Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Herzlich Willkommen! Vorlesung zur Sozialpsychologie Attribution 04. Dezember 2012 Anne Bachmann Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon • Einleitung • Klassische Attributionstheorien Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Agenda Heider (1958): Der Mensch als (Laien-)Wissenschaftler Jones & Davis (1965): Theorie der korrespondierenden Schlussfolgerung(en) Kelley (1967,1973) Kovariation und Konfiguration • Attributionsfehler bzw. -Biases Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon • Beobachtung von eigenem/fremden Verhalten Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Einleitung ⇒ Menschliches Denken ist konstant damit beschäftigt, Erklärungen für Verhalten zu suchen, zu konstruieren und zu testen ⇒ „naive Psychologen“ • Frage: „Warum“? • Ursachenforschung ≙ Attribution (von Ursachen) • Nutzen: Vorhersage, Einfluss und Kontrolle von Verhalten (Motive, die zur Attribution im Allgemeinen führen) Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon • der Mensch als Laienwissenschaftler „naive(r) Psychologe/Psychologin“ Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Heider (1958): Mensch als (Laien-)Wissenschaftler ⇒ Modell sozialer Kognition, in dem Menschen charakterisiert werden als solche, die rationale, quasi-wissenschaftliche Ursachen-WirkungsAnalysen durchführen um ihre Welt zu verstehen • da Konstruktion kausaler (Laien-)Theorien zur Vorhersage/Kontrolle der Umwelt ⇒ Suche nach stabilen, dauerhaften Merkmalen sowohl in Personen (Eigenschaften, dauerhafte Fähigkeiten) als auch in Situationen (stabile Situationsmerkmale), welche Verhalten verursachen Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Heider (1958): Mensch als (Laien-)Wissenschaftler • Unterscheidung zwischen personalen Faktoren (Persönlichkeit, Fähigkeiten, Anstrengungen, Intentionen) und Umweltfaktoren (Situationen, Gruppenzwang, Aufgabenschwierigkeit, Glück) ⇒ Interne (dispositionale) Attribution: Prozess der Zuschreibung von Verhaltensursachen auf interne oder dispositionale Faktoren ⇒ Externe (situationale) Attribution: Prozess der Zuschreibung von Verhaltensursachen auf externe oder Umweltfaktoren Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Jones & Davis (1965): Theorie der korrespondierenden Schlussfolgerung(en) • Erklärung, wie Menschen darauf schließen, dass das Verhalten einer Person mit einer zugrunde liegenden Disposition oder einem Persönlichkeitsmerkmal korrespondiert (ihr/ihm entspricht) ⇒ Menschen bevorzugen korrespondierende Schlussfolgerungen (Verhaltensattributionen auf zugrunde liegende Dispositionen), da dispositionale Ursachen stabile Ursachen sind (Vorhersage, Gefühl von Kontrolle) Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon Informationsquellen Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Jones & Davis (1965): Theorie der korrespondierenden Schlussfolgerung(en) zur korrespondierenden Schlussfolgerung: (1) Die Handlung war freiwillig bzw. frei gewählt. (2) Die Handlung produzierte einen unerwarteten Effekt (nicht-gemeinsamen Effekt). (3) Die Handlung wurde nicht als sozial erwünscht betrachtet. (4) Die Handlung hatte einen direkten Einfluss auf uns (hedonistische Relevanz). (5) Die Handlung war darauf ausgerichtet, uns in irgendeiner Weise zu betreffen (Personalismus). Attribution Handlung spiegelt ein „wahres“ Merkmal der Person (Eigenschaft, Motiv, Absicht, Einstellung, etc.) wider. Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon Konfiguration: keine oder zumindest unvollständige Information über multiple Beobachtungen Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Kelley (1967, 1973): Kovariation und Konfiguration => Attribution ist theoriegetrieben (theory-driven) Kovariation: Information über multiple Beobachtungen => Attribution ist datengetrieben (data-driven) Kovariationsprinzip: Effekt/Konsequenz wird einer Ursache zugeschrieben, die anwesend ist, wenn Effekt anwesend ist und die abwesend ist, wenn Effekt abwesend ist. Analog ANOVA (analysis of variance): statistisches Verfahren U Variablen ≙ potenziellen Ursachen A Variablen ≙ Effekt, den es zu erklären gilt Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon Beispiel: „Johann lacht über den Komiker“ Johann PERSON (Konsensus) Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Kelley (1967, 1973): Kovariation 3 potenzielle Ursachen bzw. 3 UVs Situation UMSTÄNDE oder ZEITPUNKTE (Konsistenz) Komiker REIZ (Distinktheit) Konsensus: Information über das Ausmaß, in dem andere Menschen sich demselben Stimulus gegenüber genauso verhalten wie der Handelnde. Konsistenz: Informationen darüber, ob das Verhalten eines bestimmten Handelnden gegenüber ein und demselben Stimulus zu allen Zeiten und unter allen Umständen gleich bleibt, also konsistent ist. Distinktheit: Informationen darüber, ob sich ein und derselbe Handelnde gegenüber verschiedenen Stimuli auf dieselbe Art und Weise verhält Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie „Johann lacht über den Komiker“ Mögliche Einzelursachen: Generalisiert das Verhalten? Typen von Informationen (unabhängige Variablen) 8 Informationskombinationen die Person die Situation der Reiz über Situationen? über Reize? Konsensus Konsistenz Distinktheit hoch niedrig hoch niedrig hoch niedrig über Personen? ∧ 2 Attribution ∧ ∧ x 2 x 2 Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie McArthur (1972): Low ↓ geringer Konsensus („nur Johann lacht“) High ↑ hohe Konsistenz („immer“) Low ↓ geringe Distinktheit („über alle Komiker“) (besonders wichtig) = Attribution auf Person („Johann ist albern“) d.h. in dieser Zelle höchste Attribution auf Person! Drei klare Fälle: Konsensus Distinktheit Konsistenz H H H → Reiz: Nur über diesen Komiker lachen alle immer. L L H → Person: Nur diese Person lacht immer über alle Komiker. L H L → Situation: Nur in dieser Situation lacht diese Person über diesen Komiker (vielleicht, weil sie betrunken ist). Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon Konfiguration: keine oder zumindest unvollständige Information über multiple Beobachtungen Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Kelley (1967, 1973): Konfiguration => Attribution ist theoriegetrieben (theory-driven) vollständige Kausalanalysen (d.h. vollständige Information über KelleysANOVA-Modell nicht immer möglich; etwa aus Zeit- oder Informationsmangel) ⇒ Rückgriff auf kausale Schemata zur Abkürzung des Attributionsprozesses (die gerade vorliegende Konfiguration von Information ist entscheidend) Kausale Schemata: gelernte (vorfabrizierte) Annahmen über mögliche Ursachen eines bestimmten Ereignisses (Deduktion); sie können abstrakte Repräsentationen genereller kausaler Prinzipien oder domänenspezifische Vorstellungen darüber sein, wie bestimmte Ursachen bestimmte Effekte verursachen Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon keine oder zumindest unvollständige Information Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Kelley (1967, 1973): Konfiguration mehrere Beobachtungen Ergänzungsschema(ta) I. Ergänzung von unvollständiger Information Attribution einmalige Beobachtung multiple hinreichende Ursachen multiple notwendige Ursachen (bei extremen Verhalten/Effekten) IIa. IIb. (Annahmen über das Zusammenwirken von zwei oder mehreren Kausalfaktoren in Bezug auf eine bestimmte Klasse von Effekten) Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon I. Kausale Schemata zur Ergänzung unvollständiger Information (auch „Ergänzungsschemata“) Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Kelley (1967, 1973): Konfiguration Konsensus Distinktheit Konsistenz a) H H H → Reiz b) L L H → Person c) L H L → Situation HHH LLH LHL a) High b) ? c) ? dahingegen: ? ? Low ? ? ? ? Low → Reizattribution → Personenattribution → Situationsattribution High Reiz oder Person Attribution da es zu a) oder zu b) passt Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon II. Kausale Schemata: Annahmen über das Zusammenwirken von zwei oder mehreren Kausalfaktoren in Bezug auf eine bestimmte Klasse von Effekten Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Kelley (1967, 1973): Konfiguration insbesondere, wenn ein Ereignis nur einmal beobachtet wurde (also weder Konsensus-, Distinktheit- noch Konsistenzinformation) ⇒„vorfabrizierte“ Kausalschematata (aufgrund früherer Lernerfahrung) = komplexe Schemata, in denen multiple Ursachen zueinander in Beziehung gesetzt werden a) Schema der multiplen hinreichenden Ursachen b) Schema der multiplen notwendigen Ursachen Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon IIa: Schema der multiplen hinreichenden Ursachen Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Kelley (1967, 1973): Konfiguration ⇒ ein Effekt kann durch eine Reihe alternativer Faktoren verursacht sein/werden ⇒ ( A ∨ B ) → C, d.h. A A → C und B → C B C Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon IIb: Schema der multiplen notwendigen Ursachen Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Kelley (1967, 1973): Konfiguration ⇒ damit ein Effekt verursacht wird, muss mehr als ein kausaler Faktor vorliegen ⇒(A∧ B)→C A B C Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon II: Kausale Schemata Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Kelley (1967, 1973): Konfiguration Merke: Je extremer oder stärker ein Effekt ist, desto eher wird der Beobachter multiple notwendige Ursachen für diesen Effekt annehmen z.B.: Erfolg bei leichter Aufgabe: Anstrengung ∨ Fähigkeit → Erfolg = multiple hinreichende Ursachen Erfolg bei schwerer Aufgabe: Anstrengung ∧ Fähigkeit → Erfolg = multiple notwendige Ursachen wenn aber mehrere plausible Ursachen für ein Ereignis vorhanden Frage: Welche Ursache ist in erster Linie wirksam? (insbesondere bei multiplen hinreichenden Ursachen?) Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon II: Kausale Schemata Abschwächungsprinzip (discounting principle) Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Kelley (1967, 1973): Konfiguration (Spezialfall von IIa: multiple hinreichende Ursachen) Die Rolle einer gegebenen Ursache bei der Hervorbringung eines gegebenen Effekts wird abgeschwächt, wenn andere plausible Ursachen ebenfalls vorhanden sind bzw. hinzutreten (d.h. im Vergleich zu „wenn zunächst nur eine Ursache im Zentrum der Aufmerksamkeit steht“) abgeschwächt Intern A (Assistentin = hilfsbereite Person) C (Halten der Vorlesung) Extern B (Professor B ist As Chef und sie steht in gewisser Abhängigkeit zu ihm) nach Deci (1975) Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon II: Kausale Schemata Aufwertungsprinzip (augmentation principle) Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Kelley (1967, 1973): Konfiguration (Bezug zu IIb: multiple notwendige Ursachen) Die Rolle einer bestimmten Ursache wird aufgewertet, wenn ein Effekt trotz hemmender Kräfte auftritt (= Annahme, dass bestimmte kausale Faktoren stärker sein müssen, wenn ein hemmender Einfluss auf einen beobachteten Effekt vorliegt). Erfolg bei schwerer Aufgabe: Anstrengung ∧ Fähigkeit → Erfolg z.B. Sozialpsychologieklausur trotz Krankheit sehr gut bestanden (also Erfolg trotz Fähigkeitsbeeinträchtigung) ⇒ Stärkere Attribution des Erfolgs auf die Anstrengung als bei Gesunden, d.h. die Ursache Anstrengung wird aufgewertet Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon Klassische Theorien zur Attribution Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Attributionsfehler bzw. -Biases ⇒ Betrachtung des Wahrnehmenden (des Attribuierenden) als rationale, logisch denkende Person (LaienwissenschaftlerIn, naive PsychologIn) ⇒ viele empirische Hinweise darauf, dass Wahrnehmende keine rationale, streng logische Ursachenforschung betreiben Kelleys ANOVA-Modell ≙ normatives Modell; beschreibt, wie Personen eigentlich Ursachenzuschreibungen vornehmen sollten Empirie → deskriptives Modell; wie Personen tatsächlich Ursachenzuschreibungen vornehmen Definition von Attributionsbias: Beeinflussung der Ursachenzuschreibungen durch Voreingenommenheiten, Erwartungen oder auch besondere Sichtweisen und Bedürfnisse eines Beobachters/einer Beobachterin Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon 1. Fundamentaler Attributionsfehler Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Attributionsfehler bzw. -Biases Tendenz, den Einfluss situationaler Faktoren zu unterschätzen und den Einfluss dispositionaler Faktoren (Personenfaktoren) zu überschätzen (Heider, 1958; Ross, 1977) Experiment von Ross et al., 1977: Quiz: Befrager Kandidat Befrager Kandidat stellt selbst ausgedachte Wissensfragen beantwortet diese Wissensfragen „Befrager ist klüger“ (dispositionale Attribution) Beobachter der situativen Bedingung (Vorteil des Befragers) wird weniger Beachtung geschenkt Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon Fundamentaler Attributionsfehler Erklärungen: Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Attributionsfehler bzw. -Biases 1. Personen salienter vs. Situation nur im Hintergrund; Unit relation between act and person (Heider) 2. Soziale, gesellschaftliche Norm: interne (personale) Attributionen werden in einer individualistischen Gesellschaft bevorzugt im Vergleich zu situationaler Attribution Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon 2. Akteuer-Beobachter-Divergenzen Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Attributionsfehler bzw. -Biases Akteure tendieren dazu, eigenes Verhalten situativen Kausalbedingungen zuzuschreiben, Beobachter hingegen schreiben dieses Verhalten dispositionalen Eigenschaften des Akteurs zu. (z.B. Nisbett et al., 1973) Experiment von Nisbett et al., 1973 Studie 2: Studenten sollten begründen (d.h. Attributionen vornehmen), weshalb sie selbst und ihr bester Freund ein bestimmtes Studienfach bzw. eine bestimmte Freundin gewählt haben Ergebnis: Verhalten der besten Freunde wurde stärker auf persönliche Eigenschaften der besten Freunde zurückgeführt (interne Attributionen). Eigenes Verhalten wurde stärker auf Eigenschaften der Freundinnen bzw. des Studienfaches (externe Attributionen) zurückgeführt. Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon Vorlesung zur Sozialpsychologie Wintersemester 2012/2013 Nisbett et al. (1973) Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon Akteuer-Beobachter-Divergenzen Erklärungen: Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Attributionsfehler bzw. -Biases 1. Perceptual Focusing Hypothesis: In der Akteursperspektive ist die Situation salienter, in der Beobachterperspektive ist die Situation zwar auch salient, aber der Akteur ist für den Beobachter doch auch Mittelpunkt, während der Akteur sich selbst ja nicht sieht => perzeptuelle Salienz: scheinbare Wichtigkeit einer bestimmten Information, die im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht und deren kausale Rolle tendenziell überschätzt wird A: → B: → Akteur in Situation → personale Attributionen nehmen zu Situation → Situative Attribution siehe hierzu: Experiment von Storms, 1973 Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon Akteuer-Beobachter-Divergenzen Experiment von Storms, 1973 Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Attributionsfehler bzw. -Biases Unterhaltung zwischen zwei Personen A und B; jeder der beiden wurde von einem Beobachter beobachtet und von einer Videokamera gefilmt Schritt 1: A und B und Beobachter von A und B nehmen jeweils bezüglich ihres Beobachtungsgegenstandes Attributionen vor A von sich selbst → B von sich selbst → Beobachter A von A → Beobachter B von B → Attribution (sA) (sA) (pA) (pA) Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon Akteuer-Beobachter-Divergenzen Experiment von Storms, 1973 Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Attributionsfehler bzw. -Biases Unterhaltung zwischen zwei Personen A und B; jeder der beiden wurde von einem Beobachter beobachtet und von einer Videokamera gefilmt Schritt 2: A und B sehen jeweils die Aufzeichnung ihres Verhaltens; Beobachter von A sieht Aufnahme von B (also Situation von A) und Beobachter von B sieht Aufnahme von A (Situation von B), dann erneut Vornahme von Attribution → umgekehrte Perspektive (neue Perspektive) Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon neue Perspektive alte Perspektive Ergebnis Schritt 2: Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Experiment von Storms, 1977 Video Person A A jetzt personale Attribution bzgl. Verhalten von A Beobachter von A immer noch personale Attribution bzgl. Verhalten von A Beobachter von B jetzt situationale Attribution bzgl. Verhalten von B B immer noch personale Attribution bzgl. Verhalten von B ⇒ Wechsel in der perzeptuellen Salienz löscht die typische AkteurBeobachter-Divergenz aus Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon Wintersemester 2012/2013 Akteur-Beobachter-Divergenz Divergenz Ergebnisüberblick Attribution ABD ausgelöscht Vorlesung zur Sozialpsychologie Experiment von Storms, 1977: Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon Akteuer-Beobachter-Divergenzen Erklärungen: Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Attributionsfehler bzw. -Biases 2. Mehr Information auf Seiten des Akteurs (d.h. mehr Informationen über sich): deshalb weiß der Akteur besser, inwieweit sein Verhalten durch situative Einschränkungen beeinflusst ist. Er weiß, wie er sich in anderen Situationen verhält und wie sein typisches Verhalten aussieht. 3. Beobachter sind daran interessiert vorherzusagen, wie sich der Akteur in Zukunft verhalten wird → Beobachter ist motiviert, stabile Eigenschaften des Akteurs aufzuspüren Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon 3. Hedonistische Relevanz (Bedeutung) Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Attributionsfehler bzw. -Biases Hedonismus: In der Antike begründete philosophische Lehre, nach welcher das höchste ethische Prinzip das Streben nach Sinneslust und Genuss ist => Um so bedeutungsvoller das Verhalten des Akteurs für den Beobachter ist (d.h. je stärker der positive oder negative Effekt des Verhaltens für den Beobachter ist), desto stärker attribuiert der Beobachter auf dispositionale Eigenschaften des Akteurs Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon 4. Personalismus Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Attributionsfehler bzw. -Biases Wenn der Beobachter davon ausgeht, dass ein Verhalten von A speziell auf ihn (den Beobachter) persönlich gezielt war → dispositionale Attribution (Eigenschaft von A) Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon 5. Self-serving biases Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Attributionsfehler bzw. -Biases Tendenz von Akteuren, Erfolg sich selbst (dispositionale Attribution) und Misserfolg der Situation zuzuschreiben Gilt nicht nur im Hinblick auf eigenes individuelles Verhalten, sondern auch für das Verhalten der Gruppe, zu der man gehört ⇒ Group-serving bias Eigengruppe Fremdgruppe + dispositional situational - situational dispositional nach Pettigrew (1979). The ultimate attribution error. Personality and Social Psychology Bulletin. Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon Egozentrischer Bias (Spezialfall von 5 – self-serving bias) „Der Erfolg hat viele Väter“; bei Niederlage ablehnen von Verantwortung: Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Attributionsfehler bzw. -Biases „Niederlage ist ein Stiefkind / eine Waise“. Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon 6. Salienz-Bias Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Attributionsfehler bzw. -Biases Tendenz, einer Person mehr Verantwortung zuzuschreiben, die besonders auffällig ist; e.g. Solo-Status: (Taylor et al., 1978) oder Schwarzer W W Weißer Diesen Personen wird mehr Einfluss, z.B. in einer Diskussionsgruppe zugeschrieben. Einschränkung: Der Salienz-Bias tritt nur auf, wenn die Beurteilung (Verantwortungszuschreibungen) von nicht allzu hoher Bedeutung für den Beobachter ist bzw. dieser wenig involviert ist. Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon 7. Falscher-Konsensus-Effekt Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Attributionsfehler bzw. -Biases Tendenz, das eigene Verhalten (eigene Beurteilungen, Meinungen etc.) als ziemlich weit verbreitet anzusehen, während konträres Verhalten (Meinungen etc.) als ungewöhnlich, deviant und unangemessen betrachtet wird ⇒Verhalten, das anders als eigenes Verhalten (d.h. deviantes) ist, verrät somit mehr über den Akteur als Verhalten, wie ich es zeige (d.h. übliches Verhalten) eigenes Verhalten vom Selbst abweichendes Verhalten „Das, was ich tue, tun alle“ => Norm, Situation, allgemein menschlich „Das tut doch nur diese Person“ => Person, Disposition Akteur-Beobachter-Divergenz Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon Wintersemester 2012/2013 Vorlesung zur Sozialpsychologie Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Attribution Institut für Psychologie der CAU zu Kiel Sozialpsychologie und Politische Psychologie Prof. Dr. Bernd Simon