Abschlussbericht Untersuchung von Einflussfaktoren auf den horizontalen Gentransfer in die bakterielle Endophytenflora von Forstgehölzen im Hinblick auf die Vermeidung des Eintrags replikationsfähiger rekombinanter DNA in die Umwelt Regina Becker1, Dietrich Ewald2, Andreas Ulrich1 Auftragnehmer: 1 Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V. Institut für Landschaftsstoffdynamik Eberswalder Str. 84, 15374 Müncheberg 2 Johann Heinrich von Thünen-Institut Bundesforschungsinstitut für ländliche Räume, Wald und Fischerei Institut für Forstgenetik Eberswalder Chaussee 3a, 15377 Waldsieversdorf Auftraggeber: Land Brandenburg, vertreten durch das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Vergabe-Nr.: BST 54/08 Projektleiter: Dr. Andreas Ulrich E-mail: [email protected] Müncheberg, den 01.12.2010 Inhaltsverzeichnis 1. Zielstellung ................................................................................................................ 3 2. Methodik.................................................................................................................... 4 2.1 Bakterienstämme und Plasmide................................................................................. 4 2.2 Konjugationen ........................................................................................................... 5 2.3 Real-time PCR........................................................................................................... 5 2.4 Inokulation der Pappelstecklinge............................................................................... 6 2.5 Kultivierung und Screening endophytischer Isolate.................................................. 8 2.6 Phylogenetische Charakterisierung der Isolate.......................................................... 9 2.7 Prüfung des Austrags rekombinanter DNA in den Boden ...................................... 10 3. Ergebnisse................................................................................................................ 10 3.1 Dynamik der endophytischen Besiedlung ............................................................... 10 3.2 Etablierung des rekombinanten Plasmids und horizontaler Gentransfer in die autochthone Mikroflora der Pappelstecklinge......................................................... 12 3.2.1 Etablierung der Inokulationsstämme ....................................................................... 13 3.2.2 Nachweis von Transferereignissen.......................................................................... 18 3.3 Austrag des rekombinanten Plasmids in den Boden ............................................... 21 4. Diskussion ............................................................................................................... 22 4.1 Einflussfaktoren auf den horizontalen Gentransfer in die bakterielle Endophytenflora ...................................................................................................... 22 4.2 Endophytische Besiedlung von in vitro Kulturen und Möglichkeiten der Vermeidung eines unerwünschten Gentransfers .................................................... 25 5. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen............................................................ 28 6. Literatur ................................................................................................................... 30 2 1. Zielstellung In der zweijährigen Studie sollte das Auftreten eines plasmidvermittelten horizontalen Gentransfers in die autochthone Mikroflora von Pappelstecklingen zu verschiedenen Zeitpunkten der Gehölzentwicklung und der resultierenden bakteriellen Besiedlung untersucht werden. Ziel des Projektes war es, Bedingungen zu charakterisieren, unter denen sich rekombinante Bakterien in der Endophytenmikroflora etablieren und Transferereignisse stattfinden können. Ein weiterer Gegenstand war die Untersuchung des Austrags replikationsfähiger DNA in die Umwelt. Im Ergebnis der Analysen sowie in Auswertung vorhandener Daten zur Endophytenbesiedlung von in vitro Kulturen sollten schlussfolgernd Empfehlungen zur Minimierung des Besatzes mit rekombinanten Agrobakterien und des Risikos eines unerwünschten Gentransfers in der Endophytenmikroflora abgeleitet werden. Für die Untersuchungen fand das in vorangegangener Studie entwickelte Modellsystem auf der Basis des rekombinanten Broad-Host-Range-Plamids RP4-4-Tnluc Verwendung. Dieses Plasmid wurde zur Detektion potentieller Transferereignisse in einen Agrobakterienstamm, verschiedene endophytische Isolate und zwei E. coli-Stämme übertragen, die in den Experimenten als Inokulationsstämme dienten. Über die saisonale Staffelung der Experimente als auch über die Verwendung unterschiedlich an die Pflanze angepasster Inokulationsstämme sollten differenzierte Bedingungen für die Etablierung der rekombinanten Bakterien und eines Gentransfers in der endophytischen Mikroflora gegeben sein. Davon ausgehend sollte basierend auf Kulturtechniken und eines real-time PCR-Ansatzes (Quantifizierung Bacteria, Actinobacteria, Pseudomonas) die endophytische Besiedlung des Pflanzenmaterials zum Zeitpunkt der Inokulation erfasst werden. An verschiedenen Terminen nach der Inokulation wurden die Pappelstecklinge im Hinblick auf die Etablierung der rekombinanten Inokulationsstämme und das Vorhandensein potentieller Transkonjuganten getestet. Hierfür wurde neben Kultivierungstechniken die real-time PCR-Detektion des Luciferase-Gens eingesetzt. Im Fall des Nachweises eines Gentransfers wurden die Bakterien, die das Plasmid aufgenommen hatten, taxonomisch charakterisiert. Die Bestimmung des Austrags rekombinanter DNA in die Umwelt erfolgte über die Inkubation von inokuliertem Stecklingsmaterial im Boden und anschließendem Nachweis des rekombinanten Plasmids in der sich zersetzenden Pflanzensubstanz und im anhaftenden Boden. 3 2. Methodik 2.1 Bakterienstämme und Plasmide Zur Inokulation der Pappelstecklinge wurden folgende RP4-4-Tnluc tragende Bakterienstämme verwendet: Agrobacterium tumefaciens1 GV2260, die endophytischen Isolate Stenotrophomonas sp. 169-1, Pseudomonas sp. Q16-3 und E9-3, Burkholderia sp. Esch5-4 sowie Escherichia coli DH5α-2 und DH5α-2 pBR322-sacB. Das rekombinante BHR-Plasmid RP4-4-Tnluc ist über eine inserierte Luciferase-Neomycinr-Genkassette sensitiv nachweisbar (Ulrich & Lentzsch, 1997). Die Herstellung der rekombinanten Inokulationsstämme erfolgte mit Ausnahme des Stamms Burkholderia sp. Esch5-4 RP4-4Tnluc, der im Ergebnis eines in situ-Gentransfers aus dem Pappelklon Esch5 isoliert wurde (s. 3.2.2.), unter Verwendung der in Tabelle 1 aufgelisteten Ausgangsstämme und Plasmide. Tab. 1 Bakterienstämme und Plasmide Stamm / Plasmid Escherichia coli K12 DH5α DH5α-2 Relevante Merkmale, Antibiotikaresistenzen a Referenz hsdS3, recA56, rpsL20, proA2 Spontane Rif r und Smr Mutante von DH5α Bolivar & Backman (1979) Ulrich & Pühler (1994) Rif r (chromosomal), Ti-Helferplasmid (pGV2260): McBride & Summerfelt (1990) pTiBS3 (∆ T-DNA), Cb r Endophytisches Bakterienisolat aus dem Pappelklon Becker et al. (2008) Geneva Pseudomonas sp. E9-3 Endophytisches Bakterienisolat aus dem Pappelklon Becker et al. (2008) Geneva Stenotrophomonas sp. Spontane Sm r Mutante des endophytischen Becker et al. (2008) 169-1 Bakterienisolats 169 (isoliert aus dem Pappelklon 741; Stammsammlung BFH Waldsieversdorf) Burkholderia sp. Esch5-4 Endophytisches Bakterienisolat aus dem Pappelklon diese Arbeit Esch5 Plasmide RP4-4 IncPIα, Tcr, Ampr, Kms Hedges & Jacob (1974) RP4-4-Tnluc RP4-4::Tn163-luc, Kmr Becker et al. (2008) pUC8Gm Gm r - Derivat von pUC8 Promega pBR322-sacB BamHI-Fragment mit sacB aus pSUP104-sac, Becker et al. (2008) kloniert in pBR322 a Antibiotika-Konzentrationen (µg/ml): Cb: Carbenicillin - 100, Gm: Gentamycin – 25, Km: Kanamycin - 50, Rif: Rifampicin – 30, Sm: Streptomycin - 200/40 (Rhizobium/E. coli) Agrobacterium tumefaciens GV2260 Pseudomonas sp. Q16-3 Überprüfung der Inokulationsstämme. Vor Verwendung der Inokulationsstämme wurde überprüft, ob sie sich nach wie vor gut als Plasmiddonor eignen. Hierzu wurde die Konjugationsfähigkeit in vitro durch Transfer des Vektors RP4-4-Tnluc in E. coli DH5α pUC8Gm getestet. Die Kreuzungen wurden über Kanamycin (gegen den Rezipienten) und 1 Die geänderte taxonomische Zuordnung ist Rhizobium radiobacter. Aus Verständnisgründen wird jedoch weiterhin Agrobacterium tumefaciens verwendet. 4 Gentamycin (gegen den Donor) selektiert und ergaben Konjugationsfrequenzen von 10-2 bis 10-3. Die Aufnahme des Plasmids wurde durch den Luciferasetest und über einen PCRNachweis einer RP4-Sequenz überprüft. 2.2 Konjugationen Anlehnend an Simon (1984) wurden Donor- und Rezipientenzellen in Flüssigkulturen ausgehend von einer Übernachtkultur bis zum Erreichen der logarithmischen bzw. Transient-Phase angezogen. Donor und Rezipient wurden getrennt abzentrifugiert (45 s, 8000 rpm), in Medium aufgenommen und in Eppendorf-Tubes gemischt. Alternativ kann auch die Anzucht zur logarithmischen Phase ohne Antibiotika erfolgen. In diesem Fall kann die Mischung der Eltern direkt erfolgen. Bei den Kreuzungen erfolgte die Mischung der Bakterienkulturen im Verhältnis 1:1 bis 1:4 (je nach Wachstumsrate der Stämme). Donor, Rezipient und das Gemisch wurden in Abhängigkeit von der Kreuzung für 6-16 h auf TSA Agarplatten inkubiert. Danach wurden die Zellen in 0,9% (E. coli-Rezipient) oder 0,3% NaCl resuspendiert, entsprechende Verdünnungen auf selektiven Agarplatten ausplattiert und in Abhängigkeit vom Rezipienten bei 28°C oder 37°C inkubiert. Neben den Transkonjuganten wurden ebenso Donor und Rezipient zur Kontrolle auf Selektivmedien ausplattiert. Zur Bestimmung der Konjugationsfrequenz wurde der Titer von Donor und Rezipient (incl. Transkonjugant) im Gemisch über geeignete Kultivierung und Selektion ermittelt. 2.3 Real-time PCR Nachweis des Luciferase-Gens. Basierend auf der DNA-Sequenz des luc Gens in RP4-4Tnluc wurden Primer und TaqMan Sonde aus dem codierenden Bereich abgeleitet (Becker et al., 2008). Forward Primer (CCTTGTCGTATCCCTGGAAGAT), reverse Primer (GGGCGCACCTCTTTCGA) und Sonde (TTGCAACCGCTTCCCCGACTTC) ergeben ein PCR-Produkt von 72 bp (Pos. 945-1016 der luc mRNA in Photinus pyralis). Die Sonde enthielt 6-FAM als Reporter und TAMRA als Quencher. Als passive Referenz wurde ROX verwendet. Die qPCR wurde unter Standardbedingungen mit dem TaqMan® Universal PCR Master Mix (Applied Biosystems) durchgeführt. Als Standard diente Gesamt-DNA des A. tumefaciens Stammes GV2260 RP4-4-Tnluc. Die DNA wurde mit dem Fast DNA Kit (Q-BIOgene) isoliert und mit dem NanoDrop ND-100 quantifiziert. 5 Quantifizierung mikrobieller Gruppen. Der Nachweis der bakteriellen Gruppen erfolgte mittles SybrGreen real-time PCR auf Basis des 16S rRNA-Gens. Die Quantifizierung der Aktinobakterien wurde modifiziert nach Blackwood et al. (2005) mit dem für die Klasse der Actinobacteria spezifischen Primer Act1159R (TCCGAGTTRA CCCCGGC) und dem universellen Primer Eub338F (ACTCCTACGGGAGGCAGCAG) durchgeführt. Für die Bestimmung der Pseudomonaden wurde das gattungsspezifische PCR-System mit den Primern 8F [AGAGTTTGATCMTGGCTCAG] und PSMG [CCTTCCTCCCAAC TT]) nach Johnsen et al. (1999) für die real-time PCR angepasst. Das Temperaturprofil war: 2 min 50°C, 10 min 95°C und 40 Zyklen: 30 s 95°C, 30 s 60 bzw. 53°C, 1 min 72°C. Beide Primersyteme wurden bezüglich ihrer Eignung in der SybrGreen real-time PCR getestet. Neben ihrer Spezifität und phylogenetischen Breite zeigten die etablierten PCR-Systeme eine hohe Sensitivität und Linearität in der real-time PCR über mehr als 4 Zehnerpotenzen der Templatekonzentration. Als Standard diente Gesamt-DNA von Streptomyces avermitilis DSM46492 und Pseudomonas putida F1. Die Gesamtzahl der Bakterien konnte nicht bestimmt werden, da sowohl das Primersystem EUB338 + EUB518 (Fierer et al., 2005), als auch 8F + EUB518 vorzugsweise die 16S rDNA der in den Pflanzenproben vorhandenen Chloroplasten (Populus) amplifiziert. Weiterhin zeigte auch ein PCR-System mit dem Primer 799f (Chelius & Triplett, 2001), der die plastidäre 16S rDNA ausschließt, neben dem Nachweis der Bakterien eine Amplifikation der mitochondrialen 16S rDNA. Die Quantifizierung der Bakterien im Pflanzenmaterial war somit über real-time PCR nicht möglich. Zur DNA-Isolierung aus fein geschnittenem Pflanzenmaterial (25-125 mg) wurden die Bakterien mechanisch im FastPrep Instrument (60 s, 6 m/s) aufgeschlossen und die DNA über ein miniaturisiertes CTAB-Protokoll (Dumolin et al., 1995) isoliert. Alle Quantifizierungen in der real-time PCR erfolgten zumindest als Doppelbestimmung (unabhängige DNA-Präparation und PCR). Die Nachweisgrenzen lagen entsprechend der Menge eingesetzten Pflanzenmaterials zwischen 1-5 x 102 Zellen/g FM für den Nachweis des Luciferase-Gens und ca. 104 Zellen/g FM für die Quantifizierung der bakteriellen Gruppen. 2.4 Inokulation der Pappelstecklinge Versuchsdesign. Die Inokulationsversuche wurden von Januar bis September zu den phänologischen Terminen Winterruhe, Knospenaustrieb, Triebentwicklung und Vegetationsabschluss mit Stecklingen aus verholzten und neu gebildeten frischen Trieben (~ 15 6 cm lang, an der Basis ~ 4 mm dick) der Pappelklone Geneva (P. maximowiczii x P. beroliniensis), Esch5 (P. tremula x P. tremuloides) und 978 (P. x euramericana) aus dem Freilandmutterquartier des vTI, Institut für Forstgenetik Waldsieversdorf durchgeführt. Neben A. tumefaciens GV2260 RP4-4Tnluc wurden je 1 bis 4 endophytische Isolate (Stenotrophomonas sp. 169-1 , Pseudomonas sp. Q16-3 und E-9-3, Burkholderia Esch5-4, jeweils mit RP4-4-Tnluc) sowie die E. coli Stämme DH5α-2 RP4-4-Tnluc und DH5α pBR322-sacB RP4-4Tnluc als Inokulum verwendet (Tab. 2). Pro Experiment wurden 5 Stecklinge inokuliert. Tab. 2 Versuchsdesign – Inokulation von Pappelstecklingen mit den rekombinanten RP4-4-TnlucStämmen A. tumefaciens GV2260, Stenotrophomonas sp. 169-1, Pseudomonas sp. Q16-3 und E-9-3, Burkholderia sp. Esch5-4, E. coli DH5α-2 und DH5α pBR322-sacB BBCH-Stadium der Gehölzentwicklung anlehnend an Meier (1998) Datum Inok. Inokuliertes Material Klon Verholzung Anzahl Stämme BBCH 00 Vegetationsruhe: Blattknospen geschlos- 29.01.09 sen und mit Knospenschuppen bedeckt Geneva verholzt 4a BBCH 03-09 Austrieb: Ende Knospenschwellen, Blattknospen zeigen grüne Spitzen 02.04.09 16.04.10 Geneva Geneva verholzt verholzt 4a 5c BBCH 31 Triebentwicklung: 30-50% der Jahrestrieblänge erreicht 10.05.10 987 Esch5 verholzt verholzt 5c 5c BBCH 33-35 Triebentwicklung: 80-90% der Jahrestrieblänge erreicht 16.06.09 21.06.10 Geneva Geneva 987 Esch5 verholzt /frisch frisch verholzt 4a 4d 4d 4d BBCH 91 Vegetationsabschluss: Triebwachstum abgeschlossen; Laubblätter noch grün 18.08.09 24.08.10 Geneva 987 Esch5 verholzt /frisch verholzt verholzt 2b 2e 2e 09.09.09 Geneva verholzt /frisch 2b BBCH 92 a b c d e Vegetationsabschluss:Beginn der Laubblattverfärbung A. tumefaciens GV2260, Stenotrophomonas sp. 169-1, Pseudomonas sp. Q16-3, E-9-3 A. tumefaciens GV2260, Pseudomonas sp. Q16-3 A. tumefaciens GV2260, Pseudomonas sp. Q16-3 und E-9-3, E. coli DH5α-2, DH5α-2 pBR322-sacB A. tumefaciens GV2260, Pseudomonas sp. E-9-3, Burkholderia sp. Esch5-4, E. coli DH5α-2 pBR322sacB Burkholderia sp. Esch5-4, E. coli DH5α-2 pBR322-sacB Inokulation. Die Inokulationsstämme wurden über Infiltration mit der Mikroflora der Pappelstecklinge in Kontakt gebracht. Hierzu wurden 200 µl Inokulum in einen am unteren Stecklingsende ansetzenden luftdicht abschließenden Schlauch (∼4 cm, ∅ 4 mm) pipettiert und mit einer Spritze in den Steckling gedrückt oder über Schwerkraftwirkung innerhalb von 1 bis 3 Stunden in die Pflanze überführt. Nach anschließender analoger Infiltration von 200 µl Schenk-Hildebrandt-Lösung wurden die Stecklinge im Labor in abgedeckten 7 Pflanzschalen (Minigewächshäuser) mit feuchtem Quarzsand (Zugabe von SchenkHildebrandt-Lösung, halbkonzentriert) kultiviert. Die Dauer der täglichen Beleuchtung betrug 16 Stunden, die Kultivierungstemperatur lag bei 21°C. Herstellung des Inokulums. Der Agrobakterienstamm und die endophytischen Isolate wurden in R2A- bzw. TSA-Medium (Sigma-Aldrich Co., St Louis) und die E. coli-Stämme in LB-Medium (Sigma-Aldrich Co., St Louis) als Übernachtkultur angezogen, überimpft, nach Erreichen der späten logarithmischen Phase abzentrifugiert und danach in 5 ml Schenk-Hildebrandt-Medium resuspendiert und auf eine Bakterienzelldichte von ca. 108 KBE/ml eingestellt. 2.5 Kultivierung und Screening endophytischer Isolate Gewinnung von Isolaten. Zur Bestimmung der Populationsdichten und zum Screening der endophytischen Bakterien wurde ~1,0 g Probematerial aus dem mittleren Bereich des Stecklings in 0,1%iger HgCl2-Lösung oberflächendesinfiziert (3 min Desinfektion + anschließend 3 x Spülen in sterilem Aqua dest.) bzw. alternativ nur in sterilem Aqua dest. 3 x gespült und jeweils unter Zugabe von 4 ml 0,8 %iger steriler Kochsalzlösung gemörsert. Mit dem Abspülen der Proben sollte im Gegensatz zur Oberflächendesinfektion, bei der auch ein Teil der endophytischen Bakterien abgetötet wird, die Endophytenfraktion möglichst vollständig erfasst werden. Allerdings lassen sich hierdurch nicht alle Bakterien auf der Pflanzenoberfläche entfernen, womit neben den endophytischen auch epiphytische Bakterien in die Analyse eingehen. Die über diese Behandlung erfassten Bakterien werden folgend als „pflanzenassoziierte“ Mikroflora bezeichnet. Aus dem jeweils gewonnenen Extrakt wurde eine Verdünnungsreihe hergestellt. Die kultivierbaren Bakterien wurden auf R2A- oder TSA-Medium sowie auf den Selektivmedien CNS und Pseudomonas CFC Agar (Merck, Darmstadt) bei 26°C erfasst, die Selektion der Inokulationsstämme bzw. möglicher Transkonjuganten erfolgte auf R2Aoder TSA-Medium mit Kanamycin. Die Auszählung der gewachsenen Kolonien erfolgte nach drei bis zehn Tagen. Die Anwesenheit des rekombinanten Plasmids (nach Selektion auf Kanamycin) wurde über den Luciferasetest überprüft. Die Nachweisgrenze lag entsprechend der Menge eingesetzten Pflanzenmaterials bei 1-4 x 102 KBE/g FM, da in der Regel Kolonien erst ab der Verdünnungsstufe 10-1 ausgewertet werden konnten. Charakterisierung der Isolate. Zur Differenzierung potentieller Transkonjuganten und der Inokulationsstämme, die über eine zusätzliche Antibiotika-Resistenz verfügen, wurden 8 die auf kanamycinhaltigem Medium gewachsenen Kolonien auf Rifampicin-Resistenz (A. tumefaciens GV2260 RP4-4-Tnluc) bzw. Streptomycin-Resistenz (Stenotrophomonas sp. 169-1 RP4-4-Tnluc) und Luciferase-Aktivität gestestet. Die Inokulationsstämme sind gegenüber den entsprechenden Antibiotika resistent, Transkonjuganten hingegen sollten sensitiv sein. Ein entsprechendes Screening war für den Nachweis der lediglich kanamycinresistenten Inokulationsstämme (Pseudomonas sp. Q16-3, E9-3, Burkholderia sp. Esch5-4, E. coli DH5α-2, DH5α pBR322-sacB, jeweils mit RP4-4Tnluc) und der potentiellen Transkonjuganten nicht möglich. Hier wurde jeweils ein repräsentatives Spektrum (bis zu 300 Kolonien / Variante) kanamycinresistenter, luc-positiver Kolonien isoliert, vereinzelt und erneut auf Luciferase-Aktivität und Kanamycinresistenz gestestet. Die Kolonien wurden danach anhand ihres Morphotyps und durch partielle 16S rDNA Sequenzierung taxonomisch klassifiziert (s. 2.6). Luciferasetest. Für den Luciferasetest wurden auf Filterpapier angezogene Kolonien mit wenigen Tropfen Luciferinlösung (1 mg ml-1 in Natriumcitratpuffer) versetzt. Danach wurde der Filter 2 Stunden bei Exposition auf einem Röntgenfilm inkubiert (26°C). Ein positives Testergebnis zeigte sich bei den betreffenden Kolonien durch intensive Schwärzung des Films, die eine eindeutige Detektion luciferaseexprimierender Zellen ermöglichte. Plasmidnachweis. Der Nachweis des rekombinanten Plasmids RP4-4-Tnluc erfolgte über die Amplifikation einer RP4-spezifischen Sequenz. Die PCR wurde nach Standardprotokoll mit 0,5 µl DNA-Rohextrakt, den Primern RP4f (5’ TCA ATC GTA TCG GGC TAC CTA 3’) und RP4r (5’ CGC GAA ACC TTC CAG TCC GT 3’) bei einer Annealingtemperatur von 63°C durchgeführt. Das PCR-Signal wurde in einem 1%igen Agarosegel überprüft. 2.6 Phylogenetische Charakterisierung der Isolate Für die phylogenetische Einordnung wurden die Isolate zunächst auf TSA-Medium angezogen (2 Tage bei 26°C). Für die Extraktion der Gesamt-DNA wurden Zellen in 25µl 25mM NaOH/0,25 SDS resuspendiert, 15 min bei 95°C inkubiert und ohne weitere Reinigungsschritte in die PCR eingesetzt. Die PCR erfolgte wie beschrieben in Ulrich et al. (2008a) mit den bakteriellen Primern fD1 und 1525r. Nachfolgend wurden die PCRProdukte mit den Restriktionsenzym MspI gespalten und auf einem 3%igen Agarosegel getrennt. Die Isolate wurden anhand der Restriktionsmuster gruppiert und von 1 bis 8 Vertretern jeder RFLP-Gruppe (pro Inokulationsvariante) wurde die 16S rDNA partiell 9 sequenziert (ca. 800 bp). Wie vorgeschlagen von Stackebrandt & Rainey (1995), war dieser Bereich ausreichend für die taxonomische Einordnung. 2.7 Prüfung des Austrags rekombinanter DNA in den Boden Zur Überprüfung des Austrags des rekombinanten Plasmids in den Boden wurden grob zerkleinerte Stecklinge (2-4 cm), in denen das Plasmid zuvor nachgewiesen wurde, ca. 10 cm tief in mit humosem Boden gefüllte Plastiktöpfe eingearbeitet, regelmäßig befeuchtet und ca. 4 Wochen bei Umgebungstemperatur im Gewächshaus inkubiert. Zur Gewinnung von Bakterienisolaten wurden sich zersetzende Pflanzenreste mit anhaftendem Boden entnommen. Je 3 g des Materials wurden in Erlenmeyergefäßen mit 30 ml sterilem Sörensen Phosphatpuffer (pH 7) und 5 g sterilen Steinen 60 min geschüttelt. Nach Zugabe von 15 ml SDP (0,02% Natriumdeoxycholat, 0,5% PEG) wurden die Proben erneut 15 min geschüttelt (modifiziert nach Herron & Wellington, 1990). Anschließend erfolgte in einem ersten Zentrifugationsschritt (2 min; 500 × g) die Entfernung der Pflanzen- und Bodenpartikel und in einem zweiten Schritt die Gewinnung der Bakterienfraktion durch Zentrifugation des Überstandes (20 min; 5,000 × g). Vom erhaltenen Pellet wurde nach einem Waschschritt in 20 ml ¼ Ringerlösung (Oxoid, Cambridge, UK) eine Verdünnungsreihe hergestellt. Alle weiteren Schritte waren wie unter 2.5 beschrieben. 3. Ergebnisse 3.1 Dynamik der endophytischen Besiedlung Zur Untersuchung der endophytischen bakteriellen Besiedlung der Pappelstecklinge wurde frisch geschnittenes Triebmaterial auf das Vorhandensein endophytischer bzw. pflanzenassoziierter Bakterien beprobt. Die Probenahmen erfolgten zweijährig von Januar bis September in den Stadien Vegetationsruhe (BBCH 00, Januar), Austrieb (BBCH 09, April), Triebentwicklung (BBCH 31-35, Mai-Juni) und Vegetationsabschluss (BBCH 91,92 August, September) jeweils zum Zeitpunkt der Inokulation. Die Gesamtzahl heterotropher Bakterien wurde über Kultivierung auf R2A-Medium bestimmt. Die Quantifizierung der Gruppe der Aktinobakterien und der Pseudomonaden erfolgte jeweils parallel über Kultivierung auf den Selektivmedien CNS (Aktinobakterien) bzw. Pseudomonas CFC Agar und mittels SybrGreen real-time PCR. 10 Basierend auf 2-3 Einzelproben verschiedener Triebe (Stecklinge) einer Pflanze ergaben sich auf R2A-Medium (heterotrophe Bakterien) für die pflanzenassoziierten Bakterien mittlere Populationsdichten vom Bereich der Nachweisgrenze (2 x 102 KBE/g FM) bis zu 107 KBE/g FM. Die ermittelten Dichten der endophytischen Bakterien variierten möglicherweise auch bedingt durch die Abtötung einiger Endophyten durch die Oberflächendesinfektion - dagegen nur zwischen der Nachweisgrenze (2 x 102 KBE/g FM) und 104 KBE/g FM, wodurch oft auch keine Pseudomonaden und Aktinobakterien detektiert werden konnten. Vergleichweise hohe Populationsdichten traten sowohl in den Monaten Mai und Juni zur Triebentwicklung (BBCH 31-35) als auch teilweise während der Winterruhe und des Knospenaustriebs (April) auf. Eine Häufung höherer Populationsdichten war jedoch im Mai und im Juni zu verzeichnen. In Abbildung 1 sind hierzu beispielhaft die Populationsdichten der pflanzenassoziierten Bakterien einschließlich der Pseudomonaden und Aktinobakterien dargestellt. 8,0 lg KBE/ g FM 7,0 6,0 5,0 4,0 3,0 2,0 1,0 Gen 2009 Gen 2010 Gen 2009 Gen 2010 987 2010 Esch 2010 Gen 2009 Gen 2009* Gen 2010* 987 2010 Esch 2010 Gen 2009 Gen 2009* 987 2010 Esch 2010 0,0 BBCH 00 BBCH 0309 BBCH 31 BBCH 33-35 BBCH 91 BBCH 92 Abb.1 Populationsdichten pflanzenassoziierter Bakterien zu verschiedenen Stadien der Gehölzentwicklung. graue Säule: Gesamtzahl heterotropher Bakterien schwarze Säule: Aktinobakterien weiße Säule: Pseudomonaden Fehlstellen: kein Nachweis der entsprechenden Bakterien in der Probe BBCH 31, 91 und 92 keine Fehlerbalken: Mischproben aus 5-6 Pflanzenteilen Gen09*, Gen10*: unverholztes Material (Stockaustrieb) Pseudomonaden als potentielle Rezipienten für den Plasmidtransfer konnten kulturabhängig mit ∼103 - 105 KBE/g FM gehäuft in den Monaten Mai und Juni (BBCH 31-35) nachgewiesen werden. Dieser saisonale Effekt zeichnete sich auch im Ergebnis der real-time PCR auf der Basis von 106 – 107 Kopien des 16S rRNA Gens/g FM ab. Mit Ausnahme einer Beprobung im Januar (BBCH 00) lagen die Populationsdichten bzw. die 11 nachgewiesenen Kopiezahlen in den übrigen Monaten meist im Bereich der Nachweisgrenze bzw. darunter. Die Gruppe der Aktinobakterien wurde im Wesentlichen außerhalb des Triebwachstums (BBCH 33-35) in Dichten von maximal ∼104 KBE/g FM bzw. 106 Kopien des 16S rRNA Gens/g FM detektiert. Damit deutet sich auch im Vorkommen dieser Gruppe ein Bezug zum phänologischen Stadium des untersuchten Materials an. Entsprechend konnten in einer parallelen Untersuchung von verholztem und frischen Trieben des gleichen Pappelklons (Geneva 2009, BBCH 35) nur im älteren holzigen Material Aktinobakterien detektiert werden (Abb. 1). 3.2 Etablierung des rekombinanten Plasmids und horizontaler Gentransfer in die autochthone Mikroflora der Pappelstecklinge Untersuchungskonzept. Für die Untersuchung des in situ Gentransfers in der endophytischen Mikroflora wurden verschiedene RP4-4-Tnluc-markierte Inokulationsstämme verwendet, die über ihre Etablierung in der Pflanze Transferereignisse begünstigen können und andererseits in der Kultivierung eine Selektion oder zumindest ein Screening potentieller Transkonjuganten erlauben. Der Stamm Agrobacterium tumefaciens GV2260 RP4-4-Tnluc sowie die aus Pappeln stammenden endophytischen Isolate (Stenotrophomonas sp. 169-1, Pseudomonas sp. Q163 und E9-3 und Burkholderia sp. Esch5-4, jeweils mit RP4-4-Tnluc) sollten nach der massiven Inokulation in der Lage sein, sich in den Pflanzen zu etablieren und so über einen längeren Zeitraum mit der autochthonen Mikroflora in Kontakt zu treten. Einige dieser Stämme, insbesondere A. tumefaciens GV2260 RP4-4-Tnluc, zeigen jedoch auch bei Kultivierung auf nährstoffarmem „Endophyten-Medium“ (R2A supplementiert mit Kanamycin) ein starkes/rasches Wachstum, was das Screening von Transkonjuganten (Rifampicin-sensitiv, morphologische Unterschiede, Differenzierung über 16S rDNASequenzierung) erheblich einschränkt. Mögliche Transkonjuganten werden durch das starke Wachstum der Agrobakterien schon auf dem Kulturmedium unterdrückt. Um die Chancen für den Nachweis von Transferereignissen zu erhöhen, wurden alternativ zu den an die Pflanze angepassten Bakterien die rekombinanten E. coli-Stämme DH5α-2 RP4-4Tnluc und DH5α-2 pBR322-sacB RP4-4Tnluc zur Inokulation verwendet. Die E. coli-Bakterien sollten in der Pflanze nur begrenzt ausbreitungs- und überlebensfähig sein. Dies wurde insbesondere bei E. coli DH5α-2 pBR322-sacB RP4-4Tnluc 12 angenommen, dessen Zellen durch die Expression des sacB Gens bei Anwesenheit von Saccharose absterben. Durch diese Reduzierung der Inokulationsstämme sollten potentielle Transkonjuganten bessere Chancen haben, auf dem Nährmedium (R2A supplementiert mit Kanamycin) zu wachsen. Bei DH5α-2 pBR322-sacB RP4-4Tnluc ergibt sich zudem die Möglichkeit, durch Zugabe von 5% Saccharose ins Nährmedium Transkonjuganten direkt zu selektieren. Mit der geringeren Etablierung dieser Stämme in der autochthonen Mikroflora ist jedoch auch der Zeitraum für einen von den E. coli-Bakterien ausgehenden Gentransfer eingeschränkt, wodurch die Transferfrequenz vermindert sein könnte. Andererseits besteht zumindest theoretisch die Möglichkeit, dass nach Absterben der Inokulationsstämme potentielle Transkonjuganten sich besser in der Pflanze etablieren können. Ein weiterer Ansatz bestand darin, einen Inokulationsstamm auszuwählen, der sich sehr gut in der Pflanze etablieren kann, auf den Nährmedien nach der Reisolation aber nur ein langsames/geringes Wachstum zeigt. Diese Eigenschaften besitzt der Burkholderia Stamm Esch5-4 RP4-4-Tnluc. Er zeigte sehr gute Etablierungsraten, wächst aber auf R2AMedium nur langsam und bildet nur kleine Kolonien. Dadurch erhöht sich die Chance für ein erfolgreiches Screening von Transkonjuganten. 3.2.1 Etablierung der Inokulationsstämme Die Inokulation der Pappelstecklinge erfolgte mit einem Titer von 108 bis 109 Zellen/ml über Schwerkraft- und Druckinfiltration. Im ersten Projektjahr wurden beide Verfahren im Hinblick auf die Aufnahme und Etablierung des Inokulationsstammes in der Pflanze getestet. Anhand dreier Probenahmen (2 Tage, 3 und 8 Wochen nach Inokulation) konnte bei der Druckinfiltration eine deutlich verbesserte Aufnahme/Etablierung des Inokulationsstammes gegenüber der anfänglich angewendeten Schwerkraftinfiltration festgestellt werden (Tab. 3). Im Folgenden werden daher mit Ausnahme des ersten Versuchs (Januar 2009) nur Experimente, in denen die Druckinfiltration angewendet wurde, vergleichend dargestellt. Agrobacterium tumefaciens GV2260 RP4-4Tnluc wurde über den gesamten Untersuchungszeitraum als Inokulationsstamm verwendet. Im Ergebnis von 12 Beprobungen von Stecklingen der Pappelklone Geneva, 987 und Esch5, die in den Phasen Vegetationsruhe (BBCH 00), Knospenaustrieb (BBCH 09), Triebentwicklung (BBCH 31-35) und Vegetationsabschluss (BBCH 91, 92) inokuliert wurden, wurde der Stamm 3 bis 8 Wochen nach der Inokulation auf kanamycinhaltigem R2A-Medium in Populationsdichten von 104 13 bis 106 KBE/gFM in der endophytischen bzw. von 106 bis 108 KBE/gFM in der pflanzenassoziierten Mikroflora detektiert (Abb. 2). Tab.3 Populationsdichten von A. tumefaciens GV2260 RP4-4-Tnluc in der kultivierbaren pflanzenassoziierten Mikroflora nach Inokulation über Schwerkraft- und Druckinfiltration (17.08.09, BBCH 91) Inokuliertes Material (Geneva) Wochen nach Inok. Schwerkraftinfiltration Druckinfiltration (KBE/ g FM) (KBE/ g FM) 2,5 x 105 1,2 x 106 1,1 x 105 1,5 x 106 8,5 x 104 n.d. 1,8 x 105 4,4 x 106 1,8 x 106 1,7 x 106 4,2 x 108 2,2 x 106 2,7 x 107 3,3 x 106 verholzte Triebe 0,3 Neuaustrieb 0,3 verholzte Triebe 3 Neuaustrieb 3 verholzte Triebe 8 Neuaustrieb 8 Median Mann-Whitney U Statistik: P=0,002 Beim real-time PCR-Nachweis des Luciferasegens, in dem auch epiphytische sowie nicht kultivierbare und tote Zellen erfasst wurden, lag der Titer zwischen 106 bis 109 Zellen/g FM (Tab. 4). lg KBE/g FM 10.0 9.0 8.0 7.0 6.0 5.0 4.0 3.0 2.0 1.0 0.0 Gen 09* Gen 10 BBCH 00-09 987 10 Esch Gen 10 10** BBCH 31 987 10 Esch 10 BBCH 35 Gen 09 Gen 09 Gen Gen 09** 09** BBCH 91 Gen Gen 09 09** BBCH 92 Abb. 2 Populationsdichten von A. tumefaciens GV2260 RP4-4-Tnluc und autochthonen Bakterien in der kultivierbaren pflanzenassoziierten Mikroflora von Pappelstecklingen 3 bis 8 Wochen nach der Inokulation in verschiedenen Stadien der Gehölzentwicklung (Pappelklone Geneva, 987 und Esch5; 2009, 2010) gelbe Säule: autochthone Bakterien vor Inokulation hellblaue Säule: Agrobacterium 3 Wochen nach Inokulation dunkelblaue Säule: Agrobacterium 8 Wochen nach Inokulation Balken schraffiert: endophytische Bakterien Fehlstelle: kein Nachweis der entsprechenden Bakterien in der Probe * Inokulation erfolgte über Schwerkraftinfiltration ** unverholztes Material (Stockaustrieb) 14 Insgesamt zeigte sich, dass hohe Populationsdichten bzw. Zellzahlen über mehrere Wochen in den Pflanzen erhalten bleiben. An Stecklingen mit Blattaustrieb (Klon Geneva) konnte hierbei eine Verlagerung der rekombinanten Bakterien in die frisch gebildeten Blätter in Dichten von 105 bis 106 Zellen/g FM nachgewiesen werden. Mit seinen hohen Populationsdichten hat der rekombinante Agrobakterienstamm in den meisten Experimenten eine klare Dominanz über die autochthonen Bakterien erlangt. So war 3 bis 8 Wochen nach der Inokulation auf kanamycinhaltigem als auch auf kanaymycinfreiem Medium eine gleich starke Besiedlung mit Agrobakterien festzustellen, während autochthone Bakterien neben den stark dominierenden und schnell wachsenden Agrobakterien visuell kaum sichtbar waren. Zum Vergleich der Besiedlungsdichten wurden daher die kurz vor der Inokulation ermittelten Populationsdichten der autochthonen Bakterien herangezogen, die meist um 1 bis 5 Zehnerpotenzen unter denen des später etablierten Inokulationsstammes lagen (Abb. 2). Tab. 4 Real time PCR Nachweis des rekombinanten Plasmids RP4-4-Tnluc nach Inokulation von Pappelstecklingen mit A. tumefaciens GV2260 RP4-4-Tnluc Stadium Termin Klon / Steckling BBCH 00 29.01.09 BBCH 09 BBCH 31 BBCH 35 BBCH 91 BBCH 92 a b c Wochen nach Inokulation Zellen mit RP4-4Tnluc / g FM Geneva (verholzt) a 3 2,6 x 107 16.04.10 Geneva (verholzt) 3 5,4 x 107 b 10.05.10 987 (verholzt) 3 7,2 x 108 Esch5 (verholzt) 3 2,1 x 108 987 (verholzt) 6 4,2 x 108 Geneva (Neuaustrieb) 3 8,3 x 107 987 (verholzt) 3 2,0 x 106 Esch5 (verholzt) 3 7,3 x 107 Geneva (verholzt) 3 6,8 x 107 Geneva (verholzt) 8 6,1 x 106 Geneva (Neuaustrieb) 3 5,8 x 107 Geneva (Neuaustrieb) 8 5,2 x 108 Geneva (verholzt) 3 3,8 x 109 c Geneva (Neuaustrieb) 3 1,2 x 109 21.06.10 17.08.09 09.09.09 Inokulation erfolgte über Schwerkraftinfiltration Zellzahlen im Blatt (gleicher Steckling): 1,3 x 106 Zellzahlen im Blatt (gleicher Steckling): 4,3 x 105 Stenotrophomonas sp. 169-1 RP4-4-Tnluc wurde ausschließlich im ersten Jahr in drei Experimenten (BBCH 00, BBCH 09, BBCH 35) mit dem Klon Geneva eingesetzt, in denen er sich 2 bis 9 Wochen nach der Inokulation (Schwerkraftinfiltration) mit 2 x 104 15 bis 5 x 105 KBE/g FM in der endophytischen bzw. in einer Zehnerpotenz höheren Populationsdichten in der pflanzenassoziierten Mikroflora etablierte. Über den Nachweis des Luciferase-Gens wurde Stenotrophomonas sp. 169-1 RP4-4-Tnluc außer im Holzteil (105-108 Zellen/g FM) auch in den teilweise gebildeten Wurzeln (104-105 Zellen/ g) und Blättern (107-108 Zellen/ g) gefunden. Pseudomonas sp. Q16-3 RP4-4-Tnluc und Pseudomonas sp. E9-3 RP4-4-Tnluc zeigten bereits zu Beginn der Untersuchungen im Jahr 2009 eine nachlassende Kultivierungseignung. Beide rekombinanten Stämme wuchsen im gesamten Untersuchungszeitraum auf R2A-Medium nicht oder nur in geringen Dichten. Anscheinend hat die in vitro Kultivierung und/oder die Konservierung bei -80°C bzw. die Reaktivierung der Stämme zu einer Beeinträchtigung ihres Wachstumsvermögens auf ärmeren Medien geführt. Im zweiten Jahr wurde daher nur Pseudomonas sp. E9-3 RP4-4-Tnluc wiederholt in 3 Versuchen mit den Klonen Geneva, 987 und Esch5 als Inokulationsstamm eingesetzt, wobei die Kultivierung auch auf TSA-Medium erfolgte. 3 Wochen nach der Inokulation konnte Pseudomonas sp. E9-3 RP4-4-Tnluc mit Ausnahme eines Ansatzes (Esch5), in dem Populationsdichten von ∼105 KBE/g FM ermittelt wurden, abermals nur im Bereich der Nachweisgrenze detektiert werden. Generell bestätigt wurde dagegen die Etablierung beider Pseudomonas-Stämme 2 bis 9 Wochen nach der Inokulation im Holzteil als auch in Blättern mit jeweils 104-107 Zellen/ g FM im kulturunabhängigen Ansatz. Es bleibt jedoch offen, ob es sich hier um inaktive/abgestorbene oder nur um nicht auf Nährmedien kultivierbare Zellen handelt. Burkholderia sp. Esch5-4 RP4-4-Tnluc ging aus einem in situ-Gentransfer im Pappelklon Esch5 nach Inokulation mit dem rekombinanten E.coli-Stamm DH5α-2 pBR322-sacB RP4-4Tnluc (vgl. 3.2.2) hervor und wurde daraufhin als Inokulationsstamm (Geneva, 987, Esch5) genutzt. Der Transkonjugant etablierte sich 3 bis 5 Wochen nach Versuchsbeginn in der Endophytenflora mit 8 x 105 bis 5 x 107 KBE/g FM (Abb. 3). Geringe Dichten ergaben sich lediglich in Stecklingen des Klons Geneva, die zum Probenahmezeitpunkt bereits abgestorbenen waren. Ähnlich wie in den Experimenten mit A. tumefaciens GV2260 RP4-4-Tnluc wurden im real-time PCR-Nachweis mit 9 x 107 bis 1 x 109 Zellen/g FM (3 Wochen nach Inokulation zu BBCH 35) und 5 x 107 Zellen/g FM (5 Wochen nach Inokulation zu BBCH 91) um 1 bis 2 Zehnerpotenzen höhere Dichten des Inokulationsstammes als in der Kultivierung ermittelt. 16 lg KBE/gFM 9,0 8,0 7,0 6,0 5,0 4,0 3,0 2,0 1,0 0,0 Gen 10 987 10 BBCH 35 Esch 10 987 10 Esch 10 BBCH 91 Abb. 3 Populationsdichten von Burkholderia sp. Esch5-4 RP4-4-Tnluc und autochthonen Bakterien in der kultivierbaren endophytischen Mikroflora von Pappelstecklingen 2 Tage bis 5 Wochen nach Inokulation in verschiedenen Stadien der Gehölzentwicklung (Pappeklone Geneva, 987 und Esch5; 2010) weiße Säule: autochthone Bakterien vor Inokulation hellgraue Säule: Burkholderia 2-7 Tage nach Inokulation dunkelgraue Säule: Burkholderia 3-5 Wochen (BBCH 91) nach Inokulation Bezogen auf die zu Versuchsbeginn ermittelte Besiedlung hat sich der rekombinante Burkholderia-Stamm in der Regel noch stärker als A. tumefaciens GV2260 RP4-4-Tnluc in der autochthonen Mikroflora etabliert (Abb. 3). Auch hier konnten 3 bis 5 Wochen nach der Inokulation bei annähernd stabil hohem Burkholderia-Titer nur vereinzelt Kolonien autochthoner Bakterien auf kanamycinfreiem Medium nachgewiesen werden. E. coli DH5α-2 RP4-4Tnluc fand nur in einem Versuch (BBCH 09, 2010) Verwendung. Bei der 3 Wochen nach der Inokulation durchgeführten Probenahme konnte der Stamm in der Kultivierung (R2A-Medium) nicht mehr nachgewiesen werden. Der real-time PCRAnsatz ergab, wahrscheinlich bedingt durch den in abgestorbenen Zellen möglichen Nachweis der Zielsequenz im Luciferasegen, die Aufnahme des E.coli-Stammes mit 2,3 x 108 Zellen/ g FM im Holzteil sowie seine Verlagerung in die Blätter (1,9 x 106 Zellen/ g FM). DH5α-2 pBR322-sacB RP4-4Tnluc diente 2010 in 4 Exprimenten (BBCH 09, BBCH 35, BBCH 91) als Inokulationsstamm (Geneva, 987, Esch5). Der das sacB Gen besitzende Stamm wurde auf TSA-Medium 2 Tage nach der Inokulation mit einem Titer von ∼ 105 bis 106 KBE/g FM in den Stecklingen wiedergefunden. Damit erreichte er kurzfristig eine mit den an die Pflanze angepassten Inokulationsstämmen vergleichbare „Etablierung“ innerhalb der autochthonen Mikroflora. Drei bis fünf Wochen danach lagen die Populationsdichten in einem Fall bei ∼ 103 KBE/g FM bzw. in den übrigen Experimenten unter der Nachweisgrenze. Der kulturunabhängige Ansatz ergab zur gleichen Zeit, 17 wahrscheinlich ebenfalls durch die Detektion toter Bakterien, wiederum in allen untersuchten Klonen Zellmengen von ∼107 Zellen/g FM. 3.2.2 Nachweis von Transferereignissen In den durchgeführten Experimenten lagen mit den saisonal gestaffelten Inokulationen und der Verwendung unterschiedlicher Inokulationsstämme differenzierte Bedingungen für die Etablierung des rekombinanten Plasmids und eines Gentransfers in der endophytischen Mikroflora vor. Im Ergebnis von 10 vergleichbaren Versuchsansätzen (Inokulation über Druckinfiltration) konnten in 5 Fällen - nach Inokulation zu Beginn und Mitte der Triebentwicklung sowie zu Vegetationsabschluss – Transkonjuganten in Populationsdichten von 1,9 x 103 bis 8,9 x 105 KBE/g FM nachgewiesen werden (Tab. 5). Die Transferereignisse fanden sowohl in den verholzten Stecklingen der Pappelklone 987 und Esch5 als auch in dem jungen unverholzten Stecklingsmaterial (Stockaustrieb) des Klons Geneva statt. Auffällig ist jedoch, dass sich die Detektion des Gentransfers auf das zweite Untersuchungsjahr beschränkte. In diesem Jahr wurde neben A. tumefaciens GV2260 RP4-4Tnluc und den rekombinanten endophytischen Stämmen auch E. coli DH5α-2 pBR322sacB RP4-4Tnluc als Inokulationsstamm eingesetzt. Wie aus Tabelle 5 ersichtlich, ging der erste in 2010 detektierte Gentransfer in einem Experiment im Mai zu BBCH 31 vom E. coli-Stamm DH5α-2 pBR322-sacB RP4-4Tnluc aus. Die gleichzeitig durchgeführten Inokulationen mit den übrigen rekombinanten Stämmen blieben dagegen im Hinblick auf die Detektion von Transkonjuganten erfolglos. In der E. coli-Variante wurden Transkonjuganten ausschließlich bei der Beprobung 2 Tage nach der Inokulation detektiert. Zu dieser Zeit lagen die Populationsdichten der E. coli-Bakterien und der Transkonjuganten bei 106 KBE/g FM bzw. 105 KBE/g FM. Bezogen auf die Gesamtzahl der Bakterien auf kanamycinfreiem R2A-Medium ergaben sich damit Etablierungsraten der Transkonjuganten von ∼10-2 (Tab. 6a). 18 Tab. 5 Nachweis eines horizontalen Gentransfers (KBE der Transkonjuganten /g FM) in der autochthonen Mikroflora von Pappelstecklingen nach Inokulation mit RP4-Tnluctragenden Bakterienstämmen RP4-Tnluc Inokulationsstamm Monat der Inokulation (in Klammern BBCH-Stadium) und verwendete Pappelklone/Jahr Januar (00) a b Mai (31) Juni (35) Geneva 09 Geneva 10 98710 Esch510 Geneva 09 Geneva 10 n.d. n.d. n.d. - n.d. n.d. n.d. n.d. n.d. n.d. 4,0 x 105 n.d. n.d. 4,0 x 105 n.d. n.d. n.d. - n.d. n.d. 8,9 x 105 1,6 x 105 A. tumefaciens GV2260 Stenotrophomonas sp. 169-1 Pseudomonas sp. Q16-3/ sp.E-3 Burkholderia sp. Esch5-4 E. coli DH5α-2 E. coli DH5α-2 pBR322-sacB a April (09) b August/September (91/92) 98710 Esch510 Geneva 09 987 10 Esch510 n.d. n.d. n.d. n.d. n.d. n.d. 5,6 x 103 n.d. n.d. n.d. - 1,9 x 103 n.d. n.d. n.d. Inokulation über Schwerkraftinfiltration; n.d. = nicht nachweisbar; - = nicht getestet grüner unverholzter Stockaustrieb Tab. 6a Populationsdichten von Transkonjuganten, Inokulationsstämmen und autochthonen Bakterien (KBE/g FM) in den Pappelstecklingen 2 Tage nach Inokulation mit E. coli DH5α-2 pBR322-sacB RP4-4-Tnluc Monat der Inokulation und verwendete Pappelklone/Jahr (in Klammern BBCH-Stadium) Mai (31) a Juni (35) b a 98710 Esch510 Geneva10 Autochthone Bakterien vor Inokulation 3,0 x 104 2,1 x 107 1,1 x 104 Inokulationsstamm 1,2 x 106 4,0 x 106 2,1 x 106 Transkonjuganten 4,0 x 105 4,0 x 105 1,6 x 105 Bakterien gesamt 3,9 x 107 4,5 x 106 5,3 x 106 Etablierungsrate der Transkonjuganten 1,0 x 10-2 8,9 x 10-2 3,0 x 10-2 pflanzenassoziierte Bakterien; b endophytische Bakterien 19 Tab. 6b Populationsdichten von Transkonjuganten, Inokulationsstämmen und autochthonen Bakterien (KBE/g FM) in den Pappelstecklingen nach Inokulation mit Burkholderia sp. Esch5-4 RP4-4-Tnluc Monat der Inokulation und verwendete Pappelklone/Jahr (in Klammern BBCH) Juni (35) b August (91) b Geneva 10 Esch510 987 10 2 21 35 Autochthone Bakterien vor Inokulation 1,1 x 104 1,1 x 103 2,0 x 103 Inokulationsstamm 2,1 x 107 3,4 x 107 3,7 x 106 Transkonjuganten 8,9 x 104 2,0 x 104 1,9 x 103 Bakterien gesamt 3,0 x 107 6,1 x 107 4,2 x 106 Etablierungsrate der Transkonjuganten 3,0 x 10-3 3,3 x 10-4 4,5 x 10-4 Probenahme (Tage nach Inokulation) b endophytische Bakterien Im Ergebnis der Inokulation des Klons Esch5 mit E. coli DH5α-2 pBR322-sacB zu BBCH 31 (Mai 2010) wurden Transkonjuganten der Gattungen Burkholderia und Pseudomonas detektiert (Tab. 7). Nach Überprüfung des Vorhandenseins des rekombinanten Plasmids im Burkholderia-Stamm durch wiederholten Test auf Luciferaseaktivität, Kanamycinresistenz und Prüfung auf Konjugationsfähigkeit in vitro stand hierüber ein weiterer Inokulationsstamm für die Experimente im Juni (BBCH 35) und Ende August (BBCH 91) 2010 zur Verfügung. Unter Verwendung von Burkholderia sp. Esch5-4 konnten im Gegensatz zu A. tumefaciens GV2260 und den anderen endophytischen Bakterien Transferereignisse nachgewiesen werden. Die Populationsdichten der Transkonjuganten schwankten zwischen annähernd 105 KBE/g FM im Klon Geneva (2 Tage nach Inokulation zu BBCH 35) und ca. 104 KBE/g FM in den Klonen Esch5 und 987 (3 bzw. 5 Wochen nach Inokulation zu BBCH 35 und 91) (Tab. 6b). Mit der starken Etablierung des Ausgangsstammes und den damit relativ hohen Gesamt-Bakteriendichten -3 ergaben sich für die Transkonjuganten -4 Etablierungsraten von 10 bis 10 (Tab. 6b). Im Ergebnis der phylogenetischen Charakterisierung der Isolate konnte ein horizontaler Gentransfer in fünf Gattungen der γ -und β-Proteobacteria nachgewiesen werden (Tab. 7). Ausgehend von E. coli DH5α-2 pBR322-sacB RP4-4-Tnluc wurde das Plasmid über die Inokulation der Klone 987 und Esch5 im Mai 2010 (BBCH 31) wie bereits erwähnt zunächst in die Gattungen Pseudomonas und Burkholderia übertragen. Ebenfalls vom rekombinanten E. coli-Stamm ging im nächsten Experiment im Juni (BBCH 35) ein weiterer Transfer in die Gattung Stenotrophomonas aus. Mit der Verwendung des 20 Burkholderia Stammes konnten weitere Transferereignisse in die Gattungen Xanthomonas und Ralstonia belegt werden. In der Gesamtbetrachtung der Experimente erfolgte der horizontale Plasmidtransfer somit sowohl innerhalb der γ-Proteobacteria, als auch zwischen γ-Proteobacteria und β-Proteobacteria sowie innerhalb der β-Proteobacteria. Tab. 7 Taxonomische Einordnung der RP4-4-Tnluc Transkonjuganten des in situ Gentransfers in Pappelstecklingen Inokulation Termin 10.05.10 BBCH 31 21.06.10 BBCH 35 24.08.10 BBCH 91 3.3 Pappelklon RP4-4-Tnluc- Donorstamm Taxonomische Einordnung Gattung Klasse 987 E. coli DH5α pBR322-sacB Pseudomonas γ-Proteobacteria Esch5 E. coli DH5α pBR322-sacB Burkholderia β-Proteobacteria Geneva E. coli DH5α pBR322-sacB Stenotrophomonas γ-Proteobacteria Geneva Burkholderia sp. Esch5-4 Stenotrophomonas γ-Proteobacteria Esch5 Burkholderia sp. Esch5-4 Xanthomonas γ-Proteobacteria Ralstonia β-Proteobacteria Xanthomonas γ-Proteobacteria 987 Burkholderia sp. Esch5-4 Austrag des rekombinanten Plasmids in den Boden Der Austrag des rekombinanten Plasmids in den Boden wurde anhand von eingearbeiteten Stecklingen, die an zwei Terminen (16.06./ BBCH 35 und 17.08./ BBCH 91) mit dem A. tumefaciens Stamm GV2260 RP4-4-Tnluc inokuliert wurden, untersucht. Der rekombinante Stamm wurde 14 und 8 Wochen nach der Inokulation in den Stecklingen im Populationsdichten von 2,4 x 107 und 2,7 x 107 KBE/g FM detektiert. Nach jeweils weiteren zwei Wochen (06.10. / 19.10.) wurde das grob zerkleinerte Material in humosen, regelmäßig befeuchteten Boden (Plastiktöpfe) eingebracht. Nach einer Liegedauer von 4 bis 6 Wochen erfolgte die Probenahme zum Nachweis des rekombinanten Stammes bzw. potentieller Transkonjuganten auf der Oberfläche des verrotteten Pflanzenmaterials bzw. im angrenzenden Boden. Im Screening auf kanamycinhaltigen R2A-Medium wurden bei beiden Proben jeweils 176 kanamycinresistente Isolate auf Luciferase-Aktivität und Rifampicinresistenz getestet. 67% bzw. 70% der kanamycinresistenten Isolate erwiesen sich in beiden Merkmalen positiv und wurden damit als Inokulationsstamm identifiziert. Basierend auf den ermittelten Populationsdichten der kanamycinresistenten Isolate wurden 21 für den Austrag des rekombinanten Stammes in den Boden Dichten von 7,8 x 105 bis 1,6 x 106 KBE/g FM ermittelt. 4. Diskussion 4.1 Einflussfaktoren auf den horizontalen Gentransfer in die bakterielle Endophytenflora Im Rahmen der Modellexperimente mit dem rekombinanten Plasmid RP4-4-Tnluc sollte das Auftreten eines plasmidvermittelten horizontalen Gentransfers in der autochthonen Mikroflora von Pappelstecklingen in Abhängigkeit von der Gehölzentwicklung und der resultierenden bakteriellen Besiedlung untersucht werden. Hierzu wurden Pappelstecklinge unterschiedlicher Herkunft (Klone Geneva, 987, Esch5) in verschiedenen Stadien der Gehölzentwicklung mit RP4-4-Tnluc markierten Bakterienstämmen inokuliert und 2 Tage bis zu 9 Wochen nach der Inokulation auf das Vorhandensein von Transkonjuganten getestet. Um möglichst günstige Bedingungen für das Auftreten und die Detektion von Transferereignissen zu schaffen, wurden Inokulationsstämme genutzt, die sich einerseits in der Pflanze etablieren können und andererseits nach der Reisolation durch ihr Wachstumsverhalten ein Screening von Transkonjuganten erleichtern bzw. eine Selektion ermöglichen. Diese Eigenschaften waren bei den genutzten Stämmen jedoch meist alternativ vorhanden (z.B. A. tumefaciens GV2260 RP4-4-Tnluc vs. DH5α-2 pBR322-sacB RP4-4Tnluc; vgl. 3.2 Untersuchungskonzept). Die endophytischen RP4-4-Tnluc-Stämme sowie A. tumefaciens GV2260 RP4-4-Tnluc zeigten vorwiegend eine gute Etablierung in den Stecklingen, wobei auch ein Transport in später gebildete Blätter und teilweise auch in die Wurzeln nachgewiesen wurde. Daneben wies insbesondere der Agrobakterienstamm in der Kultivierung auf den Nährmedien ein so starkes Wachstum auf, dass autochthone Bakterien und eventuelle Transkonjuganten bei vergleichbarer oder geringerer Abundanz kaum detektierbar waren. So konnte im Ergebnis der Experimente mit dem Stamm A. tumefaciens GV2260 RP4-4-Tnluc, der im gesamten Untersuchungszeitraum als Inokulationsstamm diente, wie auch unter Verwendung der Stenotrophomonas- und Pseudomonas-Stämme in keinem Fall ein Gentransfer nachgewiesen werden. Transferereignisse wurden dagegen erstmalig mit dem Einsatz von E.coli DH5α-2 pBR322-sacB RP4-4Tnluc beobachtet. Aufgrund der Expression des sacB Gens und der fehlenden Anpassung von E. coli an das pflanzliche Habitat war dieser Stamm nicht in der Lage, längerfristig in der Pflanze zu überdauern. Die vergleichweise kurze Präsenz der 22 E. coli Bakterien war jedoch ausreichend für den Plasmidtransfer. Dementsprechend wurden in einem Experiment zu Beginn der Triebentwicklung (Mai 2010) bereits 2 Tage nach der Inokulation von verholzten Stecklingen Transkonjuganten in Dichten von ∼105 KBE/g FM bzw. Etablierungsraten von 10-2 detektiert. Im folgenden Experiment im Juni 2010 (Mitte des Triebwachstums) wurden wiederum 2 Tage nach der Inokulation von frischen unverholzten Trieben Transkonjuganten in ähnlicher Dichte und Etablierungsrate gefunden. Bei der im Juni durchgeführten Inokulation mit Burkholderia sp. Esch5-4 RP44-Tnluc konnten in allen verwendeten Pappelklonen ebenso bereits nach zwei Tagen Transkonjuganten nachgewiesen werden. Die Übertragung des Plasmids in die autochthone Mikroflora war somit nicht an die längerfristige Etablierung des Plasmiddonors in den Pflanzen gebunden. Damit bestätigte sich auch unter den Bedingungen der inokulierten Pappelstecklinge, dass Transferereignisse unter entsprechenden Voraussetzungen sehr frühzeitig nach erfolgtem Kontakt der Bakterien stattfinden. Auch wenn bisher keine Daten zu endophytischen Bakterien verfügbar sind, ist aus Studien in anderen Habitaten bekannt, dass Transkonjuganten schon innerhalb der ersten 10 bis 24 Stunden des Experiments auftreten können (Christensen et al., 1996; Kroer et al., 1998; MacDonald et al., 1992; Normander et al., 1998). Vergleichbar mit dieser Arbeit belegten u.a. Dahlberg et al. (1998), Haagensen et al. (2002) und Mølbak et al. (2003) 3 bis 6 Tage nach der Inokulation mit dem Plasmiddonor Transferereignisse in hohen Frequenzen. Darüber hinaus spielte für das Stattfinden des Gentransfers auch das zur Inokulation verwendete Stecklingsmaterial (ältere verholzte Triebe der Klone 987 und Esch5 vs. frischer unverholzter Stockaustrieb des Klons Geneva) offenbar keine entscheidende Rolle. Betrachtet man alle im Jahr 2010 durchgeführten Experimente, in denen E. coli DH5α-2 pBR322-sacB RP4-4Tnluc und/oder Burkholderia sp. Esch5-4 RP4-4-Tnluc als Inokulationsstamm dienten, deutet sich ein Effekt der Jahreszeit (Zeitpunkt der Inokulation) auf die Transferereignisse innerhalb der Pflanzen an. So wurden außer in den Versuchen im Mai und Juni nur im Experiment zum Vegetationsabschluss (Ende August) Transkonjuganten in der Burkholderia-Variante gefunden. Gegenüber den Experimenten im Frühsommer wurden hier jedoch weniger Transkonjuganten detektiert. Der Trend eines verstärkten Auftretens des horizontalen Gentransfers in der Phase der Triebentwicklung in den Monaten Mai und Juni war bereits in der vorangegangenen Studie zu sehen, in der in einem Inokulationsexperiment im Juni, nicht aber in den Versuchen im Oktober und im März Transferereignisse nachgewiesen wurden (Becker et al., 2008). Zu ähnlichen Befunden einer jahreszeitlichen Abhängigkeit des in situ Gentransfers kamen auch Lilley 23 & Bailey (1997) bei der Untersuchung der pflanzenassoziierten Bakterien von Zuckerrüben. Ein begünstigender Faktor für eine höhere Frequenz des Gentransfers während des Frühsommers (Triebentwicklung) könnte die in dieser Zeit erhöhte Besiedlung des Pflanzenmaterials mit autochthonen Bakterien und damit potentieller Rezipienten sein. Besonders im Jahr 2010, indem die Transferereignisse nachgewiesen wurden, ergab die Status Quo-Analyse der bakteriellen Besiedlung in der gesamtem Phase der Triebentwicklung überwiegend höhere Populationsdichten pflanzenassoziierter Bakterien als an den früheren oder späteren Terminen. Darüber hinaus zeichnete sich über die Erfassung einzelner Bakteriengruppen (Aktinobakterien, Pseudomonaden) in dieser Phase auch eine veränderte Zusammensetzung der autochthonen Mikroflora ab. So wurden Pseudomonaden als potentielle RP4-Plasmid-Rezipienten vorwiegend in den Probenahmen der Monate Mai und Juni gefunden. Aktinobakterien, die als Rezipienten für den Gentransfer höchstwahrscheinlich auszuschließen sind, wurden dagegen in den Proben im Juni nicht oder in geringerem Umfang nachgewiesen. Veränderungen der Endophytenmikroflora in Abhängigkeit vom Umweltfaktoren sind aus Untersuchungen an krautigen Pflanzen (Kuklinsky-Sobral et al., 2004; McInroy & Kloepper, 1995) wie auch Gehölzen (Mocali et al., 2003) bekannt. Ähnlich wie in unserer Studie konnte bei Ulmen ein Einfluss der Jahreszeit auf die Abundanz einzelner Bakteriengattungen in der Endophytengemeinschaft festgestellt werden. Generell bleibt jedoch offen, wie die endophytischen Bakterien und die rekombinanten Stämme innerhalb der untersuchten Stecklinge verteilt waren und welche Kontaktstellen für den Gentransfer sich daraus ergeben haben. Wie am Beispiel der Phylloplane und der Rhizosphäre krautiger Pflanzen gezeigt wurde, kommen epiphytische Bakterien meist clusterartig z.B. in Vertiefungen der Oberfläche und an Stomata vor (Normander et al., 1998). Auch endophytische Bakterien dürften vorwiegend Mikrohabitate mit hohem Wassergehalt besiedeln und sind in der Pflanze unterschiedlich verteilt und voneinander abgegrenzt. Bedingt durch den engen räumlichen Kontakt der Bakterien sind Transferereignisse besonders in diesen Mikrohabitaten (Cluster) wahrscheinlich und belegt (Normander et al., 1998; Mølbak et al., 2003). Dies hat zur Folge, dass in unterschiedlichen Mikrohabitaten verschiedene Transferereignisse stattfinden können, ein Übergang der Trankonjuganten zwischen den einzelnen Clustern ist jedoch einschränkt. Die Ausprägung von Mikrohabitaten innerhalb der Pflanze ist somit wahrscheinlich sowohl für das frühzeitige Auftreten von Transferereignissen als auch für die hohe 24 Variabilität der Zusammensetzung und der Abundanz der pflanzenassoziierten Bakteriengemeinschaften verantwortlich. Vor diesem Hintergrund und den Grenzen des kulturabhängigen Nachweises des Gentransfers ist zu vermuten, dass in situ Plasmidtransferereignisse in Gehölzen unter entsprechenden Voraussetzungen wahrscheinlich verbreiteter sind, als in der Studie gezeigt werden konnte. 4.2 Endophytische Besiedlung von in vitro Kulturen und Möglichkeiten der Vermeidung eines unerwünschten Gentransfers In der vorliegenden Studie wurde der horizontale Gentransfer ausgehend von einem BroadHost-Range-Vektor (IncP) nach Inokulation von Pappelstecklingen untersucht. Hierbei kam es zum Teil zu einer hohen Etablierung von Transkonjuganten in der autochthonen Mikroflora. Aus der Sicht der biologischen Sicherheit der Anwendung der Gentechnik bei Gehölzpflanzen stellt sich die Frage, ob diese Ergebnisse auch Relevanz für einen putativen Gentransfer während der Agrobacterium-vermittelten Transformation von Pappelpflanzen unter Verwendung von in vitro Regenerationssystemen bzw. der anschließenden Kultivierung der Pflanzen besitzen. Während die Besiedlung von unter natürlichen Bedingungen wachsenden Pflanzen mit endophytischen Bakterien seit langem bekannt ist und detailliert untersucht wurde (Ulrich et al., 2006), wurden in vitro Regenerationssysteme lange Zeit für bakterienfrei gehalten. Auftretende Kontaminationen wurden auf unsterile Arbeitstechniken und Fremdinfektionen zurückgeführt (Boxus & Terzi, 1987; Singha et al., 1987). Inzwischen konnte jedoch auch für die in vitro Regenerationssysteme das Vorhandensein einer „eigenständigen“, an die Spezifik des Systems angepassten endophytischen Besiedlung belegt werden. Befunde zum Vorkommen und zur Abundanz endophytischer Bakterien in Organ- und Gewebekulturen von Forstgehölzen teilen u.a. Hohtola (1988), Ewald et al. (1997; 2000), Naujoks et al. (2000) und Ulrich et al. (2008b) mit. Es hat sich gezeigt, dass eine starke Vermehrung von Bakterien oft nur unter spezifischen Kulturbedingungen (Anwesenheit von Nährstoffen, Nährmedienwechsel) oder bei der Einleitung von Differenzierungsprozessen stattfindet (Ewald et al., 1997; 2000). Untersuchungen an Forstgehölzen ergaben, dass sich die endophytischen Gemeinschaften von in vitro Kulturen und natürlich wachsenden Pflanzen erheblich unterscheiden. So wurde in einer Studie an Freiland-Pappeln bei Populationsdichten von 105 KBE/g FM ein Vorkommen von 53 Taxa der Klassen Proteobacteria, Actinobacteria, Firmicutes und Bacteroidetes 25 belegt (Ulrich et al., 2008c). Für in vitro Pflanzen wurde bei vergleichbaren Populationsdichten dagegen nur ein sehr geringes Artenspektrum nachgewiesen. Sowohl bei Pappeln als auch anderen Forstgehölzen handelte es sich hauptsächlich um Vertreter der Gattung Paenibacillus mit enger Verwandschaft zu P. humicus. Andere Gattungen (Methylobacterium, Stenotrophomonas und Bacillus) traten daneben nur vereinzelt auf (Ulrich et al., 2008b). Während die Endophytenmikroflora der Freilandpflanzen ein meist variables „subset“ der Boden- bzw. Phyllosphärengemeinschaften darstellt (Berg et al., 2005; Germida et al., 1998), scheinen die speziellen Bedingungen der Meristemkulturen offenbar nur zur Anreicherung von Paenibacilli und sehr weniger anderer Arten zu führen. Aufgrund des geringen Artenspektrums und der starken Dominanz von Bacilli (Firmicutes) erscheint die Verwendung von in vitro Kulturen bei den betrachteten Gehölzen als Ausgangsmaterial für die Pflanzentransformation über das Alphaproteobakterium A. tumefaciens wenig problematisch. Ein Transfer von rekombinanter DNA aus A. tumefaciens in das Phylum Firmicutes ist schon aufgrund der geringen phylogenetischen Verwandtschaft nahezu auszuschließen. Darüber hinaus ergeben sich für einen von persistierenden Agrobakterien ausgehenden Gentransfer in die endophytische Mikroflora auch durch die verwendeten binären Vektoren nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten: (1) Unter der Voraussetzung des Vorhandenseins geeigneter Plasmidrezipienten (Proteobakterien) ist ein konjugativer Transfer des binären Vektors über das vir-System des Helferplasmids vorstellbar. Am Beispiel eines mobilisierbaren IncQ-Plasmids konnte gezeigt werden, dass die vir Gene der Ti-Plasmide einen Plasmidtransfer sowohl in Bakterien als auch in Pflanzenzellen vermitteln können (Beijersbergen et al., 1992; Buchanan-Wollaston et al., 1987). Die gebräuchlichen binären Vektoren besitzen zwar keine vollständige Dtr (DNA transfer + replication)-Komponente (mob-Bereich) eines konjugativen/mobilisierbaren Plasmids mehr, jedoch könnte eine Konjugation hier vom rechten Border der T-DNA ausgehen. Die die T-DNA eingrenzenden linken und rechten Bordersequenzen sind dem oriT der bakteriellen Konjugation weitgehend homolog. Damit könnte der rechte Border als oriT fungieren und zusammen mit den vir-Genen ein vollständiges Konjugationsssystem bilden. (2) Prinzipiell denkbar ist auch der klassische T-DNA-Transfer und die DNA-Integration in das Bakterienchromosom. Diese Möglichkeit geht davon aus, dass sich über das virSystem der Ti-Plasmide nicht nur Pflanzen, sondern zumindest unter Laborbedingungen 26 auch verschiedenste andere eukaryotische Zelltypen transformieren lassen. Obwohl Prokaryonten „natürlicherweise“ andere Transfermechanismen nutzen, besteht zumindest theoretisch die Möglichkeit, dass T-DNA auch in Bakterien gelangen und dort ähnlich wie bei eukaryotischen Organismen in das Chromosom integriert werden könnte. (3) Eine dritte Möglichkeit eines Gentransfers besteht in der Mobilisierung des binären Vektors durch ein externes in der autochthonen Mikroflora vorhandenes Plasmid. Dieser Transferweg setzt allerdings einen binären Vektor voraus, der über das entsprechende konjugative Plasmid der autochthonen Bakterien mobilisiert werden kann. Sowohl für den konjugativen Transfer über das vir System als auch für den T-DNATransfer ins Bakterienchromosom gibt es bisher keinerlei Belege aus der Literatur. Die Möglichkeit des vir vermittelten konjugativen Transfers wurde im Rahmen eines BMBFProjekts untersucht. Dabei konnte kein Gentransfer unter optimierten in vitro Bedingungen nachgewiesen werden (Ewald & Ulrich, 2008). Die dritte Möglichkeit erfordert binäre Vektoren, die über einen vollständigen mobBereich verfügen, die dann von einem kompatiblen konjugativen Plasmid mobilisiert werden können. So ist zum Beispiel denkbar, dass das Plasmid pBin19 durch IncPPlasmide mobilisiert wird. Die Zusammensetzung der autochthonen Bakteriengemeinschaften in in vitro Regenerationssystemen lässt jedoch kein Vorkommen von InP Plasmiden vermuten. Darüber hinaus ist bei neueren Vektoren wie den pCambia und pGreen Plasmiden die Mobilisierung nahezu ausgeschlossen. Die pGreen Vektoren verfügen über kein mob-Bereich mehr. Zur Mobilisierung von pCambia Vektoren wäre neben dem Vorhandensein eines konjugativen Plasmids auch noch die Ergänzung des mob-Bereichs durch ein zusätzliches Plasmid der ColE1-Gruppe erforderlich. Dies ist im System der pflanzenassoziierten Bakteriengemeinschaften jedoch äußert unwahrscheinlich und für in vitro Regenerationssysteme nicht vorstellbar. Ungeachtet dessen sind in Regenerationssystemen eine Reihe gezielter Methoden zur Unterdrückung des Bakterienbesatzes etabliert worden. Hierzu gehört neben der klassischen Nutzung von Antibiotika zur Unterdrückung der Agrobakterien die Gewinnung von Sproß- oder Wurzelmeristemen (Ewald & Ulrich, 2008). Abschließend ist somit von keinem Risiko eines durch Agrobacterium vermittelten horizontalen Gentransfers in die pflanzenassoziierte Mikroflora bei der Transformation von Pappelpflanzen auszugehen. 27 5. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen In der zweijährigen Studie wurden basierend auf dem Modellsystem mit dem rekombinanten Plasmid RP4-4-Tnluc Einflussfaktoren auf den horizontalen Gentransfer in die bakterielle Endophytenmikroflora von Forstgehölzen untersucht. Hierzu wurden Pappelstecklinge zu verschiedenen Stadien der Gehölzentwicklung mit dem RP4-4-Tnluc tragenden Agrobakterienstamm GV2260 sowie vier endophytischen Isolaten (Stenotrophomonas sp. 169-1, Pseudomonas sp. Q16-3 und E-9-3, Burkholderia sp. Esch5-4, jeweils mit RP4-4-Tnluc) und zwei E.coli-Stämmen (DH5α-2 pBR322-sacB, DH5α-2 mit RP4-4-Tnluc) inokuliert und nach 2 Tagen bis zu 9 Wochen im Hinblick auf die Etablierung der Inokulationsstämme und das Vorhandensein von Transkonjuganten untersucht. Die Inokulationen der Pappelstecklinge mit A. tumefaciens GV2260 RP4-4-Tnluc und den rekombinanten endophyischen Isolaten führten meist zu einer anhaltenden Etablierung der Inokulationsstämme in den Pflanzen, wobei auch ein Transport in später gebildete Blätter und teilweise auch in die Wurzeln nachgewiesen wurde. Die rekombinanten E. coliStämme waren dagegen nicht in der Lage, sich längerfristig in den Pflanzen zu etablieren. Mit dem Einsatz von DH5α-2 pBR322-sacB RP4-4Tnluc als Inokulationsstamm konnte in den Experimenten zurzeit des Triebwachstums (Mai, Juni) jedoch gezeigt werden, dass Transferereignisse in der autochthonen Mikroflora keine (längerfristige) Etablierung der Donorstämme voraussetzen. Während in den Experimenten mit dem rekombinanten Agrobakterienstamm und den endophytischen Inokulationsstämmen Stenotrophomonas sp. 169-1 und Pseudomonas sp. Q16-3 und E9-3 generell keine Transferereignisse nachweisbar waren, konnten nach Inokulation mit dem das sacB Gen exprimierenden E. coli- Stamm sowie später auch unter Verwendung des endophytischen Isolats Burkholderia sp. Esch5-4 RP4-4Tnluc bereits zwei Tage nach Versuchbeginn Transkonjuganten in relativ hohen Dichten und Etablierungsraten (10-2) detektiert werden. Nach Inokulation mit dem Burkholderia-Stamm, der sich im Unterschied zu den rekombinanten E. coliBakterien in den Pflanzen gut etablierte, wurden darüber hinaus auch zu späteren Zeitpunkten Tanskonjuganten beobachtet. Insgesamt wurden Transferereignisse in allen verwendeten Pappelklonen (987, Esch5, Geneva) gehäuft in den Experimenten im Frühsommer gefunden. Die Übertragung des rekombinanten Plasmids erfolgte von DH5α2 pBR322-sacB RP4-4Tnluc in die Gattungen Pseudomonas, Burkholderia und Stenotrophomonas sowie von Burkholderia sp. Esch5-4 RP4-4Tnluc in die Gattungen Xanthomonas, Ralstonia und Stenotrophomonas. 28 Ausgehend von der Etablierung des rekombinanten Agrobakterienstammes in den Stecklingen wurde der Austrag des Plasmids in die Umwelt anhand von im Boden eingearbeiteten Pflanzenteilen untersucht. Nach vier bis sechs Wochen Liegezeit wurde auf den sich zersetzenden Pflanzenresten und im anhaftenden Boden ein Besatz an rekombinanten Bakterien in Dichten von 106 KBE/g FM ermittelt, die als Agrobacterium tumefaciens GV2260 RP4-4-Tnluc identifiziert wurden. Offen bleibt, inwieweit sich die Agrobakterien nach vollständiger Zersetzung des Pflanzenmaterials im Boden etablieren können. Aus den Befunden zur Etablierung und zum Transfer des rekombinanten Plasmids RP4-4 Tnluc in inokulierten Pappelsteckligen und den Kenntnissen zur endophytischen Besiedlung von in vitro Regenerationssystemen leiten sich folgende Schlussfolgerungen ab: Mittels Inokulation in die Pflanze überführte Bakterien und deren Plasmide können sich über einen längeren Zeitraum in den Pflanzen etablieren. An der Etablierung der Plasmide kann auch der horizontale Gentransfer wesentlich beteiligt sein. Mit Blick auf über das Projekt hinausgehende Anwendungen sollte es praktikabel sein, plasmidkodierte metabolische Eigenschaften (Schwermetallresistenzen, Schadstoffabbau) in der Pflanze zu etablieren. Dies kann sowohl allein über den Verbleib der verwendeten Inokulationsstämme als auch über den horizontalen Transfer der Plasmide in die autochthone Mikroflora erfolgen. Hieraus ergeben sich praktische Anwendungen bei der Nutzung „ertragsarmer“ Standorte für die Biomasseproduktion und auf dem Gebiet der Phytoremediation (Taghavi et al., 2005; Weyens et al., 2009; Weyens et al., 2010) . Aus Sicht der biologischen Sicherheit entsteht durch die teilweise nachgewiesene Persistenz rekombinanter Agrobakterien in der Pflanze (Charity & Klimaszewska, 2005; Ewald & Ulrich, 2008; Yang et al., 2006) unter Freilandbedingungen das Problem, dass rekombinante Agrobakterien beim Abbau des Pflanzenmaterials in den Boden ausgetragen werden können. Dieses mögliche „gene escape“ sollte bei der Risikoeinschätzung Berücksichtigung finden. Bei der Transformation von Pappelpflanzen über das Agrobakteriensystem besteht hingegen kein Risiko des Gentransfers in die pflanzenassoziierte Mikroflora, da in den in vitro Regenerationssystemen der horizontale Gentransfer ausgeschlossen und darüber hinaus über die Verwendung von Sproß- oder Wurzelmeristemen zur Pflanzenregeneration die Persistenz von rekombinanten Agrobakterien unterbunden werden kann. 29 6. Literatur Becker, R., Ewald, D., Ulrich, K. & Ulrich, A. (2008). Untersuchung des horizontalen Gentransfers in die bakterielle Endophytenmikroflora von Forstgehölzen und Abschätzung einer möglichen Ausbreitung transgener DNA in die Umwelt. In Abschlussbericht für das Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung Brandenburg, pp. 41. Beijersbergen, A., Dulk-Ras, A. D., Schilperoort, R. A. & Hooykaas, P. J. J. (1992). 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