontrolle der subkutanen Fettdepots (Body Condition Scoring) zu überprüfen. Zunächst (zum Beispiel nach einem Futterwechsel) sollte dies alle zwei Wochen erfolgen. Bei Veränderungen des Körpergewichts ist die Futtermenge jeweils um 5-10% nach oben oder unten anzupassen. 2.4 Überversorgung Wird mehr Energie mit der Nahrung aufgenommen als verbraucht, wird die überschüssige Energie in Form von Fett im Körper gespeichert. Eine chronische Überversorgung mit Energie führt daher bei erwachsenen Hunden und Katzen zu Übergewicht (Adipositas). Bei wachsenden Hunden großer Rassen stellt sich die Situation anders dar: Eine Energieüberversorgung führt zu einem zu schnellen Wachstum und einer Überlastung der noch nicht voll ausgereiften Knochen und Gelenke. Skelettentwicklungsstörungen und orthopädische Probleme (Hüftgelenksdysplasie, Osteochondrose) sind häufig die Folge. Energieüberversorgung während des Wachstums sorgt des Weiteren vor allem bei genetisch prädisponierten Welpen dafür, dass mehr Fettzellen angelegt werden als bei einem restriktiv aufgezogenen Hund. Auf diese Weise wird bereits in frühster Jugend der Grundstein für eine spätere Adipositas gelegt. Dies ist vor allem bei Welpen kleiner und mittlerer Rassen bedeutsam. 2.5 Unterversorgung Unter den heute üblichen Fütterungsbedingungen spielt eine Energieunterversorgung bei Hunden und Katzen in der Obhut des Menschen so gut wie keine Rolle mehr. Am ehesten ist sie noch bei säugenden Hündinnen zu erwarten, wenn die Halter aus Unkenntnis ein Futter mit zu geringer Energiedichte verwenden. In einer solchen Situation kann es vorkommen, dass die Hündin an die Grenze ihrer Futteraufnahmekapazität gelangt, das heißt, sie kann die Futtermenge, die zur Deckung ihres Energiebedarfs notwendig wäre, physisch nicht mehr aufnehmen. Des Weiteren kann eine Energieunterversorgung trotz erhaltenem Appetit bei Tieren mit schwerwiegenden Verdauungsstörungen auftreten (Beispiel: Pankreasinsuffizienz, bei der die Tiere aufgrund der mangelhaften Verwertung der Nährstoffe trotz Heißhunger abmagern). Bei Energieunterversorgung muss der Energiebedarf aus körpereigenen Reserven gedeckt werden. Dazu werden zunächst die Glykogenspeicher der Leber und der Muskulatur, später dann das Körperfett abgebaut. Es kommt zu einer Gewichtsabnahme beim adulten Tier bzw. zu einer Wachstumsverzögerung bei Hunde- und Katzenwelpen. Eine kurzfristige Energieunterversorgung (bis zu 14 Tage) wird von Hunden in der Regel problemlos toleriert. Bei Katzen ist eine vollständige Nahrungskarenz (Nahrungsverweigerung für mehr als 48 h) als Alarmsignal zu werten, insbesondere wenn sie übergewichtig sind, da es bei ihnen durch die überstürzte Mobilisierung von Körperfett zu schwerwiegenden Stoffwechselstörungen und Leberverfettung (hepatische Lipidose) kommen kann. Dieses Krankheitsbild kann ohne entsprechende Behandlung binnen kürzester Zeit zum Tod der Katze führen. Muss aufgrund eines länger andauernden Energiemangels Körpereiweiß zur Energiegewinnung abgebaut werden, kommt es zu einer Schwächung der Abwehrkräfte des Immunsystems sowie zu einer Beeinträchtigung der Leber- und Nierenfunktion. 2.6 Energiequellen in der Nahrung Proteine, Kohlenhydrate und Fette liefern dem Tier Energie, wobei Fett ein besonders effizienter Energielieferant ist: 1 g liefert mit 8,5 kcal mehr als doppelt so viel umsetzbare Energie wie die gleiche Menge Protein oder Kohlenhydrate. Da Fett auch ein wichtiger Geschmacksträger ist, werden fettreiche Futtermittel von den meisten Hunden und Katzen sehr gern gefressen bzw. von Tierhaltern sehr gerne verfüttert. Vor allem bei kleinen Hunden und Katzen sind fettreiche Futtermittel vorsichtig zu dosieren: Ein getrocknetes Schweineohr (50 g) deckt den Energiebedarfs eines 10 kg schweren Hundes bereits zu 40% ab. Ein Leberwurstbrot enthält genauso viele Kalorien wie 1,5 kg Möhren. Kohlenhydrate sind in der Ernährung des Hundes und der Katze theoretisch verzichtbar, praktisch machen Kohlenhydratquellen jedoch mindestens 30-40% der meisten kommerziellen Trockenfutter aus. Kohlenhydrate sind in Form von aufgeschlossener (gekochter) Stärke gut verdaulich und liefern etwa 3,5 kcal umsetzbare Energie pro Gramm. Ihr Einsatz in Futterrationen hat zumindest beim Hund einen Protein sparenden Effekt, da keine Aminosäuren zur Synthese von Blutzucker herangezogen werden müssen. Bei der Katze ist diese Wirkung nicht so ausgeprägt, da sie grundsätzlich einen bestimmten Anteil Aminosäuren zur Glukosebildung heranzieht. Außerdem ist die Stärkeverträglichkeit bei der Katze begrenzt (maximal 5 g aufgeschlossene Stärke/kg KM und Tag). Proteine liefern zwar etwa vergleichbar viel umsetzbare Energie wie Kohlenhydrate aber weniger Nettoenergie, da ihr Stoffwechsel komplizierter und „energieaufwändiger“ ist, d.h. während der Abbauvorgänge im Stoffwechsel geht ein größerer Teil ihrer Energie als Wärme verloren. 3 Protein 3.1 Definition, Funktionen, Bedeutung für die Ernährung Proteine oder Eiweiße sind große Moleküle, die im Unterschied zu Kohlenhydraten und Fetten neben Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff auch Stickstoff enthalten. Sie sind aus Ketten von Aminosäuren aufgebaut, die über Peptidbindungen miteinander verknüpft sind. Etwa 20 verschiedene Aminosäuren kommen im Nahrungseiweiß vor. 10 davon sind für Hund und Katze essenziell (siehe Übersicht 1). Übersicht 1: Für Hund und Katze essenzielle Aminosäuren • • • • • Arginin Histidin Leucin Isoleucin Lysin • • • • • Methionin Phenylalanin Threonin Tryptophan Valin Für die Katze ist darüber hinaus auch noch Taurin essenziell, eine Aminosulfonsäure, die von großer Bedeutung für die Herzfunktion, die Reproduktion und das Sehvermögen ist. Während Hunde Taurin in ausreichender Menge selbst synthetisieren können, reicht die Eigensynthese der Katze zur Deckung des Bedarfs nicht aus. Tierische Gewebe sind im Allgemeinen reich an Taurin. Die Gefahr einer Unterversorgung besteht daher vor allem bei Katzen, die überwiegend mit pflanzlichen Futtermitteln, z.B. vegetarisch ernährt werden. Unter Umständen kann ein Taurinmangel auch bei Katzen auftreten, die mit Fertignahrung für Hunde ernährt werden, wenn diese nicht ausreichend mit Taurin angereichert ist. Die klassische Symptomatik eines Taurinmangels bei der Katze ist eine Herzschwäche, die durch eine pathologische Veränderung der Herzmuskulatur mit Erweiterung einer oder beider Herzkammern hervorgerufen wird. Diese Erkrankung wird als dilatative Kardiomyopathie bezeichnet. Ist wirklich ein Taurinmangel die Ursache und bestehen die Veränderungen noch nicht so lange, dass bereits chronische Schäden entstanden sind, kommt es bei ausreichender Taurinzufuhr zu einer vollständigen Heilung. Die Reihenfolge der Aminosäuren in einem Proteinmolekül wird auch als Abb. 6: Tierische Futtermittel, z.B. Fisch und Fleisch, sind reich an Taurin. Primärstruktur bezeichnet. Sie ist genetisch vorbestimmt. Die räumliche Anordnung dieser Aminosäurenkette ist die Sekundärstruktur. Hier unterscheidet man 2 Möglichkeiten: Die Faltblatt- und die Helixstruktur Es gibt außerdem die Tertiär- und die Quartärstruktur. Letztere beschreibt die Anordnung mehrerer Proteinmoleküle zueinander im dreidimensionalen Raum. Übersicht 2: Die wichtigsten Funktionen der Proteine im Organismus • • • Aufbau/Regeneration von Körpergewebe: Binde- und Stützgewebe (Kollagen, Elastin) Muskelfasern (Aktin und Myosin) Haut, Haare, Krallen (Keratin) Blut (Hämoglobin, Albumin, Globuline) – – – – Bildung von Enzymen, Hormonen, Antikörpern Energiequelle, Stickstoffquelle Hund und Katze benötigen Eiweiß, um Köpersubstanz aufzubauen, und zwar entweder de novo (Gewebeneubildung) wie zum Beispiel im Wachstum, oder als Ersatz für verbrauchtes oder zerstörtes Körpergewebe (Regeneration). Die wichtigsten Funktionen der Proteine im Körper sind in Übersicht 2 dargestellt. Für diese Vorgänge wird viel Energie benötigt. Protein liefert daher, wenn es im Körper verstoffwechselt wird, deutlich weniger Nettoenergie als Kohlenhydrate, da die Energieverluste in Form von Stoffwechselwärme während der Abbauvorgänge deutlich höher sind. Nettoenergie ist die Energieform, die tatsächlich für eine Leistung des tierischen Organismus (z.B. Wachstum oder Milchbildung) zur Verfügung steht. „High protein“-Diäten zur Gewichtsreduktion (z.B. die so genannte Atkins-Diät beim Menschen) nutzen diesen Effekt. Proteine sind für Hund und Katze lebenswichtig. Sie enthalten in Form der essenziellen Aminosäuren allein 10 Baustoffe, auf die der Körper nicht verzichten kann. Es ist prinzipiell möglich, beide Spezies Kohlenhydrat frei zu ernähren, aber eine vollständig fehlende Proteinaufnahme (wie sie z.B. bei Tieren vorkommt, die gar nicht mehr fressen) hat gravierende Folgen und führt unausweichlich zum Tod des Tieres. Im Gegensatz zu den Fetten (Depotfett in der Unterhaut und in der Bauchhöhle) und Kohlenhydraten (Glykogen in Leber und Muskel) gibt es für Proteine im Körper keine leicht verfügbaren Reserven, sieht man von einem sehr begrenzten „Vorrat“ an Plasmaproteinen einmal ab. Wenn der Proteinbedarf die –aufnahme längerfristig überschreitet, muss Protein aus der Muskulatur genutzt werden (Muskelschwund bei massiv unterernährten Tieren). Abb.7: Nicht essenzielle Aminosäuren stammen aus der Nahrung oder aus körpereigener Synthese. 3.2 Proteinverdauung und –stoffwechsel Die Verdauung des Proteins beginnt im Magen unter dem Einfluss der Magensäure und des Pepsins. Pepsin ist ein Enzym, das nur im sauren Milieu, also bei gleichzeitiger Freisetzung von Magensäure, aktiv ist. Magensäure wird nur in Anwesenheit von Nahrung freigesetzt. Auf diese Weise wird die Magenwand bei leerem Magen vor Selbstverdauung geschützt, denn Pepsin spaltet Proteine an bestimmten Stellen (jeweils hinter den Aminosäuren Leucin, Tyrosin oder Phenylalanin), wobei nicht zwischen nahrungs- und körpereigenen Proteinen unterschieden wird. Die Magensäuresekretion wird durch die Futteraufnahme angeregt. Im Dünndarm kommen die Nahrungsproteine also bereits grob vorzerkleinert an. Hier werden sie durch die Eiweiß spaltenden Enzyme aus der Bauchspeicheldrüse (die wichtigsten sind Trypsin und Chymotrypsin) weiter abgebaut. Auch diese liegen wie Pepsin zunächst als inaktive Vorstufe vor, wodurch die Bauchspeicheldrüse vor Selbstverdauung geschützt ist. Die „ungefährlichen“ Vorstufen der Eiweiß abbauenden Enzyme werden als Zymogene bezeichnet (Pesinogen, Trypsinogen usw.). Trypsinogen wird erst im Dünndarm aktiviert, indem ein nur dort vorkommendes Enzym (Enteropeptidase) ein 8 Aminosäuren langes Endstück abspaltet. Danach kann Trypsin selbst alle anderen Eiweiß spaltenden Enzyme aus der Bauchspeicheldrüse aktivieren. Ist das Nahrungsprotein zu kleinen Eiweißbruchstücken, so genannten Peptiden, die nur aus wenigen Aminosäuren bestehen, abgebaut, erfolgt der letzte Schritt des Abbaus unmittelbar an der Darmwand: Im Bürstensaum (der Oberfläche des Darmepithels, die durch mikroskopisch kleine fingerförmige Ausstülpungen, die so genannten Mikrovilli, eine erhebliche Vergrößerung erfährt) sind Enzyme lokalisiert, die die Peptide in einzelne Aminosäuren spalten, die dann absorbiert werden. Die Absorption der Aminosäuren erfolgt über die gesamte Länge des Dünndarms. In den Zellen der Darmwand erfahren die Aminosäuren ein ganz unterschiedliches Schicksal: Sie können abgebaut, in andere Aminosäuren umgewandelt, unverändert in den Blutkreislauf eingeschleust oder zum Aufbau größerer, körpereigener Proteine herangezogen werden. Eine besondere Bedeutung kommt der Aminosäure Glutamin zu: Sie dient als Energie liefernder Brennstoff für die Darmwandzellen. Die Darmwand selbst ist ein Ort besonders intensiver Proteinsynthese. Es besteht ein hoher Proteinbedarf, zum einen für den Ersatz der ständig abschilfernden Darmepithelzellen (Gewebe mit hoher „turn over“-Rate), zum anderen für die Bildung von Verdauungsenzymen. Aus den Zellen der Darmwand gelangen die Aminosäuren bzw. das, was aus ihnen geworden ist, über das Portalvenenblut in die Leber. In der Leber wird überschüssiger Stickstoff, der in Form von Ammoniak anfällt, entweder über den Harnstoffzyklus entgiftet (also zu Harnstoff abgebaut) oder für die Synthese nicht-essenzieller Aminosäuren heran gezogen. Ein erhöhter Ammoniakspiegel ist im Blut nur bei einer schwerwiegenden Funktionsstörung der Leber oder einem massiven bakteriellen Abbau von Protein im Dickdarm nachweisbar. Der Harnstoffspiegel steigt nach der Nahrungsaufnahme je nach Proteingehalt des Futters mehr oder weniger stark an. Es ist also als physiologisch anzusehen, dass postprandial die Anflutung von Harnstoff aus dem Eiweißabbau die Ausscheidungskapazität der Niere vorübergehend übersteigt, was zum Anstieg des Blutharnstoffs führt. Zur Beurteilung der Nierenfunktion ist es daher erforderlich, parallel den Kreatininwert und den zeitlichen Abstand der Probennahme zur letzten Mahlzeit zu beurteilen. 80-90% des harnpflichtigen Stickstoffs werden in Form von Harnstoff ausgeschieden. Nur etwa 10% werden als Ammoniak ausgeschieden, noch geringere Anteile entfallen auf andere Stickstoff haltige Abbauprodukte wie Kreatinin, Harnsäure, Allantoin u.a. Freie Aminosäuren werden mit dem Harn gesunder Hunde (außer in geringem Umfang beim Saugwelpen) kaum ausgeschieden. Protein sollte bei gesunden Hunden im Harn nicht bzw. nur in Spuren nachweisbar sein. Der Stoffwechsel der Proteine ist aufwendiger und für den Organismus „kostspieliger“ als der anderer Nährstoffe. Protein liefert daher im Vergleich zu den anderen energetisch bedeutsamen Makronährstoffen Fett und Kohlenhydrate weniger Nettoenergie. Proteine enthalten Stickstoff, den es unschädlich zu beseitigen gilt – keine leichte Aufgabe. Hier sind die Leber (Entgiftung von Ammoniak zu Harnstoff) und die Niere (Ausscheidung stickstoffhaltiger Verbindungen) gefordert. Je höher der Proteingehalt, desto höher der Arbeitsaufwand für diese beiden wichtigen inneren Organe. Die Grenze zwischen einer „gesundheitsschädlichen Nieren- oder Leberbelastung“ und der physiologischen Beanspruchung der Organe ist fließend und nicht zuletzt von individuellen Faktoren abhängig. Im Übermaß aufgenommene Aminosäuren werden desaminiert (Abtrennung des Stickstoffs), was zur Bildung von Ammoniak führt. Ammoniak ist ein starkes Zellgift. Er muss in der Leber entgiftet (zu Harnstoff umgewandelt) und über die Niere ausgeschieden werden. Diese Entgiftung funktioniert jedoch sehr effektiv, was man daran erkennen kann, dass eine Protein reiche Mahlzeit zwar zu einem vorübergehenden Anstieg des Harnstoffs im Blut führen kann, nicht aber zu einem erhöhten Ammoniakspiegel. Letzterer ist nur bei schwerwiegenden Leberfunktionsstörungen oder schweren Eiweißfehlgärungen im Dickdarm (Darmerkrankung und schlechte Qualität des Futtereiweißes) nachweisbar. 3.3 Proteinqualität Für die Qualität des Nahrungsproteins sind vor allem zwei Faktoren entscheidend: Das Aminosäureprofil und die Verdaulichkeit. Zur Beurteilung des Aminosäureprofils dient der Begriff der biologischen Wertigkeit (BW). Die BW beschreibt die Nutzbarkeit des Nahrungsproteins für den Aufbau körpereigner Substanz, ausgedrückt in %. Als Bezugspunkt dient dabei Eiprotein, eine tierische Proteinquelle, die besonders gut verwertet werden kann (BW = 100). Je besser das Aminosäureprofil (insbesondere der Gehalt an essenziellen Aminosäuren) mit dem Aminosäureprofil des körpereigenen Eiweißes übereinstimmt, desto höher ist die biologische Wertigkeit. Die Bedeutung der Versorgung mit essenziellen Aminosäuren lässt sich besonders gut anhand des Modells der so genannten Liebig-Tonne erläutern (Abbildung 8). Nicht essenzielle Aminosäuren Bedarf Essenzielle Aminosäuren Limitierende Aminosäure (im Verhältnis zum Bedarf zu gering) Abb.8: Die LIEBIG-Tonne: Das Prinzip der biologischen Wertigkeit Die einzelnen Planken der Tonne symbolisieren einzelne Aminosäuren. Die Tonne kann nur bis zur Höhe der niedrigsten Planke befüllt werden, bei weiterer Füllung würde sie einfach an der genannten Stelle überlaufen. Die niedrigste Planke stellt diejenige essenzielle Aminosäure dar, für die mit einer gegebenen Futterration die knappste Versorgung besteht, also ein Mangel am wahrscheinlichsten ist. Diese wird auch als erstlimitierende Aminosäure bezeichnet. Das Nahrungseiweiß kann nur in dem Umfang für die Neubildung von Körpereiweiß genutzt werden, in dem die Versorgung mit der erstlimitierenden Aminosäure ausreicht. Ein Mangel an dieser Aminosäure (oft handelt es sich um Lysin oder Methionin), kann selbst durch eine gesteigerte Eiweißzufuhr nicht ausgeglichen werden, da eine weitere Synthese von Körpereiweiß nicht möglich ist. Das überschüssige Protein muss in der Leber unschädlich abgebaut und die Abbauprodukte über die Niere ausgeschieden werden. Die Verdaulichkeit ist ein weiterer wichtiger Aspekt der Proteinqualität. Als verdauliches Protein wird der Anteil des Nahrungseiweißes bezeichnet, der durch körpereigene Enzyme abgebaut und im Dünndarm resorbiert werden kann. Schwerverdauliche Proteine (z.B. Kollagen reiches Bindegewebseiweiß) gelangen bis in den Dickdarm, wo sie von Bakterien abgebaut werden, was zur Bildung von Ammoniak führt. Dies hat gleich in doppelter Hinsicht einen nachteiligen Effekt: Zum einen wird die Darmflora ungünstig beeinflusst (unerwünschte Bakterien vermehren sich und drängen die „guten“ Darmbakterien in der Population zurück); zum anderen wird das bakteriell gebildete Ammoniak in die Blutbahn aufgenommen und muss in der Leber entgiftet werden, was für dieses wichtige Organ zusätzliche (und vermeidbare) Arbeit bedeutet. 3.4 Proteinbedarf bei Hund und Katze Von einer adäquaten Eiweißversorgung spricht man, wenn der Eiweißbestand im Körper damit konstant gehalten werden kann. Die Neubildung von Gewebe und der Ersatz unvermeidlicher Verluste (über Kot, Harn, Haut und Haare) sind dann gewährleistet. Welche Menge zur Deckung des Bedarfs mit dem Futter aufgenommen werden muss, hängt von der Qualität des Nahrungsproteins ab (siehe Abschnitt 3.3). Nach Meyer und Zentek (2005) beträgt der Tages-Eiweißbedarf für adulte Hunde im Erhaltungsstoffwechsel 5g verdauliches Rohprotein pro kg metabolisches Körpergewicht (kg 0,75). Diese Vorgabe gilt auch für ältere Hunde, sofern keine Organerkrankungen vorliegen, die eine reduzierte Proteinzufuhr erforderlich machen können (Leber, Niere). Es sei jedoch immer vorausgesetzt, dass das Aminosäureprofil des Futters und die Energieversorgung bedarfsgerecht sind, so dass keine Aminosäuren ungenutzt ausgeschieden bzw. zur Energiegewinnung herangezogen werden müssen. Für langhaarige Hunde im Fellwechsel sind etwa 20% Rohprotein mehr vorzusehen. Fieberhafte Erkrankungen und umfangreiche Verletzungen können ebenfalls einen erhöhten Proteinbedarf nach sich ziehen. Körperliche Leistung erfordert keine Erhöhung der Proteinzufuhr, zumal bei einer erhöhten Energiezufuhr (größere Futtermenge) automatisch eine höhere Eiweißaufnahme realisiert wird. Katzen benötigen als strikte Carnivoren mehr Protein als Hunde, da sie grundsätzlich immer einen gewissen Anteil ihres Blutzuckers aus Aminosäuren bilden. Außerdem wird Protein armes Futter von Katzen meist nicht gern gefressen. Trockenfutter für Katzen mit einem Energiegehalt von ca. 400 kcal/100 g sollte mindestens 30% Protein enthalten. Tragende Hündinnen benötigen in der 2. Hälfte der Trächtigkeit bis zu 70% mehr Protein (gilt für Hündinnen großer Rassen, bei kleinen Hündinnen sind es nur 40%). In der Laktation steigt der Eiweißbedarf sogar um das 4-5fache (gilt wiederum für Hündinnen großer Rassen, bei kleinen Hündinnen um das 3fache) über den Erhaltungsbedarf. Zum Teil wird dieser gesteigerte Bedarf durch die erheblich höhere Futteraufnahme kompensiert. Es empfiehlt sich jedoch eine Umstellung der Hündin auf ein energiereiches und qualitativ hochwertiges Welpenfutter gegen Abb. 9: Laktierende Hündinnen decken ihren Ende der Trächtigkeit, mit dem sie erhöhten Energie- und Eiweißbedarf z. T. über dann auch während der Laktation eine erhöhte Futteraufnahme. gefüttert werden kann. Bei Hundewelpen im Wachstum kommt zu einem dem erwachsenen Hund vergleichbaren Erhaltungsbedarf ein Leistungsbedarf für die Neubildung von Körpergewebe hinzu. Dieser ist von der Zuwachsrate abhängig (nicht umgekehrt!) und im ersten Lebenshalbjahr am höchsten (bis zu 6g Protein zusätzlich/kg KM und Tag). Zwischen dem 6. und 12. Lebensmonat geht er auf 0,5 g/kg KM zusätzlich zum Erhaltungsbedarf zurück. In allen Lebenssituationen, die einen erhöhten Eiweißbedarf mit sich bringen, ist besonders auf eine hohe Eiweißqualität (hohe biologische Wertigkeit, hohe Verdaulichkeit) zu achten. Oft ist die Verdaulichkeit des Nahrungsproteins jedoch nicht genau bekannt. Im Allgemeinen schwankt sie zwischen 70 und über 90% je nach Eiweißquelle und deren Verarbeitung. Bei bedarfsüberschreitender Versorgung stellt sich bei adulten Hunden zudem ein Gleichgewicht zwischen Aufnahme und Ausscheidung auf höherem Niveau ein. Meyer und Zentek geben daher Empfehlungen zur maximalen Aufnahme von Rohprotein, die jedoch nur für ausgewachsene Hunde gelten (Übersicht 3). Übersicht 3: Empfohlene maximale Proteinaufnahme bei adulten Hunden (nach Meyer & Zentek 2005) • kleine Hunde: • mittelgroße Hunde: • große Hunde: 6g Rohprotein/kg KM/Tag 5g Rohprotein/kgKM/Tag 4g Rohprotein/kg KM/Tag KM = Körpermasse des Hundes 3.5 Proteinmangel Ein Proteinmangel hat für den Organismus gravierende Folgen. Eines der ersten Symptome ist eine verminderte Fresslust. Die eingeschränkte Immunfunktion macht sich in einer erhöhten Neigung zu Infektionen bemerkbar. Besonders Hautinfektion treten gehäuft auf, weil die Haut als größtes Organ des Körpers, das allein 30% des Eiweißbedarfs für die Erhaltung seiner Integrität beansprucht, bei einem Proteinmangel als erstes in Mitleidenschaft gezogen wird. Welpen zeigen eine verstärkte Neigung zu Durchfallerkrankungen und Parasitosen. Äußere Anzeichen eines Proteinmangels können ein stumpfes und brüchiges Haarkleid und Muskelschwund sein. Im Blut fällt ein verminderter Albumin- und Harnstoffgehalt auf. Wachsende Tiere setzen bei unzureichender Eiweißzufuhr zunächst vermehrt Fett statt Muskulatur an, später kommt es auch zu Wachstumsstörungen. Bei Zuchttieren wird die Fruchtbarkeit bzw. Milchbildung beeinträchtigt. 3.6 Überversorgung – die „Proteindiskussion“ Eine mäßige Eiweißüberversorgung mit qualitativ hochwertigem Eiweiß ist unter praktischen Fütterungsbedingungen häufig anzutreffen und hat offenbar keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit von Hunden und Katzen, sofern keine Grunderkrankungen vorliegen, die eine Eiweißrestriktion erfordern (Leber- und Nierenfunktionsstörungen). Zwar bedingt eine erhöhte Proteinaufnahme einen gesteigerten Arbeitsaufwand für diese beiden wichtigen inneren Organe. Aber: Sie erfüllen dabei nur ihre ureigene, wichtigste physiologische Funktion, nämlich den Organismus vor Schadwirkungen der potenziell toxischen Eiweißabbauprodukte zu schützen. Das Auftreten dieser Eiweißmetaboliten ist in gewissen Grenzen physiologisch und daher keineswegs mit der Beseitigung anderer Toxine z.B. aus der Umwelt oder solcher, die nur bei Krankheitsprozessen entstehen, gleichzusetzen. Die Grenze zwischen einer „gesundheitsschädlichen Nieren- oder Leberbelastung“ und der physiologischen Beanspruchung der Organe ist fließend und nicht zuletzt von individuellen Faktoren abhängig. Eine eiweißfreie Ernährung würde vordergründig eine maximale Nieren- und Leberschonung Abb. 10: Ein hoher Proteingehalt bedeuten, hätte aber innerhalb kürzester Zeit in der Welpennahrung begünstigt fatale Folgen für den Organismus nicht ein zu schnelles Wachstum. (Wachstumshemmung, Immunsuppression, keine Regeneration von Körpergewebe). Des Weiteren ist fraglich, ob eine prophylaktische Schonung gesunder Organe im Sinne einer Minimierung ihrer physiologischen Aufgaben tatsächlich sinnvoll im Rahmen einer Gesundheitsvorsorge ist. Hält ein Organ länger, wenn es gar nicht beansprucht, d.h. aber auch nicht im Rahmen einer physiologischen Belastung „trainiert“ wird? Vor dem Hintergrund einer möglichen Inaktivitätsatrophie (Ersatz von funktionellem Gewebe durch einen weniger Stoffwechsel aktiven Platzhalter aus Fett oder Bindegewebe) erscheint dies eher zweifelhaft. Auch die Annahme, Welpen würden aufgrund eines zu hohen Proteingehaltes im Fertigfutter zu schnell wachsen und eher zu Skelettentwicklungsstörungen neigen, kann inzwischen als widerlegt angesehen werden. Fest steht, dass Wachstum vor allen Dingen erst einmal Energie benötigt. Dobenecker (1999) konnte dementsprechend auch eine Überversorgung mit Energie als Hauptursache für durch Fütterungsfehler hervorgerufene bzw. begünstigte Skelettentwicklungsstörungen identifizieren. Bei restriktiver Fütterung besteht auch bei hohem Proteingehalt im Futter keine Gefahr, da Proteine sogar weniger Nettoenergie als Kohlenhydrate und Fette aufweisen. 3.7 Proteinquellen in der Nahrung Der Einsatz hochverdaulicher Proteinquellen von hoher biologischer Wertigkeit im Futter für Hunde und Katzen sichert nicht nur eine ausreichende Versorgung der Tiere mit essenziellen Aminosäuren, sondern schont auch die inneren Organe, deren Aufgabe die unschädliche Beseitigung Stickstoff haltiger Abbauprodukte ist (Leber und Niere). Als besonders hochwertig im Hinblick auf das Aminosäureprofil sind tierische Proteinquellen anzusehen (Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte). Allerdings gibt es hier im Hinblick auf die Verdaulichkeit deutliche Qualitätsunterschiede: wie bereits erwähnt, sind Erzeugnisse mit hohem Bindegewebsanteil eher schwerverdaulich (z.B. Lunge, Sehnen und Bänder, Trocken-Snacks wie Schweineohren und –nasen etc.). Bei Milchprodukten ist der Milchzuckergehalt zu beachten, da nicht alle adulten Hunde und Katzen diesen noch gut vertragen. Es finden jedoch auch einige pflanzliche Proteinquellen in der Ernährung von Hund und Katze Verwendung, die eine mittlere biologische Wertigkeit und – je nach Bearbeitung – sehr hohe Verdaulichkeit aufweisen: An erster Stelle ist hier Sojaproteinisolat zu nennen, das qualitativ dem tierischen Eiweiß (mageres Muskelfleisch) recht nahe kommt. Aber auch Klebereiweiße der verschiedenen Getreidesorten (Weizen, Mais, Reis) können in Kombination mit tierischen Eiweißträgern erfolgreich eingesetzt werden. Kartoffeleiweiß weist ebenfalls eine hohe Eweißqualität auf, allerdings ist sein Anteil bei Verwendung gekochter Kartoffeln als Bestandteil der Ration eher gering. Das „ideale Protein“ in der Nahrung – also ein Futterprotein, das hochverdaulich ist und in seiner Aminosäurezusammensetzung möglichst nah an das Körperprotein des damit gefütterten Tieres heran kommt – kann nicht mit einer einzigen Eiweißquelle zur Verfügung gestellt werden. Hier gilt eher: „Die Mischung macht`s!“ Durch eine ausgewogene Kombination verschiedener Eiweißquellen mit unterschiedlichem Aminosäureprofil kommt man dem „idealen Protein“ am nächsten. Eine vegetarische Ernährung ist im Hinblick auf die Versorgung mit allen essenziellen Aminosäuren im richtigen Verhältnis problematisch. Beim Hund, der eher carniomnivor veranlagt ist („Beutetierfresser“), ist sie jedoch prinzipiell möglich. Bei der Katze ist es unter praktischen Bedingungen nicht möglich, eine ausgewogene Ration ganz ohne tierische Komponenten zusammenzustellen. Dies würde den Einsatz bestimmter, nur in tierischen Einzelfuttermitteln enthaltenen Nährstoffe (z.B. Taurin, Arachidonsäure) als chemische Reinsubstanz erfordern. Solche Zusatzstoffe sind für den Tierhalter jedoch nicht käuflich zu erhalten. Nur Futtermittelhersteller mit zugelassenem Herstellungsbetrieb dürfen diese beziehen. Des Weiteren ist eine vegetarische Ernährung bei der Katze, die ein strikter Carnivore ist, als nicht artgerecht anzusehen. 4 Fett 4.1 Definition, Funktionen, Bedeutung für die Ernährung Fette gehören zu einer heterogen zusammengesetzten Gruppe von organischen Verbindungen, die unter dem Begriff Lipide („Fettstoffe“) zusammengefasst werden. Allen diesen Verbindungen ist gemeinsam, dass sie zwar in organischen Lösungsmitteln aber nicht in Wasser löslich sind. Abb. 11: Die Lipide im Überblick Man unterscheidet: • einfache Lipide Triglyzeride, bei denen 3 Fettsäuren über ein Gylzerinmolekül als „Rückgrat“ miteinander verbunden sind • komplexe Lipide enthalten neben den Lipiden weitere Moleküle wie z.B. Phosphat oder Proteine • Isoprenoide z. B. lipidhaltige Hormone oder fettlösliche Vitamine. Die wichtigsten mit der Nahrung aufgenommenen Lipide sind Triglyzeride und Phospholipide (komplexe Lipide in Zellmembranen), wobei der Anteil der Triglyceride deutlich überwiegt. Sie können sowohl tierischer (z.B. Rindertalg, Schweineschmalz) als auch pflanzlicher (Pflanzenöle) Herkunft sein, und üblicherweise bezeichnet man bei Raumtemperatur feste Lipide als Fette, bei Raumtemperatur flüssige als Öle. Trotz des offensichtlichen Unterschieds in der Konsistenz bestehen beide Fettarten aus Triglyzeriden, wobei allerdings die Art der enthaltenen Fettsäuren deutlich voneinander abweicht. Fettsäuren bestehen aus Kohlenwasserstoffketten mit einer Karboxylgruppe (Säuregruppe, kann ein H+-Ion abgeben) an einem Ende. Sie werden anhand ihrer Kettenlänge (Anzahl der Kohlenstoffatome) und ihres Sättigungsgrades (Anzahl der Doppelbindungen) voneinander unterschieden. Man spricht von kurzkettigen (bis 4), mittelkettigen (6-10) und langkettigen Fettsäuren (über 10 C-Atome) bzw. von gesättigten (ohne Doppelbindung) und ungesättigten Fettsäuren (mit Doppelbindung). Fettsäuren, deren Kohlenstoffatome durch Einzelbindungen verknüpft sind, binden die maximal mögliche Anzahl von Wasserstoffionen und werden als gesättigt bezeichnet („mit Wasserstoffionen gesättigt“). Fettsäuren mit chemischen Doppelbindungen zwischen den Kohlenstoffatomen nehmen weniger Wasserstoffionen auf („mit Wasserstoffionen ungesättigt“). Ist nur eine Doppelbindung vorhanden, spricht man von einer einfach ungesättigten Fettsäure, bei zwei oder mehreren Doppelbindungen von einer mehrfach ungesättigten Fettsäure. Für die genaue Bezeichnung der Fettsäuren hat sich eine Kurzschreibweise, bei der die Anzahl der Kohlenstoffatome sowie die Lokalisation der ersten Doppelbindung und die Anzahl der Doppelbindungen angegeben sind, durchgesetzt. Üblicherweise wird die „Omega-Zählweise“ (Omega (ω) = letzter Buchstabe des griechischen Alphabetes) verwendet, bei der die C-Atome vom der Säuregruppe gegenüber liegenden Ende der Kohlenstoffkette aus gezählt werden. Umgangssprachlich nennt man ungesättigte Fettsäuren deshalb auch OmegaFettsäuren. Einige Fettsäuren aus der Omega-6- und Omega-3-Familie (die erste Doppelbindung befindet sich nach dem 6. bzw. 3. Kohlenstoffatom) sind lebensnotwendig (essenziell) und müssen mit der Nahrung aufgenommen werden. Zum Beispiel erhält Linolsäure, eine mehrfach ungesättigte Omega-6-Fettsäure mit 18 Kohlenstoffatomen und 2 Doppelbindungen, von denen die erste zwischen den Kohlenstoffatomen 6 und 7 liegt, die Bezeichnung: 18:2n-6. Sie gehört also zur Familie der Omega 6-Fettsäuren, mit der entscheidenden ersten Doppelbindung nach dem 6. Kohlenstoffatom vom freien C-Atom-Ende aus gezählt. Nahrungsfette enthalten immer eine Mischung unterschiedlicher Fettsäuren. Im Allgemeinen aber gilt, dass tierische Fette einen höheren Prozentsatz gesättigter Fettsäuren aufweisen als pflanzliche, und dass die Fettkonsistenz vom Anteil der ungesättigten Fettsäuren abhängt. Pflanzliche Fette enthalten in der Regel viele ungesättigte Fettsäuren und liegen daher meist als Öle vor. Ausnahmen bei tierischen Fetten sind Geflügelfett und Fischöl, bei pflanzlichen Fetten Kokos- und Abb. 13: Fette liefern nicht nur Palmfett. Mehrfach ungeEnergie, sondern sind auch wichtige Geschmacksträger im Futter. sättigte Fettsäuren in der Nahrung sind relativ instabil. Sie verändern sich unter Einfluss von Sauerstoff, Wärme und Licht und verderben deshalb rasch, d.h. sie werden ranzig. Abb.12: Stoffwechsel der essenziellen Fettsäuren (nach Lloyd 1989) Legende: EPA = Eicosapentaensäure; PG = Prostaglandin; LT = Leukotrien Fette aus der Nahrung erfüllen verschiedene wichtige Funktionen im Stoffwechsel. Durch die Aufnahme von Fetten erhält das Tier Energie, essenzielle Fettsäuren und kann fettlösliche Vitamine resorbieren. Zudem ist Fett als „Geschmacksträger“ für die Schmackhaftigkeit und damit die Akzeptanz eines Futters von großer Bedeutung. Fett ist der Nährstoff, der die meiste Energie liefert, pro Gewichtseinheit ist die Energieausbeute mehr als doppelt so hoch wie bei Kohlenhydraten und Eiweißen. Je nach Energieversorgung und Bedarf des Tieres wird das aufgenommene Fett entweder als „Brennstoff“ im intermediären Stoffwechsel umgesetzt oder als „Energiespeicher“ im Depotfett („Fettpolster“) abgelagert. Gesättigte Fettsäuren dienen überwiegend der Energieversorgung des Organismus. Dabei sind die kurzkettigen Fettsäuren schnelle Energielieferanten (z.B. für Sporthunde und neugeborene Welpen), während langkettige eher für die Energieversorgung im Erhaltungsstoffwechsel und die Energiespeicherung im Fettgewebe vorgesehen sind. Fett (das auch aus Kohlenhydraten und Proteinen im Körper aufgebaut werden kann) wird in Form von Triglyzeriden in den Adipozyten (Fettzellen) eingelagert. Neben der Speicherung als Depotfett (Energiereserve, die bei Bedarf wieder abgebaut werden kann) übernimmt Fettgewebe aber auch weitere wichtige Aufgaben, wie z.B. die Isolation des Körpers durch eine subkutane Fettschicht (Kälteschutz). Mehrfach ungesättigten Fettsäuren übernehmen wichtige strukturelle Aufgaben und Stoffwechselfunktionen. Sie werden in körpereigene Lipide eingebaut, wie z. B. in Phospholipide von Zellmembranen, in Lipoproteine zum Fetttransport, in Cholesterin, das für die Bildung der Gallensäure benötigt wird und eine Vorstufe der Steroidhormone ist. Unter den mehrfach ungesättigten Fettsäuren befinden sich die Omega-6-Fettsäuren mit ihrer Stammform Linolsäure (C18:2, Omega 6) und die Omega-3-Fettsäure mit ihrer Stammform α-Linolensäure (C18:3, Omega 3). Diese Stammformen werden zwar im Stoffwechsel durch Desaturierung (Einfügen zusätzlicher Doppelbindungen) und Verlängerung der Kohlenstoffkette in andere mehrfach ungesättigte Fettsäuren der gleichen Familie umgewandelt (Abb. 12, Stoffwechsel der essenziellen Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren), aber eine Übergang aus einer Fettsäurefamilie in die andere ist nicht möglich. Unter essenziellen Fettsäuren versteht man Fettsäuren, die für den Stoffwechsel und für Wachstum benötigt werden, aber vom Körper selbst nicht aufgebaut werden können. Sie sind somit ein lebensnotweniger Bestandteil der Nahrung. Ihre Hauptaufgaben sind: • Einbau in die Struktur der Zellmembranen, wodurch diese flexibel und durchlässig werden • Bildung von Gewebshormonen, die an entzündlichen Prozessen im Körper beteiligt sind (Eikosanoide) • Erhalt der Hautbarriere (vor allem Omega-6) • Stoffwechsel und Transport von Cholesterin In den Zellmembranen des Fettgewebes, der Nieren, der Leber und der Muskulatur überwiegen Omega-6-Fettsäuren, im Nervengewebe, der Netzhaut im Auge und den Fortpflanzungsorganen kommen zudem hohe Gehalte an Omega-3-Fettsäuren vor. Da Hunde alle Fettsäuren der Omega-6-Fettsäurereihe aus Linolsäure synthetisieren können, wurde prinzipiell nur Linolsäure als essenziell eingestuft. Das heißt: Durch eine bedarfsgerechte Aufnahme von Linolsäure ist eine ausreichende Synthese aller Omega-6-Fettsäuren gewährleistet. Bei Katzen ist außerdem Arachidonsäure essenziell, weil die Umwandlung aus Linolsäure nicht ausreicht. Bei Hunden und Katzen ist zudem α-Linolensäure (Omega-3-Fettsäure) essenziell, auch wenn die klinischen Symptome eines Mangels nicht so offensichtlich zu erkennen sind, wie das bei Linolsäure der Fall ist. Die langkettigen Omega-3-Fettsäuren Eikosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) sind zwar nicht essenziell im engeren Sinne, aber wegen ihrer entzündungshemmenden Wirkung bekannt und für die Entwicklung von Netzhaut und Gehirn beim Embryo so unentbehrlich, dass in Lebensphasen mit erhöhtem bedarf eine Zufuhr mit der Nahrung obligatorisch ist. Man kann sie daher als semi-essenziell bezeichnen. Omega-3-Fettsäuren können den Stoffwechsel von Eikosanoiden und somit den Verlauf von Entzündungsreaktionen beeinflussen. Aus der Arachidonsäure (Omega6) werden andere spezifische Gewebshormone gebildet als z.B. aus der Eikosapentaensäure (Omega-3). Die von Eikosapentaensäure (EPA) abgeleiteten Gewebshormone wirken viel weniger entzündungsfördernd als die der Arachidonsäure. Da beide Fettsäurefamilien um dieselben Enzyme konkurrieren, ist es möglich durch eine gezielte Steigerung der Zufuhr von EPA & DHA regulierend auf Entzündungsreaktionen einzuwirken. Abb. 14: Funktionen der Omega-3-Fettsäuren im Körper Hunde und Katzen benötigen einen Fettanteil von mindestens 1-2% in der Nahrung zur Resorption der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K, die nur zusammen mit den Fettabbauprodukten passiv durch die Darmwand absorbiert werden. 4.2 Fettverdauung und – stoffwechsel Hunde und Katzen verdauen Fette aus der Nahrung sehr effizient. Die Fettverdaulichkeit liegt normalerweise zwischen 80 und 95 %, besonders Fette mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren wie z.B. Geflügelfett und Pflanzenöle erreichen hohe Werte. Im Vergleich dazu wird Rindertalg, der einen höheren Anteil an gesättigten Fettsäuren aufweist, etwas schlechter verdaut. Hunde und Katzen vertragen Fett auch in größeren Mengen sehr gut, da es nahezu vollständig im Dünndarm absorbiert wird. Abb 15: Schema der Fettverdauung Die Verdauung der Triglyzeride, die den Hauptteil der Nahrungsfette ausmachen, wird bereits im Magen durch eine Lipase aus dem Magen (Lipase = Enzym, das Triglyzeride spaltet) eingeleitet. Im Dünndarm werden die wasserunlöslichen Fette mit Hilfe von Gallensäuren emulgiert und durch ständige peristaltische Darmbewegungen in kleinere Tröpfchen zerlegt. Dadurch vergrößert sich die Oberfläche beträchtlich, was die Wirkung der Fett spaltenden Pankreasenzyme (Pankreaslipase, Phospholipase und Cholesterinesterase) begünstigt. Triglyzeride werden zu Monoglyzeriden (Glycerinmolekül mit einer Fettsäure) und freien Fettsäuren abgebaut und bilden zusammen mit den Gallensäuren so genannte Mizellen. Diese „Kügelchen“ bestehen aus Gallensäuren und den Fettabbauprodukten, die sich so ausrichten, dass die wasserlöslichen Enden der Moleküle (z.B. Karboxylgruppe) nach außen und die fettlöslichen Abschnitte nach innen zeigen. In diesem Zustand sind die Mizellen wasserlöslich und transportfähig. (Da Lipide in Wasser unlöslich sind, ist nur auf diese Weise ein inniger Kontakt zur Darmschleimhaut, der die Voraussetzung für eine Absorption ist, überhaupt möglich.) Die Fettabbauprodukte diffundieren passiv durch die Darmwand, was über die gesamte Länge des Dünndarms erfolgt. Die Gallensäuren werden erst im letzten Abschnitt des Dünndarms, dem Ileum, aus dem Darminhalt rückresorbiert, in der Leber recycelt und letztlich wieder in die Galle abgegeben. In den Darmzellen entstehen aus den einzelnen Lipidbruchstücken zunächst wieder Triglyzeride, die anschließend von speziellen Transporteiweißen (Lipoproteine) umhüllt - als Chylomikronen - in die Lymphgefäße abgegeben werden. Über den Ductus thoracicus erreichen sie den Blutkreislauf. Kurz- und mittelkettige Fettsäuren gelangen direkt über den Pfortaderkreislauf unter Umgehung des Lymphsystems in die Leber. Die Leber ist die „Schaltzentrale“ des intermediären Stoffwechsels, sie bestimmt je nach Energiestatus und – bedarf unter Einfluss von Hormonen den Verbleib der verdauten Fette. Das Enzym Lipoproteinlipase spaltet die Triglyzeride aus den Chylomikronen in Glyzerin und Fettsäuren, die dann von den Zellen aufgenommen werden. Die Fettsäuren werden anschließend entweder zur Energiegewinnung in den Mitochondrien der Zellen abgebaut (ß-Oxidation) oder in der Leber zu neuen Triglyzeriden zusammengefügt und an andere Gewebe (z. B. Muskel- und Fettgewebe) zur Speicherung oder als Energiequelle weitergeleitet. Das Glyzerin gelangt in den Kohlenhydratstoffwechsel. Sämtliche überschüssige Energie wird in den Fettdepots in Form von Triglyzeriden gespeichert. Diese sitzen vor allem unter der Haut und sind bei übergewichtigen Hunden und Katzen leicht zu erkennen und zu fühlen. Das Depotfett kann entweder aus Kohlenhydraten und Proteinen neu aufgebaut werden, oder es werden Nahrungsfette dafür verwendet. Da letzteres energetisch viel effizienter ist als eine Neusynthese (Aufbau verbraucht auch Energie), gleicht das Fettsäurenprofil des Speicherfettes häufig dem aus der Nahrung. Das Fettgewebe im Körper unterliegt einem ständigen Auf- und Abbau. Das Schlüsselenzym für den Fettabbau („Freisetzung der gespeicherten Energie“) ist eine hormonabhängige Lipase. Die dabei aus dem Fettgewebe freigesetzten Fettsäuren werden entweder als Energiequelle zu anderen Geweben (z.B. Muskulatur, Leber) transportiert oder in der Leber wieder zu Triglyzeriden umgewandelt. 4.3 Bedarf an essenziellen Fettsäuren Hunde und Katzen haben keinen eigentlichen „Fettbedarf“, sondern einen Bedarf an essenziellen Fettsäuren. Für den Hund sind dies Linolsäure (Omega-6) und α- Linolensäure (Omega-3), für die Katze zusätzlich Arachidonsäure (Omega-6). Arachidonsäure ist nur in Tierfetten enthalten und einer der Gründe, warum eine rein vegetarische Ernährung bei Katzen nicht möglich ist. Die spezifischen Effekte mehrfach ungesättigter Fettsäuren auf Entzündungsreaktionen sind eher als pharmakologisch einzustufen und hängen nicht direkt mit der Nährstoffversorgung zusammen. Trotzdem ist ihr gezielter Einsatz eine wichtige diätetische Maßnahme, vor allem bei der Ernährung alternder und chronisch kranker Tiere. Empfehlungen zur angemessenen Versorgung mit essenziellen Fettsäuren wurden vom NRC (2006) veröffentlicht. Danach wird der Bedarf des Hundes an Linolsäure für ausgewachsene Hunde auf 0,4 g/kg metabolisches Körpergewicht (kg 0,75), für wachsende Welpen auf 0,8 und für säugende Hündinnen auf 1,6 g pro kg 0,75 geschätzt. Daraus ergibt sich ein empfohlener Linolsäuregehalt im Alleinfutter für Hunde von mindestens 1-1,3 % in der Trockensubstanz. Zu beachten ist der erhöhte Bedarf für säugende Hündinnen durch hohe Gehalte in der Hundemilch. Abb. 16: Bedeutung der Omega-6-Fettsäuren in der Ernährung von Hund und Katze Da bei Katzen ein hoher Linolsäuregehalt im Futter den Bedarf an Arachidonsäure senkt und große Mengen Arachidonsäure den Bedarf an Linolsäure verändern, ist die Angabe exakter Bedarfsmengen an Omega-6-Fettsäuren schwieriger. Der Linolsäurebedarf von Katzen wird pro kg metabolisches Körpergewicht (kg 0,67) mit 0,2 g (im Wachstum), 0,14 g (im Erhaltungsstoffwechsel) bzw. 0,3 g (während der Säugezeit) gedeckt. Im Alleinfutter werden Gehalte von 0,55 % Linolsäure in der Trockensubstanz als ausreichend erachtet. Der Bedarf für Arachidonsäure ist geringer, und die Empfehlungen im Alleinfutter reichen von 0,006 % in der Trockensubstanz für erwachsene bis zu 0,02 % für wachsende und säugende Katzen. Auch wenn zur Versorgung von Kleintieren mit Omega-3-Fettsäuren noch weiterer Forschungsbedarf besteht, weiß man doch, dass sie u. a. für die normale Entwicklung und Funktion der Netzhaut und des Gehirns notwendig sind. Der Bedarf wird beim Hund auf 0,01-0,05 g pro kg 0,75 geschätzt, bei wachsenden und säugenden Katzen auf 0,01 g/kg 0,67, konkrete Bedarfsangaben ausgewachsener Katzen stehen noch aus. Die Empfehlungen für den Gehalt an α-Linolensäure im Alleinfutter (Trockensubstanz) reichen von 0,02 (Katze) bis 0,04-0,08 % (Hund). Im Wachstum, in der Trächtigkeit und in der Säugeperiode ist zudem eine zusätzliche Versorgung mit EPA und DHA (den langkettigen Fettsäuren der Omega-3-Serie) sinnvoll, da befürchtet wird, dass unter solchen Umständen die Umwandlung von αLinolensäure zur Deckung des Bedarfs nicht ausreicht. 4.4 Mangel & Überschuss: klinische Folgen Ein Mangel an essenziellen Fettsäuren ist bei Hunden und Katzen am deutlichsten an der Haut und dem Fell zu erkennen. Insgesamt wirkt das Fell stumpf, trocken und glanzlos, und die Tiere leiden vermehrt unter Juckreiz. Die Haut wird schuppig und neigt zu Parakeratosen durch eine gestört ablaufende Verhornung der Hautzellen. Aufgrund der Veränderungen der Fettschicht auf der Haut kann die normale Bakterienflora beeinträchtigt sein, so dass sekundär bakterielle Infektionen entstehen können (Pyodermie). Die Wundheilung ist ebenfalls beeinträchtigt. Bei langfristigem Fettsäuremangel kommt es zum Haarausfall, und es entwickeln sich Hautläsionen besonders im äußeren Gehörgang und zwischen den Zehen. Prinzipiell sind langfristig Mangelsituationen zu erwarten, wenn durch chronische Verdauungsstörungen die Absorption und Verwertung der Fettsäuren massiv beeinträchtigt ist oder Futtermittel minderer Qualität gefüttert werden. Fehler in der Zubereitung (übermäßig erhitzte Nahrung) und Lagerung können dazu führen, dass das Fett durch Oxidation der ungesättigten Fettsäuren ranzig wird. Dann ist nicht nur die Aktivität der essenziellen Fettsäuren zerstört, sondern es tritt auch ein sekundärer Mangel an fettlöslichen Vitaminen auf. Unter heutigen Bedingungen ist durch die überwiegende Fütterung von Alleinfuttermitteln ein Mangel an Fett bzw. essenziellen Fettsäuren sehr selten geworden. Unter Praxisbedingungen ist er noch am ehesten wahrscheinlich, wenn Tiere mit einem erhöhten Bedarf (Wachstum, Laktation) ungeeignete Rationen erhalten. Da die Schmackhaftigkeit von Hundeund Katzenfuttermitteln stark vom Fettgehalt beeinflusst wird, werden fettarme Rationen schlecht gefressen, was dann einen Fettsäuremangel (aufgrund der geringen Futteraufnahme) noch verstärkt. Abb. 17: Ein hoher Fettgehalt im Futter steigert die Ein hoher Fettgehalt im Futter Futteraufnahme und begünstigt Übergewicht. begünstigt eine übermäßige Energieaufnahme, da fetthaltige Futtermittel besonders schmackhaft sind und gerne gefressen werden. Hunde und Katzen können fettreiche Rationen gut vertragen und speichern überschüssiges Fett im Körper. Dies führt zur Gewichtszunahme, langfristig zu Adipositas. Enthält die Nahrung mehr Fett, als der Magen-Darmtrakt effektiv verdauen und absorbieren kann, führt dies zu Verdauungsstörungen in Form von Steatorrhoe (Fettstuhl) und Diarrhoe (Durchfall). 4.5 Tierische und pflanzliche Nahrungsfette: Beispiele Nahrungsfette sind sowohl in tierischen als auch in pflanzlichen Nahrungsmitteln enthalten. Tierische Nahrungsfette finden sich entweder in Produkten wie Milch und Eiern oder im Körperfett von Schlachttieren und Fischen. Fett oder fettreiche Produkte, die aus Kuhmilch gewonnen werden, wie beispielsweise Butter oder Sahne, spielen in der Ernährung von Hunden und Katzen nur eine untergeordnete Rolle. Wichtiger sind Nahrungsfette, die von Schlachttieren stammen. Sie fallen als Nebenprodukte bei der Fleischgewinnung an und werden entweder direkt (z.B. Speck) oder ausgelassen als Schmalz oder Talg verwendet. Fett, das aus Fischen oder Fischteilen gewonnen wird, wird als Fischöl oder je nach Fischart bezeichnet (beispielsweise als Lachsöl). Pflanzliche Nahrungsfette werden aus dem Fruchtfleisch oder aus den Samen fetthaltiger Nutzpflanzen gewonnen. Wichtige Vertreter der Fruchtfleischfette sind Palmöl und Olivenöl, der Samenfette Rapsöl, Sonnenblumenöl, Sojaöl und Maiskeimöl. Der Fettgehalt verschiedener Früchte, Keimlinge und Samen schwankt zwischen 10 % und 70 %. 5 Kohlenhydrate 5.1 Definition, Funktionen, Bedeutung für die Ernährung Unter dem Begriff Kohlenhydrate werden Verbindungen zusammengefasst, die aus Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff aufgebaut sind. Sie werden in Pflanzen durch Photosynthese gebildet. Sie sind die „Energiespeicher“ der Pflanzen oder geben ihnen als „Stützelemente“ ihre typische Struktur und Form. Aus diesem Grunde sind Kohlenhydrate in allen Nahrungsmitteln pflanzlicher Herkunft enthalten, während sie in Nahrungsmitteln tierischer Herkunft nur in geringen Mengen in Form von Blutzucker, Muskel- und Leberglykogen und Milchzucker vorkommen. Abb. 18: Systematik der Kohlenhydrate Die Kohlenhydrate (Saccharide) werden anhand ihrer chemischen Struktur in einfache Zucker wie Monosaccharide und Disaccharide, Oligosaccharide und Polysaccharide unterschieden. Monosaccharide, die einfachste Form der Kohlenhydrate, bestehen aus einer einzelnen Untereinheit mit 3-7 Kohlenstoffatomen. Darunter haben Glukose, Fruktose und Galaktose, die jeweils 6 Kohlenstoffatome besitzen, für die Ernährung und den Stoffwechsel die größte Bedeutung. Disaccharide sind aus zwei miteinander verknüpften Monosacchariden aufgebaut. Zu ihnen zählen Laktose, Saccharose und Maltose. Laktose (Milchzucker) besteht aus den Molekülen Glukose und Galaktose, Saccharose (Rohrzucker) aus Fruktose und Glukose und Maltose aus 2 Glukosemolekülen. Kohlenhydrate mit 3 bis 9 Zuckereinheiten werden als Oligosaccharide, solche mit mehr als 9 Zuckereinheiten als Polysaccharide oder komplexe Kohlenhydrate bezeichnet. Beispiele für Polysaccharide sind Stärke, Hemizellulose, Zellulose und Pektine. Es handelt sich dabei um große Moleküle mit unzähligen miteinander verknüpften einzelnen Zuckereinheiten. Abb. 19: Die wichtigsten Einfachzucker Auch wenn die Kohlenhydrate im Prinzip chemisch alle ähnlich zusammengesetzt sind, unterscheiden sie sich doch erheblich in ihren ernährungsphysiologischen Eigenschaften. Unter Berücksichtigung ihrer Funktion und Verdaulichkeit (siehe unten) können Kohlenhydrate in 4 verschiedene Gruppen eingeteilt werden. • absorbierbare Kohlenhydrate Monosaccharide liegen bereits als absorptionsfähige Verbindungen vor, so dass eine „Aufarbeitung“ durch Verdauungsenzyme entfällt. Sie können direkt über die Darmschleimhaut aufgenommen werden. • verdauliche Kohlenhydrate Kohlenhydrate, die vor der Verdauung erst durch körpereigene Verdauungsenzyme aufgeschlossen werden müssen. Dazu zählen Disaccharide, bestimmte Oligosaccharide und Stärke. Stärke ist ein Polysaccharid, das aus langen geraden (Amylose) und verzweigten Ketten (Amylopektin) von Glukosemolekülen besteht. • fermentierbare Kohlenhydrate Kohlenhydrate, die im Verdauungstrakt nicht von körpereigenen sondern nur von mikrobiellen Enzymen der Darmbakterien abgebaut (fermentiert) werden können. In diese Gruppe fallen z.B. Laktose bei ausgewachsenen Hunden und Katzen, bestimmte Oligo- und verschiedene Polysaccharide. Sie unterscheiden sich in ihrer Abbaugeschwindigkeit und ihrer Löslichkeit im Darm voneinander. • nicht fermentierbare Kohlenhydrate Diese komplexen Kohlenhydrate werden durch Darmbakterien nicht oder nur in geringem Maße fermentiert, z. B. Zellulose oder Lignin aus den verholzten Anteilen von Pflanzen. Je nach Alter des Tieres oder Zubereitung und Menge des Futters ist es möglich, dass einzelne Kohlenhydrate mehreren der o.g. Gruppen zugeordnet werden. Beispielsweise wird Laktose von säugenden Welpen sehr effizient durch ein körpereigenes Enzym (Laktase) aufgeschlossen und verdaut, während sie bei ausgewachsene Hunden und Katzen überwiegend mikrobiell abgebaut wird. Kohlenhydrate in der Nahrung, die nicht von körpereigenen Enzymen abgebaut werden können, bezeichnet man auch als Nahrungsfasern. Sie unterscheiden sich in der Art der darin enthaltenen Zucker und deren chemische Bindungen von den verdaulichen Kohlenhydraten. Zu ihnen gehören u. a. Zellulose, Hemizellulose, Pektin u.a. Sowohl Stärke als auch Zellulose bestehen aus einzelnen ZuckerUntereinheiten, die jedoch unterschiedlich miteinander verbunden sind. Die Enzyme von Säugetieren können nur die Bindung zwischen den Glukosemolekülen der Stärke (α-glykosidische Bindung), nicht aber die der Zellulose (β-glykosidische Bindung) aufbrechen. Einige Faserstoffe können von den Darmbakterien verwertet werden. Da vom Dünndarmanfang bis zum Dickdarm die Anzahl der Darmbakterien ständig zunimmt, wird auch der mikrobielle Abbau im Laufe des Verdauungsprozesses zunehmend bedeutsamer. Im Dünndarm spielt der mikrobielle Abbau von Kohlenhydraten nur eine äußerst geringe Rolle, und die pflanzlichen Faserstoffe werden erst im Dickdarm durch bakterielle Enzyme weiter aufgespalten. Nahrungsfasern, die von Darmbakterien abgebaut werden können, bezeichnet man als fermentierbare Fasern. Nicht fermentierbare Fasern werden dagegen nahezu unverändert mit dem Kot wieder ausgeschieden. Die verschiedenen Nahrungsfasern unterscheiden sich u. a. im Hinblick auf ihre bakterielle Abbaubarkeit, die Geschwindigkeit ihrer Fermentation, ihre Wasserlöslichkeit, Wasserspeicherfähigkeit und Viskosität. Je nach dem, welche spezifischen Wirkungen im Verdauungstrakt im Vordergrund stehen, spricht man auch von Ballaststoffen oder diätetischer Faser. Einfache Kohlenhydrate und Stärke aus der Nahrung werden vom Körper als Glukosequelle genutzt. Glukose erfüllt mehrere wichtige Funktionen im Körper. Durch den Abbau im Stoffwechsel wird der Organismus mit Energie und Wärme versorgt. Glukose ist der einzige Energielieferant für die Zellen des Gehirns und Nervensystems sowie der roten und weißen Blutkörperchen. Durch einen konstanten Blutzuckerspiegel ist die Versorgung aller wichtigen Gewebe zu jedem Zeitpunkt gewährleistet. Stehen aus der Nahrung nicht ausreichend Kohlenhydrate zur Verfügung, wird Glukose aus bestimmten Aminosäuren im Stoffwechsel neu gebildet (Glukoneogenese). Glukose ist zudem ein wichtiger Baustein für verschiedene körpereigene Verbindungen wie z. B. bestimmte Aminosäuren, Laktose (Kohlenhydrat in der Muttermilch) oder Glykoproteine. Nachdem der unmittelbare Energiebedarf des Körpers gedeckt ist, werden überschüssig aufgenommenen Mengen in Form von Glykogen gespeichert oder in Körperfett umgebaut. Kohlenhydrate und Stärke im Futter dienen hauptsächlich als Energielieferanten. Nahrungsfasern regulieren und unterstützen die normale Darmfunktion und sind daher für die Darmgesundheit von Bedeutung. Die Wirkung der Fasern im Organismus hängt von den jeweiligen Eigenschaften ab. Nicht fermentierbare und unlösliche Fasern wie Zellulose erfüllen eine „Ballastfunktion“ im Darm. Sie stimulieren die Darmbewegungen (Darmperistaltik) und beeinflussen dadurch die Nahrungspassage. Fermentierbare Fasern spielen eine wichtige Rolle bei der Erhaltung der Darmgesundheit („Darmökosystem“) und der Ernährung der Darmzellen. Darmzellen nutzen als Energiequelle überwiegend Butyrat, ein Produkt, das bei der bakteriellen Umsetzung von Faserstoffen im Darmkanal entsteht. Abb. 20: Die Herkunft verschiedener Nahrungsfasern Diätetisch kommen häufig folgende Faserstoffe zum Einsatz: Fructo-Oligosaccharide (FOS) sind fermentierbare Fasern, deren positive Wirkung für die Gesundheit des Verdauungstraktes allgemein bekannt ist. FOS können nur von bestimmten Darmbakterien wie Bifidobakterien und Laktobazillen („guten“ Darmbakterien) als Substrat verwendet werden und verhindern somit das Wachstum „schlechter“ (oder pathogener) Bakterien. Die Verdauung und Aufnahme von Nährstoffen wird verbessert. Mannan-Oligosaccharide (MOS) bestehen aus der Zellwand von Hefen. MOS können an die Rezeptoren von Bakterien „andocken“ und verhindern damit die Anheftung von Keimen an die Darmschleimhaut. Da die Bakterien mit dem Kot ausgeschieden werden, wirkt dies einer Besiedlung mit pathogenen Keimen entgegen. Psyllium (Flohsamen) sind lösliche Fasern, die jedoch kaum fermentiert werden. Durch ihre hohe Wasserbindungskapazität bilden sie pflanzliche Schleimstoffe, die im Darmkanal quellen und regulierend auf die Darmpassage einwirken. In der Humanmedizin wird Flohsamen überwiegend zur Behandlung von Verstopfung (Obstipation) eingesetzt. 5.2 Kohlenhydratverdauung und –stoffwechsel Die Verdauung von Kohlenhydraten umfasst mechanische, enzymatische und mikrobielle Abbauvorgänge im Intestinaltrakt. Zunächst wird das Futter in der Maulhöhle zerkleinert. Im Gegensatz zum Menschen enthält der Speichel von Hunden und Katzen keine Verdauungsenzyme, sondern dient vor allem dazu, den Nahrungsbrei gleitfähig zu machen. Da beim Menschen das stärkespaltende Enzym Amylase auch im Speichel vorhanden ist, schmeckt intensiv gekautes Brot durch den Abbau der Stärke zu Glukose süß. Die Kohlenhydratverdauung beginnt erst im Dünndarm. Monosaccharide (z.B. Glukose) liegen bereits als absorptionsfähige Moleküle vor und werden schnell und vollständig vom Dünndarmepithel aufgenommen. Disaccharide werden durch spezifische membranständige Enzyme in ihre Einzelzuckermoleküle zerlegt. Zum Beispiel spaltet Laktase den Milchzucker (Laktose) in Glukose und Galaktose usw. Anschließend gelangen die einfachen Zuckermoleküle in die Darmzellen. Die Verdaulichkeit der Disaccharide ist äußerst effizient, da die Bindungen zwischen den Zuckermolekülen durch körpereigene Enzyme leicht zu „knacken“ sind. Die einzige Ausnahme ist Milchzucker, der in Milch und den daraus gewonnenen Produkten wie Joghurt, Quark, Käse vorkommt. Die Laktaseaktivität, die bei säugenden Welpen am höchsten ist, geht im Laufe der Entwicklung zurück, so dass Milchzucker bei ausgewachsenen Hunden und Katzen aufgrund der ungenügenden Spaltung im Dünndarm zu einem erheblichen Anteil im Dickdarm von Mikroorganismen fermentiert wird. Aus diesem Grunde sind Milch und Milchprodukte für Hunde und Katzen zum Teil schlecht verträglich. Die Aufnahme größerer Mengen verursacht Durchfall. Abb. 21: Die Verdauung von Stärke und Zucker im Dünndarm Durch die Einwirkung der Pankreasamylase wird Stärke zunächst in die kleineren Bruchstücke (Oligo- und Disaccharide) gespalten. Im nächsten Schritt werden die Spaltprodukte durch Enzyme im Bürstensaum des Dünndarmepithels in die einzelnen Glukose-Bausteine zerlegt. Das in der Leber und Muskulatur vorkommende Glykogen entspricht im seinem Aufbau weitgehend dem verzweigtkettigen Stärketyp Amylopektin. Stärke liegt in Form von Stärkekörnern als Reservekohlenhydrat in Getreidekörnern und Knollen (z. B. Kartoffeln) vor. Während die Pankreasamylase Getreidestärke mit kleiner Körnung (wie z.B. in Reis) sehr gut spalten kann, vermag sie größere Stärkepartikel, wie sie in Mais oder Kartoffeln vorkommen, nur schlecht anzugreifen. Dies erklärt die unterschiedliche Verdaulichkeit verschiedener Stärkearten im Dünndarm (Abbaubarkeit und Resorption im Dünndarm). Stärke, die im Dünndarm nicht verdaut wird, wird als schwer abbaubare Stärke bezeichnet. Durch Wärmebehandlung oder feine Zerkleinerung wird die Stärke in Futtermitteln für Hunde und Katzen so verändert, dass die Amylase besser angreifen kann und die Verdaulichkeit im Dünndarm steigt. Abb. 22: Wirkung von zu viel oder roher Stärke im Dünndarm: osmotischer Durchfall Die im Dünndarm entstandenen Monosaccharide werden über spezifische Transportsysteme der Darmschleimhaut resorbiert. Diese ist mit zahlreichen Zotten ausgestattet, wodurch die Oberfläche des Verdauungskanals beträchtlich vergrößert wird. Die Oberfläche der Zotten ist mit besonderen Zellen besetzt, den Enterozyten. Sie weisen zahlreiche fingerartige Ausstülpungen auf und werden in ihrer Gesamtheit als Bürstensaum bezeichnet. Im Bürstensaum sind die für die Verdauung der Kohlenhydrate notwendigen Enzyme lokalisiert. Resorbierte Zucker werden von den Darmzellen entweder direkt als Energiequelle genutzt oder in den Pfortaderkreislauf abgegeben und zur Leber oder anderen Organen transportiert. Bei Magendarminfektionen kommt es häufig durch Schädigung der Schleimhaut zu Resorptionsstörungen. Nicht resorbierte Kohlenhydrate wirken im Darmkanal osmotisch (d.h. verursachen Wassereinstrom in das Darmrohr), gleichzeitig werden sie verstärkt von Darmbakterien abgebaut. Klinisch sind in solchen Fällen typische Dünndarmdurchfälle zu beobachten. Die Leber ist das Zentralorgan bei der Synthese, Speicherung, Umwandlung und Freisetzung von Glukose zur Nutzung durch andere Organe. Der Blutglukosespiegel ist durch Insulin und Glukagon straff geregelt. Durch den Abbau von Glukose werden die Körperzellen mit Energie versorgt und Wärme produziert. Steigt der Blutglukosespiegel, wird überschüssige Glukose entweder als Glykogen in der Leber und in den Muskeln gespeichert oder nach Umwandlung in Fettsäuren als Depotfett gelagert. Sinkt der Blutglukosespiegel, wird zum einen Glykogen abgebaut, zum anderen wird Glukose zusätzlich aus bestimmten Aminosäuren, Glycerin und Milchsäure neu synthetisiert (Glukoneogenese). Außerdem stellt der Körper in diesem Fall die Energieversorgung verstärkt auf die Verwertung von Fetten um. Als Endprodukte des Kohlenhydratstoffwechsels fallen Kohlendioxid (CO2) in der Atemluft, Wasser und Wärme an. Pflanzliche Faserstoffe werden von körpereigenen Enzymen überhaupt nicht und von mikrobiellen Enzymen in unterschiedlichem Umfang abgebaut. Bei der „normalen“ Darmflora handelt sich um eine vielfältige Mischung verschiedener Bakterienarten, Protozoen und Pilze, die überwiegend im Dickdarm angesiedelt ist. Diese Mikroorganismen beziehen ihre Energie aus dem Abbau von bis dahin noch unverdauten Nahrungsbestandteilen (Fermentation). Der Anteil der verschiedenen Mikroorganismen und deren Vermehrung hängen dabei direkt von dem zur Verfügung stehenden Substrat ab. Zum Beispiel begünstigen faserreiche Rationen das Wachstum von Bifidobakterien und Laktobazillen, deren Enzyme in der Lage sind, die chemischen Bindungen in Faserstoffen zu knacken. Bei mikrobiellen Abbauprozessen im Darmkanal entstehen als „Abfallprodukte“ kurzkettige Fettsäuren (Azetat, Propionat, Butyrat) und Gase (Kohlendioxid, Wasserstoff, Methan). Kurzkettige Fettsäuren sind Energielieferanten, welche bevorzugt von den Darmepithelzellen genutzt werden bzw. nach Absorption auch dem Organismus zur Verfügung stehen. Die Menge und Art der Nahrungsfasern haben einen großen Einfluss auf die Verdaulichkeit aller anderen Nährstoffe, dabei haben Rationen mit einem hohen Ballaststoffanteil eine geringere Verdaulichkeit als Rationen ohne oder mit schnell fermentierenden Faserstoffen. Durch die Fermentation von Nahrungsfasern nimmt die Anzahl der Darmbakterien und somit auch die mit dem Kot ausgeschiedene Menge bakteriell fixierten (in die Bakterienzellen eingebauten) Proteins zu. 5.3 Bedarf, Mangel & Überschuss Hunde und Katzen haben keinen absoluten Bedarf an Kohlenhydraten, sondern benötigen Glukose für die Energieversorgung des Gehirns. Da Glukose auch aus anderen Nährstoffen im Stoffwechsel gebildet werden kann, sind Kohlenhydrate nicht essenziell. Verdauliche Kohlenhydrate sind ausgezeichnete Energielieferanten und sollten besonders bei hohem Energiebedarf (z.B. Trächtigkeit, Laktation, Wachstum) in angemessener Menge zur Verfügung stehen, um den Protein- und Fettstoffwechsel zu entlasten. Auf der anderen Seite werden Kohlenhydrate aber auch nicht in unbegrenzten Mengen vertragen. Kohlenhydrate, die nicht im Dünndarm verdaut werden, gelangen in den Dickdarm, um dort mikrobiell abgebaut zu werden. Bei verstärktem Wachstum der Darmbakterien entwickeln sich Unverträglichkeitssymptome, insbesondere Durchfall. Wie viel Kohlenhydrate in der Ration vertragen werden, ist individuell unterschiedlich. Die Verträglichkeit kann durch Bearbeitung des Futters (z. B. Stärkeaufschluss) sowie langsame Gewöhnung an das Futter verbessert werden. Während der Trächtigkeit und Säugeperiode ist der Glukosebedarf erhöht. Zum einen decken die Feten ihren Energiebedarf ausschließlich über Glukose, zum anderen sind für die Synthese von Milchzucker größere Glukosemengen nötig. Für trächtige und säugende Hündinnen wird ein Kohlenhydratanteil von mindestens 1020 % empfohlen. Enthält die Ration weniger Kohlenhydrate, muss die Eiweißzufuhr erhöht werden, um eine ausreichenden Glukosebildung aus Aminosäuren zu sichern. Als negative Auswirkungen einer unzureichenden Versorgung mit Kohlenhydraten wurden bei trächtigen und laktierenden Hündinnen Embryo-Missbildungen und -resorption, Stoffwechselerkrankungen beobachtet. und eine verringerte Milchproduktion Abb. 23: Während der Trächtigkeit und Laktation hat die Hündin einen erhöhten Glukosebedarf. Im Allgemeinen vertragen Hunde verdauliche Kohlenhydrate gut, so dass Stärke zu Recht ein wichtiger Energieträger im Futter für ausgewachsene Hunde ist. Gehalte von 30-60% aufgeschlossene Stärke verursachen keine gesundheitsschädlichen Nebenwirkungen. Auch Disaccharide im Futter sind - mit der Ausnahme von Laktose - in der Regel unkritisch bei erwachsenen und gesunden Hunden. Durch die noch unausgereifte Enzymaktivität sind für Saugwelpen Rohrzucker und Stärke nicht geeignet und unverträglich. Bei Katzen ist die Toleranz für Kohlenhydrate deutlich geringer als beim Hund. Die Aufnahme von Stärke pro kg Körpermasse sollte je nach Aufschlussgrad 5 g/kg Körpermasse nicht überschreiten, die von Laktose 2 g/kg. Im Vergleich zum Hund ist die Aktivität Kohlenhydrat spaltender Enzyme bei der Katze geringer, und der Organismus kann sich schlechter an unterschiedliche Kohlenhydratmengen anpassen. Trotz dieser Einschränkung werden die im Katzenfutter vorhandenen Stärkemengen (bis zu 35% der Trockensubstanz des Futters) im Allgemeinen gut vertragen. Auch wenn Ballaststoffe für die Darmgesundheit und Ernährung der Darmzellen von Bedeutung sind, gelten sie als nicht essenziell. Der Anteil der Rohfaser (in der Deklaration angegebener Faseranteil) in der Ration sollte bei Hunden mindestens 1,5 % und höchstens 3% der Trockensubstanz betragen. Ein absoluter Mangel an Ballaststoffen ist in der Praxis selten, da viele der einzelnen Rationskomponenten einen Ballaststoffanteil enthalten. Ein zu hoher Faseranteil wirkt sich negativ auf die Verdaulichkeit aller anderen Nährstoffe aus. 5.4 Kohlenhydratquellen: Beispiele In Nahrungsmittel tierischer Herkunft kommen Kohlenhydrate nur in geringen Mengen als Laktose in Milch und Milchprodukten (Käse, Joghurt) und Glykogen in Fleisch und Leber vor. Dagegen enthalten alle pflanzliche Nahrungsmittel Kohlenhydrate, oftmals als Mischung verschiedener Verbindungen. Einfache Zucker kommen in Früchten und Honig vor, Saccharose („Haushaltszucker“) wird aus Zuckerrohr und Zuckerrüben gewonnen. Diese Kohlenhydrate sind für die Ernährung von Hunden und Katzen nur von untergeordneter Bedeutung und werden dem Futter zur Veränderung der Struktur, des Wassergehalts und der Haltbarkeit eingesetzt. Eine Verbesserung des Geschmacks wird allenfalls bei Hunden erreicht, da Katzen „süß“ nicht schmecken. Stärke ist in allen Getreidekörnern (Weizen, Gerste, Hafer, Reis, Mais, Hirse, Roggen) und in Kartoffeln enthalten. Getreidekörner müssen vor der Verfütterung zubereitet werden. Hafer und Gerste werden entspelzt, Reis meist poliert. Weizen, Mais und Hafer kommen meist als Flocken in den Handel, dabei wird durch Wärme und Druck die Stärkestruktur verändert und Verdaulichkeit verbessert. Zur besseren Verwertung werden ganze Körner (z.B. Reis) gekocht. Bei der Verarbeitung von Getreide entstehen Getreidemehle, woraus stärkereiche Nahrungsmittel wie Brot und Nudeln hergestellt werden. Kartoffeln müssen für Hunde und Katzen immer gekocht werden, damit die Stärke überhaupt verdaut werden kann. Leguminosen (z.B. Sojabohnen) enthalten Oligosaccharide wie Raffinose und Stachyose. Diese Zuckermoleküle können nur durch die Mikroflora im Darm aber nicht durch körpereigene Enzyme verdaut werden. Die Faserstoffe stammen aus unterschiedlichen Einzelfuttermitteln. Als Quelle für Ballaststoffe werden häufig Maiskleie, Weizenkleie, Reiskleie, Haferkleie und gereinigte Balllaststoffquellen wie Zellulose und Sojafasern beigemischt. Zellulose ist der Hauptbestandteil der Weizenkleie. Sie wird in Pulverform als Ballaststoff verwendet, um die Energiedichte des Futters zu verringern (Adipositasdiät). Obst enthält einfache Zucker sowie Pektine. Pektine sind als Bestandteil der Zellwand und Interzellularsubstanz vor allem in Früchten und Gemüse enthalten. Industriell wird Pektin aus den Rückständen der Saftherstellung aus Äpfeln und Zitrusfrüchten gewonnen. Möhren bestehen vor allem aus Pektinen und Zucker; auch die bei der Zuckerrübenverarbeitung anfallenden Trockenschnitzel sind pektinreich. Pektine werden im Dickdarm durch Darmbakterien fermentiert. 6. Mineralstoffe Als Mineralstoffe fasst man alle in der Nahrung enthaltenen anorganischen Elemente zusammen. Sie werden in der Futtermittelanalyse als „Rohasche“ bestimmt. Das ist der Teil eines Nahrungsmittels, der nach Verbrennung bei sehr hohen Temperaturen als Asche zurückbleibt. Bestimmte Mineralien sind für Hunde und Katzen essenziell und müssen mit der Nahrung aufgenommen werden. Die Mineralstoffe werden in Mengen- und Spurenelemente unterteilt. Mengenelemente werden im g-Bereich und Spurenelemente im mg-Bereich mit der Nahrung aufgenommen, um den Bedarf des Tieres zu decken. Zu den Mengenelementen gehören: Kalzium, Phosphor, Magnesium, Kalium, Natrium und Chlor, zu den Spurenelementen Eisen, Zink, Kupfer, Jod, Selen und Mangan. Neben den aufgezählten Spurenelementen gibt es noch weitere Mineralien, die nur in sehr geringen Konzentrationen mit dem Futter aufgenommen werden. Abb. 24: Mineralstoffe in der Nahrung Mineralstoffe haben 3 Hauptfunktionen: • Strukturkomponenten („Baustein“) wie im Fall von Kalzium, Phosphor und Magnesium in Knochen und Zähnen • Bestandteile von Körperflüssigkeiten und Geweben, beteiligt an der Regulation des Flüssigkeitshaushaltes, des Säure-Basen-Haushaltes, der Muskelkontraktion, der Membrandurchlässigkeit und der Reizleitung (z.B. Natrium, Kalium, Kalzium, Magnesium) • Kofaktoren und Katalysatoren von Enzymen und Hormonen im Stoffwechsel Die mit dem Futter aufgenommenen Mineralstoffe sind in den Nahrungsmitteln selbst enthalten (Tab. 1) oder werden dem Futter in Form von Mineralsalzen (z. B. Kochsalz = Natriumchlorid) zugesetzt. Voraussetzung für eine ausreichende Absorption im Darmkanal ist die Freisetzung des Mineralstoffs aus den mit dem Futter aufgenommenen Verbindungen. Beispielsweise entstehen durch die Bindung von Kalzium an Phytinsäure (die in größeren Mengen in Getreide und –nachprodukten vorkommt) schwer lösliche Kalziumphytate, was die Verwertung von Kalzium beeinträchtigt. Phosphor aus Nahrungsmitteln tierischer Herkunft wird besser verdaut als aus pflanzlichem Material. Außerdem existieren zwischen den Mineralstoffen zahlreiche Wechselwirkungen, die sich auf die Verwertung einzelner Mineralien auswirken. Liegen Kalzium und Phosphor in hohen Mengen im Futter vor, so behindern sie sich gegenseitig und verschlechtern zudem die Verdaulichkeit anderer Mineralien (bes. von Zink und Kupfer). Im Verdauungstrakt und Stoffwechsel beeinflussen sich chemisch ähnliche Mineralstoffe dadurch, dass sie entweder um dieselben „Resorptionskanäle“ und „Transportsysteme“ konkurrieren oder gemeinsam transportiert werden. Tabelle 1: Beispiele für Nahrungsmittel mit hohen bzw. niedrigen Gehalten an Mineralstoffen Kalzium (Ca) Phosphor (P) Magnesium (Mg) Kalium (K) Natrium (Na) hoch Knochen, Fleischmehl mit Knochen, Milch/-produkte Knochenmehl, Sojaschrot, (Vollkorn)Getreide, grünes Gemüse, Nüsse Vollkornprodukte, Innereien, Magermilchprodukte, Kartoffeln, Bananen, Hefe Käse, Wurstwaren, Fischmehl, Ei gering Fleisch ohne Knochen, Schlachtabfälle, Getreide, Kartoffeln, Gemüse Fleisch, Innereien, Getreide, bes. Vollkornprodukte, Milchprodukte, Ei, Hülsenfrüchte Gemüse, Obst Fisch, Fleisch, Ei Weißmehl, polierter Reis, Fette Getreide, Hülsenfrüchte, Milch, Fleisch Eisen (Fe) Zink (Zn) Kupfer (Cu) Jod (J) Selen (Se) Mangan (Mn) hoch Fleisch, Fisch, Innereien Vollkorngetreide, Ballaststoffe Fleisch, Innereien, Käse, Eigelb, Ballaststoffe, (Getreidekörner) Fleisch, Innereien (bes. Leber), Getreideprodukte, Nüsse Meeresfisch, Algen, Ei variabel: Fisch, Fleisch, Ei Getreide, Hülsenfrüchte, Ballaststoffe gering Getreide, Milch/-produkte, Obst Fisch, Milch, Quark, Gemüse Milch/produkte, fettes Fleisch, Weißmehl, Gemüse, Früchte variabel Getreide, Gemüse variabel: Getreide, Gemüse Milch, Lunge, Eiprodukte Die Mineralstoffe werden primär im Dünndarm, z. T. auch im Dickdarm absorbiert. Mit Hilfe verschiedener Kontrollmechanismen (Resorption aus dem Darm, Ausscheidung, Speicherung) wird die Konzentration jedes einzelnen Mineralstoffs im Körper normalerweise unabhängig von der schwankenden Nahrungsaufnahme innerhalb enger physiologischer Grenzen gehalten. Beispielsweise unterliegt die aktive Absorption von Kalzium der Kontrolle durch Vitamin D, Parathormon und Calcitonin. Abhängig vom Angebot und Bedarf verändert sich dabei die Verdaulichkeit von Kalzium. Bei hohem Angebot bzw. abnehmendem Bedarf sinkt die Verdaulichkeit, bei geringem Angebot sowie hohem Bedarf (wachsende, laktierende Tiere) steigt sie an. Dagegen ist die Absorptionshöhe von Magnesium weitgehend unabhängig von der Aufnahme mit der Nahrung, überschüssige Mengen werden über den Harn ausgeschieden. Werden durch absolut zu niedrige bzw. zu hohe Gehalte in der Nahrung die Kontrollmechanismen überfordert, entwickeln sich bei allen Mineralstoffen langfristig Symptome eines Mangels bzw. einer Überdosierung (siehe unten). Die optimale Versorgung mit Mineralstoffen ist also zum einen abhängig von Bedarf des Tieres (Tab. 2), der wiederum von der Lebensphase und der Leistung beeinflusst wird, und zum anderen aber auch von der Verfügbarkeit des Mineralstoffes. Tabelle 2: Empfehlungen zur täglichen Mineralstoffaufnahme von ausgewachsenen Hunden und Katzen (Meyer & Zentek 2005; Kamphues et al. 2004) pro kg Körpergewicht bzw. berechnet für einen Hund (20 kg) bzw. eine Katze (4 kg) Mengenelemente Spurenelemente Hund Mineralstoff Kalzium (Ca) Phosphor (P) Natrium (Na) Kalium (K) Magnesium (Mg) Chlorid (Cl) Eisen (Fe) Kupfer (Cu) Zink (Zn) Mangan (Mn) Selen (Se) Jod (J) 6.1 Katze Einheit g g g g g g pro kg 20 kg pro kg 4 kg 0,08 0,06 0,05 0,055 0,012 0,075 1,6 1,2 1 1,1 0,24 1,5 0,045 0,04 0,08 0,08 0,006 0,12 0,18 0,16 0,32 0,32 0,024 0,48 mg mg mg mg µg µg 1,4 0,1 1,0 0,07 15 5 28 2 20 1,4 300 100 1,3 0,08 1,2 0,08 6 34 5,2 0,24 4,8 0,24 24 136 Mengenelemente Kalzium erfüllt wesentliche Aufgaben im Körper. Es ist eines der Hauptbestandteile des Skeletts und der Zähne und verleiht ihnen - zusammen mit Phosphor – ihre Stabilität. Zum anderen ist Kalzium als „Botenstoff“ am Informationsfluss zwischen den Zellen beteiligt und demzufolge unentbehrlich für die Muskelfunktion und Reizübertragung in den Nervenleitungen. Außerdem ist Kalzium für die Blutgerinnung von Bedeutung. Der Kalziumgehalt im Blut wird durch Hormone der Nebenschilddrüse (Parathormon) und Schilddrüse (Calcitonin) straff reguliert. Bei geringem Angebot und sinkendem Kalziumspiegel im Blut wird Parathormon ausgeschüttet. Dadurch wird Kalzium aus dem Skelett (Knochenabbau) freigesetzt, die Resorption (über Aktivierung von Vitamin D) im Darm gefördert und die Rückresorption in der Niere verbessert. Sämtliche Wirkungen von Parathormon zielen also darauf ab, die Abb. 25: In den ersten 4-6 Lebensmonaten ist der CaBedarf besonders hoch. Kalziumkonzentration im Blutplasma anzuheben. Calcitonin ist als „Gegenspieler“ von Parthormon für die Absenkung des Kalziumspiegels im Blut zuständig. Dies geschieht durch Hemmung des Knochenabbaus, Steigerung der Kalziumeinlagerung in den Knochen sowie eine erhöhte Ausscheidung über die Nieren. Der Bedarf für wachsende Tiere ist besonders in den ersten Lebensmonaten wegen der Entwicklung des Skelettsystems höher als im Erhaltungsbedarf für ausgewachsene Tiere und ändert sich im Verlauf des Wachstums ständig. Zur Vermeidung von Schäden (siehe unten) muss die Kalziumaufnahme deshalb regelmäßig dem Bedarf angepasst werden. Bei Hündinnen ist der Bedarf an Kalzium in den letzten Wochen der Trächtigkeit verdoppelt (Knochenbildung der Feten) und steigt während der Laktation in Abhängigkeit der Welpenzahl auf das 2 bis 5-fache des Erhaltungsbedarfs an. Dagegen ändert sich im Vergleich zur Erhaltung der Bedarf selbst bei intensiver körperlicher Belastung nicht, weil dabei keine Kalziumverluste entstehen. Abb. 26: Die wichtigsten Nährstoffe für die Knochenbildung Sowohl eine Unter- als auch eine Überversorgung kommen in der Praxis bei Hunden und Katzen immer wieder vor. Eine Unterversorgung mit Kalzium kann zwar vom Organismus vorübergehend durch Freisetzung von Kalzium aus den Knochen überbrückt werden (Ausschüttung von Parathormon), langfristig entstehen jedoch schwere klinische Ausfälle, besonders am Skelettsystem: z.B. Lahmheiten, Verbiegungen am Skelett, Knochenbrüche sowie Lockerung der Zähne und Zahnausfall. Dabei sind durch die Beeinträchtigung der Knochenmineralisierung wachsende Tiere stärker und schneller betroffen als ausgewachsene. Klinisch werden solche Veränderungen in der Regel erst relativ spät erkannt, da zunächst weder das Allgemeinbefinden gestört ist noch Abweichungen im Blutbild auftreten. Im Röntgenbild sind schlecht mineralisierte Knochen an einer dünnen Kortikalis (äußere Schicht des Knochenschaftes) und einem geringen Röntgenkontrast zu erkennen. Unter praktischen Bedingungen entsteht ein Kalziummangel, • wenn selbst gekochte Rationen auf der Basis von Fleisch und Kohlenhydraten (z. B. Reis, Kartoffeln) nicht mit einem geeigneten, kalziumreichen Mineralfutter ergänzt werden, • wenn Futtermittel in ungeeigneter Art miteinander kombiniert werden (z. B. Fleisch und nicht mineralisiertes Flockenfutter) oder • wenn Tiere mit einem erhöhten Bedarf (z. B. laktierende Hündinnen und Kätzinnen) Futter mit einem zu geringem Kalziumgehalt erhalten. Tierhaltern wissen in der Regel zwar, dass Hunde und Katzen Kalzium brauchen, aber nicht wie viel und in welchen Nahrungsmitteln es in ausreichender Menge enthalten ist. Anders als bei der Verwendung von Alleinfuttermitteln muss bei selbst zubereiteten Rationen die tatsächlich aufgenommene Nährstoffmenge mit dem Bedarf des Tieres verglichen werden, um Fehlversorgungen zu vermeiden. Eine übermäßige Kalziumaufnahme stört zum einen die Absorption anderer Nährstoffe und beeinflusst zum anderen den Knochenstoffwechsel. In der Praxis wird eine Überdosierung beispielsweise beobachtet, wenn kalziumreiche Ergänzungen (wie z. B. Futterkalk, Mineralstofftabletten) das Alleinfutter „aufwerten“ sollen. Durch unkritische Zufütterung solcher Ergänzungen wird der Bedarf des Tieres nicht selten erheblich überschritten, was während der Wachstumsphase besonders kritisch ist. Wachsende Hunde großer Rassen reagieren empfindlich und neigen aufgrund der schnellen Gewichtsentwicklung und der langen Wachstumsphase zu schwer wiegenden Störungen der Skelettentwicklung. Da Hundewelpen bis zu einem Alter von etwa 6 Monaten noch nicht in der Lage sind, die Kalziumabsorption im Darm dem Bedarf anzupassen (hohe passive Ca-Absorption), stimulieren hohe Kalziumaufnahmen mit dem Futter die Freisetzung von Calcitonin. Die Folge ist, dass vermehrt Kalzium Abb 27: Eine Ca-Überversorgung im in den Knochen eingelagert und der Welpenalter begünstigt SkelettentwicklungsKnochenabbau gehemmt wird. störungen bei großwüchsigen Hunden. Langfristig ist das Skelett nicht mehr in der Lage, sich durch ständigen Auf- und Umbau den wechselnden Beanspruchungen während des Wachstums anzupassen. Es kommt zu Veränderungen der Knochenstruktur und Skelettdeformationen. Letztendlich wird die Entwicklung von Osteochondrose (Knorpelschädigung in den Gelenken) und Fehlstellungen begünstigt. Ein weiteres Risiko erhöhter Kalziumaufnahmen ist außerdem die Entwicklung von Harnsteinen, da überschüssiges Kalzium über die Nieren ausgeschieden wird. Phosphor ist der zweithäufigste Bestandteil von Knochen und Zähnen. Er ist ein Baustein der Zellmembranen und über ATP (intrazellulärer Energielieferant) wichtig für die Energiegewinnung im Intermediärstoffwechsel. Außerdem ist Phosphor auch ein Bestandteil der DNS und RNS, den Trägern der Erbinformation. Auch wenn der Phosphathaushalt weniger strikt geregelt ist als der von Kalzium, so ist er doch eng mit dem Kalziumhaushalt verbunden, da an der Regulation die gleichen Hormone beteiligt sind. Unter der Wirkung von Calcitonin verhalten sich beide Elemente gleich: Es wird vermehrt Kalzium und Phosphor in die Knochen eingelagert, während gleichzeitig die Rückresorption in der Niere gehemmt wird. Parathormon fördert die Freisetzung von Phosphor (zusammen mit Ca) aus dem Knochen und hemmt (anders als bei Ca) die Rückresorption von Phosphor in der Niere, so dass vermehrt Phosphor über den Harn ausgeschieden wird. Dadurch kann die Konzentration von Kalzium und Phosphor im Blutplasma in gewissem Umfang unabhängig voneinander geregelt werden. Überschreitet das Produkt von Kalzium und Phosphor im Blutplasma einen bestimmten Wert (Löslichkeitsprodukt), kommt es zur Ausfällung von schlecht löslichen Kalziumphosphatsalzen, die in Knochen aber auch in anderen Geweben (Gefahr von Weichteilverkalkungen) abgelagert werden. Der Phosphorbedarf verhält sich wie der von Kalzium: Wachsende Tiere und Tiere in der Reproduktion benötigen höhere Mengen. Da der Metabolismus von Kalzium und Phosphor eng miteinander verknüpft ist, ist neben einer ausreichenden Versorgung, für ein ausgeglichenes Verhältnis der Elemente zu sorgen. Ein Verhältnis von Ca zu P von 1:1 bis 2:1 ist anzustreben. Abweichungen davon sind vor allem dann kritisch, wenn die absolut aufgenommene Menge eines der beiden Partner nicht ausreicht. Bei reiner Fleischfütterung z. B. besteht ein absoluter Kalziummangel und ein inverses („verkehrtes“) Ca/P-Verhältnis von 0,1:1. Eine moderate Überversorgung mit beiden Elementen wird bei gesunden Hunden und Katzen gut toleriert, wenn das Verhältnis ausgeglichen ist. Bei einem Phosphormangel werden unspezifische Symptome wie verminderte Fresslust, verringertes Wachstum, geringe Fruchtbarkeit und stumpfes Fett beobachtet. Langfristig besteht ein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche. Ebenso werden bei einem P-Überschuss zunächst unspezifische Symptome beobachtet, langfristig entwickeln sich ein sekundärer Hyperparathyreoidismus (erhöhte Ausschüttung von Parathormon durch zu hohe PGehalte und ein daraus resultierender relativer Kalziummangel im Blut) und Weichteilverkalkungen (durch Überschreiten des Löslichkeitsprodukts von Kalzium und Phosphor). Abb. 28: Die Aufgaben von Phosphor im Organismus. Da bei älteren Tieren ein erhöhtes Risiko einer Niereninsuffizienz besteht, ist bei ihnen eine Vermeidung zu hoher Phosphoraufnahmen von großer Bedeutung. Die verminderte Ausscheidung von Phosphor und eine Hyperphosphatämie (erhöhter P- Gehalt im Blut) treten bereits im Frühstadium der Nierenerkrankung auf und spielen eine primäre Rolle bei der Entstehung und dem Fortschreiten der Erkrankung. Kalzium und Phosphor sind als Hauptbestandteile des Skeletts vorrangig für die Stabilität der Knochen verantwortlich. Hohe Gehalte an beiden Elementen finden sich demzufolge in Knochen, die ganz oder als Knochenschrot oder -mehl in der Ernährung von Hunden als Mineralstofflieferant eine Rolle spielen (Achtung! Bei zu hoher Aufnahme besteht die Gefahr von Knochenkotbildung mit Verstopfung!). Meist werden diese Elemente jedoch als Mineralsalze wie Kalziumkarbonat und Kalziumphosphat in Mineralfuttermitteln eingemischt. Kalzium und Phosphor ist in nennenswerten Mengen auch in Milch und Milchprodukten (bes. Käse) enthalten, beim Menschen werden dadurch rund 50 % des täglichen Kalziumbedarfs gedeckt. Die meisten Nahrungsmittel tierischer und pflanzlicher Herkunft wie Fleisch (ohne Knochen), Getreide sowie Brot und Kartoffeln, die in der Hunde- und Katzenernährung eine Rolle spielen, sind jedoch arm an Kalzium, während die Konzentration an Phosphor die gewünschte Höhe erreicht oder sogar übersteigt. Ein Überschuss an Kalzium in der Ernährung behindert die Verwertung von Phosphor und anderen Mineralstoffen (z. B. Zink, Kupfer, Magnesium), ein Überschuss an Phosphor die von Kalzium und anderen Mineralien (z. B. Magnesium, Zink, Eisen). Magnesium ist ein weiterer Bestandteil des Skeletts und trägt in geringerem Maße zu seiner Festigkeit bei. Es ist weiterhin für die Funktion des Nervensystems und die Energieversorgung (durch Beteiligung am Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel) wichtig. Im Überschuss aufgenommene Mengen werden über den Harn ausgeschieden. In Abhängigkeit von der Aufnahme variiert der Blut-Mg-Spiegel, so dass die Versorgungslage durch Blutuntersuchungen relativ sicher zu beurteilen ist. Im Vergleich zum Erhaltungsbedarf ist während der Trächtigkeit, der Laktation, dem Wachstum und bei Sporthunden der Magnesiumbedarf erhöht. Abb. 29: Magnesium ist der dritthäufigste Mineralstoff im Knochen und wichtig für die Nervenfunktion (Muskelkrämpfe bei Mangel). Magnesium ist in Nahrungsmitteln weit verbreitet. Der Bedarf ist durch die Aufnahme von Knochen, Fleisch und Milch/ (-produkten), Getreide (bes. Vollkorn) weitgehend gedeckt, so dass bei Hunden und Katzen eine akute Unterversorgung in der Praxis selten vorkommt. Allenfalls bei einseitiger Fütterung Mg-armer Nahrungsmittel (wie Weißmehl und Fette) oder hohen Gehalten an absorptionshemmenden Komponenten im Futter (z. B. hohe Gehalte an Ca, P) ist eine Mangelversorgung möglich. Ein Magnesiummangel führt bei wachsenden Tieren zu geringer Futteraufnahme und Gewichtsentwicklung, Muskelschwäche, Bewegungsstörungen durch Veränderung am Bandapparat, im fortgeschrittenen Stadium zu Krämpfen und Schädigungen am Herzen. Eine Überversorgung verursacht Durchfall und beeinträchtigt die Caund P-Verwertung. Außerdem steigt die Magnesiumkonzentration im Harn an und begünstigt somit die Bildung von Struvitsteinen (Ammonium-Magnesium-Phosphat). Natrium und Chlorid sind zur Aufrechterhaltung des osmotischen Drucks und damit für den Wasserhaushalt wichtig. Zudem sind sie an der Regulierung des SäureBasen-Haushaltes, an Muskelkontraktionen und der Übertragung von Nervenimpulsen sowie der Energieversorgung der Zellen beteiligt. Natrium und Chlorid greifen in den Wasserhaushalt ein und regeln über das Durstempfinden und die Harnausscheidung den Wasserbestand des Körpers. Die Aufgaben von Natrium sind eng mit denen von Kalium verbunden. Chlorid ist außerdem ein Bestandteil der Magensäure. Natrium und Chlorid werden vor allem im Dünndarm resorbiert. Der Gehalt von Natrium im Blut wird durch die Hormone der Nebenniere straff reguliert. Überschüssige Mengen werden mit dem Harn ausgeschieden. Da Chlorid- und Natriumstoffwechsel in Abhängigkeit voneinander reguliert werden, wird eine hohe Natriumausscheidung mit dem Harn immer von einer hohen Chloridausscheidung begleitet. Die Bedarfsempfehlungen für Natrium und Chlorid weichen in der Literatur voneinander ab, vielfach werden höhere Gehalte empfohlen. Dies zeigt, dass gesunde Hunde und Katzen gegenüber Kochsalz äußerst tolerant sind, sofern ausreichend Trinkwasser zur Verfügung steht. Höhere Natriumchloridgehalte im Futter bewirken in erster Linie, dass die Tiere mehr Wasser aufnehmen und mehr Harn ausscheiden. Dieser Effekt kann für die Prophylaxe von Harnsteinen genutzt werden, da sich die Harnsteinbildung durch eine Steigerung der Trink- und Urinmenge wirksam vorbeugen lässt. Durch die Produktion hoher Harnmengen wird zum einen die Blase häufiger entleert, zum anderen werden Stein bildende Substanzen „verdünnt“. Eine moderate Anhebung des Salzgehaltes im Futter hat keinen negativen Einfluss auf den Blutdruck beim gesunden Tier. Trotzdem ist bei manchen Herzerkrankungen eine verringerte Natriumversorgung angezeigt. Akute Salzvergiftungen nach Aufnahme von größeren Mengen an gesalzenen Fleisch- und Fischabfällen oder Meerwasser sind in der Praxis bei Hunden äußerst selten, da sie nur bei unzureichendem Trinkwasserangebot auftreten. Betroffene Tiere zeigen Durst, Juckreiz, Verstopfung, Krämpfe und können akut versterben. Eine Unterversorgung kann zwar lange kompensiert werden, aber langfristig ist der Körper nicht imstande, einen ausgeglichenen Wasserhaushalt aufrecht zu halten. Klassische Symptome sind vermehrte Unruhe und Lecksucht, sowie Schwierigkeiten, das Futter abzuschlucken. Die Leistungsfähigkeit nimmt ab, die Tiere fressen nicht, sind müde und erschöpft. Der Körper trocknet aus. Die Haut wird trocken, der Hautturgor ist herabgesetzt, der Abb. 30: Ein moderat erhöhter Na-Gehalt Hämatokrit steigt. Ein akuter im Futter kann Harnsteinen vorbeugen. Mangel an Na und/oder Cl kann bei Durchfällen, chronischem Erbrechen und Nierenerkrankungen auftreten. In solchen Fällen müssen die Elektrolytverluste mit isotonischen Elektrolytlösungen zum Trinken oder in schweren Fällen durch Infusionen ersetzt werden. Kalium ist für die Zellfunktion notwendig, da es (zusammen mit Natrium) den Druckausgleich zwischen dem Zellinneren und der Zellumgebung sichert und am Energiestoffwechsel beteiligt ist. Weitere Aufgaben sind die Beteiligung an Muskelkontraktionen, Nervenimpulsen und dem Säure-Basen-Haushalt. Kalium ist außerdem wichtig für die Herzfunktion. Kalium ist in den meisten Futtermitteln pflanzlicher und tierischer Herkunft in ausreichender Menge enthalten, so dass die Versorgung in der Regel kein Problem darstellt. Da Kalium nicht im Körper gespeichert werden kann, muss es aber regelmäßig aufgenommen werden. Sofern ausreichend Trinkwasser zur Verfügung steht, verursacht eine erhöhte Aufnahme keine Probleme. Überschüssige Mengen werden über die Nieren ausgeschieden. Vergiftungen sind äußerst selten und gehen mit Lähmungen und Bradykardie (verlangsamter Herzschlag) einher. Eine Unterversorgung bei Hunden und Katzen ist allenfalls bei einseitiger Aufnahme von Weißmehl, Fett und Zucker denkbar oder durch ausgiebiges Waschen und Wässern der Futtermittel. Bei Durchfallerkrankungen sind infolge hoher Verluste Mangelsituationen möglich. Bei einem Kaliummangel stehen bei wachsenden Tieren geringe Gewichtszunahmen, Unruhe und Lähmungserscheinungen im Vordergrund, bei ausgewachsenen Tieren Leistungsschwäche, Blutdruckabfall und Abnahme der Nierendurchblutung. 6.2 Spurenelemente Eisen ist der aktive Bestandteil von Hämoglobin (roter Farbstoff, der für den Sauerstofftransport in den roten Blutkörperchen zuständig ist) und Myoglobin (Farbstoff aus den Muskeln mit derselben Aufgabe). Zudem ist Eisen in Enzymen, die den Sauerstofftransport in den Zellen regulieren, enthalten. Abb. 31: Bedeutung des Eisens im Körper. Die Absorption von Eisen im Dünndarm ist im Wesentlichen vom Bedarf, der chemischen Eisenverbindung sowie der Anwesenheit absorptionshemmender Substanzen abhängig (beispielsweise hohe Gehalte an Kalzium, Phosphor, Mangen, Zink, Kupfer). Überschüssig aufgenommenes Eisen wird in Form von Ferritin in der Leber, dem Knochenmark und der Milz gespeichert. Die Ausscheidung von Eisen ist gering, da es zu rund 98 % „recycelt“ wird. Der Eisenbedarf nimmt nach größeren Blutverlusten, gegen Ende der Trächtigkeit und evtl. beim Haarwechsel bei langhaarigen Hunden und Katzen (hoher Fe-Gehalt in pigmentierten Haaren) zu. Im Allgemeinen ist ein Eisenmangel bei Hunden und Katzen relativ selten, da die meisten Futterbestandteile wie Fleisch und Innereien reich an Eisen sind. Jedoch kann es sein, dass die Eisenversorgung von tragenden Hunden und Katzen nach einseitiger Fütterung von poliertem Reis, Milch und Milchprodukten sowie fettreichen Futtermitteln knapp ist, da die Feten Eisen speichern müssen. Bei hochgradigem Befall mit blutsaugenden Darmparasiten (Hakenwürmer) und Ektoparasiten (Flöhe, Zecken) kommt es zu einem langsamen, chronischen Blutverlust. Nachdem die Eisenspeicher aufgebraucht sind, entwickelt sich eine Anämie (Blutarmut). Saugende Hunde- und Katzenwelpen sind aufgrund des geringen Eisengehaltes in der Muttermilch besonders gefährdet. Symptome eines Eisenmangels sind Anämie, raues Fell, Unruhe, erhöhte Infektanfälligkeit und verringertes Wachstum. Zu hohe Eisengehalte in der Nahrung verursachen zum einen lokale Reizungen und Verätzungen im Magendarmtrakt, zum anderen wird die Absorption anderer Mineralien beeinträchtigt. Klinische Symptome einer Überdosierung sind: Futterverweigerung, Gewichtsverlust, niedrige Serumalbumingehalte, Nierenschwäche und eine vermehrte Eisenablagerung im Körper (Hämosiderose). Kupfer ist u. a. Bestandteil zahlreicher Enzymsysteme und für die Pigmentierung des Fells wichtig, außerdem für den Eisentransport, die Blutbildung, den zellulären Energiestoffwechsel und die Kollagensynthese. Kupfer ist eng mit Eisen verbunden, da es dessen Transport und Einbindung in Hämoglobin erleichtert. Es wird im oberen Dünndarm aufgenommen, in der Leber gespeichert oder über die Galle in den Darm ausgeschieden. Beim Bedlington-Terrier kommt aufgrund eines genetischen Defekts eine erbliche Kupferspeicherkrankheit vor, bei der Kupfer in so hohen Mengen in der Leber angereichert wird, dass schwerwiegende Leberschäden entstehen können. Bei anderen Hunderassen entsteht die Leberschädigung durch zu hohe Kupfereinlagerung sekundär als Folge einer erworbenen Lebererkrankung. Im Vergleich zur Erhaltung ist ein höherer Bedarf bei langhaarigen Hunden während des Haarwechsels, bei Störungen der Absorption (z.B. hohe Kalzium- und Zinkgehalte) oder Abb.32: Langhaarige Hunde haben während bei Verdauungsstörungen zu des Fellwechsels einen erhöhten Cu-Bedarf erwarten. Außerdem steigt der Bedarf bei säugenden Tieren aufgrund der Kupferabgabe über die Milch sowie bei wachsenden Tieren an. Da die meisten Fleischbestandteile und besonders Innereien reich an Kupfer sind, sind bei artgerechter Ernährung Mangelerkrankungen bei Hunden und Katzen selten. Unter praktischen Bedingungen wurden typische Kupfermangelsymptome bei Welpen bei einseitiger Fütterung (ausschließlich Fleisch, hohe Ca- und P-Gaben) beobachtet. Es kommt zu einer Aufhellung („Grauwerden“) dunkel pigmentierter Haare, besonders im Bereich der Augen und Nase. Durch Störungen in der Knorpelbildung und den Bändern kommt es zu Fehlstellungen der Beine (X- und OBeine) und zur Durchtrittigkeit. Außerdem weisen betroffen Tiere eine Anämie auf. Bei Katzen macht sich ein Kupfermangel durch Fruchtbarkeitsstörungen bemerkbar. Bei Kupferüberschuss in der Nahrung wird vermehrt Kupfer in der Leber gespeichert. Im Gegensatz zu leberkranken Tieren ist bei gesunden nicht zu erwarten, dass dadurch Leberschäden entstehen. Bei einer hochgradigen Überdosierung („Kupfervergiftung“) entwickelt sich eine Leberentzündung (Hepatitis) mit erhöhten Leberenzymen im Blut. Zink ist als Bestandteil von Enzymen für die Stabilität der Proteine und der Zellmembranen mit verantwortlich und findet sich zudem als Coenzym im Kohlenhydrat-, Fett- und Nukleinsäurestoffwechsel. Es ist u. a. wichtig für den Vitamin A-Transport im Blut, die Fortpflanzung (z.B. Spermienbildung) sowie für die Hautgesundheit und das Haarwachstum. Da Zellwachstum und Zellvermehrung ohne Zink nicht möglich sind, spielt Zink außerdem eine wichtige Rolle bei der Wundheilung. Abb. 33: Zink ist für die Gesundheit von Haut und Haaren und die Fruchtbarkeit von besonderer Bedeutung. Bei der Absorption im Darm konkurrieren Kupfer und Zink miteinander, d. h. bei gleichzeitig hohem Cu-Gehalt im Futter nimmt die Zinkverwertung ab, ebenso beeinträchtigen hohe Kalzium- und Phytinsäuregehalte die Zinkresorption. Zink wird außerdem bei einer Unterfunktion der Bauchspeicheldrüse (Pankreasinsuffizienz) schlechter verwertet, so dass solche Tiere typische Mangelsymptome aufweisen können. Die Anwesenheit der Aminosäuren Histidin und Glutaminsäure dagegen fördert die Zinkresorption. Zink wird nur in geringen Mengen im Körper gespeichert und über den Kot ausgeschieden. Im Vergleich zur Erhaltung ist der Bedarf langhaariger Hunde und Katzen im Haarwechsel erhöht, zudem während des Wachstums, der Trächtigkeit und insbesondere der Laktation, da in der Muttermilch beträchtliche Zinkmengen enthalten sind. Außerdem ist eine zusätzliche Zinkversorgung bei Pankreasinsuffizienz und zur Unterstützung der Wundheilung nach größeren Operationen oder Verletzungen sinnvoll. Durch die Beteiligung an der Kollagen- und Keratinbildung gehen Symptome eines Zinkmangels in erster Linie mit typischen Veränderungen an Haut und Haaren (heller werdende Haare, Haarverlust, borkige und rissige Haut) einher. Bei Hunden nordischer Rassen (Husky, Alaskan Malamute) kommt eine erblich bedingte ZinkAbsorptionsstörung (Zink-reaktive Dermatose) vor, die sich bei betroffenen Tieren als Mangelerkrankung mit Krusten- und Schuppenbildung sowie Haarlosigkeit besonders um Augen und Schnauze herum äußert. Weitere Anzeichen eines Zinkmangels sind: Störungen der Fruchtbarkeit (auch bei männlichen Tieren), gestörte Futteraufnahme und verringertes Wachstum. Bereits ein geringer Zinkmangel beeinträchtigt die Immunabwehr. Abb. 34: Bei nordischen Hunderassen kommt eine erblich bedingte Störung des Zinkstoffwechsels vor, die sich vorwiegend in Hautsymptomen äußert. Zink ist relativ ungiftig, so dass eine Überversorgung nur selten vorkommt. Die einzigen Fälle akuter Zinkvergiftungen sind bei Hunden und Katzen nach Aufnahme von verzinkten Münzen und Verschlussteilen von Transportkäfigen beschrieben worden. Vergiftungssymptome umfassen Apathie, Futterverweigerung und Zerstörung der roten Blutkörperchen (hämolytische Anämie). Langfristig kann durch eine kontinuierliche Überversorgung mit Zink jedoch ein Kupfermangel hervorgerufen werden. Mangan ist als Bestandteil von Enzymen oder durch Aktivierung derselben für verschieden Funktionen im Stoffwechsel unentbehrlich. Dabei ist es beispielsweise am Lipidstoffwechsel in den Mitochondrien (Energiezentren der Zellen) und an der Knochenbildung beteiligt. Unter normalen Fütterungsbedingungen ist eine Mangel an Mangan selten, da der Bedarf durch die Aufnahme typischer Nahrungsmittel für Hunde und Katzen (außer Milch, Lunge und Eiprodukte) im Normalfall gedeckt ist. Dennoch ist wegen der Wirkung auf Knochen und Knorpel auf eine ausreichende Versorgung zu achten, besonders bei wachsenden und älteren Tieren sowie bei Tieren mit Arthrosen („Gelenkverschleiß“). Als Mangelsymptome sind Skelettveränderungen, Fruchtbarkeitsstörungen sowie Knochenmissbildungen bei den Feten möglich. Mangan ist relativ ungiftig, Überdosierungen sind bei Hunden und Katzen nicht beschrieben. Extreme Gehalte an Mangan beeinträchtigen jedoch die Verwertung von Eisen. Selen ist ein Bestandteil der Gluthathionperoxidase, eines Enzyms, das schädliche Sauerstoffradikale inaktiviert. Zusammen mit Vitamin E schützt Selen als Antioxidans somit die Zellmembranen (bes. Muskelzellen) vor der Zerstörung durch reaktive Sauerstoffradikale. Bei einer hohen Belastung des Körpers durch diese freien Radikale spricht man von „oxidativem Stress“, der besonders beim Alterungsprozess, bei hoher körperlicher Belastung sowie schweren Erkrankungen wie Krebs auftritt. Selen wird unabhängig von der Konzentration im Futter resorbiert und überschüssiges aufgenommenes Selen über Harn und Kot wieder ausgeschieden. Der Selengehalt in den Nahrungsmitteln weist je nach Boden- und Pflanzenart erhebliche Variationen auf, was sich auch in den Futtermitteln tierischer Herkunft widerspiegelt. Da in Deutschland viele Böden selenarm sind (damit auch die dort wachsenden Pflanzen und die damit gefütterten Tiere), ist ein Selenmangel nicht selten. Besonders neugeborene Welpen entwickeln Symptome wie Muskeldegeneration, Immun- und Leistungsschwäche. Bei der Ergänzung von Selen (z.B. über Mineralfutter) ist Vorsicht geboten! Selen besitzt nur eine geringe Dosierungsbreite, d. h. bei einer zu hohen Aufnahme entwickeln sich schwere Vergiftungssymptome wie Erbrechen, Muskelkrämpfe, schwankender Gang, verminderter Appetit, erschwerte Atmung, Krallenschäden und Haarausfall. Jod ist als Bestandteil der Schilddrüsenhormone Thyroxin und Trijodthyronin an der Schilddrüsenfunktion beteiligt. Schilddrüsenhormone nehmen auf vielfältige Weise Einfluss auf sämtliche Stoffwechselvorgänge im Körper. Sie spielen eine wichtige Rolle u. a. bei der Aufrechterhaltung der Körpertemperatur, der Fortpflanzung, dem Wachstum, der Blutzirkulation und der Muskelfunktion. Sie sind an der Entwicklung und Reifung der Nervenzellen sowie anderen Geweben beteiligt und beeinflussen andere endogene Drüsen (Hypophyse, Keimdrüsen). Aufgrund der vielfältigen Funktionen ist der Jodbedarf abhängig von der Stoffwechselaktivität (Energieumsatz). Bei wachsenden, tragenden und laktierenden Tieren sowie bei hoher körperlicher Aktivität ist mit einem erhöhten Bedarf zu rechnen. In vielen Nahrungsmitteln wird der gewünscht Jodgehalt nicht erreicht, so dass es zu Mangelerscheinungen kommt. Da auch in der menschlichen Ernährung die Versorgung oft mangelhaft ist, wird Jod dem Speisesalz zugesetzt. Eine Jodunterversorgung führt zu einer Vergrößerung der Schilddrüse („Kropf“) und durch ungenügende Hormonbildung zu Leistungsabfall, Abgeschlagenheit, Haarausfall, Fruchtbarkeits- und Wachstumsstörungen sowie Ödembildung (Schwellung des Gewebes durch Flüssigkeitsansammlung). Bei tragenden Hunden und Katzen wirkt sich eine Unterversorgung vorrangig auf die Entwicklung der Feten aus. Die beim Hund häufig vorkommende Hypothyreose (Unterfunktion der Schilddrüse) wird zwar zumeist durch eine chronische Erkrankung des Schilddrüsengewebes hervorgerufen, vermutlich aber durch eine unzureichende Jodversorgung begünstigt. Erniedrigte Schilddrüsenhormone im Blut sind jedoch nicht beweisend für eine Schädigung der Schilddrüse, da auch andere Erkrankungen wie z. B. Diabetes mellitus und Cushing-Syndrom eine Unterfunktion vortäuschen können. Abb. 35: Jod wird in der Schilddrüse in die Hormone Trijodthyronin und Thyroxin eingebaut. Auch eine Überversorgung mit Jod führt durch eine ungenügende Thyroxinfreisetzung zu einer Einschränkung der Schilddrüsenfunktion und ist deshalb zu vermeiden. Jodvergiftungen über die Nahrung sind selten, sie werden eher durch das Ablecken jodhaltiger Salben oder durch Resorption jodhaltiger Wundspüllösungen großflächiger Wunden verursacht. Symptome einer Jodvergiftung sind ähnlich dem eines Jodmangels. Die bei älteren Katzen häufiger auftretende Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) wird durch Tumore an der Schilddrüse hervorgerufen. Ob ein Zusammenhang mit der Jodaufnahme besteht, ist nicht geklärt. 7 Vitamine Vitamine sind lebensnotwendige Wirkstoffe für Mensch und Tier. Der tierische Organismus kann sie nicht selbst herstellen und ist daher auf eine exogene Zufuhr mit dem Futter angewiesen. Sie gehören zu einer art- und bedarfsgerechten Ernährung und müssen ständig in ausreichender Menge mit der Nahrung aufgenommen werden. Sie regulieren den Ablauf aller Stoffwechselvorgänge und sichern eine hohe Leistungsfähigkeit und Gesundheit. Besondere Bedeutung hat eine vollwertige Vitaminversorgung für die Funktion der Immunabwehr (Verhinderung von Infektionskrankheiten, Tumoren) und der Fortpflanzungsorgane (Erhalt der Stabilität der Keimzellen, Verhinderung von Mutationen des Erbguts, normale Embryonalentwicklung), eine hohe geistige und körperliche Leistungsfähigkeit sowie für eine hohe Lebenserwartung. Vitamin bedeutet „lebenswichtiges Amin“ und geht auf das relativ früh entdeckte Thiamin (Vitamin B1) zurück. Tatsächlich gehören die verschiedenen Vitamine aber ganz unterschiedlichen chemischen Stoffgruppen an. Abb. 36: Die Vitamine im Überblick Es gibt nach derzeitigem Kenntnisstand 13 Vitamine, 4 fettlösliche (A, D, E und K) und 9 wasserlösliche. Sie sind mit ihren Haupt- und Nebenfunktionen in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt: Tabelle 3: Vitamine und ihre Funktionen Vitamin A Natürliche Form Retinol Klassische Funktion Epithelschutz D3 Cholecalciferol E Tocopherole (am wirksamsten: alpha-T.) Ca-PStoffwechsel Antioxidanz K1+2 B1 Phyllochinon, Menachinon Thiamin B2 Riboflavin B6 Pyridoxin B12 Cobalamin Niacin Pantothensäure Biotin Folsäure C Ascorbinsäure Zusatznutzen Antagonisten Immunität, Genexpression Immunität Allgemeingesundheit, Immunität, Qualität von Fleisch, Eiern, Milch Blutgerinnung Dicumarol, Cumarin KHStoffwechsel Thiaminasen aus frischem Fisch, Arsen, Quecksilber Energiestoffwechsel Eiweißstoffwechsel Blutbildung und Eiweißstoffwechsel Energiestoffwechsel Fettstoffwechsel KH/Fettstoffwechsel Eiweiß- und DNAStoffwechsel Antioxidanz Immunität Hemmfaktor in Leinsamen Gerbsäure Stoffwechselstörungen allgemein Haut-, Haar-, Hornqualität Fruchtbarkeit Avidin (rohes Hühnereiweiß) Sulfonamide Schimmelpilzgifte (Aflatoxine) Gesundheit allgemein, Immunität Natürliche Vitamine kommen nur in Pflanzen vor. Ihr Vorkommen in tierischem Gewebe beruht entweder auf mikrobieller Synthese (durch die Darmbakterien) oder auf der Umwandlung entsprechender Provitamine aus pflanzlichem Material (z.B. Karotin als Vorstufe des Vitamin A, pflanzliches Ergosterol als Vorstufe des Vitamin D2 und D3). Der natürliche Vitamingehalt pflanzlicher Rohstoffe unterliegt erheblichen Schwankungen in Abhängigkeit von Klima, Sorte, Standort und Düngung. Bei der Mischfutterherstellung spielen des weiteren Lagerung und Zu- bzw. Aufbereitung eine Rolle. 7.1 Fettlösliche Vitamine Zu den fettlöslichen Vitaminen gehören Vitamin A, D, E und K, die man sich auch mittels der Eselsbrücke “Edeka” leicht merken kann. Da sie im Körper in der Leber und im Fettgewebe gut gespeichert werden können, müssen sie nicht unbedingt täglich in bedarfsdeckender Menge mit der Nahrung zugeführt werden, sondern kurzfristige Defizite können über im Körper gespeicherte Reserven ausgeglichen werden. Auf der anderen Seite ist die Gefahr einer „Vitaminvergiftung“ durch Überdosierung wesentlich größer als bei den wasserlöslichen Vitaminen. Oder anders ausgedrückt: bei einem Einsatz der fettlöslichen Vitamine in hohen Dosen zu therapeutischen Zwecken ist die therapeutische Breite gering, da im Überschuss aufgenommene Wirkstoffmengen im Körper gespeichert werden. Die fettlöslichen Vitamine sind sich in ihrer chemischen Struktur relativ ähnlich: es handelt sich jeweils um ein Ringsystem mit Seitenketten. Ihre Absorption ist eng an den Fettstoffwechsel geknüpft. Aus dem Darm können sie beispielsweise nur zusammen mit Fett absorbiert werden. Liegt eine Störung der Fettverdauung vor, beispielsweise bei einer Pankreasinsuffizienz, so ist auch von einer gestörten Verwertung der fettlöslichen Vitamine auszugehen. Vitamin A (Retinol) Vitamin A wird auch als das „Epithelschutzvitamin“ bezeichnet, da es für die normale Funktion und Erneuerung der Haut und der Schleimhäute unentbehrlich ist. In therapeutisch hohen Dosen wird Vitamin A zur Behandlung von Akne beim Menschen eingesetzt. Außerdem ist es als Bestandteil des Sehpurpurs Rhodopsin maßgeblich am Sehvorgang beteiligt. Ein Mangel führt zur Nachtblindheit. Des Weiteren ist Vitamin A essenziell für die Knochenbildung, die Spermatogenese beim männlichen Tier und die Fetalentwicklung. Es kommt vor allem in Eidotter, Butter und Leber bzw. Lebertran vor. In Pflanzen kommt das β-Carotin als Vorstufe des Vitamin A vor. Karotine kommen als gelbe und orange Farbstoffe in zahlreichen Gemüsesorten vor (z.B. Karotten, Paprika etc.). Bei Bedarf können Hunde Vitamin A aus β-Carotin bilden, Katzen jedoch nicht. Da Vitamin A sich bei übermäßiger Zufuhr in der Leber anreichert, besteht ein vergleichsweise hohes Toxizitätsrisiko. Grundsätzlich reagieren Hunde und andere Carnivore aber wesentlich unempfindlicher auf eine zu hohe Vitamin-A-Zufuhr als der Mensch oder die Ratte. Dies beruht auf einer zusätzlichen Transportform für Vitamin A im Blut (als Retinylester in den Lipoproteinen, den kleinen „Fett-Tranportkügelchen“ im Blutplasma) ergänzend zum (üblichen) Retinol. Bei Fleischfressern, vor allem Katzen, ist eine Intoxikation am häufigsten durch eine übermäßige Verfütterung von roher Leber bedingt. Leber ist gerade für wählerische Katzen oft geschmacklich sehr attraktiv, so dass sie alle anderen Futtermittel verweigern. Bei diesen Tieren kommt es infolge einseitiger Leberfütterung zu Knochenzubildungen an den Vorderextremitäten und einer Spondylose der Halswirbelsäule mit Brückenbildung zwischen den Wirbelkörpern. Aus der Versteifung der Wirbelsäule resultieren Schmerzhaftigkeit und Bewegungseinschränkungen (Fressen ist nur noch möglich, wenn der Napf in erhöhter Position aufgestellt wird). Allerdings ist dazu wegen der arttypisch hohen Toleranz die Aufnahme größerer Mengen Vitamin A über einen längeren Zeitraum notwendig. Zusätzlich kann es bei tragenden Katzen zu Missbildungen bei den Welpen kommen. Vitamin D Vitamin D ist der Oberbegriff für eine Reihe biologisch aktiver Calciferole. Man unterscheidet zwischen dem pflanzlichen oder von Mikroorganismen synthetisierten Ergocalciferol (Vitamin D2) und dem in tierischen Lebensmitteln vorkommenden Cholecalciferol (Vitamin D3). Dorschleberöl ist besonders reich an Vitamin D. Die Menge an Vitamin-D wird im Allgemeinen in Internationalen Einheiten (I.E.) angegeben. 1 IE Vitamin D entspricht dabei 0,025 µg Vitamin D bzw. 1 µg Vitamin D entspricht 40 I.E. Vitamin D spielt eine wichtige Rolle im Knochenstoffwechsel (da es den Kalzium- und Phosphorhaushalt reguliert). Insgesamt bewirkt Vitamin D eine gesteigerte Resorption von Ca und P aus dem Darm bei gleichzeitig verminderter Ausscheidung über die Niere und eine Verstärkung der Umbauvorgänge (Mineralisation, aber auch Reabsorption) am Knochen. Abb. 37: Stoffwechsel von Vitamin D Bestimmte Rattengifte enthalten als Wirkstoff Vitamin D-Analoge, die bei den Ratten eine zum Tode führende Weichteilverkalkung verursachen. Vergiftungen mit solchen Substanzen äußern sich auch bei Hund und Katze als Hypervitaminose D. Diese ist zunächst charakterisiert durch einen Anstieg der Vitamin D-Konzentrationen im Plasma und verläuft im Anfangsstadium häufig ohne klinische Symptome. Später treten die folgenden Veränderungen auf: • • • • • • • Erhöhter Kalziumspiegel im Blut (Hyperkalzämie) und in der Folge eine erhöhte Ca-Ausscheidung mit dem Harn (Hyperkalziurie) akute Herzrhythmusstörungen Schwäche, Müdigkeit, sowie Übelkeit, Erbrechen und Bewusstseinsstörungen Polyurie und Polydipsie als frühe renale Symptome einer Hyperkalzämie aufgrund verminderter Konzentrierungsfähigkeit der Nieren Verkalkung von Weichgewebe, hauptsächlich in der Niere, aber auch in anderen Organen, besonders in Blutgefäßen, Herz, Lunge, Pankreas, Haut, Knochen Bildung von Nierensteinen bis hin zum Nierenversagen (bei länger dauernder Hyperkalzämie) Für den Menschen ist eine Zufuhr mit der Nahrung nur bei unzureichender Synthese in der Haut, die unter Einwirkung von Sonnenlicht stattfindet, essenziell. Daher ist die bei Säuglingen durchgeführte Vitamin-D-Prophylaxe in Form von Tabletten oder Topfen vor allem für im Winter geborene Babies wichtig. Für Hund und Katze ist Vitamin D ein echtes Vitamin, da sie es kaum unter UV-Licht-Einfluss in der Haut bilden können (Pigmentierung, Fell). Die eigentliche biologisch wirksame Form, das Calcitriol (1,25 Dihydroxy-Cholecalciferol), das aus den Vorstufen in der Niere gebildet wird, ist eher als Hormon anzusehen. Vitamin E Vitamin E bezeichnet die chemische Gruppe der Tocopherole (alpha, beta, gamma, delta), wobei besonders das alpha-Tocepherol biologisch aktiv ist. Getreidekeimöle sind besonders reich an Vitamin E, das als Antioxidanz ungesättigte Fettsäuren vor der Oxidation schützt (Zellmembranschutz). Der Vitamin-E-Bedarf ist abhängig von der Menge der ungesättigten Fettsäuren, die mit dem Futter zugeführt werden. Als Faustregel gilt, dass pro Gramm mehrfach ungesättigte Fettsäuren im Futter etwa 0,6 mg Vitamin E benötigt werden. Außerdem besteht eine Interaktion zwischen Vitamin E und Selen, das als Bestandteil der Glutathion-Peroxidase, eines der wichtigsten körpereigenen Antioxidanzien, die antioxidative Wirkung von Vitamin E unterstützt. Der Vitamin E-Bedarf ist daher auch in engem Zusammenhang mit der Selenversorgung zu sehen: Vitamin E besitzt einen „Selen-Spareffekt“ und umgekehrt. Obwohl Vitamin E zu den fettlöslichen Vitaminen gehört und in der Leber und im Fettgewebe gespeichert wird, ist es verglichen mit Vitamin A und D verhältnismäßig untoxisch. Lediglich bei extrem hohen Dosierungen und einem gleichzeitigen Vitamin-K-Mangel können negative Auswirkungen auf die Blutgerinnung auftreten. Einer über den Bedarf hinaus erhöhten Zufuhr von Vitamin E werden zahlreiche positive Effekte auf die Gesundheit zugeschrieben, wie z.B. eine antikarzinogene (Krebs verhindernde) Wirkung, eine Optimierung der Immunfunktion, eine Verzögerung des natürlichen Alterungsprozesses und die Minderung von Folgeschäden der Zuckerkrankheit sowie eine raschere Wiederherstellung der neurologischen Funktionen bei Katzen mit Verletzungen des Rückenmarks (Kippfensterkatzen). Alle diese Effekte sind jedoch noch nicht umfassend genug untersucht, um generelle Empfehlungen zum therapeutischen Einsatz von Vitamin E zu geben. Vitamin K Vitamin K ist wichtig für die Blutgerinnung. Ein Vitamin-K-Mangel führt zu einer verlängerten Blutungszeit. Die pflanzliche Form K1 kommt vor allem in grünem Blattgemüse vor (Spinat, Kohl). Vitamin K2 kann auch von der Darmflora synthetisiert werden. Ein nutritiver Vitamin-K-Mangel dürfte unter praktischen Bedingungen bei Hund und Katze kaum auftreten, da sie den Großteil ihres Bedarfs (wenn nicht sogar den gesamten) über die bakterielle Synthese im Darm decken können. Nur wenn letztere gestört ist, z.B. bei Magen-Darm-Erkrankungen oder einer Antibiotikatherapie mit Beeinträchtigung der normalen Darmflora bzw. der Vitamin-K-Aufnahme aus dem Darm, gewinnt eine adäquate Vitamin K-Zufuhr mit der Nahrung an Bedeutung. Bei der Devon Rex Katze ist eine erbliche Blutgerinnungsstörung beschrieben, die wahrscheinlich auf einem Defekt eines Vitamin K-abhängigen Enzyms beruht. Diese Erkrankung kann durch eine Zulage von Vitamin K positiv beeinflusst werden. Natürlich vorkommendes Vitamin K scheint bemerkenswert frei von toxischen Nebenwirkungen zu sein, sogar wenn es oral Milligramm weise aufgenommen wird. Berichte zur Giftigkeit von Vitamin K beziehen sich ausschließlich auf das synthetische Vitamin K3 (Menadion). Dabei handelt es sich um eine industriell hergestellte Form, die für die Tierernährung in verschiedenen wasserlöslichen Verbindungen angeboten wird. Für die Absorption der natürlichen, fettlöslichen Formen K1 und K2 ist die Sekretion von Pankreaslipase und Gallensäuren notwendig, für die wasserlösliche Vitamin-K3-Form jedoch nicht. Abb. 38: Vitamin K ist wichtig für die Blutgerinnung und wird z. T. von den Darmbakterien synthetisiert. Vor allem die intravenöse Injektion von Vitamin K3 kann schädlich sein: Beim Pferd führte die parenterale Verabreichung von 2-8 mg Menadionbisulfit/kg Körpergewicht zu akuten Nierenschäden mit Nierenkolik, Hämaturie und Azotämie. Nach oraler Verabreichung von Menadion (26 mg/kg KM über drei Tage, der Bedarf liegt bei 0,01-0,02 mg/kg KM) wurde bei Hunden die Bildung von Heinz-Körperchen in den Erythrozyten und eine hämolytische Anämie beobachtet. Zur Therapie von Gerinnungstörungen sollten daher möglichst Präparate mit natürlichem Vitamin K verwendet werden. Als Lebensmittelzusatzstoff für Menschen ist Menadion aufgrund des nicht vertretbaren Anwendungsrisikos bei Vorhandensein gut wirksamer Alternativen nicht mehr zugelassen. 7.2 Wasserlösliche Vitamine Zu den wasserlöslichen Vitaminen gehören alle Vitamine der B-Gruppe und Vitamin C. Da sie im Organismus kaum gespeichert werden können (Ausnahme: Vitamin B12), sind Hund und Katze auf eine kontinuierliche bedarfsdeckende Zufuhr mit der Nahrung angewiesen. Das Risiko einer gesundheitsschädlichen Überdosierung besteht in der Regel nicht, da im Überschuss aufgenommene Vitaminmengen mit dem Harn ausgeschieden werden können. Die meisten wasserlöslichen Vitamine besitzen eine Koenzymfunktion im Inneren der Körperzellen, wo sie Reaktionen des Intermediärstoffwechsels katalysieren. Bei den fettlöslichen Vitaminen trifft dies nur auf Vitamin K zu. Zum Teil können die wasserlöslichen Vitamine von der Darmflora synthetisiert und über die Darmwand resorbiert werden. Je nach Vitamin und Gesundheitszustand des Tieres wird also ein mehr oder weniger großer Teil des Bedarfs auch über Eigensynthese gedeckt. Bei Erkrankungen des Verdauungstraktes mit Störungen der Darmflora ist jedoch grundsätzlich von einem erhöhten Bedarf an diesen Vitaminen auszugehen. Vitamin B1 (Thiamin) Thiamin kommt vor allem in Bierhefe, Weizenkeimen, Eigelb und Schweinefleisch vor. Es wird in der Leber in die aktive Form umgewandelt und ist das SchlüsselCoenzym des Kohlenhydratstoffwechsels. Der Bedarf ist daher abhängig vom Kohlenhydratanteil in der Ration. Ein Thiaminmangel tritt vor allem dann auf, wenn Thiamin-zerstörende Enzyme im Futter vorhanden sind. Dies ist gelegentlich bei rohem Fisch der Fall, weshalb ein Thiaminmangel unter praktischen Bedingungen überwiegend bei Katzen, gelegentlich auch bei Schlittenhunden mit vornehmlicher Fischfütterung vorkommt. Betroffene Tiere zeigen zunächst Appetitmangel und Erbrechen, später neurologische Symptome wie schwankenden Gang, Hinterhandschwäche, Krämpfe. Unbehandelt führt diese Mangelerkrankung binnen eines Monats zum Tod. Vitamin B2 (Riboflavin) Riboflavin ist vor allem in Hefe, Milch, Käse, Leber und Eiern enthalten. Es ist ein wichtiger Bestandteil zahlreicher oxidativ wirksamer Enzymsysteme, die am Energiestoffwechsel jeder Körperzelle beteiligt sind. Zum Teil kann der Bedarf über bakterielle Synthese aus dem Darm gedeckt werden. Vitamin B6 (Pyridoxin) Vitamin B6 ist der Sammelbegriff für die drei strukturverwandten Substanzen Pyridoxin, Pyridoxal und Pyridoxamin. Alle drei werden im Organismus in Pyridoxalphosphat, das wichtigste Koenzym im Aminosäure-Stoffwechsel, umgewandelt. Unter anderem ist es auch an der Taurinsynthese beteiligt. Vitamin B6 ist essenziell für Hunde und Katzen. Ein Mangel wird bei der Katze mit irreversiblen Nierenschäden und der Ablagerung von Kalziumoxalatkristallen in der Niere in Verbindung gebracht. Unter praktischen Fütterungsbedingungen ist ein solcher Mangel jedoch nicht zu erwarten, da Vitamin B6 reichlich in Muskelfleisch, Getreide, Gemüse und Hefe vorhanden ist. Abb. 39: Vitamin B6 ist als Coenzym am Stoffwechsel aller Makronährstoffe (Fett, Kohlenhydrate, Proteine) beteiligt. Niacin Niacin ist die Sammelbezeichnung für Nicotinsäure und Nicotinamid. Dieses Vitamin kommt vor allem in Fleisch, Fisch, Leber und Milch vor. Die im Mais vorkommende Form ist nicht resorbierbar. Niacin ist Bestandteil zweier Schlüsselenzyme des Kohlenhydrat-, Fett- und Proteinstoffwechsels (Nicotin-Adenin-Dinucleotid = NAD und sein Phosphat NADP). Der Hund kann im Gegensatz zur Katze Niacin aus der Aminosäure Tryptophan bilden, d.h. der Niacinbedarf ist bei Hunden abhängig vom Tryptophangehalt der Ration. Biotin Biotin hieß früher Vitamin H, wird aber heute der B-Gruppe zugerechnet. Da es schwefelhaltig ist, hat es besondere Bedeutung für die Gesundheit von Haut und Haaren bzw. für die Qualität von Huf-, Krallen- und Klauenhorn bei Tieren. Außerdem ist es an der Bildung von Blutzucker (Glukoneogenese), am Energiestoffwechsel allgemein und an der Bildung von langkettigen Fettsäuren beteiligt. Es kommt vor allem in Eiern vor und ist dort häufig an Protein, vor allem die Aminosäure Lysin, gebunden. Vermutlich können Hunde und Katzen jedoch ihren gesamten Biotinbedarf auch über die bakterielle Synthese im Darm decken. Einer ausreichenden Zufuhr von Biotin mit der Nahrung kommt somit nur bei Antibiotikatherapie mit Beeinflussung der Darmflora entscheidende Bedeutung zu. In rohem Eiklar kommt ein Proteinbestandteil (das Avidin) vor, der Biotin irreversibel bindet und somit sowohl die Absorption des in der Nahrung enthaltenen als auch des im Darm gebildeten Biotins verhindert. Eier sollten daher nur in gekochtem Zustand an Hunde und Katzen verfüttert werden, da Avidin durch Erhitzen zerstört wird. Abb 40.: Schlüsselrolle der Pantothensäure (Vitamin B5) im Zitratzyklus zur Energiegewinnung der Zelle. Pantothensäure Pantothensäure kommt sowohl in pflanzlichen als auch in tierischen Futtermitteln reichlich vor. Besonders hohe Gehalte weisen Rinder-, Kalbs- und Schweineleber oder Hering auf (ca. 7 g/100g). Bei den pflanzlichen Lebensmitteln weisen Vollkornweizen, Haferflocken oder Tomaten vergleichsweise hohe Pantothensäuregehalte um 1 mg/100g auf. Sie ist die Vorstufe des Coenzyms A, das eine Schlüsselrolle im Energiestoffwechsel hat. Sie ist somit am Kohlenhydrat-, Fett- und Proteinstoffwechsel beteiligt. Folsäure Der Name leitet sich vom lateinischen Wort ”folium” ab, das übersetzt Blatt bedeutet. Grüne Blattgemüse sind besonders reich an Folsäure. Gute Folatquellen sind aber auch Weizenkeime und Soja. Von den tierischen Lebensmitteln enthält Leber die höchsten Konzentrationen an diesem Vitamin. Ein Teil des in Deutschland angebotenen jodierten und fluoridierten Speisesalzes wird bereits mit Folsäure in Höhe von 100 µg/ g angereichert und für die Verwendung im Haushalt angeboten. Es ist bekannt, dass im November 2003 bereits 10 % der deutschen Haushalte dieses Salz verwendeten. Folsäure ist ein wichtiges Coenzym im Organismus, das zum Beispiel die Übertragung eines einzelnen Kohlenstoffatoms katalysiert. Diese Reaktion ist wichtig für viele körpereigene Synthesevorgänge, z.B. die Bildung von Nucleinsäuren (Bestandteile der Erbsubstanz) und somit die Zellteilung. Ein Folsäuremangel äußert sich vor allem in einer Anämie. Allerdings zeigte sich bei der Katze, dass nur eine erhebliche Unterversorgung, die durch die Gabe von bestimmten Antibiotika (Sulfonamiden) induziert wurde, auch eine klinisch manifeste Anämie bewirkt. Die bei Hund und Katze beschriebene intestinale Synthese von Folsäure macht einen nutritiv bedingten Mangel unter Praxisbedingungen unwahrscheinlich. In der Humanmedizin wird eine Supplementierung mit Folsäure für zwei Indikationen empfohlen: Zum einen senkt sie den Blutspiegel des Homozysteins und damit das Risiko von Gefäßerkrankungen. Zum anderen vermindert sie bei Verabreichung in der Frühschwangerschaft (am besten schon vor der Konzeption) das Risiko eines Neuralrohrdefektes (schwere Missbildung, so genannter „offener Rücken“) bei den Babies. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass Boston Terrier-Züchter in Neuseeland seit Anfang der 80er Jahre zum Teil die Muttertiere mit 5 mg Folsäure pro Tag supplementieren. Seither scheint bei den Nachkommen die Inzidenz von Gaumenspalten zurückgegangen zu sein. Vitamin B12 (Cobalamin) Cobalamin hat Kobalt als Zentralatom im Molekül und ist somit das einzige Spurenelement haltige Vitamin. Die natürliche Form, das Cyanocobalamin, kommt vor allem in Austern und Muscheln vor. Aber auch Leber, Niere und Herz sind reich an Vitamin B12. In Pflanzen ist es originär nicht enthalten, da es von Mikroorganismen gebildet wird. Seine chemische Struktur ist sehr komplex. Die Funktion des Vitamin B12 ist eng an die der Folsäure gekoppelt: Es ist ebenfalls an der Übertragung einzelner C-Atome von einem Molekül auf ein anderes und somit an Abb. 41: Bedeutung des Vitamin B12 der DNA-Synthese beteiligt. Ein Mangel führt auch hier zur Anämie. Weitere Funktionen des Cobalamins sind der Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel sowie die Aufrechterhaltung der Nervenfunktion (bei Mangel kommt es zu einer Demyelinisierung, d.h. zu einem Verlust der Nervenscheiden und einer gestörten Reizleitung). Vitamin C (Ascorbinsäure) Vitamin C ist chemisch gesehen ein einfacher Zucker. Es kommt vor allem in Zitrusfrüchten, aber auch in Kohl und Kartoffeln vor und besitzt ausgeprägte antioxidative Eigenschaften. Für Hund und Katze ist es eigentlich kein echtes Vitamin, da sie es im Gegensatz zum Menschen und zum Meerschweinchen selbst bilden können. Für gesunde Hunde und Katzen im Erhaltungsstoffwechsel ist eine Supplementierung des Futters mit Vitamin C daher im Hinblick auf die Deckung des Nährstoffbedarfs nicht erforderlich. Da Ascorbinsäure jedoch nur eine sehr niedrige Toxizität (im Überschuss aufgenommene Mengen werden sowohl mit dem Kot als auch renal ausgeschieden) und nur ein geringes Nebenwirkungspotenzial besitzt, findet in der Praxis vielfach eine Anreicherung von Futter- und Lebensmitteln mit Vitamin C statt. Auf diesem Wege soll Vitamin C das Immunsystem stärken, den Alterungsprozess verzögern, die Folgeschäden eines Diabetes mellitus vermindern sowie das Risiko einer Kataraktentstehung reduzieren. Weiterhin wird angenommen, dass es hilfreich bei Arthritiden ist und bei Tieren mit hoher körperlicher Belastung die Leistungsfähigkeit erhält beziehungsweise steigert. Wegen ihrer antioxidativen Wirkung wird der Ascorbinsäure zudem ein antikarzinogener Effekt zugesprochen. Mögliche Risiken einer bedarfsüberschreitenden Zufuhr sind bei chronischer Verabreichung sehr hoher Dosen die Gefahr der Bildung von Nierensteinen oder die möglichen prooxidativen Wirkungen (beschrieben ist z.B. die Korrosion von Metallteilen an Trinkflaschen von Heimtieren nach Zusatz von Vitamin C zum Trinkwasser). Obwohl Hunde keinen echten Bedarf an Vitamin C haben, wurde lange Zeit vermutet, dass die sehr schmerzhafte hypertrophische Knochendystrophie junger Hunde auf einem Vitamin-C-Mangel beruhen könnte. Diese Vermutung ergab sich aus der Ähnlichkeit der klinischen und röntgenologischen Befunde am Knochen der Hunde im Vergleich zum Skorbut bei Kindern. Zum Teil wurden niedrige Vitamin CPlasmaspiegel gemessen und gelegentliche „Heilungserfolge“ mit Ascorbinsäure erzielt, was die Hypothese eines Vitamin-C-Mangels stützte. Allerdings fehlten bei den Hunden zum einen durchweg weitere klassische Symptome, die bei Kindern mit Skorbut neben den Knochenveränderungen regelmäßig zu beobachten waren. Zum anderen sinkt die Blutkonzentration von Vitamin C in der Regel bei Stress und starken Schmerzen erheblich ab. Gelegentliche Therapieerfolge mit Vitamin C traten vermutlich zufällig auf, da diese Erkrankung häufig spontan abheilt. Nach heutigem Kenntnisstand liegt dieser Erkrankung eine multifaktorielle Genese zugrunde, bei der Haltungs-, Fütterungs- und Aufzuchtfehler eine Rolle spielen. Die „Vitamin-C-MangelHypothese“ ist als widerlegt anzusehen. Auch bei der Hüftgelenksdysplasie des Hundes hat Vitamin C keine therapeutische oder vorbeugende Wirkung. Die Ansäuerung des Harns zur Auflösung oder Prophylaxe von Struvit-Harnsteinen bei Katzen durch eine Zulage von Ascorbinsäure bleibt meist wirkungslos und ist im Sinne eines gesteigerten Risikos für Kalziumoxalatsteine sogar kontraproduktiv (Vitamin C ist eine Vorstufe des Oxalats). Abb. 42: Vitamin C schützt im wässrigen Milieu vor freien Radikalen Inositol und Cholin gehören im weiteren Sinne ebenfalls zu den wasserlöslichen Vitaminen, d.h. ihre besondere vitaminähnliche Wirkung ist zwar bekannt, aber im Allgemeinen reicht die körpereigene Synthese zur Deckung des Bedarfs aus. Der Zuckeralkohol Inositol kommt vor allem in Obst vor und ist ein Vorläufer des Phosphatidylinositols, das ein wichtiger Bestandteil der Lipoproteine biologischer Membranen ist. Cholin gehört chemisch zur Gruppe der Lecithine und ist ebenfalls Bestandteil aller Zellmembranen. Außerdem gilt Cholin als lipotroper Faktor, der eine abnorme Ablagerung von Lipiden in der Leber (Leberverfettung) verhindert. 8 Wasser Wasser ist der wichtigste Nährstoff überhaupt und wird für sämtliche physiologische Funktionen und Vorgänge im tierischen Körper benötigt. Hunde und Katzen können ohne Wasser nur wenige Tage überleben, ohne Futter dagegen unter Umständen mehrere Wochen. Wasser ist unentbehrlich für die Lösung der Nahrungskomponenten im Verdauungstrakt, den Nährstofftransport zu den Geweben und die Ausscheidung von „Abfallstoffen“ (harnpflichtige Stoffe) über die Niere. Wasser schafft ein optimales Milieu für alle biochemischen Reaktionen und ist an der Regulation der Körpertemperatur beteiligt. Der Organismus ist dabei stets bestrebt, den Wassergehalt und die Konzentration der im Wasser gelösten Substanzen weitgehend konstant zu halten. Bei einem Wasserdefizit steigt der osmotische Druck in den Körperflüssigkeiten an und es entsteht Durst. Der Wasserbedarf richtet sich nach den Wasserverlusten, da diese immer ausgeglichen werden müssen. Bei Hunden und Katzen entstehen Verluste überwiegend durch die Ausscheidung über Kot und Harn (Vorsicht: bei Niereninsuffizienz und Durchfall sind massive Verluste möglich), durch die Verdunstung über die Atemwege beim Hecheln (Regulation der Körpertemperatur) und bei säugenden Tieren über die Milch. Der gesamte Wasserbedarf wird mit Trinkwasser, durch den Wassergehalt im Futter und Oxidationswasser (entsteht bei Nährstoffumwandlung im intermediären Stoffwechsel) gedeckt. Der Wasserbedarf unterliegt zahlreichen Einflüssen. Neben dem Stoffwechselbedarf wird die Wasseraufnahme von verschiedenen anderen Faktoren wie z.B. Typ und Menge des aufgenommenen Futters, Bewegungsaktivität, Umgebungstemperatur, Gesundheitszustand, Stress sowie individuellen Unterschieden beeinflusst. Als Richtwerte können etwa 50-60ml pro kg angesetzt werden. Ein 10kg schwerer Hund benötigt zwischen 0,5-1l pro Tag und eine 3-4kg schwere Katze rund 200 ml Wasser. Da Feuchtfutter bereits viel Wasser enthält (rund 85%), ist die Trinkwasseraufnahme niedriger als bei Trockenfutterfütterung (rund 10% Feuchte). Abb. 43: Wasserhaushalt des Hundes Wasser kann im Körper kaum gespeichert werden, und ein hoher Wasserverlust (z.B. 15-20% des Körpergewichts) führt unweigerlich zum Tod des Tieres. Ein Wassermangel wirkt sich auf die Futteraufnahme und die Leistungsfähigkeit der Tiere aus. Zunächst versucht der Körper, durch Senkung der Wasserverluste über Kot und Harn das Defizit zu kompensieren. Der Kot wird trockener (Gefahr von Verstopfung!) und das spezifische Harngewicht steigt (Risiko der Harnsteinbildung!), gleichzeitig wird Wasser aus verschiedenen Geweben wie Haut und Muskulatur mobilisiert. Sind die Kompensationsmöglichkeiten erschöpft, schrumpft das Blutvolumen, was man an einem Anstieg des Proteingehaltes im Blutserum erkennen kann. In der klinischen Untersuchung wird der Flüssigkeitshaushalt mit Hilfe des Hautturgors überprüft. Dazu fasst man mit den Fingern eine Hautfalte am Brustkorb und beobachtet, wie lange es dauert, bis die Falte nach dem Loslassen wieder verstreicht. Bereits bei einem Wassermangel von 5% verstreicht die Hautfalte verzögert, bei 10% bleibt sie „stehen“. Weitere Indizien für Austrocknung (Dehydratation) sind trockene Schleimhäute und eine verminderte Durchblutung der Kapillargefäße, was an einer erhöhten Kapillarfüllungszeit erkennbar ist. Eine zu geringe Wasseraufnahme kommt unter praktischen Bedingungen vor, wenn z.B. nicht ausreichend Wasser zu Verfügung steht, bei extremen Wassertemperaturen oder bei schlechter Wasserqualität. Auch bei alten Hunden und Katzen sowie bei kranken Tieren ist das Trinkverhalten häufig verändert und muss im Auge behalten werden. Besonders Katzen neigen dazu, wenig Wasser zu trinken, da sie als ehemalige „Wüstenbewohner“ ihren Harn sehr gut konzentrieren können und mit wenig Wasser auskommen. Neben dem Angebot von frischem Wasser gibt es verschiedene Möglichkeiten, Trinkwasser attraktiver zu machen und dadurch die Trinkmenge zu steigern. Beispielsweise kann man Wassernäpfe an verschiedenen Stellen im Haus und Garten aufstellen oder den Geschmack durch Zugabe geringer Mengen an Sahne, Milch etc. verändern. Einige Katzen lieben fließendes Wasser und trinken gerne aus dem Wasserhahn oder Zimmerbrunnen. Trinken Hunde und Katzen mehr als sonst üblich, ist die Ursache entweder im Futter, in der Umgebung oder beim Tier selbst zu suchen. Ein hoher Salz- oder Ballaststoffgehalt im Futter steigert die Wasseraufnahme, ebenso wie hohe Umgebungstemperaturen, körperliche Beanspruchung oder Erkrankungen, wie z. B. Entzündungen der Gebärmutter, chronische Nierenerkrankungen oder Diabetes mellitus. Eine „Überdosis“ Wasser ist bei gesunden Hunden und Katzen zwar extrem selten, kann aber vorkommen, wenn ausgetrockneten Tieren unbegrenzt Wasser angeboten wird. Ein typisches Beispiel dafür sind Hunde, die im Sommer bei hohen Umgebungstemperaturen für längere Zeit ohne Wasser im Auto eingesperrt sind. Eine zu hohe Wasseraufnahme innerhalb kurzer Zeit kann eine Schädigung der roten Blutkörperchen und der Gehirnzellen verursachen, was sich als hämolytische Anämie und als Bewegungs- und Bewusstseinsstörungen äußert. 9 Inhaltstoffe mit gesundheitsbezogener Wirkung Heute haben Tiernahrungshersteller ein ehrgeizigeres Ziel, als nur den Bedarf zu decken und zugleich einen Mangel bzw. Überschuss an Nährstoffen zu vermeiden. In dem Zusammenhang spricht man auch von „Gesundernährung“, da bestimmte Nährstoffe verschiedenen Krankheiten vorbeugen, degenerative Prozesse wie das Altern verlangsamen oder das Wohlbefinden des Tieres verbessern. Das folgende Kapitel liefert einen kurzen Überblick über einige Nährstoffe mit gesundheitsbezogener Wirkung, die einen wichtigen Beitrag für die Gesundheit unserer Hunde und Katzen leisten. 9.1 Haut & Haarkleid Ungesättigte Fettsäuren Borretschöl wird durch Pressen aus den Samen der Pflanze Borretsch officinalis gewonnen. Es enthält einen hohen Anteil an γ-Linolensäure, einer Fettsäure der Omega-6-Familie. Borretschöl hat bei entzündlichen Prozessen eine günstige Wirkung durch die Beeinflussung von Entzündungsmediatoren, die im Stoffwechsel der Omega-6-Reihe gebildet werden. Solche Entzündungsmediatoren wirken nämlich nicht alle gleich, sondern hemmen bzw. fördern spezifische Entzündungsreaktionen. Durch die Aufnahme von Borretschöl werden mehr Prostaglandine der Serie 1 gebildet (geringe entzündliche Wirkung) und weniger der Serie 2 (wirken stark entzündlich). Im Bereich der Dermatologie ist dieses Phänomen der „Entzündungshemmung“ am besten bei allergischen Erkrankungen und bei übermäßiger Talgbildung untersucht. Auch die entzündungshemmenden Eigenschaften der Omega-3Fettsäuren, die besonders in Fischölen von Kaltwasserfischen vorkommen, sind erwiesen und anhand zahlreicher Untersuchungen belegt. Da Omega-3- und Omega6-Fettsäuren um dieselben Enzyme im Stoffwechsel konkurrieren (siehe auch Gelenkerkrankungen), führt die Aufnahme von Fischöl zu einer vermehrten Umsetzung Abb. 44: Ungesättigte Fettsäuren sorgen für ein gesundes und glänzendes Fell. von Omega-3-Fettsäuren und dadurch zu einer vermehrten Bildung von Entzündungsmediatoren, die von diesen Fettsäuren abstammen. Diese haben im Vergleich zu den Abkömmlingen der Omega-6-Familie eine viel geringere entzündliche Wirkung und hemmen zudem gewebeschädigende Aktivitäten bestimmter Zellen, wie z.B. der Makrophagen. Durch die Möglichkeit Entzündungsreaktionen konkret zu beeinflussen spielen essenzielle Fettsäuren der Omega-3- und Omega-6-Familie natürlich auch bei vielen anderen Erkrankungen eine wesentliche Rolle. Tyrosin Die Aminosäure Tyrosin ist Bestandteil der braunen und schwarzen Fellpigmente (Eumelanin, Phäomelanin). Ein erhöhte Tyrosinzufuhr führt zu einer besonders intensiven Ausprägung der natürlichen Fellfarbe, insbesondere bei schwarzen Hunden und Katzen. 9.2 Gelenkgesundheit Bei der Prophylaxe und Therapie von Gelenkerkrankungen stehen der Schutz des Gelenkknorpels (Synthese der Knorpelmatrix bzw. Verbesserung der Elastizität durch Einlagerung von Wasser), die Unterstützung seines Stoffwechsels sowie die Hemmung schädlicher Knorpel abbauender Enzyme und Entzündungsmediatoren im Vordergrund. Die dafür in der Human- und Tiermedizin zur Verfügung stehenden Nahrungsergänzungen sind: Glykosaminoglykane (GAGs), essenzielle Fettsäuren, Antioxidanzien und Grünlippenmuschel. Glykosaminoglykane (GAGs) sind essenzielle Bestandteile des Knorpelgewebes, die helfen, seine Elastizität zu erhalten und Stöße auf das Gelenk zu dämpfen. Die am häufigsten verwendeten Substanzen sind Chondroitinsulfat (z.B. im Luftröhrenknorpel von Schlachttieren enthalten) und Glukosamine (im Knorpel von Schlachttieren und im Chitinpanzer von Meerestieren z.B. Garnelen enthalten), die sich in ihrer Wirkung ergänzen. Im Gelenkknorpel ist Chondroitinsulfat das vorherrschende Glykosaminoglykan, das von den Knorpelzellen (Chondrozyten) produziert wird. Der vermutlich wichtigste Effekt von Chondroitinsulfat ist die Reduzierung bzw. Hemmung der Produktion solcher Enzyme, die bei Gelenkerkrankungen den Abbau der Knorpelsubstanz verursachen. Mit der Absicht bei anfälligen Tieren einer Knorpelschädigung vorzubeugen (z.B. Hundewelpen großer Rassen mit starker mechanische Belastung des unreifen Skeletts während des Wachstums und einem hohen Risiko, Gelenkerkrankungen zu entwickeln) bzw. bei bereits betroffenen Tieren die Zerstörung des Gelenkknorpels zu verlangsamen, wird Chondroitinsulfat eingesetzt. Glucosamin ist als Vorläufer der GAG bei der Stimulation und Bildung von neuem Knorpelgewebe maßgeblich beteiligt. Da nur gesunde Chondrozyten ausreichend Glukosamin bilden, ist die körpereigene Synthese bei Gelenkerkrankungen vermindert. Nach der Aufnahme mit dem Futter reichert sich Glucosamin in der Synovialflüssigkeit („Gelenkschmiere“) an und wirkt dort zusätzlich leicht entzündungshemmend. Glukosamin kann auch zur Verbesserung der Schleimhautintegrität bei Blasenentzündungen (Zystitis) bei Katzen eingesetzt werden, da die Schleimhaut der Harnblase mit einer Schutzschicht aus GAGs ausgekleidet ist. Abb. 45: Röntgenbefund bei Arthrose im Hüftgelenk eines Hundes In verschiedenen Untersuchungen an Hunden konnten die positiven Effekte dieser Substanzen nachgewiesen werden. Beispielsweise zeigten Hunde mit Kreuzbandriss geringere Knorpelveränderungen als unbehandelte Kontrolltiere und Hunde mit Hüftgelenksdysplasie eine deutliche Besserung der Lahmheitsymptome, Beweglichkeit und Schmerzen. Auch wenn die klassischen Einsatzgebiete der Schutz der Gelenkknorpel und die Verzögerung der Arthrose bei älteren Hunden und Katzen sind, zeigen neuere Studien, dass auch Jungtiere von den positiven Effekten profitieren können und Glycosaminoglykane zur Gesundheitsvorsorge beitragen. Zur unterstützenden Therapie von Gelenkerkrankungen werden häufig langkettige Omega-3-Fettsäuren dem Futter zugemischt oder separat (z.B. als Kapsel) verabreicht. Im Stoffwechsel entstehen aus den Vorläufern der Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren Arachidonsäure (20:4, n-6) bzw. Eikosapentaensäure (20:6, n3), die um den Einbau in die Phospholipide der Zellmembranen konkurrieren. Das heißt: bei steigendem Anteil von Omega-3-Fettsäuren im Futter enthalten die Zellmembranen mehr Eikosapentaensäure als bei niedrigen Gehalten im Futter. Bei einer Zellschädigung werden diese Fettsäuren aus den Zellmembranen freigesetzt und in Entzündungsmediatoren (Prostaglandine und Leukotriene) umgewandelt. Substanzen, die aus Arachidonsäure entstehen, wirken stärker entzündlich als solche aus Eikosapentaensäure. Aus diesem Grund kann durch die gezielte Zufuhr von Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren die Entzündungsreaktion modifiziert werden, was man sich therapeutisch zu Nutze macht. γ-Linolensäure ist die einzige Fettsäure der Omega-6-Serie, die im Körper ebenfalls in entzündungshemmende bzw. gering entzündliche Mediatoren umgebaut werden kann. Wie bei anderen Entzündungen wird den „freien Radikalen“ eine ursächliche Rolle in der Entstehung und dem Verlauf von Gelenkentzündungen zugeschrieben. Humanmedizinischen Studien zufolge gibt es Hinweise, dass durch Antioxidanzien (wie Vitamin C und E, β-Carotin, Selen und Zink) das Risiko eines Fortschreitens von Arthrose reduziert werden kann (siehe auch Anti-Aging & Immunsystem). Die neuseeländische Grünlippenmuschel (GLM) enthält entzündungshemmende Substanzen und Nährstoffe, die die Gelenkgesundheit fördern. Das Muschelfleisch besteht zu fast 50 % aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren, von denen rund 40 % auf Fettsäuren der Omega-3-Familie entfallen. In einer Studie besserten sich bei Hunden mit Arthrose, die GLM-Extrakt in Pulverform oder als Öl erhielten, die klinischen Anzeichen einer Gelenkentzündung wie Schwellung, Schmerz und Krepitus (knackendes Reibegeräusch beim Bewegen der Gelenke) nach einer Behandlung von 6 Wochen. Der stärkste entzündungshemmende Effekt der GLM wird zwar in der Fraktion der mehrfach ungesättigten Fettsäuren vermutet, aber auch die ebenfalls enthaltenen Glycosaminoglycane (Glucosamin und Chondroitin) tragen zum Knorpelschutz bei (siehe oben). Abb. 46: Antioxidanzien schützen die Zelle vor den Angriffen freier Radikale und verzögern so den Zellalterungsprozess. 9.3 Anti-Aging & Stärkung des Immunsystems Während des ganzen Lebens ist der Organismus den Angriffen durch freie Radikale, kurzlebigen und sehr reaktionsfreudigen Sauerstoffverbindungen, ausgesetzt. Sie entreißen anderen Verbindungen ein Elektron, wodurch speziell die Strukturen, die viele Doppelbindungen (ungesättigte Fettsäuren) enthalten, wie Zellmembranen und Zellkerne, geschädigt werden können. Freie Radikale entstehen ständig als „Nebenprodukt“ bei Stoffwechselvorgängen im Körper, bei denen Sauerstoff beteiligt ist. Der Körper ist den Angriffen der freien Radikale aber nicht schutzlos ausgeliefert, sondern besitzt eine Reihe wirkungsvoller Abwehrmechanismen. Antioxidanzen („Radikalfänger“) verhindern die Oxidation empfindlicher Moleküle und schützen somit den Körper vor den Angriffen der freien Radikale. Antioxidanzien werden entweder im Körper selbst gebildet (endogen z.B. Superoxid-Dismutase, GluthathionPeroxidase) oder mit der Nahrung aufgenommen. Bei starker körperlicher Belastung, Entzündungen, Stimulation des Immunsystems, beim Alterungsprozess sowie bei Belastungen durch die Umwelt (z.B. UV-Strahlen, Ozon, radioaktive Strahlen, Zigarettenrauch, Pestizide u. a.) steigt die Bildung der freien Radikale an. Reichen die antioxidativen Abwehrmechanismen des Körpers nicht mehr aus, um diese Angriffe abzuwehren bzw. deren Folgen zu korrigieren, spricht man von „oxidativem Stress“. Abb. 47: Oxidativer Stress – Ungleichgewicht zwischen Antioxidanzien und freien Radikalen Die Bedeutung von Antioxidanzien für das Immunsystem, für die Verlangsamung des Alterungsprozesses („Anti-Aging-Effekt“) und für die Krankheitsprävention ist allgemein bekannt und die Vorteile einer Ernährung mit hohem Gehalt an Antioxidanzien unbestritten. Die am häufigsten verwendeten Antioxidanzien in der Hunde- und Katzenernährung sind: Vitamin E, Vitamin C, Taurin, Karotinoide und Polyphenole. In Untersuchungen an Hunden und Katzen wurde nachgewiesen, dass sich die einzelnen Antioxidanzien in ihrer Wirkung ergänzen und die Kombination von Vitamin E und C, Lutein und Taurin insbesondere der altersbedingten Abnahme der Immunität entgegenwirkt. Hunde und Katzen, die ein Futtermittel mit dieser Nährstoffkombination erhielten, zeigten eine bessere und schnellere Immunantwort nach einer Impfung, eine Abnahme von Markern für oxidativen Stress im Plasma und weniger Schäden in der Erbsubstanz (DNA) als nicht supplementierte Kontrollgruppen. Vitamin E (fettlösliches Vitamin) unterbricht die Kettenreaktion von freien Radikalen in der Zellmembran und schützt mehrfach ungesättigte Fettsäuren in Membranlipiden, Lipoproteinen und Depotfett vor der Zerstörung. Vitamin C (wasserlösliches Vitamin) hemmt die Peroxidation der Membranphospholipide und fungiert als „Radikalfänger“. Zudem spielt es bei der Regeneration von Vitamin E eine Rolle. Karotinoide sind verschiedene gelb-orange Pigmente mit oxidationshemmender Wirkung, die in Obst und Gemüse vorkommen: Karotte (β-Carotin), Tomate (Lycopen), Orangen, die auch Studentenblume genannte Tagetes, Zitrusfrüchte, Maisstärke (Lutein und Zeaxanthin). Das β-Carotin, der bekannteste Vertreter der Karotinoide, ist die Vorläufersubstanz von Vitamin A und in der Wirkung vergleichbar mit Vitamin E. Im Gegensatz zu Hunden können Katzen β-Carotin nicht in Vitamin A umwandeln. Xanthophylle, eine weitere Untergruppe der Karotinoide, enthalten eine Gruppe gelber Pigmente. Wichtigste Vertreter sind Lutein und Zeaxanthin, die besonders in der Netzhaut des Auges vorkommen und dort die Netzhautzellen schützen. Bei Menschen ist bekannt, dass das Risiko an „grauem Star“ (Linsentrübung) zu erkranken von der aufgenommenen Luteinmenge abhängt. Polyphenole kommen in zahlreichen Pflanzen vor, die bekanntesten stammen aus grünem Tee und Trauben. Sie sind besonders für die Mund-Zahnhygiene interessant, da bestimmte Bestandteile das Wachstum der Zahnbelagsbakterien hemmen können. Eine positive Wirkung der Flavanole (Untergruppe der Polyphenole) ist bei Nieren- und Herzerkrankungen beschrieben. Taurin ist eine Aminosäure, deren Schutzwirkung gegen freie Radikale beim Kampf gegen den Alterungsprozess wichtig ist. Sie hemmt die Peroxidation von Lipiden und stabilisiert somit Zellmembranen. 9.4 Regulierung der Verdauung Zur Regulierung der Verdauung und Unterstützung der Darmflora sind verschiedene Ergänzungen verfügbar, die in der Praxis bei Magen-Darm-Erkrankungen, besonders bei Durchfall, häufig eingesetzt werden. Probiotika sind lebende Mikroorganismen. Es handelt sich um „nützliche Bakterien“ wie Laktobazillen, Bifidobakterien und Enterokokken (kommen auch natürlicherweise im Darm vor), die den Darm besiedeln sollen und dadurch potenziell pathogene Keime zurückdrängen. Voraussetzung ist, dass sie den Darm lebend erreichen und nicht im Verdauungsprozess durch Magensäure und Verdauungssäfte abgebaut werden. Durch die Aufnahme von Probiotika soll das Risiko einer Entzündung durch eine übermäßige Vermehrung von „schlechten“ Darmbakterien vermindert und der Genesungsprozess bei bakteriellen Darmentzündungen beschleunigt werden. Abb. 48: FOS fördern das Wachstum der „guten“ Darmbakterien. Dieser Effekt konnte in einer Studie an Hunden mit einer klinischen Darminfektion durch Campylobacter spp. zwar nachgewiesen werden, aber genaue wissenschaftliche Untersuchungen zur Wirksamkeit dieser Präparate z. B. bei bakterieller Überwucherung des Darms oder bei auf Antibiotika ansprechendem Durchfall stehen noch aus. Präbiotika sind Nahrungsbestandteile, die nur von bestimmten Darmbakterien abgebaut und genutzt werden können. Dadurch ist es möglich, gezielt „gute“ Bakterien mit Nährstoffen zu versorgen und auf diese Weise das Keimspektrum zu Gunsten einer „gesunden“ Darmflora zu verändern. Bei den Präbiotika handelt es sich um fermentierbare Kohlenhydrate. Zu nennen sind hier unter anderem Laktulose und Oligosaccharide mit verschiedener Kettenlänge und unterschiedlicher Zusammensetzung wie beispielsweise Fructooligosaccharide (FOS, Abb. 48) und Mannanoligosaccharide (MOS, siehe Kapitel Kohlenhydrate und Abb. 49). Zur Regulierung der Verdauung werden Faserstoffe (auch als „diätetische Faser“ bezeichnet) dem Futter zugesetzt. Es handelt sich um Kohlenhydrate, die nicht von körpereigenen Enzymen abgebaut werden können und durch Darmbakterien mehr oder weniger stark fermentiert werden (siehe Kapitel Kohlenhydrate). Nichtfermentierbare Fasern (Ballaststoffe wie z. B. Zellulose) werden gar nicht verdaut. Sie regulieren die Motorik des Darms und fördern die Darmpassage. Fehlen sie, ist zum einen die Darmpassage verlangsamt und zum anderen steigt das Risiko für Verdauungsstörungen durch Fehlgärungen des Darminhalts. Bei zu geringem Ballaststoffgehalt im Futter reagieren die Tiere mit Verstopfung oder Durchfall. Ebenso birgt ein zu hoher Ballaststoffgehalt im Futter Nachteile: Verringerung der Verdaulichkeit der Ration, Beeinträchtigung der Akzeptanz, Steigerung der Kotmenge und Kotabsatzhäufigkeit. Abb. 49: MOS besetzten die Bindungsstellen pathogener Bakterien und verhindern ihre Anheftung an der Darmwand. Lösliche Fasern haben eine hohe Wasserbindungskapazität und bilden ein visköses Gel im Darm. Sie sind mit der Ausnahme von Psyllium (Flohsamen) durch Mikroorganismen abbaubar und liefern kurzkettige Fettsäuren für die Energieversorgung der Darmzellen. Lösliche Fasern im Futter verlangsamen die Nährstoffabsorption im Darmtrakt und verursachen bei zu großer Aufnahme Verdauungsstörungen (weicher Kot, Flatulenz) aufgrund übermäßiger mikrobieller Aktivität. Durch die Fähigkeit, große Wassermengen zu speichern und Schleim als „Schutzfilm“ für die angegriffene Schleimhaut zu bilden, ist Flohsamen besonders nützlich für die Verbesserung der Kotqualität sowohl bei Durchfall als auch bei Verstopfung. Zeolithe sind Tonerdeminerale aus Aluminiumsilikat, das sich durch eine hohe Wasserbindungskapazität und großen Austauschoberfläche mit der Fähigkeit zur Toxinbindung (über 100 m2 pro Gramm) auszeichnet. Sie sind zur Vorbeugung und Behandlung von Durchfällen von Nutzen und können dem Futter beigemischt werden. Zeolithe bilden auf der Oberfläche der Darmschleimhaut einen schützenden Film und absorbieren überschüssiges Wasser sowie giftige Substanzen im Darm. Durch die Absorption von Ammoniak tragen sie zudem zur Minderung des üblen Kotgeruchs bei.