Praktische Tipps und Fragen

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13.08.2002
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Multiple Sklerose -
Praktische Tipps und Fragen
Ist Multiple Sklerose erblich?
Die MS ist keine Erbkrankheit im
eigentlichen Sinn.
Die MS ist keine Erbkrankheit in dem
Sinn, dass eine Übertragung einer
Erbanlage von einem Elternteil auf die
Kinder erfolgt, mit zwangsläufigem
Ausbruch der Krankheit. Dennoch
scheinen gewisse «EmpfänglichkeitsAnlagen» übertragen zu werden, die
in Kombination mit weiteren Bedingungen MS familiär gehäuft auftreten lassen. Somit haben Kinder und
Nicht-Zwillingsgeschwister von MSBetroffenen rechnerisch ein etwas
höheres Risiko (bis zu 20fach) als die
Normalbevölkerung. Dieses ist aber
immer noch gering (2 bis 4 %). Kinder
und Geschwister von MS-Betroffenen
werden mit 96- bis 98-prozentiger
Wahrscheinlichkeit NICHT an MS
erkranken.
Kann eine Frau mit Multipler
Sklerose schwanger werden?
Medizinisch spricht nichts gegen eine
Schwangerschaft und Geburt bei MS.
Grundsätzlich
beeinflusst
eine
Schwangerschaft den Verlauf der MSErkrankung in den meisten Fällen
nicht. Neuere Studien zeigen, dass eine
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Schwangerschaft nach Ausbruch der MS
den Verlauf sogar günstig beeinflusst.
Eine Langzeitbehandlung mit Interferonen darf aber bei einer Schwangerschaft und während der Stillzeit nicht
erfolgen. Die grundsätzliche Entscheidung zur Schwangerschaft bedarf
sicherlich einer kritischen Überprüfung
der eigenen Wünsche und Fähigkeiten
und einer Auseinandersetzung mit
den Wünschen des Partners. Zu
überdenken ist eine mögliche Unterstützung bei der Kinderbetreuung,
insbesondere in Zeiten akuter Krankheitsschübe, ebenso wie die soziale
und finanzielle Situation und eine
mögliche Verschlechterung der MS
unmittelbar nach der Entbindung.
Kann man mit Multipler Sklerose
geimpft werden?
Impfungen können bei MS, bis auf
wenige Ausnahmen, erfolgen.
Das Risiko schwerwiegender Nebenwirkungen am Nervensystem ist bei
den einzelnen Impfungen unterschiedlich gross. Impfungen gegen
Tetanus, Röteln, Hepatitis B und eine
Grippeschutzimpfung können ohne
das Risiko einer Schubauslösung
durchgeführt werden. Impfungen
gegen Kinderlähmung mit Lebend-
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impfstoff und gegen FSME-Frühsommer-Meningoenzephalitis sollten jedoch
nicht erfolgen.
Alle Impfungen sollten möglichst in
einer stabilen Krankheitsphase und
unbedingt ausserhalb eines Schubes
erfolgen.
Kann man mit Multipler Sklerose
Sport treiben?
Sport und Bewegung sind für MSBetroffene nicht nur grundsätzlich
erlaubt, sondern auch sehr wichtig.
Sport ist Teil einer gesunden Lebensführung und bei krankheitsbedingten
Ausfällen kann in Verbindung mit
Krankengymnastik die Leistungsfähigkeit verbessert werden. Zudem hat
der Sport eine soziale Aufgabe, indem
zwischenmenschliche Kontakte gefördert werden. Prinzipiell kann mit
MS jede Sportart ausgeübt werden. In
Abhängigkeit vom jeweiligen Krankheitsstadium müssen jedoch einige
Einschränkungen beachtet werden.
So sollte in der Regel kein Hochleistungssport betrieben werden, weil
die dabei auftretenden psychischen
und körperlichen Extrembelastungen
Verschlechterungen auslösen können.
Besonders günstige Sportarten für
MS-Betroffene sind Schwimmen,
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Radfahren, Reiten und alle Arten von
Ballspielen. Ganz allgemein sollte man
bei sportlichen Betätigungen die Freude an der Bewegung und den Trainingseffekt vor Augen haben, aber
besonderen Leistungsdruck und Konkurrenzdenken ausschalten, um Stress
und Überforderung zu vermeiden.
Ausserdem sollte Sport bei grosser
Hitze und bei Gefahr starker Durchnässung nicht ausgeübt werden.
Was sollte bei der Ernährung
beachtet werden?
Wer bei jedem Bissen einer Diät, die
ihm nicht schmeckt, an die Krankheit erinnert wird, tut sich sicher
nichts Gutes.
Nach heutigem Kenntnisstand der
Medizin gibt es keine Diät, die das
Fortschreiten einer MS verhindern
oder die Krankheit heilen kann. Es gibt
aber Hinweise, dass die Ernährung
Einfluss auf die allgemeine Befindlichkeit, auf den Zustand der Blutgefässe
und auf das Immunsystem hat. Eine
ausgewogene Ernährung mit wenig
tierischem Eiweiss und reich an
Gemüsen und Früchten ist für Gesunde wie MS-Betroffene generell zu
empfehlen. Eine ausreichende Zufuhr
von Flüssigkeit und Ballaststoffen hilft
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insbesondere bei mangelnder Bewegung (Rollstuhl-Fahrer), die Verdauung
in Schwung zu halten.
Sexualität?
Vorweggenommen sei, dass Sexualität keinesfalls schadet - im Gegenteil.
Partner von MS-Betroffenen gehen
häufig davon aus, dass die eigenen
sexuellen Bedürfnisse für den/die
Erkrankte/n eine Zumutung sind, und
zeigen sie nicht. So kann sich eine psychische Kluft zwischen den Partnern
entwickeln, die die Beziehung - durch
die Krankheit an sich oft schon belastet - zusätzlich erschwert. Manchmal
kommt es durch die Ängste und Hem-
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mungen zu Sexualfunktionsstörungen,
welche fälschlicherweise auf die Krankheit zurückgeführt werden. Natürlich
können durch die Ausfälle im Rahmen
der MS vorübergehende oder bleibende
Sexualfunktionsstörungen auftreten.
Bei männlichen Erkrankten kann es
zur Erektionsschwäche, zum Erektionsverlust oder zur verzögerten Ejakulation kommen. Bei Frauen kann
vermindertes Empfindungsvermögen
im Geschlechtsbereich eine geringere
Befeuchtung der Scheide zur Folge
haben. Wichtig ist, dass der/die Betroffene offen über die Probleme spricht
und gemeinsam mit dem Partner
Lösungen sucht, unter Umständen
mit fachkundiger Unterstützung.
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Wo können Sie sich näher informieren?
Eine zusätzliche Unterstützung – vor
allem bei der Meisterung der alltäglichen, praktischen Probleme – finden
Sie im Kontakt zu anderen Patienten
mit MS und im Wissen, dass es viele
Stellen gibt, die Ihnen bei einer erfolgreichen Krankheitsbewältigung zur
Seite stehen.
Informationsquellen zur Multiplen Sklerose
Schweizerische Multiple SkleroseGesellschaft (SMSG)
Brinerstrasse 1 (ab Herbst 2002
Josefstrasse 129), Postfach
8036 Zürich
Tel. 01/466 69 99, Fax 01/466 69 90
Internet: www.multiplesklerose.ch
E-mail: [email protected]
Secrétariat Romand
Rue de Poudrières 137
2006 Neuchâtel 6
Tel. 032/730 64 30, Fax 032/730 64 70
E-mail: [email protected]
Die Schweizerische Multiple SkleroseGesellschaft setzt sich vor allem für
drei Ziele ein:
Aufrechterhalten der grösstmöglichen Selbständigkeit von MSBetroffenen und ihren Angehörigen
durch eine Reihe von Dienstleistungen (z.B. Beratung bei sozialen
und psychologischen Fragen, Sensibilisierung zur Selbsthilfe, Informationen, Seminare)
Unterstützung der MS-Forschung
Kontinuierliche Fachinformation
und Orientierung der breiten
Öffentlichkeit.
MS-Network
Internet: www.ms-network.com
MS-Network ist eine Informationsseite auf dem Internet, welche ausschliesslich der Multiplen Sklerose
gewidmet ist.
MS-Network ist in zwei Einheiten
unterteilt; einen medizinischen und
einen öffentlichen Teil. Der letztere
richtet sich ausschliesslich an Patienten und enthält eine Fülle von
Informationen (Antworten auf die
am häufigsten gestellten Fragen,
Pressespiegel, Patient online, Links).
Juristische Anfragen
betreffend des Sozialversicherungs- und Arbeitsrechts
Rechtsdienst für Behinderte
Bürglistrasse 11
8002 Zürich
Tel. 01 201 58 27
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Erklärung von Fachbezeichnungen
Anamnese
Vorgeschichte einer Krankheit. Darstellung
der Entwicklung der jetzigen und früherer
Erkrankungen durch den Patienten.
Antigen
Substanz, u.a. Bakterium oder Virus, die
das Immunsystem aktiviert und eine
Immunantwort auslöst. Der Körper reagiert
mit Immunzellen (Lymphozyten) und
Gegenprodukten (Antikörper).
Antikörper
Abwehrstoffe, die zur Vernichtung des
Antigens (schädlich für den Organismus)
gebildet werden.
Ataxie
Ataxis (griech.) = Unordnung im Bewegungsablauf. Störung des geordneten
Zusammenwirkens der Muskeln, wodurch
das Zustandekommen einer zielgerichteten
Bewegung gestört oder aufgehoben ist.
Anderer Ausdruck für Koordinationsstörung.
Ätiologie
Lehre von den Krankheitsursachen. Auch
die Krankheitsursache selbst.
Atrophie
Volumenminderung eines Organs (z.B. des
Muskels) infolge Schwund seiner funktionstragenden Zellen (Muskelfasern, Muskelsubstanz) durch Schädigung der den Muskel
versorgenden motorischen Nerven oder
durch Inaktivität.
autoimmun
Immunreaktion, die gegen körpereigenes
Gewebe gerichtet ist (s. Immunität).
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Autoimmunerkrankung
Erkrankung, die durch (fehlgesteuerte)
autoimmune Reaktion verursacht ist.
Axon
Fortsatz einer Nervenzelle (Ganglienzelle),
umhüllt von Zellen, die Markscheiden bilden
können. Axon mit Markscheide oder Hüllzelle =
Neurit, dient der Nervenimpulsübertragung
zu anderen Nerven- oder Körperzellen.
Behinderung
Einschränkung der Körperfunktion, messbar
durch EDSS (Expanded Disability Status
Scale = erweiterte Behinderungsskala).
benigne
gutartig.
chronisch
langsam und stetig fortschreitend, im
Gegensatz zu schubförmig.
Degeneration
Abbau von Körpergewebe, z.B. Verschleisserscheinungen von Gelenken, Gelenkknorpel, Bandscheiben. Abbau von Hirn- und
Nervengewebe im Laufe des Lebens und
in bestimmten Altersstufen.
Demyelinisierung
Zerstörung des Myelins im Nervengewebe.
Durch die Demyelinisierung entstehen Narben, auch als Plaques bezeichnet, die die
Kommunikation zwischen den Neuronen (s.
hinten) unterbrechen.
Diagnose
Erkennung einer Krankheit und ihre Benennung mit dem entsprechenden (wissenschaftlichen) Ausdruck.
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Diagnostik
Durchführung einzelner diagnostischer
Untersuchungen, die zur Erkennung einer
Krankheit führen.
Elektromyographie, Elektromyogramm
(EMG)
Durch Aufzeichnung der Muskelaktionsströme (Potentiale) gewonnenes Kurvenbild.
Ableitung der elektrischen Potentiale durch
Nadelelektroden, die in den Muskel gestochen werden. Diagnostische Methode von
erheblicher Aussagekraft bei Muskelerkrankungen.
Encephalomyelitis disseminata
Encephalon (griech.) = das Gehirn; Myelon
(griech.) = das Rückenmark; disseminiert =
verstreut. Verstreut herdförmig auftretende
Hirn- und Rückenmarksentzündung. Wird
häufig als Ersatzbezeichnung der MS
benutzt.
Entmarkung
Zerfall von Markscheiden der Axone im zentralen Nervensystem.
Entmarkungsherde
Herdförmige Zerstörung der Markscheiden
(s. hinten), von Stecknadelkopf- bis etwa 1Frankenstück-Grösse.
Epidemiologie
Häufigkeit und Verbreitung von Krankheiten.
evozierte Potentiale
Ableitung elektrischer Potentiale von der
Körperoberfläche (Kopfhaut, Rückenmark,
Nervenverlauf an Armen und Beinen) mit
Hilfe verschiedener elektrischer, magnetischer oder anderer Reize der Sinnesorgane
wie z.B. Blitzlicht, Klickgeräusche.
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Evozierte Potentiale sind ein wesentliches
Hilfsmittel bei der Diagnosestellung der MS.
Exazerbation
Verschlimmerung.
Fatigue (Fatigue = Müdigkeit)
MS-Fatigue: vorzeitige allgemeine physische
und psychische Erschöpfung.
Fokus/fokal
Herd/herdförmig.
Gadolinium
Kontrastmittel (ohne Jod), das zur Darstellung frischer entzündlicher MS-Herde in der
Kernspintomographie eingesetzt wird. Es
wird als Kurzinfusion intravenös (in die
Vene) gespritzt.
Genetik
Vererbungs-, Erblehre.
genetisch
erblich bedingt, die Vererbung betreffend.
gutartige Multiple Sklerose
Die gutartige MS beinhaltet die völlige Genesung des Patienten von gelegentlichen Schüben beziehungsweise Exazerbationen (siehe
vorne). Patienten mit gutartiger MS haben
keine Invalidität zu erwarten; hierzu zählen
10% der gesamten MS-Patientenpopulation.
Hippotherapie
Reittherapie im Rahmen der Krankengymnastik (Physiotherapie).
humanidentisch
dem menschlichen gleichend.
i.m. (intramuskulär)
Injektion direkt in den Muskel.
Immunglobuline (IG)
Eiweisskörper (Antikörper) als Träger der
Immunität.
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Immunsystem
(s. Immunität)
Immunität
Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheitserregern und deren Giften, die Fähigkeit, Antigene (s. vorne) zu erkennen, zu
beseitigen und gefeit zu sein gegenüber
bestimmten Krankheiten. Zur Abwehr werden Immunglobuline (Antikörper) gebildet
und immunkompetente T-Zellen (Abwehrzellen) bereitgestellt.
Immunsuppressivum
Arzneimittel, welches die Immunvorgänge
(auch Autoimmunvorgänge) unterdrückt.
Inkontinenz
Unfreiwilliger Urin- oder Stuhlabgang.
Unvermögen, willkürlich Harn oder Stuhl
zurückzuhalten.
Interferon-beta
Eiweisskörper, der in bestimmten Situationen
von Körperzellen gebildet wird, um sich an
der natürlichen Körperabwehr zu beteiligen.
Kontraindikation
Grund, eine diagnostische oder therapeutische Massnahme zu vermeiden.
Koordination
Geordnetes Zusammenspiel von Muskeln
und Muskelgruppen im Sinne einer zielgerichteten Bewegung, einschliesslich Gehen
und Stehen.
Kortikoide/Kortikosteroide/Kortison
Nebennierenrinden-Hormon. Zu dieser
Gruppe gehören Medikamente wie Prednison, Prednisolon.
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Lähmung, schlaffe
(s. Parese, Plegie) Gekennzeichnet durch
Verlust des Muskeltonus, durch Muskelverschmächtigung im Verlauf, Abschwächung
oder Aufhebung der Muskeleigenreflexe
und häufig Veränderungen des Elektromyogramms. Hervorgerufen durch Untergang
motorischer Zellen (Vorderhornzellen) im
Rückenmark, Schädigung der motorischen
Anteile der Nervenwurzeln, der motorischen Fasern der Nervengeflechte und der
peripheren Nerven. Für MS untypisch und
meist erst im Spätstadium.
Lähmung, spastische
Hervorgerufen durch Schädigung motorischer Bahnen im zentralen Nervensystem.
Symptome: gesteigerte Muskeleigenreflexe,
pathologische Reflexe (s. Reflexe), Erhöhung
des Muskeltonus, Beine in Streckstellung,
steif, Adduktorenspasmus, Arme später in
Beugestellung, Aufhebung der Fähigkeit,
besonders mit den Fingern Einzelbewegungen auszuführen. Bei Multipler Sklerose
häufig auftretend.
Läsion
Verletzung, Störung, Schädigung.
Leukozyten
Weisse Blutkörperchen.
Lymphozyten
Spezialisierte Zellen des Immunsystems, die
Antigene erkennen und daraufhin entweder Antikörper oder andere Substanzen bilden, um weitere Zellen zu aktivieren, oder
das Antigen direkt zerstören. Lymphozyten
werden in zwei Hauptgruppen unterteilt:
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T-Lymphozyten und B-Lymphozyten.
Liquor (Liquor cerebrospinalis)
Flüssigkeit, Lösung: In der Neurologie
bezeichnet mit Hirn-, Nervenwasser, Rükkenmarkflüssigkeit. Wässrige helle, klare
Flüssigkeit in den Hirnkammern, wo sie
gebildet wird und das Gehirn und Rückenmark wie ein Flüssigkeitsschutzmantel
umgibt.
Liquorpassage
Spontanes Zirkulieren des Liquors von Hirnkammer zu Hirnkammer und über die
Oberfläche von Gehirn und Rückenmark.
Normalerweise werden in 24 Stunden etwa
500 mg Liquor produziert.
Lumbalpunktion
Entnahme von Liquor (s. vorne) aus dem
Wirbelkanal, mittels einer Kanüle (Hohlnadel) in der Höhe des 3./4. oder 4./5. Lendenwirbels. In diesem Bereich findet sich
kein Rückenmark mehr. Es ist deshalb
falsch, von einer «Rückenmarks-Punktion»
zu sprechen. Siehe auch postpunktionelle
Beschwerden (Beschwerden nach Liquorentnahme).
Markscheide
Mehrschichtige, weissliche Hülle der Nervenfasern in Gehirn und Rückenmark und
der peripheren Nerven, die aus fettähnlichen Substanzen besteht und gleichsam
das Isoliermaterial um die «Nachrichtenkabel» der Nervenbahnen bildet. Ohne
Markscheiden ist keine rasche Nervenleitung möglich.
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Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT)
(Magnetic Resonance Imaging MRI)
Untersuchung mit einem hochauflösenden
Scanner (Abtastverfahren), die eine genaue
Abbildung des Gehirns erstellt und somit die
Wiedergabe der charakteristischen mit der
MS einhergehenden Plaques ermöglicht.
Motorik
Durch das Gehirn gesteuertes, über motorische Nervenbahnen ablaufendes Bewegungsgeschehen, bestehend aus Willkür-,
Ziel-, Halte- und Stützmotorik.
motorisch
die Bewegung betreffend.
MRI (Magnetic Resonance Imaging)
Magnet-Resonanz-Bildverfahren.
MRT (Magnet-Resonanz-Tomografie)
MS (Multiple Sklerose)
Multiple: zahlreich, verstreut, vielfach, an
verschiedenen Orten des zentralen Nervensystems sich entwickelnde Entzündungsherde. Diese können sich im Anfangsstadium ihrer Entstehung zurückbilden
(Remission).
Sklerose: Verhärtung der ursprünglich
entzündlichen Herde durch Bildung von
Narbengewebe (Glia). Sklerotische Herde,
von verschiedener Grösse, nicht rückwandelbar in funktionsfähiges Nervengewebe.
Muskeleigenreflexe
(s. Reflexe)
Myelin
Eiweissgebundene fettähnliche Substanz.
Die so eingescheideten Nervenfasern
werden als markhaltig bezeichnet.
Im Hirn- und Rückenmark wird es von
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spezifischen Zellen, den Oligodendrozyten,
gebildet.
Myelographie
Röntgendarstellung des Wirbelkanals, der
Bandscheiben, der Nervenwurzeln und ihrer
krankhaften Veränderungen, durch Einbringen von Kontrastmittel mittels Lumbalpunktion (s. vorne).
Nerv
Bündel von Nervenfasern, die von Markscheiden und bindegewebigen Hüllen
umgeben sind. Die Fasern leiten elektrische
Impulse entweder in Richtung des Gehirns,
zur Wahrnehmung sensibler Reize von
Haut, Gelenken, Muskeln und inneren
Organen, oder in Richtung Peripherie, um
z.B. eine Muskel- oder Organkontraktion
(Zusammenziehen) herbeizuführen.
Nervensystem
Gesamtheit der nervösen Strukturen.
Gehirn, Rückenmark als Zentralnervensystem. Nervenwurzeln, Nervengeflechte,
Nervenstränge als peripheres Nervensystem. Sympathikus, Parasympathikus als
vegetatives (autonomes) Nervensystem.
Neurit
Fortsatz einer Nervenzelle (Ganglienzelle),
mit feinen Fasern (Neurofibrillen) ausgestattet, leitet die von der Nervenzelle
ausgelösten Impulse.
Neuritis nervi optici
Sehnervenentzündung mit vorübergehendem oder dauerndem Verlust der Seh–
schärfe. Bei MS häufig eines der ersten
Symptome.
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Neurologie
Lehre von der Erkrankung und Behandlung
des zentralen, peripheren, vegetativen
Nervensystems (s. vorne) und der Muskulatur.
Neuron
«Nerveneinheit». Die Nervenzellen mit
ihren zugehörigen Fortsätzen als morphologisch-funktionelle Einheit.
NLG (Nervenleitgeschwindigkeit)
Bei Markscheidenzerfall Verlangsamung der
NLG, motorisch oder sensibel, kann mit
evozierten Potentialen (s. vorne) gemessen
werden.
Optikusneuritis
Sehnervenentzündung.
Paralyse
Vollständige Lähmung.
Parese
Teillähmung. Hemiparese: Halbseitenlähmung. Monoparese: Lähmung nur einer
Gliedmasse oder eines Gliedmassenabschnittes. Paraparese: Lähmung beider
Arme oder Beine. Tetraparese: Lähmung
beider Arme und Beine.
pathogen
krankheitserregend.
Pathogenese
Entstehung und Entwicklung einer Krankheit durch definierte (festgestellte) Ursache.
peripheres Nervensystem
Nervenbahnen ausserhalb des Zentralnervensystems. Die aus motorischen, sensiblen, vegetativen Fasern bestehenden
Nervenanteile, gegliedert in Nervenwurzeln,
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Arm- und Beinnervengeflechte, Nervenstränge des Rumpfes und der Extremitäten.
Plaques
Entzündungsherde mit Demyelinisierung,
die zu den charakteristischen Anzeichen
der MS zählen. Der Abbau des Myelins in
den Plaques verzögert, unterbricht beziehungsweise blockiert die Übertragung der
Nervensignale.
Plegie
Komplette Lähmung. Hemiplegie: Halbseitenlähmung (Arm und Bein). Monoplegie:
Lähmung nur einer Gliedmasse oder eines
Gliedmassenabschnittes. Paraplegie: Lähmung beider Arme und Beine. Tetraplegie:
Lähmung aller vier Gliedmassen.
postpunktionelle Beschwerden
Heftige Kopfschmerzen nach lumbaler
Liquorentnahme (s. vorne) im NackenHinterkopfbereich, mit Erbrechen, Schwindel, Ohrensausen. Beschwerden insbesondere beim Aufrichten aus dem Liegen.
Nicht alle Patienten betroffen. (Bei
Verwendung spezieller Punktionsnadeln
sehr selten).
Protein
Eiweisskörper. Proteinstoffwechsel: der
unter Hormoneinwirkung erfolgende
Umsatz von Körpereiweiss zu Körpersubstanz.
Reflex
Unwillkürliche gesetzmässig ablaufende
Reaktion des Nervensystems auf einen
Reiz, z.B. Dehnung eines Muskels durch
Schlag mit dem Reflexhammer auf dessen
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Ansatzsehne, bewirkt reflektorische
Kontraktion (Zusammenziehen) des betreffenden Muskels mit Bewegungseffekt.
Muskeleigenreflex: Reflex, bei dem Reizorgan und Reflexorgan identisch sind, z.B.
der Muskel.
Fremdreflex: Reflex, bei dem Reizorgan und
Reflexorgan nicht dasselbe sind, z.B. Berührung der Hornhaut löst Lidschluss aus.
Pathologischer Reflex: tritt nur auf bei
Schädigung der absteigenden zentralen
motorischen Bahnen in Gehirn, Hirnstamm
und Rückenmark. Z.B. Babinski-Reflex (Eigenname): Bei Berührung der Fusssohle mit
einem spitzen Gegenstand langsame nach
oben gerichtete Bewegung der grossen Zehe
und Spreizung der anderen. Alle pathologischen Reflexe sind Fremdreflexe.
Regeneration
Heilung unter Wiederherstellung der Funktion. (Gehirn und Rückenmark besitzen die
Fähigkeit zur Regeneration nicht bzw. nur
ganz unwesentlich. Vernarbte MS-Herde
können nicht in funktionsfähiges Nervengewebe zurückverwandelt werden.)
rekombinant
Durch Rekombination gewonnen. Begriff
aus der Gentechnologie. Durch Einbau von
Erbinformationen in fremde Zellen (z.B.
Bakterien oder andere Organzellen) werden
diese zur Produktion der genetisch vorgegebenen Substanz umfunktioniert. Schwierig herzustellende körpereigene Produkte,
wie z.B. Interferone (s. vorne) lassen sich
auf diese Weise grosstechnisch herstellen.
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Remission
Rückbildung der Krankheitszeichen, bei MS
eines Schubes (remittierender Verlauf).
Remyelinisierung
Nervenfasern, die z.B. im Rahmen der MSEntzündung ihre Markscheide verloren
haben, können bis zu einem gewissen Grad
wieder neu bemarkt werden (durch die Oligodendrogliazellen, spezifische für die
Markscheidenbildung zuständige Zellen).
s.c. (subcutaneous, subkutan)
Injektion unter die Haut.
Sehnervenentzündung
(s. Neuritis nervi optici)
Sensibilität
Fähigkeit der Wahrnehmung von Berührungs-, Tast-, Schmerz-, Temperaturreizen,
Vibration, nach Stärke und Lokalisation.
Sensomotorik
Zusammenspiel der motorischen (Bewegung) und sensiblen (Empfindung) Funktionen, um flüssige Bewegungsabläufe zu
gewährleisten.
Sensorik
Funktion der Sinnesorgane: Geruch,
Geschmack, Sehen, Hören, Beschleunigung,
Lage im Raum.
Spastik
Krankhafte Erhöhung des Muskeltonus als
federnder, mit der Geschwindigkeit passiver
und aktiver Bewegungen zunehmender
Muskelwiderstand, der als Steifigkeit der
Muskulatur wahrgenommen wird, z.B.
Beine in Streckhaltung können nicht in den
einzelnen Gelenken gebeugt werden.
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Syndrom
Gruppe von sich weitgehend gleichenden
Krankheitszeichen, denen verschiedene
Ursachen und Verläufe zugrunde liegen
können.
Schub
Erneutes Auftreten von Krankheitszeichen
nach mehr oder weniger langer Pause und
nach mehr oder weniger erfolgter Rückbildung der Symptome.
vegetatives Nervensystem
(autonomes Nervensystem) Der von
willkürlicher Beeinflussung freie, vom
Bewusstsein unabhängig wirksame Teil des
Nervensystems, der die Tätigkeit der inneren Organe, den Blutkreislauf, die Atmung
je nach Beanspruchung reguliert.
Zellkulturen
Kultur lebender, sich durch Mitoseteilung
vermehrender Zellen.
Zentralnervensystem (ZNS)
Gehirn und Rückenmark als das der Reizverarbeitung und -beantwortung sowie der
Bewusstseinsbildung und den Denkprozessen (Gehirn) dienendes Integrationszentrum des Nervensystems.
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